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Mit den offiziellen Rundschreiben und Bekanntmachungen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns BALANCEAKT METHADONSUBSTITUTION Was Praxen bei der Vergabe beachten müssen 09 | 11 KVB FORUM VERSORGUNGSGESETZ: Bayern befeuert Debatte in Berlin MRSA: Erreger auch im ambulanten Bereich auf dem Vormarsch SYRINGOMYELIE: Rückenmarkserkrankte setzen auf Selbsthilfe

Mit den offiziellen Rundschreiben und Bekanntmachungen der ... · Veongsgesetz:Rs Rgu Bayern befeuert debatte in Berlin MRsa: erreger auch im ambulanten Bereich auf dem Vormarsch

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Mit den offiziellen Rundschreiben und Bekanntmachungen der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns

Balanceakt MethadonsuBstitution Was Praxen bei der Vergabe beachten müssen

09| 1

1kVBFoRuM

VeRsoRgungsgesetz: Bayern befeuert debatte in BerlinMRsa: erreger auch im ambulanten Bereich auf dem VormarschsyRingoMyelie: Rückenmarkserkrankte setzen auf selbsthilfe

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editoRial2

k VB FoRuM 9/2011

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

eines unserer vorrangigen Ziele ist eine möglichst weitgehende Regionalisierung aller Hand-lungs- und Entscheidungskompetenzen im Gesundheitswesen. Nachdem in den vergange-nen Jahren alles immer stärker zentralisiert und die Spielräume auf regionaler Ebene be-schnitten wurden – man denke nur an den Wegfall der in Bayern früher fl orierenden Struk-turverträge –, könnte sich das Blatt nun wenden. Der im August vorgelegte Regierungsent-wurf für ein GKV-Versorgungsstrukturgesetz bringt wieder mehr Regionalität – auch wenn einige Vorgaben im Bereich der Honorarverhandlung und -verteilung nach wie vor zu zent-ralistisch gefasst sind. Hier sind wir noch dabei, Überzeugungsarbeit bei den politischen Entscheidungsträgern zu leisten.

Wie wichtig es ist, dass die Beteiligten vor Ort gemeinsam entscheiden und Probleme lö-sen können, zeigt das Schwerpunktthema dieser Ausgabe von KVB FORUM. Die Substituti-onsbehandlung ist einer der kritischsten Bereiche in der ambulanten Versorgung. Die Vor-gaben für die Ärzte sind sehr streng, die Honorierung demgegenüber kaum angemessen. Hinzu kommt, dass die Patienten alles andere als pfl egeleicht sind – oder, wie es der Kolle-ge Hannes Rabe im Interview auf Seite 10 deutlicher ausdrückt: „Manche Substitutionspa-tienten versuchen, den Ärzten auf der Nase herumzutanzen.“ Hier weiterhin ein fl ächende-ckendes Angebot zu erhalten, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Niemand kann sich aus der Verantwortung stehlen. Als zielführend hat sich dabei erwiesen, im Rahmen von regionalen Versorgungskonferenzen nach maßgeschneiderten Lösungen zu suchen. Denn auch hier gilt: Nur vor Ort kann man wirklich sachgerecht entscheiden und handeln – weniger zentral, mehr regional!

Ihr KVB-Vorstand

Dr. KrombholzVorsitzender des Vorstands

Dr. Schmelz1. Stellv. Vorsitzender des Vorstands

Dr. Enger2. Stellv. Vorsitzende des Vorstands

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3aktuelles in küRze

k VB FoRuM 9/2011

Wichtiges für die PraxisiM ViRtuellen dialog

zahl des Monats

zitat des Monats

auFgeRäuMteR auFtRitt

Im Zuge der Mo- dernisierung des Erscheinungs-bildes der KVB wurde auch der Internetauftritt www.kvb.de einer maßvollen Renovierung un- terzogen. Die Gestaltung der Seiten ist insge- samt transpa-renter, heller und offener ge-worden. Größ-

tes Plus für die Nutzer: Insbesondere die Startseite ist nun übersichtli-cher gestaltet. Die Kontaktmöglichkeiten sowohl online als auch telefo-nisch sind hervorgehoben. Durch eine neue Reitersystematik kann man ohne viele Klicks den gesamten Inhalt durchstöbern und rasch die ge-suchten Seiten finden.

„Ich weiß, dass ich mich damit bei einigen Ärzten unbeliebt mache. Aber wenn wir nicht dafür sorgen, dass überflüssige Praxen an at-traktiven Standorten verschwin-den, werden noch so hohe Hono-rare nicht reichen, mehr Mediziner aufs Land zu locken.“

KBV-Chef Dr. Andreas Köhler fordert, dass die KVen Vertrags-

arztsitze aufkaufen müssen

1.103

Zweigpraxen werden von Vertrags-ärzten derzeit in Bayern geführt.Gerechnet auf die Summe aller nie- dergelassenen Ärzte im Freistaat macht dies 5,6 Prozent aus und liegt damit leicht über dem Bun-desdurchschnitt von 4,4 Prozent.

Zunehmender Beliebtheit erfreut sich der Blog des KVB-Vorstands unter http://blog.kvb.de/vorstand. Viele niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten sowie andere Interessierte lesen hier bereits mit, wie sich die drei Vorstandsmitglie-der zu aktuellen Themen und ge-sundheitspolitischen Fragen posi-tionieren. Wer möchte, kann dazu auch eigene Kommentare veröf-fentlichen. Das funktioniert ganz einfach: Man klickt die Überschrift des jeweiligen Beitrags an und kann dann nach Eingabe von Na-me und E-Mail-Adresse sowie ei-nes vorgegebenen CAPTCHA-Codes zur Authentifizierung als na-türliche Person seinen Kommentar eingeben. Nach kurzer Zeit ist der Beitrag dann öffentlich für alle Be-sucher des Blogs sichtbar.

Fragen zur Fortbildung (Teil 2)kann der Fortbildungszeitraum unterbrochen werden?

Persönliche Umstände wie Krankheit, Schwanger-schaft, Elternzeit oder die Teilnahme an einer Wei-terbildung können eine Auszeit von der vertrags-ärztlichen beziehungsweise -psychotherapeuti-schen Tätigkeit erforderlich machen. Freiberuflich tätige Ärzte und Psychotherapeuten können bei längeren Auszeiten das Ruhen ihrer Zulassung oder Ermächtigung durch den Zulassungsausschuss ge-nehmigen lassen. Für die Dauer des Ruhens kann der Fortbildungszeitraum auf formlosen Antrag hin unterbrochen und entsprechend verlängert wer-den. Gleiches gilt, wenn die Tätigkeit eines Ver-tragsarztes, -psychotherapeuten oder Angestell-ten nachweislich wegen Krankheit länger als drei Monate am Stück nicht ausgeübt werden kann. Schwangere angestellte und freiberuflich tätige Ärztinnen und Psychotherapeutinnen haben die Möglichkeit, eine einmalige Unterbrechung und Verlängerung des Fortbildungszeitraumes um drei Monate ab der Geburt zu erwirken. Für Angestellte gilt dabei das Mutterschutzgesetz. Wird die ver-tragsärztliche oder -psychotherapeutische Tätig-keit vollständig eingestellt und zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen, wird der Fortbil-dungszeitraum für die Dauer der Nichttätigkeit un-terbrochen. Dies gilt jedoch nur für Unterbrechun-gen bis zu einer Dauer von drei Jahren. Wird die Tätigkeit länger als drei Jahre nicht ausgeübt, star-tet mit Aufnahme der neuen Tätigkeit auch ein neuer Fünfjahreszeitraum. Anders verhält es sich bei einem nahtlosen Wechsel von einer Zulassung in ein Anstellungsverhältnis oder umgekehrt. Hier läuft die bereits begonnene Fünfjahresfrist unun-terbrochen weiter.

Claudia Liebling (KVB)

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inhaltsVeRzeichnis4

18 Bayerischer Themenabend in Berlin

Das geplante Versorgungsstruk-turgesetz und die Berücksichti-gung föderaler Strukturen im Gesundheitssystem lieferte den anwesenden Experten Stoff für engagierte Debatten

kVB inteRn

20 Intensive Diskussionen und nachdenkliche Töne

Bei der Vertreterversammlung der KVB standen im Juli brisante gesundheitspolitische Themen auf der Agenda

Qualität

22 „MRSA positiv!“

Wie vermindert man die Häufig-keit nosokomialer Infektionen und damit die Ausbreitung multi-resistenter Erreger in der ambu-lanten Versorgung?

14 Eigene Sprechzeiten entlasten den Praxisbetrieb

In Oberthulba in Unterfranken praktiziert Dr. Ewald Schlereth als Hausarzt. Für seine opiat- abhängigen Patienten stellt er sich seit über zehn Jahren den Herausforderungen dieser spezi-ellen medizinischen Versorgung

16 „Die Substitution ist eine sehr wertvolle medizinische Behandlung“

Die psychosoziale Begleitung von Methadonpatienten trägt wesentlich zu deren Stabilisie-rung bei. Dieser Meinung ist Bärbel Würdinger, die eine Be- ratungsstelle in Freising leitet

gesundheitsPolitik

17 Aktiv gegen Nachwuchs- mangel

Eine Koordinierungsstelle soll künftig Weiterbildungsverbünde in der Allgemeinmedizin initiieren und als zentrale Anlaufstelle vor- anbringen

titeltheMa

6 Drogen auf Rezept?

Die Methadonsubstitution gibt Patienten die Chance, ihre Ge-sundheit zu stabilisieren. Doch auf dem Land wird die Versor-gung zunehmend schwieriger

10 Kein Nachwuchs in Sicht!

Der Vorsitzende der KVB-Metha- donkommission, Dr. Hannes Rabe, fordert eine deutliche Verbesse-rung der Rahmenbedingungen für substituierende Ärzte

12 „Mit Substitution kann man Patienten am Leben erhalten“

Dr. Stephan Walcher ist Substi-tutionsarzt in einer Münchner Schwerpunktpraxis. In seinem Kommentar erklärt er, warum Abstinenz das Ergebnis eines langen Heilungsprozesses ist und nicht seine Voraussetzung

Hilfe für Sucht-kranke auf dem Land: Können zukünftig noch genügend Ärzte Substitutions-plätze anbieten?

Diskussion in Berlin: Welche Folgen hat das Versorgungs-strukturgesetz?

Kammer, Kranken- häuser, KV und Hausärzteverband bündeln ihre Kräf- te, um medizini-schen Nachwuchs zu gewinnen

1817

12

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5inhaltsVeRzeichnis

k VB FoRuM 9/2011

34 Interessen der Mitglieder im Fokus

34 Fortsetzung einer Erfolgs- geschichte

35 Unrealistische Bedarfs- planung

35 iMPRessuM

36 leseRBRieFe

38 kVB seRVicenuMMeRn

PatientenoRientieRung

30 Leben mit Syringomyelie

Die seltene Rückenmarkserkran- kung hat verheerende Folgen für die Patienten. Selbsthilfegruppen setzen sich für eine bessere Diagnostik ein

VeRoRdnungen

32 Hilfe beim Verordnen

Die KVB bietet zu allen Aspekten des Verordnungsbereichs viel-fältige Unterstützung an: vom Servicetelefon über persönliche Beratung bis zu praxisindividuel-len Analysen

kuRzMeldungen

33 Diskussionen über effizientes Versorgungsmanagement

33 Gut beraten

33 Interessantes Konzept

Recht inteRessant

24 Schweigen ist nicht immer Gold. Was passiert bei Stimm- enthaltungen?

Bei Wahlen und Abstimmungen in den Gremien der Selbstver-waltung stellt sich die Frage, wie sich Enthaltungen auf die Berechnung des Ergebnisses auswirken

PRaXis und FaMilie

26 „Ein großer logistischer Auf- wand, der sich lohnt und sehr schön ist!“

Wie lassen sich Familienleben und Arbeit in der Arztpraxis unter einen Hut bringen? Eine Kinder- und Jugendärztin aus Simbach am Inn berichtet von ihren Erfahrungen

äRzte-engageMent

28 Medizin und Menschlichkeit

Münchner Medizinstudenten wollen den Menschen wieder mehr ins Zentrum der Behand-lung rücken: Kommunikation, Berührung, Sterben und Spiri- tualität sind ihre Themen

Karriere in der Praxis, ohne dass die Familie dabei zu kurz kommt: Da müssen viele Faktoren stimmen

Die KVB bietet ihren Mitgliedern eine umfangreiche Beratung im Ver-ordnungsbereich26

Die Bedarfspla-nung hinkt der Realität hinterher. Morbidität und demographische Entwicklung wer-den nur unzurei-chend berück-sichtigt

35

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titeltheMa6

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S ubstitution ist eine in Deutschland seit 1993 praktizierte Behandlungs-

methode. Oberstes Ziel einer Sub-stitutionsbehandlung ist nach der Richtlinie „Methoden vertragsärzt-licher Versorgung“ des Gemeinsa-men Bundesausschusses die Sucht- mittelfreiheit. Die Erfahrung hat je- doch gezeigt, dass zur Erreichung dieses Zieles viele kleine Schritte notwendig sind. Der Arzt arbeitet im Rahmen eines umfassenden Therapiekonzepts eng mit psycho-sozialen Diensten, Psychothera-peuten sowie Psychiatern und an-deren Ärzten zusammen. Die Ver-abreichung des Substitutionsmit-tels, das die Entzugserscheinun- gen lindert, reicht für sich genom-men nicht aus, um opiatabhängige Patienten zu behandeln. Erforder-lich ist, dass der Arzt als Haupt-verantwortlicher dieser Behand-lung mit einem interdisziplinären Team ein individuelles Behand-lungskonzept für seine Patienten erstellt. Die Behandlung trägt da-zu bei, dass die mit dem Drogen-konsum unmittelbar verbundenen gesundheitlichen und sozialen Probleme deutlich reduziert wer-den. Eine Verminderung der Krimi-nalitäts- und Sterblichkeitsrate ist die Folge, Begleiterkrankungen können behandelt werden. Nicht zuletzt ermöglicht diese Therapie, dass die Patienten auch während der Behandlung einer Arbeit nach-gehen können. Opiatabhängige

Menschen werden so in die Lage versetzt, ein gesundheitlich stabi-lisiertes und sozial integriertes Le-ben außerhalb der kriminalisierten Drogenszene zu führen und lang-fristig motiviert, ganz ohne Drogen auszukommen.

Versorgungsdefizite vorwie-gend im ländlichen Bereich

Sowohl der Patient als auch die Gesellschaft profitieren von der

Substitutionsbehandlung. Umso wichtiger ist es, dass eine ausrei-chende Anzahl von Ärzten die Me-thadonsubstitution in Abstimmung mit den Sozialarbeitern vornimmt. Die Realität sieht leider anders aus. In einem Flächenstaat wie Bayern ist es zunehmend schwie-riger, Ärzte zu finden, die sich be-reit erklären, die Methadonsubsti-tution vor allem in ländlichen Ge-bieten zu übernehmen (siehe Bay-ernkarte mit Brennpunkten).

Die Resozialisierung opiatabhängiger Menschen ist ein gesamtgesellschaftli-ches Anliegen. Die Methadonsubstitution, eingebunden in ein individuelles, umfassendes Therapiekonzept, hat großen Anteil daran, dass dieses Ziel auch erreicht werden kann. Der Patient erhält so die Chance, ein gesundheitlich stabilisiertes und sozial integriertes Leben außerhalb der Drogenszene zu führen.

in einigen bayerischen landkreisen (rot markiert) droht die gefahr, dass substitutionspatienten für ihre Behandlung zukünftig weite Wege in kauf nehmen müssen.

dRogen auF RezePt?

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7titeltheMa

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Wo liegen die Probleme?

Anders als in sogenannten „Schwer- punktpraxen“, die sich auf die Sub- stitutionsbehandlung in Ballungs-zentren wie München spezialisiert haben und ausschließlich drogen-abhängige Patienten behandeln, müssen Ärzte auf dem Land ihre Patienten in den zumeist hausärzt-lichen Praxisablauf integrieren, was nicht immer unproblematisch abläuft. Dies liegt zum einen an den immer noch vorhandenen Be-rührungsängsten in der Bevölke-rung, aber auch am Verhalten ein-zelner Drogenabhängiger in den Wartezimmern. Urinkontrollen zur Feststellung eines möglichen Bei-gebrauchs müssen zudem unter Sicht vorgenommen werden. Viele Ärzte entscheiden sich daher für gesonderte Sprechstundenzeiten zur Substitutionsbehandlung.

Die Vergabe von Methadon erfolgt mit Ausnahme von Take-Home täglich, also auch an den Sonn- und Feiertagen. Der substituieren-de Arzt muss daher einen geeig-neten Vertreter für das Wochenen-de beziehungsweise die Urlaubs-zeiten finden. Vereinzelt wird Methadon auch in den Apotheken verabreicht.

