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DER MIKROBIOLOGE MITTEILUNGEN DES BERUFSVERBANDES DER ÄRZTE FÜR MIKROBIOLOGIE UND INFEKTIONSEPIDEMIOLOGIE E.V. 15. Jahrgang, Heft 5 Oktober 2005 Seite EDITORIAL ................................................................................................................................................... 165 ÜBERSICHT W. Handrick, H. Müller, G. Menzel, R. Lietz, U.G. Liebert Akute periphere Fazialisparese – eine Übersicht ................................................................................ 166 Iris F. Chaberny Übersicht über die aktuellen MRSA-Screening-Methoden in deutschen Universitätskliniken ....... ... 173 AUS DEM BERUFSVERBAND Neue Mitglieder ............................................................................................................................. ... 204 Das komplette Inhaltsverzeichnis finden Sie auf der nächsten Seite

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DER MIKROBIOLOGE

MITTEILUNGEN DES BERUFSVERBANDES

DER ÄRZTE FÜR MIKROBIOLOGIE UND INFEKTIONSEPIDEMIOLOGIE E.V.

15. Jahrgang, Heft 5 Oktober 2005

Seite EDITORIAL................................................................................................................................................... 165 ÜBERSICHT

W. Handrick, H. Müller, G. Menzel, R. Lietz, U.G. Liebert Akute periphere Fazialisparese – eine Übersicht ................................................................................ 166

Iris F. Chaberny Übersicht über die aktuellen MRSA-Screening-Methoden in deutschen Universitätskliniken....... ... 173

AUS DEM BERUFSVERBAND

Neue Mitglieder ............................................................................................................................. ... 204

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INHALTSVERZEICHNIS EDITORIAL................................................................................................................................................. 165 ÜBERSICHT W. Handrick, H. Müller, G. Menzel, R. Lietz, U.G. Liebert Akute periphere Fazialisparese – eine Übersicht ........................................................................................ 166 Iris F. Chaberny Übersicht über die aktuellen MRSA-Screening-Methoden in deutschen Universitätskliniken .................. 173 EMPFEHLUNG Axel Kola, Frauke Mattner, Udo Reischl, Ralf-Peter Vonberg, Klaus Weist, Constanze Wendt, Wolfgang Witte, Stefan Ziesing, Sebastian Suerbaum, Petra Gastmeier Workshop zum MRSA-Screening am 25.05.05 in Hannover..................................................................... 175 Jens Jarke Chronisch infiziertes Personal: HBV-, HCV-, HIV (MRSA) ..................................................................... 183 DIAGNOSTIK Michael Kresken, Dieter Hafner, Jost Winnemöller Interpretation der Testergebnisse mit Fosfomycin im Agar-Diffusionstest ................................................ 191 UEMS Werner Bär Die Europäische Union der Fachärzte (UEMS): Struktur und Aufgaben ................................................... 199 BUCHBESPRECHUNGEN.................................................................................. 171, 172, 182, 190, 198, 202 FORTBILDUNGSVERANSTALTUNGEN ...................................................................................................... 203 AUS DEM BERUFSVERBAND Neue Mitglieder .......................................................................................................................................... 204 LITERATURSPLITTER............................................................................................................. .............. 204 BEZUGSQUELLEN ...................................................................................................................................... 204 TAGUNGSKALENDER ..................................................................................................dritte Umschlagseite IMPRESSUM ..................................................................................................................... dritte Umschlagseite

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MIKROBIOLOGE 15.Jg. 2005 165

EDITORIAL

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die gerade zurückliegende DGHM-Tagung war ein guter Kongress, insbesondere die gemeinsame Veranstaltung mit der VAAM war eine wirkliche Bereicherung. Allein die Durchsicht der Poster ergab eindrucksvolle Einblicke in die unendliche Vielfalt der Mikrobiologie, die mir als medizinischen Mik-robiologen zum Teil eine völlig fremde Welt offenbarte. Eine „für uns“ sehr wichtige Veranstaltung war die Sitzung der Qualitätssicherungskommission unter der Leitung von Herrn Brade. Auf besonde-res Interesse stieß dabei die Präsentation von Herrn Suerbaum, der ab nächstem Jahr in Nachfolge von Herrn Schaal die Organisation für den bakteriologischen Ringversuch übernehmen wird. Herr Suer-baum kündigte eine gewisse Umorientierung in Richtung vermehrter Praxisrelevanz und auch in Hin-blick auf die Befundinterpretation an. Ich glaube, ich darf ihm im Namen aller Mitglieder eine glückli-che Hand und viel Erfolg bei dieser schwierigen Aufgabe wünschen. Gleichzeitig gilt unser Dank Herrn Schaal, der diese Tätigkeit lange Jahre mit großem Engagement durchgeführt hat und uns auch mit seinem Spezialgebiet der Aktinomyzeten und Nocardien gar manches Mal eine harte Nuss zu kna-cken gab.

Erfreulich war in Göttingen auch zu erkennen, dass sich die DGHM nach 2 sehr turbulenten Jahren langsam wieder in ruhigerem Fahrwasser bewegt und die nach außen unauffällige und wohldurchdach-te Vorstandsarbeit zu einer offensichtlichen Konsolidierungsphase geführt hat. Dies ist für uns im Be-rufsverband außerordentlich wichtig, da wir auf eine starke wissenschaftliche Gesellschaft als unver-zichtbarer Partner angewiesen sind. Dies gilt umso mehr, als unser Fachgebiet derzeit manch harten Strauß auszufechten hat. Sei dies bei der Anerkennung der infektiologischen Kompetenz vieler Kolle-gen in Praxis und Klinik, sei dies durch „feindliche“ Übernahme originär mikrobiologisch-diagnostischer Leistungen durch andere Fachgebiete (z.B. so genannte molekular-pathologische Un-tersuchungen) oder schlussendlich durch die Ablehnung der Notwendigkeit einer – mindestens – ärzt-lichen, ganz zu schweigen einer fachärztlichen Leitung eines Labors, wie dies durch die Bundesärzte-(sic!!!)- kammer in der neuen RiLiBÄK vorgesehen ist!

Bei all diesen Punkten würden wir alleine, ohne eine starke DGHM, ein recht hilfloses Häufchen sein, dem man leicht nur eigennützige pekuniäre Interessen unterstellen würde. Deshalb bin ich persönlich sehr froh, dass durch die enge Verbindung der Vorstände von DGHM und BÄMI über kurze Kommu-nikationswege die Abstimmung unproblematisch und zu beiderseitigem Nutzen erfolgt.

Bei der Vorstandssitzung, die ebenfalls in Göttingen anberaumt war, wurde dann auch die gemeinsame Strategie für die Besprechung bei der Bundesärztekammer zur neuen RiLiBÄK festgelegt, ebenso wurden die letzten Überarbeitungen zur Weiterentwicklung der GOÄ besprochen. Ein wichtiger Punkt betraf die Planung für die Frühjahrstagung in Potsdam, und wir werden bis zum Erscheinen des nächs-ten Heftes im Dezember Ihnen hoffentlich ein interessantes Programmangebot vorstellen können.

Mit besten kollegialen Grüssen, Ihr

H. K. Geiss

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166 MIKROBIOLOGE 15.Jg. 2005

ÜBERSICHT

Akute periphere Fazialisparese – eine Übersicht

W. Handrick 1, H. Müller 2, G. Menzel 3, R. Lietz 4, U.G. Liebert 5 1 Institut für Medizinische Diagnostik, Berlin 2 Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde des Universitätsklinikums Leipzig, A.ö.R., 3 Institut für Medizinische Diagnostik, Greifswald, 4 Kinderklinik des Kreiskrankenhauses Greiz 5 Institut für Virologie der Universität Leipzig

Zusammenfassung

Die akute periphere Fazialisparese ist ein polyätiologi-sches Syndrom.

Überwiegend handelt es sich um eine prognostisch günsti-ge sog. idiopathische Fazialisparese. Aber hinter dieser Symptomatik kann sich auch einmal eine schwere Krank-heit verbergen, die ein rasches Eingreifen erfordert.

In der vorliegenden Übersicht werden die wichtigsten Aspekte der Ätiopathogenese, klinischen Symptomatik, Diagnostik und Therapie der akuten peripheren Fazialispa-rese abgehandelt und auf modernere Publikationen zu dieser Thematik hingewiesen.

Schlüsselwörter:

Fazialisparese, Ätiologie, Diagnostik, Therapie

Abkürzungen

Ak = Antikörper B. = Borrelia CMV = Cytomegalie-Virus EBV = Epstein-Barr-Virus Fp. = Fazialisparese H. = Herpes HPV-B19 = humanes Parvovirus B 19 HR-CT = High Resolution Computertomographie HSV = Herpes simplex-Virus IVIG = intravenöses Immunglobulin G LP = Lumbalpunktion M. = Mycoplasma Mb. = Morbus N. = Nervus VZV = Varicella-Zoster-Virus

Acute peripheral facial nerve palsy – a review

Summay

The acute peripheral facial nerve palsy has numerous etiologies. The most common type is the idiopathic facial paralysis, which has a good prognosis.

But facial nerve palsy may be a manifestation of a severe disease, requiring an urgent diagnostic work-up.

This paper is an overview of etiology, pathogenesis, clinical symptoms, diagnostics and therapy of the acute peripheral facial nerve palsy and a review of the newer literature.

Key words:

facial nerve palsy, etiology, diagnostics, therapy

Die akute periphere Fazialisparese kann durch verschiede-ne pathogenetische Mechanismen ausgelöst werden. An der Diagnostik und Therapie dieser Krankheit sind Ärzte verschiedener medizinischer Disziplinen beteiligt (HNO-Ärzte, Neurologen, Infektiologen, Bakteriologen, Virolo-gen, Radiologen, Onkologen, Laborärzte). Deren (mög-lichst) gute Zusammenarbeit ist für die Prognose der Er-krankung im Einzelfall sehr wichtig, da sich hinter dieser Symptomatik neben der häufigen und prognostisch güns-tigen idiopathischen Fazialisparese auch einmal eine schwere Krankheit verbergen kann, die möglichst frühzei-tig erkannt und behandelt werden sollte.

Bei den folgenden Ausführungen handelt es sich um eine kurze Übersicht der wichtigsten diagnostischen und thera-peutischen Aspekte der akuten peripheren Fazialisparese.

1. Definitionen

● Die akute periphere Fazialisparese ist eine polyäti-ologisch ausgelöste komplette oder inkomplette ein- oder beidseitig auftretende motorische und sensible Neuropathie der vom 7. Hirnnerven inner-vierten Gesichts- und Halsmuskulatur sowie senso-risch der Geschmacksqualitäten der Zunge auf der betroffenen Seite. Darüber hinaus ist eine Beein-trächtigung der Tränensekretion sowie des Hör-vermögens im Sinne einer Hyperakusis bei erlo-schenem Stapediusreflex zu verzeichnen.

● Bell´sche Lähmung: darunter verstehen die meisten Untersucher eine akute isolierte einseitige periphe-re Fazialislähmung unbekannter Ätiologie (idio-pathische Fp.).

● Ramsay-Hunt-Syndrom: hierbei handelt es sich um eine Fazialislähmung im Rahmen eines Zoster oti-cus bzw. eines H. zoster im Bereich mehrerer Hirnnerven.

2. Epidemiologie

● Die Inzidenz der Fp. liegt bei 20 – 40 Fällen pro 100.000 Einwohner jährlich (6, 45),

● in manchen Serien zeigte sich bei Kindern eine Fall-

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MIKROBIOLOGE 15.Jg. 2005 167

häufung in den Sommermonaten (Borrelien!) (35),

● Frauen im fertilen Alter erkranken deutlich häufi-ger als Männer gleichen Alters, Schwangere häufi-ger als Nichtschwangere (18, 20, 46, 64).

3. Ätiopathogenese

Eine Fp. kann durch verschiedene pathogenetische Mechanismen ausgelöst werden. Aber nicht in jedem Fall gelingt es, die Ätiologie zu klären (s. 3.6.). Im Folgenden genannte pathogenetische Mechanismen kommen dabei in Betracht.

3.1. Infektionen (5-15%)

3.1.1. Infektionsmechanismus

● Primärinfektion ─ direkter Effekt der Infektion, ─ postinfektiöse Neuropathie (infektallergisch?),

● Reaktivierung einer latenten Infektion (z. B. HSV, VZV), ausgelöst z. B. durch Trauma oder Stress (6, 10, 29, 31).

3.1.2. Virusinfektionen

Nicht selten hatten die Patienten 2 - 3 Wochen vor Beginn der Fp. eine Virusinfektion bzw. Hinweise auf eine Reaktivierung einer latenten Virusinfektion.

Die wichtigsten viralen Erreger von Infektionen, die mit einer Fp. einhergehen können, sind:

● VZV (H.zoster) ─ die typischen Bläschen können fehlen („zoster

sine herpete“) bzw. sie erscheinen erst einige Tage nach Beginn der Fp., was zur Fehldiagno-se „idiopathische Fp.“ führen kann (30, 31, 50),

● HSV-1 ─ zweitwichtigster viraler Erreger einer Fp. (nach

VZV),

● weitere, meist seltene bzw. sehr seltene virale Ver-ursacher einer Fp.

─ EBV, CMV, HPV-B19, HIV, Enteroviren, Mumps-, Masern-, Rötelnvirus, Adeno- und In-fluenza-Viren (3, 25, 34, 38, 44, 48, 68)

3.1.3. Bakterielle Infektionen

Zu den Erregern bakterieller Infektionen, die mit einer Fp. einhergehen können, zählen:

● Erreger von akuter Otitis media, Mastoiditis, Cho-lesteatom (ein Cholesteatom bedeutet eine hohe Gefährdung des. N. facialis in seinem tympanalen Anteil) (2, 28, 36, 38, 51, 66, 72)

● Erreger dentogener Infektionen,

● Meningitiserreger- bzw. Sepsis-Erreger (19),

● B. burgdorferi (11, 23, 33, 35, 69) ─ in 20 - 40 % aller Fälle von peripherer Fp. bei

Kindern sind Borrelien die Ursache, ─ in ca. 5 - 15 % aller Borreliose-Erkrankungen

kommt es zu einer Fp.,

─ bei 30 - 60 % der Patienten mit einer ZNS-Borreliose kommt es zu einer Fp.,

─ eine Borrelien-bedingte Fp. manifestiert sich in etwa 30 % beidseitig,

● sehr seltene Erreger: Leptospiren (63), M. pneu-moniae (26, 53), Bartonella henselae (70), Rickett-sien (8) (z. B. Mittelmeerregion)

3.2. Nicht-infektiöse entzündliche Erkrankungen

(seltene bis sehr seltene Ursachen einer Fp.)

● Kawasaki-Syndrom (7, 13),

● systemischer Lupus erythematodes (9),

● entzündlicher Pseudotumor des N. facialis (71),

● Sarkoidose (39), meist beidseitig,

● Mb. Still (47),

● Amyloidose (60).

3.3. Neoplasien (5 - 15 %)

● Parotis-Tumoren,

● Neurinom (N. facialis, N. statoacusticus), Klein-hirn-Brückenwinkel-Tumor,

● Meningiom,

● Rhabdomyosarkom (Mittelohr),

● Mb. Paget,

● Leukämie (2, 14, 36),

● Metastasen anderer Neoplasien

3.4. Traumata (10 - 20 %)

● Geburtstrauma (z. B. Zangengeburt),

● Schädeltrauma bzw. –fraktur (z. B. Felsenbein-längs- oder -querfraktur) (65),

● operative Eingriffe am Ohr oder an der Parotis kön-nen zu einer direkten mechanischen Schädigung des Nerven führen und somit für eine periphere Fazia-lisparese verantwortlich sein; darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass postoperativ durch Ödeme, Wundsekret oder Hämatome ein Druck auf den Nerven ausgeübt wird, so dass eine Fazialisparese entsteht (so genannte Spätparese, gute Prognose); evtl. handelt es sich hier um eine durch den opera-tiven Eingriff getriggerte HSV-Reaktivierung (10, 27); auch nach zahnmedizinischen Eingriffen kann es, offenbar durch den selben Mechanismus, zu ei-ner Fp., z. B. durch Reaktivierung einer latenten VZV-Infektion, kommen (31, 67),

● Barotrauma (z. B. Tauchen, Fliegen) (5).

3.5. Sonstige Ursachen einer Fazialisparese

● Schwangerschaft (18, 20, 32, 46, 62, 64), ─ Schwangere sind offenbar für eine Fp. beson-

ders disponiert, ─ meist betrifft die Fp. Frauen im dritten

Schwangerschaftsdrittel bzw. im Wochenbett, ─ in manchen Fällen ist die Fp. beidseitig,

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─ bei den betroffenen Frauen findet sich häufiger eine Hypertonie bzw. Präeklampsie als bei Schwangeren ohne Fp.; die Fp. wird daher mit der Schwangerschaftshypertonie und der da-durch bedingten vermehrten extrazellulären Flüssigkeit assoziiert (62, 64),

● Hyperthyreoidismus,

● Diabetes mellitus, Hochdruck (58) Hypertriglyze-ridämie, Hyperlipoproteinämie (43),

● infantile kortikale Hyperostose (Caffey-Silverman-Syndrom) (15)

─ sehr seltene Ursache einer Fp.,

● Hämophilie (56) ─ Blutung ins Mittelohr bzw. in den N. facialis-

Kanal,

● familiäre rekurrente Fazialisparese (12, 16, 17) ─ manchmal assoziiert mit einem Melkersson-

Rosenthal-Syndrom (orofaziale Granulomatose),

● Cyclosporin-Nebenwirkung (52).

3.6. Fp. mit ungeklärter Ätiologie (idiopathische Fp. = Bell´sche Lähmung)

● In 30 – 70 % aller Fp.-Fälle gelingt es nicht, die Ätiologie zu klären (je nach Umfang und Qualität der Diagnostik in der jeweiligen Studie, im Mittel etwa 50 %),

● wahrscheinlich handelt es sich meist um Virusin-fektionen bzw. Reaktivierungen (z. B. durch VZV oder HSV) ohne sonstige hinweisende klinische Symptome (30).

4. Klinische Symptome und Befunde

● Allgemeine Aspekte ─ Die klinische Symptomatik wird bestimmt von

der anatomischen Lokalisation und dem Aus-maß der Schädigung des N. facialis,

─ binnen Stunden bzw. eines Tages kommt es zu einer partiellen bzw. kompletten einseitigen Fp., eine beidseitige Fp. ist selten (6, 9, 11, 14, 26, 28, 39, 41,46, 51, 69),

─ neben der verminderten Mund- und Augenlid-motorik (bis zum Ausfall der gesamten mimi-schen Muskulatur) können auftreten: Hypera-kusis, Geschmacksstörungen, verminderter Tränen- und Speichelfluss (21),

● Fazialisparese bei H. zoster ─ in 50 - 60 % der Fälle von Zoster oticus, ─ Zostereffloreszenzen im äußeren Gehörgang

oder am Trommelfell, ─ starke Schmerzen im bzw. am Ohr, ─ in manchen Fällen fehlen die hinweisenden

Bläschen („zoster sine herpete“) oder sie treten erst einige Tage nach Beginn der Fp. auf, bei diesen Patienten wird daher die Fp. oft zu-nächst als idiopathisch eingeordnet (50),

─ Hörstörungen, Tinnitus und Schwindelzustände (Beteiligung des 8. Hirnnerven) sowie Blä-schen im Bereich der Mundschleimhaut sowie Geschmacksstörungen können auftreten,

● Fazialisparese bei Melkersson-Rosenthal-Syndrom (=familiäre periphere Fp.) (12, 17)

rekurrente Episoden, die außer mit einer periphe-ren Fp. einhergehen mit

─ Schwellung von Lippen und Gesicht, ─ Lingua plicata, ─ Cheilitis

5. Diagnostik

● Es ist außerordentlich wichtig, möglichst schnell festzustellen, ob die Fp. eine Ursache hat, die ein sofortiges Eingreifen erfordert (z. B. Tumor, Leu-kämie, Blutung, Otitis, Mastoiditis),

● dem dienen Anamnese, klinische Untersuchungen, bildgebende Diagnostik und verschiedene Labor- bzw. Funktionstests

5.1. Klinische Diagnostik

● Ausführliche Anamnese: wichtige Fragen sind z. B. ─ Zeckenstich bzw. Erythema migrans? ─ Infekt der obere Luftwege? Otitis media? ─ Trauma? Tauchen? ─ Operative Eingriffe? Zahnbehandlungen? ─ Schwangerschaft? ─ Fp.-Fälle in der Familie?

● Gründliche klinische Untersuchung Der Patient mit einer peripheren Fazialisparese sollte

immer auch durch einen HNO-Arzt (komplette Ohr-diagnostik, z. B. Trommelfellbefund, Stapediusrefle-xe) und/oder Neurologen (klinisch-topische Diagnos-tik) untersucht werden.

Wird der Patient einem Augenarzt vorgestellt und findet dieser eine Uveitis, kann dies ein Hinweis auf eine Borreliose oder Sarkoidose (39) sein.

5.2. Paraklinische Diagnostik

● Allgemeine Labordiagnostik bei Fp.: ─ Blutbild, ─ CRP, ─ BSR,

● bildgebende Diagnostik (je nach Situation): ─ MRT (53, 58), z. B. wichtig zur Diagnostik von

Veränderungen im Bereich des Hirnstamms, ─ HR-CT (59), z. B. bei Patienten mit Trauma-

Anamnese bzw. Verdacht auf Störungen im Bereich der Knochen,

─ Sonographie, z. B. Parotis-Sonographie zum Ausschluss eines Parotis-Tumors

─ Röntgen (Lunge), z. B. bei Verdacht auf Sar-koidose,

● Liquor-Diagnostik (40): ─ die Meinungen zur Durchführung einer LP bei

Fp.-Patienten sind nicht einheitlich, ─ bei der idiopathischen Fp. ist ein pathologi-

scher Liquor-Befund kaum zu erwarten, ─ bei Verdacht auf eine Borreliose ist die LP

indiziert (Pleozytose? Borrelien-Ak?); trotz „leerer Anamnese“ (kein Zeckenstich, kein E-rythema migrans) oder fehlender Pleozytose kann es sich um eine Borreliose handeln,

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● neurophysiologische Untersuchungen: z. B. Au-diogramm, Vestibulogramm, Schirmertest, Stape-diusreflexe, EMG, ENG (58).

5.3. Stellung der Diagnose „idiopathische Fp.“

Diese Diagnose darf erst gestellt werden, wenn alle wichtigen Ursachen einer Fp. ausgeschlossen werden konnten.

5.4. Diagnostik von Fazialisparesen bestimmter Ätiologie

Je nach Verdachtsdiagnose empfiehlt sich die Ent-nahme bzw. Asservierung von 2 – 3 Serumproben (bei Erstvorstellung sowie nach 2 und 8 Wochen).

● Borreliose (23, 33, 35) ─ für eine kausale Rolle der Borreliose sprechen: > hinweisende Expositionsfaktoren, > vorausgegangenes Erythema migrans (bzw.

ähnliche Symptomatik), insbesondere im Kopf-Hals-Bereich (ZNS-Symptomatik 2-11 Wochen nach Zeckenstich),

> beidseitige Fazialisparese, > weitere auf eine Borreliose hinweisende

Befunde (Herz, Gelenke), > Nachweis von Borrelien-Ak im Serum, > Nachweis von Borrelien-Ak im Liquor

(IgM), > Pleozytose und/oder Proteinerhöhung im

Liquor, ─ der Nachweis von Borrelien-IgG-Ak im Serum

bei normalen Liquorwerten ist kein Beweis für eine Borrelien-assoziierte Fp.,

● VZV-Infektion bzw. –Reaktivierung (30) ─ bei etwa 25 % der Patienten findet sich im

Liquor eine Pleozytose und/oder ein positiver Ak-Nachweis,

─ manche Fälle von VZV-Reaktivierung lassen sich nur mittels PCR erfassen (es kommt in diesen Fällen zu keiner Ak-Antwort!) (31, 50),

● HSV-Infektion bzw. –Reaktivierung ─ die HSV-PCR hat sich als nützliche diagnosti-

sche Methode erwiesen (29), ─ AK-Bestimmung im Serum-Liquor-Paar (spe-

zifischer AK-Index),

● ggf. Ak-Nachweise im Serum bzw. im Serum und Liquor (Ak-Index) gegen weitere Viren (s. 3.1.2.) bzw. Bakterien (s. 3.1.3.).

6. Therapie

6.1. Therapie der idiopathischen Fp. (37, 42, 55)

● Die Meinungen zur Therapie der idiopathischen Fp. sind kontrovers,

● Erfahrungen zeigen, dass sich eine Fazialisparese in ca. 80% der Fälle innerhalb der ersten Woche spontan zurückbildet; Paresen, die über einen Zeit-raum von 7 Tagen unverändert fortbestehen bzw. in ihrer Ausprägung zunehmen, haben eine ausge-sprochen ungünstige Prognose,

● aus diesem Grund und in Anbetracht neuerer Er-kenntnisse zur möglichen Virusgenese der idio-

pathischen Fp. wird eine Frühtherapie mit Virosta-tikum und Prednison diskutiert, erste Studiener-gebnisse stützen diese Meinung (1, 4),

● eine chirurgische Dekompression nach Trauma ist in aller Regel nur bei einer Sofortparese zwingend indiziert; bei einer Spätparese sind alle konservati-ven Möglichkeiten auszuschöpfen,

● die Meinungen zur Osmotherapie sind nicht ein-heitlich,

● auf eine Physiotherapie sollte nicht verzichtet wer-den: Übungsbehandlung mit aktiver mimischer In-nervation und Gesichtsmassagen sind sinnvoll, Reizstromtherapie sollte vermieden werden, da schnell Kontrakturen entstehen.

6.2. Therapie der Fp. bei geklärter Ätiologie

● Bei einer Fp. durch VZV wird eine möglichst früh-zeitige Therapie mit Aciclovir evtl. kombiniert mit einem Steroid, empfohlen,

● bei einer Fp. durch HSV empfiehlt sich eine The-rapie mit Aciclovir (6),

● bei einer Fp. im Rahmen eines Kawasaki-Syndroms wirkt sich die IVIG-Therapie offenbar auch günstig auf den Verlauf der Fp. aus,

● gezielte Therapie der ursächlichen bakteriellen Infektion (Otitis, Mastoiditis, Borreliose),

● Fazialisparesen im Zusammenhang mit chroni-schen Otitiden bzw. einer Mastoitidis bedürfen immer der operativen Sanierung des betreffenden Ohres.

6.3. Symptomatische Maßnahmen (je nach Situation)

● Analgetika,

● Schutz des Auges bei inkomplettem Lidschluss (61),

● psychologische Unterstützung

7. Prognose

● Die idiopathische Fp. hat insgesamt eine gute Prognose, es kommt in der Regel zu einer komplet-ten Heilung,

● ist dies nicht der Fall, sollte die Diagnose „idio-pathische Fp.“ angezweifelt und überprüft werden,

● die Prognose des Ramsay-Hunt-Syndroms ist nicht so gut, sie wird verbessert durch eine frühzeitig be-gonnene Therapie mit Aciclovir und Prednisolon.

