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Rechtsprechung 66 bbl 2009, Heft 2 April © Springer-Verlag 2009 NÖ BauTV 1997 im gleichen Ausmaß eingeräumte Möglichkeit einer seitlichen Abweichung des freien Lichteinfalles nicht bewirkt. (Abweisung) Oberösterreich Abwasserentsorgung; Ausnahmen von der Kanalan- schlusspflicht; behördliche Begründungspflichten DOI 10.1007/s00738-009-0588-2 §§ 12 Abs 1 Z 2, 13 Abs 1 oö Abwasserentsor- gungsG 2001; § 60 AVG Im Verfahren über die Gewährung einer Ausnah- me von der Kanalanschlusspflicht muss auch das (hier: bestrittene) Vorliegen der Voraussetzungen der Kanalanschlusspflicht geprüft werden. VwGH 24.11.2008, 2007/05/0293 <36> Aus der Begründung: Die Bf hat jedoch im Verfahren vor den Verwaltungsbeh die Voraussetzungen für die Anschlusspflicht ihres Objektes an die öffentliche Kana- lisation bestritten; die Voraussetzungen für eine An- schlusspflicht gem § 12 Abs 1 Z 2 Oö Abwasserentsor- gungsG 2001 lägen nicht vor. Die bel Beh hielt diesem Vorbringen entgegen, dass das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anschluss- pflicht nicht im Verfahren über die Ausnahmen von der Anschlusspflicht nach § 13 Oö AbwasserentsorgungsG 2001 zu klären seien. Damit verkennt die bel Beh die Rechtslage. Nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl hiezu den AB 997/2001 GP XXV zu § 12 des Oö Abwasserentsor- gungsG 2001) ist der Kanalanschluss nicht zwingend mit Bescheid vorzuschreiben. Außerhalb der „50 m- Zone“ besteht jedoch keine Kanalanschlusspflicht. Der die Ausnahmen von der Kanalanschlusspflicht regelnde § 13 Oö AbwasserentsorgungsG 2001 kann daher nur auf jene Objekte angewendet werden, die innerhalb des im § 12 Abs 1 Z 2 leg cit normierten 50 m-Bereichs der öffentlichen Kanalisation liegen (s auch den AB 997/2001 GP XXV zu § 13 des Oö AbwasserentsorgungsG 2001). Die Frage der Gewährung der Ausnahme von der An- schlusspflicht gem § 13 Abs 1 Oö AbwasserentsorgungsG 2001 stellt sich somit erst dann, wenn die Anschluss- pflicht gem § 12 Abs 1 Z 2 leg cit fest steht. Die Gemeindebeh gingen im Beschwerdefall davon aus, dass für das Objekt der Bf Gst Nr. 77, KG Grund Holling, inneliegend dem Gst Nr 523/3, desselben Grundbuchs, die Anschlusspflicht an die öffentliche Kanalisation besteht, ohne dies jedoch nach Durchfüh- rung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens zu begründen. Im Spruch des erst- und zweitinstanzlichen Bescheides wird die Verpflichtung zum Anschluss an die gemeindeeigene Kanalisationsanlage ausdrücklich (als weiterhin aufrecht bestehend) festgestellt. Gem § 60 AVG sind in der Begründung des Beschei- des die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Be- kanntgabe der Erwägungen, aus denen die Beh zur Überzeugung gelangt, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimm- ten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annah- men der Beh und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu ent- halten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes un- ter die von der Beh herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es dem Bescheidadressaten und auch dem VwGH möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (vgl das Erk v 29.8.1995, 94/05/0196). Um den dargestellten Anforderungen des § 60 AVG zu entsprechen, hätte es in der Begründung der im ge- meindebeh Instanzenzug ergangenen Bescheide der Darlegung eines konkreten Sachverhaltes bedurſt, der die Beurteilung der Rechtsfrage ermöglicht, ob die Vo- raussetzungen für die Kanalanschlusspflicht vorlie- gen. Es liegt somit eine entscheidende Begründungslücke in den Gemeindebescheiden vor, die auch wesentlich ist, weil die Gemeindebeh, hinsichtlich der Annahme der Kanalanschlusspflicht kein Ermittlungsverfahren durchgeführt und die erforderlichen Feststellungen ge- troffen haben und dadurch die Überprüfung dieser Bescheide auf die Rechtmäßigkeit ihres Inhaltes gehin- dert wurde. (Auebung) (Mindest-)Abstände; geschlossen bebautes Gebiet; Amtssachverständiger; keine Befangenheit DOI 10.1007/s00738-009-0589-1 §§ 2 Z 24, 5, 6 Abs 1 Z 1 oö BauTG 1994; § 52 AVG Der Begriff „bebautes Gebiet“ umschreibt keinen normativen, sondern einen tatsächlichen Zu- stand. Im „bebauten Gebiet“ müssen nicht sämtliche im Beurteilungsgebiet befindlichen Gebäude nahe der Nachbargrundstücksgrenzen errichtet worden sein; nach dem Gesetzeswortlaut ist nicht ausgeschlossen, dass vereinzelt größere Abstän- de oder einzelne unbebaute Flächen in einem solchen Gebiet vorhanden sein können. Die Tatsache, dass ein Amtssachverständiger sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch im Berufungsverfahren zur Beurteilung bautech- nischer Fragen herangezogen wird, vermag für sich allein noch keine sachlichen Bedenken ge- gen den Berufungsbescheid erwecken. VwGH 16.12.2008, 2007/05/0022 <37>

