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Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit | Fokus Menschenrechte Fokus Menschenrechte Nr. 14 / Juni 2015 Malaysia: Repressive Gesetze gängeln Oppositionelle Katharina Weber-Lortsch In Malaysia haben Behörden seit Jahresbeginn 36 Personen vorrübergehend festgenommen, die sich kritisch gegenüber Regierung und Justiz geäußert hatten. Gesetzliche Grundlage der Festnahmen war zumeist der „Sedition Act“. Dieses „Volksverhetzungsgesetz“ ist nur eines von mehreren Gesetzen in Malaysia, die eine Kriminalisierung von Oppositionellen ermögli- chen und Meinungs- sowie Pressefreiheit einschränken. Auftakt der diesjährigen Welle von Festnahmen in Malaysia war der politisch motivierte Prozess gegen Oppositionsführer Anwar Ibrahim. Im Feb- ruar verurteilten Richter den Chef der Parti Keadilan Rakyat (PKR-Partei), einen engen Part- ner der Friedrich- Naumann-Stiftung für die Freiheit, wegen angebli- cher ‚Sodomie‘ in letzter Instanz zu fünf Jahren Haft. 1 Anwar wurde vom Gerichtssaal direkt ins Gefängnis gebracht. In den folgenden Wochen nahm die Polizei zahlrei- che Parlamentarier, Lan- desabgeordnete und Akti- visten vorrübergehend fest. Alle hatten gegen die Verurteilung Anwars pro- testiert. Ein Blogger wurde festgenommen, weil 1 http://www.freiheit.org/Fuenf-Jahre-Haft-fuer- Malaysias- Oppositionsfuehrer/617c31505i1p/index.html er via Twitter von einem politischen Urteil ge- sprochen hatte. Andere wurden bis zu drei Tage lang in Gewahrsam genommen, weil sie eine friedliche Demonstration in Kuala Lumpur orga- nisierten und an ihr teilnahmen. Auch Anwars Tochter, die Oppositions- Abgeordnete Nurul Izzah, wurde vorrübergehend ver- haftet. Dabei nahmen die Behörden keine Rücksicht auf ihre Immunität. Nurul Izzah, die auch Vizepräsiden- tin von Anwars PKR-Partei ist, hatte im Parlament eine Rede ihres inhaftierten Va- ters verlesen, in der er die Justiz kritisiert. Besonders nach einer nicht genehmigten Demonstration gegen Anwar Ibrahims Inhaftierung 2 am 7. März in Kuala Lumpur nahm die Polizei zahlreiche 2 http://www.themalaymailonline.com/malaysia/article /hundreds-rally-in-city-for-anwar-and-for-justice Malaysias Oppositionsführer Anwar Ibrahim wurde im Februar 2015 zu 5 Jahren Haft wegen Sodomie verur- teilt. Quelle: flickr creative commons licence

Malaysia: Repressive Gesetze gängeln Oppositionelle

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In Malaysia haben Behörden seit Jahresbeginn 36 Personen vorrübergehend festgenommen, die sich kritisch gegenüber Regierung und Justiz geäußert hatten. Gesetzliche Grundlage der Festnahmen war zumeist der „Sedition Act“. Dieses „Volksverhetzungsgesetz“ ist nur eines von mehreren Gesetzen in Malaysia, die eine Kriminalisierung von Oppositionellen ermöglichen und Meinungs- sowie Pressefreiheit einschränken.

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  • Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit | Fokus Menschenrechte

    Fokus Menschenrechte

    Nr. 14 / Juni 2015

    Malaysia:

    Repressive Gesetze gngeln Oppositionelle

    Katharina Weber-Lortsch

    In Malaysia haben Behrden seit Jahresbeginn 36 Personen vorrbergehend festgenommen,

    die sich kritisch gegenber Regierung und Justiz geuert hatten. Gesetzliche Grundlage der

    Festnahmen war zumeist der Sedition Act. Dieses Volksverhetzungsgesetz ist nur eines von mehreren Gesetzen in Malaysia, die eine Kriminalisierung von Oppositionellen ermgli-

    chen und Meinungs- sowie Pressefreiheit einschrnken.

