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kroorganismen wieder aufwendig aus der Fermentationsbrühe entfernen. Schnell, sauber, stabil „Es ist ein Vorurteil zu denken, Enzyme seien grundsätzlich besser geeignet als Metalle, um nachwach- sende Rohstoffe umzusetzen“, sagt der Chemiker Ulf Prüße vom Johann- Heinrich-von-Thünen-Institut (vTI). Rund sechs Jahre entwickelte er und andere Wissenschaftler unter Leitung von Professor Klaus-Dieter Vorlop am vTI Institut für Agrartech- nologie und Biosystemtechnik ein Verfahren mit Goldkatalysatoren. Für deren Herstellung bringen die Wis- senschaftler die wässrige Lösung ei- nes Tetrachlorogoldsäure-Präkursors in Kontakt mit einem Trägermedium aus porösem Metalloxid, beispiels- weise Aluminiumoxid. Die Goldparti- kel auf dem Katalysator sind zwei bis fünf Nanometer klein. Weniger als ein Prozent Goldstaub als Gewichtsanteil am Katalysatormaterial reicht aus, um die Reaktion zu beschleunigen. Dabei bleibt die Aktivität konstant: In einem Test haben die Wissenschaftler Goldkatalysatoren kontinuierlich über 110 Tage lang Zucker in Säure umsetzen lassen. „Die Goldkatalysa- toren funktionierten immer noch wie am ersten Tag, so dass wir den Test abgebrochen haben“, lobt Prüße. Die Wissenschaftler geben den ge- trägerten Goldkatalysator der Aldose als Pulver zu. In drei bis vier Stunden setzt 1 g 0,3-prozentiger Goldkataly- sator eine 10- bis 30-prozentige Glu- coselösung um bei pH 9, einer Tem- peratur von 40 °C und einem Sauer- stoffdruck von 9 bar. Die Ausbeute an Zuckersäure liegt bei mehr als 99 %. Die Industrie setzt mit Mikroorga- nismen bisher nur Lactose in Lacto- bionsäure und Glucose in Glucon- säure um. Letztere in Mengen von 100 000 Tonnen im Jahr, die im Alltag z. B. als Gluconat in Kosmetikpro- dukten, etwa feuchtigkeitsspenden- den Lotionen, und in Lebensmitteln wie Limonade vorkommt. Bei der Fermentation von Glucose mit Mikroorganismen wie dem Pilz Aspergillus niger oder Gluconobacter- Spezies entstehen Nebenprodukte wie Zitronensäure, Oxalsäure und 5-Ketogluconsäure. Bei Pilzen liegt die auf Glucose bezogene Ausbeute weit unter 100 Prozent, weil die Mi- kroorganismen zum Teil die Glucose für ihr Wachstum verbrauchen, an- statt sie zu Gluconsäure umzuwan- deln. Bei Gluconobacter liegt die Aus- beute zwar nahe bei 100 Prozent, je- doch benötigen diese Organismen teure Nährstoffe, um zu wachsen. Hersteller von Gluconsäure müssen, um reine Gluconsäure zu erhalten, am Ende der Umwandlung Neben- produkte und Nährstoffe für die Mi- Mit Gold von süß zu sauer Technische Chemie Mit diesem Goldkatalysator lassen sich Aldosen zu Aldonsäuren umsetzen. Auch Nanopartikel aus Platin zo- gen die Wissenschaftler als Katalysa- tor in Betracht. Bei der Oxidation von Glucose mit Platinkatalysatoren entstehen jedoch Nebenprodukte wie Oxal-, 2-Keto-Gluconsäure und Glucarsäure. Warum genau Gold sich als Katalysator besser eignet als Platin, ist noch ungeklärt. Neues Potenzial „Im Prinzip kann jetzt jede Aldose zu einer Aldonsäure umgesetzt wer- den“, sagt Ulf Prüße. In Tests gelang es den Wissenschaftlern, etwa ein Dut- zend Zuckersorten umzuwandeln. Darunter Xylose in Xylonsäure und Arabinose in Arabinonsäure sowie die Disaccharide Maltose und Cellobiose in Maltobionsäure und Cellobion- säure. Das geht mit den gebräuchli- chen biotechnischen Verfahren nicht. Neue Möglichkeiten erwarten die Wissenschaftler um Prüße durch das universelle Verfahren für Kosmetik-, Lebensmittel- und Pharmaindustrie. Derzeit noch kaum genutzt, sollten sich für die neuen Zuckersäuren bald Anwendungen finden. Das Verfahren mit den Goldpar- tikeln entstand in einem Verbund- projekt mit Südzucker, das nun das Patent besitzt und die Zuckeroxidati- on in einer Pilotanlage umsetzt. Carmen Klein, Frankfurt Literatur Patent: Geträgerter Goldkatalysator, DE102005036890A1, 2007. A. Mirescu, U. Prüße, Appl. Catal. B 2007, 70, 644–652. N. Thielecke, M. Aytemir, U. Prüße, Catal. Today, 2007, 121, 115–120. C. Baatz, N. Decker, U. Prüße, J. Catal. 2008, 258, 165–169. 1188 Nachrichten aus der Chemie | 57 | Dezember 2009 | www.gdch.de/nachrichten Zucker goldkatalysiert zu organischen Säuren umzusetzen, ist eine günstige Alternative zum bisherigen mikrobakteriellen Verfahren.

