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Masterarbeit
Ausgewählte Methodenansätze der systematischen Innovation am Beispiel Impfen großer Tierherden
Vorgelegt von: Björn Wilke am 17.08.2011
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin Wirtschaftswissenschaften I
Master Industrial Sales and Innovation Management (MISIM)
Erstgutachter: Prof. Dr.-Ing. Claudia Hentschel
Zweitgutachter: Prof. Dr. Dieta Simon
Matrikelnummer: 0518544 Email: [email protected] Mobil: 0162.3320454
I
Inhaltsverzeichnis
Seite
Inhaltsverzeichnis ................................................................................................................ I
Abkürzungsverzeichnis ...................................................................................................... II
Abbildungsverzeichnis ....................................................................................................... II
1. Einleitung ..................................................................................................................... 1
2. Ziel der Arbeit .............................................................................................................. 2
3. Grundlagen .................................................................................................................. 3
3.1 Innovation .............................................................................................................. 3 3.1.1 Definition ........................................................................................................ 3 3.1.2 TRIZ............................................................................................................... 3
3.2 Impfung.................................................................................................................. 3 3.2.1 Definition ........................................................................................................ 3 3.2.2 Aktive Impfung ............................................................................................... 3 3.2.3 Passive Immunisierung .................................................................................. 4 3.2.4 Hühnerimpfung............................................................................................... 4 3.2.5 Injektion.......................................................................................................... 4
4. IST Zustand der Hühnerimpfung ................................................................................ 5
5. Problemstellung........................................................................................................... 7
6. Bestehende Lösungsansätze...................................................................................... 8
7. Systematische Problemlösung..................................................................................10
7.1 Ideales Endresultat ...............................................................................................10 7.2 Systematische Problemformulierung.....................................................................12 7.3 Neun Felder ..........................................................................................................15 7.4 S-Kurve.................................................................................................................18 7.5 Evolution und Trends ............................................................................................21 7.6 Technische Widersprüche.....................................................................................24 7.7 Physikalische Widersprüche .................................................................................28 7.8 Operator Material-Zeit-Kosten...............................................................................30 7.9 Analogiebildung ....................................................................................................32 7.10 Antizipierende Fehlererkennung ...........................................................................36
8. Lösungskonzept .........................................................................................................38
8.1 Ideen Mind-Map ....................................................................................................38 8.2 Trommelaufsatz ....................................................................................................39 8.3 Impfjacke ..............................................................................................................40 8.4 Sortierförderband „Harvester“ ...............................................................................42
9. Fazit .............................................................................................................................44
10. Zusammenfassung.....................................................................................................47
Literaturverzeichnis ........................................................................................................... III
Quellenverzeichnis............................................................................................................. IV
Anhang................................................................................................................................ VI
Eidesstattliche Erklärung
II
Abkürzungsverzeichnis AFE - antizipierende Fehlererkennung
bzw. - beziehungsweise
ca. - circa
d.h. - das heisst
Fkt. - Funktion
ggf. - gegebenfalls
i.d.R. - in der Regel
IGP - innovative Grundprinzipien
i.m. - intra muskulär; in den Muskel
i.v. - intra venal; in die Vene
ml - Milliliter
Mio. - Millionen
TP - technischer Parameter
z.T. - zum Teil
Abbildungsverzeichnis
Seite
Abbildung 1: Komponentenanalyse ......................................................................................12
Abbildung 2: Interaktionstabelle............................................................................................12
Abbildung 3: Funktionsmodell...............................................................................................13
Abbildung 4: Neun-Felder-Matrix..........................................................................................15
Abbildung 5: In Vitro-Fleisch.................................................................................................16
Abbildung 6: Langzeitbrutkasten ..........................................................................................17
Abbildung 7: S-Kurve Markterfolg.........................................................................................18
Abbildung 8: Anzahl Erfindungen .........................................................................................19
Abbildung 9: Erfindungshöhe................................................................................................20
Abbildung 10: Impfhandschuh ..............................................................................................21
Abbildung 11: Zerfallende Kanüle.........................................................................................23
Abbildung 12: Kanülenband .................................................................................................25
Abbildung 13: Desinfektionsfolie...........................................................................................26
Abbildung 14: Funktionsweise von Nesselzellen ..................................................................33
Abbildung 15: Ideen Mind-Map.............................................................................................38
Abbildung 16: Trommelaufsatz für Kanülen ..........................................................................40
Abbildung 17: Impfjacke .......................................................................................................41
Abbildung 18: „Harvester“ Förderband Draufsicht & Seitenansicht .......................................43
1
1. Einleitung
Jeder Deutsche konsumiert im Jahr durchschnittlich 60 Kilogramm Fleisch.1 Dieser Wert
klingt zunächst nicht sonderlich spektakulär. Hochgerechnet auf ganz Deutschland ergeben
sich daraus jedoch 8 Mio. Tonnen produziertes Fleisch für das Jahr 2010, Tendenz stark
steigend.2 Für diese Menge waren unter anderem 3,8 Mio. Rinder, 56 Mio. Schweine und
ganze 600 Mio. Hühner notwendig.3 Weltweit beträgt die jährliche Fleischproduktion ganze
250 Mio. Tonnen.4 Das entspricht 50 Milliarden Tieren die allein zum Verzehr aufgezogen
und geschlachtet werden.5 Das Problem: Der Fleischkonsum nimmt massiv zu, vor allem in
den Ländern der dritten Welt. Laut einer aktuellen Prognose verdoppelt sich die
Fleischproduktion bis zum Jahr 2050 auf weltweit 463 Millionen Tonnen.6 Mit einer
natürlichen Aufzucht sind diese Bedarfe schon lange nicht mehr zu decken. Die industrielle
Massentierhaltung dominiert den Weltmarkt. Mit hohem technischem Aufwand werden große
Herden einer Tierart auf engstem Raum unter unnatürlichen Bedingungen gezüchtet. Neben
enormen Stress für die Tiere führt diese Haltungsform nachweislich zu häufigen
Erkrankungen.7 Allein ein krankes Tier genügt um die gesamte Herde anzustecken. Damit
dies nicht geschieht, müssen im Voraus umfangreiche Impfungen durchgeführt werden. Was
jedoch beim Menschen bereits schwierig ist, gestaltet sich bei Tieren noch weitaus
komplizierter. Menschen gehen von allein zum Arzt, warten bis sie aufgerufen werden und
halten still wenn die Spritze verabreicht wird. Tiere hingegen fürchten den menschlichen
Eingriff, sie flüchten und wehren sich mit aller Kraft. Bei Herden mit mehreren zehntausend
Tieren stellt die Impfung eine schier unlösbare Aufgabe dar. Doch warum wurde bislang
keine innovative Lösung dafür entwickelt? Warum müssen die Tiere noch immer umständlich
per Hand eingefangen und mit einer Spritze behandelt werden? Zu einer Zeit, in der nahezu
jede körperlich anstrengende Arbeit bereits durch Maschinen erledigt wird, sind diese Fragen
nur schwer zu beantworten. Die Innovationsdichte ist heute so groß wie nie zuvor. Ohne den
permanenten Nachschub an innovativen Produkten kann kein Unternehmen im
internationalen Konkurrenzkampf bestehen. Doch wann ist die Impfspritze an der Reihe?
Diese Arbeit wird einen Verbesserungsversuch für das Impfen großer Tierherden wagen –
bereits jetzt.
1 Vgl. http://www.3sat.de/page/?source=/vivo/148600/index.html Zugriff am 14.06.2011 um 14 :05 2 Vgl. Fleischwirtschaft, Nr. 03 vom 14.03.2011, Seite 12, Fleischproduktion 3 Vgl. http://www.3sat.de/page/?source=/vivo/148686/index.html Zugriff am 14.06.2011 um 14 :20 4 Vgl. http://www.3sat.de/page/?source=/vivo/148662/index.html Zugriff am 14.06.2011 um 14 :15 5 Vgl. 3sat, Sendung nano vom 10.03.2011, Bericht: Besseres Klima mit weniger Fleisch 6 Vgl. http://www.3sat.de/page/?source=/vivo/148686/index.html Zugriff am 14.06.2011 um 14 :20 7 Vgl. 3sat, Sendung nano vom 10.03.2011, Bericht: Besseres Klima mit weniger Fleisch
2
2. Ziel der Arbeit
Mit dieser Arbeit soll aufgezeigt werden, dass Produktverbesserungen bzw.
Produktinnovationen auch ohne versierte technische Kenntnisse entwickelt werden können.
Die Anwendung des Problemlösungsverfahrens „TRIZ“ steht dabei im Mittelpunkt der
Betrachtung. Theoretische Grundlagen und Definitionen zum Verfahren werden in dieser
Arbeit nicht vermittelt. Stattdessen erfolgt eine praktische Anwendung ausgewählter
Methoden an einem realen Problem. Vorkenntnisse zum Thema TRIZ sind dabei von Vorteil,
jedoch nicht zwingende Voraussetzung zum Verständnis der Arbeit.
Als zentrale Problemstellung wurde das Impfen großer Tierherden gewählt. Die Thematik ist
sehr komplex und das notwendige Hintergrundwissen besitzt nur ein geringer Teil von
Menschen. Es ist kein Alltagsproblem obwohl Fleisch für viele zum Alltag gehört. Daher
eignet sich dieses Problem außerordentlich gut, um die Wirksamkeit eines allgemein gültigen
Lösungsverfahrens zu bestätigen. Das Impfproblem von Tierherden tritt besonders deutlich
in der Hühnermast auf. Moderne Mastanlagen fassen heutzutage mehrere zehntausend
Hühner. Eine Impfung wird in dem Fall zur logistischen Meisterleistung. Aus diesem Grund
werden in dieser Arbeit ausschließlich Hühnerherden betrachtet. Daraus gewonnene
Erkenntnisse können jedoch auf andere Tierarten übertragen werden.
Das Ziel dieser Arbeit ist die technische Verbesserung der Herdenimpfung, genau
genommen das Einbringen von Impfstoff in den Muskel bzw. die Blutbahn mehrerer Hühner
innerhalb kürzester Zeit. Alternative Herangehensweisen wie beispielsweise die biologisch/
chemische Veränderung von Impfstoffen oder Hühnern werden ausdrücklich nicht betrachtet.
Inhaltlich wird der Problemlösungsprozess eher ganzheitlich als detailliert aufgezeigt. Dabei
ist das Ziel, möglichst viele Methoden und unterschiedliche Lösungsansätze vorzustellen. Als
Lösung wird ein grundlegendes Konzept praktisch erläutert und am Beispiel erklärt. Die
tatsächliche Umsetzung im Sinne einer detaillierten Konstruktionszeichnung und Erprobung
ist nicht Bestandteil dieser Arbeit.
Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden zunächst grundlegende Begriffe zu den Bereichen
Innovation bzw. Herdenimpfung erklärt, worauf im Anschluss daran die Ausgangssituation
der heutigen Hühnerimpfung ausführlich beschrieben wird. Abschließend erfolgt der
methodische Problemlösungsprozess, aus welchem eine innovative Lösung bzw. ein
Lösungskonzept hervorgeht.
3
3. Grundlagen
3.1 Innovation
3.1.1 Definition
Als Innovation bezeichnet man jede Art von Neuerung, die durch den stetigen technischen,
sozialen und wirtschaftlichen Wandel entsteht.8 Grundvoraussetzung ist die Erlangung von
Markterfolg. Nur, wenn eine Neuerung tatsächlich von Nutzern oder zumindest auf
Fachgebietsebene angenommen wird, kann von einer Innovation gesprochen werden.9
Neuerungen ohne Markterfolg sind allgemein als Flop bekannt. Lediglich zehn Prozent aller
Neuerungen in Deutschland erweisen sich tatsächlich als Innovation.10
3.1.2 TRIZ
Die „Theorie des erfinderischen Problemlösens“ (TRIZ) ist ein Verfahren zur systematischen
Generierung von zielgerichteten Ideen zur Lösung wissenschaftlich, technischer Probleme.
In den 50er Jahren beschrieb der russische Ingenieur Genrich Saulowitsch Altschuller
erstmals die Methodik und entwickelte sie seither stetig weiter. Die Grundlage von TRIZ
basiert auf der schematischen Auswertung einer Vielzahl von Patenten. Altschuller entdeckte
dabei Gesetzmäßigkeiten und Muster, denen alle Innovationen folgen.11 Diese Essenz ist in
Form von theoretischen Grundlagen, Modellen und Methodiken über alle
Wissenschaftsbereiche hinweg formuliert. Der Anwender wird bei korrekter Durchführung
automatisch in Richtung der erfolgversprechendsten Lösung geleitet.12
3.2 Impfung
3.2.1 Definition
Die Impfung ist eine vorbeugende, technische Maßnahme zum Schutz gegen
Infektionskrankheiten bei Menschen und Tieren. Man unterscheidet zwischen aktiver
Impfung und passiver Immunisierung.13
3.2.2 Aktive Impfung
Die aktive Impfung, auch Vakzination genannt, ist die am häufigsten verwendete Form der
Impfung. Der Körper wird gezielt einem Krankheitserreger ausgesetzt, jedoch ohne diesen
tatsächlich daran erkranken zu lassen. Ziel ist die Aktivierung des körpereigenen
8 Vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/54588/innovation-v7.html Zugriff am 03.08.2011 um 16:15 9 Vgl. Hentschel et al., 2010, S. 9 10 Vgl. http://www.mittelstandsblog.de/2007/02/neun-von-zehn-innovationen-erweisen-sich-als-flop/
Zugriff am 30.07.2011 um 17:40 11 Vgl. Hentschel et al., 2010, S. 25 ff. 12 Vgl. Orloff, 2006, S. V 13 Vgl. Kayser, 2002, S. 125
4
Immunsystems. Dieses soll passende Antikörper bilden und eine dauerhafte, natürliche
Immunität erlangen. Als Impfstoff werden Lebend- oder Tot-Impfstoffe in Form einer
flüssigen Lösung verwendet. Lebendimpfstoffe enthalten den natürlichen Erreger (Viren oder
Bakterien) in abgeschwächter Form. Diese können sich im Körper noch vermehren, jedoch
die Krankheit nicht mehr auslösen. Tot-Impfstoffe hingegen bestehen aus abgetöteten
Krankheitserregern oder Bruchstücken davon.14 Diese können weder die Krankheit auslösen,
noch sich im Körper ausbreiten. Daher sind Tot-Impfstoffe besser verträglich, bieten
allerdings einen geringeren Immunschutz als Lebend-Impfstoffe. Egal welcher Impfstoff
verwendet wird - der Körper sollte in einer guten Verfassung sein, um die leichte Erkrankung
bekämpfen zu können.15
3.2.3 Passive Immunisierung
Im Gegensatz zur Impfung werden bei diesem Verfahren keine Krankheitserreger
verabreicht, sondern ein spezielles Serum. Dieses enthält bereits die notwendigen Antikörper
zur Bekämpfung der Infektion. Das Immunsystem muss die notwendigen Antikörper nicht
selbst produzieren. Der Körper ist ab Verabreichung sofort immunisiert. Aus diesem Grund
wird dieses Verfahren nicht als Impfung bezeichnet. Allerdings werden diese künstlichen
Antikörper mit der Zeit ausgeschieden. Der Immunschutz ist nicht dauerhaft. Eine erneute
Infektion ist zu einem späteren Zeitpunkt wieder möglich. Dieses Verfahren eignet sich daher
nur als Sofortmaßnahme bei einer bereits erfolgten Infektion.16
3.2.4 Hühnerimpfung
Bei Hühnern erfolgt die Injektion meist in den Flanken- oder Nackenbereich. Der Einsatz
moderner Impfstoffe kann z.T. die Mastleistung erhöhen, vor allem aber senkt es den Einsatz
von Antibiotika. Für Hühner sind in Deutschland Impfungen gegen Newcastle (Geflügelpest)
und Salmonellose (Hühner-Salmonellen) zwingend vorgeschrieben. Darüber hinaus wird die
Impfung gegen z.B. die Marek’sche Krankheit, Bronchitis und Geflügelpocken empfohlen.17
3.2.5 Injektion
Die Injektion bezeichnet das schnelle, parenterale - unter Umgehung des Magen-Darm-
Systems - Einbringen von Medizin in einen Körper. Durch eine Spritze mit aufgesteckter
Hohlnadel (Kanüle) wird die natürliche Hautbarriere durchstochen und Medizin darunter
eingebracht. Man unterscheidet drei Injektionsmöglichkeiten: 1. intradermal (in die Haut), 2.
subkutan (unter die Haut), 3. intramuskulär (in den Muskel). Bei Hühnern wird ausschließlich
in den Nackenmuskel, bei Legehennen teilweise auch in den Brustmuskel injiziert.
