2
Rechtsprechung bbl 2009, Heft 1 Februar 25 © Springer-Verlag 2009 Tode desjenigen, der die verpönte Handlung ge- setzt hat. Ein Strafvorwurf stellt eine höchstpersönliche Angelegenheit des Beschuldigten dar. Ein Rechts- übergang eines solchen Strafanspruches des Staates auf die Erben des Täters kann nicht an- genommen werden. Keiner der in § 23 Abs 1 Z 1 bis Z 25 BauPolG enthaltenen Tatbestände enthält einen Straftat- bestand des Belassens einer konsenslos errich- teten baulichen Anlage. VwGH 9.9.2008, 2007/06/0002 <9> Aus der Begründung: Die Bf macht geltend, dass ihr im Spruch des angefochtenen Bescheides vorgeworfen werde, sie habe es als Grundeigentümerin zu verant- worten, dass ein Flugdach in Holzkonstruktion auf dem bezeichneten Grundstück „ausgeführt ist“. Dem- gegenüber lege ihr die Begründung des Erk zur Last, dass sie für die Aufrechterhaltung des konsenslosen Zustandes für das von ihrem Rechtsvorgänger und da- maligen Grundeigentümer errichtete Flugdach verant- wortlich sei, zumal es ihr als Grundeigentümerin ob- liege, die konsenslose bauliche Anlage zu beseitigen oder dafür eine nachträgliche Baubewilligung zu er- wirken. Zu Recht gehe die bel Beh davon aus, dass die Bf Ende der 70er Jahre den Bau des Flugdaches weder selbst vorgenommen (ausgeführt) noch in Auſtrag ge- geben (veranlasst) habe. ISd Feststellungen der bel Beh habe ihr Vater (ihr Rechtsvorgänger im Eigentum an dem Grundstück) das Flugdach errichtet. Der Vorwurf, sie sei als Grundeigentümerin dafür verantwortlich, dass ein Flugdach als bauliche Maßnahme ohne baubeh Bewilligung „ausgeführt ist“ bzw für die Aufrechter- haltung des konsenslosen Zustandes deshalb verant- wortlich zu sein, weil es ihr als nunmehriger Grundei- gentümerin obliege, die konsenslose bauliche Anlage zu beseitigen oder dafür eine nachträgliche Baubewil- ligung zu erwirken, seien verschiedene Tatvorwürfe, weswegen der Bescheidspruch und seine Begründung zueinander in Widerspruch stünden. Diesem Beschwerdevorbringen kommt im Ergebnis Berechtigung zu. Gem § 23 Abs 1 lit a (erster Tatbestand) Sbg BauPolG 1973 (wie auch gem § 23 Abs 1 Z 1 Sbg BauPolG 1997 in der angeführten Fassung) machte sich straar, wer ohne baubeh Bewilligung eine bauliche Maßnahme ausführt (mit Verweis auf § 12 Abs 1). § 23 Abs 4 Sbg BauPolG 1973 (wie jetzt auch § 23 Abs 3 Sbg BauPolG 1997) sah vor, dass der genannte straare Tatbestand einer Übertretung des § 12 Abs 1 ein Dauerdelikt dar- stellte, das hinsichtlich des unzulässig Hergestellten erst mit der Rechtskraſt der erforderlichen Bewilligung oder mit der Beseitigung der hergestellten baulichen Anlage endete. Die Anordnung eines Dauerdeliktes kann sich im vorliegenden Fall nur auf den straaren Tatbestand iSd § 23 Abs 1 lit a Sbg BauPolG 