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Magazin für Prävention, Rehabilitation und Entschädigung 3.2017 Textil Medienerzeugnisse Mit dem Fahrrad zur Arbeit Mit Helm? Aber sicher! 12 Ladungssicherung Was vor dem Warentransport zu tun ist 20 Digitaldruck Welche Sicherheitsmaßnahmen Unfälle verhüten können 28 Lösungsworkshop Wie Beteiligung bei der Beurteilung psychischer Belastung hilſt

MitHelm? Aber her! ics - BG ETEM

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Page 1: MitHelm? Aber her! ics - BG ETEM

Magazin für Prävention, Rehabilitation und Entschädigung 3.2017

Textil Medienerzeugnisse

Mit dem Fahrrad zur Arbeit

Mit Helm? Aber sicher!

em1703t_m-s01.indd 1 16.05.17 08:10

12 Ladungssicherung Was vor dem Warentransport zu tun ist

20 Digitaldruck Welche Sicherheitsmaßnahmen Unfälle verhüten können

28 Lösungsworkshop Wie Beteiligung bei der Beurteilung psychischer Belastung hilft

Page 2: MitHelm? Aber her! ics - BG ETEM

editorial

Olaf Petermann Vorsitzender der Geschäftsführung

Mit Vorausschau sicher im Verkehr Etwa sieben Prozent weniger Tote als im Vorjahr regis- trierte das Statistische Bundesamt für 2016 im Verkehr auf deutschen Straßen. Auf den ersten Blick erscheint das erfreulich. Betrachtet man diese und weitere Zahlen zu den Unfallopfern jedoch genauer, sind sie immer noch erschreckend: Mehr als 3.200 Menschen ließen auf Autobahnen, Landstraßen oder im städtischen Ver-kehr ihr Leben – ganz zu schweigen von den rund 329.000 Leicht- und 67.400 Schwerverletzten.

Auch für die Berufsgenossenschaften bleiben Unfälle auf dem Arbeitsweg sowie auf Dienstfahrten eine große Herausforderung. Allein im Bereich der BG ETEM kam es im Jahr 2015 zu fast 12.700 meldepflichtigen Wegeunfäl-len. Die wichtigsten Ursachen für Unfälle mit Personen-schaden: Fehler beim Abbiegen/Wenden/Rückwärtsfah-ren, Missachtung der Vorfahrt, zu geringer Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug und hohe Geschwindigkeit.

Besonderes Augenmerk haben wir in dieser „etem“- Ausgabe auf Motorrad- und Fahrradfahrer gelegt. Denn immer mehr Beschäftigte fahren mit dem Zweirad zur Arbeit. Was vor allem bei Fahrradfahrern aus Gesund-heits- und Umweltschutzgründen positiv zu bewerten ist, hinterlässt in der Bilanz der BG ETEM aber auch unerfreuliche Spuren. Wir geben deshalb Tipps, was Beschäftigte und Arbeitgeber für mehr Sicherheit auf zwei Rädern tun können (S. 8-11).

Page 3: MitHelm? Aber her! ics - BG ETEM

inhalt

8Titelthema Weniger Tote, aber unverändert viele Verletzte sind im Straßenverkehr zu beklagen – vor allem Motorrad- und Fahr-radfahrer. Die BG ETEM bietet ihnen und Arbeitgebern Hilfe an.

Gefahrstoff 18

verzeichnis in Druck und

Papierverarbeitung Arbeitgeber sind ver-

pflichtet, ein Verzeichnis über die verwendeten

Gefahrstoffe zu erstellen. Was bedeutet das in

der Praxis? Und welchen Nutzen haben Betriebe

davon – auch für die Ge-fährdungsbeurteilung?

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3etem 03.2017

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24Altersgerechtes Arbeiten Unternehmen im Spannungsfeld zwischen zuneh-mendem Alter ihrer Beschäftigten und sich ändern-den Arbeitsanforderungen: Damit sich dies für beide Seiten positiv auswirkt, sind eine langfristige Personalplanung und ein konsequenter Gesund-heitsschutz nötig.

kompakt 4 Zahlen, Fakten, Angebote

Meldungen und Meinungen

mensch & arbeit 8 Sicherheit im Straßenverkehr

Risiko auf zwei Rädern

12 Ladungssicherung Transport mit Verantwortung

14 Sekundenschlaf Hallo? Wach?

15 Künstliche optische Strahlung Fachkenntnis im Fokus

betrieb & praxis 16 Lagern und Stapeln in Druck

und Papierverarbeitung Hoch stapeln, aber stabil!