14 Vgl. http://www.aerztekammer-bw.de/15/02gesundheitstipps/g_m/impfstoffe.html Zugriff am 02.06.2011 um 17:00 15 Vgl. Expertengespräch Tierärztin Dipl. med. vet. Höhne 16 Vgl. http://www.aerztekammer-bw.de/15/02gesundheitstipps/g_m/impfstoffe.html Zugriff am 02.06.2011 um 17:00 17 Vgl. Vits et al., 2005, S.1
5
4. IST Zustand der Hühnerimpfung
Moderne Stallanlagen beherbergen bis zu 40.000 Hühner. Dabei handelt es sich um
großflächige Hallen in denen die Hühner in Bodenhaltung aufgezogen werden. Grundsätzlich
wird zwischen der Hühnermast und der Eierproduktion unterschieden. Masthühner, auch
Broiler genannt, erreichen innerhalb von fünf Wochen ihr Schlachtgewicht von 1.000 Gramm.
Für die Eierproduktion werden prinzipiell weibliche Legehennen verwendet. Diese legen ca.
300 Eier pro Jahr und werden durchschnittlich 1,5 Jahre alt.18 Aus hygienischen Gründen
wurden bis zum Jahr 2009 Legehennen überwiegend in Käfigen gehalten. Seit dem Jahr
2010 ist die Käfighaltung in Deutschland per Gesetz verboten.19 Alle Arten von Geflügel
müssen seither in Bodenhaltung mit ausreichend Auslauf gehalten werden. Voraussichtlich
im Jahr 2012 soll die Käfighaltung für Geflügel europaweit verboten werden.20 Allerdings
bedeutet die Bodenhaltung in der Massenzucht ein weitaus höheres Krankheits- bzw.
Infektionsrisiko für die Hühner. Durch die Ansteckung mittels Kot, der auf dem Boden liegt,
kann es zu Infektionskreisläufen innerhalb der Herde kommen. Dadurch müssen
umfangreiche Hygiene- und Gesundheitsmaßnahmen durchgeführt werden.21 Hierzu gehört
die u.a. die Impfung der Hühner, um eine Immunität gegen bekannte oder neue Erreger
herzustellen. Die Impfung sollte zwingend an allen Hühnern der Herde durchgeführt werden,
da bereits ein krankes Huhn die gesamte Herde infizieren kann. Dabei stellen die
Herdengrößen von mehreren zehntausend Hühnern sowie die freilaufende Bodenhaltung
eine besondere Schwierigkeit für den Impfprozess dar. Aus diesem Grund erfolgen
heutzutage ca. 80% der notwendigen Hühnerimpfungen per Spray über die Atemwege oder
über das Trinkwasser. Eine separate Manipulation jedes einzelnen Huhns ist damit nicht
notwendig. Dennoch erfordern immerhin noch 20% der Impfungen eine Injektion des
Impfstoffes direkt in den Muskel. Hierfür muss jedes Huhn einzeln gefangen, festgehalten
und geimpft werden. Der Personalaufwand hierfür ist enorm. In solchen Fällen nutzen
Züchter externe Impfkolonnen. Darunter versteht man ein speziell geschultes Personal,
welches von einem anderen Unternehmen kurzfristig für die Impfung zur Verfügung gestellt
wird.22 Damit wird sichergestellt, die Impfung in möglichst kurzer Zeit vollständig durchführen
zu können. Zeit ist die entscheidende Größe. Mit der Durchführung einer Herdenimpfung
beginnt für die Hühner ein Stressprozess. Die Folge ist dauerhaftes Geschrei und panisches
Umherlaufen (Flucht) im Stall. In dieser Zeit kann die reguläre Mast- bzw. Legeleistung nicht
18 Vgl. 3sat, Sendung nano vom 28.02.2011, Sendung: Resistente Keime auf dem Tisch 19
Vgl. http://www.welt.de/die-welt/vermischtes/hamburg/article4431139/Traditionelle-Kaefighaltung-fuer-Huehner-verboten.html Zugriff am 05.06.2011 um 18 :30 20
Vgl. http://www.umweltjournal.de/AfA_naturkost/13545.php Zugriff am 12.06.2011 um 13 :30 21 Vgl. http://www.eier.de/Seiten/Huhn/huhn_haltung.htm Zugriff am 12.06.2011 14 :15 22 Vgl. http://www.anicon-vorsorge.de/static/impfkolonne_de-1-page1.html Zugriff am 18.06.2011 um 11 :10
6
erfüllt werden. Bei knappen Margen von fünf Cent pro Huhn muss dieser Zeitraum so kurz
wie möglich gehalten werden.23 Im Normalfall läuft die Impfung einer Hühnerherde wie folgt
ab: Der Tierarzt und die Impfkolonne werden zu einem festgelegten Tag bestellt.
Impfkolonnen bestehen aus mehreren Teams. Pro Team gibt es einen Impfer und zwei bis
drei Fänger. Die Fänger übernehmen das Fangen und Fixieren der Hühner. Ein gut
eingespieltes Team schafft ca. 1.000 Hühner pro Stunde. Im Stall werden zunächst die
gesamten Installationen zur Futter- und Wassergabe via Seilzug an die Decke gezogen.
Dadurch entsteht eine durchgehende, quadratische Bodenfläche, auf der die Hühner frei
umherlaufen können. Das Licht in der Anlage wird weitestgehend gedämmt mit dem Ziel der
Beruhigung. Es sollte allerdings noch eine Helligkeit vorhanden sein, sodass die Fänger die
Hühner sehen und sich gefahrlos bewegen können. Die Impfkolonne arbeitet sich in dem
Prozess von der einen zur anderen Seite. Dabei wird mit Hilfe eines beweglichen Gitters der
Stall quer aufgeteilt. Bereits geimpfte Hühner werden in den anderen Teil der Absperrung
ausgesetzt. Die Impfkolonne arbeitet sich permanent durch den Stall bis zur Erreichung des
hinteren Endes. Dabei wird stets nach dem gleichen Prinzip vorgegangen. Ein Fänger greift
ein Huhn aus der Menge und übergibt dieses dem zweiten Fänger. Dieser wiederum fixiert
das Huhn auf einem Tisch so, dass der Impfer umgehend die Injektion, z.B. am Nacken,
durchführen kann. Anschließend setzt dieser das Tier wieder auf den Boden im abgetrennten
Bereich der geimpften Tiere. Die behandelten Tiere werden teilweise auch zusätzlich mit
Farbe markiert. Nicht selten arbeiten die Fänger auch mit speziellen Transportboxen. Diese
bieten Platz für etwa 5 bis 10 Tiere und sind nur an der Oberseite geöffnet, damit die Tiere
nicht flüchten können.24 Dazu greift der Fänger 1 die Tiere aus der Menge, steckt diese in die
Box und übergibt die gesamte Einheit an den zweiten Fänger. Fänger 2 kann analog zum
Tempo des Impfers die Tiere aus der Box entnehmen. Mit hilfe der Boxen erfolgt eine
Separierung der Tiere und parallel die Bildung von Zwischenlagern als Puffer für
Schwankungen im Prozess. Der Impfer arbeitet mit einer Spritze zur mehrmaligen
Verwendung. Bis zu Eintausend Injektionen am Stück sind damit möglich, je nach Größe des
aufgesteckten Vorratsbehälters für den Impfstoff. Die Abgabemenge wird durch die Spritze
fortlaufend exakt dosiert. Im Gegensatz zu Impfungen bei Menschen oder größeren
Nutztieren wird hierbei nicht mit jeder Einzelimpfung eine neue, sterile Spritze bzw. Kanüle
verwendet. Ein Nadelwechsel erfolgt erst nach ca. 100 bis 1.000 Impfungen, meist im
Zusammenhang mit dem Ersetzen des Vorratsbehälters. Die Herdengröße zwingt zu diesem
Tempo, da die Gesamtimpfung die vorgeschriebene Dauer von einem Tag nicht
überschreiten darf. Andernfalls nehmen die Tiere aufgrund der Dauerbelastung Schaden.25
23 Vgl. 3sat, Sendung nano vom 28.02.2011, Sendung: Resistente Keime auf dem Tisch 24 Vgl. Fries et al., 2001, S. 33 25 Vgl. Expertengespräch Tierärztin Dipl. med. vet. Höhne
7
5. Problemstellung
Der hohe Personalbedarf ist das offensichtlichste Problem beim Impfprozess. Wachsende
Populationen führten zu einer steigenden Anzahl an Helfern. Der Prozessablauf an sich
wurde darüber hinaus nicht geändert, sondern nur vergrößert. Eine große Anzahl von
beteiligten Personen bedeutet darüber hinaus eine hohe finanzielle Belastung in Form von
Personal- und Koordinierungskosten. Hinzu kommen menschliche Fehler. Die Arbeit ist
körperlich anstrengend, monoton und findet unter teils schwierigen Umgebungsbedingungen
statt. Der korrekte Umgang mit den Tieren kann nicht dauerhaft gewährleistet werden.26 Die
Tiere können z.B. beim Fangen verletzt, an der falschen Stelle gespritzt, teilweise gar nicht
oder mehrfach geimpft werden.
Ein ebenfalls kritischer Faktor ist die Zeit. Trotz massiv gestiegener Populationen muss der
Impfvorgang in immer kürzeren Zeitzyklen realisiert werden. Für die Tiere bedeutet dieser
Vorgang psychischen und physischen Stress über den gesamten Zeitraum, wodurch sich
Unruhe auf die gesamte Herde überträgt. Fluchtverhalten und Panikgeschrei sind die Folge.
In diesem Stadium erreichen die Tiere nicht die normale Mast- bzw. Eierleistung. Selbst nach
der Impfung benötigt es noch einige Zeit, bis sich der Vorgang normalisiert. Betrachtet man
die klassische Hühnermast mit einer Aufzucht von nur fünf Wochen wird ersichtlich, wie
wichtig jede einzelne Stunde davon für den Zuchterfolg ist.27
Das größte Problem liegt jedoch in der Impftechnik selbst – explizit der Impfspritze. Bereits
seit dem 19. Jahrhundert ist die Gefahr der Infektionsübertragung per Injektion bekannt.
Spritzen, die zur Mehrfachverwendung konzipiert sind, müssen nach einmaligem Gebrauch
aufwändig desinfiziert werden. Andernfalls kann dies über Rückstände an der Kanüle zur
Infektionsübertragung führen. Aus diesem Grund werden zur Impfung von Menschen
ausschließlich Einwegspritzen verwendet, welche nach einmaliger Anwendung entsorgt
werden. Damit wird sichergestellt, dass Mehrwegspritzen nicht mehrfach ohne ausreichende
Desinfektion verwendet werden. Bei der Massenimpfung von Hühnern wird dieser Vorgang
allerdings so durchgeführt. Mit einer Kanüle werden Hunderte Hühner nacheinander geimpft.
Der Aufwand nach jeder Injektion eine neue Kanüle zu montieren ist zu hoch. Zudem würde
es das Verletzungsrisiko erhöhen. Einwegspritzen stellen ebenfalls keine Alternative dar.
Neben den zusätzlichen Materialkosten, stellt die Bereitstellung und Entsorgung von
Zehntausend Spritzen ein erhebliches logistisches Problem dar. Eine weitere Hürde bei der
Mehrfachverwendung einer Kanüle besteht in der Materialabnutzung. Jede Injektion führt
zum Abstumpfen der Kanülenspitze. Der Impfer benötigt zunehmend einen höheren
26 http://www.youtube.com/watch?v=HkBqOq9-HDo&feature=related Zugriff am 12.08.2011 um 13:10 27 Vgl. 3sat, Sendung nano vom 28.02.2011, Sendung: Resistente Keime auf dem Tisch
8
Kraftaufwand, um die Kanüle in die Haut zu stechen. Die Zunahme von Schmerzreiz und
Hautverletzung bei den Tieren ist die Folge. Gesunde Tiere sind das wichtigste Kapital des
Züchters. Impfungen, welche als Nebenwirkung eine Neuinfizierung der Herde auslösen
kann, müssen unbedingt unterbunden werden.
Betrachtet man die aufgeführten Probleme, lassen sich zwei entscheidende
Problemrichtungen herausarbeiten: das Verfahren der Tierbereitstellung und das
Injektionsverfahren. Diese Arbeit wird sich im weiteren Verlauf auf das Injektionsverfahren
konzentrieren. Es stellt insgesamt betrachtet den entscheidenden Prozess dar und
verursacht die meisten und größten Probleme. Zudem ist die spätere Übertragung eines
Impfsystems auf andere Tierarten wahrscheinlicher als ein Sortier- bzw.
Bereitstellungssystem. Je nach Innovationsgrad der späteren Lösung kann das
Sortierproblem eventuell mitgelöst werden - praktisch als Nebeneffekt der eigentlichen
Hauptlösung.
6. Bestehende Lösungsansätze
Ein wichtiger Lösungsansatz basiert auf der vorsorglichen Vermeidung einer Infektion bzw.
Impfung. Hierunter fallen alle Aspekte der Hygiene. Die Tiere werden bestmöglich von der
Umwelt isoliert, sodass kein Erreger von Außen eingebracht werden kann. Die Stallhaltung
bildet dafür die Grundlage. Licht, Temperatur, Luft, Nahrungs- und Wasserversorgung
werden unabhängig von äußeren Bedingungen gesteuert. Diese erfolgt zunehmend
vollautomatisch, um den Menschen als Überträger auszuschließen. Sollte ein Eingriff durch
menschliches Personal dennoch notwendig sein, existieren an jedem Zugang
Desinfektionsschleusen. Das Futter selbst wird in Stichproben geprüft bzw. von geprüften
Lieferanten bezogen. Um eine Infektionskreisläufen innerhalb der Herde vorzubeugen,
wurden die Haltebedingungen hinreichend optimiert. Hierunter fallen vor allem automatische
Kotförderbänder, welche die Tiere von den eigenen und fremden Ausscheidungen schützen
sollen. Teilweise werden auch die Schnäbel gekürzt oder abgerundet, um das gegenseitige
Picken blutiger Verletzungen zu unterbinden. Ebenfalls unter die Kategorie „vorsorgliche
Vermeidung“ fällt der Einsatz von Breitbandantibiotika. Anstelle besserer Zuchtbedingungen
verwenden einige Züchter gezielt große Mengen an Antibiotika, um eine größtmögliche
Resistenz der Tiere herzustellen.28 Diese Vorgehensweise ist jedoch verboten, da
Rückstände über die Gülle in die allgemeine Nahrungskette gelangen. Resistenzen von
Krankheitserregern werden dadurch begünstigt. In der Konsequenz wird das Antibiotikum auf
28 Vgl. 3sat, Sendung Nano von 28.05.2010, Bericht: Kein Platz im Mastkäfig
9
absehbare Zeit unbrauchbar. 29 Allein in Deutschland werden pro Jahr ca. 780 Tonnen
Antibiotika an Tiere verfüttert.30 Den gleichen Ansatz, allerdings legal, verfolgen spezialisierte
Labore, die besonders robuste Hühnerarten mit den geforderten Mastleistungen züchten.