Darüber hinaus ist die Angst unter den Ärzten groß, durch die Über-nahme dieser Behandlung selbst kriminalisiert zu werden, weil es zahlreiche Vorschriften (siehe Kas-ten) zu beachten gilt, die zum Teil

sogar strafbewehrt sind. Das Pa- tientenklientel ist teilweise schwer kontrollierbar. Wichtig ist daher, dass die einzelnen Behandlungs-schritte dokumentiert werden, um Missbrauch zu verhindern. In die-sem Zusammenhang werden oft-mals Regelverstöße, Ordnungswid-rigkeiten und auch Straftaten fest-gestellt.

sicherstellung der Methadon-substitution bleibt schwierig

Es ist also nachvollziehbar, dass sich immer weniger engagierte Ärzte bereit erklären, die Metha-donsubstitution zu übernehmen. Nichtsdestotrotz müssen opiatab-hängige Menschen möglichst wohnortnah behandelt werden, um die Resozialisierung der Dro-gensüchtigen zu erleichtern und das Behandlungskonzept insge-samt nicht zu gefährden. Die Me-thadonsubstitution trägt dazu bei, weitere nachteilige Folgen des Drogenmissbrauchs zu verhin-dern. In diesem Kontext stellt die Behandlung opiatabhängiger Men-schen ein gesamtgesellschaftli-ches Anliegen dar. Deshalb plat-zieren wir als Kassenärztliche Ver-einigung das Thema bei den Kom-munen und Bezirken, bringen die Materie im Bayerischen Landkreis-tag ein und werden im Ministerium vorstellig. Sobald uns ein Versor-gungsdefizit (Brennpunkt) bekannt wird, organisieren wir sogenannte regionale Versorgungskonferenzen, um mit den Beteiligten vor Ort zu sprechen und eine individuelle Lösung zu finden. Beispielsweise wurde einem Arzt, der seine Pra-xistätigkeit bereits beendet hat, eine persönliche Ermächtigung für

Rechtsgrundlagen

� Arzneimittelgesetz (AMG) � Betäubungsmittelgesetz (BtMG)

� Betäubungsmittelverord-nung (BtMVV)

� Richtlinie „Methoden ver- tragsärztlicher Versorgung“

� Richtlinien der Bundesärz-tekammer zur Durchführung der substitutionsgestütz-ten Behandlung Opiatab-hängiger

allein auf weiter Flur – werden substitutions-plätze auf dem land zur Man-gelware?

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titeltheMa8

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die Methadonsubstitution durch den Zulassungsausschuss erteilt. Die Räumlichkeiten für die Be-handlung opiatabhängiger Men-schen stellt die Stadt dem Arzt zur Verfügung.

Die Öffnung von Psychiatrischen Institutsambulanzen, die im Rah-men einer sogenannten Instituts- ermächtigung Methadonsubstituti-onen durchführen, ist uns eben-falls ein wichtiges Anliegen. Ähn-lich wie in einer Schwerpunkt- praxis kann hier eine größere An-zahl Drogensüchtiger versorgt werden. In Augsburg, aber auch in anderen Städten konnte die Be-handlung opiatabhängiger Men-schen auf diese Weise sicherge-stellt werden.

Auf dem Land hat sich zudem auch das sogenannte Konsiliarver-fahren bewährt. Ärzte ohne die Zusatzqualifikation „Suchtmedizi-nische Grundversorgung“ können höchstens drei Patienten gleich-zeitig ein Substitutionsmittel ver-schreiben, wenn sie diese zu Be-ginn der Behandlung mit einem Arzt, der die Anforderungen erfüllt (Konsilarius), abgestimmt haben und der Patient dem Konsilarius mindestens einmal im Quartal vor-gestellt wird.

Voraussetzungen für substitutionsbehandlungen

Ärzte, die opiatabhängige Men-schen behandeln, müssen über die Zusatzweiterbildung „Sucht-medizinische Grundversorgung“ verfügen. Es handelt sich um eine 50-stündige Kursweiterbildung, die in der Regel in fünf Bausteine aufgeteilt wird. Die Zusatzweiter-bildung „Suchtmedizinische Grund- versorgung“ umfasst die Vorbeu-gung, Erkennung, Behandlung und Rehabilitation von Krankheitsbil-dern im Zusammenhang mit dem schädlichen Gebrauch suchterzeu-

Psychotherapie nur bei abstinenz?

Der Gemeinsame Bundesaus-schuss (G-BA) hat zum 8. Juli 2011 die Psychotherapiericht-linien geändert. Eine ambu-lante Psychotherapie für von Alkohol, Drogen oder Medika-menten abhängige Patienten ist künftig ausnahmsweise auch dann möglich, wenn noch keine Suchtmittelfrei-heit vorliegt. Dies gilt aber nur, wenn der Patient bereits Schritte unternommen hat, die eine baldige Abstinenz herbeiführen, das heißt, wenn die Suchtmittelfreiheit paral-lel zur Behandlung bis zum Ende von maximal zehn Be-handlungsstunden erreicht werden kann.

Bei einem Rückfall kann die ambulante Psychotherapie nur dann fortgesetzt werden, wenn unverzüglich geeignete Behandlungsmaßnahmen zur Wiederherstellung der Sucht-mittelfreiheit ergriffen wer-den.

Für opiatabhängige Menschen, die sich in einer substitutions-gestützten Behandlung befin-den, ist eine ambulante Psy-chotherapie künftig nur dann möglich, wenn ein Beigebrauch ausgeschlossen und die regel-mäßige Zusammenarbeit mit den substituierenden Ärztin-nen und Ärzten sowie den weiteren zuständigen Stellen sichergestellt ist.

Quelle: Pressemitteilung des G-BA

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9titeltheMa

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gender Stoffe und nicht stoffge-bundener Suchterkrankungen. Wenn eine solche Qualifikation vorliegt, erteilen wir dem Arzt die Genehmigung zur substitutions- gestützten Behandlung Opiatab-hängiger, damit die entsprechen-den Leistungen in der vertragsärzt- lichen Versorgung durchgeführt und abgerechnet werden können. Weitere Fragen im Zusammenhang mit der Zusatzbezeichnung „Sucht-medizinische Grundversorgung“ können Sie gerne an die Bayeri-sche Landesärztekammer unter www.blaek.de richten.

Die Voraussetzungen für die Me-thadon-Substitution im vertrags-ärztlichen Bereich sind in der An-lage I Nr. 2 der Richtlinie „Metho-den vertragsärztlicher Versorgung“ (früher BUB-Richtlinie) geregelt. Bei Ärzten, denen eine Genehmi-gung erteilt wurde, werden regel-mäßig Stichprobenprüfungen durch die Methadonkommission in Bay-ern durchgeführt. Pro Quartal sind mindestens zwei Prozent der in Bayern abgerechneten Behand-lungsfälle zu überprüfen. Hierzu werden patientenbezogene Doku-mentationen mit den entsprechen- den Therapiekonzepten vom Arzt angefordert. Darüber hinaus sind der Kommission Substitutionsbe-handlungen bei Jugendlichen, bei Abhängigkeitsdauer von weniger als zwei Jahren oder bei einer Co-dein/Dihydrocodein (DHC)-Sub- stitution unmittelbar bei Therapie-beginn zu melden und zu beantra-gen. Außerdem ist eine Überprü-fung der Substitutionsbehandlun- gen obligat, die bereits fünf Jahre andauern.

Katrin Nazhan (KVB)

2005 2009 20102006 2007 2008

Anzahl substituierter Patienten und substituierender Ärzte in BayernZeitraum: Oktober 2005 bis Oktober 2010

Abbildung 1 Quelle: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte

Anza

hl

1.000

2.000

3.000

4.000

5.000

7.000

6.000

8.000

9.000

0

7.035 7.2767.778

8.220 8.456 8.555

303308298317 329 330

an das Substitutionsregister gemeldete Patienten substituierende Ärzte

Quelle: KVB (Stand: Oktober 2010)

2005 2009 20102006 2007 2008

Anzahl der Genehmigungen substituierender Ärzte in Bayern

Abbildung 2

Anza

hl

50

100

150

200

250

350

300

400

450

0

347378 393 403 406 410

303308298317 329 330

Ärzte mit Basis- und Konsiliargenehmigung tatsächlich substituierende Ärzte

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I n München-Schwabing ist Dr. Hannes Rabe zu Hause. Hier ist er als hausärztlich tätiger Inter-

nist niedergelassen. Schon früh hat er sich neben zahlreichen Zu-satzqualifikationen dem Thema Substitutionsbehandlung verschrie- ben. In dieser Mission ist er auch als Beauftragter für den Fachbe-reich Sucht der Bayerischen Lan-desärztekammer (BLÄK) tätig.

Herr Dr. Rabe, unter welchen ju-ristischen Rahmenbedingungen findet derzeit in Bayern die Sub-stitutionsbehandlung statt?

Die juristischen Rahmenbedingun-gen sind in ganz Deutschland gleich. Verbindlich festgelegt sind sie im Betäubungsmittelgesetz (BtmG), in der Betäubungsmittel-Verschrei-bungsverordnung (BtmVV), im Arz-neimittelgesetz (AMG), in den Richtlinien der Bundesärztekam-

mer sowie in den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschus-ses.

Reichen diese Rahmenbedin-gungen aus, um niedergelasse-ne Ärzte für die Substitution zu gewinnen?

Eindeutig nein, sie sind nicht ani-mierend, sondern eher abschre-ckend. Beim geringsten Verstoß gegen das BtmG handelt es sich ja bereits um eine Straftat, nicht um eine Ordnungswidrigkeit. Von den Staatsanwaltschaften werden die-se Verstöße nicht bundeseinheit-lich behandelt. Es gibt also regio-nale Unterschiede, die schon so manchem Kollegen zum Verhäng-nis wurden.

Welche Substitutionsmittel dür-fen in Deutschland eingesetzt werden?

Methadon, Polamidon, Buprenophin und neuerdings auch Heroin in ei-nem besonderen Programm für schwerstchronisch Kranke. Hier-für stehen eigene Spezialpraxen zur Verfügung.

Vor allem in den ländlichen Re-gionen herrscht nach wie vor ein großer Mangel an substitutions-gestützten Therapiemöglichkei-ten. Was sind die Hauptgründe dafür?

Die Substitution auf dem Land ist höchst problematisch, da die Ab-gabe notwendigerweise täglich er-folgen muss. In den Ballungszent-ren gibt es die Möglichkeit, sich gegenseitig am Wochenende zu vertreten. Darüber hinaus haben wir Schwerpunktpraxen mit meh-reren Ärzten, die im Wechsel am Wochenende den Dienst überneh-men. Die Apotheken müssten in die Substitution integriert werden, sodass am Wochenende eine Ver-gabe über die Dienst habende Apo- theke garantiert wird. Auf dem Land führt die Substitution schnell zu einer Rufschädigung des Arztes, da hier die Suchtkrankheit noch nicht als schwere chronische Er-krankung akzeptiert wird.

Was ist seitens der Kassen und der Politik zu veranlassen, da-mit mehr Ärzte – vor allem auf dem Land – eine Substitutions-behandlung anbieten?

Zunächst müssten das BtmG und die untergesetzlichen Normen neu formuliert werden. Das gilt auch für das Dispensierrecht (AMG), da- mit nicht nur die Apotheke, sondern auch der Arzt straffrei am Samstag eine Dosis für den Sonntag mitge-ben darf, sofern der Patient stabil ist. Diese Mitgabe ist bis dato für den Arzt eine Straftat, der Apothe-ker darf dies – sogar gegen ent-sprechende Bezahlung. KV und Kas- sen müssten sich auf eine höhere

Die Rahmenbedingungen für substituierende Ärzte in Deutschland sind nicht eben einfach. Das hält viele Niedergelassene davon ab, sich auf das Thema Substitutionsbehandlung überhaupt einzulassen. Dr. Hannes Rabe, Vorsitzen-der der KVB-Methadonkommission und Mitglied im Beirat der Bayerischen Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen (BAS), wünscht sich deshalb eine dringende Nachbesserung von Seiten der Politik und der Justiz.

dr. hannes Rabe, Vorsit-

zender der kVB- Methadonkom-

mission, beklagt besonders die

problematische situation für

substitutions-patienten auf

dem land.

kein nachWuchs in sicht!

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11titeltheMa

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extrabudgetäre Bezahlung einigen. Für die derzeitige Vergütung findet man keine Ärzte, die diese schwie-rige Aufgabe übernehmen.

Was ist bei der Praxisorganisation zu beachten, damit sich andere Patienten nicht belästigt fühlen? Welche Strukturen sind für eine Substitutionsbehandlung sinn-voll?

Hier muss man unterscheiden zwi-schen einer Schwerpunktpraxis und einer Normalpraxis mit inte-grierter Substitution. In den Schwer- punktpraxen mit mehreren Ärzten, einem entsprechenden Personal-stand sowie der Möglichkeit einer integrierten psychosozialen Be-treuung werden bis zu 200 Patien-ten versorgt. Die Normalpraxis be-treut zehn, maximal fünfzig Patien-ten. Bei entsprechender Organisa-tion der Ausgabe außerhalb der normalen Sprechzeiten lässt sich dies durchaus bewerkstelligen. Da- für muss das Personal allerdings gut geschult sein. Hierfür gibt es inzwischen in vielen Bundeslän-dern spezielle Weiterbildungen für medizinische Fachangestellte.

Welche Qualitätsansprüche müs- sen substituierende Ärzte erfül-len und wie wichtig ist für sie die Teilnahme an Qualitätszirkeln?

Ärzte, die substituieren möchten, benötigen eine zusätzliche Ausbil-dung in Form eines Curriculums mit abschließender Prüfung. Qua-litätszirkel sind wichtige Bausteine in der Substitution. Nach erfolgrei-chem Abschluss des Curriculums ist man zwar berechtigt zu substi-tuieren, es fehlt aber jede Erfah-rung. Ein Qualitätszirkel bietet die Möglichkeit, Problemfälle zu dis-kutieren, neue Verordnungen zu besprechen und durch spezialisierte Referenten zusätzliche Erkenntnisse zu sammeln. Ich selbst habe vor fast zwanzig Jahren von einem hoch

qualifizierten Moderator und den kollegialen Fachgesprächen sehr profitiert. Die Substitutionspatien-ten versuchen oft, den Ärzten auf der Nase herumzutanzen. Im Qua-litätszirkel lernt man, wie man da-mit umzugehen hat.

Wer sollte an der Substitutions-behandlung zusätzlich beteiligt werden?

Die Substitutionsbehandlung selbst ist nur ein Baustein der notwendi-gen umfangreichen Betreuung die-ser schwerstkranken Patienten. Wir haben über viele Jahre ein Netz-werk Suchthilfe in Bayern aufge-baut, das sehr gut funktioniert. Hier sind eine psychosoziale Be-treuung, eine Schuldenberatung, betreute Wohneinheiten, Hilfe bei der Suche nach einem Arbeits-platz, Kinderbetreuung, Entgif-tungskliniken und Langzeitthera-pieeinrichtungen zu erwähnen.

Wir haben in Bayern mit der Baye-rischen Akademie für Suchtfragen als einziges Bundesland eine hoch qualifizierte Institution, in der sich Vertreter aller an der Betreuung Suchtkranker beteiligten Organi-sationen am runden Tisch zusam-mensetzen, auch Vertreter der Justiz, der Polizei, der Drogenfahn-dung sowie der Gesundheitsäm-ter. Darüber hinaus gibt es die Qualitätssicherungskommissionen der KVB und neuerdings auch der BLÄK. Wir haben hervorragende Weiterbildungsveranstaltungen, die von BLÄK, BAS und der Deut-schen Gesellschaft für Suchtmedi-zin organisiert werden. Allerdings mangelt es an einer adäquaten Bezahlung und einem überregio-nalen Konsens aufseiten der Justiz und der Gesundheitsämter, damit die Substitutionsärzte diese sehr schwierige Tätigkeit ohne Angst und mit leistungsgerechter Vergü-tung ausüben können. Dafür müsste die Justiz in einem Curriculum ge-

schult werden, sodass bundesein-heitlich verfahren wird. Wäre all dies garantiert, würden wir sicher wieder mehr Ärzte für die Substi-tution gewinnen. Aber so steigen sie aus. Und Nachwuchs ist keiner in Sicht!

Herr Dr. Rabe, vielen Dank für das Gespräch!

Interview Marion Munke (KVB)

aufgaben der kVB-Methadonkommission

Die Substitutionsbehandlung unterliegt besonderen rechtli-chen Vorgaben nach dem Be-täubungsmittelrecht und den Substitutionsrichtlinien. Die KVen haben zur Beratung bei der Erteilung von Geneh-migungen für die Substituti-onsbehandlung und für die Qualitätssicherung eine Kom-mission einzurichten. Diese setzt sich aus fachkundigen Ärzten sowie von den Kran-kenkassen benannten Mitglie-dern zusammen. Die Kommission überprüft re-gelmäßig stichprobenartig die Patientendokumentationen der substituierenden Ver-tragsärzte. Stellt die Kommis-sion Qualitätsmängel in der Substitution des Arztes fest, wird er zu einem Beratungs-gespräch geladen. Gelingt es trotz wiederholter Anhörung und Beratung nicht, eine richt- liniengemäße Substitutions-behandlung zu erreichen, kann die KV dem Arzt die Ge-nehmigung zur Durchführung und Abrechnung der Substitu-tion entziehen.

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titeltheMa12

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S eit Ende 1993 bin ich als Substitutionsarzt tätig. Eigentlich wollte ich die in-

terventionelle Schmerztherapie mit Bildgebung, Neurologie und statio-närer Anbindung vernetzen. Als sich das nicht realisieren ließ, habe ich mich auf kleine Interventionen und die konservative Schmerztherapie konzentriert. Das lief auch gut an. Schon bald tauchten allerdings die ersten „Grenzgänger“ mit süchtigen Zügen auf, die nach einer Opiatbe-handlung verlangten. Es dauerte nicht lange, und wir mussten mit der Praxis umziehen, weil der Ver-mieter mit Kündigung drohte.

Auch in unseren neuen Praxisräu-men wurde unsere Klientel rasch zum Problem. Wieder mussten wir nach einer Alternative suchen. Un-sere Patienten waren inzwischen schwerpunktmäßig dem Suchtbe-reich zuzuordnen, und es wurden immer mehr. Wir mussten uns drin- gend personell verstärken und ha-ben zunächst zwei Assistenten und eine Sonderpädagogin, später noch einen Sozialpädagogen auf eigene Rechnung eingestellt. Innerhalb weniger Monate hatten wir uns zu einer Schwerpunktpraxis mit 150 Suchtpatienten entwickelt. Das entsprach damals 50 Prozent aller Münchner Substitutionspatienten.

Von vielen Seiten wurde uns damals Druck gemacht: Die Stadt machte gegen uns mobil, die KV verzögerte die Zahlungen, trotzdem ging es Ende 1995 langsam bergauf. Zu-sammen mit Professor Felix Tretter begann ich als Honoraranästhesist, den sogenannten Turboentzug im Bezirkskrankenhaus Haar durchzu-führen. Meine eher notfallorien-tierte Praxis habe ich dafür 1997 aufgegeben, damit ich mich mit meinem jetzigen Partner, Dr. Rainer Musselmann, ganz auf die Sucht-medizin konzentrieren konnte.