8. Rekurrente Fazialisparese

● Bei 2-9 % der Patienten mit Fp. kommt es zu ei-nem Rezidiv bzw. Rezidiven (12, 17, 24, 73),

● mögliche Ursachen u. a. ─ familiäre rekurrente Fazialisparese bzw. Mel-

kersson-Rosenthal-Syndrom (12, 16, 17), ─ Hypertriglyzeridämie / Hyperlipoproteinämie

(43).

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Korrespondenz-Adresse:

Prof. Dr. W. Handrick Institut für Medizinische Diagnostik Berlin Labor Dr. Schmidt & Kollegen Nicolaistraße 22 12247 Berlin Tel.: (030) 77001465 Fax: (030) 77001332 e-mail: [email protected]

BUCHBESPRECHUNGEN

Infektionen der Knochen und Gelenke in Traumatologie und Onkologie Gunther O. Hoffmann, Halle. 274 Seiten, 80 schwarz-weiße und 80 farbige Abbildungen, gebunden. Elsevier GmbH – Urban + Fischer Verlag, München – Jena, 1. Auflage, 2004. ISBN 3-437-23400-5. Euro 82,00. „In den Bauch, da darfst du spucken, aufs Gelenk nicht einmal gucken!“ Diese Worte seines alten, leider bereits schon verstorbenen Chirurgielehrers sind dem Rezensenten noch wohl geläufig und beziehen sich selbstverständlich auf das hohe Infektionsrisiko des skelettären Systems. Somit stellen Infektionen des Knochensystems und der Gelenke sowie deren Folgen unverändert gefürchtete Komplikations-faktoren und schwerwiegende Erkrankungen zum Beispiel in der Traumatologie und Orthopädie, sowie auch in vielen weiteren operativen Disziplinen dar. Trotz signifikanter Fortschritte, beispielsweise in Diagnostik und Therapie, ist ihre Behandlung nach wie vor individuell eine immense ärztliche Herausforde-rung aufs Neue. Dieser Thematik widmet sich das hier besprochene Buch in hervorragender Weise, wobei jedoch bewusst auf „hyperakade-mische Formulierungen“ und wissenschaftliches „Pseudo-Gehabe“ verzichtet worden ist, um Plakativität und Transparenz in diesem komplexen Fachgebiet an erste Stelle zu stellen und

somit Leitfäden und Anhalte für die ärztliche Praxis zu geben, die verstanden werden und auch real umsetzbar sind. Das Buch ist in 15 Hauptthemen untergliedert. Zur detaillierteren Information des Lesers findet sich der Inhalt des hier besproche-nen Buches im Folgenden aufgelistet: Geschichte der Behandlung von Infektionen an Knochen und Gelenken (Antike, Mittelalter, Neuzeit); Pathophysiologische Grundlagen (Lokale Wirtsfaktoren, Systemische Wirtsfaktoren, Keimfaktoren, Implantatfaktoren); Prophylaxe von Infektionen (Präoperative Phase, Intraoperative Phase, Postoperative Phase, Prophylaxe durch Antibiotika, Empfehlungen zur Prophylaxe von postoperativen Infektionen der Centers for Disease Control – CDC, Dokumentation und Statistik); Akute postoperative Osteitis (Häufigkeit und Bedeutung, Diagnostik, Therapie, Prävention, Komplikationen); Chronische Osteitis (Ursachen und Häufigkeit, Einteilung, Diagnose, Therapie, Prävention, Komplikationen); Gelenkinfektionen (Einteilung, Häufigkeit und Ursachen, Diagnostik, Therapie, Prävention, Komplikatio-nen, Ausblick); Endoprotheseninfektionen (Einteilung, Häu-figkeit und Ursachen, Diagnostik, Therapie, Prävention); Spina-le und paraspinale Infektionen (Spondylitis und Spondylodis-zitis, Spinale und paraspinale Infektionen, Prognose); Hämatogene Osteomyelitis (Akute hämatogene Osteomyelitis, Primär chronische hämatogene Osteomyelitis); Oberflächliche und tiefe Weichgewebsinfektionen (Oberflächliche Weichge-websinfektionen, Nekrotisierende tiefe Weichgewebsinfektio-

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172 MIKROBIOLOGE 15.Jg. 2005

nen, Infektionen der Muskulatur); Operatives Management in der septischen Chirurgie (Vorbereitung zur Operation, Trans-port – Einschleusung – Ausschleusung, Vorbereitungen im Operationssaal, Operative Technik, Postoperatives Manage-ment); Knochenersatzmaterial (Grundlagen, Autologe Trans-plantate, Allogene Transplantate, Autologe Implantate, Allogene Imolantate, Xenogene Implantate, Alloplastische Implantate, Antiinfektiöse Oberflächen); Chemotherapeutika und Antibio-tika (Erregervorkommen und Resistenzsituation, Systemische Antibiotikatherapie, Lokale Antibiotikatherapie, Lokale Chemo-therapie - Taurolin); Spezialfall multiresistente Keime (Defini-tionen, Häufigkeit und Verbreitung, Bedeutung, Resistenz, Identifikation von mehrfachresistenten Keimen, Hygienemaß-nahmen bei MRSA, Therapie, Prävention); Begutachtung der Osteitis (Einleitung, Kausalität, Krankheitsbild und Folgeschä-den, Gutachterliche Untersuchung, Spezialuntersuchungen, Zusatzbegutachtungen, Wertung, Schlussfolgerung, Anhang: Einschätzungsempfehlungen); Sachregister. Mediziner, insbesondere Traumatologen und Orthopäden, finden somit in dem vorliegenden Buch alle Facetten der Problematik detailliert behandelt, von der Prophylaxe über die Diagnostik und Therapie bis hin zur Begutachtung. Der Autor vermittelt damit „state-of-the-art“-Informationen, die auf die speziellen klinischen Bedürfnisse exzellent fokussiert sind. Dabei bleiben selbstverständlich auch „heikle“ Aspekte wie beispielsweise neue Implantate, MRSA-Infektionen u.s.w. nicht vorne vor. Ebenso ausführlich behandelt sind akute, postoperative und chronische Osteitiden, Gelenkinfektionen per se, Endoprothese-ninfektionen, spinale / paraspinale Infektionen, Infektionen der umgebenden Weichteile, operatives Managementstrategien, antibiotische Chemotherapie und „Knochenersatzmittel“. Da der Autor/Herausgeber an jedem Kapitel mitgewirkt hat, ist eine große Homogenität dieses Buches zu vermerken. Hervorra-gendes klinisches Bildmaterial, teilweise in schwarzweiß, teil-weise farbig, wird präsentiert. Hervorragend sind auch die ge-schickt ausgewählten Verweise zur internationalen Primärlitera-tur, die absolut „up-to-date“ sind. Zusammenfassend ein gelungenes Buch, dass die Behandlung von Infektionen der Knochen, Gelenke und anhängenden Weich-teile sowie deren Folgen vor dem Hintergrund einer „straight-forward“, rationalen und rationellen Strategie und Vorgehens-weise im ärztlichen Arbeitsalltag darstellt. Es richtet sich an einen breiten ärztlich, klinisch tätigen Leserkreis und besticht zudem – auch neben den teilweise aufwendigen, hervorragenden, plakativen Abbildungen – durch seine exzellente Aufmachung. Der Rezensent findet es als begrüßenswert, dass zu einer doch derart scharf umrissenen Thematik für den deutschen Sprach-raum ein deutschsprachiges Buch aufgelegt wurde. Auch der Preis dieses Buches ist als absolut gerechtfertigt anzusehen. Zum Schluss noch zum Autor. Herr Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Gunther O. Hofmann ist Direktor der Klinik für Unfall- Hand- und Wiederherstellungschirurgie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena sowie ärztlicher Direktor der Berufsgenossen-schaftlichen Kliniken Bergmannstrost in Halle. Herzlichen Glückwunsch zu diesem gelungenen Buch!

A. Schmidt, Witten/Herdecke

Von der Idee zur Publikation Eine Anleitung zum erfolgreichen wissenschaftlichen Arbeiten herausgegeben von Edmund Neugebauer, Wolf Mutschler und Lutz Claes. XII + 153 Seiten, 40 Abbildungen, gebunden. Georg Thieme Verlag, Stuttgart – New York, 2004. ISBN 3-13-131031-6. Euro 69,95. Dieses Buch ist sicher von vielen sehnlichst erwartet worden, denn gerade bei Medizinstudenten und jungen Ärzten sind in der Regel keine Kenntnisse des wissenschaftlichen Bearbeitens von Fragestellungen vorhanden, weil diese während des Studiums nicht vermittelt wurden. Nach allgemeinen Hinweisen zur Be-nutzung des Buches wird im Vorwort auf den insgesamt unbe-friedigenden Leistungsstand der klinischen Forschung in Deutschland hingewiesen. So sollen allen Neulingen in der Forschung und auch den Erfahrenen Hilfen zur Umsetzung von Ideen bis zur Publikation gegeben werden. Das Buch ist entstan-den aus der Durchführung von Kursen für den wissenschaftli-chen Nachwuchs, die bei Jahreskongressen der Deutschen Ge-sellschaft für Chirurgie und Unfallchirurgie sowie der Sektion Chirurgische Forschung abgehalten worden waren. Die Autoren (drei Herausgeber und sieben weitere Autoren) sind in der klini-schen und experimentellen Forschung tätig. Das Buch gliedert sich wie folgt: 1 Projektplanung .(S. 1-14) mit den Abschnitten 1.1 Einführung in die Projektplanung, 1.2 Von Ideen und wissenschaftlichem Denken, 1.3 Von der Idee zur Umsetzung, 2 Projektskizze (S. 15-48) mit den Abschnitten 2.1 Erstellung einer Projektskizze für experimentelle Studien, 2.2 Erstellung einer Projektskizze für klinische Studien, 2.3 Systematische Literaturrecherche, 2.4 Systematische Literaturbewertung, 2.5 Statistische Überlegun-gen bei der Studienplanung, 2.6 Beispiele für Projektskizzen, 2.6.1 Biomechanische Studie: „Untersuchung zur Primärstabili-tät eines Hüftgelenkendoprothesenschaftes unter Belastung“, 2.6.2 Zell- und molekularbiologische Versuche: „Veränderung der Telomeraseaktivität und Telomerlänge in adulten Stammzel-len“, 2.6.3 Tierexperimentelle Studie: „Untersuchung des additi-ven Effektes einer peripheren Verletzung auf die Ganzkörperent-zündungsreaktion am Rattenmodell in Kombination mit einem Schädel-Hirn-Trauma“, 2.6.4 Klinische Studie: „Onlay- vs. Sublay-Technik zur Therapie der vorderen Bauchwandhernie – eine randomisierte kontrollierte Studie“, 3 Projektantrag (S. 49-74) mit den Abschnitten. 3.1 Zeit-, Personal- und Finanzpla-nung, 3.2 Tierversuchsantrag, 3.3 Ethikantrag, 3.4 Einwerben von Drittmitteln, 3.5 Drittmittelantrag, Kooperationen und Be-gutachtung, 4 Projektdurchführung . (S. 75-105) mit den Ab-schnitten 4.1 Verwaltungsaufgaben im Projekt, 4.2 Einstellung von Mitarbeitern, 4.3 Mitarbeiterführung, 4.4 Projektpläne, 4.5 Arbeits- und Prüfanweisung, 4.6 Fortführung der begonnenen Beispiele, 4.6.1 Arbeits- und Prüfanweisung einer Biomechani-schen Studie, 4.6.2 Zell- und molekularbiologische Versuche, 4.6.3 Arbeits- und Prüfanweisung einer tierexperimentellen Studie, 4.6.4 Erstellung eines Projektplans für klinische Studien, 5 Projektauswertung (S. 106-125) mit den Abschnitten 5.1 Da-tenerfassung und Beschreibung, 5.2 Grafische Darstellung, 5.3 Statistische Analysen, 6 Projektabschluss und Publikation (S. 126- 148) mit den Abschnitten.6.1 Abschlussbericht, 6.2 Vor-trag, 6.3 Poster, 6.4 Publikation und dem Sachverzeichnis. Aus dieser ausführlich dargestellten Gliederung geht schon hervor, dass die Autoren wirklich jede Stufe des wissenschaftlichen Arbeitens unter die Lupe genommen haben. Sehr instruktiv sind die angeführten Beispiele klinischer und experimenteller Projek-te. So findet man in diesem Buch eine Fülle von äußerst nützli-chen und praktisch anwendbaren Ratschlägen, die jeder wissen-schaftlich arbeitende Mediziner unbedingt beachten sollte. Die einzelnen Abschnitte sind lebendig und verständlich geschrie-ben. Abbildungen und Tabellen sind instruktiv und informativ. Die Angaben zu weiterführender Literatur sind sinnvoll. Ausstat-tung, Druck und Papier sind von gewohnt guter Qualität. So kann dieses Werk wirklich uneingeschränkt allen wissenschaft-lich Arbeitenden, seien sie am Anfang oder in der Mitte ihrer Laufbahn, als täglicher Ratgeber empfohlen werden. Auch jedem Doktoranden sollte dringend geraten werden, vor Beginn seiner Arbeiten dieses Buch gründlich durchzuarbeiten. Der Preis allerdings erscheint relativ hoch. Es ist zu hoffen, dass dadurch die erwünschte weite Verbreitung nicht behindert wird.

F.- B. Spencker, Leipzig

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MIKROBIOLOGE 15.Jg. 2005 173

ÜBERSICHT

Übersicht über die aktuellen MRSA-Screening-Methoden in deutschen Universitätskliniken

Iris F. Chaberny Arbeitsbereich Krankenhaushygiene, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene Medizinische Hochschule Hannover In einer kürzlich veröffentlichten Studie von Tiemersma et al. konnte gezeigt werden, dass Deutschland europaweit den höchsten MRSA-Anstieg zu verzeichnen hat.1 Ange-sichts dieses dramatischen Ausmaßes stellt das Screening bei Patientenaufnahme eine wichtige Präventionsmaß-nahme dar, das inzwischen in vielen deutschen Kranken-häusern etabliert ist. Von 73 Krankenhäusern, die bei MRSA-KISS 2004 teilgenommen haben, wenden 46 (63%) ein Screeningverfahren an, 12 Krankenhäuser (16%) verzichten auf jegliches MRSA-Screening und 15 Krankenhäuser (21%) haben keine Angaben gemacht.2

Welche Vorgehensweisen und diagnostische Methoden in Deutschland am gängigsten sind, wurde mit Hilfe einer Umfrage per Email durchgeführt. Hierbei waren vor allen Dingen die Teilnehmer des etablierten Forums zu kran-kenhaushygienischen Fragestellungen als auch die mikro-biologischen Institute der deutschen Universitätskliniken die Ansprechpartner.3 Von den angeschriebenen 34 Uni-versitätskliniken haben 33 (97%) geantwortet, und es konnten 36 verschiedene Vorgehensweisen beim MRSA-Screening ausgewertet werden. Diese letztgenannte höhere Zahl resultiert aus unterschiedlichen Vorgehensweisen in einzelnen Häusern, z.B. gibt es Unterscheidungen zwi-schen diagnostischen Verfahren für die intern in der eige-nen Universitätsklinik angewendeten versus für andere extern betreute Kliniken oder Unterscheidungen zwischen der Diagnostik in der Krankenhaushygiene und der Mik-robiologie. Bei der Frage: „Wer wird gescreent?“ gaben 20 (56%) Universitätskliniken an, Patienten bei Aufnahme

auf Intensivstationen zu screenen. Ein Screening der Risi-kopatienten entsprechend der RKI-Empfehlung wird in 21 (58%) Universitätskliniken durchgeführt, sowie in 5 (14%) teilweise.4 Ein generelles Screening aller Patienten wird in einem Universitätsklinikum (3%) auf sämtlichen chirurgischen Stationen angewendet und 3 (8%) Universi-tätskliniken haben gar kein Screening eingeführt. Eine Untersuchung auf MRSA vor elektiven operativen Ein-griffen wird in 5 (14%) Universitätskliniken und bei 7 (19%) teilweise durchgeführt. Als elektive Operationen wurden dermato- und kardiochirurgische Eingriffe, Trans-plantationen und allgemeinchirurgische Eingriffe angege-ben.

Die Antworten zum Abstrichort für das Screening werden in der Tabelle 1 dargestellt. Neben dem obligaten Nasen-abstrich wird oft auch der Rachen mit erfasst. In 3 (9%) Universitätskliniken wird ein Rachenabstrich nur gele-gentlich durchgeführt (z.B. nur bei Patienten mit Zahnpro-thesen). Als zusätzliche Abstrichorte (*) dienen u.a. Ein-trittsstellen von Kathetern, Sonden und Drainagen, Anus, Perineum, Leiste, Stirn-Haargrenze, Achseln und Hände.

Nur wenige Universitätskliniken haben bisher eine PCR-Diagnostik zum besonders schnellen MRSA-Nachweis eingeführt. Eine inhouse-PCR führen 9 (25%) Universi-tätskliniken durch und 5 (14%) nutzen kommerzielle PCR-Methoden. Die Dauer bis zum Ergebnis bei diesen Verfahren wurde mit einem Minimum von 2 bis 3 Stunden bis zu einem Maximum von 24 Stunden angegeben.

Tabelle 1: Abstrichorte für das Screening

36

2531

15

3

283

21

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Nase Rachen Wunde u.a.*

neinteilweise

ja

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174 MIKROBIOLOGE 15.Jg. 2005

In einigen Universitätskliniken (8; 22%) ist die Frage der Kostenübernahme für das Screening nicht oder noch nicht eindeutig geklärt. Bei 14 (39%) Universitätskliniken tra-gen es die Stationen, in 8 (22%) wird es von der gesamten Universitätsklinik übernommen und bei 4 (11%) Befrag-ten werden die Kosten von der Mikrobiologie übernom-men. In den übrigen Universitätskliniken werden die Kos-ten gemeinsam getragen.

Ideal wäre es, wenn der Patient bis zum Ergebnis isoliert wird so wie es auch in einigen skandinavischen Ländern und in den Niederlanden praktiziert wird. In 5 (14%) Uni-versitätskliniken wird eine solche Patientenisolierung bis zur Ergebnismitteilung durchgeführt. Bei 10 (28%) Be-fragten erfolgt teilweise eine Isolierung, z.B. bei ehemals MRSA-positiven Patienten, bei Patienten auf Intensivsta-

tionen, oder es wird eine Kontaktisolierung bzw. eine Kittelpflege durchgeführt. Der überwiegende Teil der Universitätskliniken (21; 58%) führt keine Patientenisolie-rung bis zum Ergebnis durch.

Weitere Fragen zur MRSA-Diagnostik betrafen die kultu-rellen Nachweisverfahren. So führen 13 von 34 Universi-tätskliniken (38%) eine Anreicherung (mit Trypticase-Soya-, Traubenzucker-, Thioglykolat-, Caso-, Leber- oder Nährbouillon) durch. In 2 Kliniken (6%) wird nur bei Wundabstrichen eine Anreicherung durchgeführt. Die überwiegende Anzahl von Befragten (19; 56%) verzichtet gänzlich auf eine Anreicherung. Zur Frage des Einsatzes von selektiven Medien (z.B. NaCl-Mannitol oder chromo-gene Agar) oder nicht-selektiven, wie z.B. Blutagar, gibt die Tabelle 2 Aufschluss.

Tabelle 2: Einsatz von selektiven (s.) und nicht-selektiven (n.-s.) Medien, (n = 33)

2722 22

2

712 12

32

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

n.-s. (Blut) s. (NaCl-Mannitol) s. (chromogen) ohne

neinja

Bei den 22 Universitätskliniken, die chromogene Agar zur Diagnostik einsetzen, zeigte sich, dass bei 10 (45%) der Befragten noch die chromogenen Agar der ersten Genera-tion zum Einsatz kommen und dass bei den restlichen 12 Befragten (55%) die weiter entwickelten genutzt werden.

Bei der Frage nach der Resistenztestung wurde mit der Möglichkeit der Doppeltnennungen von 24 (71%) Univer-sitätskliniken die Agardiffusion angegeben und von eben-so vielen die MHK. 2 (6%) der Befragten verzichten voll-kommen auf eine Resistenztestung.

Einen MRSA-Bestätigungstest mit Hilfe einer mec A-Gen PCR wird obligat bei 18 (53%) Universitätskliniken durchgeführt und nur gelegentlich bei 3 (9%) Befragten. Eine Agglutination mit dem Penicillin-bindenden-Protein-2a erfolgt in 22 (65%) Universitätskliniken und nur teil-weise bei 3 (9%) Befragten. 5 (15%) Universitätskliniken benutzen als Bestätigungstest einen Oxacillin-Screen oder eine „ORSA“-Platte. In 5 (15%) Universitätskliniken wird auf einen Bestätigungstest generell verzichtet.

Diese Befragung der deutschen Universitätskliniken spiegelt die große Bandbreite des MRSA-Screenings wider und weist auf die existierenden Unsicherheiten bei der Auswahl der schnellsten und kostengünstigsten Methode hin.

Literatur

1. Tiemersma EW et al.. Methicillin-resistant Staphylococcus aureus in Europe, 1999-2002. Emerg Infect Dis. 2004;10:1627-34.

2. Nationales Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen. URL: http://www.nrz-hygiene.de. (vorläufige Auswer-tung).

3. Chaberny IF, Gastmeier P. Forum zu interessanten krankenhaushy-gienischen Fragen und Vorgehensweisen. Hyg Mikrobiol. 2004;8:22.

4. Robert Koch Institut: Kommentar der Kommission für Kranken-haushygiene und Infektionsprävention und des RKI zu den "Empfehlungen zur Prävention und Kontrolle von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus-Stämmen (MRSA) in Kranken-häusern und anderen medizinischen Einrichtungen". http://www.rki.de. 2004

Korrespondenzadresse:

Dr. med. Iris F. Chaberny Arbeitsbereich Krankenhaushygiene Institut für Medizinische Mikrobiologie und Kranken-haushygiene Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Str. 1 30625 Hannover

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EMPHEHLUNG

Workshop zum MRSA-Screening am 25.05.05 in Hannover

Axel Kola 1, Frauke Mattner 1, Udo Reischl 2, Ralf-Peter Vonberg 1, Klaus Weist 3, Constanze Wendt 4, Wolfgang Witte 5, Stefan Ziesing 1, Sebastian Suerbaum 1, Petra Gastmeier 1 1 Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene, Medizinische Hochschule Hannover 2 Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene, Universität Regensburg 3 Institut für Hygiene und Umweltmedizin, Charité Berlin 4 Institut für Hygiene, Universität Heidelberg 5 Robert Koch-Institut, Bereich Wernigerode

Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) sind gefürchtete Erreger nosokomialer Infektionen, da sie mit größerer Erkrankungsschwere und erhöhter Letalität bei betroffenen Patienten einhergehen 1, 2, 3. Umso bedeutsa-mer ist der deutliche Anstieg der Prävalenz von MRSA in deutschen Krankenhäusern während der letzten Jahre 4. Offensichtlich ist das derzeitige Hygienemanagement nicht ausreichend, um nosokomiale MRSA-Transmissio-nen verlässlich zu verhindern.

Das Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System (KISS) hat aus diesem Grund das Modul MRSA-KISS initiiert, das eine krankenhausweite Erfassung nosokomialer und nicht nosokomialer MRSA-Fälle beinhaltet 5. Aus den aktuellen Daten dieses Moduls wird ersichtlich, dass ein großer Anteil der MRSA-Patienten den Erreger nicht im Krankenhaus erwirbt, sondern bei Aufnahme bereits be-siedelt ist. Hinzu kommt eine nicht zu unterschätzende Anzahl unbekannter MRSA-Träger unter den Patienten, da im Krankenhaus stets nur die Spitze des „MRSA-Eisbergs“ erkannt wird. Die MRSA-Prävention kann deut-lich verbessert werden, wenn der Kolonisationsstatus der Patienten bekannt ist. Durch klinische Proben ohne ein gesondertes Screening bleiben 38 bis 77% aller MRSA-Träger unentdeckt 6, 7, 8. Von nicht erkannten MRSA posi-tiven Patienten können jedoch häufig Übertragungen des Erregers ausgehen. Je früher und umfassender der Träger-status neu aufgenommener Patienten durch ein Screening bekannt ist, umso schneller können geeignete Hygiene-maßnahmen eingeleitet werden.

Die optimale Vorgehensweise für ein MRSA-Screening ist jedoch bislang unklar. • Welche Patienten sollen untersucht werden?

• Welche Abstrichorte ergeben eine ausreichend hohe Sensitivität?

• Ist es sinnvoll, Screening-Abstriche in regelmäßi-gen Abständen zu wiederholen?

• Welche Labormethode erlaubt eine schnelle, ver-lässliche und kosteneffektive Diagnostik?

• Wie soll mit Patienten bis zum Ergebnis einer Abstrichuntersuchung verfahren werden?

Um ein effektives Prozedere zum MRSA-Screening zu finden, wurde am 25. Mai 2005 in der Medizinischen Hochschule Hannover zu diesem Thema ein DGHM-Workshop abgehalten, dessen Ergebnisse im Folgenden dargestellt werden.

Empfehlungen zum Screening-Management

Im Sinne der möglichst vollständigen Träger-Identifika-tion und der Minimierung der MRSA-Verbreitung sind das generelle Screening, das Screening unter Einbezie-hung möglichst vieler Nachweisorte, die zusätzliche Durchführung von wöchentlichen Wiederholungsuntersu-chungen und die vorsorgliche Isolierung bis zum Vorlie-gen eines negativen Befundes zu empfehlen. Das führt aber zu sehr hohen Kosten für die Klinik und ist in dieser Konsequenz in den meisten Kliniken nur im Ausnahme-fall, z.B. bei Ausbruchsituationen zu leisten. Dementspre-chend muss jede Klinik für sich entscheiden, welches Verfahren unter der eigenen Patientenstruktur, den eige-nen Organisations-Bedingungen und der MRSA-Inzidenz der Abteilung wahrscheinlich am besten umzusetzen und am kosteneffektivsten ist. Tabelle 1 zeigt vergleichsweise, für welches MRSA-Screening-Regime sich das Universi-tätsklinikum Regensburg und die Medizinische Hochschu-le Hannover entschieden haben.

Tabelle 1: Alternativen zur Durchführung des MRSA-Screenings im Universitätsklinikum Regensburg und der Medizinischen Hochschule Hannover 2005

Alternativen Universitätsklinikum Regensburg

Medizinische Hochschule Hannover

Konzentration auf Risikogruppen oder generelles Scree-ning bei Aufnahme?

Risikopatienten einschließlich Patienten mit elektiven Operationen

Alle Patienten der Intensivstati-onen und chirurgischen Abtei-lungen

Einführung des Nasenscreenings oder Berücksichtigung weiterer Abstrichorte?

Nase/Rachen und Wunden/ Hautläsionen Nase/Rachen und Wunden/ Hautläsionen

Nur Aufnahmescreening oder wöchentliche Wiederho-lungen?

Nur Aufnahmescreening Nur Aufnahmescreening

Vorsorgliche Isolierung bis zum Vorliegen eines nega-tiven Befundes oder erst bei MRSA-Nachweis?

Vorsorgliche Isolierung bis zum Vorlie-gen des negativen MRSA-Befundes

Keine vorsorgliche Isolierung

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• Konzentration auf Risikogruppen oder generelles Screening bei Aufnahme?

