Meister der Dämonen

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Dragon - Shne von Atlantis Heft Nr. 50Meister der Dmonenvon Hugh Walker

Whrend Dragon von Atlantis seine Abenteuer und Kmpfe auf Danilas respektive Vestas Welt besteht immer bestrebt, das andere Tor zu finden, das ihm den Rckweg in seine eigene Welt ermglicht , ist in der Zwischenzeit auf der Erde vieles geschehen. Throne wechselten ihren Besitzer, blutige Schlachten wurden geschlagen, und Schicksale von Individuen oder ganzen Vlkern wendeten sich zum Guten oder zum Schlechten.Auch ber Myra und Dragons Thron, den zu halten sich Knigin Amee nach Krften bemht, sind dstere Schatten gefallen.Schuld daran, da es so kam, trgt zweifellos Dragons lange Abwesenheit, bewirkt durch den vernderten Zeitablauf, der aus drei Monaten Aufenthalt auf Vestas Welt drei ganze irdische Jahre macht.Und drei Jahre sind zuviel! Schon vorher beginnt es in Myranien unruhig zu werden. Da Dragon lngst fr tot gehalten wird, bedrngen Freier die Knigin, die sich ihrer nur mit Hilfe des magischen Umhangs erwehren kann, den Dragon vom Namenlosen erhielt und der aus dem Eisland zurckgeholt wurde.Dann aber greift Rachmud, der von Knigin Amee schmhlich abgewiesene Daikan der Heggaren, der seine Rache will, zum letzten Mittel. Er ruft die Mchte der Dunkelheit zu Hilfe und den MEISTER DER DMONEN

Die Hauptpersonen des Romans:El Haleb - Ein Gefangener flieht.Rachmud - Der Daikan der Heggaren lt sich auf ein gewagtes Spiel ein.Orcos - Meister der Dmonen.Partho - Ein sieggewohnter Feldherr erleidet eine Niederlage.Amee - Knigin von Myra.Odul - Eine Kreatur der Dunkelheit.

1.

El Haleb starrte blinzelnd auf die undeutlich erkennbare Gestalt in der Nhe der Tr. Die Fackeln blendeten ihn. Der unheimliche Ankmmling trat ins Licht. Er kmmerte sich nicht um die beiden Gefangenen. Er blickte den unwillkrlich zurckweichenden Daikan der Heggaren zwingend an.Der Meister der Dmonen? stammelte Rachmud.Du hast ganz recht gehrt. Ich bin Orcos, erwiderte der Fremde. Und ich bin hier, um deine Racheplne an Myra zu verwirklichen, fr die du allein zu schwach bist.Aber aber warum wollt Ihr das tun? Rachmud starrte ihn bleich an. Er war verwirrt. Er hatte einen Dmon zu beschwren versucht. Querachol! Ein Unterfangen, vor dem selbst sein Grovater zurckgeschreckt war; sein Grovater, von dem er all die alten Schriften geerbt hatte. Aber statt Querachol war Orcos erschienen, der sich der Meister der Dmonen nannte. Oder war er nur eine andere Art von Dmon ?Auch El Haleb war nicht sicher. Er und der gefesselte Totamas neben ihm waren als Opfer fr den Dmon bestimmt gewesen. Er zerrte an seinen Fesseln, aber verstohlen, um nicht die Aufmerksamkeit dieses Orcos auf sich zu lenken. Der schien sich aber nicht fr die Opfer zu interessieren. Haleb wandte sich zu Totamas um und sah, da auch der Iwarenknig mit seinen Fesseln beschftigt war.Das wirst du erfahren, wenn es mir recht erscheint, antwortete der Unbekannte auf Rachmuds Frage. Im Augenblick mag es dir gengen, da wir beide das gleiche Ziel haben.Orcos war ein groer, schlanker Mann. Es mute einem Beobachter schwerfallen, sein Alter zu schtzen, denn die dunkle Haut seines Gesichts verlieh ihm etwas Dsteres, Zeitloses. Obwohl er lchelte, ging eine Drohung von ihm aus, die Haleb schaudern lie.Rachmud hingegen war blind dafr. Fr ihn zhlte, was dieser Orcos sagte. Er berwand seine anfngliche Furcht rasch.Wie wollt Ihr mir helfen? fragte er mit unverkennbarem Eifer in der Stimme.Mit Hilfe der Geschpfe, ber die ich Meister bin, antwortete der Fremde. Die Dmonen? Orcos nickte. Aber wir werden uns nicht allein auf sie verlassen. Die Menschen sind im Grunde berall ziemlich gleich. Ich wei wohl, wie man sie einschchtert.Das ist gut, stellte Rachmud fest. Ihr werdet finden, da ich keine schlechte Vorarbeit geleistet habe.Das wird sich frh genug herausstellen, winkte Orcos ab.Wie seid Ihr hierhergekommen? fragte Rachmud, den das seltsame Auftauchen des Fremden noch immer ein wenig beunruhigte.Orcos lchelte. Sagen wir, ich war auf dem Weg und wurde unfreiwillig Zeuge deines Mutes und deiner Dummheit Dummheit ? unterbrach ihn Rachmud aufbrausend.Es entbehrte nicht des Mutes, aber auch nicht der Einfalt, mit diesem krglichen Wissen Querachol zu rufen, der einer der grausamsten und unfgsamsten ist. Nicht eines der alten Bannworte hast du richtig gesprochen. Wie sollte Querachol da von deiner Macht berzeugt sein? Aber nun hat dieser Dilettantismus ein Ende. Nun bin ich hier. Haben deine Mnner Zugang zu diesem Turm?Nur die Wachen, erklrte Rachmud.Ab sofort verbietest du es ihnen, befahl Orcos. Meine Anwesenheit soll unbemerkt bleiben.Rachmud nickte.Sind sonst noch Menschen hier?Ja. Einige Gefangene. Die beiden. Er deutete auf Haleb und Totamas. Ein Iware, der zu den beiden gehrt, oben im Verlies, und Und? drngte Orcos, als Rachmud zgerte.Eine Gefangene Wer ist sie?Sie war einst mein Weib. Aber dann begann ihr Blick zu wandern Orcos musterte ihn grinsend. Du meinst, du hast sie in den Kerker geworfen, weil sie dir die Treue brach?Sie war auf dem besten Weg, erwiderte Rachmud unwillig. Sie meinte, sie knne es auf meinem Schlo nicht lnger ertragen. Seit mehreren Jahren beweise ich ihr das Gegenteil. Sie ertrgt es, obwohl es ihr nun wirklich unertrglich sein mte. Niemand auer meinen persnlichen Wachen wei, da sie noch lebt Der Fremde nickte. Ich sehe, du bist kalt genug fr unser Vorhaben. Die Gefangenen mgen in ihren Zellen bleiben. Sie werden vergessen, da sie mich gesehen haben. Wenn ihnen eine Flucht gelingen sollte, werden sie nichts wissen. Ich werde in diesem Turm bleiben. La Gemcher fr mich bereiten. Und la mir Speise und Trank bringen. Ich habe einen weiten Weg hinter mir. Danach will ich zu dir von meinen Plnen reden.Der Daikan der Heggaren ging ihm voran aus dem Raum. Sosehr er Hilfe brauchte, war er doch nicht sicher, ob das die rechte war. Er fhlte sich berrannt.

*

Als sich die Tr hinter den beiden Mnnern geschlossen hatte, begannen Haleb und Totamas wieder an ihren Fesseln zu arbeiten. Die instinktive Furcht vor dem bernatrlichen beflgelte ihre Anstrengungen. Aber Rachmud verstand allem Anschein nach von der Kunst des Fesselns mehr als von der Beschwrung von Dmonen. Schlielich gelang es Haleb, eine der Fackeln zu erreichen. Von da ab ging es peinvoll, aber rasch. Als er die Hnde frei hatte, griff er nach einem Dolch, den Rachmud am Opfertisch bereitgelegt hatte, eine schmale, zweischneidige Klinge mit kunstvoll verziertem Griff. Bevor er dazu kam, seine Fufesseln durchzuschneiden, ging die Tr auf.Es war einer von Rachmuds Leibwachen. Er kam herein, sah den halbbefreiten Haleb und handelte einen Augenblick zu spt. Mit einem erstickten Laut taumelte er zurck und drckte die Tr mit dem Rcken zu. Seine Hnde fuhren an seine Brust und klammerten sich um den Griff des Dolches. Erstaunen und Begreifen spiegelten sich in seinen Zgen, whrend sich seine Hnde von seinem Blut rot frbten. Langsam sank er zusammen, zu kraftlos, den Dolch aus seinem Herzen zu reien.Guter Wurf! bemerkte Totamas anerkennend. Bei den Gttern, beeile dich. Er mag nicht der einzige gewesen sein!Haleb humpelte mhsam mit seinen gefesselten Beinen auf den Toten zu und zog den Dolch aus den verkrampften Hnden. Er wischte ihn ab und schnitt die Fesseln durch. Aufatmend ri er das krumme Schwert aus dem Grtel des Toten. Dann eilte er zu dem Iwarenknig und befreite ihn von den Fesseln. Er reichte ihm die Klinge.Den Dolch behalte ich, sagte er grinsend. Den hat ein Meister geschmiedet. Noch nie lag ein Wurfdolch so gut in meiner Hand.Mag sein. Totamas wog das Schwert bedchtig. Ich ziehe das hier vor. Wohin jetzt?Haleb kaute nachdenklich an seiner Lippe. Wir mssen versuchen, so rasch wie mglich Parthos Lager zu erreichen Ich gehe nicht ohne Piran, stellte Totamas fest.Haleb nickte, als htte er nichts anderes erwartet. Das wird nicht leicht sein. Wir brauchen jemanden, der die Ketten lst den Schmied.Ja, stimmte Totamas zu. Aber wo ihn finden?Ich denke, das werden wir in Erfahrung bringen. Auch wo sich Dajna befindet. Denn ich werde nicht ohne sie gehen. Komm!Sie eilten zur Tr und lauschten. Drauen regte sich nichts.Nehmen wir Fackeln mit? fragte Totamas.Haleb zgerte. Mit Fackeln wrden sie nicht unbemerkt bleiben. Aber vielleicht beachtete man sie auch nicht. Auerdem wrde es verdammt schwer sein, sich ohne Licht in den Korridoren dieses gewaltigen Schlosses zurechtzufinden.Ja, stimmte er schlielich zu. Und die Kleider von dem da. Zieh dich um. Ich sehe nach, ob drauen weitere Posten stehen Diese stinkenden Lappen ? Totamas schttelte sich. Ich werde mich nicht mit dem Ungeziefer der Heggaren Es ist alles das gleiche Ungeziefer, erwiderte Haleb ungehalten.Ohne sich weiter um den Iwaren zu kmmern, ffnete Haleb die Tr einen Spaltbreit. Drauen war alles dunkel. Er schlpfte hinaus und brauchte einen Augenblick, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewhnt hatten.Stimmen kamen von irgendwo her. Die Richtung war nicht festzustellen. Fackelschein war weiter entfernt. Haleb schlich bis zur Wendeltreppe vor. Er sah niemanden. Dann eilte er zurck und sah hinaus auf die Zinnen. Er entdeckte einen Wachtposten in einiger Entfernung.Als er in Rachmuds Gemach zurckkam, hatte sich Totamas umgezogen. Die Leiche war nicht mehr zu entdecken.Fertig?Totamas nickte und verzog das Gesicht. Er reichte Haleb zwei neue Fackeln, die dieser sich in den Grtel steckte. Er selbst nahm eine brennende vom Tisch. Hast du herausgefunden, wo sich die beiden aufhalten?Haleb sah ihn verwundert an. Die beiden? Wen meinst du?Rachmud und den Er stockte, sah Haleb erstaunt an und fgte hilflos hinzu: Den anderen.Haleb schttelte den Kopf. Pltzlich runzelte er die Stirn. Ja der andere aber ich kann mich nicht besinnen Er Er brach ab.Seltsam, murmelte Totamas. Rachmud war nicht allein aber ich bin selbst dessen nicht mehr sicher. Es ist wie ein Traum, aus dem man erwacht, und den man vergit, bevor man sich an ihn zu erinnern vermag Haleb nickte. Er beschwor einen Dmon danach Er schttelte erneut den Kopf. Dann straffte er sich. Jetzt ist nicht der Augenblick, darber nachzugrbeln.Aus den Augenwinkeln sah er eine Bewegung auf dem Altartisch. Er fuhr herum. Totamas! entfuhr es ihm.Der Iware folgte der Richtung seines Blicks. Erstarrt sahen beide ein geisterhaftes Gesicht zwischen den Fackeln, das zu einer wtenden Grimasse verzerrt war. Augen funkelten im unruhigen Licht der Flammen. Die Zge waren nicht genau zu erkennen, aber sie waren nicht menschlich. Etwas Wlfisches starrte ihnen entgegen.Dann verblate die Erscheinung.Was war es ? flsterte Totamas. Querachol, der Dmon?Haleb nickte. Er schttelte sich. Wir mssen aus diesem Teufelsschlo verschwinden.Sie traten auf den Korridor.Du gehst mit der Fackel voran. Wenn jemand kommt, dann wende dein Gesicht ab.Der Iware nickte. Wohin?In den Turm hinab. Dajnas Verlies war tief unten in den Gewlben. Rachmud fhrte mich zu ihr, als ich sein sein Sklave war. Wir kamen an einer Schmiede vorbei.Nach wenigen Schritten erreichten sie die steile Wendeltreppe. Alles war still. Haleb nickte auffordernd.Als sie hinabschritten, vernahmen sie undeutliche Stimmen aus einem Korridor. Doch unangefochten erreichten sie den Grund. Sie hielten an und lauschten.Ist das der Weg? fragte Totamas und deutete auf die schwarze ffnung des Korridors.Haleb zuckte die Achseln. Ich bin nicht sicher. Versuchen wir es.Whrend er, den Dolch wurfbereit in der Rechten, hinter dem Iwaren herschritt, versuchte er sich verzweifelt zu erinnern. Aber sein Kopf war wie ausgeleert. Undeutliche Bilder waren alles, was seine suchenden Gedanken fanden. Er wute, da er Rachmuds Geschpf gewesen war ein Wesen ohne eigenen Krper und eines, das nur eine Triebkraft kannte: Gehorsam. Er wute auch, da er in Myra gewesen war im Auftrag Rachmuds, um Knigin Amee mit einem Liebeswasser fr Rachmud zu entflammen. Und er wute, da es fehlgeschlagen war. Doch er erinnerte sich an keine Einzelheiten mehr. So als htte er all das nicht wirklich erlebt. Wie sollte er auch. Er hatte ein Scheinleben gefhrt, eine magische Art von Leben. Menschliche Dinge hatten ihm nichts bedeutet, und Gefhle waren vergessen gewesen. Sonst htte es niemals geschehen knnen, da er tat, was dieser Teufel Rachmud ihm gebot, und da er der Knigin dies anzutun versuchte. Er schauderte bei dem Gedanken.Aber nun lagen andere Dinge nher. Er versuchte sich verzweifelt zu erinnern, welchen Weg sie zu Dajnas Gefngnis gegangen waren. Doch das einzige, dessen er sich noch entsann, war ihr verzweifeltes Gesicht, das sich ihm unauslschlich eingebrannt hatte, und da es irgendwo tief unten sein mute. Vielleicht in jenem Teil, durch den sie eingedrungen waren.Seltsam! Hatte Totamas nicht zuvor davon gesprochen, da jemand bei Rachmud gewesen war? Er mute sich geirrt haben, denn Haleb konnte sich nicht entsinnen, jemanden gesehen zu haben mit Ausnahme des dmonischen Gesichts ber dem Altar.Der Korridor endete vor ihnen. Eine schwere Eisentr versperrte den weiteren Weg. Aus einem Raum zu ihrer Linken drang flackerndes Licht.Totamas hielt an und sah Haleb fragend an. Man hatte ihr Kommen offenbar noch nicht gehrt.Wachen, flsterte Haleb. Ich nehme an, da es nur wenigen gestattet ist, diesen Turm zu betreten. Rachmud lt sich nicht auf die Finger sehen.Was tun wir?Herausfinden, wie viele es sind, meinte Haleb.Wie?Haleb berlegte. Dann schob er den Dolch in sein Wams. Zieh deinen Helm tiefer ins Gesicht. Vielleicht haben wir Glck. Wenn nicht, bleibt immer noch der Kampf. Ich bin dein Gefangener, den du zur Schmiede bringen sollst, um mir Ketten anzulegen. Befiehl einem der Mnner, voranzugehen.Totamas nickte grinsend und zog seinen Helm tiefer in die Stirn. Dann richtete er seine Klinge auf Halebs Rcken und stapfte mit schweren Schritten zur Tr. Einer der Wachtposten trat aus dem Raum und sah den Ankmmlingen verwundert entgegen. Haleb erkannte sein Gesicht nicht. Die Chancen standen gut, da er auch Totamas nicht erkannte. Mitrauisch wrde er in jedem Fall sein, auch bei einem fremden Gesicht.Aber der Posten hatte mehr Augen fr den Gefangenen als fr Totamas.Wo willst du mit dem hin?Zum Schmied, brummte der Iware. Bist du allein hier?Nein, Tamil ist mit mir auf Posten.Er kommt eine Weile allein zurecht, meinte Totamas bestimmt. Es ist besser, wenn du mitkommst. Der Bursche ist gefhrlich. Geh schon voran.Der zweite Posten gesellte sich zu ihnen. Er erkannte Haleb wieder und wurde ein wenig bla. Schon gut, Kwars, murmelte er hastig. Geh mit ihm. Er schlo hastig das Tor auf, whrend der mit Namen Kwars eine Fackel aus dem Wachraum holte.