1973 bezie- hen, nach dem für die Tatbegehung maßgeblich ist, dass der Beschuldigte eine bauliche Maßnahme ohne bau- beh Bewilligung „ausführt“. Keiner der in § 23 Abs 1 Z 1 bis Z 25 BauPolG enthaltenen Tatbestände enthält einen Straſtatbestand des Belassens einer konsenslos errichteten baulichen Anlage. Die Ausführung des ver- fahrensgegenständlichen Flugdaches erfolgte nach den Feststellungen der bel Beh nicht durch die Bf, sondern durch den Vater der Bf. Die Bf vertritt in ihrer Replik zur Gegenschriſt der bel Beh zutreffend die Ansicht, dass bei einem derartigen Dauerdelikt die Straarkeit mit dem Tode desjenigen endet, der die verpönte Hand- lung gesetzt hat, im vorliegenden Fall also der, der das verfahrensgegenständliche Flugdach konsenslos er- richtet hat (vgl § 45 Abs 1 Z 2 VStG betreffend Umstän- de, die die Straarkeit einer Tat aueben und Anm 8 dazu, nach der der Tod des Beschuldigten einen solchen Umstand darstellt). Ein gegenüber einem Beschuldig- ten gegebener Strafvorwurf stellt eine höchstpersönli- che Angelegenheit des Beschuldigten dar. Ein Rechts- übergang eines solchen Strafanspruches des Staates auf die Erben des Täters kann nicht angenommen werden. (Auebung) (Mindest-)Abstandsvorschriften; Messpunkte; Begriff „Dachtraufe“ DOI 10.1007/s00738-009-0559-7 § 25 Abs 3 sbg BGG Bei der „Dachtraufe“ handelt es sich – im Sinn des allgemeinen Sprachgebrauches – um die Re- genabtropfkante. VwGH 22.10.2008, 2005/06/0230 <10> Aus der Begründung: 1.1. Zunächst ist auf das Vor- bringen einzugehen, wonach sich der Bf in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf Einhaltung des Min- destabstandes verletzt sieht. Dabei wendet er sich zunächst gegen die von der bel Beh vertretene Def der „Dachtraufe“. Im G selbst fehle eine Def. Die bel Beh habe hier auf ein Bildwörterbuch der Architektur aus Deutschland verwiesen und defi- niere die Dachtraufe gem den dortigen Ausführungen. Dass der Gesetzgeber unter der Dachtraufe das verste- hen habe wollen, was in diesem Bildwörterbuch der Architektur aus dem Jahr 1999 als Dachtraufe definiert sei, sei nicht ersichtlich. Vielmehr sei der Begriff völlig unbestimmt. Dazu komme, dass ein Abstellen auf die Dachtraufe in dem Sinn, dass darunter die untere Ab- lauante des Regenwassers bzw die waagrechte Be- grenzung der Dachfläche verstanden werde, ebenfalls unbestimmt und gleichheitswidrig sei. Dazu ist auszuführen, dass der Begriff „Dachtraufe“ iSd § 25 Abs 3 BGG nach Auffassung des VwGH nicht als unbestimmt und gleichheitswidrig iSd Art 18 B-VG anzusehen ist, wie dies bereits der VfGH unter Verweis auf seine Rsp zu Art 18 B-VG in seinem Ablehnungs- beschluss v 6.6.2005, B 456/05-3, unter Hinweis auf sein Erk VfSlg 13.785/1994, angedeutet hat. Es kann davon