    Auftakt der diesjhrigen Welle von Festnahmen

    in Malaysia war der politisch motivierte Prozess

    gegen Oppositionsfhrer Anwar Ibrahim. Im Feb-

    ruar verurteilten Richter den Chef der Parti

    Keadilan Rakyat (PKR-Partei), einen engen Part-

    ner der Friedrich-

    Naumann-Stiftung fr die

    Freiheit, wegen angebli-

    cher Sodomie in letzter Instanz zu fnf Jahren

    Haft.1 Anwar wurde vom

    Gerichtssaal direkt ins

    Gefngnis gebracht. In

    den folgenden Wochen

    nahm die Polizei zahlrei-

    che Parlamentarier, Lan-

    desabgeordnete und Akti-

    visten vorrbergehend

    fest. Alle hatten gegen die

    Verurteilung Anwars pro-

    testiert. Ein Blogger wurde festgenommen, weil

    1http://www.freiheit.org/Fuenf-Jahre-Haft-fuer-

    Malaysias-

    Oppositionsfuehrer/617c31505i1p/index.html

    er via Twitter von einem politischen Urteil ge-

    sprochen hatte. Andere wurden bis zu drei Tage

    lang in Gewahrsam genommen, weil sie eine

    friedliche Demonstration in Kuala Lumpur orga-

    nisierten und an ihr teilnahmen. Auch Anwars

    Tochter, die Oppositions-

    Abgeordnete Nurul Izzah,

    wurde vorrbergehend ver-

    haftet. Dabei nahmen die

    Behrden keine Rcksicht

    auf ihre Immunitt. Nurul

    Izzah, die auch Vizeprsiden-

    tin von Anwars PKR-Partei

    ist, hatte im Parlament eine

    Rede ihres inhaftierten Va-

    ters verlesen, in der er die

    Justiz kritisiert.

    Besonders nach einer nicht

    genehmigten Demonstration

    gegen Anwar Ibrahims Inhaftierung2 am 7. Mrz

    in Kuala Lumpur nahm die Polizei zahlreiche

    2http://www.themalaymailonline.com/malaysia/article

    /hundreds-rally-in-city-for-anwar-and-for-justice

    Malaysias Oppositionsfhrer Anwar Ibrahim wurde im

    Februar 2015 zu 5 Jahren Haft wegen Sodomie verur-

    teilt. Quelle: flickr creative commons licence

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    Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit | Fokus Menschenrechte

    Anwar-Untersttzer fest. Als gesetzliche Grund-

    lage fr die Festnahmen diente hauptschlich

    der Sedition Act, ein Volksverhetzungsgesetz.

    Sedition Act:

    Instrument gegen Opposition

    1948 erlie die britische Kolonialregierung in

    Malaysia ein Volksverhetzungsgesetz, den Sedi-

    tion Act. Das Gesetz hat seine Wurzeln in einem britischen Gesetz von 1351 gegen Hochverrat

    (English Statute of Treasons), das nach Ab- und

    Umwandlungen schlielich in die damalige Kolo-

    nie Malaya exportiert wurde. Ziel war es, ein

    Mittel gegen kommunistische Aufstndische in

    die Hand zu bekommen, die den Britischen Kolo-

    nialherren in den 1940er Jahren gefhrlich zu

    werden drohten. Nach der Unabhngigkeit von

    Grobritannien im Jahr 1957 behielt Malaysia

    das koloniale Gesetz bei. 1971 wurde es nach

    Unruhen ausgeweitet. Im April 2015 wurde der

    Sedition Act erneut modifiziert.

    Das Volksverhetzungsgesetz untersagte in seiner

    bis April dieses Jahres gltigen Form neben An-

    stiftung zum Hass gegen Bevlkerungsgruppen

    auch Kritik an der Regierung sowie an den Sul-

    tanen der neun malaysischen Bundesstaaten. Der

    Codex weist eine ausgesprochen weite und

    dehnbare Definition des Tatbestands Sedition auf (welcher am ehesten mit Aufwiegelung oder

    Volksverhetzung zu bersetzen ist). Wrtlich ist

    im Gesetzestext lediglich von einer aufwiegleri-schen Tendenz die Rede. Der Sedition Act verbot

    bis April 2015 uerungen, Publikationen und

    ffentliche Versammlungen, die Malaysias Regie-

    rung oder Justiz verchtlich machen. Die weite Auslegbarkeit erlaubt es, das Gesetz als politi-