Schnell haben wir mit 270 nieder-schwelligen Patienten unsere bis heute bestehende Kapazitätsgren-ze erreicht. Seit sieben Jahren sind wir nun in der Münchner Kaiser-straße ansässig. Hier haben wir zu- sammen mit Condrobs, dem größ-ten Suchthilfe-Verein in Oberbay-ern und Schwaben, ein interdiszip-linäres, suchtmedizinisches Zent-rum aufgebaut.

akzeptanz für substitutionsbe-handlung erreichen

Natürlich ist es nicht immer leicht, der Außenwelt die schwierige Si-tuation unserer Patienten und die komplexe Behandlungsrealität ver-ständlich zu machen. Das äußert sich zum Beispiel in den oft schwer

nachvollziehbaren Regressen, aber auch im Unverständnis von Kolle-gen, Sozialdiensten, Anwohnern, Schulen oder Bereitschaftspolizis-ten. Doch nicht zuletzt dank der Mithilfe und Unterstützung von KVB, der BAS und dem Gesund-heitsreferat ist es in den letzten Jahren gelungen, zumindest in München eine breitere Akzeptanz für unsere Form der Behandlung zu erreichen. Trotzdem hängt über jedem Substitutionsarzt in Deutsch- land noch immer das Damokles-schwert des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz. Einer fachgerechten Substitutionsbe-handlung stehen immer wieder ge-setzliche „Altlasten“ im Weg, die dem aktuellen Wissensstand um Jahre hinterherhinken. Hier muss dringend nachgebessert werden.

die Politik muss handeln

Die Bundesärztekammer hat im März 2010 eine neue Leitlinie ver-fasst. Es wäre wünschenswert, wenn der darin dokumentierte in-ternationale Kenntnisstand einen entsprechenden Niederschlag in der Gesetzgebung und beim Ge-meinsamen Bundesausschuss fin-den würde. Eine liberalere Take-Home-Vergabe selbst bei weniger stabilen Patienten hat nach inter-nationalem Kenntnisstand positive

Stephan Walcher betreibt zusammen mit seinem Kollegen Dr. Rainer Mussel-mann eine Schwerpunktpraxis für Substitutionspatienten in München. 1997 hat er mit mehreren Ärzten, darunter Professor Felix Tretter und Professor Gerhard Bühringer, die Bayerische Akademie für Sucht- und Gesundheitsfragen (BAS) gegründet. In KVB FORUM beschreibt er seinen Arbeitsalltag, der sich in erster Linie darum dreht, Suchtkranke am Leben zu erhalten.

„Mit suBstitution kann Man Patienten aM leBen eRhalten“

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Auswirkungen auf den Suchtver-lauf und gefährdet keine Patienten- leben. Die Politik, die Krankenkas-sen und die KVen tragen dem aber keinerlei Rechnung. Eine Betreu-ungspauschale für die Take-Home- Vergabe gibt es nur in Hessen be-ziehungsweise demnächst in Nie-dersachsen. Dies ist dringend not-wendig – schon allein, um drohen-den Sicherstellungslücken im vor-wiegend ländlichen Raum vorzu- beugen. Denn wie soll ein Bus oder Bahn fahrender Patient auf dem Land regulär seinen Arzt erreichen und gleichzeitig arbeiten, wenn er nicht frühzeitig Take-Home erhält, was aber aus gesetzlichen und monetären Gründen nicht möglich ist? Und last but not least: Die Ver- gütung ist gemessen an Belastung, Zeitaufwand und Risiken ungenü-gend, und viermal Zehnminutenge-spräche pro Quartal werden sicher nur einer Minderheit der Patienten gerecht. Damit ist eine verantwor-tungsvolle Arbeit nicht möglich. Einer langsam ansteigenden Zahl an Patienten (derzeit zirka 82.000 von zirka 280.000 Drogensüchtigen) steht eine – schon heute sinkende

– Zahl alternder Allgemeinmedizi-ner gegenüber, für die aufgrund mangelnder beruflicher Perspekti-ven besonders auf dem Land kein Ersatz in Sicht ist. Das ist eine düstere Perspektive, der schon heute dringend entgegen gesteuert werden muss!

Versorgung auf dem land ge- fährdet

In Bayern stehen schon jetzt viele Landkreise (fast) ohne Substitu- tionsärzte da. Lange Fahrtstrecken von oft über 100 Kilometern zum nächsten Suchtmediziner – häufig in München, Nürnberg oder Augs-burg – sind keine Seltenheit. Und auch in der Großstadt sind die Ar-beitsbedingungen für Substitutions- ärzte nur selten optimal. Dazu wür- de gehören, dass man im nieder-schwelligen Bereich nicht als Ein-zelkämpfer unterwegs ist, sondern innerhalb eines erfahrenen ärztli-chen, pflegerischen und psycho-sozialen Teams arbeitet, das die Patienten gemeinsam auch an den Wochenenden sowie zu den Ur-laubszeiten behandelt. Eine enge Vernetzung mit anderen Angebo-ten der Suchthilfe ist notwendig. Genauso wie eine gute, vertrau-ensvolle Beziehung zu allen betei-ligten Institutionen wie der Polizei, den Sozialdiensten, den Arbeits-agenturen, dem Gesundheitsamt, den Landesärztekammern und den KVen.

Mit substitution sicherer als ohne

All diese Institutionen sollten be-denken: Ein Patient, der – auf wel-che Art auch immer – von der Sub- stitutionsbehandlung erreicht wird, lebt in jedem Fall sicherer als ohne sie. Aber selbst eine niederschwel- lige Substitutionseinrichtung kann nicht alle Patienten erreichen. Mas- siv selbst gefährdende Verhaltens-muster wie bei Patienten mit schwe-

rem Borderline-Syndrom oder ent-gleistem Beigebrauch setzen unse- ren Bemühungen Grenzen. Dann muss auf eine stationäre (Teil-)Ent-giftung oder stationäre Substitu- tionsbehandlung hingewirkt wer-den, in seltenen Fällen auch unter Zwang.

Abstinenz ist das Ergebnis eines langen Heilungsprozesses – nicht seine Voraussetzung! Selbst die Psychotherapeutenleitlinie ist 2011 dahingehend geändert worden. Entgiftung ist eine gefährliche Maß- nahme. In der ersten Woche nach einer Abstinenztherapie sterben fast zehnmal mehr Patienten an Überdosen als in den Monaten da-nach. Rund 30 Prozent aller Dro-gentoten fallen in diese Phase. Je-de Entgiftung hinterlässt darüber hinaus neurologische Narben. Als Stand-Alone-Verfahren bleiben nur weniger als fünf Prozent der Patienten vom Substanzkonsum befreit – nicht aber von der Sucht.

Es muss also viel Vorarbeit geleis-tet werden, um das soziale, famili-äre und gesundheitliche Umfeld zu schaffen, in dem es sich als ehe-maliger Suchtkranker erträglich le-ben lässt. Das ist nicht eben ein-fach und braucht viel Zeit. Substi-tution ist ein Mittel, um die Patien-ten am Leben zu erhalten, die ur- sächlichen und begleitenden Er-krankungen zu behandeln und am Ende möglicherweise eine blei-bende Drogenabstinenz zu errei-chen.

Stephan Walcher

stephan Walcher, substitutionsarzt in einer Münchner schwerpunkt- praxis, fordert unter anderem eine liberalere take-home-Vergabe mit entsprechender Betreuungspauschale, um drohenden sicherstellungslücken vorzubeugen.

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M it seinem Team betreut Dr. Schlereth derzeit etwa 20 Opiatabhängige

in der Praxis. Hinzu kommen noch einmal etwa 20 Patienten, die er im Konsiliarverfahren begleitet.

Herr Dr. Schlereth, welchen Stel- lenwert räumen Sie der Substitu- tionstherapie grundsätzlich ein?

Die Substitution ist derzeit die beste Möglichkeit, den Patienten in sei-nem Suchtbereich abzuholen und ihn langsam zu resozialisieren, wenn er sich darauf einlässt. Natürlich muss er sich den Regeln der Sub- stitution unterwerfen und zu mas-siven Veränderungen seines Lebens- wandels bereit sein. Da die Substi-tution bei fehlender Mitwirkung – Stichwort „Beigebrauch“ – für den Patienten gefährlich werden kann,

ist dies unumgänglich. Er muss da-für den vorgegebenen Praxisregeln folgen, den Beigebrauch einstellen und dazu auch regelmäßigen Urin-kontrollen unter Sicht zustimmen. Hinzu kommt die Verpflichtung, psychosoziale Beratungsstellen auf- zusuchen. Je nach Bedarf können weitere Auflagen dazukommen wie etwa Untersuchungen bei Psychia-tern oder anderweitige fachärztli-che Konsultationen.

Was sind, neben den komplexen medizinischen Fragestellungen, dabei die häufigsten Probleme?

Die Substituierten haben trotz der Gabe von Suchtersatzstoffen wei-terhin den Drang, in ihren alten Verhaltensmustern zu verharren. Kontakte mit der Drogenszene ber- gen ein erhebliches Rückfall- und Beigebrauchsrisiko. Pünktlichkeit muss wieder eingeübt werden. Es gibt auch immer wieder Probleme mit den Urinkontrollen unter Sicht. Hier wird oftmals versucht, durch Abgabe von „gefälschtem“ Urin den Beigebrauch zu vertuschen. Auch müssen wir mit Nachdruck darauf bestehen, dass die Drogen-beratungsangebote regelmäßig wahrgenommen werden. Hinzu kommt, dass das Verhalten der Substitutionspatienten den norma-

len Praxisverlauf sehr stark stören kann. Hierdurch haben wir insbe-sondere etliche Privatpatienten verloren.

Wie haben Sie Ihren Praxisablauf darauf eingerichtet?

Wir haben jetzt am späten Montag- nachmittag eine spezielle Sprech-zeit, in der der größte Teil der Sucht- arbeit geleistet wird. Dadurch ist es gelungen, mehr Ruhe für die anderen Patienten zu schaffen. Trotzdem kann es immer wieder zu Problemen kommen. Da ich keine Schwerpunktpraxis habe und auch aufgrund unserer Strukturen nie bekommen werde, kann ich keine ausgelagerten Praxisräume anbie-ten. Der Versuch, dies zirka zehn Kilometer von der Praxis entfernt in der KIDRO-Drogenhilfe in Bad Kissingen zu verwirklichen, war sehr zeitaufwendig und hat zu viele Ressourcen verschlungen.

Gibt es Fälle, bei denen eine Be-handlung nicht möglich ist?

Sicherlich. Dies sind insbesondere die Patienten, die den Beigebrauch nicht einschränken und sich auch nicht an die Bedingungen der Pra-xis halten. Die Substitution stellt ein Angebot an den Süchtigen dar.

Dr. Ewald Schlereth ist seit 1984 in Oberthulba in Unterfranken als Hausarzt niedergelassen. Wer die idyllische Marktgemeinde an den südlichen Ausläufern der Rhön inmitten des Thulbatales besucht, denkt sicherlich nicht zuallererst an Methadonsubstitution. Wie wichtig aber gerade im Freistaat eine flächende-ckende Versorgung mit Substitutionsplätzen ist, erfährt man im Gespräch mit dem engagierten Allgemeinmediziner. Er hat die Herausforderung angenommen und versorgt seine Suchtpatienten seit mittlerweile anderthalb Jahrzehnten.

dr. ewald schlereth

wünscht sich von kranken-

kassen und der Politik, dass der Wert der substitution

endlich aner-kannt wird.

eigene sPRechzeiten entlasten den PRaXisBetRieB

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Es besteht für mich also keine Ver-pflichtung, diejenigen, die sich nicht an die Regeln halten, zu be-handeln.

Ab wann ist Abstinenz überhaupt denkbar und wieviel Prozent Ihrer Patienten erreichen dieses Ziel?

Das hängt von vielen Faktoren ab, unter anderem davon, wie lange jemand süchtig ist und wie weit er sozial „abgestiegen“ ist. Auch seine geistige Leistungsfähigkeit und die soziale Integration in Familie und Arbeit spielen eine wesentliche Rolle. Ich schätze, dass maximal 15 Prozent mit der Substitution langsam „trocken“ werden. Selbst danach kann es immer wieder zu Rückfällen kommen. Erst jetzt ha-be ich wieder von einem Patienten erfahren, der nach über vier Jahren wieder rückfällig wurde und sich durch eine Überdosis den „golde-nen Schuss“ gesetzt hat.

Ist es auf dem Land schwieriger, genügend Einrichtungen für die psychosoziale Begleitung zu fin-den?

In unserer Region gibt es damit keine Probleme. Die Kapazität ist ausreichend und wir haben sehr engagierte und fachlich sehr gute Mitarbeiter in den Beratungsstellen. Mit den Einrichtungen habe ich häu- fig Kontakt und wir tauschen uns am Telefon aus. Viele Patienten kommen über diesen Weg zu mir. Seit einigen Jahren haben wir auch einen gemeinsamen Gesprächszir-kel, der sich zwei Mal pro Jahr trifft. Hier werden die allgemeinen Prob-leme besprochen und Lösungen diskutiert. In diesen Arbeitskreis laden wir auch Streetworker, Rich-ter, Kriminalbeamte, Apotheker und natürlich die Mitarbeiter des Gesundheitsamtes, insbesondere den Chef des Gesundheitsamtes als unserer Aufsichtsbehörde, ein.

Wie sehen die optimalen Arbeits- bedingungen für einen substitu-ierenden Arzt aus?

Optimale Bedingungen bestehen, wenn ich mich auf meine geschul-ten Helferinnen verlassen kann und dadurch große Unterstützung finde. Es kostet sie viel Energie, Zeit und Nerven, eine gute Substitution mit- zugestalten, auch Schulungen und Fortbildungen gehören dazu. Vor allem ist es aber wichtig, dass der Patient es wirklich schaffen will und uns nicht nur als seinen „Dealer in Weiß“ sieht. Durch Pünktlichkeit und Weglassen des Beigebrauchs wird die Situation nochmals ver-bessert.

Haben Sie die Möglichkeit, sich in Qualitätszirkeln auszutauschen?

Die Möglichkeit gibt es für mich in Würzburg. Da ich aber in der Me-thadonkommission der KVB mehr-mals jährlich die problematischen Fälle anderer Kollegen diskutieren und beurteilen muss, bin ich auto-matisch gezwungen, mich auf dem neuesten Stand der Diagnostik und Therapie zu halten. In der Kommis- sion kann ich meine eigene Quali-tät immer wieder selbst messen und mein Wissen erweitern. Außer- dem gibt es noch einen „Substitu-tionsletter“ und viele Fortbildungs-angebote der Bayerischen Akade-mie für Sucht- und Gesundheits-fragen.

Welche Unterstützung wünschen Sie sich von Politikern, Kranken-kassen und der KVB?

Da die Substitutionstherapie eine sehr belastende Tätigkeit ist, die an sich nichts mit der übrigen ver-tragsärztlichen Arbeit zu tun hat, sollte hier endlich eine leistungs-gerechte Bezahlung mit den Kran-kenkassen ausgehandelt werden. In der Praxis erfolgt quasi eine Querfinanzierung der Substituti-onsarbeit aus anderen Tätigkeiten. Wenn diese Patienten von uns gut geführt werden, sind weniger sta- tionäre Behandlungen erforderlich, was wesentliche Kosteneinsparun-gen nach sich zieht. Wir sind aber meilenweit von einer leistungsge-rechten Vergütung entfernt. Auch die Berichte an die Qualitätskom-mission sollten entgegen der bis-herigen Situation entsprechend honoriert werden. Vonseiten der Krankenkassen und der Politik wünsche ich mir, dass der Wert der Substitution endlich anerkannt wird. An die KVB habe ich den Wunsch, dass die Probleme, die wir immer wieder in der Urlaubs-vertretung durch die KV-Abrech-nung beim vertretenden Arzt be-kommen, möglichst unbürokra-tisch beseitigt werden.

Herr Dr. Schlereth, vielen Dank für das Gespräch!

Interview Markus Kreikle (KVB)

spezielle für suchtkranke angebotene sprechzeiten können irritatio-nen bei den an-deren Patienten verhindern.