(Mindest-)Abstandsvorschriften; Messpunkte; Begriff "Dachtraufe"

  • Upload
    k-giese

  • View
    213

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: (Mindest-)Abstandsvorschriften; Messpunkte; Begriff "Dachtraufe"

Rechtsprechungbbl2009, Heft 1Februar 25

© Springer-Verlag 2009

Tode desjenigen, der die verpönte Handlung ge-setzt hat.

Ein Strafvorwurf stellt eine höchstpersönliche Angelegenheit des Beschuldigten dar. Ein Rechts-übergang eines solchen Strafanspruches des Staates auf die Erben des Täters kann nicht an-genommen werden.

Keiner der in § 23 Abs 1 Z 1 bis Z 25 BauPolG enthaltenen Tatbestände enthält einen Straftat-bestand des Belassens einer konsenslos errich-teten baulichen Anlage.

VwGH 9.9.2008, 2007/06/0002 <9>

Aus der Begründung: Die Bf macht geltend, dass ihr im Spruch des angefochtenen Bescheides vorgeworfen werde, sie habe es als Grundeigentümerin zu verant-worten, dass ein Flugdach in Holzkonstruktion auf dem bezeichneten Grundstück „ausgeführt ist“. Dem-gegenüber lege ihr die Begründung des Erk zur Last, dass sie für die Aufrechterhaltung des konsenslosen Zustandes für das von ihrem Rechtsvorgänger und da-maligen Grundeigentümer errichtete Flugdach verant-wortlich sei, zumal es ihr als Grundeigentümerin ob-liege, die konsenslose bauliche Anlage zu beseitigen oder dafür eine nachträgliche Baubewilligung zu er-wirken. Zu Recht gehe die bel Beh davon aus, dass die Bf Ende der 70er Jahre den Bau des Flugdaches weder selbst vorgenommen (ausgeführt) noch in Auftrag ge-geben (veranlasst) habe. ISd Feststellungen der bel Beh habe ihr Vater (ihr Rechtsvorgänger im Eigentum an dem Grundstück) das Flugdach errichtet. Der Vorwurf, sie sei als Grundeigentümerin dafür verantwortlich, dass ein Flugdach als bauliche Maßnahme ohne baubeh Bewilligung „ausgeführt ist“ bzw für die Aufrechter-haltung des konsenslosen Zustandes deshalb verant-wortlich zu sein, weil es ihr als nunmehriger Grundei-gentümerin obliege, die konsenslose bauliche Anlage zu beseitigen oder dafür eine nachträgliche Baubewil-ligung zu erwirken, seien verschiedene Tatvorwürfe, weswegen der Bescheidspruch und seine Begründung zueinander in Widerspruch stünden.

Diesem Beschwerdevorbringen kommt im Ergebnis Berechtigung zu.

Gem § 23 Abs 1 lit a (erster Tatbestand) Sbg BauPolG 1973 (wie auch gem § 23 Abs 1 Z 1 Sbg BauPolG 1997 in der angeführten Fassung) machte sich strafbar, wer ohne baubeh Bewilligung eine bauliche Maßnahme ausführt (mit Verweis auf § 12 Abs 1). § 23 Abs 4 Sbg BauPolG 1973 (wie jetzt auch § 23 Abs 3 Sbg BauPolG 1997) sah vor, dass der genannte strafbare Tatbestand einer Übertretung des § 12 Abs 1 ein Dauerdelikt dar-stellte, das hinsichtlich des unzulässig Hergestellten erst mit der Rechtskraft der erforderlichen Bewilligung oder mit der Beseitigung der hergestellten baulichen Anlage endete. Die Anordnung eines Dauerdeliktes kann sich im vorliegenden Fall nur auf den strafbaren Tatbestand iSd § 23 Abs 1 lit a Sbg BauPolG 1973 bezie-hen, nach dem für die Tatbegehung maßgeblich ist, dass der Beschuldigte eine bauliche Maßnahme ohne bau-

beh Bewilligung „ausführt“. Keiner der in § 23 Abs 1 Z 1 bis Z 25 BauPolG enthaltenen Tatbestände enthält einen Straftatbestand des Belassens einer konsenslos errichteten baulichen Anlage. Die Ausführung des ver-fahrensgegenständlichen Flugdaches erfolgte nach den Feststellungen der bel Beh nicht durch die Bf, sondern durch den Vater der Bf. Die Bf vertritt in ihrer Replik zur Gegenschrift der bel Beh zutreffend die Ansicht, dass bei einem derartigen Dauerdelikt die Strafbarkeit mit dem Tode desjenigen endet, der die verpönte Hand-lung gesetzt hat, im vorliegenden Fall also der, der das verfahrensgegenständliche Flugdach konsenslos er-richtet hat (vgl § 45 Abs 1 Z 2 VStG betreffend Umstän-de, die die Strafbarkeit einer Tat aufheben und Anm 8 dazu, nach der der Tod des Beschuldigten einen solchen Umstand darstellt). Ein gegenüber einem Beschuldig-ten gegebener Strafvorwurf stellt eine höchstpersönli-che Angelegenheit des Beschuldigten dar. Ein Rechts-übergang eines solchen Strafanspruches des Staates auf die Erben des Täters kann nicht angenommen werden. (Aufhebung)

(Mindest-)Abstandsvorschriften; Messpunkte; Begriff „Dachtraufe“

DOI 10.1007/s00738-009-0559-7

§ 25 Abs 3 sbg BGG

Bei der „Dachtraufe“ handelt es sich – im Sinn des allgemeinen Sprachgebrauches – um die Re-genabtropfkante.

VwGH 22.10.2008, 2005/06/0230 <10>

Aus der Begründung: 1.1. Zunächst ist auf das Vor-bringen einzugehen, wonach sich der Bf in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf Einhaltung des Min-destabstandes verletzt sieht.