*

Sie stiegen eine schier endlose Treppe hinab. Der Posten sah sich mehrmals um. Er fhlte sich nicht wohl mit dem Gefangenen im Rcken. Es war ihm anzusehen, da ihm die Sache nicht gefiel. Ohne Zwischenfall erreichten sie einen Korridor, dann zwei weitere, und schlielich wieder eine Treppe. Haleb versuchte sich den Weg zu merken.Habt ihr nicht auch ein Mdchen hier unten eingekerkert? fragte er nach einer Weile.Stopf ihm das Maul, sagte ihr Fhrer nervs.Ah, la ihn reden, meinte Totamas. Dem armen Teufel steht nichts Gutes bevor. Ich bin kein Unmensch.Du hast ja recht, erwiderte Kwars nach einem Augenblick. Unser Herr kennt wenig Gnade.Ein Mdchen, sagst du? kam Totamas auf Halebs Frage zurck.Wer ist sie? Wie sieht sie aus?Gro und sehnig fr eine Frau. Ihr Haar ist schwarz, ihre Augen scharf, und ihre Haltung die einer Raubkatze. Sie fhrt die Klinge wie die besten Krieger. Es gibt ihresgleichen nicht noch einmal in Myra So meinst du die Katmahzari, die Pheras beinahe den Geraus machte, als er zudringlich wurde. Er grinste. Solch ein Weib zu haben, mag nicht ungefhrlich sein, besonders wenn es Unstimmigkeiten Ja, eine Katmahzari, unterbrach ihn Haleb hastig. Wo ist sie?Die Heftigkeit berraschte Kwars. Er wandte sich Haleb zu und legte seine Hand auf den Griff des Schwertes. Was kmmert es dich?Er kennt sie, lenkte Totamas ein.Kwars entspannte sich sichtlich. Er nickte.Wo ist sie? fragte Haleb erneut und zwang sich zur Ruhe.Der Posten zuckte die Achseln. Sie ist nicht mehr hier, Fremder.Tot? entfuhr es Haleb.Nein. Wir hatten schon ein paar Weiber hier unten Gefangene. Aber nie lange. Unser Herr interessierte sich nicht fr sie. Es scheint fast, als ob er Weiber hat, seit Kyrella tot ist Haleb hatte Mhe, eine erstaunte Bemerkung zurckzuhalten. Offenbar wuten nur ganz wenige, da Rachmuds Gemahlin nicht tot war, sondern seit Jahren im Turm schmachtete.Und uns lt er sie nicht, fuhr Kwars fort. Wir durften keine anfassen. Ein wenig Abwechslung wre nicht bel gewesen, und die eine oder andere htte nichts dagegen gehabt. Die Katmahzari freilich Was geschah mit ihnen? fragte Haleb ungeduldig.Kwesas bekam sie alle, erklrte Kwars freudlos.Kwesas? Wer ist das?Der Sklavenhndler in der Stadt. Er bringt unserem Herrn in Austausch fr sie Kruter und Sfte und allerlei Zauberzeug.Ein Sklavenhndler? wiederholte Haleb. So offen miachtet der Daikan der Heggaren also das myranische Gesetz! Wissen die Heggaren nicht, da der Knig die Sklaverei verboten hat?Das magst du in deiner Zelle berdenken! sagte Totamas schroff. Er hoffte damit, Halebs Aufregung genug zu dmpfen, da er nicht aus seiner Rolle fiel.Kwars brummte zustimmend, und sie setzten schweigend ihren Weg fort. Totamas atmete auf.Sie folgten einem Korridor und einer weiteren Treppe abwrts. Haleb schtzte, da sie nun bereits tief im Innern des Berges waren, auf dem das Schlo stand. Der Weg nach unten wre der einfachste gewesen, und die Flucht aus dem Hhlenausgang nicht minder. Aber sie muten in den Turm zurck, um Piran zu befreien. Und Haleb hatte bereits weitere Plne. Totamas und Piran mochten allein zu Parthos Lager reiten. Haleb wollte zu Kwesas' Haus. Fr eine Katmahzari gab es kein schlimmeres Los, als Sklavin zu sein. Er schwor sich, da Rachmud dafr bezahlen wrde. Aber er wute auch, da Dajna ihn genug liebte, um ihr Leben nicht unvernnftig aufs Spiel zu setzen. Sie war besonnen. Und das Sklavenlos war ihr nichts Neues. Sie hatte es einst freiwillig auf sich genommen, um am myranischen Hof die Plne Knig Zogors auszukundschaften. Die Erinnerung nahm ein wenig des Grimms und der Ungeduld von ihm. Wie gut sie es verstanden hatte, die demtige Sklavin zu spielen! Er ri sich von den Erinnerungen los und tastete nach dem Dolch unter seinem Wams. Es war beruhigend, die Waffe zu fhlen. Das Eisen khlte den Grimm ein wenig. Er mute seine Ungeduld zgeln und einen klaren Kopf behalten.Gleich darauf erreichten sie die Schmiede. Sie war dunkel bis auf schwache Glut im Ofen. Die Gtter mochten wissen, wohin der Rauchschacht fhrte. Die Luft roch erstaunlich frisch und feucht. Sie befanden sich wohl nahe der Auenwand.Der Schmied schlief. Kwars ging, um ihn zu wecken, und die beiden bereiteten sich auf den entscheidenden Augenblick vor. Es dauerte nicht lange. Der Schmied trottete verschlafen hinter Kwars her und beachtete die beiden kaum. Es wird eine Weile dauern, brummte er, bis die Glut hei genug ist. Er machte sich an einer Feuerschale zu schaffen. Fllt euch nichts Besseres ein, als mich mitten in der Nacht zu wecken? Knnt ihr den nicht bis zum Morgen mit Stricken zusammenschnren?La das Feuer, sagte Totamas. Wir brauchen es nicht.Haleb machte einen Schritt auf Kwars zu und hielt ihm den Dolch an die Kehle, whrend der Iware seine Klinge auf den Schmied richtete.Kwars wehrte sich nicht, als Haleb ihm Schwert und Dolch aus dem Grtel zog. Der Schmied wollte nach einer Axt greifen, aber er war noch nicht wach genug. Totamas war rascher. Mit dem Schwert stie er sie beiseite. Der Schmied taumelte zurck.Ist bei dir alles in Ordnung? fragte Totamas, ohne sich umzudrehen.Knnte nicht besser sein, Freund. Sag dem Schmied, was du von ihm willst. Ich werde inzwischen Kwars unschdlich machen.Herr! jammerte Kwars und versuchte sich zu wehren, aber Haleb drckte die Klinge nur fester an seinen Hals.Euer Leben hngt davon ab, wie gefgig der Schmied ist, sagte Haleb.Was wollt ihr? brummte dieser.Im Turm befindet sich ein Gefangener, den du mit mir angeschmiedet hast. Erinnerst du dich? Totamas schob seinen Helm zurck, da der andere sein Gesicht sehen konnte.Der Schmied nickte stumm.Du wirst seine Eisen lsen, fuhr Totamas fort. Und kalt fgte er hinzu: Oder du wirst mit diesem hier Bekanntschaft machen. Er hob sein Schwert ein wenig, um die Drohung zu unterstreichen.Der Schmied schien nicht besonders beeindruckt. Um so mehr Kwars. Pakor, wrgte er hervor, mach keine Dummheiten. Hrst du?Nein, erwiderte der Schmied. Ich wei schon, da du Angst um deinen Hals hast. Ich denke nach.Was gibt es da zu denken? krchzte Kwars.Wenn wir gehen, sagte der Schmied ungerhrt, dann verschnrt diese Jammergestalt gut genug, da sie uns nicht mehr in die Quere kommen kann. Er ist der erste, der uns die Wachen auf den Hals hetzt, um sich bei seinem Herrn beliebt zu machen Was meinst du mit uns? fragte Totamas vorsichtig.Ich werde nicht als Gefangener mit euch gehen, erklrte der Schmied bestimmt.Als was dann?Ich bin nicht blind, sagte Pakor langsam. Ich sehe, wen ich in Eisen lege. Ich sehe, ob es ein groer oder ein kleiner Fisch ist. Und Ihr seid ein groer Fisch. Beide. Ich bin auch nicht taub. In Reghar reden sie von Krieg, und vor den Toren der Stadt lagern myranische Soldaten. Sie warten auf Euch. Er erwartete keine Antwort. Er nickte Haleb zu. Ich habe Euch gesehen, als Ihr das Mdchen besuchtet in ihrer Zelle, an Daikan Rachmuds Seite. Ich sah, was er aus Euch gemacht hatte. Das mag uns alle eines Tages bevorstehen, solange er in seinem Turm diese unheiligen Krfte beschwrt. Es ist Zeit fr mich zu gehen.Pakor! entfuhr es Kwars. Du tust dich mit den Gefangenen des Knigs zusammen ?Der Schmied beachtete ihn gar nicht. Ich bin nicht weniger Gefangener als Ihr. Wir sind es alle in diesem verfluchten Schlo. Und in der Stadt nicht weniger, in der der Knig tausend Augen hat, und tausend heimtckische Klingen, die von der Angst beflgelt sind. Ihr, Herrn, Ihr seht mir aus, als ob es an Eurer Seite einen Weg nach drauen gbe. Und ich will endlich reinere Luft atmen ohne die Fulnis und den Moder und die Verkommenheit, die uns aus diesem Turm regiert.Totamas senkte zgernd die Klinge. Was meinst du, Haleb?Ich teile seine Zuversicht, meinte Haleb grinsend. Aber ich traue ihm nicht. Immerhin hat mir seine Rede gefallen. Wenn seine Taten nur halb so gut sind, haben wir einen brauchbaren Verbndeten. Behalte ihn im Auge, bis ich mit dem hier fertig bin.Was habt Ihr vor ? krchzte Kwars.Zieh dich aus! befahl Haleb barsch.Ausziehen ? jammerte Kwars.Beeile dich. Ich brauche deine Kleider. Wenn ich sie dir ausziehen mu Nein, sagte Kwars hastig und begann sich zu entkleiden, als Haleb ihn loslie. Als er fertig war, und Haleb die Kleider mit dem Fu beiseite schob, bckte sich Kwars pltzlich und griff nach dem Dolch in Halebs Grtel. Er bekam ihn zu fassen und ri ihn an sich, aber er war zu langsam, als er zustach. Die Klinge schlitzte Halebs Wams knapp ber dem Grtel. Der Schwung ri den Wachtposten vorwrts, direkt in Halebs Faust. Lautlos bis auf das knirschende Gerusch des Schlages sackte Kwars zusammen.Rasch schlpfte Haleb in Kwars' Kleider. Sie sahen nun beide wie Palastwachen aus und wrden wenigstens aus der Entfernung keinen Verdacht erregen.Wenig spter war Kwars verschnrt und geknebelt, noch bevor er das Bewutsein wiedererlangte. Der Schmied packte zusammen, was er an Werkzeug brauchte.Gibt es noch Gefangene hier unten? fragte Haleb, als sie den gefesselten Kwars in eine der Zellen sperrten.Nein, antwortete Pakor. Vielleicht in den anderen Trmen. Aber wir haben nicht die Zeit, sie zu durchsuchen.Haleb nickte zustimmend. Bevor dieser Sommer vorber ist, werden wir uns berzeugen.Pakor sah ihn erstaunt an, schwieg jedoch. Totamas hielt dem Schmied nicht lnger die Klinge vor die Nase, lie jedoch kein Auge von ihm. Kwars pltzlicher heimtckischer Angriff war ihm Warnung genug.Der Rckweg ging rasch vonstatten, da sie in dem Schmied einen guten Fhrer hatten. Sie erreichten die Tr. Pakor klopfte, und Temil ffnete. Haleb hielt sich im Schatten hinter Totamas. Es war ziemlich sicher, da Temil ihn auch in der Verkleidung wiedererkannte.Kwars ist in der Schmiede, bis wir zurckkommen. Er bewacht den Gefangenen. Ich hoffe, du hast keine