6
Grafikdesign für ökologische emen. Für meine Eltern war der Weg in die Ökobewegung eine Ablehnungsreaktion auf den sinnentleerten Kapitalismus. Sich auf's Land zurückziehen, dort Obst und Gemüse selber anbauen, Bienenvölker halten, das alles sollte der naturharmonische Gegenentwurf zur Leistungsgesellschaft sein. 1 Die Ablehnung der vorherrschenden Konsumästhetik spiegelte sich auch in der Gestaltung der Produkte wieder. Sie sollten sich abheben von perfekter Massenproduktion und unper- fekt, spontan, authentisch, erdig und in der Tonalität apellartig sein. Heute kommen bei vielen (jungen) Leuten wieder ähn- liche ökologische Gedanken auf, nur dass sie anders umgesetzt werden. In den Städten wird »Urban Far- ming« und »Urban Beekeeping« betrieben. Der Absatz an Biolebensmitteln steigt drastisch. 2 Die visuelle Kom- munikation dieser ökologischen Themen ist oftmals puristisch-elegant, »state of the art«, überraschend, fröhlich und frisch, kurz: sie ist hip und angesagt. VERONIKA TEICHMANN, FH POTSDAM, MASTER DESIGN. BEI PROF. MATTHIAS BEYROW & DIPL.-DES. MANJA HELLPAP. A veronikateichmann.de MASTERTHESIS PROPOSAL

Masterthesis Proposal

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Ästhetik der Ökologie – Grafikdesign für ökologische Themen.

Citation preview

Grafikdesign für ökologische Themen.

Für meine Eltern war der Weg in die Ökobewegung eine Ablehnungsreaktion auf den sinnentleerten Kapitalis mus. Sich auf's Land zurückziehen, dort Obst und Ge müse selber anbauen, Bienenvölker halten, das alles sollte der naturharmonische Gegenentwurf zur Leistungsgesellschaft sein.1 Die Ablehnung der vorherrschenden Konsum ästhetik spiegelte sich auch in der Gestaltung der Produkte wieder. Sie sollten sich abheben von perfekter Massenproduk tion und unper­fekt, spontan, authentisch, erdig und in der Tonalität apell artig sein.

Heute kommen bei vielen (jungen) Leuten wieder ähn­liche ökologische Gedanken auf, nur dass sie anders umgesetzt werden. In den Städten wird »Urban Far­ming« und »Urban Beekeeping« betrieben. Der Absatz an Biolebensmitteln steigt drastisch.2 Die visuelle Kom­munikation dieser ökologischen Themen ist oftmals puristisch­elegant, »state of the art«, überraschend, fröhlich und frisch, kurz: sie ist hip und angesagt.

veronika teichmann, fh potsdam, master design.

bei prof. matthias beyrow & dipl.-des. manja hellpap.

a

veronikateichmann.de

masterthesis proposal

1einleitung

Das Bewusstsein für ökologisches Leben und Kon­sumieren ist in den letzten Jahren gestiegen3 und zum gesellschaftlichen Mainstream geworden. Warum?

schuld Jeder Mensch fühlt sich durch sein ganz alltäg­liches Handeln, d.h. auch Konsumieren, schon mit­schuldig an sozialen Missständen und der Ausbeutung der Natur. Sich durch den Konsum scheinbar um welt­verträglicher Produkte »reinzukaufen« stellt eine Ver­suchung dar.

zugehörigkeit Damit verbunden ist der Wunsch, einge­bettet zu sein in die uns umgebende Natur, Teil eines großen Ganzen zu sein. Gerade in Großstädten wie Berlin ist der Wunsch nach Natürlichkeit hoch, hervor­gerufen durch ein Zuviel an Urbanität.

körper Die Entkörperung des Menschen durch die Tech­nisierung ruft als Gegenentwicklung eine Fokussierung auf den Körper in der Lebensmittelbeschaffung hervor. Der Mensch spürt sich weniger, ist weniger bei sich, je mehr technische Geräte er nutzt. Umso wichtiger erscheint es uns zu wissen, was wir dem Körper zufüh­ren, uns bewusst zu ernähren.

verortung Als Folge der Globalisierung werden regionale Produkte beliebter. Niemand scheint heute mehr die weltumspannenden Produktionszusammenhänge über­schauen zu können. Da ist es ein besseres Gefühl, zu Produkten zu greifen, deren Herkuft man noch relativ genau bestimmen und deren Produktionsweise man einschätzen kann.

