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MIMESIS UND REPRÄSENTATION Einführung in die Literaturtheorie silkehorstkotte.wordpress.com

MIMESIS UND REPRÄSENTATION · PDF fileGliederung 1. Resümee und Fragen zur letzten Stunde 2. Erich Auerbach: Mimesis 3. Paul Ricœur: Zeit und Erfahrung

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Gliederung

1.  Resümee und Fragen zur letzten Stunde

2.  Erich Auerbach: Mimesis

3.  Paul Ricœur: Zeit und Erfahrung

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1. RESÜMEE, FRAGEN Zu Barthes und Derrida

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Fragen 1.  Was ist die Beziehung von Denotation und Konnotation

bei Barthes?

2.  Was ist das „Spiel der Zeichen“?

3.  Warum hat Derrida das freie Spiel so erweitern wollen und was hat er sich für die Rezeption versprochen?

4.  Was ist die Struktur für Derrida, wenn sie kein Zentrum hat?

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Denotation und Konnotation

•  Zusammenhang mit lesbarem bzw. schreibbarem Text

• Denotation = erste Bedeutung, die jeder Text hat

• Konnotation = zweite, übergeordnete Bedeutungsebene

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„Spiel der Zeichen“

• Spielbegriff bei Schiller (Briefe über die ästhetische Erziehung)

•  Johan Huizinga: These vom „homo ludens“ (1956)

• Novalis: Leser als erweiterter Autor

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Derridas Erweiterung des Spiels

• Begriff der „différance“

• Derrida und die negative Theologie

• Radikalisierung Nietzsches

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Struktur ohne Zentrum

• Strukturdenken der 60er und 70er Jahre

• Struktur bei Derrida: abendländisches Denken

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2. ERICH AUERBACH Mimesis: Dargestellte Wirklichkeit in der abendländischen Literatur. 2. Aufl. Bern: Francke 1959.

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Mimesis-Begriff

• Bezugspunkt Platon (10. Buch Politeia)

• Historisierung von Wirklichkeitsvorstellungen bei Auerbach

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„Für die gedachte Anschauung bedeutet ein auf Erden geschehener Vorgang, unbeschadet seiner konkreten Wirklichkeitskraft hier und jetzt, nicht nur sich selbst, sondern zugleich auch einen anderen, den er vorankündigt oder bestätigend wiederholt; und der Zusammenhang zwischen Vorgängen wird nicht vorwiegend als zeitliche oder kausale Entwicklung angesehen, sondern als Einheit innerhalb des göttlichen Planes, dessen Glieder und Spiegelungen alle Vorgänge sind […].“ (516)

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„Auf der einen Seite ausgeformte, gleichmäßig belichtete, ort- und zeitbestimmte, lückenlos im Vordergrund miteinander verbundene Erscheinungen; ausgesprochene Gedanken und Gefühle; mußevoll und spannungsarm sich vollziehende Ereignisse. Auf der anderen Seite wird nur dasjenige an den Erscheinungen herausgearbeitet, was für das Ziel der Handlung wichtig ist, der Rest bleibt im Dunkel; die entscheidenden Höhepunkte der Handlung werden allein betont, das Dazwischenliegende ist wesenlos […].“ (13f)

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„auf der einen Seite ausformende Beschreibung, gleichmäßige Beleuchtung, lückenlose Verbindung, freie Aussprache, Vordergründlichkeit, Eindeutigkeit, Beschränkung im Geschichtlich-Entwickelnden und im Menschlich-Problematischen; auf der anderen Seite Hervorarbeitung einiger, Verdunkelung anderer Teile, Abgerissenheit, suggestive Wirkung des Unausgesprochenen, Hintergründlichkeit, weltgeschichtlicher Anspruch, Ausbildung der Vorstellung vom geschichtlich Werdenden und Vertiefung des Problematischen.“ (26)

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Realismus

• Nicht einfach literarische Abbildung von Wirklichkeit

•  poetische Gestaltung eines bestimmten, historisch kontingenten Wirklichkeitskonzepts, das durch diese Gestaltung mit spezifischen Stilmitteln erst eigentlich entsteht