Mit Gold von süàzu sauer

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Page 1: Mit Gold von süàzu sauer

kroorganismen wieder aufwendig aus der Fermentationsbrühe entfernen.

Schnell, sauber, stabil

� „Es ist ein Vorurteil zu denken, Enzyme seien grundsätzlich besser geeignet als Metalle, um nachwach-sende Rohstoffe umzusetzen“, sagt der Chemiker Ulf Prüße vom Johann-Heinrich-von-Thünen-Institut (vTI).

Rund sechs Jahre entwickelte er und andere Wissenschaftler unter Leitung von Professor Klaus-Dieter Vorlop am vTI Institut für Agrartech-nologie und Biosystemtechnik ein Verfahren mit Goldkatalysatoren. Für deren Herstellung bringen die Wis-senschaftler die wässrige Lösung ei-nes Tetrachlorogoldsäure-Präkursors in Kontakt mit einem Trägermedium aus porösem Metalloxid, beispiels-weise Aluminiumoxid. Die Goldparti-kel auf dem Katalysator sind zwei bis fünf Nanometer klein. Weniger als ein Prozent Goldstaub als Gewichtsanteil am Katalysatormaterial reicht aus, um die Reaktion zu beschleunigen. Dabei bleibt die Aktivität konstant: In einem Test haben die Wissenschaftler Goldkatalysatoren kontinuierlich über 110 Tage lang Zucker in Säure umsetzen lassen. „Die Goldkatalysa-toren funktionierten immer noch wie am ersten Tag, so dass wir den Test abgebrochen haben“, lobt Prüße.

Die Wissenschaftler geben den ge-trägerten Goldkatalysator der Aldose als Pulver zu. In drei bis vier Stunden setzt 1 g 0,3-prozentiger Goldkataly-sator eine 10- bis 30-prozentige Glu-coselösung um bei pH 9, einer Tem-peratur von 40 °C und einem Sauer-stoffdruck von 9 bar. Die Ausbeute an Zuckersäure liegt bei mehr als 99 %.

� Die Industrie setzt mit Mikroorga-nismen bisher nur Lactose in Lacto-bionsäure und Glucose in Glucon-säure um. Letztere in Mengen von 100 000 Tonnen im Jahr, die im Alltag z. B. als Gluconat in Kosmetikpro-dukten, etwa feuchtigkeitsspenden-den Lotionen, und in Lebensmitteln wie Limonade vorkommt.

Bei der Fermentation von Glucose mit Mikroorganismen wie dem Pilz Aspergillus niger oder Gluconobacter-Spezies entstehen Nebenprodukte wie Zitronensäure, Oxalsäure und 5-Ketogluconsäure. Bei Pilzen liegt die auf Glucose bezogene Ausbeute weit unter 100 Prozent, weil die Mi-kroorganismen zum Teil die Glucose für ihr Wachstum verbrauchen, an-statt sie zu Gluconsäure umzuwan-deln. Bei Gluconobacter liegt die Aus-beute zwar nahe bei 100 Prozent, je-doch benötigen diese Organismen teure Nährstoffe, um zu wachsen. Hersteller von Gluconsäure müssen, um reine Gluconsäure zu erhalten, am Ende der Umwandlung Neben-produkte und Nährstoffe für die Mi-

Mit Gold von süß zu sauer

�Technische Chemie�

Mit diesem Goldkatalysator lassen sich Aldosen zu Aldonsäuren

umsetzen.

Auch Nanopartikel aus Platin zo-gen die Wissenschaftler als Katalysa-tor in Betracht. Bei der Oxidation von Glucose mit Platinkatalysatoren entstehen jedoch Nebenprodukte wie Oxal-, 2-Keto-Gluconsäure und Glucarsäure. Warum genau Gold sich als Katalysator besser eignet als Platin, ist noch ungeklärt.

Neues Potenzial

� „Im Prinzip kann jetzt jede Aldose zu einer Aldonsäure umgesetzt wer-den“, sagt Ulf Prüße. In Tests gelang es den Wissenschaftlern, etwa ein Dut-zend Zuckersorten umzuwandeln. Darunter Xylose in Xylonsäure und Arabinose in Arabinonsäure sowie die Disaccharide Maltose und Cellobiose in Maltobionsäure und Cellobion -säure. Das geht mit den gebräuchli-chen biotechnischen Verfahren nicht.

Neue Möglichkeiten erwarten die Wissenschaftler um Prüße durch das universelle Verfahren für Kosmetik-, Lebensmittel- und Pharmaindustrie. Derzeit noch kaum genutzt, sollten sich für die neuen Zuckersäuren bald Anwendungen finden.

Das Verfahren mit den Goldpar-tikeln entstand in einem Verbund-projekt mit Südzucker, das nun das Patent besitzt und die Zuckeroxidati-on in einer Pilotanlage umsetzt.

Carmen Klein, Frankfurt

Literatur

• Patent: Geträgerter Goldkatalysator,

DE102005036890A1, 2007.

• A. Mirescu, U. Prüße, Appl. Catal. B 2007,

70, 644–652.

• N. Thielecke, M. Aytemir, U. Prüße, Catal.

Today, 2007, 121, 115–120.

• C. Baatz, N. Decker, U. Prüße, J. Catal. 2008,

258, 165–169.

1188

Nachrichten aus der Chemie | 57 | Dezember 2009 | www.gdch.de/nachrichten

Zucker goldkatalysiert zu organischen Säuren umzusetzen, ist eine günstige Alternative

zum bisherigen mikrobakteriellen Verfahren.