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A ls wir Bärbel Würdinger treffen, steckt sie in einem Dilemma: Da haben sie und

ihr Team nun für Substitutionspa-tienten ein gut durchdachtes und in der Vergangenheit bereits zigmal erprobtes Konzept der eng ver-netzten ärztlichen und psychoso-zialen Begleitung im Angebot, aber keinen niedergelassenen Medizi-ner mehr, der die Substitution im Landkreis Freising durchführt. Der Arzt, mit dem der Verein über lan-ge Jahre erfolgreich zusammenge-arbeitet hat, hat seine Praxis aus Altersgründen vor kurzem seiner Tochter übergeben. Leider möchte die die Substitutionsbehandlung nicht fortsetzen. Bärbel Würdinger und ihr Team sind deshalb dringend auf der Suche nach einem adäqua- ten Ersatz, dem sie einiges zu bie-ten haben. „Die Mittelvergabe könn- te in unseren Räumen stattfinden, so dass die anderen Patienten des Substitutionsarztes nicht gestört würden und er an seiner Praxis-struktur nichts verändern müsste. Auch die Urinkontrollen unter Sicht würden wir für ihn übernehmen.“ Nicht nur für den Arzt, auch für die Patienten hätte dies durchaus Vor-teile, da diese gleich vor Ort bei Prop ihre psychosozialen Bera-

tungstermine wahrnehmen könn-ten. Bärbel Würdinger hofft nun, dass dieses Angebot bei Ärzten im Landkreis Freising schnell auf Inte-resse stößt. „Wir verlieren sonst so viele Patienten an die Schwer-punktpraxen in München. Die un-mittelbare Anbindung an uns als psychosoziale Begleitung ginge dann natürlich verloren.“

Das ist besonders vor dem Hinter-grund bitter, dass Prop bei jedem Patienten im Vorfeld sehr viel Mo-tivationsarbeit leistet, um ihn vom Wert einer längerfristigen psycho-sozialen Begleitung zu überzeugen. Bereits vor vier Jahren entwickelte der Verein ein Programm, beste-hend aus mehreren individuellen Bausteinen, das den Substituierten helfen soll, wieder mehr Eigenver-antwortung für ihr Leben zu über-nehmen. Meist gelingt dies jedoch nur, wenn parallel auch eine gut eingestellte medizinische Substi-tutionstherapie gegeben ist. „Es ist außerordentlich wichtig, dass beides zeitgleich stattfindet.“ Da-mit sich mehr niedergelassene Ärzte für die Substitution interes-sieren, wünscht sich Bärbel Wür-dinger, dass auch die Beratungs-gespräche, die der Arzt erbringt,

adäquat vergütet werden. „Er er-hält zwar von uns eine Suchtanam-nese, muss sich aber trotzdem noch eingehend mit dem Patien-ten befassen.“ Die Sozialpädago-gin plädiert deshalb dafür, dass die Qualität der medizinischen Leis- tung, die der Arzt bei der Substitu-tion erbringt, hierzulande stärker gesehen und gewürdigt wird. „Das ist eine Therapie wie bei Diabetes. Wenn die Substitution gut einge-stellt ist, also alle Beteiligten – Arzt, Patient und psychosoziale Beglei-tung – gut miteinander kommuni-zieren, sind Substitutionspatien-ten im Wartezimmer nicht zu er-kennen.“

Bärbel Würdinger und ihr Team ha-ben Glück. Kurz vor Redaktions-schluss erreicht uns die gute Nach- richt, dass sich eine niedergelas-sene Ärztin für die Substitutions-therapie gefunden hat. Das be-währte Konzept der vernetzten ärztlichen und psychosozialen Be-gleitung kann im Raum Freising al-so fortgeführt werden. Weitere In-formationen zu Prop e. V. unter www.prop-ev.de.

Marion Munke (KVB

Bärbel Würdinger leitet in Freising die psychosoziale Beratungsstelle des ge- meinnützigen Vereins Prop e. V., der sich schwerpunktmäßig um Prävention, Jugendhilfe und Suchttherapie kümmert. Sie ist der Meinung, dass sowohl die Gesellschaft als auch viele niedergelassene Ärzte eine andere Sichtweise auf das Thema Substitution bekommen müssen, da es sich hierbei um ein sehr hochschwelliges und stabilisierendes Angebot handelt.

„die suBstitution ist eine sehR WeRtVolle Medizinische Behandlung“

seit vier Jahren leitet Bärbel

Würdinger, dip-lomierte sozial-pädagogin, die psychosoziale

Beratungsstelle von Prop e. V. in

Freising. der Verein hilft sucht-

kranken unter anderem bei der

arbeits- und Wohnungssuche.

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17gesundheitsPolitik

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D as Problem liegt auf der Hand: Fast jeder vierte bay- erische Hausarzt ist inzwi-

schen 60 Jahre oder älter. Planungs- unsicherheit beim Honorar und bürokratische Belastungen haben vielen Hausärzten die Freude an ihrer Tätigkeit genommen. Deshalb geben inzwischen auch immer mehr Ärzte – so sie es sich leisten können – mit Anfang sechzig ihre Praxis ab. Den potenziellen Nach-wuchs schreckt bei der Übernahme einer Landarztpraxis neben den bekannten Gründen zusätzlich die Aussicht, immer mehr Bereitschafts- dienste leisten zu müssen. Über das Ergebnis dieser Entwicklung berichtete der KVB-Vorstandsvor-sitzende Dr. Wolfgang Krombholz.

Demnach wurden im vergangenen Jahr in Bayern mehr als 70 Haus-arztpraxen mangels Nachfolger geschlossen. Die Attraktivität der hausärztlichen Tätigkeit müsse, so der KVB-Chef, deshalb dringend erhöht werden, um die medizinische Versorgung einer tendenziell immer älter und kränker werdenden Ge-sellschaft zu sichern.

ein vielversprechender ansatz

Patentrezepte dafür gibt es leider nicht, aber mit der Gründung einer Koordinierungsstelle für die Weiter- bildung in der Allgemeinmedizin zumindest einen von mehreren viel- versprechenden Ansätzen. Die

Stelle, die von den vier an der Pres- sekonferenz beteiligten Organisa-tionen finanziert wird, ist bei der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) angesiedelt.

Ziel ist es, eine kontinuierliche, un- unterbrochene und finanziell abge- sicherte Weiterbildung zum Fach- arzt für Allgemeinmedizin zu ge-währleisten. Dr. Max Kaplan, Prä-sident der BLÄK, erklärte: „Die Koordinierungsstelle ist einerseits eine zentrale Anlaufstelle für Stu-dierende, Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung sowie Weiterbildungs- befugte und Weiterbildungsstätten. Und andererseits ein Initiator für neu zu gründende Weiterbildungs-verbünde.“ Elf solcher Verbünde existieren derzeit in Bayern, so Kaplan, weitere fünfzig seien wün-schenswert.

kassen müssen ihre hausauf-gaben machen

Der Vorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbands (BHÄV), Dr. Dieter Geis, mahnte allerdings, dass damit dem generellen Nach-wuchsproblem nicht abgeholfen werden könne. „Was nützen uns die Weiterbildungsstellen, wenn wir keine Ärzte haben?“, so seine wohl eher rhetorisch gemeinte Frage. Dem stimmte Siegfried Hasenbein, Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesell-schaft (BKG), zu. Auch in Bayerns

Krankenhäusern seien derzeit über 500 Arztstellen unbesetzt, weil die Bewerber fehlten. Die massive Arbeitszeitverdichtung und eine Bürokratie absurden Ausmaßes verleideten den jungen Medizinern die Freude am Beruf, so Hasenbein.

Nicht zuletzt deshalb empfahl BHÄV-Chef Geis der Politik und den Kassen, ihre Hausaufgaben zu machen. „Die Krankenkassen müssen endlich ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachkommen und die vorgesehenen Verträge zur hausarztzentrierten Versorgung mit uns abschließen.“

Martin Eulitz (KVB)

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im Juli haben die Spitzen von Bayerns Landesärztekammer, Krankenhausgesellschaft, Hausärzteverband und Kassen-ärztlicher Vereinigung in München eine Initiative vorgestellt, die sich zum Ziel gesetzt hat, Nachwuchs für die hausärztlichen Praxen zu gewinnen.

die gründerväter und Managerin-nen der koordi-nierungsstelle (von links): Romy Bürger, dr. Max kaplan und dr. dagmar schnei-der (alle drei Bläk), dr. dieter geis (BhäV), dr. Wolfgang kromb- holz (kVB) und siegfried hasen-bein (Bkg).

aktiV gegen nachWuchsMangel

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gesundheitsPolitik18

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D ie Organisatoren aus dem Bereich Versorgungsent-wicklung der KVB hatten

mit dem Thema der Veranstaltung „GKV-Versorgungsstrukturgesetz: Versorgung optimal steuern – aber wie?“ offensichtlich den Nerv des Berliner Fachpublikums getroffen. Trotz schönstem Sommerwetter waren über 100 Teilnehmer, darun- ter viele Journalisten, der Einladung des KVB-Vorstands gefolgt und in die „Vertretung des Freistaates

Bayern beim Bund“ gekommen. Mit großem Interesse verfolgten die Anwesenden, wie sich eine von der Journalistin Michaela Hoffmann moderierte Herrenrunde an dem geplanten Gesetzesvorhaben gera-dezu abarbeitete. Den Startschuss dazu hatte der „Hausherr“, Minis-terialdirigent Horst Wonka vom Bayerischen Gesundheitsministe-

rium, bereits in seinem Eingangs-statement gegeben. Er lobte nicht nur die konstruktive Zusammenar-beit mit der KVB, sondern vor al-lem die im Gesetz verankerte Be-rücksichtigung föderaler Struktu-ren im Gesundheitssystem.

„Ja“ zur Regionalisierung

Bei der Frage, wo man an welchen Stellschrauben drehen sollte, war sich die Runde schnell einig: So

wurden regionale Lösungen uniso-no befürwortet, eine Zentralisie-rung dagegen allgemein abgelehnt. „Überlasst es stärker den Kassen-ärztlichen Vereinigungen und den Krankenkassen auf Landesebene, die Versorgungsprobleme zu lö-sen“, so der Appell von Wilfried Ja-cobs, dem Vorstandsvorsitzenden der AOK Rheinland-Hamburg.

Ähnlich lautete auch das Votum des KVB-Vorstandschefs Dr. Wolf- gang Krombholz: „Da, wo die Ver-sorgung stattfindet, hat man den besten Blick auf das Geschehen. Hier müssen die Entscheidungen fallen.“ Sein Amtskollege aus Ba-den-Württemberg, Dr. Norbert Met- ke, zeigte sich geradezu begeistert von dem Gesetzentwurf und konn-te darin echte Handlungsoptionen gegen Versorgungsengpässe er-kennen.

Für und Wider der ambulanten spezialfachärztlichen Versor- gung

Angesichts dieser Übermacht woll- te sich nicht einmal der Vorstands- chef der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung (KBV), Dr. Andreas Köhler, für die Zentralisierung stark- machen. Dafür lenkte er den Blick auf die ebenfalls im Gesetz ange-legte ambulante spezialärztliche Versorgung (ASV). Diese, so Köhler, verbessere nicht die notwendige Kooperation „ambulant/stationär“, sondern gefährde vielmehr die nie- dergelassenen Fachärzte. Anders sah dies der stellvertretende Haupt- geschäftsführer und Justitiar der Deutschen Krankenhausgesell-schaft, Andreas Wagener. Nach dessen Meinung bietet die ASV den Patienten eine größere Ent-scheidungsfreiheit bei der Auswahl des geeigneten Arztes. Ähnlich argumentierte auch AOK-Mann

Auf großes Interesse ist die vom Vorstand der KVB Ende Juni in Berlin ausge-richtete Veranstaltung zum GKV-Versorgungsstrukturgesetz gestoßen. Tenor des Abends: Das Gesetz bietet Chancen, aber bezogen auf die fachärztliche Versorgung auch erhebliche Risiken.

kVB-Vorstands-vorsitzender dr. Wolfgang

krombholz: „Wir haben schon vor zehn Jahren da-

vor gewarnt, dass ein nachwuchs-problem auf uns

zukommt.“

BayeRischeR theMenaBend in BeRlin

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19gesundheitsPolitik

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Jacobs: Dem Patienten sei es egal, ob der behandelnde Arzt Freibe-rufler oder Angestellter sei – Haupt- sache, er werde gut versorgt. Ein-spruch kam an dieser Stelle vom KVB-Vorstand. So warnte Dr. Pedro Schmelz, erster stellvertretender Vorstandsvorsitzender, die ASV könne dazu führen, dass die Betten in den Krankenhäusern gar nicht mehr ausreichten, um alle Patien-ten aufzunehmen. Folge davon wären langfristig enorme Kosten-steigerungen im Gesundheitswe-sen durch ein Ausbluten der fach-ärztlichen Praxen. Dr. Ilka Enger, zweite stellvertretende KVB-Vor-standsvorsitzende, wandte sich direkt an den CDU-Gesundheits-experten Jens Spahn, der als Motiv für die Vorbehalte gegen die ASV die Angst um erworbene Pfründe ausgemacht hatte. „Uns geht es in den Praxen nicht primär um mehr Geld, sondern um Planungssicher-heit“, so Enger.

Fachsimpelei beim get- together

Beim anschließenden Stehemp-fang beruhigten sich die erhitzten Gemüter wieder. Dabei nutzten viele Teilnehmer die Gelegenheit, sich an zahlreichen Informations-ständen über innovative Ansätze in den Praxen engagierter Haus- und Fachärzte zu informieren. So stellten unter anderem die Fach-ärzte Dr. Thomas Sternfeld und Dr. Dirk Hempel die Möglichkeiten onkologischer Spitzenmedizin auch in ländlichen Regionen und vor allem in Zusammenarbeit mit Krankenhäusern vor Ort vor. Und Dr. Wolfgang Blank, Hausarzt und Preisträger des „Bayerischen Ge-sundheitspreises“ 2010, informier-te über sein Projekt „Lebensquali-tät im Alter“.

Martin Eulitz (KVB)

cdu-gesundheitsexperte Jens spahn machte deutlich, dass eine bessere analyse der Versorgungslage notwendig ist: „Wir wissen derzeit nicht wirk-lich, was unter- oder überversorgung konkret bedeutet.“

Meinungsaustausch unter Bayern in Berlin: Ministerialdirigent horst Wonka aus dem Bayerischen gesundheitsministerium im dialog mit kVB-Vizevorstands- chef dr. Pedro schmelz.

Frauen-Power an der kVB-spitze: Vorstandsmitglied dr. ilka enger (Mitte) mit der Vorsitzenden der Vertreterversammlung, dr. Petra Reis-Berkowicz (rechts), und deren stellvertretrin dr. astrid Bühren.

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kVB inteRn20

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D ie VV-Vorsitzende Dr. Pet-ra Reis-Berkowicz eröffne-te die Veranstaltung mit

einem Appell an ihre Kollegen: „Eine auseinanderdividierte Ärzte-schaft schwächt sich selbst. Pfle-gen wir ein kollegiales Miteinan-der.“ Sich selbst sieht die VV-Vor-sitzende in der Funktion einer Auf- sichtsrätin mit der Aufgabe, auf die Bearbeitung und Umsetzung der VV-Beschlüsse zu achten. Gleich-zeitig will sie aber auch Vertrauen schaffen und zwischen den Ver-tretern der Hausärzte, Fachärzte und Psychotherapeuten vermitteln.

lob und kritik

Dr. Wolfgang Krombholz, KVB-Vor-standsvorsitzender, ging in seinem anschließenden Vortrag zunächst auf die bevorstehende Gesundheits- reform ein. „Das Versorgungsge-setz hat uns schon drei Monate lang beschäftigt und wird uns sicher noch weitere drei bis vier Monate beschäftigen“, so seine Prognose. Als positiv wertete Krombholz, dass weder die bundesweite Konvergenz der Vergütung noch die Ambulan-ten Kodierrichtlinien im Referen-tenentwurf enthalten seien. Statt-dessen sei nun auch gesetzlich ver- ankert, dass die ambulante Versor- gung wieder mehr durch die ein-zelnen KVen vor Ort gestaltet wer-den solle. Der KVB-Chef führt die-se Entwicklung auch auf die inten-siven Gespräche zurück, die der Vorstand in den letzten Wochen und Monaten mit Gesundheitspoli-

tikern geführt hat – unter anderem als Teil der Freien Allianz der Län-der-KVen (FALK), die insgesamt et- wa 60.000 Ärzte und Psychothe-rapeuten vertritt.

Kritisch beurteilte Krombholz je-doch einige Regelungen des GKV-Versorgungsgesetzes zur Bedarfs-planung. Insbesondere habe man noch keine richtige Definition des Begriffes „Bedarf“ gefunden. Und auch bei den Themen Verträge und Vergütung sah der KVB-Vorstands- vorsitzende Verbesserungspoten-tial. Seine Hauptforderungen: Die Honorarverhandlungen sollen künf- tig auch bilateral mit einzelnen Kassen möglich sein, die Honorar-verteilung in den Regionen statt-finden, KVen potentielle Vertrags-partner bei IV-Verträgen werden und Medizinische Versorgungszent- ren (MVZ) vor branchenfremden Kapitalinteressen geschützt wer-den. Im zweiten Teil seines Vor-trags präsentierte Krombholz die Analyseergebnisse der KVB zur hausärztlichen Versorgung und zu den Arzneimittelausgaben in Bay-ern. Eine detaillierte Darstellung der Untersuchungen finden Sie in den kommenden Ausgaben von KVB FORUM.

in eigener hand

Dr. Pedro Schmelz, erster stellver-tretender KVB-Vorstandsvorsitzen- der, präsentierte in seinem Bericht zunächst einige Maßnahmen, mit denen die KVB den Service für ih-

re Mitglieder verbessern will. So wird das Beratungsangebot in den Bezirksstellen aktuell erweitert, um die niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten künftig früh-zeitig auf Unstimmigkeiten in der Abrechnung hinzuweisen. Im An-schluss analysierte Schmelz aus-führlich die Regelungen zur ge-planten neuen Versorgungsebene der spezialärztlichen Versorgung. „Wer weiterhin eine hochwertige fachärztliche Versorgung in der Fläche haben will, der muss auch gleich lange Spieße anbieten“, so seine Forderung an die Politik. Nach dem momentanen Stand der Planungen könnten sich die Kran-kenhäuser die Rosinen herauspi-cken, während die niedergelasse-nen Fachärzte auch weiterhin das gesamte Leistungsspektrum der ambulanten Versorgung anbieten müssten und dabei zudem finanzi-ell schlechtergestellt seien. Auch könne es nicht angehen, dass die Wirtschaftlichkeits- und Qualitäts-prüfungen durch die Krankenkas-sen erfolgen und die Qualitätssi-cherung teilweise dem Staat vor-behalten sein soll. „Die Medizin muss weiterhin in der Hand der Me-diziner sein“, so das Credo des KVB-Vizes. Im weiteren Verlauf der Sitzung verabschiedete die VV eine Resolution, wonach die Ein-führung der ambulanten spezial-ärztlichen Versorgung in der Form des zur VV vorliegenden Referen-tenentwurfs abgelehnt wurde.

Bis in den späten Abend hinein diskutierten die Mitglieder der Vertreterver-sammlung (VV) der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns am 6. Juli 2011 die aktuellen Herausforderungen und Probleme der ambulanten Versorgung.

intensiVe diskussionen und nachdenkliche töne

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21kVB inteRn

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hatten brisante gesundheitspoli-tische themen auf der agenda: die Vorstands-mitglieder dr. ilka enger, dr. Pedro schmelz und dr. Wolfgang krombholz mit der VV-Vorsit-zenden dr. Petra Reis-Berkowicz (von rechts).