Langeweile.Ich halte es aus. Er redet ohnehin zuviel, erwiderte Temil, ohne die beiden anderen zu beachten. Was macht ihr oben?Wir holen den Gefangenen aus dem Turm. Er soll auch nach unten.Da kriegst du ja Gesellschaft genug, grinste Temil.War ohnehin recht ruhig in den letzten Tagen.Bis auf das Mdchen, meinte Temil.Der Schmied erwiderte das Grinsen. Kwesas wird es nicht leicht mit ihr haben. Ich bezweifle, da er sie verkaufen wird Oh, er hat sie verkauft. An einen Hndler. Der will sie in den Sden bringen. Mehr wei ich auch nicht.Totamas griff nach Halebs Arm und drckte ihn beruhigend. Ist sie noch in der Stadt? fragte er ruhig.Sicher. Oder hast du vergessen, da niemand die Stadt verlassen darf, seit die Soldaten aus Myra da drauen herumlungern. Mag der Teufel wissen, was das alles zu bedeuten hat. Es gibt Schwarzseher, die von Krieg reden, seit die Garnison in Bereitschaft ist. Es heit, da Boten ausgeritten sind, um mehr Soldaten nach Reghar zu holen. Aber keiner wei, was wirklich geschieht. Ist euch selber nichts aufgefallen?Wir waren seit Tagen nicht drauen, brummte der Schmied. Aber genug geschwatzt. Ich will noch ausschlafen heute.Ja, diese Nachtwache macht mir auch wenig Freude. Aber an Schlafen ist bei dem Lrm ohnehin nicht zu denken. Ich htte tausend Alptrume Lrm? fragte der Schmied neugierig.Gerusche Heulen und Wimmern. Es hrt sich an, als wre der Teufel selbst im Turm. Temils Gesicht war bei den Worten wei geworden.Ich habe nichts gehrt, stellte Pakor fest.Bis zu dir dringt das nicht hinab. Aber glaub' mir, ich bilde es mir nicht ein.Das kann noch nicht lange sein, bemerkte Totamas.Stimmt. Es begann vorhin, als Hier ist es wieder !Die anderen zuckten nicht weniger zusammen wie er. Ein Heulen kam dumpf durch die Mauern und hallte gespenstisch im Turm wider. Ein Kreischen folgte, das den Mnnern das Blut in den Adern gefrieren lie.Das sind keine Menschen, flsterte Temil totenbla. Das sind die Geister, die er beschwrt !Der Schmied nickte stumm. Entschlossen setzte er sich in Bewegung. Totamas und Haleb folgten. Bald darauf standen sie im Turm und starrten nach oben.Da haben wir einiges vor uns, brummte der Schmied.Die beiden widersprachen ihm nicht. Als sie auf halber Hhe waren, begannen die grauenvollen Laute erneut. Ein wimmernder Ton kam auseinem Korridor hinter ihnen. Es war kein Wimmern der Qual, vielmehr einer unmenschlichen Wut. Bluliches Licht drang aus den Ritzen einer Tr. Sie hegten keinen Zweifel, da die Gerusche von dort kamen. Aber Haleb wute, da dies nicht Rachmuds Gemach war. Trotz des Grauens beherrschte Haleb eine nur schwer bezhmbare Neugier. Totamas schob ihn ungeduldig die Treppe hinauf.Wenn Piran frei ist, magst du nachsehen, was dort drinnen geschieht. Jetzt ist keine Zeit.Keuchend erreichten sie schlielich die Turmspitze und die verriegelte Tr zur Dachkammer. Piran lag bleich auf dem Stroh. Er fuhr erschrocken zurck, als die Mnner die Tr ffneten. Das Gesicht war angstverzerrt. Erst nach einem Augenblick erkannte er Haleb und seinen Knig. Seine Furcht schwand vollends, als der Schmied sich daranmachte, seine Ketten zu ffnen. Das ging nicht ohne Lrm ab, doch niemand bemerkte es.Vorsicht ist nicht notwendig, drngte Totamas den Schmied. Ich bin sicher, da niemand im Turm ist, der furchtlos genug wre, uns hier zu stren, solange dieses teuflischen Gerusche anhalten.In der Tat behelligte sie niemand, und der Turm war so leer wie zuvor, als sie mit Piran nach unten stiegen. Aus einem Korridor kam ein kaum vernehmbares Schluchzen, gefolgt von einer weiblichen Stimme, die zu beten schien.Haleb gebot den anderen zu warten. Er schlich dem Gerusch nach. Schlielich stand er vor einer Tr. Whrend er auf das Schluchzen lauschte, sprte er, wie der Turm bebte, als stnde er in einer starken Strmung.Die Stimme drinnen wurde lauter. Sie betete wieder. Es gab keinen Zweifel, hinter dieser Tr befand sich eine Frau, und Haleb war es, als htte er diese kraftlose Stimme schon einmal gehrt.Hastig schob er den Riegel zur Seite und stie die Tr auf. Drinnen war es stockdunkel. Der zuckende Fackelschein erfate eine zusammengekauerte Gestalt, die ihn mit weitaufgerissenen Augen anstarrte, als sei er der Leibhaftige selbst.Das strhnige blonde Haar, die erschpften, nun angstverzerrten Zge, das schmutzstarrende Kleid Kyrella, flsterte er. Er trat auf sie zu.Sie kannte ihn nicht, aber der beruhigende Klang seiner Stimme nahm ihr einen Groteil der Angst.Wer seid Ihr?Ich bin El Haleb. Habt keine Furcht. Euer Leid hat nun ein Ende? Haleb, flsterte sie.Knnt Ihr gehen, Kyrella? fragte er drngend.Nur so weit die Ketten reichen.Sie erhob sich und kam ihm einige Schritte entgegen. Ketten klirrten und geboten ihr Halt.Wartet. Ich komme wieder. Er eilte zur Tr.Nein bitte, bleibt! Lat mich nicht allein bitte!Haleb versuchte die Gefhle hinunterzuschlucken, die ihn bei ihrem Anblick bewegten. Er fluchte lautlos auf Rachmud. Er winkte dem Schmied mit der Fackel.Ihr Gtter! entfuhr es Pakor, als er die einstige Knigin von Heggar sah. Er sank vor ihr auf die Knie. Vergebt mir, Herrin, da ich es war, der diese Ketten geschmiedet hat, sagte er mit schwerer Stimme, den Trnen nahe.Sie wollte schamerfllt zurckweichen, aber die klirrenden Ketten lieen sie erstarren. Du hast sie mir nicht angelegt. Pakor, sagte sie stockend.Aber ich werde sie Euch abnehmen, bei den Gttern! Er erhob sich.Du hast den Schlssel? fragte sie hoffnungsvoll.Nein, Herrin. Aber ich habe sie geschmiedet. Ich kenne ihre Schwchen und ihre Strken. Und das hier ist der beste Schlssel. Er hielt Meiel und Hammer hoch. Lat mich sehen.Er befhlte die Ringe an ihren Handgelenken und Kncheln und verfolgte die Ketten bis an die Mauer. Er nickte und setzte den Meiel an.Er wird es hren, flsterte sie angstvoll.Haleb schttelte den Kopf. Nein, Kyrella. Er ist mit seiner Rache an Myra beschftigt, und mit den Geistern, von denen er Hilfe erhofft.Frchtest du sie nicht Haleb?Die Geister? Er zuckte die Achseln. Ich wei nicht. Es rinnt mir eiskalt ber den Rcken, wenn ich diese Laute hre. Aber wenn die Geister wirklich so mchtig wren, wie Rachmud glaubt, dann htten sie sich die Welt lngst Untertan gemacht Nein, unterbrach ihn die Frau heftig. Die Ketten klirrten und brachen unter den Hammerschlgen des Schmiedes. Nein, wiederholte sie. Solange die Menschen gtterfrchtig sind, werden die Geister und Dmonen ihnen nichts anhaben knnen Haleb murmelte sie pltzlich. Ich kannte einen Haleb vor langer Zeit. La mich dein Gesicht sehen.Haleb hielt die Fackel so, da sie ihn sehen konnte.Ja, sagte sie mit vor Freude bebender Stimme, du bist es. Der Sohn Gor Halebs, des Daikans der Siliker. Wirklich, du bist es.Haleb nickte. Ja, ich bin Gor Halebs Sohn, aber seit fnf Sommern trage ich das Amt meines Vaters!Ihr seid frei, verkndete der Schmied triumphierend.Dann wollen wir nicht lnger zgern, drngte Haleb. Er ergriff die taumelnde Frau am Arm und fhrte sie aus ihrer Zelle. Sie erkannte erfreut Totamas wieder.Als die Gruppe die steile Wendeltreppe nach unten stieg, begannen Rachmuds beschworene Geister wieder zu heulen. Der Turm erbebte erneut, und eine unirdische Klte lie die Flchtenden erschauern.In einem der Korridore hielten sie schlielich an, um zu beratschlagen. Haleb schlug vor, da sie sich trennten. Es wre schlielich seine Aufgabe allein, in der Stadt nach Dajna zu suchen. Fr alle anderen wre es einfacher, das Schlo durch den auerhalb der Stadtmauern liegenden Hhleneingang an der Nordwestseite des Gebudes zu verlassen. Dort wrden auch die wenigstens Wachen sein. Auerdem war niemand da, der sie noch aufhalten konnte, wenn sie einmal im Freien waren. Auch der Weg zu Parthos Lager wre von dort aus am einfachsten.Doch sein Vorschlag wurde entschieden abgelehnt. Die Entscheidung fllte Kyrella. Sie wollte nicht heimlich verschwinden. Sie wollte, da man in Reghar sah, da sie noch lebte, und da die Menschen sahen, was Rachmud ihr angetan hatte. Damit entfiel auch fr Totamas und Piran die Verpflichtung, die Knigin sicher nach drauen zu bringen. So bestanden sie darauf, Haleb zu begleiten. Drei Klingen mochten mehr fr Dajna tun als eine wobei allerdings vorerst noch zu bedenken war, da sie nur zwei Schwerter besaen. Fr den Schmied bedeutete es gar keine Entscheidung. Er hatte lngst beschlossen, dorthin zu gehen, wohin Haleb ging. Instinktiv schien er ihm der sicherste Weg in die Freiheit. Zudem hatte er sich noch nie so froh und leicht gefhlt trotz der Gefahren, die noch auf sie lauern mochten, bevor sie Reghar hinter sich hatten. Lange Jahre war er in Diensten eines Knigs gestanden, den er hate, der ihm unheimlich war. Haleb und Totamas aber bewunderte er. Sie waren anders als die Heggaren. Es war etwas von den Reitervlkern des Ostens in ihren Zgen und ihrem Wesen. Sie waren ihm fremder als sein Volk, aber doch nher als sein dmonenbeseelter Knig.Er erwies sich zudem immer wieder als das wertvollste Mitglied der Gruppe, denn er kannte den Weg und wute um die Orte der Wachtposten Bescheid.Als sie ein Seitentor des Schlosses erreichten, das auf den Marktplatz Reghars fhrte, erzitterte ber ihnen erneut der Turm. Aus einer Fensterffnung fiel fahles Licht. Die unheimlichen Laute klangen gedmpft und fern aber um so gespenstischer hallten sie ber die nchtlichen Dcher der Stadt.Der erste Schimmer der Morgendmmerung kroch ber den stlichen Himmel. Es war mehr eine Vorahnung des Lichtes.Es war rot als wollte es von Blut knden.Frei, flsterte Kyrella. Ihr Gtter! Endlich frei !Die brigen empfanden es nicht anders.Wohin? fragte der Schmied.Zuerst zu diesem Sklavenhndler, befahl Haleb. Ich habe den Namen vergessen. Aber er wird ihn nicht mehr brauchen, wenn dieser Besuch zu Ende ist

2.