Das Robert-Koch-Institut hat kürzlich Empfehlungen für die in das Screening bei Aufnahme einzubeziehen-den Patientengruppen herausgegeben 9. Danach sind besonders Patienten mit bekannter MRSA-Anamnese, Verlegungen aus Regionen / Einrichtungen mit be-kannt hoher MRSA-Prävalenz, Kontaktpatienten von MRSA-Trägern aber auch Patienten mit chronischer Pflegebedürftigkeit, liegenden Kathetern, Dialyse-pflichtigkeit, Hautulcera / chronischen Wunden und Brandverletzungen als Risikopatienten anzusehen. Im Einzelfall kann es jedoch sinnvoll sein, auch weitere Patientengruppen in das Screening einzubeziehen. Es konnte gezeigt werden, dass das MRSA-Screening von

Risikopatienten kosteneffektiv ist. Für die aktuelle Si-tuation in Deutschland wurde dies in der Untersu-chung von Wernitz et al. nachgewiesen 10, 11.

Das Einführen eines generellen Screenings bei Auf-nahme ist vor allem dann sinnvoll, wenn die Inzidenz der MRSA insgesamt auf einem hohen Niveau liegt und wenn es Schwierigkeiten bereitet, ein auf Risiko-patienten ausgerichtetes Screening mit hoher Compli-ance durchzusetzen. Nach unseren Kalkulationen ist ein generelles Screening bei Aufnahme auf vielen In-tensivstationen kosteneffektiv, vor allem dann, wenn die Inzidenz der nosokomialen MRSA-Infektionen ü-ber 0,4 % liegt. Nach den KISS-Daten ist das zur Zeit in mindestens einem Viertel der Intensivstationen der Fall 5 (Tabelle 2)

Tabelle 2: Verteilung der MRSA-Inzidenz in 108 KISS-Intensivstationen (01/2003 bis 06/2004) 5

MRSA-Inzidenz (%) Gepoolter arithmetischer Mittelwert

25. Perzentil

Median 75. Perzentil

Alle MRSA-Fälle 1,1 0,3 0,8 1,4

Auf Intensivstation erworbene MRSA-Fälle 0,5 0,1 0,4 0,8 Davon auf Intensivstation erworbene MRSA-Infektionen (43%)

0,2 0,04 0,2 0,4

Tabelle 3: Sensitivität nach Abstrichort

Durchschnittliche Sensitivität (%) Abstrichort

Kunori et al., 2002 12 Universität Heidelberg (n = 47 – 103)

Charité (n = 313)

Nase 64,17 53,4 79,9 Perineum 56,15 39,0 31,6 Haut 38,00 - 81,8 Hautläsion / Wunde - 68,1 - Leiste - 44,1 34,0 Axilla 25,00 - - Urin 22,00 - - Stuhl 18,68 - - Rachen 14,65 36,0 45,0 Kombination Nase + Wunde 100,00 87,2 - Nase + Perineum 93,40 67,0 - Nase + Rachen 85,60 61,8 86,7 Nase, Rachen, Perineum 98,30 71,0 - Nase, Rachen, Wunde - 91,5 -

• Einführung des Nasenscreenings oder Berücksichti-gung weiterer Abstrichorte?

Nach der Literatur ist die Nase der kostengünstigste Einzel-Nachweisort, aber jede Kombination der Abstrichorte führte zu besseren Ergebnissen. Optimal war die Kombination der Nase mit der Wunde. Ähnli-che Ergebnisse wurden in eigenen Untersuchungen ge-funden.

• Nur Aufnahmescreening oder wöchentliche Wie-derholungen?

Die Screening-Empfehlungen der amerikanischen Society for Healthcare Epidemiology (SHEA) 13 sehen nicht nur ein Aufnahme-Screening vor, sondern emp-fehlen auch ein wöchentliches Wiederholungsscree-ning. Vor allem Screening-Untersuchungen an einem festen Wochentag führen in der Regel zu einer hohen Compliance, so dass eventuell bei der Aufnahme über-sehene Patienten nachträglich erfasst werden können. Außerdem ist es auf diese Weise möglich, bei Patien-

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ten mit Staphylokokken-wirksamer Antibiotika-Behandlung bei Aufnahme in die Klinik den MRSA-Träger-Status nachträglich zu identifizieren. Aus Kos-tengründen sollte zunächst mit der Etablierung eines Aufnahme-Screenings begonnen werden. Bei sehr schlechter Compliance für das Aufnahme-Screening und hoher MRSA-Inzidenz kann ein zusätzliches wö-chentliches Screening allerdings sinnvoll sein.

• Vorsorgliche Isolierung bis zum Vorliegen eines negativen Befundes oder erst bei MRSA-Nachweis?

Die Übertragungswahrscheinlichkeit von MRSA steigt mit der Länge der Liegedauer der Patienten, in der keine Isolierungsmaßnahmen / Präventionsmaßnah-men durchgeführt werden. Deshalb sollten alle Maß-nahmen zur Verringerung der MRSA-Ausbreitung möglichst frühzeitig eingeleitet werden. In den meisten Krankenhäusern ist allerdings aufgrund der räumli-chen Bedingungen eine vorsorgliche Isolierung der neu aufgenommenen Patienten nur dann möglich, wenn man ein Risikogruppen-bezogenes Screening durchführt und wenn durch Anwendung von zuverläs-sigen Schnellmethoden sehr bald ein Ergebnis vor-liegt.

Auf jeden Fall dringend zu empfehlen ist die Einfüh-rung eines Informationssystems im Krankenhaus, das die Wiederaufnahme von ehemals positiv entlassenen Patienten anzeigt. Nach mehrjährigem „Lernprozess“ dieses Systems werden an der Medizinischen Hoch-schule trotz eines umfangreichen MRSA-Screening-Programmes inzwischen ca. 40 % aller MRSA-Träger über dieses System identifiziert, und diese Information steht dann auch schneller als bei jeder auch noch so schnellen Testmethode zur Verfügung.

Empfehlungen zu den Labormethoden

Da der Zeitraum zwischen Probeentnahme und Screenin-gergebnis so kurz wie möglich sein soll, müssen Verfah-ren eingesetzt werden, die den MRSA-Nachweis direkt aus dem zu untersuchenden Patientenmaterial ermögli-chen.

A. MRSA-Screening mit kulturellen Nachweisver-fahren

Zum kulturellen Direktnachweis von MRSA aus Patien-tenmaterialien stehen verschiedene Selektivnährböden zur Verfügung:

ORSAB (Oxoid):

Selektion von MRSA durch den Einsatz von Oxacillin (2,0 µg / l). Die Begleitflora wird durch Polymyxin (50,000 IU /l) und NaCl (5.5 %) unterdrückt. Durch den im Nährboden enthaltenen pH-Indikator Anilinblau wird die Fermentation von Mannitol sichtbar gemacht: MRSA stellen sich als blau erscheinende Kolonien dar und lassen sich dadurch von den weiß wachsenden Koagulase-negativen Staphylokokken abgrenzen.

CHROMagar MRSA (BD, MAST), MRSASelect (BIO-RAD):

Selektion von MRSA durch den Einsatz eines Cepha-losporins bzw. Cephamycins (es dürfte sich also um Cefo-

xitin handeln). Unterdrückung der Begleitflora durch einen hohen Salzgehalt sowie eine von den Herstellern nicht näher spezifizierte Kombination aus Antibiotika und Antimykotika. Nachweis von MRSA durch ein ebenfalls nicht benanntes chromogenes Substrat, das durch eine für S. aureus spezifische Enzymaktivität zu einer rosa-violetten („mauve“) Färbung von S.aureus-Kolonien führt. Von einigen Herstellern wird auch eine Kombinati-on chromogener Substrate verwendet, wodurch sich Ente-rokokken u.a. gram-positive Organismen als blaue Kolo-nien darstellen.

MRSA ID (Biomerieux):

Selektion von MRSA durch den Einsatz von Cefoxitin. Unterdrückung der Begleitflora durch ein vom Hersteller nicht näher bezeichnetes Selektivgemisch. Nachweis von MRSA durch ein chromogenes Substrat der α-Glukosi-dase, wodurch sich MRSA-Kolonien grün gefärbt darstel-len.

Die Anwendung der genannten Selektivmedien wurde in verschiedenen Studien untersucht:

Dabei zeigte das ORSAB-Medium eine Sensitivität zwi-schen 62.4 14 – 100 15 % nach 24-stündiger Bebrütung. Die Spezifität wird mit 92.1 15 – 98.3 16 % angegeben. Einige Studien beschreiben einen hohen Anteil von falsch-positiven Nachweisen durch Koagulase-negative Staphy-lokokken 17, 18. Die für positive Nachweise erforderlichen Bestätigungsreaktionen (Clumpingfactor / Antigen-Agglutination, PBP2a-Agglutination, etc.) bzw. Resistenz-testungen lassen sich erst nach Überimpfung auf Manni-tol-freie, bluthaltige Nährböden durchführen.

Die Sensitivität für CHROMagar MRSA und MRSA ID nach 24-stündiger Bebrütung wird mit 59 14 – 95.4 19 % bzw. 80 % 14 angegeben, die Spezifität mit 99.3 14 – 100 19% bzw. 99.5 % 14.

Auf CHROMagar MRSA bzw. MRSA ID wachsende Kolonien können für Bestätigungsreaktionen bzw. Resis-tenztestungen direkt weiterverarbeitet werden. Darüber hinaus zeigt der Einsatz von Cefoxitin sowohl bei der Selektion von MRSA als auch in der Agardiffusion Vor-teile gegenüber Oxacillin, da hetero-resistente MRSA besser erfasst werden 14, 20 - 22.

Die vorgestellten Daten beruhen teilweise auf der Austes-tung von Stammsammlungen, die zuvor genotypisch auf ihre Diversität untersucht wurden 16, 19. Lediglich eine Studie 14 vergleicht ORSAB -, CHROMagar MRSA - und MRSA ID – Medien anhand von klinischen Materialien direkt miteinander. In dieser Studie wird die Sensitivität nach 24-stündiger Bebrütung für das ORSAB – Medium mit 62.4 %, für CHROMagar MRSA mit 58.8 % und für das MRSA ID – Medium mit 80 % angegeben, die Spezi-fität der drei Medien mit 97.9, 99.3 und 99.5 %. Bei aus 747 klinischen Materialien nachgewiesenen 85 MRSA lassen sich daraus positive Prädiktionswerte von 79.1 % für das ORSAB – Medium, 90.9 % für den CHROMagar MRSA und 94.4 % für das MRSA ID – Medium berechen. Der negative Prädiktionswert für die drei Medien beträgt demnach 95.3, 94.9 bzw. 97.5 %.

B. PCR-basierte MRSA-Screeningmethoden

Der Vorteil einer Nukleinsäure-gestützten und somit kul-turunabhängigen Screeningmethode liegt in einem erheb-

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lichen Zeitgewinn. So kann nach Abstrich eines Patienten taggleich mit einem Ergebnis gerechnet werden, von dem Isolationsmaßnahmen unmittelbar abhängig gemacht werden können.

Dazu muss das PCR-Verfahren folgenden Anforderungen genügen:

• Es muss das Vorliegen von MRSA im Untersu-chungsmaterial mit hoher Zuverlässigkeit aus-schließen können (d.h. einen hohen negativ prädik-tiven Wert besitzen) und darf beim gleichzeitigen Vorliegen von Methicillin-empfindlichen S. aureus und Methicillin-resistenten Koagulase-negativen Staphylokokken nicht zu falsch-positiven Ergeb-nissen führen.

• Es muss auch das Vorliegen von kleinen Mengen an MRSA im Untersuchungsmaterial mit hoher Zuverlässigkeit nachweisen können (d.h. eine möglichst hohe analytische Sensitivität für die Zielorganismen besitzen). Auch wenn Nukleinsäu-re-gestützte Verfahren methodenbedingt nicht mit der Sensitivität von kulturellen Nachweisverfahren konkurrieren können (bei letzteren gelingt im Ide-alfall der Nachweis eines einzigen vermehrungsfä-higen Erregers), muss das eingesetzte PCR-Verfahren als untere Nachweisgrenze unter Routi-nebedingungen zumindest 100 bis 200 Zielorga-nismen im gesamten Untersuchungsmaterial zuver-lässig detektieren können. Dies bedingt eine voll-ständige Aufarbeitung des gesamten Untersuchungsmaterials sowie die Verwendung von möglichst effizienten Verfahren zur DNA-Extraktion und Aufreinigung.

Testkonzepte zur getrennten Erfassung von genotypi-schen Markern für Methicillin-Resistenz, S. aureus und Koagulase-negativen Staphylokokken

Bei der „klassischen“ MRSA-PCR wurde zunächst nur das mecA-Gen als diagnostischer Marker erfasst, dessen Gen-produkt (PBP2a) sowohl in Koagulase-negativen Staphy-lokokken als auch in S.aureus für die phänotypische Aus-prägung einer Methicillin-Resistenz verantwortlich ist. Dieses Testkonzept versagt jedoch als Direktnachweis aus nativem Patientenmaterial (z.B. Nasenabstrich), in dem vielfach auch eine Besiedelung mit Koagulase-negativen Staphylokokken beobachtet wird 23.

Um die Aussagekraft von PCR-gestützten Testsystemen für den Direktnachweis von MRSA aus nativem Patien-tenmaterial zu verbessern, wurden in letzter Zeit von einer Reihe diagnostisch orientierter Firmen unterschiedliche PCR-gestützte Testkonzepte bzw. Testkits entwickelt, die eine wesentlich differenziertere Detektion der im Untersu-chungsmaterial vorliegenden Staphylokokken-Spezies und des mecA Gens ermöglichen sollen. Im Rahmen unter-schiedlichen Studien wurden dabei von einzelnen Teil-nehmern des Workshops folgende kommerzielle Testsys-teme evaluiert:

BAG (Biologische Analysensystem GmbH, Lich): hyplex StaphyloResist®: Nachweis von mecA, S. aureus / S.epidermidis / S. haemo-lyticus (keine Herstellerangaben zur Zielsequenz) und PVL. Block-Cycler Technologie mit anschließender Son-den-Hybridisierung und kolorimetrischer Detektion im Mikrotiterplatten-Format. Testdauer (ohne DNA-Isolie-

rung) ca. 4 Stunden. Sensitivität: 80%; Spezifität: 100% 24.

HAIN Lifescience (Nehren): GenoType® MRSA (Vor-gängertest des GenoType® MRSA Direkt) Nachweis von mecA, Differenzierung zwischen S. aureus und S. epidermidis. Block-Cycler-Technologie mit anschließen-der Sonden-Hybridisierung und Detektion über Line-Blot Streifen (Western-Blot ähnlich). Testdauer (ohne DNA-Isolierung) ca. 4 Stunden. Im Gegensatz zum Folgetest MRSA Direkt nur für die MRSA-Diagnostik aus Kultur-material zugelassen. Für den Direktnachweis aus Patien-tenmaterial wurden für diesen Test in einer lediglich als Abstract veröffentlichten Studie die folgenden Werte veröffentlicht: Sensitivität: 96%; Spezifität: 97%; positiver prädiktiver Wert: 80%; negativer prädiktiver Wert: 99% 24.

"Regensburger Testkonzept" basierend auf kommerziel-len Testkits der Fa. Roche Diagnostics (Mannheim): Die Kombination aus LightCycler Staphylococcus Kit, Light-Cycler MRSA Kit und LightCycler Control Kit DNA (optional) ermöglicht eine differenzierte Detektion von mecA, S. aureus sowie mehr als 10 der häufigsten Koagu-lase-negativen Staphylokokkenspezies (anhand der 16S-23S rDNA Spacer-Region als Zielsequenz). Geschlossene Amplifikation und Real-Time-Detektion mittels LightCyc-ler-Technologie, Speziesdifferenzierung über Schmelz-punktanalyse. Durch die zusätzliche Verwendung des LightCycler Control Kit DNA wird anhand des humanen ß-Globin - Gens die Menge an humanem Zellmaterial in der DNA-Präparation erfasst und somit die Abstrichquali-tät des eingesandten Tupfers überprüft. Testdauer (ohne DNA-Isolierung) ca. 1 Stunde. Evaluierungsdaten (Re-gensburg): Abstrichmaterial von 1055 Patienten unter-sucht: Sensitivität: 89%; Spezifität: 97%; positiver prädik-tiver Wert: 60%; negativer prädiktiver Wert: 99,4% 25.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass alle aufge-führten Testkonzepte zu gut verwertbaren Ergebnissen führen, wenn beim Nachweis des mecA - Gens eine „Reinbesiedlung“ des Patienten mit einer Staphylokokke-nart vorliegt. Wird jedoch beim Nachweis des mecA - Gens gleichzeitig DNA von S. aureus und von anderen Staphylokokkenspezies nachgewiesen, sind die entspre-chenden PCR-Befunde nicht mehr als MRSA-positiv oder -negativ zu interpretieren. Bei den bisher im Universitäts-klinikum Regensburg durchgeführten Untersuchungen war diese Befundkonstellation in mehr als 20% der Fälle zu beobachten. Zur eindeutigen Bestimmung des MRSA-Status muss das Abstrichmaterial hier dann zusätzlich konventionell kultiviert werden und der ursprüngliche Zeitvorteil von Nukleinsäure-gestützten Nachweisverfah-ren ist nicht mehr vorhanden.

Testkonzepte zur Erfassung der Integration einer SCCmec Kassette im S. aureus – Genom

Ein neuartiges Testkonzept zum PCR-gestützten Direkt-nachweis von MRSA wurde durch die Gruppe von Hu-letsky et al. entwickelt 26, das als Target den Übergangsbe-reich zwischen den mecA-Gen-tragenden SCCmec-Elementen und einem S. aureus-spezifischen Genbereich (orfX) nutzt. Im Rahmen dieser single locus multiplex-PCR ist es möglich, in einem einzigen Reaktionsansatz die häufigsten MRSA-Genotypen direkt aus dem Abstrich zu erfassen. Das von der Fa. GeneOhm (San Diego, USA) kommerziell als IDI-MRSA™ vertriebene Testsystem ist jedoch ausschließlich auf der SmartCycler® Real-Time PCR-Plattform (Fa. Cepheid) durchführbar. Nur zu dieser

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Methode liegen derzeit solide international publizierte Evaluationsdaten vor 27, 28. In diesen Studien wird die Sensitivität mit 92-100 %, die Spezifität mit 94-96 %, der positive prädiktive Wert mit 82-95 % und der negative prädiktive Wert mit 97-100 % angegeben.

Auf einem nahezu identischen Testprinzip basiert auch der aktuelle PCR-gestützte MRSA Direktnachweis der Fa. HAIN Lifescience (GenoType® MRSA Direkt). Laut Angaben des Herstellers deckt er die häufigsten der in Europa vorkommenden SCCmec-Typen ab (Typ I bis IV).

Wie beim zuvor beschriebenen GenoType® MRSA - Testkit erfolgt die PCR-Reaktion hier in einem traditionel-len Block-Cycler. Nach einigen manuellen Wasch- und Hybridisierungsschritten werden die Amplifikationspro-dukte über sequenzspezifische Sonden auf Line-Blot Strei-fen detektiert. Sensitivität: 93-95%; Spezifität: 99%; posi-tiver prädiktiver Wert: 85-88%; negativer prädiktiver Wert: 99% 25, 29.

Im Vergleich zum IDI-MRSA™ Testkonzept der Fa. GenOhm ist hier die Anschaffung einer teuren apparativen Ausstattung nicht erforderlich. Eine gewisse Limitierung des GenoType® MRSA Direkt Tests liegt allerdings darin, daß bislang keine veröffentlichten Validierungsdaten vorliegen und von dem Multiplex-Primergemisch "nur" SCCmec-Typen I bis IV erfaßt werden. Dabei ist zu er-warten, dass in Zukunft weitere SCCmec-Typen entdeckt werden oder bisher in unseren Breiten "exotische" SCCmec-Typen importiert werden.

Darüber hinaus liegt die Beschreibung einer real-time PCR-Methode (LightCycler) mit ersten Evaluierungsdaten vor, die ebenfalls auf dem Nachweis der SCCmec-Kassetten beruht 30. Allerdings wurde in dieser Studie der MRSA-Nachweis nicht direkt aus dem Patientenmaterial,

sondern nach Anreicherung aus der Nährbouillon geführt.

Die Ergebnisse zeigen, dass alle der hier dargestellten PCR-gestützten Verfahren zumindest einen ausreichend hohen negativen prädiktiven Wert besitzen, also zum Ausschluss eines MRSA-Trägertums gut geeignet sind. Das Problem der ca. 20% mit Koagulase-negativen Staphylokokken und S.aureus co-besiedelten Patienten scheint zur Zeit am Besten durch den IDI-MRSA Test und GenoType® MRSA Direkt gelöst zu sein. Auch wenn die Real-Time PCR-Verfahren methodenbedingt einen signi-fikanten Zeitvorteil aufweisen ("time-to-result" incl. der DNA-Präparation < 2 Stunden), durch den kompletten Wegfall aller Detektionsschritte weit weniger "hands-on-time" erfordern und über ihr geschlossenes Konzept die Gefahr von DNA-Laborkontaminationen deutlich reduzie-ren, so sind alle der hier dargestellten PCR-Testsysteme zumindest in einem Zeitfenster von maximal 5 Stunden durchführbar und für eine taggleiche Ergebnisübermitt-lung bei solchem Probenmaterial geeignet, das vormittags im Labor eintrifft.

Empfehlungen für aktuelle Screening-Methoden

Im Sinne eines schnellen Überblicks über die Methoden haben wir versucht, in Tabelle 4 die wichtigsten Parameter zu den diskutierten Methoden zusammenzufassen. Ob-wohl für einige Verfahren in der Literatur Daten zur Sen-sitivität, Spezifität, zum positiven (PPV) und negativen prädiktiven Wert (NPV) zu finden sind (s.o.), haben wir entschieden, in der Tabelle nur eine semiquantitative Be-urteilung abzugeben. Dies hat unter anderem auch damit zu tun, dass die in den Studien zugrundegelegte Prävalenz der MRSA-Stämme sehr unterschiedlich ist und oft nicht der in unseren Krankenhäusern anzutreffenden Prävalenz entspricht.

Tabelle 4: Beurteilung der Diagnostik-Methoden durch die Workshop-Teilnehmer

Verfahren Sensitivität Spezifität

PPV NPV Dauer Apparative Ausstattung

Kosten/ Abstrich#

Kulturell: ORSAB ++ ++ + +++ 24 h* - € CHROM-agar MRSA, MRSA Select

++ ++ bis

+++

+++ +++ 24 h* - €

MRSA ID +++ ++ bis

+++

+++ +++ 24 h* - €

PCR: getrennter Nachweis des mecA-Genes u. eines S. aureus spezifischen Gens BAG: hyplex StaphyloResist® ++ +++ k.A. k.A. 4-5 h Block Cycler €€ “Regensburger Testkonzept” (Ro-che LC Kits)

+++ ++ + +++ 2 h Lightcycler €€€

PCR: Nachweis der SCCmec-Kassette Hain: GenoType® MRSA Direkt +++ +++ ++ +++ 4-5 h Block Cycler €€ GeneOhm: IDI-MRSA +++ +++ ++ +++ 3 h Smartcycler €€€

+ gering, ++ mittelgradig, +++ gut * für das Screening bei Aufnahme ist eigentlich nur das 24 h-Ergebnis relevant € bis 10 Euro, €€ 10-30 Euro, €€€ über 30 Euro pro Abstrich # die Kostenschätzung beruht nicht auf einer betriebswirtschaftlichen Prüfung, sondern spiegelt lediglich die Einschätzung der Work-

shopteilnehmer wider k.A.: keine Angabe

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Endpunkt für Kosten-Effektivitäts-Berechnungen zur Anwendung der einen oder anderen Screening-Methode bzw. zu den verschiedenen Ansatzpunkten beim Scree-ning-Management muss letztlich die Inzidenz der noso-komialen MRSA-Infektionen sein. Nach der Literatur muss man von ca. 5 000 - 10 000 € durchschnittlichen Zusatz-Kosten wegen einer MRSA-Infektion für das Krankenhaus ausgehen 31, 3, 11, 32, 33. Die Screening-Kosten sowie die Aufwendungen für die Isolierung von identifi-zierten Patienten stehen den Kosten für vermiedene noso-komiale MRSA-Infektionen gegenüber. In der Regel wird das Screening schon dann für ein Krankenhaus kostenef-fektiv, wenn nur wenige nosokomiale MRSA-Infektionen vermieden werden können. In den meisten Fällen wird ein konventionelles Screening (z.B. mit den neuen chromoge-nen Verfahren) für die Bedürfnisse des Krankenhauses ausreichend sein, vor allem dann, wenn es in Kombination mit dem oben genannten Wiederaufnahme-Informations-system angewendet wird. Bei bestimmten Risiko-Gruppen und hoher Inzidenz in der Risikopatientengruppe kann jedoch der Einsatz des Direkt-Screenings mittels PCR wegen des erheblichen Zeitgewinns durchaus kosteneffek-tiv werden.

Das MRSA-Screening-Regime eines Krankenhauses muss selbstverständlich ständig evaluiert und an die aktuellen Verhältnisse angepasst werden. Eine regelmäßige Surveil-lance der MRSA-Situation, die nicht nur vom Mikrobio-logie-Labor durchgeführt werden kann (Anteil MRSA / S. aureus), sondern vor allem auch die Fälle von nosoko-mialen MRSA-Infektionen prospektiv erfasst, ist conditio sine qua non für die Einführung eines sinnvollen MRSA-Screening-Programmes.