Dennoch muss klar sein, dass all diese Ansätze keine dauerhafte Lösung bieten. Trotz
größter Bemühungen wird eine Mastanlage nie zu 100% steril sein.31 Viren und Bakterien
werden weiter mutieren und stets neue Impfstoffe zur Bekämpfung benötigen.
Ein anderer Ansatz besteht in der Umgehung der Injektion. Darunter zählt die orale
Einbringung durch die Beimischung in Wasser oder die Aufnahme über die Atemwege per
Spray. In beiden Fällen ist ein hoher Forschungsaufwand der Pharma-Unternehmen
notwendig. Der Impfstoff sollte so gestaltet werden, dass dieser in unterschiedlichen
Dosierungen aufgenommen werden kann. Körpereigene Abwehrmechanismen wie z.B..
Magensäure oder Darmbakterien müssen auf dem Weg in die Blutbahn überwunden werden.
Für die Bekämpfung vieler Krankheiten ist solch ein Verfahren bereits möglich. Bereits heute
erfolgen ca. 80% der empfohlenen Hühnerimpfungen per Spray oder oral.32
Zum Ende der 90er Jahre wurde ein nadelfreies Injektionssystem entwickelt. Anstelle einer
Kanüle wird eine Düse verwendet. Diese wird eng auf die Haut aufgelegt und anschließend
strömt der flüssige Impfstoff unter Hochdruck durch die Poren in die Haut. Dieses System
sollte die Massenimpfung revolutionieren. Allerdings stellte sich bald heraus, dass
Infektionen und Hautverletzungen auch mit dieser Technik nicht zu vermeiden sind. Die
Abgabe des Impfstoffes kann zudem nicht gezielt, z.B. in die Vene oder in den Muskel,
verabreicht werden. Der Großteil verbleibt prozessbedingt in der unteren Hautschicht.
Zudem wird eine glatte Hautoberfläche zum ansetzen benötigt, die bei vielen Tieren jedoch
mit Haaren oder bei Hühnern mit Federn bedeckt sind.33
Ein abschließender Lösungsansatz orientiert sich an der menschlichen Medizin.
Mehrwegspritzen werden durch Einwegspritzen ersetzt. Dies wird vor allem bei kleinen
Tierherden im Privat- und Hobbybereich, ebenso bei nahezu allen großen Nutztieren
angewandt. Wenn Populationsgrößen von Tierherden den vierstelligen Bereich
überschreiten, ist der Einsatz von Einwegspritzen bereits unwirtschaftlich. Mehrwegspritzen
mit den erläuterten Nachteilen sind in diesen Fällen bislang die einzige Lösung.
29 Vgl. VDI nachrichten, Nr. 41 vom 12.10.2007, Seite 4, Antibiotika aus der Gülle landen im Salat 30 Vgl. 3sat, Sendung nano vom 10.03.2011, Bericht: Besseres Klima mit weniger Fleisch 31 Vgl. 3sat, Sendung nano vom 28.02.2011, Bericht: Handdesinfektion ist keine Kunst 32 Vgl. Expertengespräch Tierärztin Dipl. med. vet. Höhne 33 Vgl. Expertengespräch Tierärztin Dipl. med. vet. Höhne
10
7. Systematische Problemlösung
7.1 Ideales Endresultat
Die erstellte Situations-Checkliste (siehe Anhang) bildet die Grundlage für das weitere
Vorgehen. Alle bisher gesammelten Informationen sind darin kurz und übersichtlich
zusammengefasst.
Die Beschreibung des idealen Endresultates bzw. des idealen Produktes gibt dem
Innovationsprozess eine konkrete Richtung. Hierbei geht es nicht um Machbarkeit, sondern
zunächst um pure Utopie, die absolut perfekte Lösung, egal wie unerreichbar sie auch
scheint. Der klassische Ansatz zur Bestimmung einer Ideallösung besteht in der Annahme,
dass sich ein Problem „von selbst“ löst. Bezogen auf die Problemstellung dieser Arbeit ergibt
sich folgende Formulierung:
IDEALLÖSUNG
� Die Tiere werden nicht krank, eine Impfung ist nicht notwendig.
Diese Idealvorstellung wird in der Fachliteratur wie folgt beschrieben: „Anzustrebender
Idealzustand sind SPF-Herden [...], die in krankheitserregerfreien Stallungen gehalten
werden und gegen Erregereinschleppung lückenlos abgeschirmt sind.“34 Als SPF (spezifiziert
pathogenfrei) bezeichnet man alle Tiere einer Herde, welche frei von Infektionserregern und
entsprechenden Antikörpern sind.35 Gesunde Tiere sollten hermetisch von der Außenwelt
isoliert aufwachsen. Unter diesen Umständen würde eine Infizierung findet nie stattfinden
und eine Impfung kann komplett entfallen.
In der Realität kann so ein Zustand nicht erreicht werden. Viren, Keime und Bakterien
gelangen an jeden Ort und überleben auch unter den widrigsten Bedingungen. Andauernde
Mutationen führen darüber hinaus zu Resistenzen gegenüber wissenschaftlich bekannten
Wirkstoffen. Das menschliche Streben nach Reinheit, bis hin zur Sterilität ist zum Scheitern
verurteilt. Die Natur ist dem Menschen immer einen Schritt voraus.
34 Siegmann/ Neumann, 2005, S. 71 35 Vgl. Siegmann/ Neumann, 2005, S. 59
11
Die Ideallösung wird nun systematisch abgestuft, um sukzessiv realistische Lösungen zu
entwickeln. Bereits zu diesem Zeitpunkt entstehende Ideen können für den weiteren
Denkprozess sehr wichtig sein und werden sofort notiert. Diese schärfen das
Problemverständnis und lenken die Gedanken in Richtung der eigentlich zu verbessernden
Funktion.
IDEALLÖSUNG Abstufung 1
� Die Tiere impfen sich selbstständig.
„Konditionierung“ - Die Hühner werden konditioniert in eine spezielle Impfkammer zu
gehen. Sobald die Tiere den Kopf in eine Öffnung mit Futter oder einer anderen
Belohnung stecken, erfolgt die Injektion automatisch. Je nach Tierart sind weitere Mittel
zur Beeinflussung denkbar wie z.B. Geräusche, Beleuchtung oder Gerüche (Pheromone).
Bei Schweinen ist eine Konditionierung auf ihren Namen in Verbindung mit einer Futterbox
geglückt. Jedes Tier bekommt einen Namen zugewiesen der laut durch einen Lautsprecher
aufgerufen wird. Die Futterbox öffnet sich nur wenn das aufgerufene Tier davor steht. Steht
das falsche oder mehrere vor dem Eingang bleibt die Tür verschlossen. Nach ein paar
Wochen steht nur noch das aufgerufene Tier zum Fressen auf während die restlichen
Schweine liegen bleiben.36 Trotz etwas geringerer Intelligenz ist so eine Konditionierung
theoretisch auch bei Hühnern denkbar.37
IDEALLÖSUNG Abstufung 2
� Ein bereits vorhandenes System kann anstelle der Impfspritze das Impfen
durchführen
Vorstellbar wären Lüftungssysteme, Förderbänder, andere Tiere, Beregnungsanlagen,
Beschäftigungsspielzeuge im Stall usw.
IDEALLÖSUNG Abstufung 3
� Das Impfen benötigt weniger Ressourcen (Personal/ Zeit/ Kapital)
� Die Tiere werden weniger krank, eine Impfung ist seltener notwendig
Spätere Lösungen sollten auf einer der aufgezeigten Ebenen liegen, je höher desto
innovativer und besser.
36 Vgl. 3sat, Sendung nano vom 20.01.2011, Bericht: Schweine mit Manieren 37 Vgl. Expertengespräch Tierärztin Dipl. med. vet. Höhne
12
7.2 Systematische Problemformulierung
Um das Problem zu erkennen muss die Systematik des Impfprozess verstanden werden.
Dabei hilft die Komponentenanalyse der Impfspritze inklusive den mit ihr in Verbindung
stehenden Elementen.
Abbildung 1: Komponentenanalyse
Hierbei fällt auf, dass die Impfspritze im Gebrauch mit einer Vielzahl weiterer Systeme
interagiert. Jedes System davon ist notwendig, um die Hauptfunktion zu gewährleisten.
Demnach erfordern Verbesserungen des Gesamtprozesses mit hoher Sicherheit die
Änderung mehrerer Systeme.
Daher ist es umso wichtiger, für die folgende Interaktionsanalyse die Komplexität zu
verringern. In dem Fall werden, mit Ausnahme des Muskels als Ziel der Injektion, keine
Subsystemkomponenten einbezogen. Daraufhin werden in Form einer Tabelle die
Systemkomponenten gegenübergestellt. Existieren Interaktionen zwischen Komponenten,
werden diese mit einem Haken gekennzeichnet. Andernfalls werden diese mit einer Null
markiert. Zum besseren Verständnis wird anstelle des Erregers der übergeordnete Begriff
des Impfstoffes verwendet.
Abbildung 2: Interaktionstabelle
13
Mit Kenntnis der bestehenden Interaktionen kann das Funktionsmodell erstellt werden. Alle
bisherigen Daten werden darin grafisch dargestellt. Für bestehende Interaktionen werden
Pfeile verwendet, welche mit der konkreten Funktion beschriftet sind.
Abbildung 3: Funktionsmodell
Mit Hilfe der abstrakten, grafischen Darstellung sind alle Informationen, Zusammenhänge
und Probleme im Prozess sofort ersichtlich. Zunächst muss jedoch die tatsächliche
Hauptfunktion der Impfspritze bestimmt werden. Nur dann kann sichergestellt werden, dass
die gewollte Wirkung des Systems verstanden wurde und spätere Lösungsansätze diesen
Nutzen auch verstärken. Diese Überlegung erfolgt bewusst erst jetzt, denn das fertige
Funktionsmodell unterstützt die korrekte Formulierung erheblich. Im Funktionsmodell ist
deutlich zu erkennen, dass dem Impfstoff die zentrale Rolle zukommt. Dieser interagiert mit
den meisten Elementen im Modell und wird somit zum Zielobjekt. Die gültige Hauptfunktion
der Impfspritze lautet:
Zuvor aufgestellte Funktionsbeschreibungen wie: „IMPFSPRITZE durchdringt HAUT“ oder
„IMPFSPRITZE tränkt MUSKEL“ erwiesen sich nach der Erstellung des Funktionsmodells als
unzureichend.
transportiert IMPFSPRITZE IMPFSTOFF
14
Für die Problemformulierung werden alle schädlichen, unzureichenden und überschüssigen
Funktionen aus dem Funktionsmodell in dieser Reihenfolge analysiert und formuliert. Das
Gesamtproblem, welches bisher unpräzise erscheint, wird somit in konkrete Einzelprobleme
aufgeteilt. Die Reihenfolge entspricht dabei der Gewichtung des jeweiligen Problems.
1. Rückstände an der Kanüle
Bei der Injektion mit einer Kanüle verbleiben organische Rückstande daran zurück.
Diese lösen beim nächsten Impfempfänger ggf. ungewollte Infektionen aus.
2. Kleiner Impfmittelbehälter
Der Vorratsbehälter hat im Schnitt ein Fassungsvermögen von ca. 100 ml. Je nach
Impfdosis können damit nur zwischen 100 bis 200 Tiere nacheinander geimpft
werden. Danach muss zwangsweise ein Behälterwechsel durchgeführt werden.
Einerseits entstehen dadurch ungewollte Wartezeiten, andererseits kann es zu
Verunreinigungen an der Impfspritze führen. Eine schlichte Vergrößerung des
Behälters ist nicht möglich, da das zusätzliche Gewicht die Schnelligkeit und
Ausdauer des Armes negativ beeinflusst. Außerdem verdeckt das Volumen eines
größeren Behälters das freie Sichtfeld auf die Kanüle und das Injektionsziel.
3. Schlechte Bedienbarkeit
Die Impfspritze wird mit nur einer Hand bedient. Die Verbindung zwischen Spritze
und Hand des Nutzers wird über einen Griff hergestellt. Über diese eine Schnittstelle
müssen vier grundlegende Funktionen kurz aufeinander bzw. parallel durchgeführt
werden: Das Festhalten der Spritze, das korrekte Positionieren der Kanüle auf der
Haut, das Einstechen unter die Haut und der Druckaufbau mittels Druck auf den
Kolben zur Abgabe von Impfstoff. Natürlich ist die Hand des Menschen durchaus
fähig zu solchen Leistungen, jedoch nicht auf Dauer. Bei einer Herdenimpfung wird
allerdings eine mehrstündige Ausdauer des Impfers vorausgesetzt. Die monotone
Wiederholung dieses Ablaufes führen zu Konzentrationsmangel, Krämpfen und
Ermüdung. Eine konstant hohe Impfqualität ist nicht realisierbar. Die Fehler reichen
vom erhöhten Zeitaufwand bis hin zur Fehl- bzw. Nichtimpfung von Tieren. Die
Bedienung der Impfspritze muss vereinfacht werden.
4. Stumpfe Kanülenspitzen
Durch den mehrfachen Kontakt mit Haut und Muskelgewebe erfolgt ein stetiger
Materialabtrag an der Spitze der Kanüle. Zum Setzen der Injektion wird zunehmend
mehr Kraft benötigt. Analog dazu steigt die Gewebeverletzung sowie das
Schmerzempfinden beim Impfempfänger.
15
7.3 Neun Felder
Revolutionäre Ideen entstehen erst, wenn altbewährte Ansätze aus der Vergangenheit
restlos ausgeblendet werden. Eine Skizzierung möglicher Zukunftsszenarien verhilft dabei zu
neuartigen Denkmustern.38 Dabei gilt: Je ferner die Vision, desto innovativer die Lösung.
Als Korridor für die Matrix wird eine Zeitspanne von -/+100 Jahren betrachtet. Vor ca. 100
Jahren begann allmählich der Übergang zur Massentierhaltung und bietet einen guten
Ausgangspunkt. Betrachtet man die rasante Entwicklung der letzten 100 Jahre, sind dem
Blick in 100 weitere Jahre kaum Grenzen gesetzt. Das resultierende Zukunftsszenario bietet
eine wichtige Stimulation für alle nachfolgenden Methoden. Ein Vergleich der späteren
Lösung mit den Zukunftsvisionen der 9-Felder-Matrix gibt zudem Auskunft über die zu
erwartende Dauerhaftigkeit.
Abbildung 4: Neun-Felder-Matrix
38 Vgl. Hentschel et al., 2010, S. 65 f.
16
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gab es überwiegend bäuerliche Kleinversorger. Mehrere
Tierarten wurden in kleinen Gruppen auf Höfen gehalten. Genügend Flächen und
Ressourcen in Form von sauberem Wasser und Wiesen waren vorhanden. Es wurde nur
nach Bedarf geschlachtet, der Konsum von Fleisch war die Ausnahme in der Ernährung.
Erkrankte ein Tier schwer, wurde es geschlachtet. Teilweise behalf man sich auch mit
Naturheilkunde, jedoch ohne nennenswerte Ergebnisse. Die Tiermedizin hatte zu dieser Zeit
einen geringen Stellenwert
Heutzutage hat die Tiermedizin einen vergleichbaren Wissensstand wie die Humanmedizin.
Alle Arten von Erkrankungen können diagnostiziert und medizinisch behandelt werden. Die
wachsende Weltbevölkerung und eine zunehmende Wohlstandsgesellschaft in den
westlichen Ländern führten zu steigendem Fleischkonsum. Dieser ist angesichts knapper
Ressourcen nur mit industriellen Mastanlagen möglich. Unter diesen unnatürlichen
Bedingungen treten vermehrt Erkrankungen auf, denen ein ständig wachsendes,
medizinisches Wissen durch Medikamentengabe entgegenwirkt.
In der Zukunft wird das biologisch, technische Wissen ungeahnte Dimensionen erreichen.