(Mindest-)Abstände; geschlossen bebautes Gebiet; Amtssachverständiger; keine Befangenheit

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Rechtsprechung66bbl2009, Heft 2

April

© Springer-Verlag 2009

NÖ BauTV 1997 im gleichen Ausmaß eingeräumte Möglichkeit einer seitlichen Abweichung des freien Lichteinfalles nicht bewirkt. (Abweisung)

Oberösterreich

Abwasserentsorgung; Ausnahmen von der Kanalan-schlusspflicht; behördliche Begründungspflichten

DOI 10.1007/s00738-009-0588-2

§§ 12 Abs 1 Z 2, 13 Abs 1 oö Abwasserentsor-gungsG 2001; § 60 AVG

Im Verfahren über die Gewährung einer Ausnah-me von der Kanalanschlusspflicht muss auch das (hier: bestrittene) Vorliegen der Voraussetzungen der Kanalanschlusspflicht geprüft werden.

VwGH 24.11.2008, 2007/05/0293 <36>

Aus der Begründung: Die Bf hat jedoch im Verfahren vor den Verwaltungsbeh die Voraussetzungen für die Anschlusspflicht ihres Objektes an die öffentliche Kana-lisation bestritten; die Voraussetzungen für eine An-schlusspflicht gem § 12 Abs 1 Z 2 Oö Abwasserentsor-gungsG 2001 lägen nicht vor.

Die bel Beh hielt diesem Vorbringen entgegen, dass das Vorliegen der Voraussetzungen für die Anschluss-pflicht nicht im Verfahren über die Ausnahmen von der Anschlusspflicht nach § 13 Oö AbwasserentsorgungsG 2001 zu klären seien.

Damit verkennt die bel Beh die Rechtslage.Nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl hiezu den AB

997/2001 GP XXV zu § 12 des Oö Abwasserentsor-gungsG 2001) ist der Kanalanschluss nicht zwingend mit Bescheid vorzuschreiben. Außerhalb der „50 m-Zone“ besteht jedoch keine Kanalanschlusspflicht. Der die Ausnahmen von der Kanalanschlusspflicht regelnde § 13 Oö AbwasserentsorgungsG 2001 kann daher nur auf jene Objekte angewendet werden, die innerhalb des im § 12 Abs 1 Z 2 leg cit normierten 50 m-Bereichs der öffentlichen Kanalisation liegen (s auch den AB 997/2001 GP XXV zu § 13 des Oö AbwasserentsorgungsG 2001). Die Frage der Gewährung der Ausnahme von der An-schlusspflicht gem § 13 Abs 1 Oö AbwasserentsorgungsG 2001 stellt sich somit erst dann, wenn die Anschluss-pflicht gem § 12 Abs 1 Z 2 leg cit fest steht.