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MIKROBIOLOGE 15.Jg. 2005 181

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Korrespondenzadresse:

Dr. Axel Kola Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Str. 130625 Hannover Tel: 0511 532 4249 Fax: 0511 532 8174 Email: [email protected]

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BUCHBESPRECHUNG Medizinische Mikrobiologie Duale Reihe herausgegeben von Herbert Hof, Rüdiger Dörries. 3. überar-beitete und erweiterte Auflage.717 Seiten, 518 meist farbige Abbildungen, geb. Softcover, Georg Thieme Verlag Stuttgart, 2005. ISBN 3-13-125313-8. Euro 39,95. Dieses Lehrbuch liegt nunmehr bereits in der 3. Auflage vor (Besprechung der ersten Auflage s. Mikrobiologe 11 [2001], 45 – 46). Allein daraus ist die gute Resonanz des Werkes ersicht-lich. Die vorliegende Auflage wurde wesentlich verändert, um u. a. den Forderungen der Neuen Approbationsordnung nachzu-kommen. So wurden notwendige Stoffanteile der Hygiene und des neuen Nebenfaches Infektiologie, hier unter stärkerer Be-rücksichtigung der klinischen Symptome von Infektionskrank-heiten, eingearbeitet. Eine moderate Erweiterung des Buches war daher unvermeidlich. Die konsequente Umsetzung des Prinzips der Bücher im Rahmen der „Dualen Reihe“, neben dem ausführ-lichen Text eines Lehrbuches das Konzentrat eines Repetitori-ums (auf den äußeren Teilen der Seiten) zu bieten, wurde beibe-halten. Die Hauptzielgruppe sind wie bisher die Studenten der Humanmedizin. Das Buch gliedert sich in folgende Hauptteile: Teil A Grundlagen (S. 2 – 49) mit den Abschnitten Einführung, Allgemeine Infektionslehre, Diagnostik, Teil B Immunologie (S. 52 – 131) mit den Abschnitten Einleitung und Grundbegriffe, Strukturelemente des Immunsystems, Die Antigenerkennung durch Lymphozyten, Die Ontogenese von Lymphozyten, Me-chanismen der angeborenen und der erworbenen Immunität, Teil C Virologie (S. 134 – 264), Teil D Bakteriologie (S. 266 – 455) mit den Abschnitten Allgemeine Bakteriologie, Spezielle Bakte-riologie, Teil E Mykologie (S. 458–496) mit den Abschnitten Allgemeine Mykologie, Medizinisch relevante Pilze, Teil F Protozoen (S. 498 – 533) mit den Abschnitten Allgemeines, Wichtige, medizinisch relevante Protozoen, Teil G Helminthen (S. 536–580) mit den Abschnitten Allgemeines, Nematoda, Trematoda, Cestoda, Teil H Arthropoden (S. 582–605) mit den Abschnitten Allgemeines, Wichtige, medizinisch relevante Arthro-poden, Teil I Infektiologie (S. 608–649) mit den Abschnitten Einführung, Arthritis, Enteritis, Harnwegsinfektionen, Hepatitis, Importierte Infektionen, Infektionen bei Abwehrschwäche, Infekti-onen im Alter, Infektionen während der Schwangerschaft/der Geburt, Osteomyelitis, Peritonitis, Pneumonie, Sepsis, STD, ZNS-Infektionen, Teil J Hygiene (S. 652–702) mit den Abschnitten Einführung, Aufgabengebiete der Hygiene, Sterilisation und Des-infektion, Impfungen, Biologische Kriegführung bzw. Bioterro-rismus. Das Buch schließt mit Quellen- und Sachverzeichnis. Es seien einige Anmerkungen gestattet, die sich bei der Durch-sicht ergeben haben. Sie sind nicht als Kritik sondern als Anre-gungen für die Weiterentwicklung des Buches gedacht. Die Einführung beginnt auf S. 2 wie in den vorhergehenden Aufla-gen mit folgender Definition: „Medizinische Mikrobiologie ist die Lehre von den Ursachen menschlicher Infektionskrankhei-ten, deren Pathogenese und möglichen Gegenmaßnahmen, z. B. Impfung und antimikrobielle Chemotherapie.“ In dieser knappen Aussage wird nicht deutlich, dass es auch um die lebenslange Auseinandersetzung mit der Besiedlungsflora der äußeren und inneren Körperoberfläche geht (Immunsystem, Kolonisationsre-sistenz u. v. a. m.). Die Rolle der Besiedlungsflora wird anderer-seits an anderer Stelle (S. 8-9) durchaus gewürdigt. Auf S. 213 wird als Therapeutikum der Influenza nur Zanamivir erwähnt, es sollte auch das Oseltamivir als Neuraminidasehemmer genannt werden. Bei den Kategorien zur Bewertung der Ergebnisse von Empfindlichkeitsprüfungen von Bakterien gegen antibakteriell wirksame Mittel sollten entsprechend den Festlegungen des zuständigen DIN-Ausschusses die Kategorien primär mit „sensi-bel“, „intermediär“ (statt mäßig empfindlich!) und „resistent“ bezeichnet werden. Bei der Darstellung des Toxischen Schock-syndroms durch Sta. aureus aus S. 302 wird der Eindruck er-weckt, dass dieses nur bei jungen Frauen, die Tampons zur Menstrualhygiene benutzen, auftritt. Das trifft so keineswegs zu, da durchaus auch andere Patientengruppen betroffen sein kön-nen. In der Tab, D-2.8 auf S. 316 sollte es nach dem Stand der Nomenklatur Moraxella catarrhalis heißen (ggf. Branhamella in Klammern), wie auch auf S. 361 richtig dargestellt. Bei einer Endokarditis (S. 319) durch so genannte Oralstreptokokken

sollte in der Regel (statt „eventuell“) Penicillin mit einem Ami-noglykosid kombiniert werden, Erythromycin bzw. Clindamycin sind nicht geeignet (s. a. S2-Leitlinie zur Diagnose und Therapie der infektiösen Endokarditis, Chemotherapie Journal 13 (2004), 227-237). Auf S. 339: Die gültige Erregerbezeichnung ist Tropheryma whipplei (nicht whippelii). Auf S. 354 wird nach Meinung des Rezensenten zu einseitig das radiometrische Ver-fahren zu schnelleren Nachweis von Mykobakterien betont, es gibt seit längerem nicht radiometrische Verfahren, die praktisch gleichwertig sind. S. 397: Calymmatobacterium granulomatis wurde 1999 als Klebsiella granulomatis reklassifiziert (s. a. Tab. I-14.2, S. 645). Im Zusammenhang mit der Therapie der Syphilis wird auf S. 429 als Depot-Penicillin das Clemizol-Präparat er-wähnt. Dieses steht in Deutschland nicht mehr zur Verfügung, ggf. kann Procain-Penicillin eingesetzt werden. Auf S. 447 könnte erwähnt werden, dass die Taxonomie der Chlamydien im Fluss ist, z. T. findet man neuerdings Chlamydophila pneumoniae und Chlamydophila psittaci als Artkennzeichnung. Zur Diagnostik bei Chl. psittaci wird nur die KBR genannt, bei Chl. pneumoniae werden keine Angaben gemacht. Da hier die Möglichkeiten anzu-wendender Reaktionen wesentlich differenzierter sind, sollte dies in geeigneter Form angedeutet werden. Die Kapitel Allgemeine und Spezielle Mykologie, Protozoen, Helminthen und Arthropo-den sind sehr einprägsam und informativ gestaltet und verfügen im Vergleich zu anderen Lehrbüchern über sehr gutes Bildmaterial. Das neu konzipierte Kapitel Infektiologie wurde nach Sympto-menkomplexen geordnet und enthält komprimierte Übersichten vorzugsweise in Tabellenform. Bei der gebotenen Beschränkung ist die Aufnahme des Abschnitts Infektionen in der Schwanger-schaft/Geburt besonders zu begrüßen. Im Abschnitt Enteritis, Tab. I-3.1 (S. 612) wird auch Helicobacter unkommentiert ge-nannt, das ist nicht ganz einleuchtend. In der gleichen Tabelle werden als typische Quellen für Gastroenteritisviren (Rota-, Norwalk-, Adeno, Astroviren), vielleicht auf Grund einer druck-technisch bedingten Verschiebung diverse Lebensmittel genannt und „selten Fäkalien“. Dies ist sicher zu korrigieren. In der Tabelle I-3.2 (S. 613) werden als typische Erreger einer wässri-gen Diarrhö nur Cholera und ETEC genannt nicht aber z. B. Rota- u. a. Enteritis erregende Viren. Die knapp formulierte Aussage auf S. 615 zur kausalen Therapie: „Antibiotika, Anti-helminthika, Antiparasitär“ könnte zu Missverständnissen füh-ren. Die Empfehlung auf S. 617, bei komplizierten und chroni-schen Verläufen einer Harnwegsinfektion ggf. eine längerfristige Antibiotikagabe anzuwenden, z. B. mit Nitrofurantoin, sollte revidiert werden, weil dieses Präparat keine wirksamen Gewebs-spiegel erreicht und das Risiko zahlreicher Nebenwirkungen aufweist, gerade bei längerer Gabe. Im Abschnitt Peritonitis wäre zu ergänzen, dass es vor allem im Kindesalter nicht so selten eine primäre Peritonitis durch Pneumokokken gibt. Auf S. 637 muss es in der Tab. I-12.2 Stenotrophomonas (nicht Xanthomonas) heißen. Ebenfalls neu konzipiert wurde das Kapitel Hygiene. Es arbeitet nach Meinung des Rezensenten sehr überzeugend die Besonder-heiten dieses Fachgebietes heraus und gibt einen guten Über-blick. Auf S. 695 sollte in der Tab. J-4.2 der Konjugatimpfstoff gegen Meningokokken der Gruppe C eingefügt werden. Das Buch wird durch das Quellenverzeichnis und das Sachverzeich-nis abgeschlossen. Abschließend muss wieder den Herausgebern, den Autoren und dem Verlag zu dieser Neuauflage gratuliert werden. Das Lesen und Arbeiten in diesem Werk ist wirklich ein Vergnügen. Die optische Gestaltung ist mit vieler Mühe und Geschmack erfolgt. Die Originalabbildungen, schematischen Darstellungen und die Tabellen sind von ausgezeichneter Qualität und sind gut auf den laufenden Text abgestimmt. Wo sinnvoll finden sich im Text auch sehr nützliche Hinweise auf Internetadressen zur raschen Information zu neuesten Entwicklungen. Druck und Papier sind einwandfrei. Im Vergleich zu den früheren Auflagen hat das Buch ganz eindeutig gewonnen und ist in jeder Hinsicht auf dem aktuellen Stand. Es kann vorbehaltlos Medizinstudenten der klinischen Semester empfohlen werden und kann auch Assisten-ten in Weiterbildung für unser Fachgebiet als Einführung und „Roter Faden“ durch alle Teilbereich dienen. Der Preis ist recht günstig. So ist dem Buch eine weite Verbreitung und die Fort-führung in weiteren Auflagen sehr zu wünschen.

F.- B. Spencker, Leipzig

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EMPFEHLUNG

Chronisch infiziertes Personal: HBV-, HCV-, HIV (MRSA)

Jens Jarke Behörde für Wissenschaft und Gesundheit, Hamburg 1. Einleitung

Personen, die im medizinischen Bereich arbeiten, haben naturgemäß ein erhöhtes Risiko, mit Trägern von Infekti-onserregern in Kontakt zu kommen. Durch den verbreite-ten Einsatz invasiver Methoden in der Krankenpflege und Behandlung – das Spektrum reicht von der intramuskulä-ren Injektion und der Blutentnahme bis hin zur Herz- oder Lebertransplantation – besteht bei diesen Tätigkeiten auch die Möglichkeit, mit durch Blut übertragbaren Erregern in Kontakt zu kommen und sich mit solchen Erregern zu infizieren. Umgekehrt können Angehörige medizinischer Berufe, die sich beruflich oder außerberuflich infiziert haben und chronisch ansteckungsfähig bleiben, diese Infektion auf die Patienten übertragen. Einige der hier in Bezug auf chronische Virusinfektionen behandelten Fra-gen haben neue oder vergleichbare Bedeutung im Zu-sammenhang mit Fällen persistierender MSRA-Besiedlung bei medizinischem Personal erhalten.

2. Häufigkeit und Gefährdungspotential beruflicher Expositionen

Auch wenn man sich bei der Betrachtung der Häufigkeit beruflich bedingter Expositionen gegenüber Infektionser-regern auf blutübertragene Erreger wie Hepatitis B (HBV), Hepatitis C (HCV) und Humanes Immunschwä-che Virus (HIV) konzentriert und sich auf Kontakt poten-ziell infektiöser Körperflüssigkeiten mit Schleimhäuten und auf perkutane Verletzungen beschränkt, bleibt es schwierig, Angaben zur Häufigkeit derartiger Expositio-nen zu machen. Zwar sollten alle Blut-Schleimhaut-kontakte und perkutanen Verletzungen als Arbeitsunfälle gemeldet werden, aber in der Praxis unterbleibt eine sol-che Meldung sehr häufig, meist weil auf Grundlage einer mehr oder weniger zutreffenden subjektiven Einschätzung des Gefährdungspotentials das Infektionsrisiko als gering und eine Meldung als zeitraubend und nutzlos einge-schätzt wird. Bei prospektiven Untersuchungen ergeben sich daher, je nach untersuchtem Arbeitsbereich, Dunkel-ziffern von ca. 40-90% nicht gemeldeter Arbeitsunfälle.

Besonders gefahrenträchtig im Hinblick auf perkutane Verletzungen und Schleimhautkontaminationen sind na-turgemäß Blutentnahmen, das Legen und Entfernen von Infusionssystemen, Operationen sowie Geburten und gy-näkologische Eingriffe.

Ca. 95% der Chirurgen erleben im Laufe eines Jahres mindestens einmal eine Schleimhautkontamination und ca. 75% eine Stich- oder Schnittverletzung, bezogen auf 100 Operationen liegen die Raten perkutaner Verletzungen zwischen 1,5 und 8,0, die der Schleimhaut- und Hautkon-

tamination zwischen 5 und 30 auf 100. Die überwiegende Mehrzahl der Stichverletzungen im operativen Bereich sind jedoch glücklicherweise Verletzungen an Nicht-Hohlraumnadeln (Nahtnadeln) durch den Handschuh hindurch, was mit einem deutlich geringeren Infektionsri-siko als Stichverletzungen an blutgefüllten Kanülen be-lastet ist.

Neben der Häufigkeit der Exposition wird das tatsächliche Infektionsrisiko also auch bestimmt durch die Art der Exposition und die dabei inokulierte Menge potenziell erregerhaltiger Körperflüssigkeit. Weitere wesentliche Faktoren für die Höhe des Infektionsrisikos stellen die Prävalenz infektiöser Patienten im jeweiligen Patienten-klientel, die Konzentration eines Infektionserregers in der entsprechenden Körperflüssigkeit, die Art des Erregers und die Empfänglichkeit gegenüber einem bestimmten Krankheitserreger auf Seiten der exponierten Person dar.

Ein Vergleich der entsprechenden Parameter für die drei wichtigsten blutübertragenen Erreger (siehe Tabelle 1) zeigt, dass das Risiko einer Übertragung von Hepatitisvi-ren in Deutschland deutlich höher ist als das einer Über-tragung von HIV. Glücklicherweise kann jedoch wenigs-tens der Gefahr einer HBV-Infektion durch die Hepatitis B-Schutzimpfung wirksam vorgebeugt werden.

Die Mehrheit der chronisch mit HBV, HCV und/oder HIV infizierten Beschäftigten im Gesundheitswesen hat die Infektion nicht im beruflichen Zusammenhang erworben; diese „Carrier“ tragen natürlich auch zu den nosokomialen Infektionen bei.

3. Nosokomiale Infektionen und chronisch infizier-tes Personal

Seit langem sind HBV-Übertragungen von infizierten Angehörigen der Gesundheits- und Heilberufe (Ärzte, Zahnärzte, Krankenschwestern u.a.) auf die ihnen anver-trauten Patienten bekannt. Die meisten dieser Fälle gingen von Zahnärzten und Kieferchirurgen aus, einige von ope-rativ tätigen Gynäkologen (ein Gynäkologe infizierte 22 [9%] von 268 Patientinnen). 1996 wurden fünf Fälle einer HCV-Infektion bei Patienten eines HCV-infizierten Herz-chirurgen bekannt. Allen diesen Fällen ist gemeinsam, dass das medizinische Personal Hepatitis-infiziert war und nichts von seinem Zustand wusste. Die Zahnärzte arbeite-ten ohne Handschuhe, die Operateure verwendeten verlet-zungsträchtige Techniken etwa das Abtasten der Nadel-spitze beim Nähen. Auch in Deutschland sind mehrere Fälle nosokomialer Übertragung von HBV und HCV durch im Gesundheitswesen Tätige publiziert worden. Von einer Dunkelziffer muss ausgegangen werden.

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Tabelle 1: Vergleich verschiedener Parameter, die das Infektionsrisiko für HBV, HCV und HIV im medizinischen Bereich in Deutschland beeinflussen

HBV HCV HIV

Anzahl chronisch infizierter Personen 400-500.000 350-400.000 35-40.000 Geschätzte Anzahl der Neuinfektio-nen/ Jahr

50.000 5.000 2.000

Anteil der frisch Infizierten, die eine chronische Infektion entwickeln

5-10 % 70 % 100 %

Mittlere Viruskonzentration im Blut bei einer nicht-therapierten infizierten Person

107-109 Viruspartikel/ ml 106-107 Viruskopien/ ml (sehr variabel)

104-105 Viruskopien/ ml

Mittlere Infektionswahrscheinlichkeit bei perkutaner Inokulation

Bei HBs-/HBe-Ag-positiver Indexperson ca. 30 %

Anti-HCV-positive Indexperson ca. 2%, HCV-RNA-positive Indexperson ca. 5-10 %

0,3 - 0,4 %

Prophylaktische oder postexpositio-nelle prophylaktische Maßnahmen

Impfung, Hep.B-Hyperimmunglobulin

Frühtherapie über einen Zeit-raum von 6 Monaten nach Di-agnose einer Infektion mit Inter-feron-alpha/ Peg-Interferon

Postexpositionsprophylaxe mit in der Regel 3 anti-retroviralen Substanzen über einen Zeitraum von 4 Wochen

Wirksamkeit der prophylaktischen Maßnahmen (bei rechtzeitigem Ein-satz)

Ca. 95 % Ca. 95 % >80, <100 %

(Quellen: RKI, Merkblätter für Ärzte, URL: http://www.rki.de)

1991 wurde erstmals ein Einzelfall aus den USA doku-mentiert, wonach ein AIDS-kranker Zahnarzt 5 Patienten wahrscheinlich durch die Nicht-Einhaltung elementarer Hygienemaßnahmen mit HIV infiziert haben soll. 1997 wurde in Frankreich ein weiterer Fall einer HIV-Übertragung durch einen infizierten Chirurgen bekannt. HIV wird mit deutlich geringerer Wahrscheinlichkeit als Hepatitis B auf Patienten übertragen (von 753 Patienten, an denen drei HIV-infizierte Chirurgen Operationen vor-nahmen, wurde keiner mit HIV infiziert). In Deutschland sind HIV-Übertragungen auf Patienten bisher nicht be-kannt geworden.

Grundsätzlich können Beschäftigte im Gesundheitswe-sen, die ansteckungsfähige Träger von HBV, HCV und/oder HIV sind, aus hygienisch-infektiologischer Sicht ihre Berufe ohne Gefährdung von Patienten wei-ter ausüben. Dieses gilt uneingeschränkt auch für die Zulassung zur Berufsausbildung, deren Beendigung sowie für die staatliche Anerkennung des Heilberufes.

Voraussetzung dafür ist, dass von allen Verantwortlichen, die allgemeinen Maßnahmen zum Infektionsschutz, die für die Beschäftigten und die Patienten gleichermaßen wichtig sind, getroffen werden. Die Einhaltung der allge-meinen Hygiene-, Schutz- und Unfallverhütungsmaßnah-men minimiert ein HBV-, HCV-, HIV-Übertragungsrisiko auf Patienten bei (zahn-)ärztlichen, kranken- und alten-pflegerischen Tätigkeiten. Einschränkungen der Be-rufsausübung bei chronischen HBV-/HCV-/HIV-Infektionen sind nur im Einzelfall für bestimmte übertra-gungsträchtige bzw. gefahrgeneigte Tätigkeiten (und ggf. in Abhängigkeit von der Virämie) erforderlich. Diese Einschränkungen betreffen fast ausschließlich operativ tätige Ärztinnen oder Ärzte, sehr selten nicht-ärztliches Assistenzpersonal aber keine anderen Berufsgruppen im Gesundheitswesen.

Seit Ende der 1990er Jahre wurden verschiedene fachliche Empfehlungen veröffentlicht; entstanden ist ein gestuftes System von Regelungen zur Berufsausübung durch seropositive, chronisch infizierte Mitarbeiter/-innen zum

Schutz Dritter vor Infektionsgefährdungen. Auch zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gegenüber betroffenen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen hat sich die Deutsche Krankenhausgesellschaft schon frühzeitig geäußert. Wei-terhin gibt es eine (noch nicht sehr gefestigte) Rechtsmei-nung und –praxis zu Fragen des Arbeitsrechtes, insbe-sondere bezüglich der Bewerbung und der Einstellungsun-tersuchung bzw. „Eignungsuntersuchung“.

Trotz dieser relativ differenzierten Empfehlungen wird in der Alltagspraxis sehr uneinheitlich verfahren. Folge sind Ungleichbehandlung und Rechtsunsicherheit. Einerseits arbeiten vielerorts die Fallkonferenzen auf Ebene von Krankenhäusern oder Kommunen unauffällig und effek-tiv. Beschäftigte, denen Tätigkeitsbeschränkungen aufer-legt wurden, erhalten - ohne soziale oder materielle Nachteile – Aufgaben zugeordnet, bei denen Gefährdun-gen Dritter vermieden werden. Andererseits häufen sich die Fälle, in denen z.B. Alten- und Krankenpflegepersonal die Zulassung zur Berufsausbildung, die staatliche Aner-kennung oder die Berufsausübung untersagt wird. Keine der bekannt gewordenen Entscheidungen dieser Art war sinnvoll, fachlich notwendig und verhältnismäßig.

4. Empfehlungen für die Verhütung der Übertra-gung von, HBV, HCV und HIV auf Patienten

Grundsätzlich gehören bei der Infektionsprävention der Patientenschutz und der Mitarbeiterschutz zusammen (zwei Seiten einer Medaille), rechtlich fallen sie jedoch in unterschiedliche Bereiche. Empfehlungen zum Patienten-schutz, die auch Regelungen zur Berufsausübung und nicht zum Berufsausschluss sind, wurden u.a. von der Deutschen Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrank-heiten (DVV) und dem Robert Koch-Institut (RKI) emp-fohlen (Epid. Bull. 30/99: 221-223; Epid. Bull. 34/99: 251-252; Epid. Bull. 35/99: 261-262 und Epid. Bull. 3/2001). Mittlerweile liegen auch europäische Kosensus-Leitlinien zu HBV und HCV vor, die insbesondere bezüg-lich evtl. Tätigkeitsbeschränkungen bei HCV zurückhal-

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tender sind als die deutschen Empfehlungen (Gunson, 2003). Hier die Zusammenfassung der wichtigsten Emp-fehlungen bzw. europäischen Leitlinien:

• Kontinuierliche betriebsärztliche bzw. arbeitsmedizini-sche Betreuung (Vorsorgeuntersuchungen bzw. Erst-/Nachuntersuchungen) einschließlich Überprüfung des HBV/HCV-Serostatus aller nicht immunen Tätigen gemäß § 15 BioStoffV unter Anwendung des G 42 sowie aller nicht immunen Medizin- und Zahnmedi-zinstudierenden; eine entsprechende freiwillige Ver-pflichtung der Selbständigen ist anzustreben. Perso-nen, die sich weigern, ihren HBV/HCV-Status bzw. HBV-Immunstatus nach HBV-Impfung regelmäßig überprüfen zu lassen, sollen Tätigkeiten mit Übertra-gungsgefahr nicht ausüben. Arbeitgeber dürfen solche Personen gemäß § 15 BioStoffV zu deren Eigenschutz nicht für diese Tätigkeiten einsetzen (Jacobs 2002).

Tabelle 2: Arbeitsmedizin - Biostoffverordnung

ARBEITSMEDIZIN § 15 BioStffV

AngebotAngebotsuntersuchungen odersuntersuchungen oderPflichtPflichtuntersuchungenuntersuchungen(z.B. infektionsgef(z.B. infektionsgefäährdende Thrdende Täätigkeiten)tigkeiten)•• immer immer HepatitisHepatitis--SerologieSerologie•• und und BeratungBeratung: : Angebot HIVAngebot HIV--TestTest

Hinweis auf evtl. EigenHinweis auf evtl. Eigen--/Fremdgef/Fremdgefäährdunghrdung

• Personen die Tätigkeiten mit Übertragungsgefahr ausüben und bei denen HIV-Infektionsrisiken bestan-den oder bestehen, sollten durch einen HIV-Test ab-klären, ob sie infiziert sind und dadurch als potenzielle Infektionsquelle in Betracht kommen. Bei negativem Testergebnis und weiter bestehendem HIV-Infektionsrisiko sollten sie den Test in regelmäßigen Abständen wiederholen. Der HIV-Test ist freiwillig, er gehört nicht zu den im Anhang IV zur BioStoffV ge-nannten Untersuchungen. Nach dem G 42 wird der HIV-Test angeboten und ggf. anonym durchgeführt. Der HIV-Test darf nur nach Beratung und Einwilli-gung der Beschäftigten erfolgen. In der Beratung soll-ten die möglichen Konsequenzen, die sich im Falle ei-nes positiven Testergebnisses ergeben könnten, ange-sprochen werden (z.B. mögliche Tätigkeitseinschränkung, Umsetzung in einen anderen Arbeitsbereich u.a.).

• Hepatitis-B-Impfung: Schließung aller Impflücken bei allen im Gesundheitswesen Tätigen gemäß STIKO-Empfehlung

• regelmäßige Unterweisung des Personals insbesondere im Hinblick auf die konsequente Durchführung der er-forderlichen Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen, z.B.

– das Tragen doppelter Handschuhe bei operativen Eingriffen,

– die Verwendung „sicherer“ Instrumente (z.B. Verwendung von blunt needles u.ä.), bei denen das Risiko einer Verletzung durch die Berücksichti-gung der Sicherheitstechnik in der Konstruktion minimiert wird,

– den Gebrauch von Schutzkleidung, Schutzbrille, Maske und Visier (UVV „Gesundheitsdienst“ – VBG 103, § 7 BioStoffV),

– die Verwendung adäquater Gefäße zur Entsorgung von kontagiösem Material und kontagiösen Ge-genständen (z.B. Kanülenabwurfbehälter);

– eine nach sicherheitstechnischen Grundsätzen ausgerichtete Arbeitsorganisation,

– die Meldung einer jeden Verletzung mit Infekti-onsrisiko an die zuständige Stelle (u.a. Betriebs-arzt/Betriebsärztin),

• das schnelle Umsetzen neuer Erkenntnisse zur Redu-zierung des Infektionsrisikos für Patienten wie für Per-sonal (z.B. Anwendung handschuhschonender Techni-ken);

• besondere Vorsichtsmaßnahmen bei Tätigkeiten mit erhöhter Übertragungsgefahr („übertragungsträchtige Tätigkeiten“):

Tabelle 3: Gefahrgeneigte Tätigkeiten

•• Operationen in beengtem Operationsfeld• Operieren mit unterbrochener Sichtkontrolle• Operationen mit langer Dauer• Operationen, bei denen mit den Fingern in der Nähe

scharfer/spitzer Instrumente gearbeitet wird• Operationen mit manueller Führung

bzw. Tasten der Nadel• Verschluss der Sternotomie

und vergleichbare verletzungsträchtige Tätigkeitenin der ärztlichen, zahnärztlichen undkieferchirurgischen Praxis

TÄTIGKEITEN mit erhöhter ÜBERTRAGUNGSGEFAHR

Zu diesen Tätigkeiten mit erhöhter Übertragungsge-fahr sollen nur HCV-RNA-negative und anti-HIV-negative Personen herangezogen werden, die darüber hinaus Immunität gegen HBV besitzen, entweder als Folge ausgeheilter Infektion oder nach erfolgreicher HBV-Schutzimpfung.