Alles Leben wird durch den Menschen vollständig reproduzierbar und manipulierbar sein. Die
Menschheit wird aufgrund fehlender, natürlicher Ressourcen auf künstliche Alternativen
angewiesen sein. Dennoch sind auch diese nicht unendlich verfügbar und der Begriff
Nachhaltigkeit ist wichtiger denn je.
Anhand der Matrix lassen sich zwei mögliche Zukunftsszenarien ableiten: Szenario 1 – Künstliches Fleisch
Abbildung 5: In Vitro-Fleisch
Die Menschheit hat sich zu einer toleranten und
nachhaltig agierenden Gesellschaft entwickelt. Die
Wissenschaft hat nach intensiver Forschung die
Technik zur Herstellung von künstlichem
Muskelfleisch zur Marktreife gebracht. In einer
Nährlösung wird Gewebe mit kontrollierten
Stromstößen zur Entwicklung eines Muskels angeregt.39 Es fallen hierbei keine
Abfallprodukte in Form von Kot und Urin an und Futterpflanzen müssen ebenfalls nicht
angebaut werden. Das Fleisch kann durch genetische Veränderung verschiedene
Konsistenzen annehmen und durch die Beigabe von Aromen jeden Geschmack nachahmen. 39 Vgl. http://www.3sat.de/page/?source=/vivo/148556/index.html Zugriff am 14.06.2011 um 10:30
17
Dennoch ist die Fleischproduktion streng reglementiert. Die notwendigen Energieressourcen
sind knapp und müssen daher sinnvoll verwendet werden. Fleisch stellt wieder die
Ausnahme im Speiseplan dar. Proteinreiche Ersatznahrung schließt diese Lücke. Die
Massentierhaltung wurde vollständig eingestellt, ein Impfen großer Herden ist nicht mehr
notwendig.
Szenario 2 – Perfektionierung der Massentierhaltung
Abbildung 6: Langzeitbrutkasten
Bedeutende Entwicklungen in der Schnittstelle zwischen
Biologie und Technologie haben zu einer völlig neuen
Gesellschaft geführt. Technologie wird als notwendiger
Baustein zur Aufrechterhaltung menschlichen Lebens
angesehen. Die Fleischproduktion ist nun hocheffizient,
und vollautomatisch. Die Tiere werden ausschließlich in separaten Becken aufgezogen. Es
existieren große Farmen mit tausenden solcher Behälter. Die Tiere werden dauerhaft in
einem künstlichen Koma gehalten. Angeschlossene Leitungen versorgen das Tier mit Luft
und Nahrung, Ausscheidungen werden ebenfalls abtransportiert. Zusätzlich angebrachte
Elektroden sorgen für die Ausbildung der Muskulatur. Die erzeugte Abwärme wird zu
elektrischer Energie umgewandelt. Ethische Bedenken bestehen kaum gegen diese
Haltungsform. Dieser Vorgang gilt als annehmbarer für die Tiere, als die enge
Massentierhaltung früherer Generationen. Der Ausbruch von Krankheiten in solchen
Zuchtfarmen ist nahezu ausgeschlossen. Die Tiere sind hermetisch isoliert. Sollte dennoch
eine Krankheit ausbrechen, kann jegliche Medizin über eine konstante Versorgungsleitung
sofort verabreicht werden.
In beiden Zukunftsszenarien müssen Tierherden nicht mehr geimpft werden.
Technologie löst die natürliche Aufzucht ab. Die derzeitige Situation des übermäßigen
Fleischkonsums ist ein temporärer Zustand. Abnehmende Ressourcen und zunehmende
Umweltverschmutzung werden die konventionelle Tiermast wirtschaftlich unrentabel
machen. Fleischersatzprodukte aus Pflanzeneiweiß gewinnen zunehmend an Bedeutung.
Dennoch wird reales Fleisch weiterhin nachgefragt und produziert werden. Der Preis sowie
Art der Herstellung wird sich allerdings, wie beschrieben, grundlegend ändern.
18
7.4 S-Kurve
Mit Durchführung einer S-Kurvenanalyse lassen sich Rückschlüsse zum aktuellen
Entwicklungsstand der Impfspritze ziehen. Somit lassen sich Strategien für zukünftige
Produktverbesserungen anhand typischer Kurvenverläufe herleiten.40 Die Daten zur
Erstellung der Kurven stammen aus eigener Recherche zur Entwicklung der Spritze (siehe
Anhang). Aufgrund der langen Entwicklungshistorie von mehr als 300 Jahren sind
Informationen jedoch oft ungenau bzw. nicht vorhanden. Daher müssen für die Kurvenwerte
Annahmen getroffen werden. Eine korrekte Intervallbeschriftung der Ordinaten erfolgt aus
diesem Grund nicht.
Abbildung 7: S-Kurve Markterfolg
Beim Betrachten des Kurvenverlaufs fällt vor allem die lange Zeit zwischen Erfindung und
Markteinführung auf. Diese, auch „Kindheit“ genannte, Zeitspanne dauerte zwei
Jahrhunderte an. Jede der nachfolgenden Phasen dauerte jeweils nur halb so lang an wie
die vorangegangene Phase. Aktuell befindet sich die Impfspritze in der letzten Phase des
Lebenszyklus - dem Alter. Mit der Jahrtausendwende kam eine neue Technologie in Form
der nadelfreien Hochdruckinjektion auf dem Markt. Eine unmittelbare Auswirkung auf die
Impfspritze ist jedoch nicht zu erkennen. Vielmehr führen Weiterentwicklungen bei der
Impfmittelherstellung zur Verdrängung der Spritze zugunsten von Sprays oder
Schluckimpfungen. Das Grundprinzip der Spritze wird unverändert seit mehr als 350 Jahren
genutzt. Vor allem innerhalb des letzten Jahrhunderts fanden zahlreiche
Weiterentwicklungen statt. Dies geschah in enger Verflechtung mit der Pharmabranche.
Zusammen mit der Entdeckung von Penicillin erlangte die Spritze zu Beginn des 19.
40 Vgl. Hentschel et al., 2010, S. 70
19
Jahrhunderts weltweiten Markterfolg.41 Analog zur Entwicklung neuer Medikamente wurde
auch die Spritze konstant verbessert. Heutzutage entwickelt die Pharmabranche die
Produkte ebenfalls mit Fokus auf unkomplizierte Verabreichung. Medikamente in Form von
Pflastern, Spray, Schluckimpfung oder Pillen machen eine aufwändige Injektion zunehmend
unnötig.
Die Spritze wird nunmehr seit 300 Jahren in der Medizin verwendet. Bislang konnte kein
Konkurrenzprodukt das Prinzip aus Kolben, Zylinder und Kanüle ablösen. Trotz
Fortschritten bei der Impfstoffherstellung wird die Spritze auch zukünftig nicht vom Markt
verschwinden, da bestimmte Medikamente zwingend i.v. bzw. i.m. verabreicht werden
müssen. Klassische, betriebswirtschaftliche Maßnahmen in diesem Entwicklungsstadium wie
Kostenminimierung, Zuverlässigkeitssteigerung oder neue Einsatzfelder stellen keine
Handlungsoption dar. Es soll keine beliebige Verbesserung erzielt, sondern ein konkretes
Problem bei der Anwendung der Spritze zur Herdenimpfung beseitigt werden.
Abbildung 8: Anzahl Erfindungen
Im Gegensatz zur Kurve des Produktlebenszyklus beginnt der Anstieg in dieser Kurve
bereits knapp 100 Jahre vorher. Daran erkennt man den verzögert eingetretenen Markterfolg
der Spritze. Die größte Innovationsdichte herrschte zwischen 1850 und 1950.42 Zu dieser
Zeit befand sich die Medikamentenentwicklung in einer Hochphase und die Spritze wurde
zur Verabreichung stark nachgefragt. Besonders der Deutsch- Französiche Krieg, sowie die
beiden Weltkriege in den Anfängen des 19. Jahrhunderts trieben Forschung und Verbreitung
41 Vgl. http://www.bmm.charite.de/aktuelles/besonderes_objekt/win05_06.htm Zugriff am 09.06.2011 um 10:40 42 Vgl. http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=4318 Zugriff am 09.06.2011 um 15 :00
20
der Spritze voran.43 Die Entwicklung beschränkte sich Anfangs auf die Verwendung
unterschiedlicher Materialien, sowie der Verbesserung von Fertigungstoleranzen. Ab den
50er Jahren stand Benutzerfreundlichkeit, Sicherheit und Einmalverwendung im
Vordergrund.
Die Spritze ist zum jetzigen Zeitpunkt bereits ein sehr ausgereiftes Produkt. Die Anzahl
an Erfindungen ist konstant rückläufig. Anstrengungen zur Kostenreduzierung oder
Suche nach alternativen Einsatzmöglichkeiten stehen derzeit im Vordergrund. Eine
entscheidende Innovation könnte den Abwärtstrend wieder umkehren und im Sinne einer
Wiederbelebung neue Folgeerfindungen generieren.
Abbildung 9: Erfindungshöhe
Mit der Erfindung der Spritze im Jahr 1656 wurde das grundlegende Prinzip entdeckt. Es war
jedoch der Zeit voraus und geriet in Vergessenheit. Die Wiederentdeckung im 18.
Jahrhundert führte zur einer großen Anzahl an Folgeerfindungen, die bis heute konstant
rückläufig sind.44 Das Grundprinzip wird bis heute verwendet und konnte durch keine andere
Erfindung abgelöst werden.
Dem skizzierten Verlauf nach sind aktuell keine grundlegenden Innovationen mehr zu
erwaten. Allerdings hätte man das auch zum Zeitpunkt von 1750 annehmen können.
Dennoch erfuhr die Entwicklung der Spritze kurz danach eine rasante Wiederbelebung. Es
ist also theoretisch denkbar, dass solch ein Ereignis erneut stattfindet. Weitere Erfindungen
sind möglich, wenn auch nicht mit der Qualität vergangener Epochen. Die Kurve würde sich
zu einer Art Welle mit abnehmender Amplitude entwickeln.
43 Vgl. http://www.kugener.com/abfrage.php?id=0243 Zugriff am 09.06.2011 um 13 :30 44 http://www.bmm.charite.de/aktuelles/besonderes_objekt/win05_06.htm Zugriff am 09.06.2011 um 10:40
21
7.5 Evolution und Trends Innovationen verlaufen i.d.R. nach einheitlichen, immer wiederkehrenden Mustern. Diese
konnten in universellen Grundgesetzen zu Evolution und Trends formuliert werden.45
Ausgewählte Grundgesetze werden nachfolgend auf die Impfspritze angewandt.
TREND: Übergang zum Supersystem
Aktueller Stand: Bisher existiert nur eine geringe Interaktion mit dem Supersystem (Impfer).
Zur Verbesserung der Ergonomie wurde die Impfspritze durch eine spezielle Formgebung an
die Hand des Benutzers angepasst.
Potenzial: Integration von Teilkomponenten der Spritze am Menschen oder am Tier,
leistungsfähigere Impfstoffe.
„Impfhandschuh“ – Die Spritze wird zu einem Teil des menschlichen Körpers und dessen
natürlichen Bewegungsablaufes. An einem Handschuh wird die Kanüle am Zeigefinger
montiert, der Impfmittelbehälter befindet sich flach in der Handfläche. Die Injektion wird
per Daumendruck auf den flexiblen Impfmittelbehälter in der Handfläche ausgelöst.
Abbildung 10: Impfhandschuh
„Hühner Impfrucksack“ – Den Hühnern wird beim Einzug in den Stall ein Apparat mit
einer Vielzahl an gängigen Impfmitteln auf dem Rücken befestigt. Darin befindet sich
ebenfalls eine Kanüle, die per Funk (WLAN) eine Injektion mit dem gerade benötigtem
Impfstoff durchführt. Sollte eine Krankheit ausbrechen, kann die ganze Herde auf Knopfdruck
gleichzeitig geimpft werden. Die Apparate sind nach einer Reinigung und Neubefüllung stets
wiederverwendbar.
„Intelligenter Impfstoff“ – Der Impfstoff bewegt sich selbstständig unter die Haut,
beispielsweise in Form von Säure welche sich bei Erreichen von Blut zersetzt und den
Wirkstoff freisetzt. Eine weitere Möglichkeit ist die Beimischung von Nanoteilen, welche
durch Poren in die Haut eindringen und bei Kontakt mit Blut den Wirkstoff freisetzen.46
45 Vgl. Hentschel et al., 2010, S. 75 46 Vgl. VDI nachrichten, Nr. 20 vom 21.05.2010, Seite 9, Technik & Wirtschaft
22
TREND: Abnehmende menschliche Interaktion
Aktueller Stand: Der Anteil menschlicher Interaktion ist seit der Erfindung der Spritze nahezu
konstant. Die Haut fixieren, die Kanüle ansetzen und einzustechen, sowie per Hand zu
injizieren ist fester Bestandteil für die impfende Person. Bei der Hühnerimpfung wird, neben
dem Impfer, auch mindestens eine weitere Person zur Fixierung des panischen Tieres
benötigt. Zum Impfprozess gehören ebenfalls zusätzliche Fänger, die für das
Zusammentreiben der Tiere verantwortlich sind.
Potenzial: Impfvorgang kann teilweise bzw. komplett durch mechanische Komponenten
automatisiert werden.
„Druckluft/ Kompressor“ - Der Druck zum Auslösen der Injektion wird nicht mechanisch
durch die Hand des Impfers, sondern mit einer Druckluftkartusche oder einem Mini-
Kompressor per Knopfdruck ausgelöst. Es kommt nicht zum verreißen der Kanüle aufgrund
der Doppelbelastung „Zielen“ und „Auslösen“.
„Roboterimpfung“ - Die Verabreichung der Injektion kann komplett über eine
Spezialanlage erfolgen. Mit aufblasbaren Kissen wird das Huhn jeweils seitlich fixiert.
3D-Kameras bestimmen die genaue Lage der Injektionsfläche und geben die
Koordinaten an vollbewegliche Industrieroboterarme weiter. Diese führen die Injektion
präzise und schnell durch. Entwicklungsaufwand, realisierbare Einsatzzeit pro Jahr und
Wartungskosten sollten jedoch vorher den möglichen Einsparungen entgegengerechnet
werden. Solche „Rundum- Sorglos-Maschinen“ gehen sehr schnell in Richtung
overengineering, ohne späteren Markterfolg.
TREND: Zunehmende Dynamisierung
Aktueller Stand: Anstatt fester Materialien wie Glas und Metalllegierungen werden nun
weiche Kunststoffe verwendet. Fast alle Bestandteile sind auswechselbar und erweiterbar,
z.B. Kanülen und Vorratsbehälter.
Potenzial: Verwendung neuer Materialien, welche dünner, flexibler und stabiler sind.
Eventuell auch Materialien, die unterschiedliche Aggregatzustände einnehmen können.
„Formbare Spritze“ – Spritze, die formbar ist wie beispielsweise ein leicht gefüllter
Luftballon. Die Spritze passt sich perfekt der Hand an und bleibt auf Knopfdruck in
diesem Zustand (z.B. über Magnetismus).
23
„Zerfallende Kanüle“ – Eine Kanüle, die für den Zeitraum der Injektion hochfest ist,
danach jedoch instabil. Kleinste Metallteilchen formen sich durch das Anlegen einer
Spannung zu einer Kanüle. Nach erfolgter Injektion fließt kein Strom mehr und die
Metallteilchen fallen in den Boden eines Auffangbehälters. Für die darauffolgende Injektion
wird erneut Spannung angelegt und die Metallteilchen bewegen sich an nach oben in
Richtung Spritze, um die Kanüle zu bilden. Organische Reste bleiben hingegen auf dem
Boden zurück und werden z.B. in einem Vliesstoff gebunden.