18 Gefahrstoffverzeichnis in Druck und Papierverarbeitung Sorgfältig erfasst

20 Unfall im Digitaldruck Riskante Sicherheitslücke

23 Erste Hilfe bei Verbrühung Kühlen mit Bedacht

gesundheit 24 Altersgerechtes Arbeiten

Mit der Zeit denken

26 Zielvereinbarungen Das richtige Maß finden

28 Lösungsworkshop psychische Belastung Mit Leichtigkeit zum Ziel

service 30 Beitragsbescheid für 2016

Vorschüsse und Nachlässe

31 Impressum

Page 4: MitHelm? Aber her! ics - BG ETEM

kompakt

Neues Infoportal

Hilfe für Unternehmer

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4 etem 03.2017

Unternehmerinnen und Unternehmer finden Informationen zur Sozialversicherung auf dem neuen Informationsportal der deut-schen Sozialversicherer. Zielgruppen des neuen Angebots sind insbesondere Existenz-gründer und -gründerinnen sowie kleine und mittelständische Unternehmen (KMU). Ihnen soll das neue Angebot helfen, sich im Meldewesen der Sozialversicherung besser zurechtzufinden. Beim Einstieg werden Nutzer nach ihren Anliegen und typischen Geschäftssituationen („Lebenslagen“) befragt. Die individuel-len Erfordernisse werden durch Ja/Nein-Fragen oder die Eingabe von Werten ermittelt. Ziel ist es, alle Anfragenden darin zu un-terstützen, ihre Meldungen zur Sozialversicherung korrekt und vollständig abzugeben. Bei weitergehendem Informationsbe-darf verweist das Portal an fachkundige Ansprechpersonen bei den Sozialversicherungsträgern.

Auch die gesetzliche Unfallversicherung ist in das Projekt einge-bunden. Betrieben wird das Portal von der Informationstechni-schen Servicestelle der gesetzlichen Krankenversicherung GmbH (ITSG). Die gesetzliche Unfallversicherung übernimmt zehn Prozent der Kosten des Portals. Es ist Teil der Initiative der Bundesregierung zum „Optimierten Meldeverfahren in der so- zialen Sicherung“.

→ info www.informationsportal.de

Video erklärt Berufskrankheiten Was ist eigentlich eine Berufskrankheit? Was passiert, wenn der Verdacht auf eine Berufskrankheit besteht und wer kann einen solchen Verdacht melden? Die Ant-wort auf diese und weitere Fragen gibt ein knapp fünf-minütiges Erklärvideo der DGUV. In dem Video werden der Begriff der Berufskrankheit erklärt sowie die Voraus-setzungen, die erfüllt sein müssen, damit eine Erkran-kung als Berufskrankheit anerkannt werden kann. Auch das Verwaltungsverfahren von der Verdachtsanzeige bis zur Anerkennung wird beschrieben.

→ video ansehen www.bgetem.de, Webcode 99843627

„Unterwegs – aber sicher“:

Einsendeschluss rückt näher Noch bis 15. Juli 2017 können Unternehmen, Institutionen und Einzelpersonen ihre Lösun-gen für mehr Sicherheit auf Arbeits- und Schul-wegen oder beim innerbetrieblichen Transport einreichen. An diesem Tag ist Einsendeschluss für den Wettbewerb „Unterwegs – aber si-cher!“. Unter diesem Motto zeichnen der Ver-band für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit (VDSI) und der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) zum dritten Mal innovative Ideen in der betriebli-chen Verkehrssicherheit aus. Entscheidend sind Kriterien wie Nachhaltigkeit, Effizienz und Kreativität. Die Gewinnerbeiträge werden bei der A+A 2017 in Düsseldorf präsentiert. Die ersten drei Plätze erhalten Preisgelder in einer Gesamthöhe von 6.000 Euro. Außerdem wer-den zehn Fahrsicherheitstrainings verlost.

→ info http://www.vdsi-unterwegs-aber-sicher.de

Page 5: MitHelm? Aber her! ics - BG ETEM

Präventionspreis 2018 Demnächst startet eine neue Runde des Präventionspreises der BG ETEM. Gesucht werden wieder Ideen, Maßnahmen und Pro-jekte, die in besonderer Weise den Arbeits- und Gesundheits-schutz voran bringen. Egal ob kleiner Betrieb oder großes Unter-nehmen, ob technische Maßnahmen an Maschinen, betriebliche Maßnahmen für den Gesundheitsschutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Organisations- und Motivationskonzepte für mehr Sicherheit oder Maßnahmen gegen Verkehrsunfälle – alle sind willkommen.