Die Gemeindebeh gingen im Beschwerdefall davon aus, dass für das Objekt der Bf Gst Nr. 77, KG Grund Holling, inneliegend dem Gst Nr 523/3, desselben Grundbuchs, die Anschlusspflicht an die öffentliche Kanalisation besteht, ohne dies jedoch nach Durchfüh-rung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens zu begründen. Im Spruch des erst- und zweitinstanzlichen Bescheides wird die Verpflichtung zum Anschluss an die gemeindeeigene Kanalisationsanlage ausdrücklich (als weiterhin aufrecht bestehend) festgestellt.

Gem § 60 AVG sind in der Begründung des Beschei-des die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei

der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Die Begründung eines Bescheides bedeutet die Be-kanntgabe der Erwägungen, aus denen die Beh zur Überzeugung gelangt, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und dass damit der Tatbestand einer bestimm-ten Rechtsnorm verwirklicht ist. Die Begründung eines Bescheides hat Klarheit über die tatsächlichen Annah-men der Beh und ihre rechtlichen Erwägungen zu schaffen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht hat sie daher alle jene Feststellungen in konkretisierter Form zu ent-halten, die zur Subsumierung dieses Sachverhaltes un-ter die von der Beh herangezogene Norm erforderlich sind. Denn nur so ist es dem Bescheidadressaten und auch dem VwGH möglich, den Bescheid auf seine Rechtsrichtigkeit zu überprüfen (vgl das Erk v 29.8.1995, 94/05/0196).

Um den dargestellten Anforderungen des § 60 AVG zu entsprechen, hätte es in der Begründung der im ge-meindebeh Instanzenzug ergangenen Bescheide der Darlegung eines konkreten Sachverhaltes bedurft, der die Beurteilung der Rechtsfrage ermöglicht, ob die Vo-raussetzungen für die Kanalanschlusspflicht vorlie-gen.

Es liegt somit eine entscheidende Begründungslücke in den Gemeindebescheiden vor, die auch wesentlich ist, weil die Gemeindebeh, hinsichtlich der Annahme der Kanalanschlusspflicht kein Ermittlungsverfahren durchgeführt und die erforderlichen Feststellungen ge-troffen haben und dadurch die Überprüfung dieser Bescheide auf die Rechtmäßigkeit ihres Inhaltes gehin-dert wurde. (Aufhebung)

(Mindest-)Abstände; geschlossen bebautes Gebiet; Amtssachverständiger; keine Befangenheit

DOI 10.1007/s00738-009-0589-1

§§ 2 Z 24, 5, 6 Abs 1 Z 1 oö BauTG 1994; § 52 AVG

Der Begriff „bebautes Gebiet“ umschreibt keinen normativen, sondern einen tatsächlichen Zu-stand.

Im „bebauten Gebiet“ müssen nicht sämtliche im Beurteilungsgebiet befindlichen Gebäude nahe der Nachbargrundstücksgrenzen errichtet worden sein; nach dem Gesetzeswortlaut ist nicht ausgeschlossen, dass vereinzelt größere Abstän-de oder einzelne unbebaute Flächen in einem solchen Gebiet vorhanden sein können.

Die Tatsache, dass ein Amtssachverständiger sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch im Berufungsverfahren zur Beurteilung bautech-nischer Fragen herangezogen wird, vermag für sich allein noch keine sachlichen Bedenken ge-gen den Berufungsbescheid erwecken.

VwGH 16.12.2008, 2007/05/0022 <37>