Rachmud, letzter einer langen Reihe despotischer Knige ber das Heggarenvolk und Daikan des myranischen Reiches, blickte fasziniert auf den Mann, der sich Meister der Dmonen nannte.Es war bereits der dritte Dmon, den er mit leise gemurmelten Worten und beschwrenden Bewegungen herbeiholte. Rachmud, der noch nie einen Dmon von Angesicht zu Angesicht gesehen hatte, war ob der scheulichen Gestalten, die innerhalb des Kreidekreises schemenhaft auftauchten und den Turm mit wtendem Kreischen und Heulen erfllten, tief beeindruckt. Er sprte die unirdischen Krfte, die sie umgaben, die den Turm erbeben lieen, als regte sich die Erde selbst. Er fhlte Furcht, doch berschattet von dem Triumph, da diese Krfte ihm zur Verfgung sein sollten, wenn er es klug genug anstellte. Gleichzeitig war er erpicht darauf, herauszufinden, wie es dem Dmonenmeister gelang, diese mchtigen Wesen in Bann zu halten. Es sah so einfach aus. Aber das tuschte, denn sein Grovater hatte groen Respekt vor ihnen gehabt und in seinen Aufzeichnungen oft davor gewarnt, sie zu rufen.Mit einem Gefhl des Schauders, dem sich selbst seine kalte Seele nicht verschlieen konnte, beobachtete er die reptilhnliche Kreatur, die mit zischelnder Stimme Worte kreischte, die er nicht verstand.Ferathel, sagte Orcos, einer der minderen Dmonen, aber nicht weniger gefhrlich. Er schleuderte ihm ein beschwrendes Wort entgegen, das Rachmud sich verzweifelt einzuprgen versuchte, das aber seinem Geist entschlpfte.Einen Augenblick lang gab der Kreis den Blick in unermeliche Abgrnde frei, in einen schwarzen Schlund, in den zu fallen den sicheren Tod bedeuten mute. Klte strmte in den Raum.Orcos trat an den Rand des Kreises und unterbrach den Kreidestrich mit seinem Fu. Der Abgrund verblate. Der Steinboden schien fast unwirklich, die pltzliche Stille drckend.Ich sehe mit Freude, da du nicht mehr an meiner Macht zweifelst. Das ist gut, denn ich bin es gewohnt, da man mir die Achtung zollt, die mir gebhrt. In meinem Reich weit im Sden dieser Welt bin ich von allen Magiern der oberste und mchtigste. Ich diente nur einem dem mchtigsten der Gtter, dem die Vlker viele Namen gaben, die sie nur flsternd aussprechen Dient Ihr ihm nicht mehr? fragte Rachmud zgernd.Er hat diese Welt verlassen. Aber er hinterlie mir mehr Macht, als alle Magie zu geben vermchte. Sein Name wird nicht sterben Werdet Ihr von dieser Macht Gebrauch machen?Das wird nicht notwendig sein, antwortete Orcos barsch.Rachmud beeilte sich zu nicken.Ich werde in diesem Turm bleiben und dir mit Rat und Tat unter die Arme greifen. Du schweigst darber und fhrst meine Anordnungen genauestens aus. Wenn du es nicht tust, wird es nur zu deinem Schaden sein. Und nun berichte mir, wie deine Lage ist.Zgernd antwortete Rachmud: Sie ist nicht zum besten Das ist mir klar, unterbrach ihn Orcos, sonst httest du dich nicht an Querachol gewagt, ohne gengend Erfahrung zu besitzen. Warum willst du Rache an Myra?Ich will nicht nur Rache, ich will den Thron! erwiderte Rachmud heftig. Knig Dragon ist seit fast drei Sommern verschollen, aber die Knigin ist berzeugt, da er lebt und zurckkehren wird. Und sie hat ein gutes Mittel, sich der Freier zu erwehren einen Mantel, den nur der Knig zu tragen vermag Einen Mantel?Ja. Er ist von einem Feuer erfllt, das es unmglich macht, ihn lnger als einige Stunden zu tragen.Und der Knig vermag es?So wird es behauptet.Kein Schwindel?Es gibt viele Zeugen.Und du hast es auch versucht, nehme ich an?Ja So bist du ein Narr Ich glaubte, ein Mittel zu haben, mir die Knigin gefgig zu machen, ein Wasser, das sie in Liebe zu mir entbrennen lassen mute Einen Trank?Ein Wasser fr die Haut, vom Duft sdlicher Pflanzen. Der Geruch allein erzeugte den ununterdrckbaren Wunsch, es auch zu benutzen. Aber Er brach wtend ab.Es wirkte nicht? fragte Orcos beinahe mitfhlend und nicht ohne Spott.Irgendwie entdeckten sie meinen Plan, wrgte Rachmud hervor. Sie machten mich zum Gesptt des ganzen Hofes. Und sie wollten ber mich zu Gericht sitzen ber mich, den Knig der Heggaren, den grten Magier diesseits des groen Meeres, den Du bertreibst, unterbrach ihn Orcos khl.Seit Zamocs Tod gibt es keinen in Myra, der mir ebenbrtig wre, und ich stehe erst am Beginn.Deine Unvernunft knnte dem rasch ein Ende machen. Du bist zu sehr von dir eingenommen. Heit es nicht auch, da dieser Dragon Zauberkrfte besitzt?Das mag wohl sein, gestand Rachmud zu. Mit der Klinge allein htte er Myra nicht zu erobern vermocht.Du hast keine Angst, da er wiederkehren knnte?Er wre lngst zurck, wenn er knnte. Und seine Macht schwindet mit jedem Tag. Die Mehrzahl der Daikane ist unzufrieden, da das Reich von einer Knigin regiert wird. Es gibt alte myranische Gesetze, die noch nicht vergessen sind. Man mu nur daran erinnern, und ein Reich, das seit Anbeginn die Annehmlichkeiten der Sklaverei geno, erinnert sich gern der alten Gesetze. Dieser Dragon mag anfangs als Befreier empfunden worden sein, aber er beging den Fehler, zuviel zu ndern, so da das Volk sich bald unsicher fhlte. Soll ich Euch sagen, was es am meisten vermit?Orcos nickte.Die Faust. Es gab keinen Knig in Myra, der nicht mit der Faust regiert htte. Nur darum blieb dieses Reich gro und mchtig. Das Reich frchtete nur seinen Knig und vielleicht die Gtter, aber keinen Feind auerhalb seiner Grenzen. Ich werde diese neue Faust sein, die es so lange vermit hat, denn hier in Heggar hat sich nichts verndert. Hier ist mein Wort Gesetz.Orcos lchelte unmerklich. Wie lange noch? Stehen nicht myranische Krieger vor den Toren deiner Stadt. Bereitet sich nicht ein Sturm vor? Du bist zu schwach gewesen, deine Plne zu verwirklichen. Nun werde ich es Er brach ab, als die Tr aufgestoen wurde, und ein Wachtposten mit blassem Gesicht in den Raum strmte. Es war ihm deutlich anzusehen, da er Angst hatte und erwartete, den Teufel selbst in diesem Gemach vorzufinden, aber die Nachricht war ihm wichtig genug, das Wagnis auf sich zu nehmen. Seine Furcht schwand, als er nur den beiden Mnnern gegenberstand.Baus! fuhr Rachmud ihn an. Bist du von den Gttern Herr! unterbrach ihn Baus bittend. Es ist etwas geschehen, das Was ist geschehen?Die Gefangenen sind entflohen, Herr.Was?Alle, Herr. Auch Es bereitete ihm Mhe, es zu sagen, denn selbst er, sein vertrautester Diener, frchtete den Zorn seines Herrn. Auch Kyrella, Herr.Rachmuds Gesicht rtete sich. Seine Stirnadern schwollen an.Orcos sagte: Das ist dein Fehler. Du bist nicht kalt genug. Du lt dich von Gefhlen leiten, statt zu berlegen. Da diese Gefangenen geflohen sind, macht fr unsere Plne keinen Unterschied.Glaubt Ihr? erwiderte Rachmud und beruhigte sich mhsam. Sie wissen von Eurer Anwesenehit, sie wissen alles.Sie wissen nichts, unterbrach ihn Orcos. Ihre Erinnerung an mich wird erloschen sein, bevor diese Nacht zu Ende geht. Auch Baus wird nicht mehr wissen, wen er gesehen hat, wenn er diesen Raum verlt. Sei also unbesorgt. Selbst unter der Folter werden sie nichts ber mich zu berichten wissen. La sie laufen.Sie waren gute Geiseln, widersprach Rachmud.Wir brauchen sie nicht. Hr auf, gegen einzelne zu kmpfen. Das ist Vergeudung von Kraft. Hast du Mnner, denen du vertrauen kannst?Ich habe genug, die mich frchten, erwiderte Rachmud noch immer wtend. Und Furcht ist die beste Fessel!Orcos nickte. Das mag sein. Aber sie wird aus Strke und Unerbittlichkeit geboren. Und du bist auf bestem Wege, dein Gesicht zu verlieren, wenn erst die Gerchte aus Myra den Weg in dein Reich finden. Aber noch ist Zeit, da wir diesen Gerchten zuvorkommen. Mit unseren Gerchten, die nicht weniger offene Ohren finden werden.Rachmud nickte ein wenig enttuscht. Gerchte? Nichts weiter als Gerchte?Orcos schttelte den Kopf. Natrlich werden wir dafr sorgen, da es keine Gerchte bleiben. Taten werden folgen. La ein halbes Dutzend deiner Mnner nach Myra reiten. Sie sollen auskundschaften, welche Plne man dort schmiedet. Und einige mgen vorsichtig ein Gercht streuen, indem sie den Hochmut der Knigin Amee verfluchen und erklren, da groes Unglck ber das myranische Reich hereinbreche, wenn sie weiter gegen die alten Gesetze frevle und mit Teufelsmitteln dem Volk einen rechtmigen Knig vorenthalte. Und la berichten von einer Seuche, die irgendwo im Sden des Landes ausgebrochen sei, und an deren Folgen die Menschen wie die Fliegen sterben Eine Seuche? Sie werden rasch genug herausfinden, da es nicht stimmt Es wird stimmen. Schon in einem Tag werden die ersten Schiffe unsere Prophezeiungen besttigen. Ich habe alles vorbereitet.Rachmud sah ihn bleich an. Eine Seuche! Ihr seid wahnsinnig. Sie wird uns alle hinwegraffen Der Dmonenmeister schttelte den Kopf. Nein. Mit einigem Glck wird sie nicht ber die Berge kommen.Aber die Schiffe werden sie in die Hfen tragen , unterbrach ihn Rachmud, noch immer totenbla.Sei unbesorgt, beruhigte ihn Orcos. Ich wei Mittel und Wege, uns vor ihr zu schtzen. Und es wird nicht die einzige Plage sein, die dieses Land befllt. Das Trinkwasser wird faulen, Vieh wird sterben, und tollwtige Tiere werden ber die Menschen herfallen. Wir werden dieses Land mit Pestilenz vergiften, bis aller Widerstand gebrochen ist.Rachmud war selbst einer, der das Leben wenig achtete, der folterte und mordete, um seine Ziele zu erreichen. Aber das alles erschien ihm nun bedeutungslos im Vergleich zu Orcos Machenschaften. Furcht erfllte ihn vor der Klte in den Augen des Dmonenmeisters, vor der Gefhllosigkeit, mit der er daranging, ganze Stmme auszurotten nicht mit dem Schwert, sondern durch heimtckische Krankheit, Gift und Geschwr.Welche Grnde besa dieser Mann, der ihm mit jedem Augenblick mehr wie ein Dmon schien? Ihn, Rachmud, trieb der Ha, der verletzte Stolz, die Rache. Er wollte die Sptter auf den Knien sehen, oder in ihrem Blut aber nicht verfault auf ihren Totenlagern!Er wollte Amee besitzen und den Thron ein starkes Reich wollte er, nicht eines, das mit dem Tode rang.Aber dann dachte er zitternd, da ihm dies nicht einfach in den Scho fallen wrde, da er die Macht dieses Mannes brauchte. Vielleicht gab es Wege, ihn zu nutzen, ohne solch ein Ausma des Schreckens herbeizufhren. Es lag an ihm, nicht den ganzen Plan auszufhren. Vielleicht wrde man ihn einst sogar den Retter des Reiches nennen. Es war klar, da er seinen eigenen Weg finden mute, da er eigene Plne brauchte. Solcherart betrachtet, sah die Zukunft recht gut aus. Deshalb sagte er:Gut. Ihr habt die Erfahrung, die mir fehlt. Gehen wir ans Werk.Sie beachteten Baus nicht, der sie entsetzt anstarrte. Langsam zog er sich zurck. Er hatte Angst. Er war kein Feigling. Er hatte auch wenig Skrupel. Sonst wre er schwerlich der engste Vertraute eines Knigs geworden, der seine Ziele mit Folter und Blut verwirklichte, wenn einfachere Mittel versagten, einer der ein Leben schonte oder nahm, aus einer Laune heraus es war des Knigs Recht!Aber dieser Fremde war ein Teufel! Ein Wahnsinniger, dem der Sinn danach stand, die Welt zu vernichten.Als er die Tr hinter sich geschlossen hatte und auf dem dunklen Korridor stand, berlegte er fieberhaft. Der Knig hatte den Plnen dieses Orcos zugestimmt. Sicher verfolgte er seine eigenen Ziele, daran zweifelte Balis nicht. Aber mochte es eine Umkehr geben, wenn die Plagen und Seuchen erst einmal ihren Lauf nahmen?Noch war es ein Geheimnis, das nur er kannte. Er mute etwas tun, aber was? Ohne dem Knig die Treue zu brechen!Es gab einen, mit dem er darber sprechen konnte der Stadtkommandant. Vielleicht gab es einen Weg, diesen Orcos aus dem Weg zu rumen.Er eilte den Korridor entlang und erreichte die Wendeltreppe. Es mute bald geschehen!Auf dem Weg nach unten hielt er pltzlich an. Er war verwirrt. Die Furcht, die er eben noch gesprt hatte, war verschwunden wie fortgewischt! Er wute, da sie dagewesen war. Aber warum?Wovor hatte er Angst gehabt?Er schttelte den Kopf.Und verga die Furcht vollkommen.Er zuckte die Achseln und eilte weiter nach unten. Er mute die Wachen einteilen. Der Knig hatte ihm keine Anordnungen gegeben, die die entflohenen Gefangenen betrafen. Das verwunderte ihn ein wenig. Aber er wute aus Erfahrung, da Knig Rachmud wenig Interesse fr andere Dinge hatte, wenn er im Turm seinen magischen Beschwrungen nachging. Und diesmal schienen sie sehr erfolgreich zu sein all dem Heulen nach zu schlieen! Es beunruhigte ihn immer, wenn der Knig damit beschftigt war. Aber weder Gtter noch Dmonen bengstigten ihn ernstlich. Er glaubte an die Macht des Schwertes und des Dolches, und da ein guter Hinterhalt selbst den Tapfersten zu Fall bringen konnte, den Aufrechtesten und Gtterfrchtigsten, eine Meinung, die der Knig mit ihm teilte.Es war wohl das beste, wenn er sich selbst um die Entflohenen kmmerte. Molnar, der Verwachsene, mochte ihm dabei helfen, sie wenigstens im Auge zu behalten, fr den Fall, da der Knig seine Meinung nderte. Es wrde ihnen nicht leicht gelingen, die Stadt zu verlassen. Dafr wrde er auf jeden Fall sorgen.