Abbildung 11: Zerfallende Kanüle
24
7.6 Technische Widersprüche
Das Aufspüren von Widersprüchen gehört zu den essentiellen Arbeitsschritten auf dem Weg
zu innovativen Lösungen. Zur Anwendung der Widerspruchsmatrix ist es notwendig,
Verbesserungsansätze in einen technischen Widerspruch zu überführen. Ein solcher
Widerspruch liegt vor, wenn sich zwei für das Produkt gewünschte Eigenschaften
gegenseitig behindern.47 Auf Grundlage der Problemformulierung (Kapitel 7.2) können
folgende Verbesserungsansätze für das Produkt abgeleitet werden:
1. Unterbindung der Infektionsverbreitung durch die Injektion
2. Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Spritze
3. Der Bedienkomfort soll verbessert werden
4. Die Materialabnutzung der Kanülenspitze soll reduziert werden
Die Anwendung der Widerspruchsmatrix ist jeweils nur für einen Verbesserungsfaktor
vorgesehen. Existieren mehrere Verbesserungsansätze, muss die Matrix entsprechend oft
angewandt werden. Damit der Aufwand begrenzt und die Entwicklung in eine gezielte
Richtung gebracht wird, müssen Prioritäten gesetzt werden. Daher werden nur die ersten
beiden Verbesserungsvorschläge in der Widerspruchsmatrix untersucht.
In nachfolgenden Erläuterungen werden folgende Zeichen verwendet:
(+) zu verbessernder Faktor
(-) sich dabei verschlechternder Faktor
|Zahl| eindeutige Nummer des technischen Parameters (TP)
-Zahl- eindeutige Nummer des innovativen Grundprinzips (IGP)
1. Unterbindung der Infektionsverbreitung durch die Injektion
Bei mehrmaliger Verwendung einer Kanüle bleiben Blut- und Geweberückstände daran
haften. Diese Rückstände können Infektionen bei allen nachfolgenden Tieren auslösen. Um
dies zu unterbinden, sollte nach jeder Injektion eine neue Kanüle verwendet werden. Daraus
resultiert jedoch ein erhöhter Material- und Zeitaufwand, welcher den Impfprozess behindert.
(+) Infektionen durch Kanüle unterbinden
(-) steigender Zeitaufwand, steigender Materialaufwand
Codierung in je einen der 39 technische Parameter
(+) Negative Nebeneffekte des Objekts |31|
(-) Zeitverlust |25|, Materialmenge |26|
47 Vgl. Hentschel et al., 2010, S. 81 f.
25
Resultierende IGP aus Gegenüberstellung (+) 31 vs. (-) 25 in der Widerspruchsmatrix:
-1- Zerlegung, Segmentierung
„Kanülenband“ - Eine Zerlegung im Sinne der Abtrennung der Kanüle ist bereits möglich.
Allerdings kann der Zeitaufwand zum Kanülenwechsel durch Verwendung eines
Kanülenbandes deutlich verringert werden. Ähnlich modernen Akkuschraubern mit
aufgesetzten Schraubengürteln könnte ein Halteband mit einer Vielzahl von Kanülen vor
dem Kolben installiert werden. Nach jeder Injektion wird automatisch die darauffolgende,
frische Kanüle nachgezogen.
Abbildung 12: Kanülenband
-22- Umwandlung Schädliches in Nützliches
Keine neue Idee
Resultierende IGP aus Gegenüberstellung (+) 31 vs. (-) 26 in der Widerspruchsmatrix
-3- Prinzip der örtlichen Qualität
„Teflonbeschichtung“ - Beschichtung der Außenseite der Kanüle mit Teflon, sodass
keine Fremdpartikel daran haften bleiben können.
„Silberbeschichtung“ - Beschichtung der Außenseite der Kanüle mit antiseptischem
Silberpulver auf Nanobasis, welches anhaftende Erreger umgehend abtötet.48
-24- Prinzip des Vermittlers
Keine neue Idee
48 Vgl. 3sat, Sendung nano vom 19.05.2009, Bericht: Nanopartikel aus Silber desinfizieren
26
-30- Biegsame Hüllen & dünne Folien
„Abreißhüllen“ - Die Kanüle wird an der Außenseite mit mehreren Lagen dünner Folien
beschichtet. Ähnlich dem Abreißvisier in der Formel 1, wird nach jeder Injektion die
verschmutzte, obere Folie von der Kanüle abgerissen bevor die nächste Injektion
durchgeführt wird. Organische Partikel werden zusammen mit der abgerissenen Folie
entsorgt, die Kanüle ist sofort wieder keimfrei für die nächste Injektion.
„Desinfektionsfolie“ - Ein Band, bestehend aus Folie und Vlies, wird vor der Kanüle
platziert. Das Vlies ist zusätzlich mit Desinfektionsmittel getränkt. Zur Injektion wird das
Band durchstochen, wobei beim Herausziehen organische Rückstände der Kanüle durch
die eng anliegende Folie in das Vlies abgeleitet werden. Für die darauffolgende Injektion wird
das Band ein Stück weiterbewegt, ähnlich einem Kassettenband das abgespielt wird.
Abbildung 13: Desinfektionsfolie
-1- Zerlegung, Segmentierung
siehe Seite 25
2. Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Spritze
Pausen zum Wechsel der Kanüle oder des Impfmittelbehälters schränken den Fortschritt des
Impfprozesses stark ein. Eine längere Prozessdauer bedeutet höhere Kosten und eine
größere Erschöpfung des Impfers. Aus diesem Grund wird in der Praxis auf den
regelmäßigen Kanülenwechsel verzichtet. Die Kapazitätserhöhung des Impfmittelbehälters
gestaltet sich jedoch weitaus schwieriger. Eine Vergrößerung der Kapazität führt zu einer
störenden Gewichts- und Volumenzunahme der Spritze. Damit ist ein präzises und
ausdauerndes Arbeiten nicht mehr möglich.
27
(+) Leistungsfähigkeit erhöhen
(-) Bedienung
Codierung in je einen der 39 technische Parameter
(+) Leistung, Kapazität |21|
(-) Bedienkomfort |33|
Resultierende IGP aus Gegenüberstellung (+) 21 vs. (-) 33 in der Widerspruchsmatrix:
-35- Veränderung des Aggregatzustandes
„Impfkugeln“ - Ein gasförmiger Impfstoff scheidet aus, da so die Inhaltsstoffe (Erreger)
auf diese Art nicht übertragen werden können. Vorstellbar ist der die Überführung in
einen festen Aggregatzustand, z.B. durch Pulver oder feste Kügelchen. Eine Erhöhung
der Leistungsfähigkeit kann allerdings nur erfolgen, wenn eine Impfstoffkonzentration durch
den festen Zustand erreicht wird. Dann muss weniger Impfstoff pro Huhn injiziert werden und
mit derselben Menge können insgesamt mehr Tiere geimpft werden.
-2- Prinzip der Abtrennung
„Behälterverlagerung“ - Die Komponenten der Spritze agieren getrennt voneinander.
Zum Beispiel könnte der Impfer die Kanüle, den Zylinder und Kolben in der einen Hand,
und den sperrigen Impfmittelbehälter separat in der anderen Hand halten. Eine
Verbindung erfolgt mittels Schlauch entlang den Armen. Das zusätzliche Gewicht wird somit
ausgelagert und die Arbeitsbelastung gleichmäßig verteilt.
-10- Vorgezogene Wirkung
Keine neue Idee
-34- Beseitigung & Regenerierung von Teilen
„Impfstoffleitung“ - Anstelle eines fest montierten Impfmittelbehälters wird die Spritze
konstant durch ein von der Decke hängenden Versorgungsschlauch mit Impfstoff
versorgt. Der fest montierte Vorratstank an der Spritze entfällt.
28
7.7 Physikalische Widersprüche
Die untersuchten technischen Widersprüche lassen sich ebenfalls in physikalische
Widersprüche ableiten. Im formulierten Widerspruch wird der Parameter gesucht, welcher
gleichzeitig zwei absolut gegensätzliche Ausprägungen besitzen soll, z.B. groß und klein
sein. Daraufhin können die vier Separationsprinzipien angewandt werden um neue
Lösungsideen hervorzubringen.49
Widerspruch 1
Die Kanüle soll vorhanden sein, die Kanüle soll nicht vorhanden sein.
Man benötigt die Kanüle, um den Impfstoff gezielt an einer Stelle innerhalb des Körpers
einzubringen. � Die Kanüle muss vorhanden sein!
Aber:
Organische Rückstände aus dem Körper verbleiben an der Oberfläche der Kanüle und
werden zur darauffolgenden Injektion übertragen. � Die Kanüle soll nicht vorhanden sein!
� Anwendung der vier Separationsprinzipien zur Auflösung des Widerspruchs:
Zeitliche Trennung
Warten bis die Rückstände an der Kanüle abgelaufen oder gar vertrocknet sind?
Keine neue Idee.
Räumliche Trennung
„Matrjoschka Kanülen“ – Mehrschicht Kanülen, die ineinander verschachtelt sind, ähnlich
alten Fahrzeugantennen. Nach einer Injektion wird die gebrauchte Kanüle eingefahren
und durch die nächstgrößere ersetzt.
Unterschiedliche Zustände
„Kanülenpyrolyse“ – Nach jeder Injektion wird die Kanüle durch Anlegen von
elektrischem Strom kurzzeitig ultrahoch erhitzt. Die organischen Rückstände verdampfen
sofort und die Kanüle ist wieder keimfrei für die nächste Injektion.
Trennung zwischen Einzelteilen und Gesamtheit
„Abbrechkanülen“ – Eine besonders lange Kanüle ist an mehreren Stellen mit
Sollbruchstellen versehen. Nach erfolgter Injektion wird der jeweils letzte Teil der Kanüle
abgebrochen. Die Kanüle wird anschließend nachgeschoben wie bei einem Druckbleistift
oder einem günstigen Teppichmesser.
49 Vgl. Hentschel et al., 2010, S. 97 f.
29
Widerspruch 2
Die Spritze soll möglichst groß sein, die Spritze soll möglichst klein sein.
Pausen zum Nachfüllen des Impfmittelbehälters sollen vermieden werden, um den
Gesamtprozess zu beschleunigen. � Die Spritze soll möglichst groß sein!
Aber:
Der Kraft- und Koordinierungsaufwand für die Injektion soll möglichst gering sein, um
erschöpfungsbedingte Pausen zu vermeiden. � Die Spritze soll möglichst klein sein!
� Anwendung der vier Separationsprinzipien zur Auflösung des Widerspruchs:
Zeitliche Trennung
Keine neue Idee
Räumliche Trennung
Keine neue Idee
Unterschiedliche Zustände
Siehe IGP 35, Veränderung des Aggregatzustandes, S.27
Trennung zwischen Einzelteilen und Gesamtheit
„Impftrolley“ – Die Impfspritze wird gedanklich komplett zerlegt. Die kleinsten,
funktionsfähigen Einheiten der Impfspritze sind: Tank, Zylinder/Kolben, Auslöser,
Mengenbegrenzer, Kanüle. Welche dieser Teile benötigt der Impfer unbedingt? Nur die
Kanüle! Alle anderen Bauteile sind sekundär und somit Ballast. Sie müssen nicht
zwangsläufig in der Nähe der Kanüle montiert sein damit diese Ihre Funktion erfüllt.
Ausschließlich die Kanüle behält der Impfer in der Hand. Alle anderen Bauteile werden auf
einem rollbaren Trolley montiert und automatisiert. Dort ist ebenfalls genügend Platz um
einen größeren Tank und Batterien für einen Kompressor unterzubringen. Über einen
dünnen Schlauch versorgt der Trolley die Kanüle konstant mit Impfstoff. Lediglich ein
zusätzliches Auslöseventil muss an der Kanüle verbaut werden. Das Impfen wird damit so
einfach wie das schreiben mit einem Stift.
30
7.8 Operator Material-Zeit-Kosten
Mit dieser Methode werden sechs überzogene Denkhaltungen erzeugt, aus denen
vollkommen neue Ideen entstehen können. Das Produkt bzw. der Prozess wird simuliert
unter Vorgabe der minimalsten sowie maximalsten Verfügbarkeit von Material/ Raum, Zeit
und Kosten. Durch die gezielte Konfrontation mit einer unwahrscheinlichen Extremsituation
können feste Denkpfade aufgelöst werden.50
Wie würde der Impfvorgang ablaufen wenn...?
... unendlich viel Material/ Raum zur Verfügung stehen würde?
� Jedes Tier erhält eine separate Spritze (Einwegspritze)
� Pro Tier kann ein Impfer + Fänger bestellt werden
� Kranke Tiere werden sofort getötet, da genügend andere Tiere vorhanden sind
„Impfbomben“ - Die gesamte Decke wird mit gefüllten Kanülen in engem Abstand
behangen. Sobald Ruhe in der Herde eingekehrt ist, wird eine Arretierung gelöst und alle
Impfkanülen fallen im engen Raster nach unten auf die Tiere. Beim eintreten in die Haut
wird der Impfstoff freigesetzt. Die Kanülenreste zersetzen sich innerhalb weniger Tage.
...sehr begrenzt bzw. kein Material/ Raum zur Verfügung stehen würde?
� Eine Mehrwegspritze mit „nur“ einer Kanüle für den gesamten Prozess
� Die Kanüle müsste nachgeschärft werden
� Der Stall wäre kleiner und mehrgeschossig
� Anstatt Kolben/ Zylinder wäre nur eine Art „Ballon“ mit Kanüle verfügbar
„Kanülenanspitzer“ – Ähnlich einem automatischen Bleistiftanspitzer hält der Impfer die
Kanüle nach Bedarf kurz in eine Maschine. Dort erfolgt ein „anspitzen“ der Kanüle.
...unendlich viel Zeit zur Verfügung stehen würde?
� eine Person kann in Festanstellung die gesamte Impfung sukzessive durchführen
� Kanüle wird nach jeder Einzelimpfung ersetzt bzw. desinfiziert
� Das Tier vorab beruhigt werden, damit es zur Injektion still hält
„Paralysieren“ - Vor dem eigentlichen Impfen wird die Herde per Spray,
Wasserbeimischung oder Kohlenstoffdioxid (CO²) betäubt. Die Tiere können dadurch
problemlos eingesammelt und ohne Abwehrreaktion mit dem Impfstoff gespritzt werden.
50 Vg. Hentschel et al., 2010, S. 112 f.
31
...sehr begrenzt bzw. keine Zeit zur Verfügung stehen würde?
� Für einen Kanülenwechsel ist keine Zeit
� Es werden mehr Impfkolonnen geordert
� Mit einer Spritze müssen mehrere Hühner gleichzeitig geimpft werden
� Eine Art Schneeschieber um die Hühner schnell zusammenzuschieben
„Doppel- bzw. Dreifachkanüle“ – Durch einen modifizierten Kanülenaufsatz (U-Form,
Dreizack) können zugleich zwei bzw. drei Tiere mit „nur“ einer Spritze geimpft werden.
...unendlich viel Geld zur Verfügung stehen würde?
� Entwicklung einer vollautomatischen Spezialmaschine
� Bessere Haltungsbedingungen (mehr Platz), um Erkrankungen zu reduzieren
� Besseres Futter
� Ausweitung der Hygienemaßnahmen
Keine neue Idee
...sehr begrenzt bzw. kein Geld zur Verfügung stehen würde?