HbsAg/HCV-RNA-/anti HIV–positive Personen sind akut oder chronisch mit HBV/HCV /HIV infiziert. Ihr Blut bzw. Serum muss als potenziell kontagiös ange-sehen werden. Für die Festlegung besonderer Vor-sichtsmaßnahmen und/oder Tätigkeitsbeschränkungen gegenüber diesen Personen kann auch die Einschät-zung der Infektiosität (Viruslast) von zusätzlicher Be-deutung sein. Unter den Fachleuten besteht allerdings Konsens, dass sich derzeit für keine der drei chroni-schen Infektionen ein zuverlässiger „Grenzwert“ (Cut-off“) festlegen lässt, auf Grund dessen z.B. ein Tätig-keitsverbot auszusprechen wäre.

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Es werden grundsätzlich keine Berufsverbote für seropo-sitive, chronisch infizierte Mitarbeiter/innen in Gesund-heitseinrichtungen vorgeschlagen, sondern es handelt sich um Regelungen zur Berufsausübung, die allenfalls Auf-lagen bezüglich bestimmter Tätigkeiten beinhalten kön-nen. Auflagen zur Berufsausübung müssen verhältnismä-ßig sein; ungerechtfertigte Tätigkeitsbeschränkungen oder gar -verbote sind nicht statthaft.

Im Abwägungsprozess zwischen dem Schutzanspruch von Patienten und der Rücksichtnahme auf berufliche und soziale Interessen des betroffenen Gesundheitsfachperso-nals ist der Betriebsarzt/ die Betriebsärztin häufig erste/r Ansprechpartner/in und Berater/in der Betroffenen. Die ärztliche Schweigepflicht schützt das besondere Vertrau-ensverhältnis zwischen Betriebsarzt/Betriebsärztin und Betroffenen. Deren Mitteilungspflichten nach der arbeits-medizinischen Vorsorgeuntersuchung gegenüber dem Arbeitgeber sind sehr begrenzt und dürfen keine Diagno-sen enthalten. Dadurch kommt Betriebsärzten/Betriebs-ärztinnen eine sehr verantwortungsvolle Schlüsselfunktion zu

Betriebsärzte/Betriebsärztinnen bewegen sich jedoch beim Infektionsschutz oftmals im „Spannungsfeld zwischen Arbeitsschutz und Patientenschutz“ (Schmid et al 2002). Der Betriebsarzt/die Betriebsärztin berät Arbeitgeber und (betroffene) Beschäftigte beim Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. Ihre Aufgabe ist jedoch allein der Arbeits-schutz (Mitarbeiterschutz); der Schutz Dritter, z.B. von Patienten vor Infektionen durch Beschäftigte, ist nicht Aufgabe des Betriebsarztes/der Betriebsärztin sondern der Hygienebeauftragten und Mikrobiologen. Sie arbeiten häufig – z.B. beim Personalscreening auf MRSA - eng zusammen, weil die Betriebsärzte/Betriebsärztinnen eine besondere Vertrauensstellung beim Personal haben.

Der Betriebsarzt/die Betriebsärztin (oder der Mikrobiolo-ge bei MRSA-Fällen) sollte immer, wenn Personal in operativen Bereichen betroffen ist, eine Fallkonferenz zur Wertung des Risikos und ggf. zur Festlegung der erforder-lichen Maßnahmen einberufen bzw. sich an die örtlich etablierte ständige Fallkonferenz wenden. Die DVV (Epid. Bull. 30/99) hat Überlegungen zur Zusammensetzung eines solchen Gremiums innerhalb und außerhalb der stationären Versorgung diskutiert. Wenn örtlich noch kein beratendes Gremium besteht und/oder sonst keine An-sprechpartner bekannt sind oder in Zweifelsfällen kann der Ausschuss „Arbeit, Hygiene und Infektionsschutz“ der DVV eingeschaltet werden.

Tabelle 4: Zusammensetzung einer Fallkonferenz

FALLKONFERENZFALLKONFERENZ

•• BetriebsarztBetriebsarzt•• Fachkollege der/des BetroffenenFachkollege der/des Betroffenen•• HygienikerHygieniker•• Vorgesetzte/PflegeleitungVorgesetzte/Pflegeleitung•• Virologe Virologe •• ggfggf. die/der Betroffene. die/der Betroffene•• ggf. behandelnder Arztggf. behandelnder Arzt•• ggf. Sachverstggf. Sachverstäändigendige•• ggfggf. Betriebs. Betriebs--/Personalrat/Personalrat•• evtlevtl. Gesundheitsamt. Gesundheitsamt

Wichtig: Wichtig: EinzelfallbeurteilungEinzelfallbeurteilung

Für chronisch HBV-/HCV-/HIV-infiziertes pflegerisches oder ärztliches Assistenzpersonal, welches Tätigkeiten mit „normalem“ Infektionsrisiko ausübt, ist i.d.R. die Einberu-fung einer Fallkonferenz nicht erforderlich. In diesen Fällen ist eine intensive Schulung über die allgemeinen Hygiene-, Schutz- und Unfallverhütungsmaßnahmen sowie die Umsetzung der Maßnahmen gemäß § 15 Bio-StoffV durch den Betriebsarzt/die Betriebsärztin ausrei-chend.

Mittlerweile sind an vielen Orten Fallkonferenzen tätig geworden. Verfahrensvorschläge u.a. für das „offene Verfahren“ und das „anonyme Verfahren“ wurden in Bremen erarbeitet und publiziert (Wunderle et.al. 2004). Beim offenen Verfahren sind die Betroffenen damit ein-verstanden und auf Wunsch beteiligt; alle für das Verfah-ren relevanten Punkte werden unter Wahrung der Schwei-gepflicht in der Fallkonferenz offen besprochen und be-wertet. Beim anonymen Verfahren beruft sich der/die Betroffene auf die ärztliche Schweigepflicht des Betriebs-arztes/der Betriebsärztin. In der Fallkonferenz wird der Fall ohne Beteiligung der/des Betroffenen und ohne Kenntnis der personenbezogenen Daten diskutiert und bewertet. Als z.B. sozial und fachlich exponierte Personen (z.B. bekannter Herzchirurg) betroffen waren, wurde die Fallkonferenz einer anderen, entfernten Stadt einberufen. In der Diskussion war auch die beteiligte Einrichtung unbekannt.

Der Fallkonferenz muss es um den Patientenschutz (Recht auf körperliche Unversehrtheit) und um den Mitarbeiter-schutz (Persönlichkeitsschutz und Recht der freien Be-rufsausübung der/des Betroffenen) gehen. Ziel der Fall-konferenz ist die Diskussion und Bewertung des Risiko-profils bezogen auf die jeweilige konkrete Tätigkeit. Die zu findenden Maßnahmen müssen notwendig, geeignet und angemessen i.S. der Infektionsprävention sein. Eine Entscheidung der Fallkonferenz kann u.U. zu einer Ein-schränkung der Tätigkeit der/des chronisch Infizierten führen. Andererseits bedeutet die auf breiter Basis getrof-fene Entscheidung für die Betroffenen und ihre Arbeitge-ber eine Absicherung ihrer zukünftigen Tätigkeit.

Es wird also in allen hygienisch/infektiologisch relevanten Fällen eine Fallkonferenz (dazu gehört MRSA) einberu-fen. Das Ergebnis der Diskussion wird in einem Protokoll zusammengefasst und im "offenen Verfahren" der/dem Erkrankten direkt ausgehändigt. Im offenen Verfahren sollte z.B. dann, wenn Umsetzungen vorgeschlagen wer-den, der Betriebsrat bzw. die Personalvertretung beteiligt werden. In einem "anonymen Verfahren" obliegt es dem Betriebsarzt/der Betriebsärztin der/dem Betroffenen das Protokoll zu übergeben. Die Übergabe ist zu protokollieren. Im Einzelfall kann der Betriebsarzt/die Betriebsärztin orien-tiert an den von der Fallkonferenz vorgeschlagenen Maß-nahmen Tätigkeitsbeschränkungen/-verbote (zum Schutz von Betroffenen) über den Arbeitgeber aussprechen lassen.

Lehnt die/der Betroffene die als notwendig erachteten Maßnahmen ab bzw. hält sie nicht ein und gefährdet da-durch Dritte, kann der Betriebsarzt/die Betriebsärztin das Gesundheitsamt einschalten. Hier – und nur hier – kann der Betriebsarzt/die Betriebsärztin in das „Spannungsfeld zwischen Schweigepflicht und Meldepflicht“ (Nassauer 1999) geraten: Er muss im Wege des rechtfertigenden Notstandes (§ 34 StGB) zunächst den Bruch der Schwei-gepflicht rechtfertigen können. Denn nach dem Infekti-onsschutzgesetz (IfSG, §§ 6 und 7) bestehen für Ärzte

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keine Meldepflichten bei chronisch HBV-, HCV- oder HIV-Infizierten gegenüber dem Gesundheitsamt (Aus-nahme: Erstdiagnose einer chronischen HBV-/HCV-Infektion sowie weitergehende Meldepflichten in einigen Bundesländern); entsprechende Daten dürfen dem Ge-sundheitsamt grundsätzlich weder bekannt gemacht noch von diesem angenommen und gespeichert werden.

Das Gesundheitsamt kann nach dem IfSG (§ 28) dafür sorgen, dass die von der Fallkonferenz für erforderlich gehaltenen Maßnahmen bindend umgesetzt werden. Im extremen Problemfall kann (als letzte Möglichkeit) eine Tätigkeitsbeschränkung oder ein Berufsverbot ausgespro-chen werden (§ 31 IfSG), wenn die Maßnahme notwen-dig, geeignet und verhältnismäßig ist.

Tabelle 5: Rechtfertigender Notstand – Bruch der Schwei-

gepflicht

§§ 3434StGBStGB

Der Bruch der Schweigepflicht Der Bruch der Schweigepflicht -- „„TatTat““ --ist gerechtfertigt, wenn ein Arzt ist gerechtfertigt, wenn ein Arzt

⇒ in einer gegenwärtigen,⇒ nicht anders abwendbaren Gefahr⇒ für Leben und Leib..⇒ oder ein anderes Rechtsgut⇒ eine Tat begeht,⇒ um die Gefahr...⇒ von einem anderen abzuwenden,...

⇒ Dies gilt jedoch nur, soweit dieTat ein angemessenes Mittel ist.

Rechtfertigender Notstand

5. Fürsorgepflicht des Arbeitgebers

Wenn ein Trägerstatus von HBV und HCV und/oder HIV (oder eine MRSA-Kolonisation) bei Beschäftigten im Gesundheitswesen auch dem Arbeitgeber bekannt wird, dann kommt der Fürsorgepflicht von Arbeitgebern bzw. Dienstherren eine besondere Bedeutung zu. Diese ist ana-log zu den “Gemeinsamen Hinweisen und Empfehlungen der Bundesärztekammer und der Deutschen Kranken-hausgesellschaft zur HIV-Infektion“ zum Einsatz von HBV-/HCV-infizierten Mitarbeitern zu sehen, da die Übertragungswege und Schutzmaßnahmen für die blut-übertragenden Infektionen weitgehend identisch sind:

1. Ein HBV- oder HCV- und/oder HIV- infizierter Mitarbeiter bedarf in besonderer Weise des Schut-zes und der Fürsorge seines Arbeitgebers und des Verständnisses der anderen Mitarbeiter.

2. Liegt bei einem Krankenhausmitarbeiter eine HBV- oder HCV- und/oder HIV-Infektion vor, so hat das Krankenhaus zu prüfen, ob der infizierte Mitarbeiter im Rahmen seiner bisherigen Aufga-ben weiterhin eingesetzt werden kann.

3. Kann bei einer Weiterbeschäftigung im bisherigen Tätigkeitsbereich eine Gefahr für den HBV- oder HCV- und/oder HIV- infizierten, immunsuppri-mierten Mitarbeiter selbst (z.B. Gefahr einer He-patitis A-Infektion, Umgang mit lebertoxischen Substanzen wie Zytostatika) oder eine Infektions-gefahr für Dritte (Patienten, Mitarbeiter) nicht aus-geschlossen werden, so hat das Krankenhaus ge-eignete Schutzmaßnahmen für den Mitarbeiter zu

ergreifen (z.B. Hepatitis A-Impfung) und ggf. Maßnahmen zum Schutz Dritter zu diskutieren (Fallkonferenz hier im offenen Verfahren) und umzusetzen.

4. Reichen Schutzmaßnahmen nicht aus, kann und sollte das Krankenhaus den HBV- oder HCV- und/oder HIV- infizierten Mitarbeiter umsetzen und ihn mit neuen Aufgaben betrauen, bei denen die unter Nr. 3 genannten Gefahren vermieden werden. Wenn eine einvernehmliche Regelung nicht zu erzielen ist, kann dies im Rahmen des Di-rektionsrechts geschehen. Die HBV- oder HCV- und/oder HIV-Infektion eines Mitarbeiters stellt für sich genommen grundsätzlich keinen Grund zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses dar, da sie – zumindest in frühem Stadium – die Arbeitsfähig-keit nicht beeinträchtigt.

5. Kann die Infektionsgefahr durch die unter Nr. 3 und 4 genannten Schritte nicht vermieden werden, kommt u.U. auch eine Änderungskündigung in Be-tracht (Beendigung des bestehenden Vertrages verbunden mit dem Angebot, das Arbeitsverhältnis unter geänderten Bedingungen – z.B. geänderte Einsatzbereiche – fortzusetzen).

6. Es ist ggf. zu prüfen (§§ 193 Abs. 1 oder 2 sowie 202 SGB VII), inwieweit der Carrier-Status als Arbeitsunfallfolge (§ 8 SGB VII) z.B. durch Stich-verletzung oder als Berufskrankheit (§ 9 SGB VII) der Nr. 3101 Anl. 1 zur BKV erworben wurde. Be-sondere Maßnahmen zum Schutz des Versicherten, ggf. auch Ausgleichszahlungen („Übergangsgeld“) – vgl. Nr. 4 und 5 – sind dann vom zuständigen UV-Träger zu erbringen. (Jarke, Marcus 2002)

Bei allen Schritten sollte auf die besondere psychische Lage des Mitarbeiters eingegangen werden und schonen-der Umgang sowie fürsorgliches Verständnis im Vorder-grund stehen. Entscheidungen über den Einsatz von HBV- oder HCV- und/oder HIV-infizierten Mitarbeitern erfor-dern die Einschaltung des Betriebsarztes/der Betriebsärz-tin (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 1f Arbeitssicherheitsgesetz – A-siG) und möglichst einer Fallkonferenz. Auf evtl. Pflich-ten zur Information oder Beteiligung des Betriebsrates bzw. der Personalvertretung wird hingewiesen. Diese Grundsätze zur Fürsorgepflicht des Arbeitgebers können auch auf Fälle persistierender MRSA-Kolonisation beim Personal angewendet werden, solange ein Sanierungser-folg nicht nachgewiesen ist (Epid. Bull. 05/05).

6. Arbeitsrechtliche Aspekte

Grundsätzlich können Beschäftigte im Gesundheitswesen, die ansteckungsfähige Träger von HBV, HCV und/oder HIV (oder MRSA) sind, aus medizinisch-fachlicher Sicht ihre Berufe ohne Gefährdung von Patienten weiter aus-üben. Dieses gilt uneingeschränkt auch für die Zulassung zur Berufsausbildung, deren Beendigung sowie für die staatliche Anerkennung des Heilberufes. Daran muss sich die arbeitsrechtliche Bewertung (vgl. ausführlich Jacobs 2002) bei der Einstellung und im bestehenden Arbeitsver-hältnis orientieren.

Die HBV-/HCV-/HIV-Infektion (oder die MRSA-Kolonisation) hat in der Regel keinen Einfluss auf die Eignung der Bewerber/innen. Auch lässt sich allein auf-

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grund einer chronischen HBV-/HCV-/HIV- Infektion keine Vorhersage für eventuelle Zeiten der Arbeitsunfä-higkeit treffen.

Von der Rechtsprechung sind bisher nur folgende Fragen als zulässig erachtet worden, zu denen Arbeitgeber sich Informationen verschaffen dürfen:

a) solche, die die Eignung der Bewerber/innen für die entsprechende Tätigkeit betreffen;

b) solche, die von Bedeutung für die Prognose zur Arbeitsfähigkeit unmittelbar nach Aufnahme der Tätigkeit sind;

c) solche, die für die Beurteilung von Gefahren für andere Mitarbeiter/innen oder Patienten/Patientin-nen (Ansteckung mit Virusinfektionen oder MRSA) relevant sind.

Bewerber/innen bzw. Beschäftigte im medizinischen Be-reich haben keine allgemeine Pflicht, ihre HBV-/HCV-/HIV-Infektion gegenüber Arbeitgebern, Vorgesetzten, Betriebsärzte zu offenbaren.

In Vertragsverhandlungen muss man die Wahrheit sagen. Dies bezieht sich allerdings nur auf solche Fragen, die für das Vertragsverhältnis von Bedeutung sind. Die symptom-

lose bzw. chronische HBV-/HCV-/HIV-Infektion darf im Bewerbungsgespräch verschwiegen werden; weil die HBV-/HCV-/HIV-Infektion in der Regel keinen Einfluss auf die Eignung bzw. die vorgesehene berufliche Tätigkeit der Bewerber/innen hat. Fragen, die sich nicht auf diese Tätigkeit beziehen, dürfen vom Arbeitgeber nicht gestellt werden. Daraus ergibt sich das Recht, diese Fragen nicht zu beantworten. Eine unrichtige Antwort gilt hier nicht als arglistige Täuschung. Juristisch nicht ganz korrekt wurde dies als „Recht zur Lüge“ bezeichnet. Selbst eine falsche Antwort auf ausdrückliche Fragen z.B. nach einer HIV-Infektion in einem Fragebogen ist wegen Unzulässigkeit dieser Frage keine arglistige Täuschung und hat damit rechtlich keine Auswirkungen auf ein daraufhin begründe-tes Arbeitsverhältnis.

Eine Ausnahme können einige wenige medizinische Tä-tigkeiten (z.B. in der Chirurgie) sein. Arbeitsrechtler ar-gumentieren, dass Ärzte (Operateure), die eingestellt wur-den/werden sollen, um ganz wesentlich verletzungsträch-tige Tätigkeiten auszuüben, eine HIV-Infektion dem Arbeitgeber anzeigen müssen. Da sie zum Schutze der Patienten gerade diese Tätigkeiten nicht ausüben sollen, können/dürfen sie auch die dem Arbeitgeber geschuldete Arbeitsleistung nicht (mehr) erbringen. Dieser Sachverhalt sei anzeigepflichtig.

Tabelle 6: Grundsätze zur Offenbarungspflicht Tabelle 7: Ausnahme: Offenbarungspflicht für invasiv tätige Ärzte

Die Arbeitsfähigkeit unmittelbar nach Aufnahme der Tätigkeit kann bei HBV/HCV und HIV nur durch wenige schwerwiegende Krankheitsverläufe gefährdet sein; zum Beispiel

HBV/HCV: chronisch-aktive Hepatitis, Leber-zirrhose, Leberkarzinom

HIV: schwerer Immundefekt, HIV-Encephalopathie.

Da die Wahrscheinlichkeit einer Arbeitsunfähigkeit bei Menschen mit solchen Krankheiten groß ist, hat der Ar-beitgeber dann das Recht, nach bevorstehender Arbeitsun-fähigkeit in absehbarer Zeit zu fragen und eine wahrheits-gemäße Antwort zu bekommen.

Nach der Rechtssprechung wird dem Arbeitgeber im Rahmen von Einstellungsuntersuchungen („Eignungsun-tersuchung“) ein Fragerecht eingeräumt nur bzgl. beste-hender Erkrankungen, die die berufliche Tätigkeit beeinflussen können. Das gleiche gilt für Untersuchun-gen gemäß § 7 BAT. Im Gegensatz zu den o.g. Vorsorge-untersuchungen nach § 15 BioStoffV bzw. UVV „Arbeits-medizinische Vorsorge“, die oftmals als „Erstuntersu-chung“ an Stelle einer Einstellungsuntersuchung durchge-führt werden (vgl. 3.), sind Eignungsuntersuchungen nach § 7 BAT Bestandteil des Arbeitsvertrages und somit für

die Beschäftigten im öffentlichen Dienst verbindlich, d.h. eine Weigerung, sich einer solchen Untersuchung zu un-terziehen, kann zu Konsequenzen führen (z.B. dass das Beschäftigungsverhältnis nicht zustande kommt). Ähnli-ches gilt für die Eignungsuntersuchungen nach beamten-rechtlichen Vorschriften. Deshalb ist hier die ärztliche Sorgfalt besonders wichtig, nur solche Untersuchungen durchzuführen, die fachlich zur Beantwortung der zulässi-gen Fragen zwingend erforderlich sind. Ärztinnen/Ärzten dürfen nur in diesem Rahmen zu der Informationsgewin-nung beitragen und den Arbeitgebern in Bezug auf die jeweils vorgesehene Tätigkeit mitteilen: „geeignet“ oder „nicht geeignet“.

Der Arbeitgeber darf vom Arbeitnehmer eine gesundheit-liche Untersuchung jedoch nur verlangen, wenn sie individuell für die Beurteilung der Eignung des Arbeit-nehmers für den vorgesehenen Arbeitsplatz/für die vorge-sehene Arbeit (Einstellung) oder für die im Arbeitsver-hältnis ausgeübte Tätigkeit erforderlich ist und die Unter-suchung nicht bereits aufgrund einer Rechtsvorschrift vor Beginn der Beschäftigung und während der Tätigkeit vorgeschrieben ist. Routineuntersuchungen aller Bewer-ber/innen z.B. bezüglich Hepatitis- oder HIV-Serologie oder eines allgemeinen Drogenscreenings sind laut Bun-desarbeitsgericht nicht statthaft (BAG Urteil vom 12.08.1999 – 2AZR 55/99).

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Untersuchungen zur Feststellung der Eignung im oben bezeichneten Sinn dürfen im Einstellungsverfahren von Ärztinnen/Ärzten nur vorgenommen werden, wenn der Arbeitnehmer nach Aufklärung über Art und Umfang ausdrücklich eingewilligt hat. Auch im bestehenden Ar-beitsverhältnis berechtigen allein die Zwecke des Arbeits-verhältnisses den Arbeitgeber nicht, den einzelnen Arbeit-nehmer zu einer ärztlichen Untersuchung zu veranlassen.

Eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht des Arbeitnehmers, sich regelmäßig einer ärztlichen Untersuchung zu unter-ziehen, besteht nicht. Vor einem (freiwilligen) Personal-screening auf MRSA sollte im Vorhinein schriftlich fest-gelegt werden, wie im Falle eines MRSA-Nachweises oder des Versagens einer Sanierung verfahren werden soll. Erforderlich ist auch in diesem Fall die Einwilligung des Arbeitnehmers.

Tabelle 8: Zustimmungspflicht für serologische Tests im Einstellungsverfahren

Chronisch HBV- oder HCV- und/oder HIV-infizierte Angehörige von Gesundheitsberufen müssen in der Regel im Bewerbungsgespräch oder während des Arbeitsver-hältnisses ihre Krankheit nicht anzeigen, und sie müssen einer vom Arbeitgeber geforderten (Eignungs-) Untersu-chung grundsätzlich nicht zustimmen. In der Alltagspraxis gestaltet sich das oftmals sehr schwierig, weil eine Ver-weigerung der Zustimmung, den Ausschluss aus dem Bewerbungsverfahren bzw. von einer Tätigkeit zur Folge haben kann. Andererseits sollten die Ärztinnen/ Ärzten, die Einstellungs- oder Personaluntersuchungen im Arbeit-geberauftrag durchführen, die Bewerber/innen darüber aufklären, dass ärztlicherseits nicht alle vom Arbeitgeber verlangten Untersuchungen auch tatsächlich durchgeführt werden dürfen (s.u.).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund wird verschiedentlich eine Vertragsklausel vorgeschlagen, mit der (auch selb-ständige) Ärztinnen/Ärzte und andere Personen im Ge-sundheitswesen verpflichtet werden können, sich untersu-chen zu lassen. Sowohl bezüglich der Einstellungsunter-suchung wie aller weiteren (Eignungs-) Untersuchungen ist eine solche vertragliche Regelung strikt zu be-schränken auf Personen, die übertragungsträchtige Tätigkeiten ausüben. Bei allen anderen Beschäftigten im Gesundheitswesen ist sie unzulässig. Die Vertragsklauseln sollten auch Regelungen zum Verfahren bei evtl. Tätig-keitsbeschränkungen, zur Vertraulichkeit und zur Fürsor-gepflicht des Arbeitgebers im Sinne der Hinweise der DKG enthalten (vgl. 5).

Auch dann, wenn Arbeitnehmer durch tarif- oder arbeits-vertragliche Regelungen verpflichtet sind, sich untersu-chen zu lassen und nach Aufklärung der Untersuchung zugestimmt haben, dürfen die untersuchenden Ärztin-nen/Ärzten nicht alle Untersuchungen durchführen, die sie oder der Arbeitgeber für sachdienlich halten. Die untersu-chenden Ärztinnen/Ärzten müssen das Arbeitgeberinteres-se unter fachlichen Gesichtspunkten abwägen gegen das Recht der Arbeitnehmer/innen auf Unversehrtheit der Person (a.a.O.: BAG Urteil vom 12.08.1999). Der Schutz ist umso intensiver, je näher die Daten der Intimsphäre der/des Betroffenen stehen. Letzteres gilt insbesondere für

Untersuchungen auf HIV, weil HIV-Infizierte immer noch in besonderem Maß sozialer Ausgrenzung und Stigmati-sierung ausgesetzt sein können. Ärztinnen/Ärzten, die Einstellungs- oder Personaluntersuchungen im Arbeitge-berauftrag durchführen, stehen gleichzeitig in einem Rechtsverhältnis zu den Bewerbern/Bewerberinnen, aus dem gemäß BAG eine besondere Verantwortung für deren Schutz erwächst.