Dabei wendet er sich zunächst gegen die von der bel Beh vertretene Def der „Dachtraufe“. Im G selbst fehle eine Def. Die bel Beh habe hier auf ein Bildwörterbuch der Architektur aus Deutschland verwiesen und defi-niere die Dachtraufe gem den dortigen Ausführungen. Dass der Gesetzgeber unter der Dachtraufe das verste-hen habe wollen, was in diesem Bildwörterbuch der Architektur aus dem Jahr 1999 als Dachtraufe definiert sei, sei nicht ersichtlich. Vielmehr sei der Begriff völlig unbestimmt. Dazu komme, dass ein Abstellen auf die Dachtraufe in dem Sinn, dass darunter die untere Ab-laufkante des Regenwassers bzw die waagrechte Be-grenzung der Dachfläche verstanden werde, ebenfalls unbestimmt und gleichheitswidrig sei.

Dazu ist auszuführen, dass der Begriff „Dachtraufe“ iSd § 25 Abs 3 BGG nach Auffassung des VwGH nicht als unbestimmt und gleichheitswidrig iSd Art 18 B-VG anzusehen ist, wie dies bereits der VfGH unter Verweis auf seine Rsp zu Art 18 B-VG in seinem Ablehnungs-beschluss v 6.6.2005, B 456/05-3, unter Hinweis auf sein Erk VfSlg 13.785/1994, angedeutet hat. Es kann davon

Page 2: (Mindest-)Abstandsvorschriften; Messpunkte; Begriff "Dachtraufe"

Rechtsprechung26bbl2009, Heft 1

Februar

© Springer-Verlag 2009

ausgegangen werden, dass der Sbg Gesetzgeber bei der Verwendung des Begriffes „Dachtraufe“ in § 25 Abs 3 Sbg BGG vom allgemeinen Sprachgebrauch ausgegan-gen ist. Daher kann der bel Beh nicht entgegen getreten werden, wenn sie den Begriff „Dachtraufe“ iSd allge-meinen Sprachgebrauches verstehen wollte und ihn wie im Bescheid umschrieben als „Regenabtropfkante“, nicht aber als „Schnittpunkt zwischen Dachfläche und aufgehendem Mauerwerk“ definiert hat (vgl dazu ne-ben der bereits von der bel Beh zit Lit auch Frommhold-Gareiß, Bauwörterbuch, 2. Aufl 1978, S 259). So ist auch nach Giese, Salzburger Baurecht, Kommentar, 2006, S 107, zu § 25, die Dachtraufe der untere, waagrechte Rand eines geneigten Daches ist, über den das Regen-wasser abtropft.

Für den vom Bf gewählten Ansatz, wonach die Höhe der Dachtraufe nicht im Bereich des geständerten Bal-kones zu messen, sondern am Schnittpunkt zwischen Dachfläche und dem aufgehenden Mauerwerk sei, und die bei etwa 7 m liege, wodurch der Mindestabstand verletzt sei, lässt sich im § 25 BGG keine Grundlage finden. Insb stellt das gegenständliche Dach eine Ein-heit dar und kann nicht in ein Dach mit Traufenhöhe 7 m und eine Balkonüberdachung unterteilt werden. Die bel Beh hat auch im bekämpften Bescheid richtiger Weise darauf verwiesen, dass sich der tatsächlich rele-vante Traufenpunkt nach dem gewachsenen Gelände bemisst (s dazu ebenfalls Giese, aaO, zu § 25 Z 9). Dieser ist dem Plan „Lotschnitt M : 1:50“ und dem Gutachten des AmtsSV Ing. G mit 5,31 m zu entnehmen. Daher konnte die bel Beh zu Recht davon ausgehen, dass der Mindestabstand des § 25 Abs 3 BGG gewahrt ist. (Ab-weisung)

Steiermark

Baupolizeilicher Beseitigungsauftrag; keine Antrags-rechte des Grundeigentümers

DOI 10.1007/s00738-009-0560-1

§ 41 stmk BauG 1995

Dem Grundeigentümer kommt kein Rechtsan-spruch auf Durchführung eines Verfahrens zur Setzung von baupolizeilichen Maßnahmen auf seinem eigenen Grundstück zu.