2

stand Juni 2013

masterthesis proposal

2MOtiVAtiOn

Die beschriebenen gesellschaftlichen Prozesse schla­gen sich in den sichtbaren Oberflächen der Objekte, d.h. auch der Verpackungsgestaltung und den Erschei­nungsbildern der Unternehmen, nieder. In welcher Form Ökologie heute ästhetisch­glaubhaft in Erscheinung tritt, möchte ich in meiner Masterthesis untersuchen.

Kommunikationsdesigner begleiten Wertewandels­prozesse, indem sie die visuelle Kommunikation ent­wickeln.

»Es gibt immernoch zu viele Produkte, die so "ökig" daher kommen wie zu Mutters Zeiten. Wir brauchen mehr Produkte, die einfach schön und modern sind und Spaß machen. Die Nachfrage nach solchen neuen Ver bin­dungen von Design und Ökologie ist enorm groß.« cl audia l anger in »design ecology«4

Um mich als Kommunikationsdesignerin in der Gesell­schaft zu positionieren und meine Handlungsmöglich­keiten in den Feldern Corporate­/Editorial­/Verpa­ckungsdesign auszuloten, möchte ich auf theoretischem und praktischem Wege dieses Forschungsfeld »Ästhetik der Ökologie« bearbeiten.

3fOrschungsstAnd

Der Bereich »Grafikdesign und Ökologie« ist disziplinär bisher wenig erforscht und besprochen worden. Im Gegensatz zu dem Themenfeld »Kunst und Ökologie« findet der Diskurs noch kaum auf wissenschaftlicher Ebene statt. Die Schnittstelle zur Kunst wird bereits untersucht, wie die diesjährige Ringvorlesung »Ökolo­gie und die Künste« 5 an der Freien Universität Berlin beweisen könnte.

Publikationen wie »Design Ecology« 4 sind eher als populärwissenschaftlich zu betrachten. Auch sind seit dem Erscheinen des Showcase­Buches über neogrüne Markenstrategien von Page­Redakteurin Jutta Nacht­wey und Designerin Judith Mair mittlerweile fast fünf Jahre vergangen.

Das Hamburger Trend Büro schreibt bereits 1996 im »Trendbuch« 6 über den kommende Ökolizismus als eine neue Form des Glaubens.

Allerdings ist die Designwelt durchaus auf den Nach­haltigkeitstrend aufmerksam geworden. Für die letzt­jährige »TYPO Berlin« 7, der internationalen Desig­nkonferenz für Typografie, Grafikdesign, Kultur und Gesellschaftsphänomene war »Sustain« das ausgelobte Überthema.

Die bisherigen Lösungsvorschläge gehen jedoch eher in die Richtung der nachhaltigen Produktionsweise und fragen weniger nach neuen ästhetischen Ausdrucksfor­men für Ökologie.

Auf der Tagung »Ethik und Moral im Kommunikations­design« 8, die im Oktober 2012 an der FH Würzburg stattfand, ging es stark um die gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen von »grünem Design«.

Logischerweise viel integrierter, da einfacher »ding­fest« zu machen, ist der Bereich Ökologie im Produkt­design. Unter dem Begriff »EcoDesign« werden viele neue Produktvorschläge gemacht, die sich verstärkt an Nachhaltigkeitsaspekten orientieren.

4frAgestellungen

Was macht gutes Grafikdesign für ökologische Themen aus?

Die übergreifende Forschungsfrage beinhaltet folgende Unterfragen und Disziplinen:

s oziol o gie

Was sind die Gründe für das erstarkte ökologische Bewusstsein in der Gesellschaft? Welche sozialen Gruppen sind involviert? Wie bereits in der Einleitung erwähnt gibt es diverse Theorien zu den Ursachen des wieder erstarkten Umweltbewusstseins in der Gesell­schaft. Diese gilt es, in der Arbeit zusammenfassend vorzustellen.

gesellschaf t Welchen Beitrag leistet Grafikdesign allgemein in der Gesellschaft, was ist seine Funktion? Kann anhand von Grafikdesign ein ökologischer Wertewandelsprozess sichtbar werden? Ähnlich wie der Kunst wohnt auch dem Grafikdesign ein gesellschaftsreflektierender Aspekt inne, denn in die Gestaltung der Oberflächen fließt immer auch ein Teil des vorherrschenden Zeitgeistes ein. Mit einer geziel­ten Analyse »grünen« Grafikdesigns müsste demnach die Veränderung der Menschen in ihrer Einstellung zur Umwelt abbildbar werden.