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RKI. Zur Problematik der nosokomialen Übertragung von HIV. Epid Bull 1999, 34: 251-253 http://www.rki.de/INFEKT/EPIBULL/99/9934INT.PDF

RKI: Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) http://www.rki.de/GESUND/IMPFEN/IMPFEN.HTM

GGrruunnddssäättzzlliicchh kkeeiinnee UUnntteerrssuucchhuunngg aauuff HHBBVV,, HHCCVV,, HHIIVV

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WUNDERLE, W.; Hittmann, F.; von Schwarzkopf, H. Verfahrensvor-schlag zum Umgang mit chronisch infizierten Mitarbeitern (HBV-, HCV, HIV-Infektion) in medizinischen Einrichtungen in Bremen. Gesundheitswesen 2004; 66: 1-6

Gesetze und Verordnungen

• Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) http://jurcom5.juris.de/bundesrecht/arbschg/

• Biostoff-Verordnung (BioStoffV) http://www.umwelt-online.de/recht/gefstoff/gen_tech/bst_ges.htm

• Unfallverhütungsvorschrift (UVV) "Gesundheits-dienst" -BGV C8/GUV 8.1

• Berufsgenossenschaftliche Grundsätze für arbeitsme-dizinische Vorsorgeuntersuchungen

• Infektionsschutzgesetz – IfSG http://www.rki.de/INFEKT/IFSG/IFSG.HTM http://jurcom5.juris.de/bundesrecht/ifsg/htmltree.html

Korrespondenzadresse:

Dr. med. Jens Jarke Allgemeinmedizin - Tropenmedizin Behörde für Wissenschaft und Gesundheit Fuhlsbüttler Straße 401 22309 Hamburg Tel.: 040/428 63-60 12 Fax: 040/428 63-49 27 e-mail: [email protected]

BUCHBESPRECHUNG

Diagnostik und Therapie von Viruskrankheiten Leitlinien der Gesellschaft für Virologie Kompendium für Studierende und Ärzte herausgegeben von Th. Mertens, O. Haller und H.-D. Klenk. 2. Auflage. 330 Seiten, zahlreiche Tabellen, broschiert. Elsevier, Urban & Fischer Verlag, München, 2004. ISBN 3-437-21971-5. Euro 52,00. Es handelt sich hier um die 2. Auflage eines Buches, dessen erste Auflage 1999 erschienen war (Besprechung s. Mikrobiologe 9 [1999] 219). Offenbar war die Resonanz groß, so dass eine Neuauflage erforderlich wurde, die wesentliche Entwicklungen berücksichtigt. Dabei musste die Seitenzahl nur unwesentlich erhöht werden, so dass der Charakter eines handlichen Ratgebers für den täglichen Gebrauch gewahrt wurde. Im Vorwort wird die rasante Entwicklung insbesondere bei der antiviralen Therapie betont. An dem Buch haben mehr als 60 Experten der Gesell-schaft für Virologie in Abstimmung mit der Deutschen Vereini-gung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten mitgewirkt. Es wendet sich wie bisher an Studierende der Medizin und Ärzte aller interessierten Fachrichtungen. In der Einleitung wird auf die anhaltende stürmische Entwick-lung der Diagnostik verwiesen, auch wenn es noch Probleme wie die ungenügende Standardisierung und Lücken bei der externen Qualitätskontrolle gibt. Zu Recht wird betont, dass die präzise formulierte Fragestellung vor der Einleitung einer sinnvollen virologischen Diagnostik seitens des behandelnden Arztes ent-scheidend für den Erfolg ist. Der Leser findet eine allgemeine Übersicht über die derzeitigen diagnostischen Methoden mit ihren Stärken und Schwächen. Der Teil A (S. 2 – 29) präsentiert in Form zahlreicher übersichtlicher Tabellen Manifestationen bei Virusinfektionen. Im Teil B (S. 32 – 311), dem Hauptteil des Buches, werden die humanpathogenen Viren in alphabetischer Reihen folge (von Adenoviren bis Zytomegalievirus) in einheit-

lich strukturierter Form abgehandelt: Virus, Epidemiologie, Infektionsformen, Inkubationszeit, Symptome/Erkrankungen, diagnostische Methoden, Untersuchungsindikationen und Mate-rialien, virologische Interpretationen und klinische Bedeutung, besondere diagnostische Probleme, Meldepflicht in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Prophylaxe, Therapie spezialisierte Laboratorien (komplette Kontaktinformationen). An dieser Stelle sei eine kleine Anmerkung gestattet: Es gibt immer wieder Anfragen zur Diagnostik von möglichen Infektio-nen. durch das Borna Virus, so dass zu diesem Problem eine kurze Stellungnahme (z. B. keine gesicherten Hinweise für eine humanmedizinische Bedeutung o. ä.) sinnvoll erscheint. Das Buch wird durch ein Verzeichnis der verwendeten Abkür-zungen, einige wichtige Internetadressen und ein ausführliches Sachverzeichnis abgeschlossen. Zusammenfassend ist auch die 2. Auflage sehr sorgfältig bear-beitet worden. Durch die einheitlich strukturierten Kapitel wird eine hohe Informationsdichte erreicht und dem Nutzer das Arbei-ten mit diesem Buch sehr erleichtert. Bei den etablierten antivira-len Therapieangaben werden exakte Angaben zu den einzelnen Mitteln, deren Applikation, Neben- und Wechselwirkungen und möglicher Resistenzentwicklungen gemacht. So steht ein aktuali-siertes handliches Nachschlagewerk zur Verfügung, dass in keiner medizinischen Einrichtung fehlen sollte. Auch Ärzten in der Weiterbildung zum Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie sei das Buch nachdrücklich emp-fohlen. Ausstattung, Druck und Papier sind einwandfrei, der Preis ist angemessen. Die Weiterführung des Buches in weiteren Auflagen ist sehr erwünscht.

F.- B. Spencker, Leipzig

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DIAGNOSTIK

Interpretation der Testergebnisse mit Fosfomycin im Agar-Diffusionstest

Michael Kresken 1, Dieter Hafner 2, Jost Winnemöller 3 1 Antiinfectives Intelligence, Gesellschaft für klinisch-mikrobiologische Forschung und Kommunikation mbH, Bonn 2 Institut für Pharmakologie und klinische Pharmakologie, Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf 3 InfectoPharm Arzneimittel und Consilium GmbH, Heppenheim Abstract

Fosfomycin ist ein bakterizid wirksames Antibiotikum mit breitem Wirkungsspektrum ohne chemische Verwandt-schaft zu anderen Antibiotika. Die In-vitro-Aktivität wird durch den Gehalt von Glucose-6-phospat (G-6-P) im Nährmedium stark beeinflusst. Bei der MHK-Bestimmung enthalten die Nährmedien 25 mg/l G-6-P, während den Nährmedien beim Agar-Diffusionstest kein G-6-P hinzu-gefügt wird. Dafür enthalten die Testblättchen neben Fos-fomycin auch G-6-P. Für die Testung mit dem Agar-Diffusionstest entsprechend DIN 58940 werden Testblätt-chen mit einer Beschickungsmenge von jeweils 50 µg Fosfomycin und G-6-P empfohlen, während nach den Richtlinien des Clinical Laboratory Standards Institute (CLSI, früher NCCLS) Testblättchen mit einer Beladung von 200 µg Fosfomycin und 50 µg G-6-P erforderlich sind.

Der DIN Normenausschuss Medizin hat für Fosfomycin bisher keine Grenzwerte festgelegt. Von den Experten-gremien in den europäischen Ländern mit Zulassung einer parenteralen Darreichungsform hat nach Kenntnis der Autoren nur die französische Gesellschaft für Mikrobiolo-gie einen MHK-Grenzwert veröffentlicht: sensibel ≤ 32 mg/l, resistent > 32 mg/l. Dieser Grenzwert findet auch in Deutschland Anwendung. Die vom CLSI fest gelegten Grenzwerte sind ≤ 64 mg/l (sensibel), 128 mg/l (interme-diär) und ≥ 256 mg/l (resistent). Diese gelten jedoch nur für die oral applizierbare Form zur Einmaltherapie un-komplizierter Harnwegsinfektionen.

Zur Beantwortung der Frage, welcher Hemmhofgrenzwert mit dem MHK-Grenzwert der französischen Gesellschaft für Mikrobiologie übereinstimmt, wurden die Daten zur Korrelation von Hemmhofdurchmessern und MHK-Werten aus fünf Studien analysiert.

Für den Agar-Diffusionstest nach DIN wird folgender Grenzwert vorgeschlagen: sensibel ≥ 19 mm, resistent < 19 mm. Die Ergebnisse der Testungen mit dem Agar-Diffusionstest nach CLSI sind mit einer hohen Fehlerrate behaftet. Bei einem Grenzwert von ≥ 23 mm für sensibel und < 23 mm für resistent liegt die Rate der falsch sensib-len Isolate bei 1,10% und die Rate der falsch resistenten Isolate bei 32,97%. Damit hat lediglich der Befund sensi-bel praxisrelevante Bedeutung.

Einleitung

Fosfomycin ((1R, 2S)-epoxypropylphosphonsäure) ist ein aus verschiedenen Streptomyces-Arten isoliertes Antibio-tikum, dessen chemische Struktur sich von der anderer Antibiotika unterscheidet.

Als Wirkungsmechanismus wurde eine Störung des Auf-baus der Bakterienzellwand gefunden. Fosfomycin blo-ckiert den ersten Schritt der Peptidoglykansynthese im Zellinneren der Bakterien. Aufgrund seiner Strukturähn-lichkeit mit dem Phosphoenolpyruvat hemmt es die Pyru-vyltransferase, welche die Synthese von N-Acetylmura-minsäure aus UDP-N-Acetylglucosamin und Phosphoe-nolpyruvat katalysiert [1]. Im Gegensatz hierzu blockieren β-Lactam-Antibiotika die Transpeptidase, die den letzten Schritt beim Aufbau der Bakterienzellwand vermittelt. Fosfomycin wirkt auf proliferierende Bakterien bakterizid.

Die Aufnahme von Fosfomycin in das Zellinnere erfolgt über aktiven Transport. Mindestens zwei Transportsyste-me sind bekannt, das L-Glycerin-3-phosphat- und das Hexose-6-phosphat-System. Das Hexose-6-phosphat-System wird in Gegenwart von Glucose-6-phosphat (G-6-P) induziert, während Glucose und Phosphat eine Hem-mung der Aufnahme von Fosfomycin bewirken.

Als Resistenzmechanismen sind ein verringerter aktiver Transport von Fosfomycin [2], eine Pyruvyltransferase mit verminderter Affinität zu Fosfomycin [3], eine Über-produktion von Pyruvyltransferase [4] sowie eine enzyma-tische Inaktivierung von Fosfomycin [5,6] beschrieben worden. Letzterer Mechanismus wird von Genen auf Re-sistenzplasmiden vermittelt [5,6].

Fosfomycin besitzt ein breites Wirkungsspektrum, das sowohl Gram-positive als auch Gram-negative Bakterien erfasst. Im Allgemeinen zeigt Fosfomycin eine sehr hohe In-vitro-Aktivität gegenüber Citrobacter spp., Escherichia coli, Haemophilus influenzae, Proteus mirabilis, Salmo-nella spp. Shigella spp. und Staphylococcus aureus. Die MHK-Werte der wildtypischen Stämme dieser Spezies liegen meist bei ≤ 16 mg/l. Demgegenüber sind die übri-gen Enterobacteriaceae-Spezies sowie Pseudomonas aeruginosa und Enterococcus faecalis weniger empfind-lich. In Deutschland stehen sowohl parenterale Darrei-chungsformen (Infectofos®) als auch eine orale (Monu-ril®) von Fosfomycin zur Verfügung. Die parenteralen Darreichungsformen sind für zahlreiche Anwendungsge-biete zugelassen, einschließlich Endokarditis, Osteomyeli-tis, ZNS-Infektionen und Sepsis. Bei lebensbedrohlichen Infektionen wird die Kombination von Fosfomycin mit einem β-Lactam-Antibiotikum empfohlen. Die empfohle-nen Tagesdosen betragen bei mittelschweren Infektionen 9 g (3x tgl. 3 g) und bei schweren Infektionen 15 g (3x tgl. 5 g). Bei Kindern erfolgt die Dosierung nach dem Körper-gewicht (i. d. R. 200 mg/kg KG/d aufgeteilt in drei Ein-zeldosen). Die mittleren Serumspiegel betragen zwei Stunden nach i. v. Infusion von 3 g 40 mg/l und von 5 g 70 mg/l. Die Halbwertszeit beträgt ca. 2,5 Stunden. Fos-

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fomycin weist eine sehr gute Gewebegängigkeit, ein-schließlich einer Diffusion in das Knochengewebe auf. Fosfomycin wird nicht an Serumproteine gebunden.

Fosfomycin-Trometamol ist ein Salz von Fosfomycin, das nach oraler Verabreichung zu ca. 40% resorbiert wird. Einzige Indikation von Fosfomycin-Trometamol sind unkomplizierte Harnwegsinfektionen (akute Zystitis) bei Frauen. Die Dosierung beträgt 5,631 g (entsprechend 3 g Fosfomycin) als Einzelgabe. Die Ausscheidung erfolgt zu mehr als 90% in unveränderter Form durch glomeruläre Filtration über den Urin. 2-4 Stunden nach einer Einzelga-be von Fosfomycin-Trometamol wurden maximale Harn-konzentrationen von über 2.000 mg/l Fosfomycin gemes-sen.

Empfindlichkeitsprüfung

Die In-vitro-Aktivität wird durch die Zusammensetzung des Nährmediums stark beeinflusst. Der Zusatz von G-6-P zum Nährmedium verbessert die In-vitro-Aktivität. Die Nährmedien für die MHK-Bestimmung enthalten 25 mg/l G-6-P, während den Nährmedien für den Agar-Diffusionstest kein G-6-P hinzugefügt wird. Dafür enthal-ten die Testblättchen neben Fosfomycin auch G-6-P. Die Beschickungsmengen sollten so gewählt sein, dass sich in den Randzonen der Hemmhöfe möglichst scharf abge-grenzte Zonen ausbilden. Basierend auf einer Empfehlung von Grimm und Haag [7] sollten für die Testung mit dem Agar-Diffusionstest entsprechend DIN 58940 Testblätt-chen mit einer Beschickungsmenge von 50 µg Fosfomycin und 50 µg G-6-P verwendet werden. Für den Agar-Diffusionstest nach den Richtlinien des amerikanischen Clinical and Laboratory Standards Institute (CLSI, früher NCCLS) [8] sind Testblättchen mit einer Beschickungs-menge von 200 µg Fosfomycin und 50 µg G-6-P erforder-lich.

Grenzwerte

Der DIN Normenausschuss Medizin hat für Fosfomycin bisher keine Grenzwerte festgelegt. Mit der Markteinfüh-rung der parenteralen Darreichungsform in Deutschland Anfang der 1980er Jahre wurden die folgenden MHK-Grenzwerte für Fosfomycin vorgeschlagen: ≤ 16 mg/l (sensibel), 32-64 mg/l (intermediär) und ≥ 128 mg/l (re-sistent) [9].

Die vom CLSI für die Bewertung der MHK und Hemm-hofdurchmesser (HHD) unter Verwendung von Testblätt-chen mit einer Beschickungsmenge von 200 µg Fosfomy-cin und 50 µg G-6-P festgelegten Grenzwerte sind ≤ 64 mg/l bzw. ≥ 16 mm (sensibel), 128 mg/l bzw. 13-15 mm (intermediär) und ≥ 256 mg/l bzw. ≤ 12 mm (resis-tent). Diese Grenzwerte gelten aber ausschließlich für Escherichia coli und Enterococcus faecalis. In den USA ist nur die orale Form von Fosfomycin zur Behandlung unkomplizierter Harnwegsinfektionen zugelassen.

Von den Expertengremien in den europäischen Ländern mit Zulassung einer parenteralen Darreichungsform hat nach Kenntnis der Autoren nur die französische Gesell-schaft für Mikrobiologie einen Grenzwert für die Bewer-tung der MHK veröffentlicht: ≤ 32 mg/l für die Bewer-tungsstufe sensibel und > 32 mg/l für die Bewertungsstufe resistent [10]. Dieser Grenzwert findet auch in Deutsch-land Anwendung [11,12].

Fragestellung

In Bezug auf die Testung mit dem Agar-Diffusionstest stellen sich zwei Fragen, wenn für die Bewertung der MHK die Kriterien der französischen Gesellschaft für Mikrobiologie zugrunde gelegt werden:

1. Welcher Hemmhofgrenzwert (HHD-Grenzwert) ergibt sich, wenn die DIN-Methodik [13] unter Verwendung von Testblättchen mit einer Beschi-ckungsmenge von 50 µg Fosfomycin und 50 µg G-6-P angewendet wird?

2. Welcher HHD-Grenzwert ergibt sich, wenn die CLSI-Methodik [14] unter Verwendung von Test-blättchen mit einer Beschickungsmenge von 200 µg Fosfomycin und 50 µg G-6-P angewendet wird?

Zur Beantwortung der Fragen haben wir die Daten zur Korrelation von Hemmhofdurchmessern und MHK-Werten aus fünf Studien analysiert [7,9,15-17]. In allen Studien wurden Mueller-Hinton-Nährmedien und Test-blättchen mit einer Beladung von 200/50 µg oder 50/50 µg verwendet. Die Bestimmung der MHK erfolgte entweder nach den Richtlinien des DIN (Methode der International Collaborative Study, ICS [18]) oder des CLSI (Kirby-Bauer-Methode [19]), jeweils unter Verwendung von G-6-P in einer Konzentration von 25 mg/l.

Material und Methoden

Korrelationsstudien

Studie von Barry et al. [16]

Die Durchführung der Empfindlichkeitsprüfungen erfolgte nach den Richtlinien des CLSI. Als MHK-Methode wurde die Agardilution verwendet. Die Beschickungsmenge der Testblättchen betrug 200/50 µg. Die Berechnung der Reg-ressionsanalyse basierte auf der Testung von 149 Bakteri-enstämmen der folgenden Genera bzw. Spezies: Escheri-chia spp. (n=15), Enterobacter spp. (n=20), Klebsiella spp. (n=20), Serratia spp. (n=9), Morganella spp. (n=5), Providencia spp. (n=10), Acinetobacter spp. (n=10), P. aeruginosa (n=10), andere Pseudomonas-Spezies (n=15), Stenotrophomonas maltophilia (n=5), Enterococcus spp. (n=15) und Staphylococcus saprophyticus (n=15). Die Auswahl der Spezies erfolgte vor dem Hintergrund, dass in den USA ausschließlich die orale Form von Fosfomycin zur Behandlung unkomplizierter Harnwegsinfektionen zugelassen ist.

Studie von Grimm und Haag [7]

Agar-Diffusions- und –Dilutionstests wurden nach den ICS-Empfehlungen durchgeführt. Es wurden Testblätt-chen mit unterschiedlicher Beladung von Fosfomycin und G-6-P verwendet, um die bestmögliche Korrelation von MHK-Bestimmung und Agar-Diffusionstest zu finden. Gleichzeitig sollten die Hemmhöfe möglichst scharf abge-grenzte Randzonen liefern. Das Ergebnis war, dass Test-blättchen mit einer Beschickungsmenge von 50 µg Fosfo-mycin und 50 µg G-6-P die besten Ergebnisse zeigten. Die Regressionsanalysen wurden an 280 Bakterienstämmen bestehend aus je 20 Isolaten von S. aureus, Enterokokken sowie 12 Enterobacteriaceae-Spezies einerseits und 122 P. aeruginosa-Stämmen andererseits getrennt durchge-führt, weil die Messpunkte der einzelnen geprüften Spe-zies dies nahe legten.

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Studie von Andrews [15]

An der Studie waren vier Labors in Spanien sowie je ein Labor in England und Belgien beteiligt. Insgesamt wurden 1.922 Stämme (ca. 30 Stämme pro Spezies und Labor) getestet: S. aureus (n=188), E. faecalis (n=181), E. coli (n=192), Klebsiella spp. (n=184), Enterobacter spp. (n=172), Serratia marcescens (n=169), Indol-negative Proteus (n=172), Indol-positive Proteus (n=182), Salmo-nella spp. (n=175), Shigella spp. (n=125) und P. aerugi-nosa (n=182). Agar-Diffusionstests und MHK-Bestimmungen (Agardilution) erfolgten nach den ICS-Empfehlungen. Es wurden zwei verschiedene Testblätt-chen, einschließlich solcher mit einer Beschickungsmenge von 50 µg Fosfomycin plus 50 µg G-6-P, verwendet.

Studie von Pfaller et al. [17]

Das untersuchte Erregerkollektiv umfasste 350 Isolate von 25 Spezies: 50 E. coli, 30 S. saprophyticus, 25 Enterococ-cus faecalis, je 20 Citrobacter freundii, Klebsiella pneu-moniae, Enterobacter cloacae, S. marcescens, je 15 Ente-robacter aerogenes, P. mirabilis, Providencia stuartii, je 10 Citrobacter diversus, Klebsiella oxytoca, Pantoea (früher Enterobacter) agglomerans, Proteus vulgaris, Morganella morganii, Providencia rettgeri, Acinetobacter calcoaceticus, P. aeruginosa, Enterococcus faecium sowie je 5 Stenotrophomonas maltophilia, Pseudomonas fluo-rescens, Pseudomonas putida, Pseudomonas cepacia, Pseudomonas stutzeri und Enterococcus durans. Die Durchführung der Empfindlichkeitsprüfungen erfolgte nach den Richtlinien des CLSI. Als MHK-Methode wurde die Mikrodilution verwendet. Es wurden Testblättchen mit unterschiedlicher Beschickungsmenge, einschließlich solcher mit einer von 200 µg Fosfomycin plus 50 µg G-6-P, verwendet.

Studie von Traub und Spohr [9]

Die Durchführung der Empfindlichkeitsprüfungen erfolgte nach den Richtlinien des CLSI. Als MHK-Methode wurde die Agardilution verwendet. Die Beschickungsmenge der Testblättchen betrug 50 µg Fosfomycin plus 50 µg G-6-P. Das untersuchte Erregerkollektiv umfasste 430 Bakterien-stämme: S. aureus (n=52), Staphylococcus epidermidis (n=11), Streptococcus pyogenes (n=15), Streptococcus agalactiae (n=29), Gruppe D Streptokokken (n=31), non-A,B,D beta-hämolytische Streptokokken (n=15), Strepto-coccus pneumoniae (n=15), Corynebacterium diphtheriae (n=1), Listeria monocytogenes (n=2), H. influenzae (n=25), E. coli (n=30), K. pneumoniae (n=32), E. cloacae (n=32), E. aerogenes (n=1), Hafnia alvei (n=2), S. mar-cescens (n=32), M. morganii (n=17), P. mirabilis (n=8), P. vulgaris (n=8), P. stuartii (n=1), C. diversus (n=1), C. freundii (n=1), Salmonella spp. (n=30), Shigella flexneri (n=1), S. sonnei (n=1), Yersinia enterocolitica (n=8) und P. aeruginosa (n=31).

Regressionsanalysen

Die methodischen Voraussetzungen zur Durchführung einer Regressionsanalyse zur Korrelation von Hemmhof-durchmessern und MHK-Werten sowie die statistischen Verfahren bei der Auswertung sind in Teil 9 der DIN-Norm 58940 [20] bzw. der Richtlinie M23-A2 des CLSI [21] niedergelegt. Nach den Angaben des DIN darf die Zahl der in die Analyse einzubeziehenden Isolate nicht

weniger als 300 betragen. Das CLSI fordert eine Mindest-zahl von 500 Isolaten. Die statistische Routinemethode stellt die Regressionsanalyse nach der Methode der kleins-ten Quadrate dar. Die Regressionsgleichung erlaubt das Erstellen einer Regressionslinie, indem die y-Koordinaten (HHD) in Abhängigkeit von den x-Koordinaten (loga-rithmisch-transformierte MHK-Werte: log2 MHK + 9) aufgetragen werden. Dabei dürfen nur Werte, die inner-halb des Messbereiches liegen, in die Regressionsanalyse einbezogen werden.

Die Regressionsanalyse nach der Methode der kleinsten Quadrate ergibt zwei Regressionslinien (y = -a1x + b1 sowie x = -a2y + b2), die bei idealer Korrelation (r = 1) deckungsgleich sind. Bei guter Korrelation (⏐r⏐>0,9) ist die Regressionslinie x = -ay + b und bei einem Korrelati-onskoeffizienten zwischen -0,85 und -0,9 ist die aus bei-den Regressionsgleichungen gemittelte Gleichung anzu-wenden. Bei schlechter Korrelation (⏐r⏐<0,85) muss auf eine andere Methode, z. B. die Fehlerminimierungsme-thode („error rate-bounded method“) nach Metzler und DeHaan [22], zurückgegriffen werden.

Fehlerminimierungsmethode

Ziel der Fehlerminimierungsmethode ist es, die Grenzwer-te für HHD so abzuleiten, dass möglichst wenige Isolate mit dem Agar-Diffusionstest falsch klassifiziert werden. Nach Metzler und DeHaan sollten nicht mehr als 5% der sensiblen Erreger als falsch resistent (d. h. R anstatt S, schwere Fehler) und nicht mehr als 1% der resistenten Stämme als falsch sensibel (d. h. S anstatt R, sehr schwere Fehler) eingestuft werden [22]. Das CLSI hat für ein Kol-lektiv unselektierter klinischer Isolate die folgenden Feh-lerraten empfohlen: Rate der als falsch resistent bewerte-ten Stämme (major discrepancies) < 3% und Rate der als falsch sensibel bewerteten Stämme (very major discrepan-cies) < 1,5% [21].

Die Berechnung der Fehlerraten wurde wie folgt durchge-führt: Zu einem vorgegebenen HHD-Wert (HHDx mm) wurden die Raten der falsch sensibel eingestuften Stämme (MHK > 32 mg/l, aber HHD ≥ HHDx mm) und der falsch resistent eingestuften Stämme (MHK ≤ 32 mg/l, aber HHD < HHDx mm) ermittelt. Dabei wurde die Gesamtheit der Datenpaare als 100% gesetzt.

Ergebnisse

Die fünf Studien wurden zunächst daraufhin geprüft, ob sie die von der DIN bzw. CLSI gestellten Anforderungen für die Durchführung einer Regressionsanalyse erfüllten. Aus den Daten der auswertbaren Studien wurde anschlie-ßend der Grenzwert für den Agar-Diffusionstest ermittelt.

Ableitung der Hemmhof-Grenzwerte unter Anwendung der CLSI Methodik

Von drei Studien, die für die Ableitung des HHD-Grenzwertes zur Verfügung standen, wurden nur die Da-ten der Studie von Pfaller et al. [17] neu ausgewertet. In der Studie von Barry et al. [16] waren zu wenige Isolate getestet worden. Die Auswertung der Studie von Traub und Spohr [9] unterblieb, weil Testblättchen mit einer Bela-dung von 50 µg Fosfomycin plus 50 µg G-6-P bei Anwen-dung der CLSI-Methodik verwendet worden waren.

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Studie von Pfaller et al. [17]

Das Scattergramm mit den Daten zur Korrelation von Hemmhofdurchmessern und MHK-Werten geht aus Ab-bildung 1 hervor. 77 von 350 Isolaten mit Extremwerten (kein Hemmhof, MHK-Werte ≤ 1 mg/l bzw. ≥ 1024 mg/l) wurden von der Analyse ausgeschlossen. Die Korrelation wurde somit auf der Basis von 273 Isolaten berechnet. Der ermittelte Korrelationskoeffizient (⏐r⏐) betrug 0,79. Da der HHD-Grenzwert bei schlechter Korrelation (⏐r⏐ < 0,85) nicht aus der Regressionsgleichung berechnet werden darf, wurde auf die Fehlerminimierungsmethode ausgewichen.

Die Auswertung der Daten mit der Fehlerminimierungs-methode ergab die in Tabelle 1 dargestellten Ergebnisse. Mit keinem HHD-Grenzwert wurden die Kriterien des CLSI erfüllt: < 3% schwere Fehler (R anstatt S) und < 1,5% sehr schwere Fehler (S anstatt R). Die Gesamt-Fehlerrate war am geringsten, wenn Hemmhöfe von ≥ 17 mm als sensibel und solche von < 17 mm als resis-tent interpretiert wurden (Abbildung 1). Bei diesem Grenzwert wurden aber immer noch 19,41% der Isolate falsch klassifiziert. Dabei handelte es sich in 17,58% der Fälle um sehr schwere Fehler (S anstatt R) und in 1,83% der Fälle um schwere Fehler (R anstatt S). Bei einem Grenzwert von ≥ 23 mm für sensibel und < 23 mm für

resistent verringerte sich der Anteil der sehr schweren Fehler auf 1,1%. Dafür erhöhte sich der Anteil der schwe-ren Fehler auf 33% (Tabelle 1).