    sches Instrument zu nutzen. Dass es als solches

    eingesetzt wurde und wird legt der sprunghafte

    Anstieg von Anklagen nach politischen Ereignis-

    sen nahe, die der Regierung bedrohlich erschei-

    nen. 2013 hatte die von Anwar Ibrahim gefhrte

    Oppositions-Koalition Pakatan Rakyat bei Wah-

    len landesweit die absolute Stimmenmehrheit

    gewonnen, aber aufgrund des unfairen Wahlsys-

    tems nur 39 Prozent der Sitze im Parlament er-

    halten. Kritik und Ein-

    satz fr eine Reform des

    Wahlrechts folgten

    Sedition-Anklagen in

    den Jahren 2013 und

    2014. In diesem Jahr

    stehen die meisten An-

    klagen im Zusammen-

    hang mit Kritik an der

    Verurteilung des Oppo-

    sitionsfhrers Anwar

    Ibrahim. In Malaysia ist

    seit der Unabhngigkeit

    1957 ununterbrochen

    die Regierungskoalition

    Barisan Nasional (Nati-

    onale Front, BN) an der

    Macht. Die Bemhung, freie Rede zu unterdrcken und zu kriminalisie-

    ren, scheint keine Grenzen zu kennen, sagte Phil Robertson, der stellvertretende Asien-Direktor

    von der Menschenrechts-NGO Human Rights

    Watch im Mrz. Premierminister Najib und seine Regierung bedienen sich des Volksverhetzungs-

    Gesetzes in schndlicher Weise, um Oppositions-

    politiker, Aktivisten und alle anderen niederzu-

    schlagen, die es wagen, ihre Meinung zu u-

    ern.

    Vor den Wahlen von 2013 hatte Malaysias Pre-

    mierminister Najib Razak im Wahlkampf ange-

    kndigt, den Sedition Act aufzuheben. Spter

    berlegte er es sich wieder anders. Im April 2015

    wurde das Gesetz verndert. Positiv ist, dass

    uerungen, Publikationen und ffentliche Ver-

    sammlungen, die Malaysias Regierung oder Jus-

    tiz verchtlich machen, kein Tatbestand mehr sind. Leider bleiben die dehnbaren Tatbestnde

    Aufwiegelung sowie schwere Aufwiegelung nicht nur bestehen, die anwendbaren Strafmae

    wurden erheblich erhht. Aufwiegelung muss nun mit mindestens drei Jahren Haft bestraft

    werden. Schwere Aufwiegelung, die frher maximal drei Jahre Haft nach sich zog, kann nun

    mit bis zu 20 Jahren Gefngnis bestraft werden.

    Ab sofort entscheidet nicht mehr ein Richter

    ber Freilassung auf Kaution, sondern der

  • Malaysia: Repressive Gesetze gngeln Oppositionelle Nr. 14 / Juni 2015 | 3

    Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit | Fokus Menschenrechte

    Staatsanwalt. Neu ist auch, dass

    nun auch aufrhrerische Ttigkei-ten im Internet verboten sind. Dies knnte eine Zensur des bisher

    recht freien Internets einluten.

    Das Internet ist bislang das einzige

    Medium in Malaysia, in dem eine

    regierungskritische Presse existiert,

    darunter das Online-Medium Ma-

    laysiakini, ein langjhriger Partner

    der Friedrich Naumann Stiftung

    fr die Freiheit.3 Weiterer, neuer

    Tatbestand ist Anstiftung zum religisen Hass. uerungen, die als Gefahr fr das harmonische Zusammenleben der verschiedenen

    Ethnien und Religionen ausgelegt werden knnen, stehen unter Stra-

    fe.

    In den Worten von Premier Najib

    untersttzen die Gesetzesverschr-

    fungen einen "stabilen, friedlichen

    und harmonischen Staat". Human Rights Watch,

    Amnesty International und die Vereinten Natio-

    nen sehen dies anders und haben die nderun-

    gen scharf kritisiert. Malaysias Oppositionspoliti-

    ker sprachen am Tag der Verabschiedung der

    neuen Fassung des Gesetzes von einem schwar-zen Tag fr die Demokratie und Redefreiheit in

    Malaysia. Der UN-Hochkommissar fr Men-schenrechte, Zeid Raad Al Hussein, rief zur Ab-schaffung des Sedition Acts auf: Es ist sehr ent-

    tuschend, dass die Regierung Malaysias ein

    schlechtes Gesetz noch schlechter macht. Zeid wies darauf hin, dass das Gesetz regelmig

    angewendet wird, um legitime Ausdrcke von Meinungsfreiheit einzuschrnken. In der Tat bietet die neue Fassung des Volksverhetzung-Gesetzes weiterhin Spielraum, Kritiker zu ver-folgen nicht zuletzt aufgrund vager Formulie-rungen.