kompakt

» Wir werben mit dem Präventionspreis.«

Thomas Kaluza, Geschäftsführer der EAB – G. Sandow GmbH, Dessau

Den Siegern winken wertvolle Geld- und Sachpreise. Darüber hi-naus ist der Präventionspreis eine gute Möglichkeit, um sich vom Wettbewerb abzuheben. „Wir werben mit dem Präventions-preis“, erklärt Thomas Kaluza, Geschäftsführer der EAB – G. Sandow GmbH in Dessau und Preisträger im Jahr 2016. „Der Präventionspreis trägt dazu bei, dass wir uns als attraktiver Ar-beitgeber für den Nachwuchs darstellen können.“

→ info www.bgetem.de, Webcode: 13565755 Online-Anmeldung zum Präventionspreis 2018

Beim Betriebsfest versichert Beschäftigte sind bei einer Gemeinschaftsveranstal-tung wie etwa einer Weih-nachtsfeier auch dann un-fallversichert, wenn sich der Unfall außerhalb des Be-triebsgeländes ereignet. Entscheidend für den Versi-cherungsschutz ist, dass die Veranstaltung allen Mitarbeiterinnen und Mitar-beitern einer Abteilung of-

fen steht, die Abteilungsleitung an der Veranstaltung teilnimmt und die Unternehmensleitung die Veranstaltung ausdrücklich billigt. Das hat das Bundessozialgericht entschieden (Az.: B 2 U 19/14 R – Urteil vom 05.07.2016). Durch Gemeinschaftsveranstal-tungen werde das Betriebsklima gefördert und der Zusammen-halt der Beschäftigten untereinander gestärkt, urteilte das Gericht. Dies werde auch bei Feiern von Betriebsteilen erreicht.

→ info www.bsg.bund.de > Entscheidungen

Mehr tödliche Arbeitsunfälle Die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle ist 2016 im Bereich der BG ETEM entgegen dem Bundestrend gestiegen. 33 Men-schen starben bei Arbeitsunfällen, 2015 waren es 25. Insgesamt veränderte sich die Zahl der meldepflichtigen Arbeitsun-fälle mit 56.183 nur um 0,1 Prozent. Deut-licher legte die Zahl der Wegeunfälle zu. Die Statistik der BG ETEM verzeichnet für 2016 ein Plus von 2,8 Prozent auf 13.018. Dabei kamen 23 Menschen ums Leben, drei weniger als im Vorjahr. Über alle Berufsgenossenschaften und Unfallkassen hinweg stieg 2016 die Zahl der meldepflichtigen Arbeitsunfälle leicht auf 876.579 (2015: 866.056). Dazu weist die Statistik der DGUV 184.854 melde-pflichtige Wegeunfälle aus, rund drei Prozent mehr als 2015 (179.181). Die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle ging dage-gen zurück. 2016 starben 424 Menschen bei Arbeitsunfällen, 46 weniger als im Vorjahr. Auf dem Weg zur Arbeit hatten 304 Versicherte einen tödlichen Unfall, 44 weniger als 2015.

→ info http://www.dguv.de/de/mediencenter/ pm/pressemitteilung_144003.jsp

Page 6: MitHelm? Aber her! ics - BG ETEM

Rheinsberger Fachtagung

kompakt

Die BG ETEM veranstaltet gemeinsam mit der Berufsgenossen-schaft lichen Bildungsstätte Linowsee e.V. am 26. und 27. Sep-tember 2017 die 10. Rheinsberger Fachtagung „Arbeitssicherheit in der Energieversorgung“.

Zielgruppe der Veranstaltung sind Sicherheitsfachkräft e, Be-triebsärzte, Führungskräft e, Betriebsräte und Mitarbeiter aus der Strom-, Gas-, Wasser- und Fernwärmeversorgung. Zu den Schwerpunkten gehören in diesem Jahr unter anderem die fol-genden Vortragsthemen:

Unfallgeschehen Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgung Die neue EMF-Verordnung – Anwendung und Änderungen Neue Normen für den Netzbetrieb 2017

Eine ausführliche Themenliste und die Möglichkeit der On-line-Anmeldung fi nden Sie im Internet.

→ info und anmeldung www.bgetem.de, Webcode 17679236

Explosiver Inhalt Das Sachgebiet „Explosionsgefährli-che Stoff e“ im Fachbereich „Roh-stoff e und chemische Industrie“ der DGUV hat die DGUV Regel 113-017 „Tätigkeiten mit Explosivstoff en“ überarbeitet. Auf 348 Seiten enthält sie Hinweise zum Umgang mit Muni-tion, Treibstoff en und anderen Ex-plosivstoff en und beschreibt die Anforderungen an Tätigkeiten und Einrichtungen. Dazu gibt es Erläute-rungen zur Gefahrstoff verordnung, zur Betriebssicherheitsverordnung sowie zum Sprengstoff gesetz.