3

masterthesis proposal

schnit tstelle mensch & ökologie

Mit welchen Zeichen wird Ökologie vermittelt? Wie kann man Mensch & Ökologie durch Grafikdesign zusammenbringen? An der Schnittstelle von Mensch und Umwelt wird mit Zeichen gearbeitet, die die öko­logischen Inhalte vermitteln sollen. Die Frage danach, wie der Mensch mit der Umwelt umgeht, wie er sie wahrnimmt und in seine Lebensrealität integriert, wird immer bedeutender vor dem Hintergrund gesellschaft­licher Entwicklungen wie dem Klimawandel und dem Verlust an Biodiversität.

visualisierung von haltung

Wie wird mit Grafikdesign, insb. mit Corporate Design, die Haltung zu einem bestimmten Thema kommuni-ziert? Durch die Gestaltung der grafischen Elemente wird immer auch die Haltung des Senders zu einem Thema mittransportiert. In diesem Falle, die Haltung zur Natur. Die grafischen Mittel der Ökounternehmen sollen daraufhin analysiert werden.

ch a ncen & p er sp ek t i v en

Wie werden die Menschen in Zukunft mit der Natur umgehen – schlägt der Trend wieder zurück oder läuft die Entwicklung in die eingeschlagene Richtung immer schneller weiter? Wie wird Ökologie in Zukunft durch Design dargestellt? Die Arbeit soll auch dazu beitragen, herauszufinden, welche neuen Wege beschritten wer­den können, um Ökologie glaubhaft zu kommunizieren.

5eingrenzung des theMenfelds

Das Thema »Greenwashing« möchte ich in meiner Arbeit bewusst außen vor lassen. Nicht nur, dass ich mein Thema eingrenzen möchte, es geht mir auch eher darum, die positiv beeinflussenden Seiten von Gra­fikdesign auszuloten. – Optimistisch ausgedrückt: die Möglichkeiten, mit Grafikdesign die Welt zu verbessern. Es geht mir nicht darum, die manipulativen, verschlei­ernden Aspekte der Branche hervorzuheben.

Beim Greenwashing steht hinter der grafischen Gestal­tung eben nicht die Berufung auf Werte, sondern die grafische Sprache wird genutzt, um die Erwartungen der Konsumenten an eine ökologische Einstellung zu erfüllen. Die des Greenwashing bezichtigten Unter­nehmen folgen dem Ökotrend, ohne hinter der neuen grafischen Oberfläche etwas im Verhalten zu ändern.

6MethOden

1. LITERATURSTUDIUM. Aneignung von Fachwissen zu den unter Punkt 3 (Fragestellungen) genannten Aspekten rund um Ökologie, Ökologischen Konsum und gesellschaftlichen Wertewandel.

2. FOTO­SAMMLUNG von Beispielen »grünen Grafik­designs«. Die Sammlung soll dazu dienen, sich einen Überblick über die grafische Gestaltung von ökologi­schen Inhalten in den verschiedenen Designdiszipli­nen zu verschaffen. Die Sammlung wird im Buch als Showcase des Ist­Zustandes erscheinen.

3. SEMIOTISCHE ANALYSE des Erscheinungsbildes des Ökosupermarktes BIO COMPANY. Die Methode dient dazu, exemplarisch bis ins kleinste Detail die visuellen Zeichen zu überprüfen, mit denen Ökologie transportiert wird.

4. INTERVIEWS mit Grafikdesignern, die für ökologi­sche Themen arbeiten. Durch die Befragung kann ein umfassenderes, aktuelles Bild der Haltung von Grafikde­signern zum Thema Ökologie & Grafikdesign entstehen.

5. FELDVERSUCH. Im Relaunch des Erscheinungsbildes der »Märkischen Kiste« werden die Aspekte der theore­tischen Betrachtung überprüft und hinterfragt.

7gestAltungsVOrhAben

1. BUCH. Der Theorieteil meiner Arbeit soll für sich stehen und als Kompendium des derzeitigen Standes zum Grafikdesign für ökologische Themen dienen. Darin zusammengefasst sind die Ergebnisse des Literatur­studiums, die Abbildung des Ist­Zustandes der Öko­De­signs, sowie das Fazit.

2. CORPORATE DESIGN RELAUNCH. Um selbst Erfahrungen an der Schnittstelle Gra fikdesign & Öko­logie sammeln zu können, möchte ich gemeinsam mit dem Praxispartner »Märkische Kiste« einen neuen Lösungsvorschlag für die Kommunikation ökologischer Belange machen. Das Unternehmen beliefert Berliner Kunden seit 16 Jahren mit ökologischen Lebensmitteln aus der Region Mark Brandenburg. In ihrem Erschei­nungsbild spiegelt sich noch der Geist der 1. Ökowelle aus den 1990ern. Ausgehend von dem stattgefundenen

4

masterthesis proposal

Wertewandelsprozess soll das Corporate Design der Märkischen Kiste in die heutige Ästhetik der Ökologie übertragen werden.