Modell vor dem start

Die zweite stellvertretende KVB-Vorstandsvorsitzende, Dr. Ilka En-ger, beleuchtete das bevorstehen-de GKV-Versorgungsstrukturge-setz aus psychotherapeutischer Sicht. So betreffe die spezialärztli-che Versorgung die Psychothera-peuten zwar bisher noch nicht, langfristig sei aber auch eine Aus-weitung auf diesen Versorgungs-bereich möglich. Positiv wertete Enger, dass künftig im Rahmen der Bedarfsplanung eine eigene Fach-gruppe für diejenigen Leistungser-bringer eingerichtet werden soll, die ausschließlich Kinder und Ju-gendliche psychotherapeutisch behandeln. Gleichzeitig sei inzwi-schen auch die zweite Stufe der Mindestquoten für Kinder- und Ju-gendlichenpsychotherapeuten er-folgreich umgesetzt worden: Der-zeit gebe es in Bayern nur noch 6,5 Sitze zu besetzen.

Auch auf die Probleme im Umfeld der elektronischen Gesundheits-karte ging Enger ausführlich ein. Aufgrund der immer noch beste-henden Sicherheitslücke rät der Vorstand der KVB seinen Mitglie-der derzeit von der Anschaffung eines entsprechenden Kartenter-minals ab. Die VV stimmte dem Antrag des Vorstands zu, dass zwar weiterhin die Fördermittel für die Anschaffung der Kartenlesege-räte ausgezahlt, aber keine Info-veranstaltungen oder Beratungen zu dem Thema durchgeführt wer-den. Der Vorstand wird – unter an-derem aufgrund nicht erfüllbarer Vorgaben im geplanten Alltagsbe-trieb – auf Krankenkassen, Politik und Gerätehersteller einwirken, den Rollout zu stoppen. Wie Enger berichtete, nimmt dagegen ein an-deres Projekt gerade Fahrt auf. Das gemeinsam mit dem Gesund-heitsökonomen Dr. Thomas Drab-inski entwickelte Modell zur Ein-führung der Kostenerstattung soll

im Jahr 2012 mit Vertretern der Audi BKK und des Ärztenetzes GO IN in einer Testregion mit Versicher-ten der Audi BKK in den Landkrei-sen Ingolstadt, Eichstätt, Neuburg-Schrobenhausen, Pfaffenhofen und Neumarkt gestartet werden.

unter der lupe

Im Anschluss an die Berichte des Vorstands stellte Dr. Wolfgang Hoppenthaller, Mitglied der Bera-tenden Vorstandskommission, Ana- lysen der KVB-Statistiker zum The- ma Arzneimittelverordnungen im hausärztlichen Bereich vor. Diese hätten erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeitsprüfun-gen. Hoppenthaller konstatierte eine „enorme Spreizung bei Be-handlungsfällen und Verordnungs-fällen“: Je nachdem, welches Krite- rium zur Anwendung komme, wür-den unterschiedlich viele Ärzte ei-ner Prüfung unterzogen. Es sei des- halb reine Willkür, ob nach Behand- lungsfall oder Verordnungsfall ge-prüft werde. Der Vorstand kündigte an, die Prüfvereinbarung zur Wirt-schaftlichkeitsprüfung zum 31. De-zember 2011 zu kündigen, um neue, bessere Prüfkriterien zu vereinba-ren, und mit den Krankenkassen über die Aussetzung der laufenden Durchschnittsprüfungen zu ver-handeln. Dr. Pedro Schmelz infor-mierte darüber, dass entsprechende Auswertungen für den fachärztli-chen Bereich ebenfalls bereits in Arbeit seien und Ergebnisse der

VV präsentiert würden. Intensiv dis-kutiert wurde schließlich noch eine Änderung der Bereitschaftsdienst-ordnung. So hatte der Bereit-schaftsdienstausschuss der KVB unter anderem vorgeschlagen, die Altersgrenze für die Pflicht zur Teil- nahme am Bereitschaftsdienst auf 60 Jahre herabzusetzen, die Weg-strecken im hausärztlichen Bereit-schaftsdienst zu kürzen und die maximale jährliche Dienstfrequenz zu reduzieren. KVB-Chef Kromb-holz stellte in seinem Vortrag dar, was diese Neuregelungen für Kon-sequenzen hätten. Eine Herabset-zung von Dienstalter und Dienst-frequenz würde zu einer starken Unterbesetzung zahlreicher Dienst- gruppenbereiche führen. Kromb-holz bat die anwesenden Vertreter des Ministeriums, dieses Problem auch von Seiten der Politik aus aktiv anzugehen. Aufgrund der ab-sehbaren dramatischen Konse-quenzen der geplanten Änderung der Bereitschaftsdienstordnung sprach sich die VV deshalb für eine Vertagung des Beschlusses auf die nächste Vertreterversammlung am 26. November 2011 aus. In der Zwischenzeit sollen die möglichen Auswirkungen noch genauer ana-lysiert und für die weitere Gestal-tung der Bereitschaftsdienstord-nung berücksichtigt werden.

Martin Eulitz, Verena Stich (beide KVB)

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Qualität22

k VB FoRuM 9/2011

D ie Bundesgesetzgebung er- teilt dabei im geänderten Paragraph 87 SGB V auch

den Auftrag „mit Wirkung zum 1. Januar 2012 eine Regelung zu tref-fen, nach der ärztliche Leistungen zur Diagnostik und ambulanten Eradikationstherapie einschließlich elektronischer Dokumentation von Trägern mit dem Methicillin-resis-tenten Staphylococcus aureus (MRSA) vergütet werden.“ Damit werden nun die finanziellen Voraus-setzungen geschaffen, die Anstren- gungen von Ärzten im Krankenhaus und im niedergelassenen Bereich bei der Versorgung von Patienten mit MRSA in Kliniken, in den Pra-

xen, bei Hausbesuchen und in Al-ten- und Pflegeheimen besser zu vernetzen. Die KVB wird ihren Mit-gliedern Fortbildungen zur MRSA-Thematik anbieten und sie somit auf kommende Regelungen vorbe-reiten (siehe Kasten).

MRsa – ein Problemerreger

MRSA steht für „Methicillin/Oxa-cillin-resistenter Staphylococcus aureus“ und benennt S. aureus-Stämme, die aufgrund der Bildung eines veränderten Penicillin-binden- den Proteins gegen alle β-Laktam-Antibiotika (Penicilline, Cephalo-sporine aller Gruppen und Carba-peneme; ββ-Laktamase-Inhibitoren sind unwirksam) unempfindlich sind. Weit verbreitete Epidemie-stämme von MRSA zeigen zusätz-lich Resistenz gegen Makrolide, Lincosamide und Chinolone, zum Teil auch gegen weitere Antibioti-ka-Substanzklassen, mittlerweile im Einzelfall auch gegen Vancomy-cin oder neuere Antibiotika wie Li-nezolid oder Daptomycin. Damit sind die Möglichkeiten für die anti-biotische Therapie einer MRSA-In-fektion stark eingeschränkt. Ge-gen MRSA wirksame Antibiotika sind zum Teil sehr teuer und oft reich an Nebenwirkungen. MRSA weisen auch oft eine ausgeprägte „epidemische Virulenz“ auf, das heißt sie überleben auf Oberflä-chen und in Staubansammlungen, insbesondere durch Selektions-vorteile in Bereichen von nicht MRSA-wirksamen Antibiotika-An-

wendungen, und sind leicht auf Patienten mit bestimmten Risiko-faktoren übertragbar, insbesonde-re bei Mängeln der Händehygiene des medizinischen Personals. Aus einer zunächst asymptomatischen Besiedelung eines Patienten mit MRSA, vor allem auf Schleimhäu-ten im Nasen-Rachen-Raum, auf chronischen Wunden und verän-derten Hautarealen, entwickeln sich nicht selten im Verlauf MRSA-Infektionen, zum Beispiel invasive Haut-/Weichgewebe-Infektionen, Wundinfektionen, Pneumonien und auch Septikämien. Somit ist jeder Patient mit einer MRSA-Be-siedelung individuell gefährdet. Je häufiger MRSA übertragen werden, desto größer wird die Wahrschein-lichkeit, dass molekulare Resistenz-Determinanten von MRSA auf bis-her empfindliche, klinisch aggres-sivere S. aureus-Stämme überge-hen (horizontaler Gentransfer: „Resistenz trifft Virulenz“).

Auch deshalb muss der weiteren Verbreitung von MRSA Einhalt ge-boten werden.

MRsa in deutschland und anderswo

MRSA haben sich seit den 1960er Jahren weltweit verbreitet. In Deutschland stieg der Anteil von MRSA beim Nachweis von S. aure-us bei Krankenhauspatienten in den letzten 20 Jahren von zirka ei-nem auf aktuell etwa 25 Prozent. Damit liegt Deutschland heute in-

Die seit Anfang dieses Jahres erarbeitete Aktualisierung des Infektionsschutz-gesetzes (IfSG) und Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) ist im Juli 2011 im Parlament verabschiedet worden. Ziel der Gesetzesänderungen ist es, die Häu- figkeit nosokomialer Infektionen und die Ausbreitung multiresistenter Erreger in der stationären, aber auch in der ambulanten Versorgung zu minimieren.

„MRsa PositiV!“

die Plakataktion des Robert koch-

instituts setzt auf aufklärung

bei den Beschäf-tigten im ge-

sundheitswesen.

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23Qualität

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ternational im „MRSA-Mittelfeld“. Eine Prävalenzuntersuchung im Saarland wies allerdings 2010 bei bereits zirka zwei Prozent aller Pa-tienten MRSA bei stationärer Auf-nahme ins Krankenhaus nach. Da-ten der letzten Jahre bestätigen, dass MRSA auch in der ambulan-ten Versorgung zunimmt. Der An-teil beim Nachweis von S. aureus beträgt hier zirka 13 Prozent. Den skandinavischen Ländern und ins-besondere den Niederlanden ist es dagegen gelungen, die MRSA-Häufigkeit in der medizinischen Versorgung sehr niedrig zu halten. Folgende Bekämpfungsstrategien haben sich dort als wirksam er-wiesen:

� MRSA-Screening aller Patienten mit Risikofaktoren bei einer Klinikaufnahme

� konsequente Sanierung von MRSA-Trägern auch in der am- bulanten Medizin

� Umsetzung der erforderlichen Hygienemaßnahmen bei MRSA- Patienten

� Information von Weiterbehan-delnden über MRSA-Status eines Patienten

„Search – destroy – follow“ um-schreibt dieses erfolgreiche Kon-zept gegen MRSA, das auch in Deutschland mit der neuen Bun-desgesetzgebung gefördert wer-den soll.

screening und sanierung

Patienten mit folgenden Risikofak-toren sind prädestiniert für eine MRSA-Besiedelung:

� bekannte MRSA-Anamnese � Herkunft aus Ländern oder Ein- richtungen mit hoher MRSA-Prävalenz

� wiederholte und längere statio- näre Krankenhausaufenthalte

� zwei oder mehr der folgenden Risikofaktoren: Antibiotikathe-rapie in den letzten sechs Mo- naten, liegende Katheter (zum

Beispiel Harnableitung, PEG-Son- de), Dialyse, Tracheostoma, chro- nische Wunde, diabetischer Fuß, Hautulcus, Hauterkrankungen inklusive Infektionen (zum Bei- spiel Abszesse, Furunkulose), chronische Pflegebedürftigkeit (ambulant und stationär)

� (beruflich bedingt) direkte Kon- takte zu Tieren in der Landwirt-schaft (Schweinemast)

Bei solchen Patienten sollte aktiv mittels Abstrich von Nasenvorhof und gegebenenfalls Wunden mik-robiologisch nach MRSA gesucht werden, insbesondere nach Ent-lassung aus dem Krankenhaus bei unbekanntem MRSA-Status und bei beziehungsweise unmittelbar vor der Aufnahme ins Krankenhaus. Bei MRSA-Nachweis ist vom be-handelnden Arzt zu entscheiden, ob und wann eine MRSA-Dekolo-nisierung durchgeführt wird. Eine stationär begonnene MRSA-Sanie-rung ist ambulant konsequent ab-zuschließen und auf Erfolg zu prü-fen. Die betreffenden Informatio-nen sind Weiterbehandelnden zu übermitteln. Zur MRSA-Sanierung gehören folgende Maßnahmen, die fünf Tage lang durchzuführen sind:

� Applikation von Mupirocin-Nasensalbe, beidseits, dreimal täglich

� Gurgeln mit antiseptischer Rachenspüllösung, dreimal täglich

� Duschen oder Ganzkörperwa-schung, inklusive Haare, mit MRSA-wirksamer Waschlotion, täglich

Während dieser fünf Tage: � Wechseln von Wäsche, Bett- wäsche, Waschlappen und Hand- tüchern, täglich

� Erneuerung/Desinfektion per- sönlicher Utensilien wie zum Beispiel Rasierer, Zahnbürste

� Fertigsets zur MRSA-Dekoloni-sierung (inklusive Einmalutensi-lien) haben sich bewährt.

Neben den Informationen der KVB finden Sie auch nützliche Hinweise auf den Internetseiten des Robert Koch-Instituts unter www.rki.de in der Rubrik Infektionsschutz/Kran-kenhaushygiene/Information zu ausgewählten Erregern/MRSA.

Dr. Lutz Bader (KVB)

„MRsa positiv!“ – MRsa-Patienten in der Praxis

Wir laden Sie ein zur Informationsveranstaltung für Ärzte und Medizinische Fachangestellte zur Versorgung von MRSA-Patienten in der Arztpra-xis und beim Hausbesuch, am Freitag, 23. Sep-tember 2011, von 15.00 bis 19.00 Uhr in der KVB, Elsenheimerstraße 39, 80687 München.

Schwerpunkte: � MRSA: mikrobiologische und infektiologische Grundlagen

� Umgang mit MRSA-Patienten: allgemeine Grundlagen

� Versorgung von MRSA-Patienten: Abrech-nungsmodalitäten

� Umgang mit MRSA-Patienten: Arztpraxis und Hausbesuch

� MRSA und Öffentlicher Gesundheitsdienst � MRSA-FAQ: Sie fragen – wir antworten!

Die Teilnahme an der Veranstaltung ist kosten-frei. Ärzte erhalten fünf CME-Fortbildungspunk-te. Wir bitten um schriftliche Anmeldung.Weitere Seminare sind in Planung.

Bei Fragen erreichen Sie uns unter:Telefon 09 11 / 9 46 67 – 322 oder – 336Fax 09 11 / 9 46 67 – 400E-Mail [email protected]

Eine ualitätsinitiative der KVB

Hygiene – aber sicher!

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Recht inteRessant24

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1. zulässigkeit von stimm- enthaltungen

Die Frage der Zulässigkeit von Ent-haltungen ist in Satzungen und Ge- schäftsordnungen unterschiedlich geregelt:

Nach der Satzung der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) bei-spielsweise sind bei Abstimmungen im Vorstand Stimmenthaltungen un- zulässig, außer in Angelegenheiten der eigenen Person (§ 11 Abs. 2 Satz 4 der Satzung der BLÄK). Auch nach der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern darf sich

kein Mitglied des Gemeinderates der Stimme enthalten (Art. 48 Abs. 1 Satz 2).

Nach anderen Normen sind Stimm- enthaltungen zwar zulässig, aber für die Ermittlung des Ergebnisses der Abstimmung oder Wahl nicht mitzuzählen, so zum Beispiel bei Beschlüssen der Vertreterver-sammlung (VV) der Kassenärztli-chen Bundesvereinigung (KBV) (Geschäftsordnung der VV der KBV § 4 Satz 1 2. HS) und bei Wahlen in der VV der KBV und der KVB (§ 9 Abs. 4 Satz 2 Satzung der KBV und § 17 Abs. 1 Satz 2 Satzung der KVB).

2. Bewertung der stimment- haltung

Wie wirken sich Stimmenthaltun-gen aus, die bei jeder Abstimmung oder auch Wahl, beispielsweise der Vertreterversammlung der KVB oder KBV, aber auch auf dem Bay-erischen oder Deutschen Ärzte-tag, abgefragt werden, wenn sie doch letztlich nicht mitzählen?

a) Bei Abstimmungen:Beschlüsse der Vertreterversamm- lung der KVB werden mit einfacher Stimmenmehrheit gefasst („einfa-che Mehrheitsentscheidung“ ge-mäß § 8 Abs. 2 Satz 1 der Sat-zung der KVB).

Da Anträge so gefasst werden müs- sen, dass sie mit „Ja“ oder „Nein“ abgestimmt werden können, muss die Zahl der Ja-Stimmen die der Nein-Stimmen überwiegen. Bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt (so § 8 Abs. 2 Satz 2 der Satzung der KVB).

Stimmenthaltungen bleiben dabei unberücksichtigt. Sie sind, wie es beispielsweise die Geschäftsord-nung des Bayerischen Ärztetags formuliert, „keine abgegebene Stimme“ (§ 10 GO Bayerischer Ärztetag). Letztlich hat dies zur Folge, dass eine einfache Mehr-heitsentscheidung auch von einer Minderheit der Stimmberechtigten getroffen werden kann.

„Wir kommen zur Abstimmung: Wer ist für den Antrag? Wer stimmt gegen den Antrag? Wer enthält sich?“ – so der typische Ablauf einer Abstimmung, der dennoch einige Fragen aufwirft: Wo zählen Stimmenthaltungen? Ist es überhaupt zuläs-sig, sich der Stimme zu enthalten? Macht es dabei einen Unterschied, ob es sich um eine (gewöhnliche) Abstimmung oder um eine Wahl handelt, bei der nach den Enthaltungen gefragt wird.

auch stimment-haltungen kön-nen das Wahl- ergebnis maß-geblich beein-

flussen.

schWeigen ist nicht iMMeR gold. Was PassieRt Bei stiMM-enthaltungen?