→ download http://publikationen.dguv.de/dguv/ pdf/10002/113-017.pdf

Bitte nicht stören! Die neu aufgelegte Broschüre der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) gibt auf 38 Seiten Tipps zum Umgang mit Arbeitsunterbrechungen und Multi-tasking. Sie basieren auf Forschun-gen zur Arbeitssituation in infor-mationsintensiven Berufen. Das Ziel: Arbeitsunterbrechungen am besten ganz verhindern. Das fördert Gesund-heit, Motivation und am Ende sogar die Produktivität.

→ download www.baua.de > Angebote > Publikationen > Publikationssuche, Suchbegriff : Bitte nicht stören

Neue Plakate Die Plakatkampagne 2017 der BG ETEM zeigt typische Alltags-situationen und die damit verbun-denen Gefahren. Da heißt es, hinschauen und Konsequenzen ziehen – für mehr Sicherheit am Arbeitsplatz und auf der Straße.

→ bestellen www.bgetem.de, Webcode: 14822765 Telefon: 0221 3778-1020

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Fachinformation zu bewegten Kameras Die neue Fachinformation von BG ETEM und Verwal-tungs-BG beschreibt die sicherheitstechnischen Anforderungen an die Bereitstellung und Benutzung von Kamerabewegungssystemen. Empfehlungen für die Prüfung dieser Arbeitsmittel und eine beispiel-haft e Gefährdungsbeurteilung bieten zusätzliche Hil-festellung für den sicheren Einsatz. Die Fachinformation behandelt außerdem die Ver-antwortung und Befähigung der Personen, die Kamerabewegungssysteme bedienen. Die Schrift wendet sich an alle, die organisatorisch und fachlich für die Einsatzplanung, die Beauft ragung, die Be-schaff ung oder den sicheren Betrieb der Systeme verantwortlich sind.

→ bestellen www.bgetem.de, Webcode 12201321. Medienshop, Bereich „Arbeitsschutz konkret“, MB 036: Kamera-bewegungssysteme – Fachinformation der VBG und BG ETEM; E-Mail: [email protected] Telefon: 0221 3778-1020, Telefax: 0221 3778-1021 Bestellnummer MB 036, Preis: 2,50 Euro für Mit-gliedsbetriebe der BG ETEM (Nicht-Mitgliedsbetriebe zahlen 6 Euro zzgl. Versandkosten-Pauschale).

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7etem 03.2017

Termine 20.-21.06.2017, Düsseldorf

Fachtagung Textil und Mode 03.-06.09.2017, Singapur

XXI. Weltkongress für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit / Internationales Media Festival für Prävention (IMFP)

→ weitere termine www.bgetem.de, Webcode 12568821

Newsletter

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Neu: Der Newsletter zum Magazin Holen Sie sich die aktuellen News zu jeder etem-Ausgabe auf Ihr Smartphone oder Ihren PC.

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Einfach unter www.bgetem.de (Webcode 16462742) anmelden und jeden zweiten Monat gut informiert sein.

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Page 8: MitHelm? Aber her! ics - BG ETEM

Sicherheit im Straßenverkehr

Ri siko auf zwei Rädern

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etem 03.2017

Weniger Tote, aber unver-ändert viele Verletzte sind im Straßenverkehr zu be-klagen – vor allem Motor-rad- und Fahrradfahrer. Die BG ETEM bietet ihnen und Arbeitgebern Hilfe an.

 Mehr als 3.200 Tote. Über 67.000 Schwerverletzte, die teilweise ihr Le-

ben lang unter den Folgen leiden: Das ist die traurige Bilanz, die das Statistische Bundesamt für den Straßenverkehr im Jahr 2016 gezogen hat. Ein beträchtlicher Teil dieser Verkehrsunfälle ereignete sich auf Arbeits- oder Dienstwegen.

Zwei Drittel der im Jahr 2016 gemeldeten tödlichen Verkehrsunfälle (Wege- und Dienstwegeunfälle im Straßenverkehr im

Bereich der BG ETEM) ereigneten sich mit dem Pkw oder Transporter. Hauptursachen hierfür sind nicht angepasste Geschwin-digkeit und Überholen trotz Gegenverkehr, immer öfter auch das Abkommen von der Fahrbahn und die Kollision mit Bäumen oder entgegenkommenden Fahrzeugen. Aufgrund von Verbesserungen in der Fahr-zeugtechnik, Weiterentwicklungen in der medizinischen Versorgung, infrastrukturel-len Maßnahmen etc. ist bei den tödlichen

Page 9: MitHelm? Aber her! ics - BG ETEM

Verkehrsunfällen in den letzten Jahrzehn-ten ein deutlich rückläufiger Trend zu be-obachten.