3.

Die Flchtenden eilten durch die nachtdunklen Straen Reghars. Da war ein kaum merklicher Schimmer am stlichen Horizont, der verkndete, da der Morgen nicht mehr weit war. Pakor, der den Weg am besten kannte, eilte an den Querstraen voraus, um sich zu vergewissern, da sie keiner Soldatenpatrouille in die Arme liefen. Totamas und Piran sttzten die von der langen Gefangenenschaft geschwchte Knigin. Sie trugen sie mehr als sie sie fhrten. Haleb machte den Schlu.Noch schlief die Stadt, und sie konnten sich verhltnismig sicher bewegen. Aber es blieb nicht viel Zeit. Zudem war es eine Frage des Glcks, bis jemand im Palast ihre Flucht bemerkte. Dann wrde es nicht lange dauern, bis die ganze Stadt nach ihnen suchte.Soldaten, zischte der Schmied.Sie drckten sich eng an die Hauswand. Die Schatten waren tief genug, da man sie auf einen flchtigen Blick nicht gewahrte. Gleich darauf sahen sie undeutlich ein Dutzend Gestalten, die mit leisem Scharren der Sandalen und Klirren der Kettenhemden vorberschritten. Sie warteten, bis die Gerusche verklangen.Wie weit ist es noch? fragte Haleb ungeduldig.Wir sind gleich da, flsterte die Knigin erschpft. Habt Geduld, Haleb. Wenn das Mdchen noch in der Stadt ist, wird mein Vater sie ausfindig machen. Sein Einflu vermag mehr, als Euer Schwert knnte, glaubt mir.Haleb nickte, aber ihre Worte vermochten seine Ungeduld nicht zu lindern. Dajna war Sklavin irgendwo in dieser Stadt. Und die Nacht war nicht mehr lang genug, um sie zu finden und zu befreien. Der Schmied hatte recht am Tag konnten sie es so nicht wagen, nicht ohne grndliche Vorbereitung, verwildert wie sie durch die lange Gefangenschaft waren. So blieb nichts anderes brig, als Knigin Kyrella zu ihrem Vater zu begleiten und abzuwarten. Aber das Warten wrde verdammt schwer werden, denn mit jedem Augenblick wurde ihr Aufenthalt in der Stadt gefhrlicher.Kyrellas Vater war ein Heggir, einer der Frsten des Landes, und einer der angesehendsten. Das mochte wohl der ausschlaggebende Grund gewesen sein, weshalb der Knig sie zum Weib nahm.Haleb war nicht sicher, ob der Frst viel Freude an der Rckkehr seiner Tochter haben wrde, mute es doch bedeuten, da er sich gegen den Knig stellte, wenn er sie aufnahm und vor ihm schtzte. Es wre mehr nach Halebs Geschmack gewesen, Dajna im Handstreich zu befreien und aus der Stadt zu verschwinden, statt einen Konflikt heraufzubeschwren, der alles noch schwieriger machte.Aber allein konnte er nichts tun auer sich das Schicksal jener auszumalen, die Hand an Dajna zu legen wagten. Was ihn ein wenig beruhigte, war die Tatsache, da sie sich besser als jede andere Frau in Myra ihrer Haut zu wehren wute.Als sie das palastartige Haus des Heggir erreichten, war der Himmel merklich heller geworden. Weit hinter ihnen hatte jemand an einer Hausmauer eine Fackel entzndet ein erstes Zeichen, da es nicht mehr lange dauern wrde, bis die Stadt erwachte.Auch in dem langgestreckten Haus vor ihnen waren bereits einige der schweren Holzlden geffnet, und aus zwei vergitterten Fensterffnungen zu ebener Erde fiel Lichtschein, aber nicht von Fackeln, sondern von llampen. Vermutlich waren Haussklaven bereits an der Arbeit. Eine hohe Mauer umschlo einen Garten, der sich bis zu den Stadtmauern erstrecken mute. Sein Ende war nicht zu erkennen.Der Schmied besttigte diese Vermutung. Frst Korym besa zudem Wege, die von seinem Haus direkt aus der Stadt fhrten. Kyrellas Worten nach waren es Wege, die nicht einmal der Knig kannte, wohl aber vermutete. Es gab viele Wege unter der Stadt von alten Zeiten her, als vor Hunderten von Sommern balawische Kriegshorden ber das Inselmeer kamen und die Stadt belagerten. Niemand wute viel ber diese Wege. Man sprach von groen Hhlen und Seen unter der Erde. Doch niemand hatte sie ja wirklich gesehen. Nur der Knig und seine Mnner muten sie recht gut kennen, denn manchmal waren sie in der Stadt erschienen, ohne da jemand sie aus dem Schlo reiten sah.Der Schmied pochte am Tor. Gleich darauf nherten sich Schritte. Ein undeutlich erkennbares Gesicht tauchte hinter einer schmalen Luke auf. Dann sagte eine Stimme entsetzt:Bei den Gttern! Die tote Herrin!Relam, rief die Knigin halblaut. Hab keine Furcht. Ich bin keine Tote !So seid Ihr es wirklich! Oh, Ihr Gtter! Er schob den Riegel beiseite und ffnete das Tor. Er war ein lterer Mann im Sklavenkittel mit fast haarlosem Kopf und Trnen in den Augen. Ein jngerer mit einem Dolch stand hinter ihm und musterte die Ankmmlinge wachsam. Er trug einen kostbaren Mantel, durch einen Grtel zusammengerafft. Sein kurzes, dunkles Haar war vom Schlaf zerrauft. Er blinzelte im Glanz der Fackel, die der Alte hochhielt.Schwester, rief er berrascht und tat unsicher einen Schritt auf sie zu.Beryl, schluchzte die Knigin. Sie wollte vorwrts und entglitt den helfenden Hnden Totamas' und Pirans. Aber der Junge fing sie, bevor sie strzen konnte. Wie ist es nur mglich? flsterte er und wollte sie in die Arme nehmen. Er hielt inne, als er der ganzen Fulnis des Kerkers gewahr wurde, des Schmutzes an ihren Kleidern. Aber die Freude schwemmte alles hinweg. Liebevoll hob er sie hoch und trug sie ins Innere des Hauses.Der Alte nickte. Er deutete hinein. Kommt, Ihr Herrn. Ihr habt groes Glck in dieses Haus gebracht. Ihr seht mde aus. Sicher wird mein Herr Euch unter seinem Dach willkommen heien So wecke ihn rasch, Relam, sagte der Schmied, whrend sie eintraten. Wir bringen nicht nur Gutes Euch kenne ich, Herr. Seid Ihr nicht der Schloschmied?Pakor nickte.Whrend der Alte verschwand, erschienen zwei junge Mnner, die sich grend verbeugten und das Tor schlossen und verriegelten. Danach entzndeten sie mehrere Lampen. Wenn er auch nicht rund war, so mutete der Raum an wie Rachmuds Turm. Treppen fhrten ins Obergescho und in die Tiefe. Zur Linken und zur Rechten mndete ein Korridor. Die Wnde waren mit seltsamen Bildern bemalt, deren Einzelheiten jedoch in dem sprlichen Licht nicht zu erkennen waren. Manches sah aus wie Schiffe, anderes wie mchtige Tiere, auf denen Krieger ritten.Zwei Mdchen erschienen, ihren einfachen Kitteln nach zu schlieen, ebenfalls Sklavinnen. Sie lchelten und nickten grend. Auf silbernen Tabletten boten sie Becher mit Wasser an, die die Ankmmlinge dankend leerten. Haleb und Totamas, die nichts mehr gegessen und getrunken hatten, fhlten nun den Hunger und die Schwche mit lhmender Gewalt. Sie wuten nicht, wieviel Zeit verstrichen war, wie lange der Knig mit seinen teuflischen Krften sich ihrer Seelen bedient hatte, wie lange ihre Krper wie tot in den Behltern gelegen hatten, bis er sie wiedererweckte, um sie dem Dmon zu opfern, den er beschwren wollte was ihm auch fast gelungen war. Haleb dachte schaudernd an das gespenstische Gesicht ber dem Altar.Die Anspannungen whrend der Flucht hatten sie ihre Bedrfnisse vergessen lassen. Aber nun fhlte Haleb sich so schwach, da er taumelte. Auch Totamas erging es hnlich. Piran war von allen am besten bei Krften. Er war klug genug gewesen, das wenig appetitliche Essen zu sich zu nehmen, das die Wachen ihm jeden Tag brachten, um gengend Krfte fr die Flucht zu haben.Der Schmied, der keinerlei Hunger versprte, denn er hatte wie immer spt am Abend gegessen, bemerkte den Zustand seiner Begleiter mit Besorgnis. Er zog deshalb eine der Sklavinnen beiseite. Sie verschwand und kam kurz darauf mit einer Schssel wieder, die sie Haleb und Totamas reichte.Whrend die beiden aen, kam der Alte wieder und verkndete, Frst Korym sei bereits wach. Er fhrte sie die Treppe hinauf in einen Empfangsraum, der wohl nicht fr offizielle Besuche gedacht war. Sie lieen sich auf den Kissen und Fellen nieder, und das einzige, das Haleb davon abhielt, sofort einzuschlafen. war der Gedanke an Dajna.Der Himmel war inzwischen hell geworden. Gerusche kamen durch das Fenster. Die Stadt erwachte. Haleb ballte die Fuste. Nun lag ein ganzer Tag vor ihm, an dem er zur Tatenlosigkeit verurteilt war. Aber Pakor hatte recht, es wrde schwer sein, ein solch ausgeprgt stliches Gesicht mit den schrgen Augen, den hohen Backenknochen, wie sie im ganzen myranischen Reich nur die Siliker hatten, so glaubhaft zu maskieren, da niemand Verdacht schpfte besonders, da man bald nach ihnen suchen wrde.