• Nähe zu Roland Barthes: L‘effet du réel

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„Die Charaktere, Haltungen und Verhältnisse der handelnden Personen sind also aufs engste mit den zeitgeschichtlichen Umständen verknüpft; zeitgeschichtliche politische und soziale Bedingungen sind auf eine so genaue und reale Weise in die Handlung verwoben, wie dies in keinem früheren Roman, ja in keinem literarischen Kunstwerk überhaupt der Fall war, es sei denn in solchen, die als ausgesprochen politisch-satirische Schriften auftraten; daß man die tragisch gefaßte Existenz eines Menschen niederen sozialen Ranges, wie hier die Julien Sorels, so konsequent und grundsätzlich in die konkreteste Zeitgeschichte einbaut und aus derselben entwickelt, das ist ein ganz neues und überaus bedeutendes Phänomen.“ (425)

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„die Umstände ergriffen ihn, warfen ihn umher, legten ihm ein eigentümliches, unerwartetes Geschick auf; sie formten ihn so, daß er gezwungen war, sich mit der Wirklichkeit auf eine Weise auseinanderzusetzen, wie niemand zuvor.“ (427) „Stendhals realistische Schriftstellerei erwuchs aus seinem Unbehagen in der nachnapoleonischen Welt, und aus dem Bewußtsein, nicht in sie hineinzugehören und in ihr keinen Ort zu besitzen.“ (428)

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„Stendhal lebte, während ein Erdbeben nach dem andern den gesellschaftlichen Boden erschütterte … Stendhals Interesse gehörte, eben weil es aus den Erfahrungen seiner Existenz entsprang, nicht der Struktur einer möglichen Gesellschaft, sondern den Veränderungen der wirklich gegebenen. Die Zeitenperspektive ist ihm ständig gegenwärtig […].“ (429) „Stendhal behandelt in seinen realistischen Schriften überall die ihm entgegentretende Wirklichkeit selbst […].“ (430)

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„Die Absicht auf Annäherung an echte objektive Wirklichkeit vermittelst vieler, von verschiedenen Personen (und zu verschiedenen Zeiten) gewonnener subjektiver Eindrücke ist wesentlich für das hier ins Auge gefaßte moderne Vorgehen: dies unterscheidet sich dadurch grundsätzlich von dem einpersonigen Subjektivismus, welcher nur einen einzigen, meist sehr eigenartigen Menschen zu Wort kommen und nur seinen Blick auf die Wirklichkeit gelten läßt.“ (498)

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3. PAUL RICŒUR Zeit und Erzählung I: Zeit und historische Erzählung. [1983]. 2. Aufl. München: Fink 2007.

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Mimesis-Konzept

• Bezugspunkt Aristoteles (Poetik)

• Mimesis 1: Verweis auf unser vertrautes Vorverständnis im Bereich der Handlung

• Mimesis 2: Eintritt ins Reich der Fiktion

• Mimesis 3: neue Konfiguration des vorverstandenen Bereichs der Handlung aufgrund der Fiktion

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Mimesis 1

• Vorverständnis in der Welt des Handelns

• Von hier Ablösung der Fabelkomposition

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Mimesis 2

• Vermittlung zwischen Mimesis 1 und Mimesis 3:

1.  zwischen individuellen Ereignissen und Geschichte als Ganzer

2.  Vereinigung heterogener Faktoren

3.  Verbindung einer episodischen Dimension mit der Zeit der Erzählung

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Notwendigkeit von Hermeneutik, die die Gesamtheit der Vorgänge rekonstruiert, „durch die ein Werk sich von dem undurchsichtigen Hintergrund des Lebens, Handelns und Leidens abhebt, um von einem Autor an einen Leser weitergegeben zu werden, der es aufnimmt und dadurch sein Handeln verändert. Für die Semiotik bleibt der einzige stichhaltige Begriff derjenige des literarischen Textes. Die Hermeneutik hingegen bemüht sich darum, den gesamten Bogen der Vorgänge zu rekonstruieren, durch die aus der praktischen Erfahrung Werke, Autoren und Leser hervorgehen.“ (88)

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Mimesis 3

• Die Erzählung „erlangt ihren vollen Sinn, wenn sie in der Mimesis III wieder in die Zeit des Handelns und des Leidens eintritt.“ (113)

• Eintritt des Werks in den Bereich der Kommunikation ist Eintritt in den Bereich der Referenz

•  préfiguration – configuration – refiguration

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Frage zur Diskussion: Was spielt ihrer Meinung nach die stärkere Rolle für die Bedeutung eines Textes: die Gestaltung durch den Autor, oder die Deutung durch den Leser? Oder beides? Bitte notieren Sie auch Fragen, die Sie zur heutigen Vorlesung haben!