Dieser schlägt sich jedoch kaum in den Zahlen der durch Verkehrsunfälle Schwer- und Schwerstverletzten nieder. Hiervon betroffen sind insbesondere Zweiradfah-rer, also Fahrrad-, Moped- und Motorrad-fahrer. Immerhin 74 Prozent machen die „un-geschützten“ Verkehrsteilnehmer in-zwischen bei den schweren Wege- und Dienstwegeunfällen im Straßenverkehr aus (BG ETEM 2016). Bei der Mehrheit der Unfälle handelt es sich um sogenannte Al-leinunfälle, also ohne Beteiligung anderer Verkehrsteilnehmer. Einen weiteren Schwerpunkt stellen Kollisionen mit Pkw-Fahrern dar.

Aufgrund der Unfallschwere rücken Verkehrsunfälle von Zweiradfahrern zu-nehmend in den Fokus von Unfallversi-cherungsträgern und Unternehmen.

Auf zwei Rädern zur Arbeit Der alltägliche Wahnsinn auf den Straßen deutscher Metropolen: Stau, Stress, Lärm, endlose Parkplatzsuche. In der Hauptver-kehrszeit hängen Zweiradfahrer, vor allem Radfahrer, alle anderen ab und auch ein Platz zum Abstellen des Gefährts ist meist schnell gefunden. Auch gesundheitliche und finanzielle Gründe sprechen für deren Nutzung. Zudem sind längere Strecken dank E-Bikes kein Thema mehr. Dies ver-anlasst inzwischen jeden zehnten Be-schäftigten, auf das Zweirad umzusteigen.

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Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Täg-lich ereignen sich im Durchschnitt 214 Fahrrad- und 126 Kraftradunfälle, wobei in den Sommermonaten eine deutliche Zu-nahme zu verzeichnen ist.

Fallen Beschäftigte aufgrund von Zwei-radunfällen aus, hat das auch Auswirkun-gen auf das Unternehmen: Ausfallzeiten, Störung der Betriebsabläufe, Suche und Einarbeitung von Ersatzkräften. Unterneh-men können nur bedingt auf den öffentli-chen Straßenverkehr einwirken. Dennoch gibt es einige Möglichkeiten, auf das Un-fallgeschehen der Zweiradfahrer Einfluss zu nehmen.

I. Fahrradunfälle Es ist noch in den frühen Morgenstunden, als die Zustellerin mit ihrem Fahrrad unter-wegs ist. Sie stürzt – wahrscheinlich auf-grund von Glätte. Dabei zieht sie sich eine Kopfverletzung mit Hirnblutung zu. Sie wird von einem Passanten aufgefunden, ver-stirbt aber wenige Tage später im Kran-kenhaus. Sie trug keinen Fahrradhelm.

Im Zusammenhang mit Fahrradunfällen wird meist über rücksichtslose Pkw- und Lkw-Fahrer geschimpft. Oft unerwähnt bleibt jedoch, dass es sich bei knapp 60 Prozent der Fahrradunfälle um Alleinun-fälle handelt. Und auch diese können schwere, sogar tödliche Folgen haben, wie das genannte Beispiel zeigt. Kommt es zu einer Kollision, zum Beispiel mit einem Pkw, ist jedoch meist der Pkw-Fahrer Hauptverursacher des Verkehrsunfalls.

Weitere Maßnahmen zur Prävention von Fahrradunfällen

individuelle Streckenberatung, Beratung zu sicheren Fahrradrou-ten

Fahrradausflüge zu Gefahrenstel-len im Umfeld des Betriebes (teil-weise vom ADFC angeboten) Fahrradtrainings (DVR-Zweiradse-minare der BG ETEM)

Fahrradchecks und Reparatur-möglichkeiten anbieten

Einweisung und regelmäßige War-tung bei Bereitstellung von Diensträdern oder -Pedelecs

Aktionen zu den Themen Sicht-barkeit im Straßenverkehr und Abbiege-/Toter-Winkel-Unfälle

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Insbesondere bei Abbiegevorgängen wer-den Radfahrer aufgrund ihrer schmalen Silhouette, durch Sichtbehinderungen oder auch mangels Schulterblick überse-hen und angefahren.

Besonders häufig verletzen sich Radfah-rer im Verkehr an Armen und Beinen. Bei den schweren oder tödlichen Verletzungen hingegen dominieren laut Traumaregister der Deutschen Gesellschaft für Unfallchi- rurgie (DGU) mit über 70 Prozent die Kopf-verletzungen (Abb. S. 10 unten). Kritisch sind vor allem Schädelbrüche, Hirnblutun-gen, Quetschungen und Schwellungen des Gehirns. Die Unfallschwere hängt dabei unter anderem von der Geschwindigkeit beim Unfall, dem Alter des Unfallopfers – und dem Tragen eines Helms ab.