*

Der Heggir war ein beleibter Mann von vielleicht fnfzig Sommern. Er besa lebhafte Augen, die weitgehend verbargen, was er dachte. Er trug einen silberschimmernden Mantel. In einem breiten Tuch, das er als Grtel um die fllige Mitte geschlungen hatte, steckte ein langer, gekrmmter Dolch mit edelsteinbesetztem Griff.Ein Sklave begleitete ihn, den er ungeduldig zur Seite winkte. Er nickte grend. Ihr mt verzeihen, da ich Euch warten lie. Es sind nicht oft solch hohe Gste in meinem Hause. Und die Umstnde sind nicht dazu angetan, kostbare Zeit zu vergeuden. Ich bedaure, da es mir nicht vergnnt ist, sehr glcklich darber zu sein. Ich will offen sein. Ich bewundere Euren edlen Mut, das Weib des Knigs zu entfhren, das dieser bereits vor aller ffentlichkeit begraben hat. Dies mag nicht sehr dankbar klingen. Ihr, der Daikan der Iwaren und der Daikan der Siliker ihr seid in Euren Entscheidungen frei. Aber ich bin nur ein Heggir, ein Diener meines Knigs. Ein vornehmer Diener, gewi, einer, den er schtzt. Er hat mchtigere als mich zerschmettert um weniger als ein Weib !Er winkte besnftigend, als die Mnner ihn anstarrten. Ich bin Euch dankbar, sagte er rasch, da Ihr meine Tochter aus dieser unwrdigen Lage befreit habt aber ein Dolch htte es besser vermocht!Ihr behauptet allen Ernstes, wir hatten sie tten sollen ? rief Totamas. Seid Ihr ?Ein hartes Wort, unterbrach ihn der Heggir. Er seufzte. Erlsen wre das richtige Wort. Oder denkt Ihr, der Knig wird ruhen, bevor er sie gefunden hat nach allem, was sie ber ihn berichten knnte. Er wrde sein Gesicht verlieren. Das ist fr Rachmud etwas Schmerzlicheres als die Niederlage in einer Schlacht. Nein er wird diese Stadt umgraben nach ihr. Stein um Stein. Und hier wird er beginnen So wird sie mit uns gehen, sagte Totamas heftig.Der Heggir lchelte. Das nehme ich dankend an. Es gibt niemanden sonst, dem ich sie anvertrauen knnte. Dafr will ich Euch helfen, die Stadt zu verlassen. Das ist nicht der einzige Grund. Ich denke, da Eure Gefangenschaft zum groen Teil der Anla ist, da myranische Truppen sich vor den Toren Reghars sammeln. Vielleicht gelingt es mir so, einen Bruderkrieg zu verhindern.Haleb blickte auf den Frsten nicht ohne Bewunderung. Er mochte kalt scheinen, aber das war nur die Vernunft, die ihn leitete. Er schien durchaus bereit zu helfen, wenn man ihm einen Weg zeigte.Also sind wir uns einig, wiederholte der Heggir. Ihr nehmt die Knigin mit und bringt sie in Sicherheit. Das ist der Preis fr meine Hilfe.Die Mnner nickten. Alles schien pltzlich einfacher, als sie es gedacht hatten. Nur Haleb schttelte den Kopf.Ich werde die Stadt nicht ohne das Mdchen verlassen Der Heggir nickte. Ach ja, ich verga es. Ihr wollt das Katmahzari-Mdchen befreien, das der Knig zur Sklavin machte. Wenn die Berichte stimmen, so ist sie in den Palast eingedrungen und wurde dabei gefangen. Sie hatte Glck. Es gab viele, die in das Schlo zu gelangen versuchten, um mehr ber des Knigs sorgsam gehtete Zauberknste zu erfahren. Ihre Schdel hingen meist wenige Tage spter vor den Eingangstoren an langen Stangen im Wind, und man konnte sehen, da sie nicht leicht gestorben waren. Eine harte Strafe, gewi, aber eine Strafe ist immer hart.Das mag alles sein, unterbrach ihn Haleb barsch. Ich werde nicht ohne sie gehen !Das gilt auch fr uns, erklrte Totamas fest.Der Heggir nickte mit einem amsierten Lcheln. Kyrella sagte es mir schon. Ist sie wahrhaftig eines Daikans wert? Er winkte ab, als Haleb erwidern wollte. Ich wei, Ihr seht die Frauen nicht mit heggarischen Augen. Ich schtze den Mut, der Mnner zu groen Taten treibt, zu Abenteuern mit der Klinge in der Faust wie Ihr, obwohl Ihr Knige seid, die nur zu befehlen brauchten. Doch, um eines Weibes willen Er schttelte den Kopf. Nach einem Augenblick fuhr er fort: Aber ich wei, andere Sitten, andere Werte Seid unbesorgt, El Haleb, ein Bote ist zu Kwesas unterwegs. Wir werden herausfinden, wo das Mdchen ist. Und wir werden einen Weg finden, sie Euch zurckzugeben und wenn ich sie kaufen mte!Er griff an die Wand und zog an einer Kordel. Ein halbes Dutzend Sklaven erschienen.Wir haben noch etwas Zeit, uns auf alles vorzubereiten. Zeit genug fr ein Bad und ein Mahl, vielleicht sogar fr ein wenig Schlaf. Nehmt meine Sklaven als die Euren

*

Whrend des Bades beobachtete Haleb verstohlen die Sklaven. Die Siliker hatten nie Sklaven besessen, aber ihnen war es natrlich nicht fremd, denn in weiten Gebieten Myras war die Sklaverei selbstverstndlich gewesen, bevor Knig Dragon sie verbot. Aber er hatte sie noch nie in so intimen Bereich um sich gehabt, meist nur zu Festen am myranischen Hof, wo sie Wein brachten, oder tanzten oder den Mnnern willig waren. Er kannte sie aus den Erzminen und von den Galeeren.Diese hier waren anders frhlich, unbeschwert, fast glcklich. Es lag wohl an diesem Haus, an der Art der Behandlung. Haleb fragte sich, ob sie unglcklich wren, wenn sie pltzlich frei wren und ber ihr Leben selbst bestimmen mten. Er ahnte, wie einschneidend Dragons Gesetz war, und da es Generationen dauern mochte, bis sich ein Volk vom alten Herkommen lste.Ein wenig verkrampft sa er jedoch dann, als der Haarschneider sich daran machte, seinen mehrere Tage alten Bart vom Kinn und Hals zu schaben. Nach und nach bewunderte er jedoch das Geschick des Mannes und die Schrfe des Messers.Das Bad nahm die Mdigkeit weitgehend von ihm, und die Aussicht auf das Mahl hatte zudem eine strkende Wirkung. Mehrere Sklaven hatten inzwischen das Haus verlassen. Er fragte sich, ob sie bereits erfahren hatten, wo sich Dajna befand.Das morgendliche Mahl fand in einem achtseitigen, turmhnlichen Gebude statt, in dem sich auch die Kche befand. Der Turm stand halbverdeckt in einem Olivenhain. Vom Speiseraum im obersten Stockwerk hatte man einen guten berblick ber groe Teile der Stadt bis zum Schlo hin. Um die Palast- und Gartenmauern des Heggir waren die Straen noch leer und still, aber in einiger Entfernung herrschte bereits reges Treiben. Das mute die Gegend des Marktplatzes sein, wenn Haleb die Richtung recht in Erinnerung behalten hatte.Die gesamte frstliche Familie erschien nach und nach. Koryms Gemahlin, dunkelhaarig, mollig, um die dreiig Sommer; Beryl, der Sohn, den sie bereits kennengelernt hatten; Niles, Kyrellas jngere Schwester, ein Geschpf mit schwarzen Haaren und dunklen Augen, von dem es schwerfiel, den Blick wieder abzuwenden; und schlielich zwei Knaben, die jngsten und letzten Kinder des Frsten. Sie alle begrten die Besucher freundlich und ernst und mit dankbaren Blicken. Mit Ausnahme der Knaben wuten sie alle Bescheid und schienen wohl unterrichtet ber den Ernst der Lage. Zuletzt erschien Kyrella. Nun war erst zu erkennen, wie schn sie war, trotz der deutlichen Spuren, die der lange Kerker hinterlassen hatte. Vieles davon wrde wieder heilen. Ihr Lcheln war bereits das wirkungsvollste aller Heilmittel.Man a schweigend eine Weisheit der sdlichen Stmme, die besagte, da ein voller Magen den Frieden bringe.Zweimal brachte ein Sklave eine Nachricht fr den Heggir, und Halebs Ungeduld wuchs. Kyrella, die das Mienenspiel ihres Vaters beobachtete, nickte ihm beruhigend zu.Nach dem Mahl zog sich die Gemahlin des Frsten mit Nilea und den beiden Knaben zurck. Die Sklaven rumten die Tafel ab.Wir haben nicht viel Zeit, begann der Heggir, aber das war offenbar nicht so wrtlich zu nehmen, denn er brachte eine Schatulle, die er ffnete und den Mnnern bot. Tabak aus Dan, erklrte er. Haleb lehnte dankend ab. Die brigen, mit Ausnahme Kyrellas, nahmen davon. Ich habe ihn vom gleichen Hndler, fuhr der Frst fort, der Euer Katmahzari-Mdchen gekauft hat.Haleb fuhr auf. Ihr habt sie ausfindig gemacht?Der Frst nickte bedchtig. Kwesas gab meinem Boten diese Auskunft Ist es nicht gefhrlich, warf Totamas ein, wenn Ihr so offen nach ihr fragt?Nein. Der Frst lchelte. Das Interesse an einer Katmahzari-Sklavin ist durchaus nicht ungewhnlich. Im Gegenteil, ich lie Kwesas wissen, wie wenig ich es schtze, da er sie verkauft, ohne sie erst mir anzubieten. Immerhin wei ich nun, wo sie sich befindet, und es ist nur noch eine Sache der Geschicklichkeit, sich ihrer zu bemchtigen ohne da der geringste Verdacht auf mich fllt. Im Augenblick ist einer meiner Boten unterwegs. Ich denke, ich kann den Hndler berzeugen, mir dieses seltene Stck zur Ansicht in den Palast zu senden. Sobald die Nachricht eintrifft, werdet Ihr handeln. Ihr werdet sie entfhren, bevor sie meinen Palast erreicht hat.Gut, entfuhr es Haleb. Endlich handeln. Das war nach seinem Geschmack.So warten wir bis zum Anbruch der Dunkelheit? fragte Totamas.Nein, erwiderte der Heggir. El Haleb und der Schmied werden es tun, sobald der Bote eintrifft. Ihr werdet inzwischen darangehen, Euren Teil der Abmachung zu erfllen. Ich wrde meine Tochter keinem geringeren als einem Knig anvertrauen. Ihr werdet Kyrella aus der Stadt bringen, und verget keinen Augenblick, da sie die Knigin der Heggaren ist Totamas sah Haleb fragend an. Der nickte. Kyrella errtete.Ihr mt verzeihen, sagte Totamas, da meine Loyalitt in diesem Mae dem Daikan der Siliker gilt. Aber Dajna wre wahrscheinlich nicht in dieser Lage, wenn sie nicht versucht htte, uns zu befreien.Der Heggir nickte.Haleb sagte: Frst Korym hat recht. Wir mssen uns trennen. Es wre zu gefhrlich, wrde jemand die Knigin whrend Dajnas Befreiung erkennen. Sie ist in besten Hnden bei dir.Totamas nickte. Wie kommen wir ungesehen aus der Stadt?Durch unterirdische Korridore. Beryl wird Euch fhren. Er kennt sie besser als der Knig. Aber Vorsicht! Leicht wird es nicht sein. Meine Sklaven haben Molnar in der Stadt beobachtet Den Zwerg? fragte Haleb. Aus den Augenwinkeln sah er, da Kyrells totenbla geworden war. Er erinnerte sich selbst gut genug an Rachmuds Liebeszauber, mit dem er die Knigin Molnar zugefhrt hatte.Und er ist nicht allein. Soldaten des Knigs sind bei ihm. Wir werden bald wissen, was er vorhat. Es mag sein, da auch in den Gngen Soldaten sind. Zudem patrouillieren sie auerhalb der Stadtmauern. Es wird nicht leicht sein, ihnen zu entgehen. Erst wenn Ihr das myranische Heerlager erreicht habt, seid Ihr in Sicherheit. Versprecht mir, Kyrella nach Myra zu bringen und bei der Knigin des Reiches fr sie zu bitten.Vater, warf Kyrella ein. Warum lt du diese Mnner nicht allein entscheiden. Haben sie nicht Lohn verdient, statt neuer In Zeiten, wie sie nun bevorstehen, gilt es, gute Sicherheiten zu haben. Leben fr Leben. Ein Wort fr ein Wort Ihr habt mein Wort, Frst, sagte Totamas fest. Ich werde ber sie wachen, als wre sie mein Fleisch und Blut.Frst Korym nickte.Habt Dank, Totamas, sagte Kyrella. Ihr alle, habt Dank. Sie senkte den Blick. Vielleicht geben mir die Gtter eines Tages Gelegenheit, diesen Dank Sie wurde unterbrochen. Der Bote war zurck, den Korym geschickt hatte. Der Hndler war bereit, das Mdchen zu ihm in den Palast zu senden. Aber sie sei unverkuflich.Daraufhin wurden in aller Eile Vorbereitungen getroffen. Mit Essen und Wasser fr mehrere Tage ausgerstet stiegen Totamas und Piran mit Kyrella und Beryl in das Kellergewlbe des Palasts hinab, wo es einen Eingang in die unterirdischen Gnge gab.Einen weiteren gab es in einem stark verfallenen Tempel Jesurs, eines lngst vergessenen Gottes. Der Weg, den die Sklaven des Hndlers nehmen muten, um Dajna in Koryms Palast zu bringen, fhrte nicht weit daran vorbei. Wenn das Mdchen erst im Tempel war, war der wesentliche Schritt gelungen. Es gab nur eine Schwierigkeit, die auch fr Totamas' Gruppe galt. Es gab keine Mglichkeit, Pferde mit hinabzunehmen. Die Flucht mute zu Fu geschehen.Mit Hirtenumhngen angetan, wie sie viele in der Stadt trugen, und deren weie Kapuzen man ber den Kopf ziehen konnte, um sich vor der Glut der Mittagssonne zu schtzen, eilten Haleb und Pakor schlielich mit gesenkten Gesichtern durch die Straen. Sie trugen Schwerter unter den Umhngen, der Schmied zudem Meiel und Hammer, um Dajna befreien zu knnen, wenn sie in Ketten war.Frst Korym hatte gesagt, da sie Hilfe haben wrden bei der Befreiung. Und er hatte ihnen den Weg beschrieben den ber und den unter der Erde.Viele Menschen waren um die heie Mittagszeit nicht auf den Straen, so beachtete sie kaum jemand, als sie auf Jesurs Tempel zueilten.

4.