VwGH 9.9.2008, 2005/06/0341 <11>

Aus der Begründung: Der Antrag des Bf v 12.5.2004 zielt auf die Durchführung eines Verfahrens zur Set-zung von baupolizeilichen Maßnahmen nach § 41 Stmk BauG ab. Der VwGH hat bereits mehrfach dargelegt, dass grundsätzlich kein Rechtsanspruch auf die Erlas-sung eines baupolizeilichen Auftrages besteht, es sei denn, der Gesetzgeber hat einen solchen Anspruch vor-gesehen. Im Stmk BauG hat der Gesetzgeber ein derar-tiges Recht nur dem Nachbarn, nicht aber dem Grund-eigentümer zuerkannt. Der Eigentümer oder ein Mitei-

gentümer besitzt diesbezüglich keinen Rechtsanspruch (vgl etwa die Erk v 14.9.1995, 95/06/0126, und v 23.12. 1999, 99/06/0173, mwN).

Auch die vom Bf gezogene Schlussfolgerung, aus dem Umstand, dass dem Grundeigentümer das Recht auf Parteistellung im Baugenehmigungsverfahren zu-komme, sei zu folgern, dass ihm auch ein Recht auf Erlassung einer baupolizeilichen Maßnahme auf sei-nem eigenen Grundstück zustehen müsse, ist nicht überzeugend. Zum einen ist auch die Parteistellung des Grundeigentümers, wenn er nicht selbst Bauwerber ist, im Baugenehmigungsverfahren auf die Frage seiner Zustimmung zum Bauantrag eingeschränkt. Zum an-deren geht es bei Erlassung eines baupolizeilichen Auf-trages um öffentliche Interessen, nicht aber um das Interesse des Eigentümers daran, dass auf seinem Grundstück eine Bauführung gegen seinen Willen nicht erfolge. Letzteres Interesse kann der Eigentümer – insoferne ist der Beh erster Instanz zuzustimmen – auf zivilprozessualem Wege verfolgen. (Abweisung).

(Mindest-)Abstandsvorschriften; Liftanbauten; vorge-schobene Gebäudefront

DOI 10.1007/s00738-009-0561-0

§§ 4 Z 29, 13 Abs 2 und 6 stmk BauG 1995

Ein vom Erdgeschoß hochgezogener Liftschacht stellt keinen vorspringenden Bauteil, sondern eine vorgeschobene Gebäudefront dar.

VwGH 9.9.2008, 2007/06/0050 <12>

Aus der Begründung: Der VwGH hat zu § 4 Z 29 leg cit bereits ausgesprochen (vgl das Erk v 30.3.2004, 2003/06/0059), dass diese Bestimmung keine absoluten Maße – wie etwa in § 12 Abs 1 leg cit – normiert, mit welchen solche Bauteile in den Grenzabstand ragen dürfen, noch auch konkrete relative Maße (beispiels-weise Abmessungen solcher Bauteile im Verhältnis zur Höhe oder Länge der Gebäudefront). Mit der Nov des Stmk BauG im Jahre 2003 hat der Landesgesetzgeber auch klargestellt, dass sich das Kriterium „jeweils in gewöhnlichen Ausmaßen“ auf die genannten vorsprin-genden Bauteile und alle anderen von der Regelung gleichfalls erfassten vorspringenden Bauteile bezieht. Unzulässig sind nach Auffassung des VwGH „vorsprin-gende Bauteile“, die so ausgeformt sind, dass sie gleich-sam als „vorgeschobene Gebäudefront“ in Erscheinung treten (vgl dazu das Erk v 5.12.2000, 99/06/0112). Wei-ters ist zu bedenken, dass es sich dabei um eine Aus-nahmebestimmung handelt, die restriktiv auszulegen ist. Dabei darf auch nicht übersehen werden, dass es sich bei den Abstandsbestimmungen um Schutzvor-schriften handelt, die eine gehörige Belichtung und Be-lüftung der Gebäude sicherstellen sollen. Ob ein Bauteil als – angeblich – „vorspringender Bauteil im gewöhnli-chen Ausmaß“ als abstandsrelevant anzusehen ist oder nicht, ist vor diesem Hintergrund nach den Umständen