Helme können schützen Inzwischen ist wissenschaftlich nachge-wiesen, dass Fahrradhelme vor schweren Kopfverletzungen schützen. Sie müssen aber richtig sitzen, die Kriterien der Prüf-norm DIN EN 1078 erfüllen und dürfen nicht älter als fünf Jahre sein. Aktuell liegt die Helmtragequote in Deutschland je-doch bei nur 15 Prozent.

Im Rahmen von Aktionen wie zum Bei-spiel „Mit dem Rad zur Arbeit“ oder „Fahr-radfreundlicher Arbeitgeber“ fördern viele Unternehmen inzwischen das Radfahren. Unklar bleibt, wie viele sich auch darum bemühen, dass ihre Mitarbeiter dabei si-cher unterwegs sind. Obwohl es in Deutschland keine Helmpflicht für Rad-

fahrer gibt, können Unternehmen Anreize setzen, um das freiwillige Helmtragen zu fördern. So gibt es inzwischen Unterneh-men, die ihren Mitarbeitern Fahrradhelme schenken oder den Kauf bezuschussen.

Beschäftigte und Unternehmen können auch mit dem „Stadt- oder Unterneh-menshelm“ ein Zeichen setzen. Dabei handelt es sich um ein Präventions- und Charityprojekt des Bundesverbandes Kinderneurologie-Hilfe e. V. in Koopera-tion mit dem Helmhersteller ABUS. Fahr-radhelme werden dabei mit dem Logo des Unternehmens oder der Stadt versehen. Die Investition von circa 70 Euro pro Helm bei einer Lebensdauer von fünf Jahren ist nicht zuletzt deshalb gut ange-legt, weil ein Teil des Erlöses der Kinderneurologie-Hilfe zugutekommt

(www.stadthelm.de).

II. Moped- und Motorradunfälle Außerorts auf einer Landstraße, es ist taghell, die Sonne scheint. Ein Motorrad-fahrer ist auf dem Weg zur Arbeit. In einer Linkskurve kommt er nach rechts von der Fahrbahn ab. Er streift zunächst einen Baum, stürzt dann in einen Graben und im weiteren Verlauf in ein Waldstück. Er kann noch selbstständig den Notruf ab-setzen. Auf die Frage der Polizei, mit wel-cher Geschwindigkeit er unterwegs war, gibt er an, dass er es nicht wisse. Der Mo-torradfahrer erleidet bei dem Unfall ein Schädel-Hirn-Trauma und weitere Verlet-zungen. Vier Wochen später verstirbt er im Krankenhaus.

Für den einen sind es die zwei Räder, die Freiheit und Lebensgefühl bedeuten. Für den anderen ist es Mittel zum Zweck, um zur Arbeit zu gelangen. So oder so: Das Fahren eines Mopeds oder Motorrads ist ein vergleichsweise gefährliches Ver-gnügen. Schaut man sich die bei der BG ETEM eingehenden Unfallanzeigen von schweren oder tödlichen Moped- und Motorradunfällen an, tauchen immer wie-der die gleichen Unfallursachen auf. Etwa jeder zweite Unfall wird von den Zweirad-fahrern selbst verursacht. Gründe hierfür sind in der Regel

nicht angepasste Geschwindigkeit, ▪

▪ ungenügender Sicherheitsabstand, ▪ Fahrfehler in Kurven oder beim Bremsen sowie

▪ Unfälle aufgrund von schlechten Stra-ßen- und Witterungsverhältnissen.

Einen weiteren Schwerpunkt im Unfallge-schehen stellen Kollisionen mit anderen Verkehrsteilnehmern, insbesondere Pkw- Fahrern, dar (typische Unfallkonstellatio-nen: siehe Kasten „Gefahrensituationen“, S. 11). Bei der Analyse der Unfälle wird

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So sitzt Ihr Fahrradhelm richtig

1 Der Helm muss waagerecht auf dem Kopf sitzen.

2 Die Gurte müssen vor und hinter dem Ohr liegen, sich genau un-ter ihm treffen.

3 Zwischen Riemen und Kinn sollte nicht mehr als ein Finger passen.

4 Der Verschluss darf nicht gegen den Hals drücken.

5 Auf das CE-Zeichen und die Prü-fung des Helms gemäß DIN EN 1078 achten.

6 Belüftungsschlitze sorgen dafür, dass sich die Hitze unter dem Helm nicht staut.

Häufigkeit der Verletzungen nach Körperregionen bei Schwerverletzten

Autofahrer Motorradfahrer Fahrradfahrer Fußgänger

70 %+ 60–69 % 50–59 % 40–49 % 30–39 % 20–29 % < 20 % Q

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deutlich, dass die Zweiradfahrer die be-drohliche Situation entweder zu spät er-kannt oder Fehler beim Bremsen und Ausweichen gemacht haben.