Partho wartete ungeduldig auf das Eintreffen der Verstrkung aus Myra. Er wartete seit zwei Tagen und bereute es lngst, nicht selbst geritten zu sein. Fiel es der Knigin so schwer, eine eindeutige Entscheidung zu fllen? Dabei war es so wichtig, da sie nun deutlich machte, da in Abwesenheit des Knigs die Macht des Reiches in ihren Hnden lag.Die Macht! Auch Partho hatte lngst erkannt, da Weisheit und Gerechtigkeit nicht gengten, dieses Reich zu regieren. Jetzt war die Stunde gekommen, mit dem Schwert zu beweisen, da Verbrechen in Myra nicht ungestraft blieben.Hatte sie nicht selbst gesehen, was Rachmud aus dem Knig der Iwaren und dem Frsten der Siliker gemacht hatte? Hatten sie es nicht alle vor Augen gehabt? Von Boten, die seine Mnner aus Reghar abgefangen hatten, wute er, da sie die beiden noch immer in Gefangenschaft dieses Teufels befanden. Auch Amee wute es.Warum blieb also der erlsende Befehl, dieses Teufelsschlo zu strmen und in Asche zu legen, noch immer aus?Partho war auch aus einem anderen Grund unruhig. Seit geraumer Zeit fiel ihm auf, da sich unheilige Dinge in einem der Trme ereigneten. Einmal hatte es ausgesehen, als ob der ganze Turm schwankte, whrend bluliches und grnliches Licht aus seinen Fensterffnungen drang. Und ein Heulen war selbst ber diese groe Entfernung zu vernehmen gewesen. Diese seltsamen Lichterscheinungen wiederholten sich immer hufiger und dieses unheimliche Heulen und Kreischen nicht minder.Es beunruhigte Partho vor allem deshalb, weil er nicht wute, welche Krfte Rachmud zur Verfgung standen.Immerhin hatte der Knig der Heggaren auch andere Vorbereitungen zu seiner Verteidigung getroffen. Die Karawansereien am Stadtrand auerhalb der Mauern lagen verlassen. Alle hatten sich in die Mauern zurckgezogen. Zwei Karawanen aus dem Sden hatten die Stadt betreten, doch nicht mehr verlassen. Auer Soldatenpatrouillen kam niemand mehr aus der Stadt. Sie bereiteten sich auf eine Belagerung vor. Freilich warteten sie nicht tatenlos. Parthos Sphern war es gelungen, mehrere Boten abzufangen, die Verstrkung herbeiholen sollten.Partho hatte manchmal das Gefhl, da die Stadt sich gar nicht auf eine Belagerung vorbereitete, sondern da sie Krfte sammelte und lauerte.Die Art der Krfte, die das sein mochten, erfllten Partho mit Unbehagen.Er wute, da seine Krieger den Kampf nicht scheuten, aber Urgoriten wie Myraner waren aberglubisch bis tief in die Seele, und bereits jetzt war der leuchtende Turm etwas, das nur flsternd ber ihre Lippen kam.

*

Dann brachte ein stark geschrumpfter Sphtrupp eine Nachricht, die Partho verwirrte, weil er nicht wute, ob sie mit Rachmuds Machenschaften zusammenhing oder einfach Zufall war.Sieben Mnner des Trupps und alle Pferde waren gestorben, nachdem sie das Wasser einer Wasserstelle einen halben Tagesritt stlich der Stadt getrunken hatten. Sie waren unter furchtbaren Qualen gestorben.Kam das Wasser pltzlich vergiftet aus der Erde?Niemand hatte Reghar in den letzten Tagen verlassen. Die gesamte Mauer stand Tag und Nacht unter Beobachtung.Am Nachmittag desselben Tages kamen die Boten aus Myra zurck. Die Knigin war in keiner beneidenswerten Lage. Gerchte hielten sich hartnckig in der Stadt, da groes Unglck ber das myranische Reich kommen werde, wenn sich die Knigin lnger strube, den alten Gesetzen Genge zu tun. Sie glaubte, da Rachmud hinter den Gerchten stecke. Bis es neue Gerchte gab von einer Seuche, die an der Sdkste ganze Stdte hinwegraffte. Die Daikane waren unruhig. Sie wollten zurck zu ihren Stmmen, um zu retten, was noch zu retten war. Noch gab es keinen, der es mit eigenen Augen gesehen htte, aber Unruhe hatte alle erfat. Man sprach am Hof nur noch von Plagen, die ber das Land kmen, wenn nicht etwas geschhe. Es gab alte Legenden, die von solchen Plagen berichteten, die ber die Menschen kamen, weil sie frevelten. Daran klammerten sich die Menschen nun.Der Mantelprobe wollte sich keiner mehr unterziehen. Sie war ein Teil des Frevels.Obwohl noch kein Gercht sich besttigt hatte, begegneten der Knigin genug anklagende Blicke, die von ihr eine Entscheidung forderten.Und sie traf eine Entscheidung als man einen von Rachmuds Mnnern in der Nhe des Palastes entdeckte mit einem neuen Gercht auf den Lippen: da nmlich das Wasser faulen werde und jeder strbe, der es trinke in allen Brunnen Myras!Da ahnte die Knigin, wer hinter den Gerchten steckte. Sie berief Parthos Kommandanten zu sich und wies sie an, sechs Tausendschaften des Heeres nach Reghar in Bewegung zu setzen, mit Kampf- und Belagerungsmaschinen, um wenn ntig, eine myranische Stadt zu erobern.Bringt mir Rachmud! lautete ihr Befehl.Partho lchelte erleichtert, als er diese Botschaft vernahm. Ihr Kampfgeist war geweckt worden. Nun lag es in seiner Hand. Aber es wrde noch zwei Tage dauern, bis die Truppen mit den schwerflligen Maschinen eintrafen.Am nchsten Tag bekam er Kunde von einem weiteren vergifteten Brunnen und einer Wasserstelle, an der tote Tiere lagen. Er begriff Rachmuds Plan. Den Gerchten sollten Taten folgen, um den Hof einzuschchtern. War die Furcht erst gro genug, brauchte er selbst nichts mehr dazu tun, denn der Rat der Daikane wrde dafr sorgen, da die Knigin den alten Gesetzen gehorchte. Er brauchte lediglich dafr zu sorgen, da er der Erwhlte war etwas, das er schon einmal versucht hatte. Beim nchsten Mal mochte es gelingen.Sie sollte Rachmud haben!Seinen Kopf!Da er nun sicher war, da Rachmuds Mnner die Wasserstellen vergifteten, beschftigte ihn die Frage, wie es mglich war, da sie ungesehen aus der Stadt gelangten. Durch Zauberei?Es schien ihm immer wahrscheinlicher. Der leuchtende, heulende Turm war Beweis genug.Und die Seuche? Gab es sie wirklich? Er schauderte.War Rachmud wahnsinnig genug, das zu wagen? Oder wute er einen Zauber, der mchtig genug war, ihn und die Seinen zu schtzen?Es war nicht Angst, die Partho unruhig auf und ab gehen lie. Es war die Ungewiheit und die Ungeduld.

*

Ich bin nicht sicher, ob es richtig war, murmelte Knigin Amee. Sie lag grbelnd auf ihrem Lager.Die ltere Frau starrte sie mit blicklosen Augen an. Doch, es war recht getan, Amee. Rachmud wird nicht ruhen, bis er dich und seine Rache hat.Ich htte Haleb damals nicht gehen lassen drfen, seufzte die Knigin.Schon um seinetwillen hast du die richtige Entscheidung getroffen, Amee.Die Knigin schttelte den Kopf. Ich glaube nicht, da ich ihn lebend wiedersehe. Ihn und Dajna und Totamas Das mag sein. Aber der Tod ist ein besseres Los als die zauberische Versklavung Maratha, Maratha. Als wir Feuer an ihre untoten Krper legen wollten, hast du uns abgehalten. Wre es nicht damals schon Erlsung fr sie gewesen?Die Blinde nickte. Aber nun bleibt uns keine andere Wahl. Amee.Die Knigin schwieg. Nach einer Weile fragte sie: Leben sie noch. Empfngst du noch etwas, wenn du ein Gesicht hast wie damals ?Maratha schttelte den Kopf. Ich wei es nicht. Etwas Dunkles liegt ber ihnen, das meinen Blick nicht durchlt. Es beunruhigt mich, denn ich spre, da es Rachmuds Krfte sind wie pechschwarze Wolken. Aber dahinter geht etwas vor, etwas, das ich nicht erkennen kann, nicht einmal erahnen. Ich fhle eine Klte, immer wenn mein innerer Blick nahekommt eine Klte wie von alten Krften von jenseits dieser Welt. Ich htte nicht gedacht, da Rachmuds Macht so weit reicht Wie Cnossos? fragte Amee erschrocken.Nein, nicht wie Cnossos. Hab keine Furcht. Rachmud mag sich dieser Krfte bedienen, aber er ist nur ein Mensch, und einer dazu, der von Leidenschaften beherrscht wird.Amee nickte. Werden wir das nicht alle?Als Maratha keine Antwort gab fuhr sie fort: Das Heer mu nun Reghar fast erreicht haben. Partho ist glcklich. Fr ihn ist das Warten zu Ende. Aber mir scheint es, als wrde ich das ganze Leben nur mit Warten zubringen.Warum haderst du mit einem Schicksal, das dir noch kein wirkliches Leid beschert hat? Dir waren Hhen vergnnt wie nur wenigen Auserwhlten. Du mut lernen Maratha brach ab, als Iwa in den Raum kam und die Ankunft eines Boten verkndete. Die Knigin erhob sich und verlie ihr Gemach. Im Vorraum wartete ein Soldat von der Hafenwache. Er war auer Atem vom raschen Lauf. Sein Gesicht war gertet, aber in seinen Augen war Angst.Erhabene Knigin! keuchte er und verbeugte sich tief.Du bringst nichts Gutes, ich sehe es an deinen Augen, sagte die Knigin ruhig. Sag es mir Die Windjger ist eingelaufen. Sie ist ein Schiff aus Marmal. Ein Dreimaster mit Waren aus Ronos und Phelos an Bord Ja? Was ist mit dem Schiff?Die halbe Besatzung ist tot. Die anderen sind schwer krank. Wir lieen das Schiff ankern, aber niemanden von Bord gehen Eine Seuche? fragte Amee tonlos.Ja, erhabene Knigin. Die Mnner sprachen von einer Seuche in Marmal und Deyman. Von Tausenden von Toten Oh, ihr Gtter so sind die Gerchte wahr Der Soldat schwieg.Amee schttelte das Grauen ab, das sie befallen hatte. Lat sie nicht mehr auslaufen und lat kein anderes Schiff in seine Nhe.Ja, erhabene Knigin. Das wurde bereits veranlat.Bringt ihnen Essen und Trinken an Bord, soviel sie brauchen und lat einen Heiler feststellen, welche Krankheit es ist und ob es Rettung gibt,Ja, erhabene Knigin.Wenn nicht wenn sie alle sterben, so verbrennt das Schiff. Und mgen die Gtter uns gndig sein!Ja, mgen sie uns gndig sein, erwiderte der Mann. Er verbeugte sich erneut und verlie den Raum.Amee versuchte, der Klte Herr zu werden, die ihr Inneres wie mit Eis erfllte. Dann straffte sie sich und rief nach den Wachen.Sendet Boten in die Stadt. Die Daikans mgen sofort in den Palast kommen. Der Rat wird noch vor dem Mittag einberufen. Das gleiche gilt fr die Kapitne und Kommandanten der Flotte.Als sie in ihr Gemach zurckkam, sah sie Maratha auf ihrem Lager sitzen. Sie hatte die blinden Augen weit offen.Maratha, flsterte Amee.Die Frau regte sich nicht. Amee setzte sich ihr gegenber auf die Bank und lie kein Auge von ihr. Sie wute, was diese Entrckung bedeutete. Der innere Blick der Seherin, der die Kraft menschlicher Augen bei weitem bertraf, wanderte in die Ferne. Sie sah Dinge, die sie nicht immer zu deuten vermochte, die aber geschahen, in irgendeiner Stadt, in irgend jemandes Haus, in irgend jemandes Seele. Sie vermochte Gefhle so zu sehen wie feste Dinge, und oft konnte sie diesen inneren Blick nach ihrem Willen lenken.Manchmal sprach sie, whrend sie sah, und berichtete im Augenblick des Sehens. Diesmal schwieg sie jedoch. Mehr noch, sie sa verkrampft, mit geballten Fusten. Amee glaubte Angst in ihren weit offenen Augen zu erkennen. Ein leises Wimmern entrang sich den fest aufeinandergepreten Lippen.Hilflos setzte Amee sich an ihre Seite, hin und her gerissen zwischen dem Verlangen, sie aus dem Alptraum zu wecken, in dem sie gefangen schien, und der Furcht, sie aus Bildern herauszureien, die fr Myra wichtig waren.Aber Marathas Wimmern steigerte sich zu gequlten Lauten und schlielich Schreien, die Amee nicht mehr ertrug.Maratha! rief sie von Angst geschttelt. Maratha, wach auf! Sie packte die Seherin an den Armen und schttelte sie. Maratha! schrie sie, da Iwa in das Gemach gerannt kam.Iwa! rief Amee erleichtert. Hilf mir, sie aufzuwecken. Etwas Schreckliches hat sie in der Gewalt!Iwa eilte zu ihr. Gemeinsam hoben sie Maratha an den Armen hoch. Die Seherin setzte unbewut einen Fu vor den anderen. Amees stndiges Rufen und Schtteln vermochte sie jedoch nicht aus ihrer Entrckung zurckzuholen.In den Baderaum, meinte Iwa. Kaltes Wasser wird sie wecken.Sie tauchten ihren Kopf in das kalte Becken, whrend die Wscherinnen mit erstaunten Rufen Platz machten.Maratha kam prustend zu sich.Den Gttern sei Dank! rief Amee. Maratha, bist du wach?Die Seherin sah verstndnislos um sich. Aber nach einem Augenblick kam die Erinnerung. Sie wurde totenbla.Rachmud, sagte sie kaum hrbar. Er ist nicht allein. Jemand ist bei ihm jemand, der groe Macht besitzt, und dessen Gedanken fr uns alle den Tod bringen Maratha! rief Amee erschrocken. Was bedeutet das?Den Tod, wiederholte die Seherin tonlos.Wer, Maratha, drang Amee in sie, wer ist es?Ich konnte ihn nicht sehen. Ich sah nur seinen Geist. Niemand wei, da er hier ist. Er vermag etwas aus den Erinnerungen derer zu nehmen, die ihn sehen. Er benutzt Rachmud Nimm den besten Reiter, Amee, den schnellsten, den du finden kannst. Er soll verhindern, da Partho die Stadt angreift. Er wird auf Krfte stoen, die auch seine Tausendschaften nicht vernichten knnen Aber Maratha, rief Amee verzweifelt, dazu ist es zu spt! Das Heer ist lngst in Reghar, und Partho wird keinen Augenblick versumen anzugreifen!Du mut es versuchen. Er hat keine Chance.Amee prete ihre Faust an die Lippen. Welche Krfte haben sich nur gegen uns verschworen! dachte sie. Aus allen Richtungen des Himmels drohten tdliche Gefahren. Hatte sie wahrhaftig gefrevelt?Nein, sie hatte nur getan, was ihr richtig erschien. Sie hatte nichts getan, um den Zorn der Gtter auf sich zu lenken. Oder waren es Dragons Feinde, die nun zum Schlag ausholten?War Cnossos noch immer nicht besiegt? Nein, nicht Cnossos. Maratha htte ihn erkannt.Sie bi die Zhne zusammen. Zum erstenmal erwachte Trotz in ihr. Noch war sie Knigin. Und jemand wrde herausfinden, da er sie grndlich unterschtzt hatte!Sie lie den Kommandanten der Wache kommen. Wenig spter war ein Bote unterwegs nach Reghar.