    Anti-Terror-Gesetz: Haft ohne Anklage

    Anfang April beschloss Malaysias Parlament

    trotz scharfer Kritik von Opposition und Men-

    schenrechtlern ein neues Anti-Terror-Gesetz, den

    Prevention of Terrorism Act 2015 (POTA).4 Das

    Gesetz erlaubt die Inhaftierung von Verdchtigen

    ohne Anklage. Es stellt damit de facto eine Rck-

    kehr des berchtigten Internal Security Act (ISA)

    von 1960 dar, den die Regierung im Jahr 2012

    3 www.malaysiakini.com

    4http://limkitsiang.com/docs/DR10_2015_EN.pdf

    nach jahrzehntelanger Kritik endlich abgeschafft

    hatte. Damals kndigte Premier Najib allerdings

    sofort an, dass zwei neue Sicherheits-Gesetze an

    die Stelle des abgeschafften Internal Security Act

    treten werden. Im selben Jahr 2012 wurde der

    Security Offences (Special Measures) Act 2012

    erlassen. Er erlaubt spezielle Manahmen bei Sicherheits-Vergehen mit dem Zweck, die ffent-

    liche Ordnung, Sicherheit und zugehrige Ange-

    legenheiten zu wahren. Das zweite Sicherheits-gesetz, der nun verabschiedete Prevention of

    Terrorism Act 2015, erlaubt, dass Terror-

    Verdchtigte ohne Prozess zwei Jahre lang in

    Haft genommen werden knnen. Danach kann

    die Haft jeweils um weitere zwei Jahre verln-

    gert werden, sodass im Endeffekt unbefristete

    Haft ohne Gerichtsverfahren mglich ist so wie zuvor beim abgeschafften Internal Security Act.

    ber die Haft entscheidet kein Richter, sondern

    ein Prevention of Terrorism Board, welches vom

    Knig ernannt wird.

    Neben einer Inhaftierung gibt es auch die Option

    einer Restriction Order. Bis zu fnf Jahre lang

    knnen Beschuldigte unter komplette berwa-

    chung gestellt werden, inklusive des Entzugs

    ihrer Rede- und Bewegungsfreiheit sowie dem

    Zugang zu Kommunikationskanlen. Nach den

    fnf Jahren kann die berwachung verlngert

    werden. Im Falle von Inhaftierung ist Freikom-

    men auf Kaution nicht mglich. Zugang zu

    rechtlichem Beistand ist fr die ersten 60 Tage

    der Haft nicht garantiert. Auch mssen die In-

    haftierten nicht von den gegen sie erhobenen

    Festnahmen auf Grundlage des Sedition Act im Mrz 2015

    Quelle: MALAYSIAKINI

  • Malaysia: Repressive Gesetze gngeln Oppositionelle Nr. 14 / Juni 2015 | 4

    Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit | Fokus Menschenrechte

    Vorwrfen unterrichtet werden.

    Vor dem Prevention of Terrorism

    Board steht den Angeschuldigten

    kein Rechtsbeistand zu. Gegen

    dessen Entscheidung gibt es kein

    Rechtsmittel auer einer Be-

    schwerde wegen Verfahrensfehler.

    Diese drften freilich wegen der

    Intransparenz des Verfahrens und

    mangels anwesendem juristischen

    Beistand praktisch unmglich

    nachzuweisen sein. Fr eine Inhaf-

    tierung reichen nachvollziehbare Grnde (reasonable grounds),

    dass der Verdchtigte in terroristi-

    sche Aktivitten verwickelt ist.

    Durch ein solches Gesetz wird die

    Unschuldsvermutung umgekehrt

    und ein fairer Prozess vorenthal-

    ten.

    Die Regierung verteidigt das neue

    Gesetz als eine notwendige Manahme gegen

    Islamisten im eigenen Lande, die im Zuge der

    Irak und Syrien Konflikte radikalisiert worden

    seien. Sympathisanten der Terrormiliz Islamischer

    Staat (IS) wrden Anschlge in Malaysia planen.

    Nur ein solches Gesetz gbe den Behrden die

    notwendige Handhabe und knne die friedlichen

    Einwohner des Landes vor Terror schtzen, so die

    Argumentation der malaysischen Regierung.

    Oppositionspolitiker und Menschenrechtsaktivis-

    ten treibt allerdings die Sorge um, dass das Ge-

    setz dazu herangezogen wird, gegen Opposition

    vorzugehen. Es ist weit genug gefasst um dies zu

    ermglichen. Die schrfste Kritik kam vom An-

    waltsverband The Malaysian Bar, der das Gesetz

    einen Affront gegen Rechtsstaatlichkeit nann-te.