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25Recht inteRessant

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Dazu folgende Beispiele: � Bei 25 anwesenden Mitgliedern der Vertreterversammlung der KVB [1] müsste, wenn sich kein Mitglied der Stimme enthält, eine Mehrheit von 13 gültigen Stimmen für eine Beschlussan-nahme erreicht werden. Enthal- ten sich jedoch sieben der 25 anwesenden Mitglieder, reicht für die Annahme des Antrags eine Mehrheit von zehn gültigen Stimmen aus.

� Bei 25 anwesenden Mitgliedern der Vertreterversammlung reicht bei 15 Stimmenenthaltungen eine einfache Mehrheit von sechs gültigen Stimmen aus.

Zur Feststellung des Abstimmungs- ergebnisses ist es daher notwen-dig, auch die Stimmenthaltungen abzufragen und festzuhalten.

Anders ist es, wenn – wie bei der Änderung der Satzung – eine qua-lifizierte Mehrheit von zwei Drittel der anwesenden Mitglieder der Ver- treterversammlung, mindestens

die Mehrheit der satzungsmäßigen Zahl der Vertreter (50 gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Satzung der KVB), erforderlich ist und damit auf eine bestimmbare beziehungsweise be-stimmte Zahl von Mitgliedern zwingend Bezug zu nehmen ist.

b) Bei Wahlen:Bei Wahlen in der Vertreterver-sammlung der KVB ist – dem Grund- satz nach – im ersten Wahlgang gewählt, wer „die gültigen Stim-men von mehr als der Hälfte der Gesamtzahl der Mitglieder der Ver- treterversammlung auf sich vereint“. Stimmenthaltungen zählen dabei nicht mit (§ 17 Abs. 1 Satz 2 Sat-zung der KVB).

Dies gilt auch in dem Wahlgang, bei dem es nur noch auf die Mehrheit der gültig abgegebenen Stimmen ankommt (§§ 17 Abs. 2, 17 Abs. 4, 17 Abs. 5 Buchst b, letzter Satz der Satzung der KVB). Hier wäre es möglich, dass bei 25 anwesenden Mitgliedern der Vertreterversamm- lung, von denen sich 22 Mitglieder bei der Wahl der Stimme enthal-

ten, ein Kandidat bei einer Gegen-stimme mit zwei Stimmen gewählt ist.

Fazit

Sind Stimmenthaltungen zulässig, sind diese grundsätzlich keine (gültig) abgegebenen Stimmen. Die Zahl der Stimmenthaltungen verringert/verändert jedoch die Bezugsgröße/-menge, die bei der Berechnung der Stimmen für oder gegen einen Antrag (Stimmenmehr- heit) entscheidend ist.

Dr. Herbert Schiller, Nicola Brems (beide Rechtsabteilung der KVB)

[1] Mit 25 anwesenden Mitgliedern ist die Vertreterversammlung der KVB beschlussfähig, weil damit die Hälfte der Vertreter (von ins-gesamt 50) anwesend ist, siehe § 8 Abs. 1 Satz 1 der Satzung der KVB.

unter bestimm-ten umständen kann auch eine Minderheit der stimmberechtig-ten entschei-dend sein.

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PRaXis und FaMilie26

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D ie kleine Franziska ist zwei Jahre alt und balanciert ein Schälchen Johannisbeeren

durch den Garten. Dann stellt sie es auf den Tisch, an den ihre Mut-ter und ich uns für unser Gespräch

zurückgezogen haben. Plötzlich kommt ihr die Idee, die Johannis-beeren in ihrem Wasserglas zu ver- senken. Sie freut sich und kichert über jede einzelne Beere, die in ih-rem Sprudelwasser untergeht. Ab und zu macht sie ihre Mutter auf das bunte Beerentreiben aufmerk-sam. Dr. Ursula Gaisbauer-Riedl lobt die Kleine und genießt es ganz

offensichtlich, dass sie am heutigen Mittwoch nicht in die Praxis muss. Die Fachärztin für Kinder- und Ju-gendmedizin liebt ihre Mutterrolle, genauso wie sie ihren Beruf liebt. Weder auf das eine noch auf das andere möchte sie verzichten. Zum Glück muss sie das auch nicht: Nicht nur, dass sich ihre Praxis und ihre Wohnung in einem Gebäude befinden, sodass sie im Notfall schnell von der einen in die ande-re Welt wechseln kann, sie kann sich auch voll und ganz darauf ver-lassen, dass die Gemeinschaftspra- xis, die sie seit 1999 zusammen mit ihrem Bruder betreibt, bei ihm während ihrer Abwesenheit in den besten Händen ist.

Weiterbildungsassistent gesucht

Doch dafür mussten zunächst eini- ge Voraussetzungen geschaffen werden. Denn ganz allein war der Praxisbetrieb für Dr. Stephan Gais- bauer während der Elternzeit sei-ner Schwester nicht zu stemmen. „Gleich als ich schwanger wurde, haben wir uns bei der KVB über die verschiedenen Vertretungs-möglichkeiten informiert, denn es war klar, dass mein Bruder bei un-

serem Patientenaufkommen unbe-dingt Unterstützung braucht.“ Die Gaisbauers entscheiden sich, ei-nen Weiterbildungsassistenten ein- zustellen, was sich auf dem Land als schwieriges Unterfangen er-weist. Erst kurz vor Franziskas Ge-burt tritt ein junger Assistenzarzt aus der nahegelegenen Kinderkli-nik seinen Dienst an. Ursula Gais-bauer-Riedl hat genau eine Woche Zeit, um ihn einzuarbeiten. Rück-blickend meint sie, dass diese Lö-sung für alle Beteiligten gut funk-tioniert hat. So kann die frischge-backene Mutter die ersten sechs Monate nach der Geburt unbe-sorgt zu Hause bei ihrem Kind bleiben. Danach steigt sie lang-sam – zwei bis drei Tage pro Wo-che – wieder in den Praxisbetrieb ein. Dafür nimmt sich ihr Mann drei Monate Eltern(aus-)zeit.

Inzwischen steht Dr. Ursula Gais-bauer-Riedl wieder dreieinhalb bis vier Tage pro Woche in der Praxis. Mittwochs allerdings nicht – da ist Franziska-Tag. Ihr Mann, Wirtschafts- informatiker beim Landratsamt Passau, hat nach seiner dreimona-tigen Elternzeit seine Fünf-Tage-Woche dauerhaft um zwei Tage reduziert. Für die Zeiten, die die

Wie können niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sich ihren Wunsch nach Familie und beruflicher Karriere erfüllen? Welche Hürden gilt es zu meistern und wie haben KVB-Mitglieder den Spagat zwischen Praxis und Familie ge-schafft? Wir haben einige von ihnen besucht und sie nach ihren persönlichen Erfahrungen und Erfolgsrezepten befragt. Den Anfang machen wir in dieser Ausgabe mit Dr. Ursula Gaisbauer-Riedl aus Simbach am Inn.

Mittwoch ist Franziska-tag:

dr. ursula gais-bauer-Riedl und ihre zweijährige

tochter genie-ßen die zeit zu

zweit im garten.

„ein gRosseR logistischeR auFWand, deR sich lohnt und sehR schön ist!“

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27PRaXis und FaMilie

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Eltern nicht abdecken können, kommt eine Kinderfrau ins Haus. So kann Franziska in ihrer gewohn- ten Umgebung bleiben. Und im Notfall ist ihre Mutter in der Praxis ja nur eine Tür weit entfernt. Was sich so einfach anhört, ist trotz al-lem eine logistische Meisterleis-tung, zumal die Mutter der Ärztin an Demenz erkrankt ist und eben-falls zu Hause betreut werden muss. Zwischendurch musste auch noch ein neuer Weiterbildungsassistent gesucht werden. Monate vergin-gen, bis eine junge Ärztin gefun-den war. Im September kommt Franziska nun in den Kindergar-ten, das macht die Organisation im Hause Gaisbauer wieder etwas einfacher. Da ist es gut, dass sich bis dahin die Freistellung vom Be-reitschaftsdienst Stress mindernd auf das Berufsleben der 47-Jähri-gen auswirkt. „Ich mache zurzeit keine Nachtdienste. Ab und zu übernehme ich einen Samstags-dienst. Aber eher selten, sodass mir durch die Befreiung einfach mehr Zeit für die Familie bleibt.“

Beratung aus einer hand

Wie gut hat sie sich insgesamt zum Thema „Praxis und Familie“ von der KVB unterstützt und beraten gefühlt? „Im Grunde sehr gut. Ich engagiere mich ja seit vielen Jah-ren bei der KV und weiß daher, an wen ich mich zu welchem Thema wenden muss. Aber als Jungnieder- gelassene würde ich mich aufgrund der vielen Ansprechpartner bei der KV manchmal schwer tun.“ Die Simbacher Ärztin plädiert deshalb für eine Beratung aus einer Hand. „Es sollte bei der KVB für einen Themenkomplex immer nur einen Ansprechpartner geben. In diesem Fall einen, der sowohl wirtschaft-lich beraten kann, als auch bei der Beantragung des Elterngeldes hilft. Und der auch weiß, dass man die Ärzteversorgung aussetzen kann und welche Bescheinigungen da-

für notwendig sind. Da gibt es so viele ungeklärte Fragen, für die be- nötigt man einfach eine umfassen-de Unterstützung.“

„Finanzielle abstriche sind normal“

Welche Verbesserungen für Nie-dergelassene mit Kindern wünscht sich Dr. Ursula Gaisbauer-Riedl von der Politik? Die Niederbayerin überlegt lange und meint dann: „Mehr Geld. Mit 1.800 Euro Eltern- geld kommt man nicht weit, wenn man nicht noch einen Mann hat, der dazu verdient und den Großteil der Haushaltsführung übernimmt. Ich bezahle ja schon allein 500 Euro für die Krankenversicherung. Dazu kommt die Ärzteversorgung – es sei denn, man setzt mit den Beiträgen aus. Als Alleinerziehende könnte ich davon nicht leben. Da sollte sich die Politik schon was überlegen.“

Sollten junge Ärztinnen den Schritt ins Familienleben also gründlich

überdenken? Nur insofern, als dass sie vor Eintritt einer Schwan-gerschaft ihren Facharzt in der Ta-sche haben sollten, meint Dr. Ur-sula Gaisbauer-Riedl. „Es ist ein-fach sehr schwierig, Teilzeitstellen während der Facharztausbildung zu bekommen.“ Aber danach sei es sowohl im Angestelltenverhält-nis als auch als Selbstständige durchaus möglich, Familie und Be-ruf unter einen Hut zu kriegen. „Es ist und bleibt ein großer logistischer Aufwand, und man muss natürlich auch finanzielle Abstriche machen. Aber es rentiert sich und es ist sehr schön!“

Informationen zum Thema Verein-barkeit von Praxis und Familie fin-den Sie unter www.kvb.de in der Rubrik Praxis/Praxisführung/Pra-xis und Familie. Hier haben Sie auch Gelegenheit, sich kostenlos die KVB-Broschüre „Ärztinnen in der vertragsärztlichen Versor-gung“ herunterzuladen.

Marion Munke (KVB)

die Fachärztin für kinder- und Jugendmedizin in ihrer Praxis in simbach am inn. derweil spielt ihre tochter nur eine tür weiter.

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äRzte-engageMent28

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D er eine Arzt hat diese ein-fühlsame Gabe und der an- dere eben nicht.“ Stephan

Allmendinger wollte sich als Medi-zinstudent mit dieser oft pauschal gegebenen Antwort nicht zufrieden- geben. Der heute 34-Jährige, der inzwischen als Assistenzarzt im in-terdisziplinären Zentrum für Pallia-tivmedizin an der Ludwig-Maximi-lians-Universität München (LMU) ar-beitet, war sich sicher, dass man eine menschliche Haltung kultivie-ren und üben kann. Zunächst glaub- te er, diese Haltung eher in alter-nativen und komplementären Me-thoden der Medizin zu finden, bei denen mehr Zeit für Gespräche mit dem Patienten zur Verfügung steht und der ganze Mensch betrachtet wird. Doch nachdem er sich inten-siver mit den verschiedenen Me-thoden beschäftigt hatte, kam er zu dem Schluss: „Es liegt gar nicht an der Methode, es geht um die Grundhaltung, die dahinter steht.“

kommunikation, Berührung, umgang mit dem tod

Vor drei Jahren gründete er daher zusammen mit anderen Medizin-studenten die Initiative „Medizin und Menschlichkeit“, kurz MuM. Um möglichst viele andere Studen- ten zu erreichen, planten die Mit-glieder der Gruppe als erstes ein Symposium zu den Themen, die

ihrer Erfahrung nach innerhalb des normalen Medizinstudiums zu kurz kamen: Kommunikation, Berührung, Sterben, Umgang mit dem Tod, Spi- ritualität. Allmendinger und seine Mitstreiter ließen sich von einem Coach der Bundesvereinigung deut- scher Medizinstudenten beraten, beschäftigten sich mit Projektpla-nung, Teambuilding, Sponsoring und holten sich Rat und Unterstüt-zung bei ihren Dozenten. Im März 2010 konnten sie ihre erste „Som-merakademie“ im Kloster Benedikt- beuern abhalten.

Ein voller Erfolg sei diese Veran-staltung gewesen, sagt Aniko Do-bos. Die 24-jährige Medizinstuden- tin gehört wie Allmendinger zur Kerngruppe von MuM. Etwa 50 Studenten aus Deutschland und Österreich seien gekommen, er-zählt Dobos. Außerdem konnte die Initiative verschiedene hochkaräti-ge Dozenten gewinnen. Die Grup-pe beschloss, ihre Sommerakade-mie in Zukunft jedes Jahr abzuhal-ten. Um sich zu professionalisieren, gründeten die Studenten einen Verein. „Für mich ist ‚Medizin und

In ihrem Studium lernen angehende Ärzte das medizinische Handwerkszeug: Anatomie, Biochemie, Physiologie, Diagnostik, Therapie. Doch einen guten Arzt zeichnet noch viel mehr aus. Zum Beispiel ein einfühlsamer, offener Umgang mit seinen Patienten, der aus einem echten menschlichen Interesse an ihm und seinen Beschwerden entsteht. Doch wo und wie kann man das erlernen? Eine Gruppe Münchner Medizinstudenten ist diesen Fragen nachgegangen und will den Menschen wieder mehr ins Zentrum der Medizin rücken.

Medizin und Menschlichkeit

aniko dobos, 24, studiert an der lMu im siebten semester Medizin. Wie stephan allmendinger gehört sie zu den gründungsmitgliedern von MuM. an der arbeit des Vereins begeistert sie der gedanke, die Me-dizin mit vermenschlichen zu kön-nen.

stephan allmendinger, Jahrgang 1977, ist assistenzarzt an der lMu in Mün-chen. er wünscht sich, dass der arzt dem Patienten Wege aufzeigt, die für diesen nicht sichtbar sind. „der hel-fende und der hilfeempfänger sind zwei seiten ein und derselben Me-daille.“

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29äRzte-engageMent

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Menschlichkeit’ eigentlich immer noch eine studentische Initiative“, meint Stephan Allmendinger, „aber irgendwann benötigten wir die Rechtsform eines Vereins, weil wir sonst mit der Finanzierung Schwie- rigkeiten bekommen hätten.“

Jeder interessent kann mit- machen

Der Verein finanziert sich allein aus Spenden und ehrenamtlicher Tätigkeit. Die Sommerakademie ist nicht gewinnorientiert ausge-richtet. „Wir wollen, dass alle, die sich dafür interessieren, mitma-chen können und dass niemand aus finanziellen Gründen von einer Teilnahme abgehalten wird“, be-tont Dobos. Jeder Student bezahlt für eine Woche Übernachtung mit Vollpension sowie für die Teilnah-me an den Seminaren insgesamt 200 Euro. Nach Abzug der Einnah-men aus den Teilnehmergebühren muss der Verein noch 10.000 Euro aus eigenen Mitteln aufbringen. „Das haben wir jetzt schon zwei-mal geschafft“, berichtet Dobos stolz. „Zum Glück haben wir je-weils große Beträge von Stiftun-gen bekommen.“ Auch 2012 soll wieder eine Sommerakademie stattfinden.

seminare von studenten für studenten

Neben diesem großen Symposium organisiert der Verein „Medizin und Menschlichkeit“ verschiedene Wochenendseminare für Studen-ten zu Themen wie Kommunikati-on oder achtsame Berührung. Im vergangenen Sommersemester durften Allmendinger und Dobos außerdem zusammen mit dem Lehrstuhl für Palliativmedizin zwei Palliative-Care-Seminare für Stu-denten abhalten. „Uns hat dabei besonders gefreut, dass uns die Teilnehmer bei der anschließen-den Evaluation ausgerechnet im

Bereich ,Fachliche Kompetenz’ Bestnoten gegeben haben, obwohl wir ja noch Studenten sind“, sagt Dobos und lacht. „Wir haben in-zwischen einen sehr engen Kon-takt zum Lehrstuhl für Palliativme-dizin der LMU und können so auch unsere Ideen zu interaktiven Lehr-formen kreativ umsetzen“, ergänzt Allmendinger. Er arbeitet selbst am interdisziplinären Zentrum für Palliativmedizin auf einer 75-Pro-zent-Stelle, kann sich aber aufgrund der vielfältigen Aufgaben, die bei MuM zu erledigen sind, über zu wenig Arbeit nicht beklagen.

auf augenhöhe mit den Pa- tienten

Auch Aniko Dobos investiert neben ihrem Studium jede Woche meh-rere Stunden Zeit in den Verein. „Es ist schon viel Arbeit“, sagt sie, „aber wir haben jetzt so viel Zeit in den Aufbau gesteckt, dass wir nicht mehr nachlassen wollen.“ Zumal der Verein immer bekannter wird und auch gut angenommen wird. Immer neue Medizinstuden-ten schließen sich der Initiative an, in Berlin will sich demnächst eine zweite Gruppe gründen.