5.

Haleb und Pakor erreichten den verfallenen Tempel und hatten wenige Augenblicke spter den Eingang in die Kellergewlbe gefunden. Alles war so, wie der Heggir es angegeben hatte.Niemand schenkte ihnen besondere Aufmerksamkeit. Es war hei, aber diese weien Umhnge, wie sie nicht nur die Hirten, sondern die meisten der Bewohner Reghars trugen, hielten die Glut der Mittagssonne in ertrglichen Grenzen.Sie eilten zwei Straen weiter bis zur Stiege der Gerber, die auf einen der wenigen Hgel der inneren Stadt fhrte. ber diese Stiege mute Dajna kommen.Sie sahen sich verstohlen um. Von der Hilfe, die der Frst erwhnt hatte, war nichts zu erkennen. Lediglich zwei Bettler saen dicht an die Huser gelehnt und musterten sie neugierig.Haleb wurde unruhig, doch er zwang sich zur Ruhe. Von den Bettlern war wohl keine Gefahr zu erwarten.Oder?Jeder in der Stadt mute inzwischen wissen, da myranische Soldaten vor Reghar lagerten und sich auf einen Angriff vorbereiteten.Und er war ein Fremder, der in Verkleidung durch die Stadt schlich! Ein Feind, ohne Zweifel! Grund genug, ihn zur Rechenschaft zu ziehen.Es gab wenig Mglichkeiten, sich zu verstecken. Aber schlielich fanden sie ein offenes Haustor, das in einen verwilderten Hintergarten fhrte. Es sah unbewohnt aus. Abwechselnd starrten sie durch die bis auf einen Spalt geschlossene Tr auf die Strae. Das Warten war Haleb wiederum unertrglich. Korym war sicher gewesen, da sie ber diese Strae kommen muten. Sie war die krzeste Verbindung in diesem Stadtteil.Aber wenn sie nun doch einen anderen Weg nahmen?Haleb wute, da es absurde Gedanken waren aber nicht weniger qulend.Als sie schlielich erschienen, wurde er ganz ruhig. Nun war der Augenblick da. Er winkte den Schmied zu sich. Beide beobachteten jetzt die langsam nher kommende Gruppe.Voran schritten zwei schwarzhutige Sklaven von den Ksten sdlich des Groen Meeres. Sie waren nicht bewaffnet, denn es war Sklaven nicht erlaubt, ffentlich Waffen zu tragen. Aber ihre mchtigen Krper waren Waffe genug. Ihnen folgten ein halbes Dutzend Mnner mit geschorenen Kpfen.Sind das Sklaven? fragte Haleb.Nein, erwiderte der Schmied. Aber auch keine freien Mnner. Sie stehen in jemandes Schuld und arbeiten fr ihn. Sie tragen die Kleider der einfachen Hndler. Sie mssen arbeiten, bis ihre Schuld getilgt ist. Dann sind sie wieder frei.So sind sie Gefangene?Ja, erwiderte der Schmied nach einem Augenblick. Ja, so knnte man es auch nennen. Seht Ihr, sie haben das Mdchen zwischen sich?Haleb nickte. Er hatte Dajna bereits entdeckt. Sie trug ein weies Tuch um ihren Krper geschlungen, das sie vom Kopf bis fast zu den Kncheln bekleidete.Er fluchte leise, als er sah, da sie gefesselt war. Eine krftige Stange verlief quer ber ihre Schultern. An ihr waren mit schmalen eisernen Ringen der Hals und die Handgelenke befestigt.Das sind einfache Eisen, murmelte der Schmied. Es kostet nur einen Augenblick, sie zu ffnen.Freut mich zu hren, knurrte Haleb. Acht Mnner, zwei von ihnen das Doppelte wert. Wir werden Hilfe ntig haben.Mglich, brummte der Schmied. Was tun wir?Wir lassen sie vorbei und folgen, entschied Haleb. Es mu vor Ende dieser Strae geschehen, bevor sie nach rechts abbiegen. Vorwrts!Sie traten aus dem Tor und folgten der Gruppe in knapper Entfernung. Einige der Mnner sahen sich um, entdeckten aber an den beiden nichts Verdchtiges. Auch Dajna blickte sich um. Ihr Gesicht war angespannt. Haleb griff unwillkrlich nach dem Schwert unter seinem Umhang. Dann entdeckte er, da die beiden Bettler auf die Strae humpelten. Er beobachtete es verwundert, denn was mochten Bettler von Sklaven erhoffen?Es war nicht zu erkennen, was sie taten, aber die Gruppe hielt an. Haleb und Pakor beschleunigten ihren Schritt und hielten berrascht inne. Die Bettler waren der Gruppe offenbar entgegengehumpelt, um Schutz zu finden. Wovor, das starrte ihnen aus einem Torbogen mit blutunterlaufenen Augen und Schaum vor dem gefletschten Maul entgegen. Die Bestie machte ein paar Schritte auf die Gruppe zu, und selbst Haleb wich unwillkrlich zurck bei ihrem Anblick.Ein gewaltiger Wolf starrte ihnen entgegen, offenbar kein wildes Tier, denn es trug ein Halsband aus Leder, an dem ein kurzes Stck Riemen baumelte.Aber es war nicht sosehr die Gre des Tieres, die die Menschen zurckweien lie, sondern sein Zustand.Es war tollwtig!Jeder wute, da auch der kleinste Bi tdlich war.Die beiden schwarzen Riesen schoben sich schtzend vor die Gruppe. Waffenlos wie sie waren, hatten sie wenig Aussichten. Sie mochten den Wolf tten, aber das wrde nicht ohne Wunden abgehen.Sie deuteten ihren Begleitern, das Mdchen in sicheren Abstand zu bringen.Aus den Augenwinkeln sah Haleb einen der Bettler winken und erkannte, da es ihm galt. Augenblicklich wurde ihm klar, da dies die versprochene Hilfe war. Sie muten den Augenblick ntzen.Haleb zog das Schwert und sprang auf Dajna zu. Er hrte den Wolf drohend grollen. Das hielt die beiden Schwarzen in gespannter Bewegungslosigkeit. Sie wrden keine Zeit haben, nach den anderen zu sehen.Die Hndler um Dajna begriffen nicht sofort, was geschah. Selbst Dajna strubte sich einen Augenblick, aber sie lief, als er sie mit sich zog. Hinter ihm schwang der Schmied drohend sein Schwert und seinen Hammer, als die Mnner ein Geschrei anstimmten. Einer der Schwarzen wandte sich um und sah Haleb mit der Sklavin fliehen. Mit einem Wutschrei hetzte er hinterher. Da sprang der Wolf mit einem wtenden Knurren. Ein menschlicher Aufschrei folgte, und gleich darauf mehrere Schreie der Wut und des Schmerzes.Dann war Haleb mit Dajna in der Querstrae. Er hielt einen Augenblick inne, um nach Pakor zu sehen.Der Schmied erschien, dicht gefolgt von einem der Schwarzen.Lauft! brllte er. Ich komme nach!Er hielt an und erwartete seinen Verfolger mit der Klinge in der Rechten. Der Schwarze verhielt sich unschlssig. Hinter ihm erklangen neue Schreie und das Grollen der Bestie.Mit einem Wutschrei strzte er sich auf den Schmied, duckte sich unter den Schwerthieb und rammte Pakor mit seinen Schultern zu Boden. Die Klinge fiel klirrend ber die Steine.Haleb lie Dajna los und lief auf die Kmpfenden zu. Der Schmied rollte sich zur Seite und kam taumelnd auf die Beine, halb betubt von dem Sto. Haleb sah pltzlich den Hammer in seiner Rechten. Ein dumpfer Schlag, und der Schwarze lag still.Haleb wandte sich wieder Dajna zu, aber sie war verschwunden. Sie hatte die Gelegenheit zur Flucht genutzt.Dajna! brllte Haleb. Komm zurck! Um der Gtter willen, Dajna!Einen Augenblick regte sich nichts. Der Schmied erreichte ihn fluchend.Nun ist alles aus. Ihr macht die ganze Stadt lebendig Dajna! schrie Haleb unbeirrt.Stimmen drangen aus den Husern. Schritte nherten sich. In den Fensterffnungen erschienen Gesichter.Dajna!Endlich, von weit vorn, ihre Stimme.Haleb!Gleich darauf ein schriller Hilferuf.Haleb raste die Strae entlang. Der Schmied folgte keuchend. Einige Mnner kamen aus einem Haus zur Rechten. Haleb kmmerte sich nicht um sie. Er erreichte die Querstrae und sah das Mdchen vor sich. Zwei Gestalten rangen sie zu Boden. Obwohl sie gefesselt war. hatten sie kein allzu leichtes Spiel. Sie schrie erneut. Als ihre Gegner die beiden mit blanken Waffen heranstrmen sahen, lieen sie von ihr ab und flohen.Haleb! rief sie erleichtert. Ich hab' dich nicht erkannt. Ich Spter, keuchte Haleb. Spar dir den Atem.Er half ihr auf die Beine. Sie liefen die Strae zurck, aber der Weg zum Tempel war versperrt. Mehr als ein Dutzend Mnner standen abwartend auf der Strae, und es sah nicht so aus, als ob sie die beiden Schwerter abschrecken wrden.Hier durch! rief der Schmied und deutete auf einen Hauseingang.Wenn er offen ist, knurrte Haleb, wenig von der Aussicht angetan, in einem Haus in der Falle zu sitzen. Aber der Schmied strmte bereits voran, so blieb ihm nichts weiter brig, als zu folgen und zu hoffen, da der Schmied wute, was er tat. Er kannte die Stadt ja.Das Tor war offen. Haleb zog das Mdchen ins Innere. Pakor schob den Riegel vor.Als sie sich umwandten, starrte ihnen ein junges Mdchen mit schreckgeweiteten Augen entgegen.Hab keine Angst, sagte Haleb schnell, was die Kleine jedoch nur wenig beruhigte.Das Haus hat einen Hof und ein Tor jenseits. Wenn der Weg frei ist dann Sie liefen, noch bevor er zu Ende gesprochen hatte. Ihre Verfolger mochten auf den gleichen Gedanken gekommen sein. Whrend sie ber den gepflegten Hof hasteten, zwischen Schafen und Schweinen durch, tauchten hinter ihnen die Bewohner des Hauses auf, offenbar nicht bereit, die Eindringlinge zu dulden.Der Schmied erreichte das Tor und ruckte einen Moment vergeblich am Riegel. Als sie nach drauen strmten, tauchten die ersten ihrer Verfolger an der Gassenmndung auf.Der Tempel, keuchte Pakor und deutete auf die Mauerreste direkt vor ihnen.Werden sie uns folgen?Nicht weit.Wtendes Rufen ihrer Verfolger begleitete sie, als sie zwischen den verfallenen Mauern verschwanden.Keine Zeit fr die Fackeln, sagte Pakor hastig. Wir mssen im Dunkeln versuchen, einen Unterschlupf zu finden. Spter, wenn die Luft rein ist, knnen wir es wagen, Licht zu machen und diese Eisen zu lsen.Die Dunkelheit war undurchdringlich, selbst nach einiger Zeit, als sich die Augen von der blendenden Helligkeit der Mittagssonne lngst umgestellt haben muten. Sie befanden sich in einem engen, feuchten Korridor, mit dessen rohen Felswnden sie hufiger Bekanntschaft machten, als ihnen lieb war. Hinter ihnen nherte sich der Stimmenlrm der Verfolger. Ein schwacher Lichtschimmer fiel in das undurchdringliche Dunkel, als die Mnner sich daran machten, ebenfalls einzusteigen.Die Flchtenden hielten inne und blickten zurck. Die Stimmen verklangen nach einem Augenblick. Der Lichtschimmer erlosch.Sie haben natrlich keine Fackeln dabei,