    5

    Publikationsgesetz: Keine Kritik erlaubt

    Der Printing Publication Act stammt aus dem

    Jahr 1984 und legt fest, dass Genehmigungen fr

    das Publizieren einer Zeitung beim Innenministe-

    rium einzuholen sind. Genehmigungen werden

    nicht an kritische Medien vergeben, enthalten

    oft Auflagen und knnen jederzeit widerrufen

    werden. Bei Zuwiderhandlungen droht den Her-

    ausgebern, sowie denjenigen, die Druck, Import

    oder Vertrieb verantworten, bis zu drei Jahre

    Haft. Auch stellt das Innenministerium soge-

    nannte show cause Schreiben aus, die Zeitun-

    gen unter Androhung des Lizenzentzuges dazu

    verpflichten, sich im Hinblick auf bestimmte

    Artikel zu erklren. Es ist illegal, ohne Genehmi-

    gung eine Druckpresse zu besitzen.

    5http://www.malaysianbar.org.my/press_statements/p

    ress_release_%7C_prevention_of_terrorism_bill_201

    5_violates_malaysias_domestic_and_international_co

    mmit-

    ments_is_an_affront_to_the_rule_of_law_and_is_ab

    horrent_to_natural_justice.html

    Anklagen auf Grundlage des Sedition Act 2010-2015

    Quelle: MALAYSIAKINI

    Das neue Redaktionsgebude von MALAYSIAKINI, Malaysias

    populrstem Online-Medium, das seit 15 Jahren mit der Fried-

    rich Naumann Stiftung kooperiert.

    Foto: FNF

  • Malaysia: Repressive Gesetze gngeln Oppositionelle Nr. 14 / Juni 2015 | 5

    Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit | Fokus Menschenrechte

    Unter Berufung auf die Pressefrei-

    heit, die laut Artikel 10 der malay-

    sischen Verfassung garantiert ist,

    klagte das regierungskritische

    Online-Medium Malaysiakini vor

    Gericht dagegen, dass ihm keine

    Print-Lizenz erteilt wird. Richter in

    zwei Instanzen gaben Malaysiakini

    Recht, doch das Innenministerium

    erteilt die Print-Lizenz einfach

    weiterhin nicht. In einem Brief

    teilte das Ministerium mit, die

    Lizenz werde nicht erteilt, weil

    Berichte von Malaysiakini oft Kontroversen hervorrufen und

    nicht neutral seien: Solche Nach-richten, falls gedruckt publiziert,

    werden Schock und Qual bei den

    Brgern hervorrufen () und knnten Hass gegen unsere nationale Fhrung erzeugen, schrieb das Innenministerium.

    6

    Mediengesetz zur Regierungskontrolle

    Der Communications and Multimedia Act (CMA)

    von 1998 gibt dem Kommunikations- und Mul-

    timedienminister hohe Ermessensbefugnis ber

    die Vergabe von Sendelizenzen. Sie knnen je-

    derzeit widerrufen werden. In der Praxis sind alle

    TV- und Radiosender Malaysias im Besitz von

    oder unter Kontrolle der Regierung oder regie-

    rungsfreundlicher Kreise.

    Allerdings garantieren der Communications and

    Multimedia Act (sowie das Multimedia Bill of

    Guarantees) gesetzlich das Unterlassen von di-

    rekter Zensur im Internet was von den Behr-

    6

    http://www.themalaymailonline.com/malaysia/article/

    despite-court-ruling-home-ministry-denies-

    malaysiakini-licence-to-print

    den bislang auch weitestgehend respektiert wird.

    Deshalb ist Malaysias Online-Medienlandschaft

    ein Lichtblick. Die Regierung lie kritische, unab-

    hngige und oppositionelle Meinungen im Inter-

    net zu. Malaysia hat unverblmte Blogger. Pre-

    mier Najib betonte in Reden wiederholt, dass das

    Internet frei bleibe. Leider erlaubt die jngste

    Verschrfung des Sedition Acts nun, Online In-

    halte, die als aufrhrerisch (seditious) eingestuft

    werden, zu sperren. Der Internetzensur ist ab

    sofort Tr und Tor geffnet.