Ableitung der Hemmhof-Grenzwerte unter Anwendung der DIN-Methodik

Studie von Andrews [15]

Die Daten zur Korrelation von Hemmhofdurchmessern und MHK-Werten sind in Abbildung 2 dargestellt. 1.634 Wertepaare (keine Extremwerte) wurden in die Regressi-onsanalyse einbezogen. Der Korrelationskoeffizient (⏐r⏐) betrug 0,77. Da der Wert unter 0,85 lag, wurde die Feh-lerminimierungsmethode angewendet. Die geringste Summe der Fehlerraten (9,42%) ergab sich bei einem HHD-Grenzwert von ≥ 16 mm für sensibel und < 16 mm für resistent (Tabelle 2). Bei diesem Grenzwert betrug die Rate der schweren Fehler (R anstatt S) 2,94% und die der sehr schweren Fehler (S anstatt R) 6,49%. Die nach Metz-ler und DeHaan tolerierbare Rate sehr schwerer Fehler (< 1%) wurde somit überschritten. Bei einem Grenzwert von ≥ 22 mm für sensibel und < 22 mm für resistent redu-zierte sich die Rate der sehr schweren Fehler auf 0,86%, während der Anteil der schweren Fehler auf 27,48% an-stieg (Tabelle 2).

Abb

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Abbildung 1: Scattergramm zur Korrelation von Hemmhofdurchmessern (HHD) mit minimaler Hemmkonzentration (MHK)

basierend auf den Ergebnissen der Studie von Pfaller et al. [17]. Die Testblättchen enthielten 200 µg Fosfomy-cin und 50 µg G-6-P. Die Korrelation wurde auf der Basis von 273 Isolaten berechnet. Der ermittelte Korrelati-onskoeffizient (⏐r⏐) betrug 0,79.

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Tabelle 1: Fehlerraten bei verschiedenen Hemmhofdurchmessern(HHD) – Auswertung der Daten der Studie von Pfaller et al. [17] mit der Fehlerminimierungsmethode

HHD-Grenzwert (mm) sensibel ≥ angegebener Wert resistent < angegebener Wert

Rate schwerer Fehler (R anstatt S)

Rate sehr schwerer Fehler (S anstatt R)

Summe der Fehlerraten

15 1,10 24,18 25,27 16 1,10 20,51 21,61 17 1,83 17,58 19,41 18 5,49 15,75 21,25 19 9,16 12,82 21,98 20 16,12 10,26 26,37 21 22,34 5,86 28,21 22 27,84 2,56 30,40 23 32,97 1,10 34,07

Tabelle 2: Fehlerraten bei verschiedenen Hemmhofdurchmessern (HHD) – Auswertung der Daten der Studie von Andrews et al.

[15] mit der Fehlerminimierungsmethode

HHD-Grenzwert (mm) sensibel ≥ angegebener Wert resistant < angegebener Wert

Rate schwerer Fehler (R anstatt S)

Rate sehr schwerer Fehler (S anstatt R)

Summe der Fehlerraten

14 0,98 9,55 10,53 15 1,59 7,89 9,49 16 2,94 6,49 9,42 17 4,83 4,83 9,67 18 8,45 3,61 12,06 19 12,91 2,75 15,67 20 17,01 2,02 19,03 21 22,58 1,35 23,93 22 27,48 0,86 28,34

Abb

. 2

0< 0>i

Abbildung 2: Scattergramm zur Korrelation von Hemmhofdurchmessern (HHD) mit minimaler Hemmkonzentration (MHK) ba-

sierend auf den Ergebnissen der Studie von Andrews et al. [15]. Die Testblättchen enthielten 50 µg Fosfomycin und 50 µg G-6-P. Die Korrelation wurde auf der Basis von 1.634 Isolaten berechnet. Der ermittelte Korrelationskoeffi-zient (⏐r⏐) betrug 0,77.

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Abb

. 3

y = -2,18x + 49,28

x = -0,33x + 19,38

0< 0>i

Abbildung 3: Scattergramm zur Korrelation von Hemmhofdurchmessern (HHD) mit minimaler Hemmkonzentration

(MHK) basierend auf den Ergebnissen für Enterobacteriaceae, Enterokokken und S. aureus der Studie von Grimm und Haag [7]. Die Testblättchen enthielten 50 µg Fosfomycin und 50 µg G-6-P. Die Korrelation wur-de auf der Basis von 245 Isolaten berechnet. Der ermittelte Korrelationskoeffizient (⏐r⏐) betrug 0,86.

Abb

. 4

x = -0,15x + 16,67

y = -5,73x + 98,40

0< 0>i

Abbildung 4: Scattergramm zur Korrelation von Hemmhofdurchmessern (HHD) mit minimaler Hemmkonzentration

(MHK) basierend auf den Ergebnissen für P. aeruginosa der Studie von Grimm und Haag [7]. Die Testblätt-chen enthielten 50 µg Fosfomycin und 50 µg G-6-P. Die Korrelation wurde auf der Basis von 115 Isolaten be-rechnet. Der ermittelte Korrelationskoeffizient (⏐r⏐) betrug 0,92.

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Studie von Grimm und Haag [7]

Die Regressionsanalysen für Enterobacteriaceae, Entero-kokken sowie S. aureus einerseits und für P. aeruginosa andererseits wurden - wie in der Orginalarbeit - getrennt durchgeführt (siehe Material und Methoden). Abbildung 3 zeigt das Scattergramm mit der Regressionsgeraden für Enterobacteriaceae, Enterokokken und S. aureus. Unter Weglassung der Extremwerte ergab sich ein Korrelations-koeffizient (⏐r⏐) von 0,86. Da der Korrelationskoeffizient zwischen -0,85 und -0,9 lag, war der Hemmhofgrenzwert aus der gemittelten Regressionsgleichung abzuleiten. Hieraus ergab sich ein Grenzwert von ≥ 18 mm für sensi-bel und < 18 mm für resistent. Für P. aeruginosa wurde ein Korrelationskoeffizient (⏐r⏐) von 0,92 berechnet. Der Grenzwert, der aus der Regressionsgleichung mit der Zielgröße x ermittelt wurde, betrug ≥ 19 mm für sensibel und < 19 mm für resistent (Abbildung 4).

Schlussfolgerungen

In Deutschland sind Testblättchen mit unterschiedlicher Beladung von Fosfomycin verfügbar. Testblättchen mit einer Beschickungsmenge von 200 µg Fosfomycin und 50 µg G-6-P sind für die Testung gemäß CLSI (NCCLS) und solche mit 50 µg Fosfomycin und 50 µg G-6-P für die Testung gemäß DIN 58940 bestimmt.

Als Grenzwerte für den Agar-Diffusionstest nach DIN werden ≥ 19 mm für sensibel und < 19 mm für resistent vorgeschlagen. Diese Grenzwerte sind aber nur gültig, wenn Mueller-Hinton-Agar als Nährmedium verwendet wird. Das heißt, sie sind für Isosensitest- oder DST-Agar nicht validiert.

Die Ergebnisse der Testungen mit dem Agar-Diffusionstest nach CLSI sind mit einer hohen Fehlerrate behaftet. Bei einem Grenzwert von ≥ 23 mm für sensibel und < 23 mm für resistent liegt die Rate der falsch sensib-len Isolate zwar unter 1,5%. Die Rate der falsch resisten-ten Isolate beträgt dann aber über 30%. Damit hat ledig-lich der Befund sensibel praxisrelevante Bedeutung. Wenn der Befund resistent lautet, kann nur die MHK Aufschluss darüber geben, ob der Erreger als resistent oder sensibel zu werten ist. Aufgrund der hohen Rate falsch resistenter Isolate dürfen die Befunde aus der Testung mit dem Agar-Diffusionstest nach CLSI nicht in Resistenzstatistiken einbezogen werden.

Die hohen Fehlerraten sind im Wesentlichen darauf zu-rückzuführen, dass bei der Bewertung der MHK nur zwi-schen sensibel (≤ 32 mg/l) und resistent (> 32 mg/l) unter-schieden wird. Somit wäre es sinnvoll, zusätzlich einen intermediären Bereich festzulegen. Die Unterscheidung der Bakterien in sehr empfindliche und weniger empfind-liche Spezies sowie der große Dosierungsspielraum, der mit den auf dem Markt erhältlichen Darreichungsformen erzielt wird, legen dies nahe. Die bei Markteinführung der parenteralen Darreichungsform in Deutschland von Haag & Grimm [7] sowie Traub & Spohr [9] vorgeschlagenen MHK-Grenzwerte (sensibel ≤ 16 mg/l, intermediär 32-64 mg/l, resistent ≥ 128 mg/l) sind möglicherweise besser geeignet als die von der französischen Gesellschaft für Mikrobiologie veröffentlichten Grenzwerte.

Literatur 1. Kahan FM, Kahan JS, Cassidy PJ, Kropp H. The mechanism of

action of fosfomycin (phosphonomycin). Ann N Y Acad Sci 1974, 235: 364-86.

2. Kadner, R J, Winkler H H. Isolation and characterization of muta-tions affecting the transport of hexose phosphates in Escherichia coli. J Bacteriol 1973, 113: 895-900.

3. Venkateswaran PS, Wu HC. Isolation and characterization of a phosphonomycin-resistant mutant of Escherichia coli K-12. J Bacte-riol 1972, 110: 935-44.

4. Marquardt JL, Siegele DA, Kolter R, Walsh CT. Cloning and se-quencing of Escherichia coli murZ and purification of its product, a UDP-N-acetylglucosamine enolpyruvyl transferase. J Bacteriol 1992, 174: 5748-52.

5. O'Hara K. Two different types of fosfomycin resistance in clinical isolates of Klebsiella pneumoniae. FEMS Microbiol Lett 1993, 114: 9-16.

6. Suarez JE, Mendoza MC. Plasmid-encoded fosfomycin resistance. Antimicrob Agents Chemother 1991, 35: 791-5.

7. Grimm H, Haag R. Empfindlichkeitsprüfung mit dem Agardiffu-sionstest auf Mueller-Hinton-Agar. Immun Infect 1982, 10: 159-63.

8. Clinical Laboratory Standards Institute (CLSI). Performance stan-dards for antimicrobial susceptibility testing; 15th informational supplement. M100-S15. Clinical Laboratory Standards Institute, Wayne, Pennsylvania, USA, 2005.

9. Traub WH, Spohr M. Fosfomycin: interpretation of inhibition zones obtained with the Bauer-Kirby agar disk diffusion susceptibility test. Chemotherapy 1983, 29: 208-12.

10. Comité de l’antibiogramme de la société française de microbiologie. Communique 2005. http://www.sfm.asso.fr/nouv/general.php?pa=2.

11. Scholz H, Mehl M, Seifert H, Grabein B. In-vitro-Aktivität von Fosfomycin und weiteren Antibiotika gegenüber Methicillin-resistenten Staphylococcus-aureus-Isolaten aus drei Regionen. Chemother J 2003, 12: 106-8.

12. Kresken M, Hafner D, Schmitz F-J, Wichelhaus TA und Studien-gruppe. Resistenzsituation bei klinisch wichtigen Infektionserregern gegenüber Antibiotika in Deutschland und im mitteleuropäischen Raum. Bericht über die Ergebnisse einer multizentrischen Studie der Arbeitsgemeinschaft Empfindlichkeitsprüfungen & Resistenz der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e. V. aus dem Jahre 2001. Antiinfectives Intelligence, Bonn 2003.

13. DIN Deutsches Institut für Normung e. V. Methoden zur Emp-findlichkeits-prüfung von bakteriellen Krankheitserregern (außer Mykobakterien) gegen Chemotherapeutika. Regressionsanalyse zur Korrelation von Hemmhofdurch-messer (HHD) und minimaler Hemmkonzentration (MHK). DIN 58940 Teil 8, Oktober 2002.

14. National Committee for Clinical Laboratory Standards (NCCLS). Methods for dilution antimicrobial susceptibility tests for bacteria that grow aerobically. Approved Standard - 6th edition. M7-A5. Na-tional Committee for Clinical Laboratory Standards, Wayne, Penn-sylvania, USA, 2003.

15. Andrews JM, Baquero F, Beltran JM, Canton E, Crokaert F, Gober-nado M, Gomez-Ius R, Loza E, Navarro M, Olay T, Rodriguez A, Vicente MV, Wise R, Yourassowski E. International collaborative study on standardization of bacterial sensitivity to fosfomycin. J An-timicrob Chemother 1983, 12 : 357-61

16. Barry AL, Pfaller MA, Fuchs PC, Tenover FC, Reller LB, Allen SD, Hardy DJ, Gerlach EH. Interpretive criteria and quality control parameters for determining bacterial susceptibility to fosfomycin tromethamine. Eur J Clin Microbiol Infect Dis 1993, 12: 352-6.

17. Pfaller MA, Barry AL, Fuchs PC. Evaluation of disk susceptibility testing of fosfomycin tromethamine. Diagn Microbiol Infect Dis 1993, 17: 67-70.

18. Ericsson HM, Sherris JC. Antibiotic sensitivity testing. Report of an international collaborative study. Acta Pathol Microbiol Scand [B] Microbiol Immunol 1971, 217: Suppl 217: 1+.

19. Bauer AW, Kirby WM, Sherris JC, Turck M. Antibiotic susceptibil-ity testing by a standardized single disk method. Am J Clin Pathol 1966, 45: 493-6.

20. DIN Deutsches Institut für Normung e. V. Methoden zur Emp-findlichkeits-prüfung von bakteriellen Krankheitserregern (außer Mykobakterien) gegen Chemotherapeutika. Regressionsanalyse zur Korrelation von Hemmhofdurch-messer (HHD) und minimaler Hemmkonzentration (MHK). DIN 58940 Teil 9 (Entwurf), Januar 2002.

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198 MIKROBIOLOGE 15.Jg. 2005

21. National Committee for Clinical Laboratory Standards (NCCLS). Development on in vitro susceptibility testing criteria and quality control parameters; approved guideline. M23-A2. National Commit-tee for Clinical Laboratory Standards, Wayne, Pennsylvania, USA, 2001.

22. Metzler C, DeHaan R. Susceptibility tests of anaerobic bacteria: statistical and clinical consideration. J Infect Dis 1974; 130: 588-94.

Korrespondenzadresse:

Dr. Michael Kresken Antiinfectives Intelligence Gesellschaft für klinisch-mikrobiologische Forschung und Kommunikation mbH Campus Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg Von-Liebig-Str. 20, 53359 Rheinbach Tel. / Fax: 02226.908-912 / -918 E-mail: [email protected]

BUCHBESPRECHUNG

Models of Viral Hepatitis herausgegeben von Fritz von Weizsäcker & Michael Roggen-dorf. VIII + 164 Seiten, 27 Abbildungen, zum Teil farbig, 5 Tabellen, fester Einband. Erschienen als Band 25 in Kargers „Monographs in Virology“ (Hrsg. H.W. Doerr). Karger AG, Basel –Freiburg – Paris – London – New York – Bangalore – Bangkok – Singapur – Tokyo – Sydney, 2005. ISBN 3-8055-7809-1, ISSN 0077-0965. Euro 115,50. Die infektiöse, viral bedingte Hepatitis B wie auch Hepatitis C sind weltweit betrachtet die häufigste Ursache chronischer Le-bererkrankungen, einschließlich Lebermalignome des Menschen. Sie sind die Ursache für zirka achtzig Prozent der hepatozellulä-ren Karzinomata des Menschen. Diese Eckdaten verdeutlichen, dass der Forschung auf dem Gebiet viral bedingter Hepatitiden, wie auch der Prävention und Bekämpfung/Therapie(-forschung) derselben eine herausragende medizinische Relevanz zukommt. Tierversuchsmodelle, sowie Modelle in Zellkultursystemen, zur viral bedingten Hepatitis sind damit von zentraler Bedeutung, sowohl im Hinblick auf pathophysiologische Forschungsansätze, wie auch im Rahmen der Forschung auf dem Gebiet zur antivira-len Chemotherapie sowie potentiellen Impfstrategien und –ansätzen. Sie geben uns beispielsweise Einblicke in Mechanis-men der Virusreplikation bis hin zu immunologischen Abwehr-mechanismen seitens des Wirtes. Ihre Unabdingbarkeit im Rah-men der präklinischen Arzneimittelforschung bedarf der Ansicht des Rezensenten nach absolut keiner weiteren Erklärung. Auch nicht vor dem Hintergrund der Diskusssion bezüglich der drei R´s („reduction / refinement / replacement“) im Rahmen der zum Teil leidlichen Tierschutz- und Tierversuchsdiskussionen. Zur weiteren Information des potentiellen Leserkreises finden sich nachfolgend die einzelnen Kapitel dieses Bandes aufgelistet: The Woodchuck: A Model for Immunopathogenesis and Thera-py of Hepadnaviral Infection; Pathogenesis of Hepatitis B Virus in Transgenic Mice; Transfer of HBV Genomes into Mice; Re-cent Advances in the Duck Hepatitis B Virus Model; Determi-nants of Hepadnaviral Species and Liver Cell Tropism; T-Cell Response to Hepatitis B and C Virus: Lessons from the Chim-panzee Model; The Replicon System as an Efficient Tool to Study HCV RNA Replication; Hepatitis B Virus Infection of Primary Tupaia Hepatocytes; Tupaia belangeri as a Model for Hepatitis B Virus Infection; Primary Human Hepatocytes as an in vitro Model for Hepatitis B Virus Infection; Progress and

Perspectives of the uPA/RAG-2 Mouse Model: Liver Repopula-tion and Viral Infection Studies; The Trimera Mouse Model of HBV and HCV Infection. Damit gibt die hier besprochene Monographie einen umfangrei-chen und einzigartigen Überblick über den gegenwärtigen Stand der Wissenschaften und Technik bezüglich Modellen zur viral bedingten Hepatitis. Die einzelnen Kapitel wurden sorgfältig von ausgewiesenen Wissenschaftlern auf diesem Gebiet verfasst. Ferner besticht dieses Buch durch seine exzellente, umfassende Behandlung der Thematik sowie seine hervorragende Aufmachung. Wie von dieser Buchreihe bekannt, stellt es für alle Wissenschaftler, und auch Kliniker, die auf dem korrespondierenden Gebiet tätig sind, eine wertvolle und umfangreiche Informationsquelle dar. Beste-chend sind auch die in den einzelnen Kapiteln geschickt ausge-wählten Querverweise zur aktuellen Primärliteratur. Entstanden ist der „Grundstein“ zur Herausgabe dieses Buches wohl durch das „German Network of Excellence for Viral Hepa-titis“ (Hep-Net), welches 2002 offiziell ausgegründet wurde und bereits im Februar 2003 einen „Hep-Net-workshop“ zu Modellen zur viralen Hepatitis in Elmau/Deutschland durchführte. Von diesem „workshop“ entstammen wohl die Thematiken zu den meisten Beiträgen dieses Buches, und zwar in ausgezeichneter Form ausgearbeitet. Auch wird den industriellen Partnern, wie den Firmen „Glaxo Smith Kline Beecham“, „Abbott GmbH“, und „Gilead Sciences GmbH“ gedankt, die die Herausgabe dieser Monographie unterstützt haben. Zusammenfassend ein äußerst gelungener Beitrag zu einem medizinisch sehr relevantem Thema im Bereich der Infektiolo-gie, und dieses, aufgrund des möglicherweise - fachlich bedingt - recht eingeschränkten primären Leserkreises, doch zu einem durchaus akzeptabelen Preis. Eine etwas internationalere Beteili-gung an diesem Buchprojekt hätte man sich als Rezensent si-cherlich vorstellen können. Das dem nicht so ist mag jedoch durch den Konferenzstandort in Elmau/Deutschland – allein wegen der Lokalisation – so bedingt sein und tut dem wissen-schaftlichen Tiefgang dieses Buches absolut keinen Abbruch. Einen Glückwunsch den Herausgebern, wie auch den Verfassern der einzelnen Beiträge.

A. Schmidt, Witten/Herdecke

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UEMS

Die Europäische Union der Fachärzte (UEMS): Struktur und Aufgaben Werner Bär Institut für Medizinische Mikrobiologie, Carl-Thiem-Klinikum, Cottbus Die UEMS („Union Européenne Des Médecins Spécia-listes“) ist die Vereinigung der fachärztlichen Berufsver-bände der Europäischen Union. Die Mitglieder und Ver-treter bei der UEMS werden von den nationalen Berufs-verbänden bzw. (falls nicht existent) von den nationalen wissenschaftlichen Fachgesellschaften entsendet. (Abb. 1)

Abb. 1: Symbol der UEMS

1. Teilnahme des BÄMI an den Aktivitäten der UEMS

Warum soll unser Berufsverband an den Sitzungen der UEMS teilnehmen?

Mit der zunehmenden Integration der Länder der EU fin-det auch eine Anpassung der Berufe in den verschiedenen Ländern statt.

Hierbei ist es wichtig, laufende Entwicklungen zu nutzen und aktiv mitzugestalten.

Soweit es die infektiologische Versorgung der Bevölkerung betrifft, sind wir innerhalb der EU ein Entwicklungsland: In der BRD kommen auf eine Million Einwohner ca. 10-20 Infektiologen bzw. Mikrobiologen (1). In den nordischen Ländern und Italien liegt der Versorgungsschlüssel bei 40-60 Spezialisten. Dies bedeutet, dass wir erhebliche Defizite in diesem Sektor aufweisen; man muss darauf hinarbeiten, dass bei den Entscheidungen im europäischen Parlament Länder mit stärker entwickelten Strukturen eine Lobbyar-beit betreiben, die uns nützlich sein kann; z. B. beim Aufbau eines europäischen "Center for Disease Control" (2).

Andererseits gibt es eine Reihe von Ländern (z. B. Frank-reich), in denen die mikrobiologische Diagnostik von anderen nicht-mikrobiologischen Disziplinen (z. B. Phar-mazeuten, Laborärzten "Polyvalente") erbracht wird.

Es kann aber nicht in unserem Interesse liegen, dass sich solche Strukturen bei uns aufbauen; die Konflikte mit Infektiologen und Laborärzten zeigen bereits, wo die Probleme liegen.

2. Aufbau der UEMS

In Deutschland ist die entsprechende nationale Organisati-on die GFB (Gemeinschaft Fachärztlicher Berufsverbände [www.gfb.dgm.de]; Vorsitz: Dr. Rüggeberg). In der GFB sind alle deutschen Berufsverbände außer Gynäkologen und Radiologen vertreten.

Die Verkehrssprachen der UEMS sind englisch und fran-zösisch.

2.1. Die Verwaltung der UEMS liegt beim Executive Commitee (E.C.), Sitz in Brüssel. Derzeitiger Vorsitzender ist H. Halila (Finnland). Als sein Nachfolger im Herbst diesen Jahres ist Dr. Rüggeberg vorgesehen. Zur Struktur der UEMS siehe auch Abb. 2. Dem E.C. untergeordnet sind die Sections, in de-nen die einzelnen Fachärzterichtungen vertreten sind. Bei kleineren fachärztlichen Verbänden, die nicht in jedem Land der EU existieren, sind mehre-re fachlich ähnlichen Richtungen zu einer Section zusammengefasst. Diese sind dann in der Section als „Commission“ organisiert. Jedes Land hat nur eine Stimme pro Section. (s. a. Anhang)

2.2. Der Aufbau der Section, zu der die Med. Mikrobio-logie gehört, gliedert sich wie folgt:

- Section: Medical Biopathology

1) President: Michael Madden, Irland (kümmert sich um die organisatorischen Aspekte der Sec-tion)

2) Board President: demnächst U. Merten, BRD (Kümmert sich um inhaltliche Zuarbeiten)

- Commissions:

• Hematology • Clinical Chemistry • Immunology • Clinical Microbiology • Polyvalent (entspricht etwa dem “Laborarzt”

in der BRD)

2.3. Innerhalb der UEMS gibt es noch „Working groups“; diese sind fachgebietsübergreifend und be-handeln allgemeine Themen (z.B. Arbeitszeitgesetz).

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Abb. 2: Struktur der UEMS

Anhang:

The UEMS was founded in 1958, one year after the Treaty of Rome. The UEMS is the first European Association of Medical Specialists to be founded.

Objectives: “to defend at the international level, the title of the medical

specialist and his professional status in society (Statutes of the UEMS, Art. 2 – 1)

Composition: The UEMS includes full members and associated members.

Full members at the rate of one organisation per country be-longing to the European Union and the EFTA (since 1992), the national professional organisation representing the medi-cal specialists.

Associated members are those European medical specialist organisations nor belonging to the European Union and the EFTA.

Management Council: each UEMS Delegation consists of two delegates per country,

who do not represent their specialty, but their country, plus eventually one or two experts.

Voting is based upon the principle “one vote per full mem-ber”. Finally: at least one plenary session and one meeting of the Management Council per year.

Associated members follow these lines but are observers and are not allowed to vote. A Delegation of the UEMS Sections are also represented in the Management Council.

Specialist Sections: Founded in 1962, at present numbering .., they are the

UEMS “commonwealth”and force. The intimate UEMS co-operation with the Sections is part of the UEMS strong- hold in Europe. When the delegates of a Specialist Section speak with one voice, they have an authorized opinion. The UEMS Sections are represented in the Management Council.

The subject of their task is: -- professional defence of their specialty -- harmonization of the profession at the European level

For some time now, they may be assisted by experts from the scientific world, for the creation of their own working group, their European Board. This Board has to take charge of the medical specialist training. This aim will be achieved by the working out of optimal training standards and of continuing medical education, in opposition with the minimal definitions contained in the Doctor’s Directives. The true aim of the crea-tion of the European Boards is thus the defence and mainte-nance of the patients interest and high quality of care.

European cooperation: By means of the UEMS, the medical specialists themselves,

who through their representative professional and scientific organisations, are entrusted with the interests of their patients and the defence of their profession. The UEMS has an expert role for all problems of specialized medicine. This is executed in relation with the Advisory Committee on Medical training (A.C.M.T.) and the E.U. Commission. Finally in relation with the Standing Committee of European Doctors (C.P.)

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3. Vertretungen

Vertreten sind alle Länder der EU außer Litauen. Einige Nicht-EU Länder haben Beobachterstatus (z.B. Türkei, Israel).

4. Aufgaben und Aktivitäten der UEMS

4.1. Facharztausbildung - Harmonisierung der Facharzt-Ausbildung - Anerkennung der Facharztausbildung aus den

anderen Ländern der EU In einigen Ländern (Schweden, England) werden die Ausbildungskapazitäten für Infek-tiologen stark erhöht.

4.2. Weiterbildung Angebot von Postgraduate Training und Fel-

lowships. Die Möglichkeit zur weiteren Qualifizierung

(im Bereich der Section Biopathology) werden von einigen Ländern (Griechenland, Türkei, Finnland) bereits lebhaft genutzt.

4.3. Qualitätskontrolle Die EACCME (European Accreditation Coun-

cil for Continuing Medical Education) unter-steht der Executive der UEMS und vergibt “Credits” für CME – Aktivitäten auf europäi-scher und internationaler Ebene.