Sicherheitstraining Als präventiv wirksam hat sich die regel-mäßige Teilnahme an Sicherheitstrainings erwiesen. Unternehmen können dabei un-terstützen, indem sie den Zweirad fahren-den Mitarbeitern ein derartiges Training ermöglichen, etwa zu Saisonbeginn. Im Mittelpunkt der Sicherheitstrainings ste-hen fahrpraktische Übungen mit dem ei-genen Moped oder Motorrad und die sichere Fahrzeugbeherrschung.

Geübt werden Elemente, wie zum Bei-spiel: Stabilisieren der Maschine im lang-samen Fahrzustand, Fahrtechnik in Kurven, Bremsen/Ausweichen bei Hinder-

nissen und auf verschiedenen Untergrün-den. Dabei wird den meisten Teilnehmern schnell klar, dass die Spielräume zum Be-wältigen einer Gefahrensituation wegen der Fahrzeugtechnik und Fahrphysik sehr gering sind. Sicher fahren nur diejenigen, die Gefahrensituationen frühzeitig erken-nen, sie richtig einschätzen und vermei-den können.

Das „defensive Fahren“ ist deshalb zentraler Baustein der meisten Trainings. Bei der Entscheidung für ein bestimmtes Training sollten Interessenten darauf ach-ten, dass es den Richtlinien des Deut-schen Verkehrssicherheitsrats (DVR) entspricht. Neben dem Standardpro-gramm gibt es auch Trainings für Anfän-ger, Wiedereinsteiger, Rollerfahrer, Fort- geschrittene usw.

Versicherten der BG ETEM steht das 3-tägige Sicherheitstraining „Defensives Fahren – Motorrad“ (Seminar-Nr. 380) of-fen, das in verschiedenen Regionen Deutschlands angeboten wird. Veranstal-tungsorte und -termine finden sich in der Seminardatenbank der BG ETEM. Die Ver-anstaltungs-, Unterbringungs-, Verpfle-gungs- und Reisekosten übernimmt in diesem Fall die BG ETEM.

Das Training soll in der Nähe des Unter-nehmens stattfinden? Kein Problem. Seit mehreren Jahren veranstaltet die BG ETEM in Kooperation mit dem DVR 1-tägige Zwei-radseminare direkt auf dem jeweiligen Betriebsgelände (www.aktionsmedien- bgetem.de → Verkehrssicherheit).

Fazit Unfälle mit dem Fahrrad oder Moped und Motorrad können schwerwiegende Folgen

für die Betroffenen haben. Unternehmen sollten sich deshalb stärker der Präven-tion derartiger Unfälle auf Arbeits- und Dienstwegen widmen. Ina Papen

→ info Die BG ETEM unterstützt Sie bei der Prävention von Zweiradunfällen:

durch Aktionsmedien für Verkehrssi-cherheitsveranstaltungen, z. B. mit dem Aktionsmobil Zweirad, dem Multimedia-quiz Verkehrssicherheit, Rauschbrillen, etc.; Reservierungen sind möglich unter www.aktionsmedien-bgetem.de

▪ durch Zuschüsse bei der Ausleihe von Fahrsimulatoren

▪ durch ein attraktives Seminarangebot wie z. B. Motorrad-Fahrsicherheitstrai-nings oder Vor-Ort-Trainings (DVR-Zwei-radseminare)

▪ durch Poster und andere Medien, z. B. der Gefährdungsbeurteilung Ver-kehrssicherheit (www.bgetem.de, Webcode 16330478)

Schwere Wege- und Dienstwegeunfälle im Straßenverkehr 2014/2015*

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2014 2015

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* im Bereich der BG ETEM

Weitere Maßnahmen zur Prävention von Moped-/ Motorradunfällen:

Beratung zu Bekleidung, Helmen, Handschuhen, Stiefeln, Protekto-ren, Möglichkeiten sich sichtbar zu machen, Blendschutz etc. (Ak-tionsmobil Zweirad der BG ETEM)

Direkte Ansprache von Motorrad/ Moped fahrenden Beschäftigten ohne ausreichende Schutzklei-dung

Motorradsimulator oder Schleif-tests bei Aktionstagen, zum Beispiel zum Saisonstart Beratung zu technischen Verän-derungen, zum Beispiel in Koope-ration mit der örtlichen Polizei

Unterstützung von Motorradchecks

Erste-Hilfe-Kurse für Motorradfahrer Organisation eines Motorrad-/ Mopedkonvois, der andere Verkehrsteilnehmer auf Risiken aufmerksam macht Geschwindigkeitstafeln in Unternehmensnähe