    Sodomie-Gesetz zur Strafe Anwars

    Das malaysische Strafgesetzbuch veranschlagt

    im Artikel 377 bis zu 20 Jahre Gefngnis fr

    einverstndliche homosexuelle Handlungen unter

    Erwachsenen. Es ist ein Relikt aus Kolonialtagen

    und widerspricht internationalem Menschen-

    recht.7

    Oppositionsfhrer Anwar Ibrahim sitzt derzeit

    aufgrund angeblicher homosexueller Handlungen

    mit einem Mitarbeiter fr fnf Jahre im Gefng-

    nis ein. Zudem wird er aufgrund der Verurteilung

    nach seiner Freilassung fr weitere fnf Jahre

    nicht politisch aktiv sein drfen. Die politisch

    motivierte Verurteilung drfte die Politikkarriere

    des heute 67-jhrigen beenden. Er hatte die

    Opposition geeint und war der Regierung gefhr-

    lich geworden. Seit 1937 ist das Sodomie-Gesetz

    7 The United Nations Human Rights Committee, the

    international expert body that monitors civil and

    political rights, held in 1994 that sodomy laws violate

    rights to privacy and non-discrimination.

    http://www.hrw.org/news/2014/10/23/malaysia-end-

    political-case-against-anwar

    Anwar Ibrahim im Gesprch mit dem FNF-Vorsitzenden Wolfgang Gerhardt (2010)

    Foto: FNF

    Ungenehmigte Demonstration fr saubere Wahlen in

    Kuala Lumpur. Foto: MALAYSIAKINI

  • Malaysia: Repressive Gesetze gngeln Oppositionelle Nr. 14 / Juni 2015 | 6

    Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit | Fokus Menschenrechte

    nur sieben Mal angewendet worden, davon zwei

    Mal auf Anwar. Malaysias Sodomie-Gesetz scheint hauptschlich dafr zu existieren, Anwar

    Ibrahim zu verfolgen, sagte Phil Robertson, Premierminister Najib sollte unverzglich die Aufhebung des Gesetzes einleiten, bevor es an-

    gewendet werden kann, um noch mehr Men-

    schen zu schikanieren und einzusperren.

    Taumel zum Illiberalismus

    Malaysia weist eine Reihe von repressiven Geset-

    zen und Strafrechtsvorschriften auf. Teils sind

    diese berbleibsel aus der Kolonialzeit, teils sehr

    neu. Gemeinsam ist ihnen, dass die Regierung sie

    anwendet, um gegen Oppositionspolitiker, Jour-

    nalisten und Aktivisten vorzugehen. Premier

    Najib hatte im Zuge des Wahlkampfes 2012

    grere Freiheit und die Abschaffung von repres-

    siven Gesetzen versprochen. Najib stieg mit glorreichen Versprechungen, Malaysia zu trans-

    formieren, zum hchsten Amt auf. Viele Jahre

    lang haben mich Najibs Worte begeistert. Nun

    sagen mir viele Leute, dass er nichts als Worte

    geliefert hat, schreibt Wan Saiful, der Leiter des FNF-Partners Institute for Democracy and Eco-

    nomic Affairs (IDEAS) in einem Leserbrief an den

    Economist8, der Najib unter dem Titel Taumel

    zum Illiberalismus kritisiert hatte.

    In der Tat wendet sich Malaysia von Freiheit und

    Menschenrechten ab. Ein Grund dafr drfte

    sein, dass die seit 1957 ungebrochen herrschen-

    de Regierungs-Koalition ihre Hegemonie sptes-

    tens seit den Wahlen von 2013 in Gefahr sieht,

    welche fr sie beinahe zum Desaster gewordenen

    wren. Als Konsequenz werden Gegner unter

    Einsatz repressiver Gesetze in Schach gehalten.

    Momentan gibt es keinen Grund zur Hoffnung,

    dass sich der Trend zur Unfreiheit umkehren

    wird. Malaysia mag in mancher Hinsicht modern

    erscheinen die Gesetze und ihre Handhabung sind es nicht

    Katharina Weber-Lortsch, FNF Programm-

    referentin, ist fr die Arbeit der Stiftung

    in Malaysia zustndig.

    8 http://ideas.org.my/news/malaysian-prime-minister-

    najib-razaks-lurch-to-illiberalism/

    Impressum

    Friedrich-Naumann-Stiftung fr die Freiheit

    Bereich Internationale Politik

    Referat Asien und Menschenrechte

    Karl-Marx-Strae 2

    D-14482 Potsdam

    [email protected]

    www.freiheit.org

    Malaysia - Moderne Fassade, Gesetze aus der Kolonialzeit

    Foto: FNF