Genau das ist das Hauptanliegen von Allmendinger, Dobos und ih-ren Vereinskollegen: andere Stu-denten zu inspirieren, den Gedan-ken von „Medizin und Menschlich-keit“ in die Krankenhausstationen und später auch in die Praxen zu tragen. Auf diesem Weg sollen neue Impulse in die Medizin getra-gen werden. „Wir möchten als Ärzte selbst reflektiert, ehrlich und auf Augenhöhe mit den Pati-enten umgehen“, betont Allmen-dinger. „Authentizität“ sei für ihn ein wichtiges Stichwort. Aber je-des Mitglied von MuM würde si-cherlich für sich persönlich ande-re Worte finden, um zu beschrei-ben, was genau „Menschlichkeit“ in der Medizin für ihn bedeute.

Deswegen haben die Gründungs-mitglieder lange an der Formulie-rung ihrer Zielsetzung für den Ver-ein gefeilt. In der Satzung heißt es nun:

„Uns geht es darum, eine Haltung der Menschlichkeit wieder ins Zen- trum der Medizin zu stellen, in der man liebevoll, achtsam und würdig mit Patienten und miteinander um-geht. Eine solche Haltung ermög-licht, dass man sich als Mensch mit Körper, Seele und Geist wahr-genommen fühlt und somit ein Umfeld schafft, das zur Heilung beiträgt.“

Aniko Dobos hat darüber hinaus noch eine weitere Vision. Sie könn- te sich als „Fernziel“ vorstellen, dass MuM irgendwann einmal eine Klinik oder ein Ärztehaus gründet. Jetzt steht für sie aber erst einmal das praktische Jahr an. Eine gute Gelegenheit, die Gedanken des Vereins im medizinischen Alltag umzusetzen.

Weitere Informationen dazu im Internet unter www.medizinund-menschlichkeit.de.

Dr. Caroline Mayer (freie Journalistin)

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PatientenoRientieRung30

k VB FoRuM 9/2011

S chätzungsweise 7.000 Men- schen sind in Deutschland von dieser unheilbaren

Krankheit betroffen. Genaue Zah-len gibt es nicht, denn die Zeit bis zur richtigen Diagnosestellung kann sich unter Umständen jahrelang hinziehen. Außerdem wird nicht jeder Syringomyelie-Patient einem Neurologen vorgestellt. Das liegt daran, dass die Symptome in der Regel von Patient zu Patient stark variieren: Das Spektrum reicht von schweren neuropathischen Schmer- zen über Blasen- und Darmstörun- gen, Beeinträchtigungen der Tie-fensensibilität, Krämpfen und Mus- kelspasmen bis hin zu Taubheits-gefühlen, Gangunsicherheiten und kompletten Lähmungserscheinun-gen. Dementsprechend ist auch der Krankheitsverlauf selbst höchst individuell.

Bei Manuela Hundertmark beginnt alles im Sommer 2002 mit starken Rückenschmerzen. Da ist sie 33 Jah- re alt. Nachts kann sie vor Schmer- zen kaum einschlafen, morgens

leidet sie unter einer ausgeprägten Morgensteifigkeit. Immer öfter ist auch ihre Körpertemperatur erhöht. Als noch dazu ihre Lymphknoten anschwellen, bekommt es die jun-ge Frau mit der Angst zu tun. Sie geht zum Hausarzt. Der überprüft ihre Entzündungswerte, die ein-deutig zu hoch sind. Zusammen mit den angeschwollenen Lymphkno-ten ergibt dies eine erste Diagno-se: Rheuma. Doch nicht lange und es stellt sich heraus: Ihre Rheuma- werte sind völlig unauffällig. Dafür wird ein halbes Jahr später bei ihr eine Schilddrüsenentzündung dia-gnostiziert. Bis dahin hat sich Ma-nuela Hundertmarks Gesundheits-zustand deutlich verschlechtert: Neben regelmäßigen Schwindelan- fällen leidet sie inzwischen immer häufiger auch an Koordinationsstö-rungen. Im Herbst 2003 wird des-halb ein Schädel-MRT veranlasst. Ohne Befund. Manuela Hundert-mark ist verzweifelt: Neben der Tat- sache, dass sie sich körperlich im-mer schwächer fühlt, kommt nun die Angst, dass sie – ohne zu wis-

sen, warum – dauerhaft mit diesen Symptomen leben muss. Seeli-sche Unterstützung erhält sie in dieser Zeit vor allem durch ihren Hausarzt. „Er hat immer zu mir ge-halten und war davon überzeugt, dass sich meine Symptome irgend- wann eindeutig einer Krankheit zu-ordnen lassen.“ Mit Physiotherapie versucht Manuela Hundertmark, wenigstens ihre Schmerzen in den Griff zu bekommen. Doch die The-rapie bringt nicht den gewünsch-ten Erfolg. Im Gegenteil. „Während der Behandlung am Rücken bekam ich Krampfanfälle und musste mich zum Teil heftig übergeben.“ Dem Physiotherapeuten ist das nicht geheuer. Er hält Rücksprache mit dem Hausarzt und bewirkt, dass nun auch ein MRT der Wirbelsäule veranlasst wird.

„Wurm“ im Rückenmark

Zwei Jahre nach Manuela Hundert-marks erstem Arztbesuch bringt die Kernspinaufnahme die Krank-heit endlich an den Tag. „Man er-

Manuela Hundertmark aus Augsburg leidet an der äußerst seltenen Rücken-markserkrankung Syringomyelie. Dabei bilden sich, meist in der grauen Sub-stanz des Rückenmarks, ein oder mehrere mit Flüssigkeit gefüllte Hohlräume, sogenannte Syringen. Diese verdrängen das umliegende Nervengewebe – mit verheerenden Folgen für die Betroffenen.

Manuela hundert- mark ist zweite Vorsitzende der dscM e. V. und

ansprechpartne-rin für syringo-myelie-Patien-

ten in ganz deutschland.

kontakt unter www.deutsche-

syringomyelie.de.

leBen Mit syRingoMyelie

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31PatientenoRientieRung

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kennt die Syrinx sofort, wenn man weiß, worauf man achten muss. Aber die meisten Radiologen be-kommen das ja nie zu sehen, also können sie das auch nicht richtig deuten.“ So geht es auch der Ra-diologin von Manuela Hundertmark. Zwar erkennt sie den „Wurm“ im Rückenmark, und auch, dass es sich hierbei um eine Flüssigkeits-ansammlung handelt, führt die Be-schwerden ihrer Patientin aber ur-sächlich nicht darauf zurück. Die 35-Jährige hat deshalb zu diesem Zeitpunkt immer noch keine Diag-nose – dafür aber einen ehrgeizigen Physiotherapeuten, der sich zu-sammen mit ihr im Internet auf die Suche nach dem „Wurm“ macht. Mit Erfolg. Schon bald hat sie einen Namen für ihre Krankheit, außer-dem die Adresse der damals einzi-gen deutschen Selbsthilfegruppe in Schleswig-Holstein. Mit ihr setzt sich Manuela Hundertmark umge-hend in Verbindung, hat unzählige Fragen und erhält ebenso viele Ant- worten. Vor allem aber erhält sie die wertvolle Empfehlung, sich an den Neurochirurgen und Syringo-myelie-Spezialisten Dr. Uwe Max Mauer vom Bundeswehrkranken-haus in Ulm zu wenden. „Er hat sich meine MRT-Bilder angesehen und die Syrinx vom vierten bis zum achten Brustwirbel sofort erkannt.“

schwierige Prognose

Im Frühjahr 2005 hat Manuela Hun- dertmark also endlich ihre Diagno-se. „Obwohl es ja eine schwere,

unheilbare Krankheit mit negativer Prognose ist, war es für mich eine große Hilfe, endlich zu wissen, wor-auf ich mich einstellen muss.“ Im November macht sie eine sechs-wöchige Reha in der niederbayeri-schen Asklepios Klinik Schaufling. Hier ist man unter anderem auf die Behandlung von Syringomye-lie-Patienten spezialisiert. In der Klinik erlebt sie, wie gut es tut, sich mit ebenfalls Betroffenen austau-schen zu können. Und sie erinnert sich, wie dankbar sie als „Syringo-myelie-Neuling“ über die Unter-stützung der Selbsthilfegruppe aus Schleswig-Holstein war. „Das war eine sehr selbstlose, sehr fürsorgli-che, sehr menschliche Hilfe. Des-halb habe ich mich entschlossen, anderen Betroffenen später etwas davon zurückzugeben.“

Seit 2007 engagiert sich die inzwi-schen 42-Jährige bei der „Selbst-hilfe Deutsche Syringomyelie und Chiari Malformation e. V.“, kurz DSCM, deren zweite Vorsitzende sie seit einem Jahr ist. Vorrangig ist sie Ansprechpartnerin für Be-troffene – bundesweit. Sie will für sie da sein, ihnen zuhören, wichti-ge Kontakte rund um die Krank-heit vermitteln und sie vor allem bei dem oft langwierigen Schrift-verkehr mit Behörden und Kranken- kassen unterstützen. „Aus Un-kenntnis über die Krankheit wird die Syringomyelie ja oft von Äm-tern oder Krankenkassen nicht so-fort anerkannt. Da kann ich mit meiner Erfahrung natürlich wichti-

ge Ratschläge und Formulierungs-hilfen geben.“ Darüber hinaus kümmert sich Manuela Hundert-mark um die Organisation größe-rer Veranstaltungen. „Unser High-light waren die ersten bundeswei-ten Patiententage im Dezember 2010 in Berlin im Rahmen des in-ternationalen Ärztekongresses ‚Syringomyelia’.“ Neben vielen lo-kalen Treffen und Stammtischen, unter anderem in München und Augsburg, aber auch in Nürnberg, bereitet die 42-Jährige zusammen mit ihren Selbsthilfekollegen gera-de das Landesgruppentreffen am 5. November in Bad Kötzting und auch bereits die bundesweiten Pa-tiententage 2012 vor.

ärzte-lotsin für seltene erkrankungen

Was wünscht sich Manuela Hun-dertmark für die Zukunft der Sy-ringomyelie-Selbsthilfe und damit für die Verbesserung der Patien-tensituation? „Dass Ärzte, die mit ungewöhnlichen Symptomen ihrer Patienten konfrontiert werden, durchaus auch an die Möglichkeit einer seltenen Erkrankung den-ken.“ Hierfür gibt es in Berlin die Allianz Chronischer Seltener Er-krankungen, kurz „Achse“. Dr. Christine Mundlos ist die dortige Ärzte-Lotsin und steht ihren Kolle-gen bei Fragen bundesweit mit Rat und Tat zur Seite. Kontakt unter www.achse-online.de

Marion Munke (KVB)

die gründe, die zu einer syringo-myelie führen sind vielfältig: unfälle, tumore, schwere infekti-onen oder Band-scheibenvorfälle können auslöser sein. die krank-heit kann aber auch durch eine embryonale Fehl- entwicklung ent-stehen.

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VeRoRdnungen32

k VB FoRuM 9/2011

F ast wöchentlich werden Richtlinien geändert oder ergänzt, kommen neue Arz-

neimittel auf den Markt. Im Praxis- alltag ist es schier unmöglich, all dies mitzuverfolgen und richtig umzusetzen. Genau hier setzt die Verordnungsberatung der KVB an: In individuellen Gesprächen, am Servicetelefon Verordnung, in Vor-trägen, Seminaren und durch regel- mäßige Veröffentlichungen wie in „Verordnung aktuell“, tragen die Experten der KVB dazu bei, dass bayerische Ärztinnen und Ärzte sehr effektiv und preisbewusst ver- ordnen.

Da das Thema insgesamt sehr kom- plex ist, bietet die KVB ihren Mit-gliedern verschiedene Services an. Am Servicetelefon Verordnung beantworten unsere Experten ihre akuten Fragen, zum Beispiel: Was ist bei der Verordnung eines neu im Markt eingeführten Arzneimit-tels zu beachten? Welche Angaben sind bei der Verordnung von Be-täubungs- oder Heilmitteln not-wendig? Welche Verordnungsaus-schlüsse oder -einschränkungen existieren bei bestimmten Wirk-stoffgruppen? Was ist bei der Ver-ordnung von Arzneimitteln für Kin-der und Jugendliche zu berücksich- tigen? Ein weiterer Baustein unserer Ver-ordnungsberatung ist die Möglich-keit eines Vor-Ort-Termins bei un- seren Pharmakotherapieberatern in den KVB-Bezirksstellen. Dabei

wird das individuelle Verordnungs-verhalten unter Berücksichtigung der Praxisbesonderheiten analy-siert. Auch die Themen Arzneimit-telauswahl unter Evidenzkriterien, Beachtung der Arzneimittel-Richt-linie und des Wirtschaftlichkeits-gebots, Zulassungsindikationen von Arzneimitteln, Off-Label-Use, Ge-nerika, Leitsubstanzen, Entwicklung der Verordnungskosten und -struk- tur fließen in die Analyse mit ein.

Einen Überblick über die Verord-nungsweise erhalten Mitglieder der KVB quartalsweise in Form von praxisindividuellen Analysen. Für die Auswertungen greifen wir auf Daten der Apothekenrechen- zentren zurück. Die „Aktuelle Arz-neikostentrendmeldung“, in der die individuellen Verordnungsdaten denen der Vergleichsgruppe ge-genübergestellt werden, steht in der Regel sechs Wochen nach Quartalsende zur Verfügung.

Mit Veröffentlichungen wie „Ver-ordnung aktuell“ halten wir die Mitglieder der KVB regelmäßig rund um die Themen Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, Impfstoffe oder Sprechstundenbedarf auf dem Laufenden.

Aktuell unter www.kvb.de in der Rubrik Praxis/Verordnungen/Ver-ordnung aktuell: Eine Übersicht zu Präparaten, bei denen die Kranken-kassen Rückforderungsanträge stellen.

Weitere Informationen zu Verord-nungsthemen sind zu finden auf unserer Internetseite, im KVB-Postfach, in der Beilage zur Arz-neikostentrendmeldung sowie in den KVB INFOS, die die Ärzte in Ihrem Verordnungsverhalten un-terstützen sollen.

Dr. Elfriede Buker (KVB)

Kaum ein anderes Versorgungssegment steht bei Politik, Krankenkassen und Öffentlichkeit so im Blickpunkt wie der Verordnungsbereich. Täglich werden

niedergelassene Ärzte und Psychotherapeuten mit einer Vielzahl an Regelungen, Vorschriften, Vereinbarungen und Prüfungen konfrontiert.

Die Verordnungsberatung der KVB bringt Licht ins Dunkel.

hilFe BeiM VeRoRdnen

die Verordnungsberatung der kVB im überblick

� Informationen zur Verordnungsfähigkeit von Arznei-, Heil-, Hilfsmitteln, Impfstoffen und Sprechstundenbedarf sowie zur häuslichen Krankenpflege und zu Krankentransporten

� Auskünfte zu formalen Aspekten wie Angaben bei der Ausstel-lung von Verordnungen

� Vermittlung gesetzlicher und vertraglicher Grundlagen � Persönliche Beratung in den einzelnen KVB-Bezirksstellen nach Terminvereinbarung unter Telefon 0 89 / 57 09 34 00 – 30 Fax 0 89 / 57 09 34 00 – 31 E-Mail [email protected]

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33kuRzMeldungen

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Beim Barmer gek Forum be-

schäftigten sich experten mit der aktuellen Frage,

wie eine hohe Qualität in der

Versorgung trotz begrenzter Mit-

tel zu halten ist.

VeRsoRgung eFFi-zient Managen

„Qualitätsverbesserung bei be-grenzten Ressourcen: Ausweg Ver- sorgungsmanagement?“ – unter diesem Motto fand Ende Juli das achte Barmer GEK Forum in der Hochschule Deggendorf statt. KVB-Chef Dr. Wolfgang Krombholz machte in seinem Vortrag und in der anschließenden Podiumsdis-

kussion deutlich, was für eine wich- tige Rolle die Ärzteschaft beim Thema Versorgungsmanagement spielt. „80 Prozent des Manage-ments der Patienten übernimmt der Hausarzt, 80 Prozent der Pro-bleme werden in der Hausarztpra-xis gelöst“, betonte er. Als ein ge-lungenes Beispiel für Kooperatio-nen stellte Krombholz die Geriatri-schen Praxisverbünde vor: In mitt- lerweile 90 bayerischen Pflegehei-men werden Heimbewohner durch Ärztenetze, bestehend aus Haus- und Fachärzten, versorgt. Diese tragen maßgeblich dazu bei, viele der für ältere Menschen belasten-den Krankenhauseinweisungen zu vermeiden.

Der Vorstandsvorsitzende der KVB zeigte aber auch die Grenzen auf, die der Ärzteschaft bei der Be-handlung ihrer Patienten gesetzt

sind. So seien die Arzneimittelkos-ten in Bayern trotz rückläufiger Ver- ordnungszahlen im ersten Quartal 2011 um 45 Millionen Euro ange-stiegen – eine Folge von enormen Kostensteigerungen bei hochpreisi- gen Arzneimitteln. „In punkto Spa-ren haben wir Ärzte bei den Arz-neimitteln das Ende der Fahnen-stange erreicht“, so der KVB-Chef.Kritisch beleuchtete er auch die ambulante spezialärztliche Versor-gung: „Die Politik geht hier das Ri-siko ein, dass gewachsene Struk-turen aufs Spiel gesetzt werden.“ Insgesamt gebe es inzwischen so viele Restriktionen und Einflüsse durch den Gesetzgeber, dass der Nachwuchs lieber patientenfern oder im Ausland arbeite. Kromb-holz appellierte deshalb an die Po-litik: „Wir brauchen Geld in Bay-ern, um die Qualität hier aufrecht erhalten zu können.“

Verena Stich (KVB)

gut BeRaten

Zu einem Gedankenaustausch tra-fen sich Experten der Unabhängi-gen Patientenberatung Deutsch-land (UPD) mit dem stellvertreten-den KVB-Vorstandsvorsitzenden Dr. Pedro Schmelz Ende Juli in Mün- chen. Auch Vertreter der Patien-tenberatungen aus Landshut und Nürnberg waren in den Münchner Gesundheitsladen gekommen, um mit dem KVB-Vize und dem Fach-referenten Patientenorientierung, Michael Stahn, über gemeinsame Schwerpunkte und die künftige Zusammenarbeit zu diskutieren.