� Infizierte Tiere schnellstmöglich separieren und töten, um Ansteckung zu verhindern
� Nur eine Person führt die Impfung durch
Keine neue Idee
32
7.9 Analogiebildung
Zum Identifizieren von passenden Analogien ist ein breites Wissen aus den
unterschiedlichsten Gebieten notwendig. Wichtig ist lediglich das Erkennen eines relevanten
Anknüpfungspunktes. Man unterscheidet zwischen nahen und fernen Analogien. Existieren
oberflächliche Ähnlichkeiten, so spricht man von einer nahen Analogie. Sind lediglich
strukturelle Ähnlichkeiten vorhanden, liegt eine ferne Analogie vor. Ferne Analogien liefern
i.d.R. die besten Ergebnisse.51 Die Qualität der Suche hängt stark vom Verständnis des
betrachteten Systems ab. An dieser Stelle erlangt die primär nützliche Funktion (PNF) der
Impfspritze erneut an Bedeutung. Die Funktion „Transport von Impfstoff“ wird abstrahiert in
den „Transport von Flüssigkeiten“. Die alternativ formulierten Funktionsbeschreibungen wie
„durchdringt Hautbarriere“ und „tränkt Muskel“ können hier durchaus verwendet werden, um
die Suche auszuweiten. Je abstrakter die Formulierung gewählt wird, desto größer ist das
Suchfeld für passende Analogien.
NAHE Analogien
Giftstachel
Vor allem Insekten wie Bienen, Wespen und Hornissen besitzen einen Giftstachel zur
Verteidigung. Die Funktion gleicht exakt einer Kanüle, lediglicht die Form ist etwas konischer
zum Ende hin. Bestimmte Insekten besitzen zusätzlich kleine Widerhaken am Stachel, damit
er in elastischer Haut besser hält. Aus diesem Grund verbleibt der Stachel bei Bienenstichen
oft in der Wunde.52
„Kanüle mit Widerhaken“ – Die Kanüle wird mit kleinsten Widerhaken ausgestattet. Bei
ruckartigen Bewegungen des Huhns zum Zeitpunkt der Injektion, bleibt die Kanüle sicher
in ihrer Position. Nach Beendigung der Injektion werden die Widerhaken eingefahren,
z.B. durch piezoelektronische Teile, und die Kanüle kann leicht herausgezogen werden.
Giftzahn
Alle Giftschlangen sowie einige Reptilien besitzen Giftzähne. Aus einer Furche an der
Außenseite des Zahns entstand im Laufe der Evolution ein spitzer Hohlzahn. Auch die
heutige Spritzenkanüle entstand aus einer Nadel. Giftzahn und Kanüle durchliefen
denselben Entwicklungsprozess. Schlangen mit besonders langen Giftzähnen nutzen einen
speziellen Klappmechanismus. Erst kurz vor dem Angriff auf ein Beutetier werden die
Giftzähne aus speziellen Hauttaschen ausgeklappt, um Selbstverletzungen vorzubeugen.53
51 Vgl. Kalogerakis, 2010, S. 16 f. 52 Vgl. http://www.aktion-wespenschutz.de/Wespenkoerper/Stachel/Stachel.htm Zugriff am 19.07.2011 um 16:50 53 Vgl. http://www.gifte.de/Gifttiere/giftschlangen.htm Zugriff am 21.07.2011 um 11:15
33
„Klappkanüle“ – Um eine Verletzung des Impfers, oder des Huhns zu vermeiden, wird
die Kanüle in der Ruhestellung eingeklappt. Erst kurz vor dem Setzen der Injektion
klappt die Kanüle schnell aus.
Nesselzellen
Nesseltiere wie z.B. Quallen besitzen Nesselzellen zur Abwehr oder zum Angriff. Die
Nesselzelle ist eine Kapsel, in welcher sich ein aufgewickelter Nesselschlauch, Gift und eine
Art Stachel befindet. Bei einem Kontaktreiz steigt innerhalb kürzester Zeit der Kapseldruck,
sodass der Deckel aufgesprengt, und der Stachel inklusive Schlauch herauskatapultiert
werden. Durch die Wucht des Aufpralls durchbricht der Stachel selbst harte Schalen von
Krustentieren. Anschließend entfaltet sich der Nesselschlauch im attackierten Körper und
entlässt das Gift.54
Abbildung 14: Funktionsweise von Nesselzellen
Quelle: http://www.csulb.edu/~zedmason/emprojects/charlie/fig9.jpg
„Impfnesseln“ – Die Nesselzelle vereint alle Funktionen einer Spritze in sich. Sie löst
sogar selbstständig bei Kontakt aus. Die Anbringung solcher mit Impfstoff gefüllter
Nesseln an speziellen Punkten im Stall, z.B. am Futter- oder Wassertrog, könnte eine
Herde innerhalb kürzester Zeit ohne menschliche Hilfe durchimpfen.
Brennhaare
Vor allem Pflanzen, aber auch Insekten und Spinnen besitzen diesen
Verteidigungsmechanismus. Es handelt sich um extrem dünne, mit Wirkstoffen gefüllte
Härchen. An der Spitze befindet sich eine Sollbruchstelle, die bei Berührung abbricht und
54 Vgl. http://www.g-o.de/dossier-detail-453-5.html Zugriff am 21.07.2011 um 10:00
34
eine scharfkantige, kanülenähnliche Öffnung entstehen lässt. Diese kann leicht in die Haut
eindringen und den Wirkstoff abgeben.55 Bestimmte Spinnenarten können darüber hinaus
einen Teil der eigenen Brennhaare abstreifen und Feinden entgegenschleudern.56
„Brennhaar Impfung“ – Eine Verwendung ähnlich der zuvor beschriebenen Nesselzellen
wäre denkbar. Ein Impfhandschuh mit an der Unterseite befindlichen Brennhaaren würde
eine Impfung per Handauflegen bzw. Streicheln möglich machen. Das abfeuern von Impf-
Brennhaaren auf die Hühner stellt eine weitere Anwendungsmöglichkeit dar.
Tätowiermaschine
Spritze und Tätowiermaschine erfüllen dieselbe gewünschte Funktion, Flüssigkeit unter die
Haut zu transportieren. Funktionsprinzip und Ziel der Flüssigkeitsausbringung sind allerdings
verschieden. Beim Tätowieren wird flüssige Farbe nur in die mittlere Hautschicht und nicht
tief in den Körper gebracht. Auf eine Kanüle wird komplett verzichtet. Eine einfach Nadel
genügt. Aufgrund der Kapillarwirkung bleibt ein kleiner Teil Farbe an der Nadelspitze haften
und wird beim einstechen in die Haut eingebracht. Da die Menge an Farbe pro Einstich so
gering ist, müssen sehr viele Stiche vorgenommen werden um später ein Muster zu ergeben.
Durch elektromagnetische Induktion oder Elektromotoren erreichen die Nadeln moderner
Tätowierapparate daher mehrere Tausend Einstiche in der Minute. Für einen größeren
Farbeintrag, z.B. beim ausmalen von Flächen, können mehrere Nadeln eingespannt werden.
Das Problem der Infektionsübertragung (Hepatitis, HIV) ist beim Tätowieren ebenso präsent
wie bei der Impfung.57
„Selbsteinstechende Kanüle“ – Das Funktionsprinzip der Kapillarwirkung an Nadeln ist
ungeeignet zur Impfung. Die benötigte Menge Impfstoff kann mit diesem Verfahren nicht
schnell genug in den Körper eingebracht werden. Die gerichtete Bewegung der Nadel ist
jedoch übertragbar. Bislang bestimmt der Impfer aufgrund seiner Handbewegung die
Stichtiefe der Kanüle. Es kann vorkommen das dabei viel zu tief in den Körper eingedrungen
wird und Organe bzw. Knochen beschädigt werden. Die Nadelbewegung einer
Tätowiermaschine ist hingegen sehr genau kalibriert. Es wird immer exakt dieselbe Tiefe
punktiert. Diese vertikale Beweglichkeit kann auf die Kanüle übertragen werden. Durch einen
Elektromotor kann die Kanüle schnell vertikal bewegt werden. Im Normalzustand ist die
Kanüle eingefahren und nicht zu sehen. Zum impfen wird die Spritze auf die Hautoberfläche
gedrückt, anschließend schnellt die Kanüle bis zur voreingestellt Tiefe heraus und gibt den
Impfstoff frei um sofort wieder in die Ausgangsstellung einzufahren. Der Impfer muss
lediglich die Spritze auf die richtige Stelle halten, der Einstich erfolgt automatisch.
55 Vgl. http://www.wissenschaft-online.de/abo/lexikon/biok/1905 Zugriff am 22.07.2011 um 15:40 56 Vgl. http://www.vogelspinnen.info/faq_brennhaare_bombardieren.php Zugriff am 22.07.2011 um 21:30 57 Vgl. Expertengespräch Tätowierer Markus Lenhard „Lux Altera“
35
FERNE Analogien:
Pistole
Schusswaffen sollen Lebewesen verletzen, Spritzen hingegen sollen Lebewesen
überwiegend heilen. Trotz grundverschiedener Ziele erfüllen Schusswaffen und Spritzen
annähernd dieselben Funktionen: Sie durchdringen die Hautbarriere und transportieren
Material darunter.
„Impfgewehr“ - Der Impfstoff wird in Form von Kugeln auf das Huhn geschossen.
Entweder in speziellen Kapseln mit flüssigem Impfstoffkern oder wie als tiefgekühlte
Impfstoffkugeln die sich im Körper auflösen. Durch den Wegfall der Kanüle gäbe es auch
keine Infektionsgefahr mehr.
„Drehbare Kanülentrommel“ – Nach dem Vorbild amerikanischer Revolver mit drehbaren
Patronentrommeln kann eine Impfspritze mit einer Kanülentrommel bestückt werden. Da
Kanülen vergleichsweise dünn sind, ist der zusätzliche Platzbedarf sehr gering. Die
abwechselnde Nutzung mehrerer Kanülen verringert die Abnutzung an der Spitze. Stumpfe
Kanülen wären so über einen langen Zeitraum ausgeschlossen.
Bohrmaschine
Genau wie Spritzen überwinden Bohrmaschinen eine Art Barriere, und führen dabei eine
Punktion durch. Lediglich der gezielte Eintrag von Flüssigkeit unterbleibt.
„Rotierende Kanüle“ – Die Kanüle wird wie ein Bohraufsatz in schnelle Rotation,
eventuell sogar mit leichtem Schlag, versetzt. Der Kraftaufwand zum Einstechen in die
Haut wird dadurch geringer. Bei mehreren tausend Injektionen mit einer immer stumpfer
werdenden Kanüle, würde das eine enorme Erleichterung für den Impfer bedeuten. Durch
die schnelle Rotation werden außerdem sämtliche Fremdpartikel an der Außenseite der
Kanüle aufgrund der Fliehkraft weggeschleudert. Damit wird die Infektionsübertragung
unterbunden.
„Kanülen Absauger“ – Als Erweiterung für Bohrmaschinen existieren
Absaugvorrichtungen für Späne. Ein kreisrunder Aufsatz über dem Bohrloch saugt alle
entstehenden Späne beim rein- und rausdrehen des Bohrers auf. Solch eine
Konstruktion wäre ebenfalls auf die Spritze anwendbar. Auf der Haut rund um die
Einstichstelle wird der Saugaufsatz platziert. Beim Herausziehen wird die Außenseite der
Kanüle durch den starken Luftsog von Rückständen gereinigt. Die Infektionsübertragung wird
somit unterbunden.
36
7.10 Antizipierende Fehlererkennung
Die Übertragung der Problemstellung in das genaue Gegenteil bildet einen guten Abschluss
bei der Ideengenerierung. Anstelle der Problemlösung wird versucht, das Problem noch zu
verstärken. Dieser erzwungene Perspektivwechsel wird auch als Kopfstandmethode
bezeichnet und bringt häufig vollkommen neuartige Lösungsansätze hervor.58
Verbesserung 1: Wie kann die Infektionsverbreitung im Impfprozess verhindert werden?
Invertierung: Wie kann die Infektionsverbreitung im Impfprozess verstärkt werden?
� Kein Gebrauch von Handschuhen oder Mundschutz
� Keine Desinfektion beim Betreten des Stalls
� Gebrauchte Kanülen verwenden und nicht auswechseln
� Die Spritze häufig auf den Boden fallen lassen
� Nahrung, Getränke, Kaugummi und Tabakwaren im Stall konsumieren
� Das Huhn mehrfach mit der Kanüle stechen
� Impfer muss nach jeder Einzelimpfung eine neue Kanüle per Hand montieren
„Sicherungsseil“ – Ein Sicherungsseil wird - wie bei Digitalkameras üblich - zwischen
Handgelenk und Spritze angebracht. Im Falle einer Unachtsamkeit oder eines Krampfes
bleibt die Spritze am Handgelenk und wird nicht durch den Bodenkontakt beschädigt bzw.
kontaminiert.
„Injektionsschablone“ – Damit jede Injektion auch an die richtige Stelle gelangt, wird eine
Art Halskrause eines Hühnernackens angefertigt. Im oberen Teil der Halskrause kann
die Spritze arretiert werden. Der Impfer setzt diese Halskrause samt Spritze auf den
Hühnernacken und löst die Injektion aus.
Verbesserung 2: Wie kann der Impfprozess beschleunigt werden?
Invertierung: Wie kann der Impfprozess behindert werden?
� Freilandhaltung mit viel Auslauf für die Hühner
� Jedes geimpfte Huhn muss anschließend markiert werden
� Völlige Dunkelheit im Stall; Fänger können die Hühner nicht sehen
� Versteckmöglichkeiten für Hühner in Form von Boxen, Löchern, Räumen
� Unterschiedlich große Hühner in der Herde
� Umfassende Sichtkontrolle jedes Huhns vor der Impfung notwendig
� Pro Einzelimpfung muss eine neue Kanüle montiert werden
58 Vgl. Klein, 2006, S. 134 ff.
37
� Jedes Huhn muss von Hand gefangen und festgehalten werden
� Hühner müssen vor dem Fangen betäubt werden, um Strapazen zu überstehen
„Hühner Blenden“ - Anstatt Dunkelheit im Stall werden die Hühner mit grellem Licht
geblendet. Die Fänger tragen Sonnenbrillen und können die orientierungslos erstarrten
Hühner in aller Ruhe nacheinander einsammeln.
Schlussfolgerung: Die heutigen Mastbedingungen erleichtern die Herdenimpfung bereits
enorm. Durch die Stallhaltung ist die Rückzugsfläche für die Hühner klar abgegrenzt und
trotz großer Stückzahl gut überschaubar. Ebenfalls Erleichterung bringt das Verbot der
Käfighaltung. Ein umständliches Öffnen und Schließen einzelner Käfige entfällt. Das
Bereitstellen freilaufender Hühner im Stall ist bei hohen Stückzahlen einfacher. Darüber
hinaus existiert für das Impfpersonal mehr Bewegungsfreiheit in ebenerdigen Ställen, als in
den engen Gängen zwischen den Käfigen. Das Verlangen der Verbraucher und der Industrie
nach konstanter Qualität führte zudem zur Entstehung von vollkommen einheitlichen
Populationen. Gleichen sich alle Hühner in einer Herde in Größe und Gewicht, erleichtert
dies das Einfangen in hohem Maße.
38
8. Lösungskonzept
8.1 Ideen Mind-Map
Abbildung 15: Ideen Mind-Map
39
Die Mind-Map Methode ermöglicht eine funktionale Darstellung aller Ideen auf nur einer
Seite.59 Jede Idee ist einem oder mehreren der formulierten Verbesserungsansätze
zugeordnet. Unter „Sonstige“ werden alle Ideen aufgeführt die nicht eindeutig zugeordnet
werden können, oder derzeit als schwer umsetzbar gelten. Die Mind-Map bildet die Essenz
der vorangegangenen Lösungssuche. Für jeden Verbesserungsansatz, z.B. Infektion
verhindern, können gezielt die in Frage kommenden Ideen gegeneinander geprüft werden.
Besondere Bedeutung kommt dabei den Ideen mit Verbindung zu zwei
Verbesserungsansätzen zu. Diese ermöglichen die gleichzeitige Lösung von 2 Problemen
und sollten daher bei der Auswahl unbedingt in die engere Wahl gezogen werden.