Ich halte es für wichtig, mit einem Unternehmen im Gespräch zu sein, für das Ökologie ein zentrales Kom­munikationsthema ist. Grafikdesign ist nicht losgelöst von den alläglichen Problemen und Anforderungen in einem Betrieb. Es sollen realitische Lösungen auf eine relevante Frage gefunden werden. 3. DOKUMENTATION des praktischen Teils der Mas­terthesis. In Format, Layout und Typografie an die Gestaltung des Buches angelehnt, soll der Prozess des Corporate Design Relaunches der »Märkischen Kiste« dokumentiert werden.

8zielsetzung

Ziel meiner anzufertigenden Masterarbeit ist es, mich tiefgründig mit dem Themenbereich Ökologie & Grafikdesign zu beschäftigen, um anschließend eine Reflexion über Design und seinen Stellenwert in der Gesellschaft anstellen zu können.

Ich halte diese Reflexion der eigenen Arbeit insgesamt für einen wichtigen Bestandteil der Ausbildung zum Grafikdesigner, insbesondere im Rahmen des Master­studiums als abschließendes Studium.

Das angeeignete Wissen darüber, wie der Themenbe­reich Ökologie in der Designwelt behandelt wird, macht mich zur Expertin auf diesem Gebiet.

Auf die Frage »Wie kann man Ökologie und die Men­schen durch Grafikdesign zusammenbringen?« möchte ich eine Antwort finden, indem ich anhand des Praxis­projektes einen Lösungsvorschlag mache.

5

masterthesis proposal

9Quellen

1

Ökologiebewegunghttp://de.wikipedia.org/wiki/Neue_soziale_Bewegungen#.C3.96kologiebewegung.2C_An­ti­Atomkraft­Bewegung

und

Hippiehttps://de.wikipedia.org/wiki/Flowerpower

und

Selbstgefällige Ökopionieretaz.de, 12. April 2012http://www.taz.de/!91321/

2

»Im Grunde kauft fast jeder Haushalt mindestens ein Bio­Produkt im Jahr«

Bio bleibt beliebt Süddeutsche.de, 9. Februar 2013.http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/geschaeft­mit­bio­lebensmitteln­bio­bleibt­be­liebt­1.1595655

3

»Etwas mehr als ein Drittel der Bürgerinnen und Bür ger nennt spontan Aspekte des Umwelt­ und Klimaschutzes bei der offe­nen Frage zum wich tig sten Problem der Gegenwart. Gegenüber der letz ten Umfrage von 2010 ist das ein Anstieg um 15 Pro zent. Damit rücken die Umwelt­probleme vom dritten auf den zweiten Platz unter den wichtigsten Proble men in Deutschland.«

Umweltbewusstsein in Deutsch-land 2012 – Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungs-umfrageBundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und Umweltbundesamt

4

Design ecology! Neo-grüne MarkenstrategienJutta Nachtwey, Judith Mair Hermann Schmidt Mainz, 2008.

5

Ökologie und die Künste Ringvorlesung.Freie Universität Berlin, Sommersemester 2013.

6

Trendbuch 1 – Der erste große deutsche Trendreport Matthias HorxEcon, 1996.

7

TYPO Berlin 2012 »Sustain« Internationale Designkonferenz für Typografie, Grafikdesign, Kultur und Gesellschaftsphäno­meneOnline­Dokumentation auf: http://typotalks.com/de/?p=8602&preview=true

8

Do25.Okt –14.30bis19.30 UhrGertrud NolteGerhard SchweppenhäuserJens MüllerWolfgang UllrichRainer Erlinger

Fr 26.Okt –10.30 bis15UhrChristian BauerRuedi BaurThomas Friedrich

Abschlußdiskussion

in

in ko mmuni kat i o n

ingestaltung

in

Do

Fr Oktober

2625

Do

FrOktober

+26

25

Öffentliche Tagung –

Eintritt frei

Fakultät Gestaltung, FHWS

Forschungsteam

Kommunikationsdesign &

Ethik

w w w . gestaltung.fhws.de/aktivitaeten

Sanderheinrichsleitenweg 20

Hörsaal H.1.5

konz

epti

on&

gest

altu

ng, p

hoto

grap

hie:

bots

chaf

tpr

of.g

ertr

ud n

olte

, wür

zbur

gin

fo@

bots

chaf

tnol

te.d

e20

12

kommunikation

g e s t a l t u n g

Anmeldung und Kontakt:[email protected]

Anmeldung und Kontakt:[email protected]

Ethik und Moral im Kommunika tionsdesignTagung.FH Würzburg, 2012.(noch nicht dokumentiert)

6

masterthesis proposal