Ein wesentliches Thema war dabei die Vergütung ärztlicher Leistun-gen. Schmelz stellte am Beispiel seiner eigenen Fachgruppe der Augenärzte dar, wie viele Leistun-gen im Rahmen des Regelleistungs- volumens (RLV) sowie der qualifi-

kationsgebundenen Zusatzvolumen (QZV) zu erbringen sind und wie sich das Leistungsspektrum von konservativ und operativ tätigen Augenärzten unterscheidet. In je-dem Fall setzten die staatlich vor-gegebenen Budgetzwänge einer an den Bedürfnissen der Patienten orientierten Medizin enge Grenzen, so Schmelz. Er bot den Vertretern der Patientenberatungsstellen einen weiteren Dialog an, da man viele Probleme und Beschwerden so in einem frühen Stadium klären könne.

Redaktion

inteRessantes konzePt

Zu einer gemeinsamen Informati-onsveranstaltung hatten die KVB und das Praxisnetz GO IN im Juli interessierte Netzärzte und Pra-xismitarbeiter aus dem Raum In-golstadt eingeladen. Knapp 100 Teilnehmer kamen, um sich aus erster Hand über die Umsetzung

eines Modellprojekts zur Kosten-erstattung in ihrer Region zu infor-mieren. Die Initiatoren des Vorha-bens, KVB-Vorstandsmitglied Dr. Ilka Enger, Gesundheitsökonom Dr. Thomas Drabinski und der GO IN-Vorsitzende Dr. Siegfried Je-

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damzik, standen den interessier-ten Gästen rund 90 Minuten lang Rede und Antwort.

Mit dem Modellvorhaben soll ein Weg gefunden werden, eine faire und transparente Vergütung ärztli-cher Leistungen mit dem An-spruch der Patienten auf eine um-fassende medizinische Betreuung zu vereinbaren. Basis des Kon-zepts ist eine größere Eigenverant- wortung der Patienten. So wird für jeden teilnehmenden Versicherten bei seiner Krankenkasse ein indivi-duelles Gesundheitskonto geführt. Dieses wird jeweils bei Inanspruch- nahme ärztlicher Leistungen be-lastet. Über die Kontobewegungen erhält der Versicherte regelmäßig eine entsprechende Aufstellung. Die Abrechnung der ärztlichen Leistungen erfolgt nach der Ge-bührenordnung Ärzte (GOÄ).

Die Teilnehmer der Veranstaltung zeigten großes Interesse an den detaillierten Ausführungen zu dem Modellvorhaben und beschäftig-ten sich in der abschließenden Fragerunde intensiv mit den Mög-lichkeiten der Umsetzung. Allge-mein wurde positiv angemerkt, dass so die Rahmenbedingungen für die ärztliche Tätigkeit substan-tiell verbessert werden könnten und dass dies sowohl bei den Ärz-ten und ihren Praxisteams als auch bei den Patienten wieder zu einer größeren Zufriedenheit füh-ren würde.

Redaktion

inteRessen deRMitgliedeR iM Fokus

Im Frühjahr 2011 hat der Vorstand der KVB kurz nach seinem Amts-antritt eine Umfrage unter den nie- dergelassenen Ärzten und Psycho-

therapeuten in Bayern gestartet. Themen waren dabei unter ande-rem die Serviceleistungen der KVB, die Einbindung der Berufsverbän-de oder auch die Kostenerstattung als alternatives Modell zur Hono-rierung medizinischer Leistungen. Der Rücklauf bei der Mitgliederbe-fragung war deutlich höher als von den Initiatoren ursprünglich erwar-

tet: Mehr als 8.500 Hausärzte, Fach- ärzte und Psychotherapeuten ha-ben sich beteiligt. Die hohe Teil-nahmequote hat zwar den Aufwand der Auswertung erhöht, dadurch aber eine regionale Differenzierung in der Analyse der Ergebnisse er-möglicht.

Im Rahmen der Vertreterversamm- lung (VV) der KVB Anfang Juli wur-den die Resultate der Umfrage erst- mals der Fachöffentlichkeit präsen- tiert. Um die angekündigte Trans-parenz herzustellen, wurde direkt nach der VV auch eine umfangrei-che Präsentation mit den Ergeb-nissen zu den einzelnen Themen der Befragung im Internet einge-stellt. Interessierte finden diese unter www.kvb.de in der Rubrik Praxis/Neu im Netz/15.07.11 KVB-Mitgliederbefragung.

Redaktion

FoRtsetzung eineR eRFolgs-geschichte

Die Gedikom GmbH, eine hundert-prozentige Tochter der Kassen-ärztlichen Vereinigung Bayerns, steht als Gewinner der Ausschrei-bung für die Vermittlung einer bun- desweit einheitlichen Rufnummer für den Ärztlichen Bereitschafts-dienst fest. Mit der neuen Rufnum- mer 116 117 wird eine Harmonisie-rung der vielen hundert unter-schiedlichen Bereitschaftsdienst-nummern in Deutschland ange- strebt. Die Gedikom konnte sich am Ende einer umfangreichen Ausschreibung gegen zahlreiche Wettbewerber durchsetzen. Sie überzeugte ihren künftigen Auf-traggeber, die Kassenärztliche Bundesvereinigung, wohl vor allem durch das Qualifikationsniveau der Mitarbeiter, die große Erfahrung in der Vermittlung des Ärztlichen Be-reitschaftsdienstes in Bayern und

die hohen Qualitätsstandards, die nicht zuletzt durch den Gewinn des Bayerischen Qualitätspreises 2011 belegt sind. Weitere Informa-tionen zu Terminen und der Funk- tionsweise der Rufnummer 116 117 finden Sie in einer der nächsten Ausgaben von KVB FORUM.

Redaktion

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35kuRzMeldungen

k VB FoRuM 9/2011

impressum für kVB FoRuM und kVB inFos

KVB FORUM ist das Mitteilungsblatt der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) mit den offiziellen Rundschreiben und Bekanntmachungen (KVB INFOS). Es erscheint zehnmal im Jahr.

herausgeber (V. i. s. d. P.):Kassenärztliche Vereinigung Bayerns vertreten durch den Vorstand:Dr. Wolfgang Krombholz, Dr. Pedro Schmelz, Dr. Ilka Enger

Redaktion:Martin Eulitz (Ltd. Redakteur)Text: Markus Kreikle, Marion MunkeGrafik: Gabriele Hennig, Tobias Müller

anschrift der Redaktion:Kassenärztliche Vereinigung BayernsElsenheimerstraße 3980687 MünchenTelefon 0 89 / 5 70 93 – 21 92Fax 0 89 / 5 70 93 – 21 95E-Mail [email protected] www.kvb.de

satz und layout:KVB Stabsstelle Kommunikation

druck:BluePrint AG, München. Gedruckt auf chlorfreiem Papier

Bildnachweis:Robert Koch-Institut (Seite 22), iStockphoto.com (Titelseite, Seite 2, 3, 4, 5, 7, 8, 15, 24, 25, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 37, 38, Rückseite), privat (Seite 10, 13, 14), KVB (alle weiteren)

nächster Redaktionsschluss:5. September 2011

Mit Autorennamen gekennzeichnete Beiträge spiegeln ebenso wie Leser- briefe nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers oder der Redaktion wider. Die Redaktion behält sich die Veröffentlichung und Kürzung von Zuschriften vor. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Bilder übernehmen wir keine Haftung. Die hier veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt, ein Abdruck ist nur mit unserer schriftlichen Genehmigung möglich. Wenn aus Gründen der Lesbarkeit die männliche Form eines Wortes genutzt wird („der Arzt“), ist selbstverständlich auch die weibliche Form („die Ärztin“) gemeint.

KVB FORUM erhalten alle bayerischen Vertragsärzte und -psychothera-peuten im Rahmen ihrer Mitgliedschaft in der KVB. Der Bezugspreis ist mit der Verwaltungskostenumlage abgegolten.

unRealistische BedaRFsPlanung

In den Beratungen zum geplanten GKV-Versorgungsstrukturgesetz wird diskutiert, die Kriterien der Be- darfsplanung neu zu definieren. Aus Sicht des Vorstands der KVB ist eine Änderung der Bedarfsplanung dringend notwendig, da sie in ihrer jetzigen Form den realen Versor-gungsbedarf nicht mehr abbildet.

Die Schwäche der Bedarfsplanung liegt dabei zum einen darin, dass entscheidende Kenngrößen vor rund 20 Jahren festgelegt wurden. Dass die Versicherten heute durchschnitt- lich älter sind und damit in der Re-gel auch einen höheren Behand-lungsbedarf haben oder dass bei-spielsweise psychische Erkrankun-gen mittlerweile stark zugenommen haben, wird aktuell nicht berück-sichtigt. Zum anderen lässt sich allein aufgrund der Anzahl der nie-dergelassenen Ärzte und Psycho-therapeuten keine verlässliche Aus-sage darüber treffen, ob in der je-weiligen Region ausreichend Leis-tungen angeboten werden. Dafür sind oftmals sowohl die spezifische Bedarfssituation als auch Spekt-rum und Umfang des ambulanten Angebots zu unterschiedlich.

Darum bereitet die KVB momen-tan Analysen bei Hausärzten, Fach- ärzten und Psychotherapeuten vor, inwieweit diese auch wirklich ihren jeweils zugeordneten spezifi-schen Versorgungsauftrag – im Hinblick auf Leistungsart und -um-fang – erfüllen. Erste Ergebnisse zeigen, dass Statistik und Realität auch hier teilweise deutlich vonei-nander abweichen. Vor diesem Hintergrund ist die jetzige Be-darfsplanung ungeeignet, die am-bulante Versorgung effektiv zu ge-stalten, so der Vorstand der KVB.

Kirsten Warweg (KVB)

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leseRBRieFe36

k VB FoRuM 9/2011

zusatznutzen oder ärzte- pranger?

kVB FoRuM 7-8/2011, seite 10

Vielen Dank für die informativen Artikel in KVB-Forum 7-8/2011. Sie reflektieren ausgiebig die Vor- und Nachteile der Ärztebewertungssys-teme der beiden Großkassen AOK und Barmer-GEK. Aus meiner Sicht wird hier nur ein weiterer Versuch unternommen, uns Ärzte unter Ins-trumentalisierung der Patienten am Nasenring herumzuführen. Leider wird von den beiden Kassen die reale Situation für Kassenpatienten völlig verkannt.

Es ist doch vollkommen abwegig zu glauben, dass sich ein Versicherter, der einen Termin beim Haus- oder Facharzt benötigt, erst einmal im Internet darüber informiert, für wel-chen Arzt, welche Praxis und wel-che Praxisorganisationsform er sich entscheiden möchte. Auch in den Großstädten liegt in-zwischen ein relativer Arztmangel vor. Die Versicherten, die meine Praxis aufsuchen, sind oft dankbar, dass sie überhaupt kurzfristig ei-nen Untersuchungstermin erhalten. Von einer Auswahl unter „vielen

Ärzten“, wie es die Internetbewer-tungsportale suggerieren, kann doch überhaupt keine Rede sein. Hier wird den Versicherten von AOK und Barmer-GEK weisge-macht, dass sie sich wie in einem Feinkostladen unter vielen Ärzten einen heraussuchen können, der ihren Wünschen in Bezug auf Freundlichkeit, Wartezeit, Styling der Mitarbeiter, saubere Praxisräu-me und Praxisorganisation gerecht wird.

Es wäre viel hilfreicher, wenn wir von Ärzteseite ein Bewertungspor-tal für Krankenkassen einrichten würden, um den Versicherten, die das Internet benutzen, die Auswahl ihrer gesetzlichen Krankenkasse zu erleichtern. Letztendlich unter-scheiden sich die verschiedenen Krankenkassen ja nicht mehr im Beitrag, sondern nur noch im Ser-vice. Wer kann diesen Service in Hinblick auf verschiedene Leistun-gen (zum Beispiel Genehmigung von Hilfsmitteln, Genehmigung von häuslicher Pflege, Erstattung von stationären Behandlungen, Verhal-ten bei der Auszahlung von Kran-kengeld, Anforderung unnötiger Gutachten durch den Medizini-schen Dienst) besser beurteilen als wir Kassenärzte?

Im Rahmen eines Rankings könnte sich der Versicherte dann für eine ihm genehme Krankenkasse ent-scheiden. Wir als Ärzte könnten dann Kassen favorisieren, die dar-auf verzichten, uns mit sinnlosen Bewertungsportalen am Nasenring

herumzuführen, sondern eher in die Versorgung ihrer Versicherten (siehe Hausarztvertrag der Techni-ker Krankenkasse) investieren.

Auch die an den Haaren herbeige-zogenen Behauptungen einiger Großkassen bezüglich eines angeb-lich existierenden Ärzteüberschus-ses, der den Abbau von Arztpraxen zwingend erforderlich mache, kön-nen dann in die ärztlichen Bewer-tungen mit einfließen. Letztendlich werden sich aufgrund des Ärzte- mangels in den nächsten Jahren und Jahrzehnten Verbindungen zwi-schen innovativen Kassen und uns Ärzten herausbilden, von denen die Versicherten profitieren können. Krankenkassen, die auf Konfronta-tion mit uns Ärzten setzen, werden in diesem System auf Dauer nicht überlebensfähig sein. Einige inno-vative Krankenkassen haben die-sen Umstand längst erkannt und gehen auf uns Ärzte zu.

Dr. Peter Heilberger,Nürnberg

Auf dieser Seite kommen unsere Leser zu Wort. Wir freuen uns über Ihre Anregungen, Kritik und Verbesserungsvorschläge.

hieR ist Platz FüR ihRe Meinung

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k VB FoRuM 9/2011

hygienemanagement: injektionen und Punktionen

kVB FoRuM 7-8/2011, seite 22

Die Hygieneempfehlungen zur Hautdesinfektion vor Punktionen sehen ausschließlich die Verwen-dung von VAH-gelisteten Präpara-ten vor. Als Sprechstundenbedarf ist aber weiterhin nur Isopropyl- alkohol verordnungsfähig. Sollte hier nicht schleunigst nachgebes-sert werden oder ist der Isopropyl-alkohol dann doch das Maß des wirtschaftlich Zweckmäßigen und Ausreichenden, und das Plus an Sicherheit für den Patienten ist Sache der Privatschatulle des ge-wissenhaften Arztes? Wenn die Kassen für ihre Versicherten Qua-lität wollen, mögen sie diese auch finanzieren.

Dr. Christian Sanden,München

Sehr geehrter Herr Dr. Sanden,

nach der Sprechstundenbedarfs-vereinbarung sind als Desinfektions- mittel verordnungsfähig:

� Fertig-Alkoholtupfer mit Iso- propanol 70% in Einzelverpa-ckung, auch sterilisiert,

� Isopropanol 70%, auch sterilfilt- riert (Ethanol ist dagegen nicht verordnungsfähig!),

� Desinfektionsmittel, die aus- schließlich für Haut, Schleimhäu- te und/oder Wunden bestimmt sind.

Unter den letzten Punkt fallen auch Sprühflaschen für Hautdesinfek-

tionsfertigpräparate. Hinsichtlich der Auswahl eines Fertigpräparats zur Hautdesinfektion ist zu beach-ten, dass dieses in der gültigen Lis-te des Verbunds für Angewandte Hygiene e. V. (VAH) geführt ist und der Hersteller damit die erfolgrei-che Prüfung auf antimikrobielle Wirksamkeit nach den Kriterien der Deutschen Gesellschaft für Hygie-ne und Mikrobiologie nachweist.

Hautantiseptika gehören zu den Arzneimitteln und werden nach der „Richtlinie für die Prüfung und Be-wertung von Hautdesinfektionsmit-teln“ vom Bundesinstitut für Arznei-mittel und Medizinprodukte mit Arzneimittel-Zulassungsnummer zugelassen. Hautdesinfektionsmit-tel, wie auch Händedesinfektions-mittel, sind demnach nur aus dem Original-Gebinde zu verwenden und dürfen unter den üblichen Be-dingungen in einer Arztpraxis nicht in Klein-Gebinde umgefüllt werden.

Bei der Entnahme aus dem Origi-nal-Gebinde und der Applikation ei-nes Hautdesinfektionsmittels ist aseptisch vorzugehen und eine mi-krobielle Kontamination, insbeson-dere mit bakteriellen Sporen der Gasbranderreger (Isopropanol 70% ist wie auch andere Alkohole nicht wirksam gegen Clostridien-Spo-ren!), zu vermeiden. Deshalb ist Isopropanol 70% zur Hautdesinfek-tion vor Injektion und Punktion nicht mittels direkter Berührung

von Tupfer oder Kompresse mit der Gebindeöffnung zu entnehmen.

Aus hygienischer Sicht ist die Ver-wendung einer Sprühflasche mit ei-nem VAH-gelisteten Hautdesinfek-tionspräparat vorzuziehen. Zur Ent-fernung der primären Belastung mit bakteriellen Sporen an einer Injek-tions- oder Punktionsstelle sind da-rüber hinaus die Mechanik und die zentrifugale Richtung des Wischens bei der Hautdesinfektion wichtig.

Fertig-Alkoholtupfer mit Isopropa-nol 70% („Vliespads“) sind zur Haut- antiseptik vor Injektion zugelassen. Bei deren Verwendung ist auf eine ausreichende Hautbenetzung zu achten.

Dr. Lutz Bader, Dr. Elfriede Buker, (beide KVB)

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Persönliche Beratung rund um die Praxis

Wer die Niederlassung in der eigenen Praxis, den Einstieg in eine Berufsausübungsgemeinschaft oder in ein MVZ plant oder wer einen Kollegen einstellen, mit Kollegen kooperieren oder seine Praxis auf- geben und die Nachfolge regeln möchte, kann sich gerne zum per-sönlichen Gespräch an die Berater der KVB wenden.

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