8.2 Trommelaufsatz
Die Vermeidung einer Infektionsübertragung bei mehrfacher Verwendung derselben Kanüle
wurde als zu lösendes Hauptproblem identifiziert. Eine vor der Kanüle angebrachte
Desinfektionsfolie galt zunächst als beste Lösung. Die Konstruktion könnte einfach und
kostengünstig an vorhandenen Impfspritzen nachgerüstet werden. Nach Rücksprache mit
einem Veterinärmediziner wurde jedoch klar, dass die Einwirkdauer des Desinfektionsmittels
an der Kanüle viel zu kurz ist.60 Eine ausreichende Desinfektion kann nicht gewährleistet
werden und das Problem wird so nicht verlässlich gelöst.
Eine erneute Auswertung aller Ideen machte deutlich, wie oft auf Prinzipien von
Schusswaffen zurückgegriffen wurde. Entweder direkt in der Analogiebildung oder indirekt
beim Kanülengürtel, Kanülentrommel und Impfmittelkugeln. Eine gezielte Lösungssuche in
diesen Prinzipien erschien somit sinnvoll. Der Trommelansatz mit mehrfach bestückten
Kanülen eignete sich bei der ersten Betrachtung ausschließlich zur Reduzierung der
Kanülenabnutzung. Eine wirksame Lösung gegen die Infektionsübertragung war er nicht.
Wie in den technischen Widersprüchen vorgeschlagen, ermöglicht er jedoch ebenfalls eine
zeitliche Trennung, je nach Trommelgröße. Zeit die notwenig ist um eine ausreichende
Desinfektion vorzunehmen. Gestaltet man diese Trommel als geschlossenen Raum, kann
darin flüssiges Desinfektionsmittel untergebracht werden. Aufgrund der natürlichen
Gravitation sammelt sich diese Flüssigkeit immer im unteren Teil der Trommel. Nicht
verwendete Kanülen durchlaufen aufgrund der Drehung prozessbedingt die
Desinfektionsflüssigkeit im unteren Teil der Trommel. Nach einer kompletten Umdrehung,
wieder am oberen Ende angekommen, ist die Kanüle desinfiziert.
59 Vgl. Klein, 2006, S. 102 ff. 60 Vgl. Expertengespräch Tierärztin Dipl. med. vet. Höhne
40
Abbildung 16: Trommelaufsatz für Kanülen
Alternativ zum flüssigem Desinfektionsmittel kann die Desinfektion ebenfalls mittels kaltem
Plasma erfolgen. Diese Technik wird Plasmadesinfektion genannt und kann unter
Zimmertemperaturen durchgeführt werden.61 Die Plasmadüse würde im unteren Teil der
Trommel montiert werden. Vorbeidrehende Kanülen werden analog zum Desinfektionsmittel
von Verunreinigungen befreit. Allerdings ist diese Technik noch im Versuchsstadium, und die
benötigte Peripherie zur Erzeugung des elektrisch leitenden Gases ist noch viel zu groß.
Neben der vollständigen Desinfektion der Kanüle hat diese Konstruktion den bereits
erwähnten Zusatznutzen, den Materialverschleiß durch den ständigen Kanülenwechsel
deutlich zu reduzieren. Die Kanülen werden nicht so schnell stumpf.
Durch die Ausstattung einer gewöhnlichen Spritze mit diesem Trommelaufsatz erhöht sich
allerdings das Gewicht um ein Vielfaches. Es würde eine Verschlechterung der
Bedienungsfreundlichkeit bedeuten obwohl diese ausdrücklich verbessert werden soll. Durch
die Lösung des einen Problems wurde ein anderes verstärkt. In einem weiteren Schritt muss
nun die Bedienungsfreundlichkeit entsprechend verbessert werden damit eine Nutzung des
Trommelaufsatzes überhaupt möglich ist.
8.3 Impfjacke
Zusätzliche oder vergrößerte Bauteile wirken sich negativ auf die Bedienungsfreundlichkeit
der Impfspritze aus. Dieses Ergebnis wurde bereits bei Überlegungen zu größeren
Impfmittelbehältern erkannt. Die Lösungen der technischen und physikalischen
Widersprüche zu dieser Problematik führten in dieselbe Richtung, nämlich „Abtrennung“ bzw.
„Einzelteile“. Störende Elemente müssen demnach von der Impfspritze getrennt werden. Nur
wohin? Gemäß Kapitel 7.5 „Evolution und Trends“ tendenziell in Richtung Integration im
Supersystem, also dem Impfer. Mit dem Impfhandschuh entstand bereits ein erster Ansatz in
diese Denkrichtung. Die konsequente Fortführung dieser Idee führte zur Impfjacke.
61 Vgl. 3sat, Sendung nano vom 17.12.2009, Bericht: Mit Plasma resistente Bakterien bekämpfen
41
Abbildung 17: Impfjacke
In dieser Jacke, mit fest integrierten Handschuhen, sind alle Bestandteile der Spritze über
den gesamten Oberkörper verteilt. Lediglich die zuvor beschriebene Kanülentrommel
befindet sich direkt an der Hand. Der Rest der Spritze wurde davon getrennt und an anderen
Stellen untergebracht. Die Kanülentrommel ist in den Handschuh integriert, und zwar auf
dem Handrücken zwischen Daumen und Zeigefinger. Je nach Veranlagung ist eine Montage
auf der linken oder rechten Hand möglich. Die Hand übernimmt den Großteil der Arbeit und
legt im Impfprozess die größte Strecke zurück. Daher wird an dieser Stelle zur
Gewichtsreduzierung nur die absolut notwendige Kanülentrommel angebracht. Auf dem
Rücken ist im Bereich der Schulter ein Befestigungssystem für einen drei Liter
Impfstoffbehälter eingearbeitet. Ein Schlauch verläuft entlang des Armes und verbindet den
Tank mit der Kanüleneinheit unter Ausnutzung des natürlichen Gefälles. Dort entlang verläuft
ebenfalls das Stromkabel für den Dreh- und Auslösemechanismus der Kanüleneinheit. Unter
dem Tank befindet sich der Druckbehälter, ein Kleinst-Kompressor und die Steuerelektronik.
Die Batterie ist am tiefsten Punkt der Jacke, auf höher der Nieren, angebracht. So wird eine
gleichmäßige Gewichtsverteilung gewährleistet. Die gesamte Jacke ist aus einem stichfesten
Material gefertigt um den Impfer vor einer ungewollten Selbstinjektion zu schützen. Denkbar
ist ebenfalls die Erweiterung der Jacke mit einer Kühl- bzw. Frischluftversorgung. Damit kann
das Arbeiten in der stickigen Luft des Großstalls erleichtert werden.
42
Das Gesamtgewicht der Impfjacke beträgt vollständig bestückt ca. 7 Kilogramm. Der drei
Liter Tank reicht je nach Dosierung für die ununterbrochene Impfung von ca. 3.000 bis 6.000
Hühnern. Dank der Kanülentrommel mit einer Bestückung zwischen 15 und 25 Kanülen ist
kein vorzeitiges Auswechseln notwendig. Es können theoretisch ununterbrochen 6000
Hühner geimpft werden. Im Normalfall benötigt der Impfer jedoch bereits nach ca. 3.000
Hühnern (4 Stunden) eine größere Pause. In dieser Zeit kann auch die Impfjacke wieder neu
bestückt werden.
Das zusätzliche Gewicht zur Optimierung der Spritze wurde entsprechend der menschlichen
Anatomie über den gesamten Oberkörper verteilt. Auf der Hand befindet sich nur die für die
Injektion unbedingt notwendige Kanüleneinheit. Das Gewicht an der Hand ist dadurch nicht
größer, eventuell sogar geringer als bei herkömmlichen Impfspritzen. Die Hand muss nichts
festhalten da die gesamte Technik fest eingearbeitet ist. Der Druckaufbau für die Injektion
erfolgt ebenfalls nicht mehr per Hand, sondern maschinell. Eine Verkrampfung der Hand ist
nahezu ausgeschlossen. Zur Durchführung der Impfung genügt eine natürliche
Handbewegung. Der Impfer greift das Huhn lediglich am Nacken, gleichzeitig wird die
Injektion automatisch durchgeführt.
8.4 Sortierförderband „Harvester“
Neben der angestrebten Verbesserung des Injektionsverfahrens konnte auch eine Lösung
für die Bereitstellung der Hühner gefunden werden. Ein bestehendes System aus der
allgemeinen Geflügelwirtschaft kann für die Bereitstellung der Hühner zur Impfung verwendet
werden.
Dasselbe Bereitstellungsproblem besteht bei dem als „Ausstallen“ bekannten Prozess.
Darunter versteht man die vollständige Räumung eines Hühnerstalles. Dies geschieht in
regelmäßigen Abständen immer dann, wenn alle Hühner die Mastzeit beendet haben, und in
den Schlachthof überführt werden. Hierzu muss jedes Huhn gefangen und in Transportboxen
gesperrt werden. Anschließend erfolgt die Verladung auf einen LKW.
Die bereits bestehende Lösung dafür nennt sich „Harvester“ und ist ein automatisiertes,
fahrbares Förderband.62 Das Gerät fährt einmal komplett von vorn nach hinten durch den
Stall. An der Vorderseite befindet sich ein um 90° horizontal schwenkbarer Förderarm.
Dieser bewegt sich kontinuierlich von links nach rechts und sammelt dabei die Hühner über
die gesamte Breite des Stalles ein. Von oben betrachtet wirkt es wie ein überdimensionaler
Staubsauger, der über die gesamte Breite des Stalles Hühner einsaugt. Am Ende des
Förderbandes steht das Verladepersonal. Dessen einzige Aufgabe ist es, die hintereinander
ankommenden Hühner zu greifen und in Transportboxen stecken.
62 Vgl. Fries et al., 2001, S. 33
43
Abbildung 18: „Harvester“ Förderband Draufsicht & Seitenansicht
Quelle: Nikolaus Geyrhalter, Dokumentarfilm: Unser täglich Brot
Diese Maschine kann ohne große Veränderung gleichermaßen für den Impfprozess
eingesetzt werden. Anstatt Verladepersonal werden oben beschriebene Impfer mit
Impfjacken am Ende des Förderbandes platziert. Sie greifen die ankommenden Hühner und
lassen sie auf eine Rampe Richtung Boden zurückfallen. Beim greifen wurde automatisch
die Injektion verabreicht. Der Einsatz von Fängern wäre somit unnötig. Voraussetzung für
den Einsatz dieses Förderbandes ist ein quadratischer Stall mit ebener Bodenfläche. Bei der
Hühnermast ist das i.d.R. gegeben, bei Legehennen nicht.
44
9. Fazit
Diese Arbeit hat als Ergebnis ein innovatives Lösungskonzept zur Impfung großer
Tierherden hervorgebracht. Durch Anwendung der systematischen Innovation konnte das
allgemeine Problem der Herdenimpfung in vier konkrete Einzelprobleme überführt, und
gezielt gelöst werden. Die praktisch angewendeten Methoden ergaben insgesamt 38
zielgerichtete Ideen zur Produktverbesserung. Jede einzelne davon hat einen Teil zum
späteren Lösungskonzept der Impfjacke beigetragen. Trotz Fokussierung auf die
Verbesserung des Impfprozesses konnte zusätzlich sogar eine Lösung für das Einfangen der
Hühner erstellt werden. Durch Kombination aus Impfjacke und Harvester entsteht eine
ganzheitliche, innovative Lösung zur Herdenimpfung von Hühnern.
Das Hauptproblem der Infektionsverbreitung wird durch die entwickelte Kanülentrommel
vollständig unterbunden. Aufgrund des erweiterten Kanülenvorrates in der Trommel wird
gleichzeitig ein schnelles abstumpfen der Kanülen enorm verzögert. Durch die ergonomische
Anordnung der Bauteile am Oberkörper, im Zusammenhang mit einer Teilautomatisierung,
erhöht sich der Bedienkomfort und damit auch die allgemeinen Leistungsfähigkeit. Alle vier
Punkte der Problemformulierung konnten somit erfolgreich gelöst bzw. verbessert werden.
Auch die Auswahlkriterien der zu Beginn erstellten Innovations-Checkliste konnten
mehrheitlich erfüllt werden. Die einzige Ausnahme bildet der Wunsch nach mehr Genauigkeit
im Impfprozess, kein Tier soll ausgelassen oder mehrmals hintereinander geimpft werden.
Da es sich dabei jedoch um ein Problem der Hühnerbereitstellung handelt, war es nicht Teil
der Problemformulierung und des Lösungsprozesses. Es ist jedoch vorstellbar, das durch die
Erleichterungen der Impfjacke automatisch auch eine höhere Impfqualität einher geht.
Spätestens der Einsatz des Harvester-Förderbandes würde jedoch auch dieses Problem
zuverlässig beheben.
Obwohl die Impfjacke so viele Vorteile bietet, überzeugt das Ergebnis erst auf den zweiten
Blick. Der Grund: Die Kanüle ist noch immer vorhanden. Insgeheim bestand bereits zu
Beginn dieser Arbeit ein tiefes Verlangen, die Kanüle durch eine innovative Lösungen
überflüssig zu machen. Es ist allgemein bekannt, dass die Kanüle die große Schwachstelle
der Spritze ist. Eine wirkungsvolle Alternative wurde jedoch im gesamten Prozess nicht
gefunden. Letztendlich hat jedoch die Analogiebildung zur Natur (Kapitel 7.9) gezeigt, dass
sich dieses Prinzip in der Pflanzen- und Insektenwelt über Jahrmillionen hinweg erfolgreich
durchgesetzt hat. Insofern kann es derzeit noch immer als optimale Lösung bezeichnet
werden.
45
In Hinblick auf das in Kapitel 7.1 formulierte ideale Endresultat, ist diese Lösung leider nur
auf der zuletzt formulierten Stufe 3 einzuordnen. Es wurden lediglich bekannte Elemente neu
kombiniert. In Folge dessen verläuft der Impfprozess mit weniger Ressourceneinsatz,
kurzum effizienter. Die Impfjacke besitzt demnach nur ein geringes bis mittleres
Innovationsniveau. Der Grund für dieses Ergebnis liegt vor allem in den sehr eng
ausgelegten Grenzen der zulässigen Systemänderung. Wirklich großes Potenzial zu einer
innovativen Lösung hat der Impfstoff selbst. Wäre es möglich, jeden Impfstoff oral über
Futter bzw. Wasser zu verabreichen, erhält man eine wirklich innovative Lösung. Gemessen
an den formulierten Endresultaten wäre das ein Resultat erster Abstufung „Die Tiere impfen
sich selbstständig“. Diese Lösung gilt als perfekt, da das ideale Endresultat schier
unerreichbare Utopie ist.
Damit aus der Theorie auch in der Praxis eine Innovation wird, muss sich Markterfolg
einstellen. Der Nutzenvorteil der Impfjacke konnte bereits mehrfach dargelegt werden.
Kritischer Faktor sind die zu erwartenden Mehrkosten. Aus diesem Grund besteht die
Impfjacke zum Großteil aus bereits verfügbaren Komponenten. Der Entwicklungsaufwand für
die serienreife Produktion wäre gering. Nur so kann ein marktkonformer Preis realisiert
werden. Dennoch, im Vergleich zu aktuellen Impfspritzen würde so eine Impfjacke in etwa
das Hundertfache kosten. Der schnelle Absatz großer Stückzahlen zur Erlangung von
Größenvorteilen ist daher die wichtigste Strategie. Die Impfjacke ist konstruktionsbedingt
nicht an das Huhn gebunden. Der Gebrauch zur Herdenimpfung nahezu aller Tiere ist
möglich. Denkbar ist auch der Einsatz am Menschen für Massenimpfungen im Fall von
Pandemien. Als potenzielle Käufer kommen hauptsächlich Betreiber großer Mastanlagen
sowie Anbieter von Impfkolonnen in Frage. Außerdem ist durch die verbesserte Impfqualität
kein aufwändiges Nacharbeiten mehr notwendig. Die ergonomischen Verbesserungen der
Impfjacke zeichnen sich zudem in sinkenden Krankheitstagen, Arbeitsverletzungen und
Ausfallzeiten beim Impfpersonal aus. Aufgrund des hohen Lohnkostenniveaus, speziell in
den Industrieländern, können so umfangreiche Einsparungen erzielt werden. Die höheren
Beschaffungskosten der Impfjacke werden durch Verringerung der Arbeitszeit und sinkende
Lohnkosten langfristig wieder ausgeglichen.