Die Vergabe von "Credits" wird in Zukunft eine zunehmend wichtige Rolle bei der Doku-mentierung von ärztlichen Weiterbildungen auch auf nationaler Ebene spielen.

4.4. Specialist Practice in Europe In diesem Papier einer Working Group werden

folgende Probleme von Fachärzten themati-siert:

- Einkommensverhältnisse bei Fachärzten - Mangel an (Fach-) Ärzten - Finanzieller, legaler und politischer Druck

auf Fachärzte - Arbeitsteilung zwischen hospital- und nicht -

hospital medizinischer Praxis.

4.5. Quality on Patientcare - beschreibt die Minimalstandards zur Qualität

der Versorgung von Patienten.

4.6. Berufsverbandsarbeit - Die UEMS unterstützt die Zusammenarbeit

mit anderen Sections (z.B. Infectiology) - Die UEMS hat Kontakte zu verschiedenen

Gremien des europäischen Paralaments - Die UEMS hat Kontakte zu anderen Berufs-

verbänden (z.B. zu dem Verband der Allge-meinärzte)

- Die UEMS erstellt und publiziert in ihren Working Groups Dokumente (s.u.)

5. Neue und in Diskussion befindliche Dokumente (Auswahl):

5.1. Medical Act: beschreibt die ärztliche Tätigkeit in Abgrenzung zu Tätigkeiten von Nicht-Ärzten.

5.2. Working Time: Dokument zur Regelung der Ar-beitszeit von Ärzten.

5.3. Draft Directive on Services: Dokument zur Liberali-sierung des europäischen Arbeitsmarktes (Speziell: Healthcare Service).

5.4. Curriculum zur Neuerfassung der Ausbildung für Mikrobiologen (nur Mikrobiol. Comission): Training Programme „ Clinical Microbiology“, basierend auf dem Entwurf zu einem Ausbildungskonzept in U.K.

6. Bedeutung der UEMS für den BÄMI:

Durch die Teilnahme an den Aktivitäten der UEMS erhal-ten wir Informationen, die für die Zukunft unserer berufli-chen Entwicklung wichtig sein können. Gleichzeitig be-steht auch die Möglichkeit Prozesse aktiv mitzugestalten.

Die unter 5.1. bis 5.4. genannten Dokumente werden in Zukunft unsere ärztliche Tätigkeit deutlich beeinflussen. Eine besondere Situation finden wir in der Section der Medical Biopathology vor:

Hier sind mehrere Sparten der Medizin zusammengefasst, die alle im Labor tätig sind. Da in einer Sektion jedes Land nur eine Stimme hat, bedeutet dies, dass wir Labor-ärzten (die dort auch die BRD repräsentieren) die Vertre-tung unserer Interessen überlassen, falls wir nicht selber unsere Stimme einbringen wollen.

Die Bedeutung der UEMS für unsere Tätigkeit sei am Beispiel eines niederländischen Kollegen gezeigt: Der Kollege ist Mitglied der Comission „Clin. Chemistry“. In seinem Heimatverband sind sowohl Ärzte als auch (vor-wiegend) Nicht-Ärzte vertreten. Als Mitglied der UEMS unterstützt er z.B. auch den „Medical Act“ i.e. er tritt für eine klare Trennung seiner ärztlichen Tätigkeit von der seiner nicht-medizinischen Kollegen ein. Dies wird ihm als berufsverbandschädliche Tätigkeit ausgelegt, und er muss sich vor einem Zivilgericht verantworten.

7. Literatur:

(1) Mc Kendrick MW: The European Union of Medical Specialties core training curriculum in infectious diseases: over view of national sys-tems and distribution of specialists. Clin. Microbiol. Infect. Dis. 2005; 11 (Suppl. 1): 28-32.

(2) Norrby SR: Infectious disease emergencies: role of the infectious disease specialist. Clin. Microbiol. Infect. Dis. 2005; 11 (Suppl. 1): 9-11.

8. Information:

Alle Dokumente sowie weitere Informationen können auf der Web-Site der UEMS eingesehen werden (www.uems.net).

Zusätzliche Unterlagen (z.B. Trainingsprogramm der Klinischen Mikrobiologie) können auch beim Autor ange-fordert werden.

Korrespondenzadresse:

Dr. W. Bär Institut Med. Mikrobiologie Carl-Thiem-Klinikum Cottbus Thiemstrasse 111 03048 Cottbus Tel.: 0355/46 2538, Fax: 0355/46 2539 e-mail: [email protected]

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202 MIKROBIOLOGE 15.Jg. 2005

BUCHBESPRECHUNG Geschichte der Mikrobiologie Von Hans Günther Schlegel, Göttingen. Herausgegeben von Benno Parthier im Auftrag des Präsidiums der Deutschen Aka-demie der Naturforscher Leopoldina, Acta Historica Leopoldina Nr. 28. 2. korrigierte Auflage. 280 Seiten, 93 Abbildungen, gebunden, Leinen mit Schutzumschlag. Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina, Halle (Saale) in Kommission bei Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, 2004. ISBN 3-8047-2086-2. Euro 29,65. „Die Naturwissenschaftler und die Ärzte sollen anfangen, die Geschichte der Naturwissenschaften und der Medizin selber zu studieren“. Mit diesem Zitat von Theodor Heuss aus dem Jahre 1950 be-ginnt das Vorwort des hier besprochenen Buches, und das Buch offeriert in fachdidaktisch perfekt aufgearbeiteter Form die Möglichkeiten dieses eingeforderten Anfanges. Nahezu allen Kapiteln ist ein zumeist derart treffliches und auf den Kontext des Kapitel zugeschnittenes Zitat vorangestellt. Nach der ersten Auflage dieses Werkes im Jahre 1999, wo das Buch bald nach der Veröffentlichung vergriffen war, ist nun die zweite ergänzte und revidierte Auflage erschienen. Dieses Werk zur Geschichte der Mikrobiologie deckt den Zeit-raum von den Anfängen der Geschichte der Mikrobiologie im sechzehnten Jahrhundert bis etwa 1960 ab. Interessant sind aus wissenschaftswissenschaftlicher Sicht auch die Ausführungen im ersten Kapitel des Vorwortes. Es wird hier expressis verbis darauf hingewiesen: “Die moder-nen Naturwissenschaften sind nicht so sehr durch Induktion, sondern viel mehr durch Derepression entstanden.“ Ein wichti-ger Aspekt der Wissenschaftsgeschichte und Wissenschaftsphi-losophie, auf den der Rezensent an dieser Stelle aufgrund seiner hohen Relevanz tiefer eingehen möchte. Die Verbündung der damaligen, so genannten „christlichen Kirche“ mit der zu der Zeit bereits antiquierten aristotelischen Naturauffassung bewirkte, dass neue Erkenntnisse – besonders auch auf dem Gebiet der Naturwissenschaften –, insofern sie nicht systemkonform waren, für ketzerisch erklärt und auf ge-meingefährliche Art und Weise im Keim erstickt wurden. Die Inquisition der sich als christlich orientiert selbsternannten - und damit selbstverkannten - Kirche liefert beispielsweise die perver-sesten Beispiele hierfür. „Amateur“-Astronomen, die das helio-zentrische Weltbild schon vor Kopernikus und Galilei entwickelt hatten, behielten ihre Erkenntnisse aus Liebe zu ihrem eigenen Leben als wohl gehütetes Geheimnis. Auch das „finstere Mittel-alter“ trägt seinen Namen somit nicht zu Unrecht. Eine alberne „Lachkanone“ und Innovationsbremse war beispielsweise die selbst noch 1864 von Pius IX. erlassene Enzyklika „Quanta cura“. Haarsträubende, unzeitgemäße Idiotie! Wäre dieser terrorisierende Bann, insbesondere auch der geisti-gen Freiheit gegenüber, schon früher zerschlagen worden, würde sicherlich auch die Geschichte der Mikrobiologie ihre Ansätze schon deutlich vor dem sechzehnten Jahrhundert verzeichnen können. Nun zum Inhalt des Buches als solches. Zur näheren Information des potentiellen Leserkreises finden sich die Titel der 22 Kapitel des Hauptteiles dieses Buches im Folgenden aufgelistet: Der Zeitgeist der Aufklärung; Leise Ahnungen von der Existenz von Mikroben; Die Sichtbarmachung der Bakterien; Untersu-chungen über die Urzeugung; Bakterien als Angehörige einer neuen Gruppe von Organismen; Medien, Sterilisation und Rein-kultur; Erreger von Infektionskrankheiten; Gärungen und Gäror-ganismen; Chemolithautotrophie; Anoxygene phototrophe Bak-terien; Oxygene phototrophe Bakterien; Fixierung von moleku-larem Stickstoff; Stoffwechsel und Enzyme; Die Einheit in der Biochemie; Strukturen und Funktionen der Zelle; Ökologie der Mikroorganismen; Symbiose; Systematik der Bakterien; Bak-teriophagen und Plasmide; Mutation und Genübertragung; Regu-lation des Stoffwechsels. Zuzüglich Vorwort, Epilog, Zeittafel, Allgemeiner Literaturverweise, Anmerkungen, Biographien, Abbildungsverzeichnis mit Quellen, Personen- und Sachregister.

Wie ersichtlich, hat das Buch die Absicht, dem Leser durch „bequeme Lektüre“ einen informativen und trotzdem spannen-den Grundriss der Geschichte der Mikrobiologie zu vermitteln. Es wird klar, welche Anstöße und Mittel es bedurfte, die Welt der Mikroorganismen kennen zulernen und zu erforschen. Die herausragenden Forscher und „Pioniere“ werden vorgestellt, die zu großen Entdeckungen gelangt sind, und die Konzepte entwickelt haben, die ihre Gültigkeit größtenteils bis heute be-halten haben. Einige weiterführende Buchveröffentlichungen zur Entwicklung der Mikrobiologie sind in den „Anmerkungen“ zusammengefasst. Der Hauptteil dieses Buches wurde insgesamt gesehen relativ knapp ausgestaltet, um so die Hauptentwicklungsrichtungen nicht durch Nebensächlichkeiten zu „verwässern“. Ferner gibt dieses genügend Platz, Biographien ausgewählter Protagonisten in einem separaten Teil detaillierter auszuführen zu können. Weitere Kurzbiographien wurden in die „Anmerkungen“ einge-fügt. Diese „Anmerkungen“ sollen den Zugang zu wichtigen Arbeiten der erwähnten Forscher und Wissenschaftler, zu ein-schlägigen Referaten jüngeren Datums, sowie zu manchen wis-senswerten und teilweise auch unterhaltsamen „Geschichten“ erleichtern. Das Buch geht somit den Themenkomplex der Geschichte der Mikrobiologie von einer ganzheitlichen Seite her an. Die Struk-tur richtet sich also nicht primär an Infektionserkrankungen, Krankheitserregergruppen, beziehungsweise herausragenden Persönlichkeiten der Geschichte der Mikrobiologie aus. Zusammenfassend ein exzellentes Buch. Zwangsläufig muss dieses Buch aufgrund der Komplexizität der Thematik an nahezu allen Punkten etwas an der Oberfläche bleiben und kann nur den „roten Faden“ über die Meilensteine im Bereich der Geschichte der Mikrobiologie aufzeigen. Und dieses ist in hervorragender Form gelungen. Das Buch richtet sich von daher sicherlich nicht primär an den Medizinhistoriker, da dieser wohl den Anspruch erheben wird, tiefer in die Materie einzudringen, was ernst ge-nommen zumeist ein Lebenswerk bedeuten wird. Der Rezensent sieht das Buch ebenfalls nicht auf einen derart engen Leserkreis eingeschränkt, wie vom Verlag beschrieben: „Studierende der Biologie – Mikrobiologen – Lehrer – Wissen-schaftshistoriker“. Das Buch richtet sich letztendlich an jedermann. Dem Laien eröffnet es die Geschichte der Erschließung des Mik-rokosmos, dem Mikrobiologen reflektiert es Gewusstes oder auch nicht Gewusstes in einem homogenen Kontext, und der Historiker als andere „Extremseite“ sieht einen historischen Kontext seines Fachgebietes in sehr kondensierter Form zusammengefasst. Bestechend sind auch die Reproduktionen / Faksimile der alten, authentischen Originalabbildungen aus medizinhistorisch be-deutsamen Publikationen sowie die Porträts herausragender Persönlichkeiten dieses Fachgebietes. Leider lässt die heutige Zeit der „molecular approaches“ oft keinen Platz mehr für als antiquiert erachtete historische Be-trachtungen des korrespondierenden Fachgebietes, was dem eingangs erwähnten Zitat von Theodor Heuss um so mehr Nach-druck verleiht. Mancher „verblendeter molecular-freak“ erkennt gar nicht mehr, dass seine Entdeckungen möglicherweise gar nicht so bahnbrechend sind wie er dachte, sondern lediglich ein teilweises „re-inventing the wheel“ darstellen, indem phänome-nologisch schon lange bekannte Erkenntnisse auf eine molekula-re Basis gestellt werden, die sich möglicherweise in relativ kur-zer Zeit ebenfalls überholt haben wird und sich dann eventuell genauso als ein phänomenologischer Ansatz zu erkennen gibt, nur auf einer anderen Zeitachse. In Anbetracht der exzellenten Aufmachung ist ebenfalls der Preis für dieses Werk als extrem günstig anzusehen. Löblich sei ferner darauf hingewiesen, dass die Auflage des hier vorgestell-ten Buches, sowie die gesamte Schriftreihe, durch das Bundes-ministerium für Bildung und Forschung sowie durch das Kul-tusministeriums des Landes Sachsen-Anhalt subventioniert und gefördert wird. Eine Lektüre, die mit Sicherheit jeden erkennt-nisorientierten Menschen ansprechen wird.

A. Schmidt, Witten/Herdecke

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FORTBILDUNGSVERANSTALTUNGEN

Berufsverband

Medizinische Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie e. V. des Landes Brandenburg Herbsttagung 2005

04. bis 05. November 2005 Landguthotel „Preußischer Hof“, 16559 Liebenwalde / OT Bischofswerder

P r o g r a m m

Freitag, 04.11.2005 Vorsitzender: Dr. Frank Berthold

14:00 – 14:15 Begrüßung, Dr. Frank Berthold

14:15 – 15:00 Rationale Diagnostik von klinisch relevanten Bakterien incl. grampositive Stäbchen PD Dr. Guido Funke, Labor Dr. Gärtner & Partner, Ravensburg 15:00 – 15:10 Diskussion

15:10 – 15:40 Ökonomische Aspekte der MRSA-Diagnostik PD Dr. Hans-Jörg Linde, Universitätsklinikum Regensburg 15:40 – 15:55 Diskussion

15:55 – 16:15 Entwicklungsstand und Notwendigkeit der Automatisierung in der Mikrobiologie PD Dr. Guido Funke 16:15 – 16:30 Diskussion

16:30 – 16:45 Kaffeepause

16:45 – 17:05 Erfahrungsbericht VITEK® II Dr. Thomas Wurche

17:05 – 17:15 VITEK® II – aus dem Focus des Herstellers Dr. Friedrich Dübler, bioMerieux, Nürtingen 17:15 – 17:30 Diskussion

17:30 – 18:00 Pertussis – Renaissance einer alten Infektionskrankheit Prof. Dr. Carl Heinz Wirsing von König, Institut für Hygiene und Laboratoriumsmedizin Krefeld 18:00 – 18:15 Diskussion

18:15 – 18:45 Standespolitik - aus Berufsverbänden (BÄMI, BDL), KV und Ärztekammer Dr. Frank Berthold

- neue Weiterbildungsordnung Dr. Bodo Wogawa

ca. 19.30 Abendessen

Samstag, 05.11.2005 Vorsitz: Dr. Bodo Wogawa

08:30 – 10:00 Validierung der Resistenztestung – warum ein Hemmhof nicht immer Empfindlichkeit bedeutet Prof. Dr. Sören Gatermann, Ruhr Universität Bochum, Institut für Medizinische Mikrobiologie

10:00 – 10:15 Pause

10:15 – 11:00 Automatisierte versus manuelle Validierung der Resistenztestung Prof. Dr. Sören Gatermann 11:00 – 11:15 Diskussion

11:15 – 12:15 Kasuistiken - Pulmonale Infektion durch Mycobacterinen malmoense Dipl.-Biol. Ilona Schwede, Prof. Dr. Werner Handrick, Dr. Bodo Wogawa, Dr. Frank Berthold

- weitere Anmeldungen erwünscht

ca. 12:30 Uhr Mittagessen, danach geführte Wanderung durch umliegende Wälder

Auskunft und Anmeldung: Frau Bärbel Schröder, Institut für Medizinische Diagnostik Oderland, Am Kleistpark 1, 15230 Frankfurt (Oder), Tel. (0335) 55 81 101, Fax (0335) 55 81 178

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AUS DEM BERUFSVERBAND

Als neue Mitglieder begrüßen wir:

Priv. Doz Dr. med. Andreas Ambrosch, Institut für Labo-ratoriumsmedizin und Infektionsdiagnostik, St. Joseph-Hospital, Wienerstr. 1, 27568 Bremerhaven, Tel: 0471/4805-539; Fax: 0471/4805-668

Dr. med. Ulla Ballies, Labor Dr. Ulla Ballies und Kolle-gen, Schönkirchener Str. 78-80, 24149 Kiel, Tel: 0431/218380; Fax: 0431/2183841

Dr. med. Dr. rer. biol. hum. Dipl. Biol. Stefan Borgmann, Institut für Med. Mikrobiol. und Hygiene, Universität Tübingen, Elfriede-Aulhorn-Str. 6, 72070 Tübingen, Tel: 07071/2981528; Fax: 07071/293434

Dr. med. Sabine Gröbner, Institut für Med. Mikrobiologie und Hygiene, Universität Tübingen, Elfriede-Aulhorn-Str. 6, 72070 Tübingen, Tel: 07071/2981528; Fax: 07071/295440

Dr. med. Bernd Martin Grüner, Institut für Med. Mikro-biologie und Hygiene, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Hochhaus Augustusplatz, 55101 Mainz, Tel: 06131/3933132; Fax: 06131/3937148

Dipl. Chem. Dr. rer. nat Dr. med. Dieter Münstermann, Labor Dr. Krone und Partner, Lübbertorwall 18, 32052 Herford, Tel: 05221/126143; Fax: 05221/126163

Dr. med. Berit Schulte, Institut für Med. Mikrobiologie und Hygiene, Universität Tübingen, Elfriede-Aulhorn-Str. 6, 72070 Tübingen, Tel: 07071/2981528; Fax: 07071/295440

Britt Schwenz, Klinikum Braunschweig GmbH, Institut für Mikrobiologie, Immunologie und KH-Hygiene, Celler Str. 38, 38114 Braunschweig, Tel: 0531/5953415; Fax: 0531/5953498

Dr. med. MPH (USA) Jens Thomsen, Labor Dr. Gärtner , Abt. Mikrobiologie und Hygiene, Elisabethenstr. 11, 88212 Ravensburg, Tel: 0751/502625; Fax: 0751/502828

Dr. med. Bettina Tiemer, Laborärztliche Gemeinschafts-praxis Lübeck, Dr. Borowski, Dr. Stengel und Kollegen, Von-Morgen-Str. 3, 23564 Lübeck, Tel: 0451/6109010;

Dr. med. Andrea Zimmermann, Hygiene Institut der Uni Heidelberg, Abt. Virologie, 69120 Heidelberg, Tel: 06221/5635009

LITERATURSPLITTER

In-vitro Herstellung von Infektiösem Prion-Protein

Prione sind ungewöhnliche Infektionserreger, die die übertragbaren spongiformen Enzephalopathien, u.a. BSE und Jacob-Creutzfeld Erkrankung hervorrufen. Es wird heute davon ausgegangen, dass der Erreger ausschließlich aus inkorrekt gefaltetem Prion-Protein besteht und auch als solches übertragen wird. Obgleich alle bekannten Fak-ten für diese These sprechen, sind Stimmen, die ein Virus, also Nukleinsäure, zumindest als Co-Faktor postulieren nie völlig verstummt. Einer Arbeitsgruppe unter Claudio Soto ist es nun gelungen in-vitro korrekt gefaltetes, phy-siologisches zelluläres PrPC in Protease resistentes, unphy-siologisches PrPres umzuwandeln. Dieses falsch gefaltete, krankmachende Prion-Protein war anschließend in der Lage, in Hamstern neurodegenerative Erkrankungen aus-zulösen, wie dies mit infektiösem Gehirnmaterial übli-cherweise geschieht. Dies darf als starkes Indiz dafür gewertet werden, dass die „ Nur Protein“ These richtig ist.

Castilla, J., Saá, P., Claudio Hetz, C., and Soto, C. (2005). In Vitro Generation of Infectious Scrapie Prions, Cell 121: 195-206.

Christian Lück, Dresden

BEZUGSQUELLEN

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TAGUNGSKALENDER Leipzig: 04. November 2005 - 17 . Tagung der Arbeitsgruppe „Myko-logische Laboratoriumsdiagnostik“ der Deutschsprachigen Mykolo-gischen Gesellschaft (DMykG) Themen: Dermatophyten: Morphologische und physiologische Differen-zierungsmerkmale von Dermatophyten; Katzenmikrosporie, MALDI-TOF MS (Massenspektroskopie) zur Identifizierung von Bakterien und Pilzen; inclusive Dermatophyten, DNA-Diagnostik von Pilzen; Fusarien und deren Toxine in Getreide; Trichophyton mentagrophy-tes.Mikroskopierkurs: Differenzierung von häufigen und seltenen Derma-tophyten-Arten Auskunft: PD Dr. med. P. Nenoff, Laboratorium für medizinische Mik-robiologie, Partnerschaft Dr. rer. nat. Jürgen Herrmann und Priv.-Doz. Dr. med. Pietro Nenoff, Straße des Friedens 8, D-04579 Mölbis, Tel. 034347-50 323; Fax 034347-50 123, e-mail [email protected] Liebenwalde: 04. bis 05. November 2005 – Herbsttagung des Berufs-verbandes Medizinische Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie im Land Brandenburg e.V. Themen: Automatisierung in der Mikrobiologie / Übertragbarkeit von Ergebnissen der Resisteztestungen / Bedeutung des Mikrobiologischen Labors für die Wirtschaftlichkeit des Krankenhauses

Auskunft: Frau Bärbel Schröder, Institut für Medizinische Diagnostik Oderland, Im Kleistpark 1, 15230 Frankfurt (Oder), Tel.: 0335 – 5581-101, Fax: 0335 – 5581-178. Washington (DC/USA): 11. bis 15. Dezember 2005 – American Society of Tropical Medicine and Hygiene. Themen: Tropical Disease / Infectious disease / Entomology / Virology / Parasitic disease / HIV / Clinical tropical medicine. Auskunft: American Society of Tropical Medicine and Hygiene, Judy DeAcetis, 60 Revere Drtive, Suite 500, Northbrook IL 60062, USA, Tel.: 001 – 847-480-9592, Fax: 001 – 847-480-9282, e-mail: [email protected], website: www.astmh.org

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Potsdam: 06. bis 08. April 2006 – 15. Frühjahrstagung des Berufsverbandes der Ärzte für Mikrobiologie und Infektions-epidemiologie. Auskunft: Büro-, Verlags- und Tagungsservice Dagmar Strebel, Bel-fortstraße 10, 76133 Karlsruhe, Fax: 0721 - 920 34 37, Email: [email protected]

BERUFSVERBAND DER ÄRZTE FÜR MIKROBIOLOGIE UND INFEKTIONSEPIDEMIOLOGIE E.V. Bundesvorsitzender: Prof. Dr. med. H. K. Geiss, Hygieneinstitut der Universität, MUA, Im Neuenheimer Feld 324,

69120 Heidelberg, Tel.: 06221 - 568317, Fax: 06221 - 563688, e-mail: [email protected]

Stellv. Vorsitzende: Prof. Dr. med. Gottfried Mauff, Laborärztliche Gemeinschaftspraxis, Dr. Kramer und Kollegen, Lauenburger Strasse 67, 21502 Geesthacht, Tel. 04152 - 803 147, Fax: 04152 - 803 347, e-mail: [email protected]

Prof. Dr. med. Dieter Neumann-Haefelin, Institut für Med. Mikrobiologie und Hygiene, Abteilung Virologie, Hermann-Herder-Str. 11, 79008 Freiburg, Tel.: 0761 - 203-6600,-6601, Fax: 0761 - 203-6626, email: [email protected]

Schriftführerin: Dr. med. Waltraud Römmler, Gemeinschaftspraxis Dr. I. Kragenings, Dr. W. Römmler und Koll., Sonnenstraße 19, 80331 München, Tel.: 089 - 55 143-0, Fax: 089 - 55 143-240

e-mail: [email protected] Schatzmeister: Dr. med. Dr. rer. nat. Anton Hartinger, Institut für Med. Mikrobiologie und Immunologie, Kran-

kenhaus München-Harlaching, Sanatoriumsplatz 2, 81545 München, Tel.: 089 - 6210 2480, Fax: 089 - 6210 3024, e-mail: [email protected]

Impressum: DER MIKROBIOLOGE Herausgeber: Berufsverband der Ärzte für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie e.V.

Bundesvorsitzender: Prof. Dr. med. H. K. Geiss, Hygieneinstitut der Universität, MUA, Im Neuen-heimer Feld 324, 69120 Heidelberg, Tel.: 06221 - 568317, Fax: 06221 - 563688, e-mail: [email protected]

Schriftleiter: Prof. Dr. F.- B. Spencker, Scheffelstraße 31a, 04277 Leipzig, Tel.: 0341 - 3012523, Fax: 0341 - 3081640, e-mail: [email protected]

Redaktionsmitglieder: Dr. med. Frank Berthold, Frankfurt/Oder; Prof. Dr. med. Holger Blenk, Fürth; Prof. Dr. med. vet. Roswitha Füssle, Gießen; Dr. Anton Hartinger, München; Prof. Dr. med. Manfred Kist, Freiburg; Dr. med. Eberhard Kniehl, Karlsruhe; Dr. med. Paul C. Lück, Dresden; Dr. med. Wolfgang Reiter, Stuttgart; Prof. Dr. med. A. Schmidt, Witten/Herdecke

Verlagsservice: Büro-, Verlags- und Tagungsservice Dagmar Strebel, Belfortstraße 10, 76133 Karlsruhe Tel.: 0721 - 920 3436, Fax: 0721 - 920 3437, e-mail: [email protected]

Die namentlich gekennzeichneten Beiträge, geben nicht unbedingt die Meinung des Berufsverbandes wieder. Die Zeitschrift und alle in ihr veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung der Redaktion und mit Quellenangabe gestattet. Erscheinungsweise: Zweimonatlich (6 Hefte jährlich) Bezugsbedingungen: Bezugspreis ab 01.01.2002 jährlich 30,- Euro, Einzelpreis 6,50 Euro einschl. Versandkosten und

MWSt. Für Mitglieder des Berufsverbandes ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten. Bestellungen: Büro-, Verlags- und Tagungsservice Dagmar Strebel, Belfortstraße 10, 76133 Karlsruhe

Fax: 0721 - 920 3437, e-mail: [email protected] Das Abonnement verlängert sich jeweils um ein Jahr, sofern nicht eine Abbestellung bis zum 30. September des laufenden Jahres erfolgt.

ISSN 0943-674X