Der Harvester bleibt ein Nischenprodukt, ausschließlich für Hühner geeignet. Eine alleinige
Anschaffung zur Impfnutzung rechnet sich aufgrund der hohen Kosten wenn überhaupt nur
für professionelle Impfkolonnen. Die „Zweckentfremdung“ zur Impfung eines bereits
bestehenden Harvesters beim Züchter ist hingegen sinnvoll.
46
Die Impfjacke stellt eine kurz- bis mittelfristige Lösung dar. So lange große Tierbestände
unter industriellen Zuchtbedingungen existieren, hat die Impfjacke großes Potenzial. Rasante
Fortschritte bei der Impfmittelherstellung werden jedoch die intramuskuläre Injektion
zunehmend, zugunsten oraler Verabreichungsformen, überflüssig machen. Zudem wird die
ressourcenintensive Viehzucht auf Dauer weder ökonomisch noch ökologisch tragbar sein.
Alle notwendigen Ressourcen wie Wasser, Weideland und Öl sind bereits zum jetzigen
Zeitpunkt knapp. Die Massentierhaltung im jetzigen Sinne wird untragbar werden und
schließlich verschwinden. Damit entfällt langfristig auch das Problem der aufwändigen
Herdenimpfung. Wie in der Neun-Felder-Matrix beschrieben werden alternative
Ernährungsformen, andere Zuchttechnologien und vor allem ein bewusster Umgang mit
Fleisch zukünftige Generationen prägen.
47
10. Zusammenfassung
Heutzutage ist die Impfung großer Tierherden immer noch ein Vorgang, der hohen
Personaleinsatz fordert, und viele Probleme mit sich bringt. Besonders deutlich treten diese
Probleme beim Impfen von Hühnerherden mit Größen von bis zu 40.000 Tieren auf. In dieser
Arbeit wird systematisch eine innovative Lösung zu diesem speziellen Problem erarbeitet.
Der Impfvorgang von Hühnerherden untergliedert sich in zwei Teilbereiche - die
Tierbereitstellung und die tatsächliche Impfung. Die größten Schwierigkeiten treten beim
Impfen – dem tatsächlichen Verabreichen von Impfstoff per Spritze - auf. Der aufgezeigte
Problemlösungsprozess konzentriert sich daher ausschließlich auf das Impfen. Die
Tierbereitstellung als vorgelagerter Hilfsprozess wird hingegen nicht näher untersucht.
Vier konkrete Probleme der Impfspritze werden gefunden und gelöst:
� Organische Rückstände an der Kanüle führen zur Verbreitung von Infektionen
� Der kleine Impfmittelbehälter schränkt die Leistungsfähigkeit der Spritze stark ein
� Die Bedienbarkeit der Spritze ist für den Impfer kompliziert
� Kanülenspitzen stumpfen im Prozess ab und Erschweren das Einstechen
Insgesamt werden 38 zielführende Ideen generiert. Die Ansätze reichen von der leichten
Modifikationen bis zur hin zur völligen Neukonstruktion der Spritze. Ebenso werden
zahlreiche alternative Verabreichungsmethoden vorgeschlagen.
Als Ergebnis entsteht ein mehrstufiges Lösungskonzept aus der Kombination mehrerer
Ideen. Hauptbestandteil ist die fortlaufende Desinfektion benutzter Kanülen, kombiniert mit
einer Teilautomatisierung und ergonomischen Anpassung der Spritze an die menschliche
Anatomie.
Obwohl nicht im Zentrum der eigentlichen Betrachtung, wird auch für die Tierbereitstellung
eine vollautomatisierte Lösung, durch Umnutzung eines bestehenden Systems, aufgezeigt.
III
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V
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3sat, Sendung Nano vom 28.05.2010, Bericht: Kein Platz im Mastkäfig http://www.3sat.de/mediathek/mediathek.php?obj=18797 11.08.2011 um 19:45 Videos PETA Tierschutzverein, Der Wiesenhof Skandal – Zweiter Teil http://www.youtube.com/watch?v=HkBqOq9-HDo&feature=related 14.06.2011 um 20:30
Geyrhalter, Nikolaus; 2007, Dokumentarfilm: Unser täglich Brot (88 min) Expertengespräche Tierärztin Dipl. med. vet. Gabriele Höhne
Interview am 21.06.2011 von 16:00 bis 19:00 Uhr Ort: Tierarztpraxis Höhne, Heidestraße 35, 16348 Wandlitz
Tätowierer Markus Lenhard, Künstlername „Lux Altera“, www.luxaltera.com
Interview am 03.07.2011 von 14:00 bis 15:00 Uhr Ort: Am Hirschsprung 12, 16348 Wandlitz
VI
Anhang Innovations-Checkliste (3 Seiten) Entwicklungshistorie der Spritze (1 Seite)
Innovations-Checkliste 1 System 1.1 Systembezeichnung
Impfspritze, Impfpistole – Eine hohle Nadel wird in die Haut eines Huhns gestochen. Es wird flüssige Medizin durch die Haut direkt in die Blutbahn zur schnellen Heilung geleitet. 1.2 Primär nützliche Funktion (PNF)
Überwindung der Hautbarriere zur Einbringung einer exakten Menge Impfstoff in den Muskel bzw. die Blutbahn. 2 Derzeitige Systemstruktur Hohlnadel (Kanüle) zu einem Ende hin schräg angespitzt, Dosiereinheit, Zylinder, Kolben, Dichtungen, Griff, Rückholfeder, Impfstoffbehälter, Impfstoff 3 Arbeitsweise des Systems Eine frische (desinfizierte) Kanüle wird montiert. Der mit Impfstoff gefüllte Vorratsbehälter wird auf den Zylinder aufgesetzt. Die Dosierung wird geprüft und ggf. entsprechend der Vorgaben neu eingestellt. Die Impfspritze wird an den Griffen fest in einer Hand gehalten, während die andere Hand zur zusätzlichen Fixierung des Huhns benutzt wird. Durch die gerichtete Bewegung des Armes und der Hand wird die gesamte Spritze so positioniert, dass die Kanülenspitze in die Haut des Huhns eingeführt werden kann. Die Stichposition als auch die Einstechtiefe bestimmen, ob der Impfstoff in den Muskel oder in die Vene injiziert wird. Durch manuellen Druck auf den Kolben bzw. den Griff erfolgt die Verabreichung des Impfstoffes in der, zuvor eingestellten, Menge. Die Kanüle wird herausgezogen und die Hand entlastet, wodurch die Rückholfeder den Auslösemechanismus für die darauffolgende Injektion vorbereitet. Im Anschluss kann das nachfolgende Huhn geimpft werden. Die Kanülen werden je nach Ermessen getauscht. Das kann nach 100, 1.000 oder nach deutlich mehr Impfvorgängen sein. Bei jedem Impfvorgang kommt es zu einer Abnutzung der Kanüle. Dies erschwert sukzessiv die folgenden Injektionen. Der Tausch des Impfmittelvorratsbehälters erfolgt augenscheinlich, sobald der Impfstoff aufgebraucht ist. Je nach Größe des Impfmittelbehälters (i.d.R. 100 oder 500ml) und der notwendigen Impfdosis (i.d.R. 0,5 bis 5ml) erfolgt ein Austausch nach 20 bis ca. 1.000 Impfungen. 4 Systemumfeld 4.1 Gleichberechtigte Systeme
Hühner, Impfer, Fänger, Stall, Temperatur, Licht, Geräusche, Nahrung
4.1.1 Vorhandene Interaktionen Impfspritze – Huhn: (+) Impfung; (-) Verletzung, Ansteckung Impfspritze – Impfer: (+) Impfung; (-) Selbstinjektion, Verletzung, Bewegungsmonotonie Impfspritze – Fänger: (-) Fremdinjektion Impfspritze – Geräusche: (-) eventuell befremdliches Arbeitsgeräusch Huhn – Impfer: (+) Impfung Huhn – Fänger: (+) Fixierung, Sortierung (-) Stress, Angst bei den Tieren Huhn – Stall: (+) Begrenzung, Klima, Schutz (-) Enge, keine Sonne, kein Gras Huhn – Temperatur: normale Temperaturen verhindern körperlichen Stress Huhn – Licht: Dunkelheit = Sicherheit Huhn – Geräusche: laute, unnatürliche Geräusche führen zu Stress und Angst Huhn – Nahrung: Satt = träge?, Satt = bessere Impffähigkeit?
Impfer – Fänger: (+) Zuarbeit (-) Fremdinjektion, Selbstinjektion Impfer – Stall: (+) Übersicht (-) Enge, Luftqualität Impfer – Licht: ausreichende Beleuchtung für den korrekten Einstich notwendig Fänger – Stall: (+) räumliche Begrenzung (-) Bodenbeschaffenheit, Luftqualität Fänger – Licht: möglichst viel Licht zum Ergreifen und Jagen der Hühner Fänger – Geräusche: (-) versetzt Hühner in Stress durch hektische, unnormale Geräusche Stall – Temperatur: (+) hält konstante Temperatur, autark von Witterung Stall – Licht: (+) Regulierung unabhängig der Witterung (-) keine Sonne Stall – Geräusche: (-) Bündelt, verstärkt Geräusche � Krach Stall – Nahrung: (+) konstante Versorgung, Qualität (-) nur Kunstnahrung, kein Gras
4.1.2 Mögliche Interaktionen Impfspritze – Nahrung: Impfung erfolgt über Nahrung bzw. Wasser Huhn – Geräusche: Hühner werden über Signalton zum Impfer gelockt Huhn – Licht: Hühner werden über Lichtreiz um Impfer gelockt Stall – Huhn: Stallanlage impft Hühner vollautomatisch ohne Menschen Stall isoliert Hühner vollständig von äußeren Viren/ Bakterien 4.2 Übersysteme/ natürliche Umgebung Übersysteme: Impfsystem � Massentierhaltung � Ernährungssystem �
Gesundheitssystem Natürliche Umgebung: Luft, Wiese, Wald, Wasser (See), Kleintiere (Mäuse, Ratten),
Insekten, andere Vögel 5 Verfügbare Ressourcen 5.1 stoffliche Ressourcen
Metall, Stroh, Kot, Urin, Federn, Tierkadaver, Kunststoff (Tränken), benutzte Kanülen, benutzte Impfstoffbehälter, aufgerissene Hygieneverpackungen, Wasser, Luft 5.2 feldförmige Ressourcen
Luftdruck, Gravitation, Licht (Beleuchtung), Schall, Temperatur, Luftströmung (Abluft/ Zuluft), Kotgeruch, Infrarotstrahlen (Wärmeplätze) 5.3 räumliche Ressourcen
Leerraum in der Decke, Fläche außerhalb des geschlossenen Stalles, Doppelboden zum Fäkalienabtransport � Raum unter dem Boden 5.4 zeitliche Ressourcen
Morgens, Mittags, Abends, Nachts 5.5 Informationsressourcen
? 5.6 funktionale Ressourcen
? 5.7 Personelle Ressourcen
Impfer, Fänger, Tierarzt, Bauer, Stallarbeiter, Veterinäramt 6 Detailinformationen zur Problemsituation 6.1 Angestrebte Verbesserung
Geringerer Personaleinsatz, Verabreichung des Impfstoffes ohne Fremdinfektionen, Kosten reduzieren, ergonomischere Bedienung, Impfsicherheit (jedes Huhn soll auch tatsächlich geimpft werden)
6.2 Zu eliminierende Nachteile
Enorm hoher Personaleinsatz � hoher Zeitaufwand und hohe Kosten, die Kanüle als Verbreiter von Infektionen, bestimmte Hühner werden doppelt oder gar nicht geimpft � ein krankes Huhn gefährdet die gesamte Herde 6.3 Entwicklungshistorie des Problems
Das Problem entstand mit Beginn der Massentierhaltung und einseitigen Ernährung � führen zu Hygieneproblemen und schlechter Immunabwehr. Ein krankes Huhn steckt unmittelbar die gesamte Herde an und richtet so einen enormen wirtschaftlichen Schaden an. Die Käfighaltung, zur Trennung der Hühner von ihren Fäkalien, ist seit 2010 in Deutschland verboten und ab 2012 generell in Europa. � Könnte das Hygieneproblem noch vergrößern 7 Alternativ zu lösende Probleme Die Entstehung von Infektionen an sich. Bessere Hygiene im Stall bzw. umfangreichere Abschottung nach Außen. Das Weltweite Ernährungsproblem lösen/ eindämmen. 8 Grenzen der Systemänderung Der Impfstoff muss direkt in die Blutbahn/ Muskel gebracht werden. Keine Entwicklung von resistenten Superhühnern. Keine Entwicklung von besseren Impfstoffen. 9 Analoge Lösungsansätze Impfung über Nahrung, Spray (Sprühnebel). Züchtung von robusteren Hühnern (durch Kreuzung). Impfsysteme ohne Kanüle mittels Hochdruck. 10 Auswahlkriterien für Lösungskonzepte Zeitersparnis, Personaleinsparung, Keine Injektionsverschleppung durch die Impfung.
Genauigkeit, kein Huhn darf ausgelassen werden
Entwicklungshistorie der Spritze
1656 Hund erhält Opiumlösung in Klistierspritze (Sir Christopher Wren & Robert Boyle)
1667 erste Injektion bei einem Menschen durch Johann Sigismund Elsholtz in Berlin
1700 Verfahren geriet in Vergessenheit
1800 erste Miniaturspritzen aus Stahl, Messing - überwiegend für Leichen entwickelt
1824 Patentanmeldung für die erste Spritze durch John Weiss
1827 Injektionsspritze mit feiner Kanüle (A. Neuner)
1841 Injektionsspritze mit einem Gewinde (Charles-Gabriel Pravaz)
1853 Beginn der Serienproduktion von Injektionsspritzen (Georg-Wilhelm Luer)
1897 Ganzglasspritze durch G.W. Luer; Möglichkeit der Sterilisation durch auskochen
1900 zahlreiche Medikamentenentwicklungen wie z.B. das Morphium führen zur
Verbreitung der Spritze
1906 Recordspritze, demontierbar Spritze aus Glas und Metall
1914 Erster Weltkrieg, Morphiumspritzen werden in großen Mengen für das Militär
produziert
1925 Luer-Lok Ansatz, verhindert das Abrutschen der Nadel bei der Injektion
1945 erneut hoher Bedarf an Injektionsspritzen, vor allem für Penicillin und Morphium, in
Folge des zweiten Weltkrieges
1950 Einwegspritze aus Kunststoff
1980 Sicherheits-Einwegspritzen zum garantiert einmaligen Gebrauch aufgrund von
zahlreichen Infektionen durch den mehrmaligen Gebrauch einer Spritze
1998 Injex Hochdruckinjektion, erste Spritze ohne Nadel 63
63 Vgl. http://www.bmm.charite.de/aktuelles/besonderes_objekt/win05_06.htm Zugriff am 09.06.2011 um 10 :40 http://www.kugener.com/abfrage.php?id=0243 Zugriff am 09.06.2011 um 13:30 http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=4318 Zugriff am 09.06.2011 um 15:00 http://www.injex.de/historie Zugriff am 09.06.2011 um 09:15
VII
Eidesstattliche Erklärung
Ich versichere, diese beiliegende Abschlussarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe
verfasst, keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel benutzt, sowie alle
wörtlich oder sinngemäß übernommenen Stellen in der Arbeit gekennzeichnet zu haben.
Wandlitz, den 17.08.2011
(Björn Wilke)