Gefahrensituationen

1. Pkw-Fahrer biegt ein oder über-quert die Vorfahrtstraße, Motor-radfahrer kommt von links oder rechts.

2. Autofahrer biegt links ab, Motor-radfahrer kommt entgegen.

3. Pkw wendet, Motorrad kommt entgegen oder von hinten.

4. Motorrad überholt, Pkw wechselt die Fahrspur oder biegt links ab.

5. Pkw überholt oder kommt in einer Kurve auf die Gegenfahr-bahn, Motorrad kommt ent- gegen.

(Quelle: Institut für Zweiradsicherheit 2008)

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Page 12: MitHelm? Aber her! ics - BG ETEM

Ladungssicherung

Transport mit Verantwortung Um Unfälle durch schlecht gesicherte Ladung zu ver-hindern, muss ein ganzes Team gezielt zusammen- arbeiten.

 Ein Lkw ist mit Papierrollen beladen unterwegs zu einer Druckerei in Nord-

deutschland. Innerorts muss der Fahrer plötzlich bremsen. Eine zwei Tonnen schwere Papierrolle fällt von der Lade- fläche und verletzt einen Radfahrer schwer. Laut polizeilichen Ermittlungen war in der Papierfabrik keine Abfahrt- kontrolle durchgeführt worden. Daher konnte der Lkw das Betriebsgelände mit ungenügend gesicherter Ladung verlassen.

sogenannten Leiter der Ladearbeiten (ein Muster einer solchen Übertragung von Unternehmerpflichten enthält die Bro-schüre 226 DP, siehe info). Die notwendi-gen Fachkenntnisse kann sich der Beauftragte z. B. durch eine Ausbildung auf Grundlage der VDI-Richtlinie 2700 aneignen. Die BG ETEM bietet hierzu das Seminar Nr. 375 „Sachkundiger Ladungs-sicherung – Teil A“ an (mehr unter info).

Ab einer bestimmten Betriebsgröße kön-nen die unternehmerischen Pflichten so umfangreich ausfallen, dass Unterneh-mer nicht mehr in der Lage sind, allen selbst nachzukommen. Sie haben daher das Recht, die Aufgaben im Bereich der Verladung auf eine zuverlässige und fachkundige Person zu übertragen, den

Nach erfolgreich abgeschlossenem Lehrgang bestellt die Unternehmerin oder der Unternehmer den Beauftragten schließlich zum Leiter der Ladearbeiten. Seine Aufgaben und Pflichten sind in einer schriftlichen Pflichtenübertragung detailliert geregelt.

Mit der Bestellung erhält der Leiter der Ladearbeiten den Auftrag, die Verlade- tätigkeiten betrieblich zu organisieren und damit klare Strukturen, Regelungen und Betriebsabläufe einzuführen (siehe Infokasten rechts).

rer sowie dem Fahrzeughalter ist auch der Verlader in der Pflicht. Dieser verlädt die Güter erstmals auf den Lkw oder beauf-tragt jemanden damit. Im Unfallbeispiel ist das der Unternehmer der Papierfabrik. Er muss alles Notwendige veranlassen, damit nur Fahrzeuge mit ordnungsgemäß gesicherter Ladung das Betriebsgelände verlassen. Das setzt jedoch eine geeig-nete betriebliche Organisation der Ver- ladung und Ladungssicherung voraus.

Um solche Unfälle im Straßenverkehr zu vermeiden, müssen mehrere Personen im Team zusammenarbeiten. Die Straßen-verkehrsordnung (StVO) legt daher in § 22 (1) „Ladung“ fest, dass alle, die am Transport beteiligt sind, auch Verantwor-tung für die ordnungsgemäße Ladungs- sicherung zu tragen haben. Neben dem Absender, dem Fracht- und Fahrzeugfüh-

Kommt der Unternehmer dieser Organi-sations- und Aufsichtspflicht nicht nach, so begeht er gemäß Ordnungswidrigkei-tengesetz § 130 selbst eine Ordnungswid-rigkeit und kann mit einer Geldbuße bis zu einer Million Euro belangt werden.

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Unternehmerpflichten übertragen

Eigenkontrolle der Betriebsorganisation „Bei uns wird jede Ladung ordnungs- gemäß gesichert!“, kann nur derjenige

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Ordnungsgemäße Ladungssicherung von Papierrollen

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behaupten, der im Unternehmen eine ge-eignete Betriebsorganisation aufgebaut hat. Voraussetzung dafür sind klar gere-gelte Arbeitsabläufe, geschulte Beschäf-tigte sowie eine ständige Eigenkontrolle. Zu den Dokumenten einer funktionieren-den Betriebsorganisation zählen Arbeits- und Verladeanweisungen, Teilnehmerlisten von Schulungen und Unterweisungen so-wie Protokolle und Checklisten.

Mit einer solchen Betriebsorganisation werden Unternehmerinnen und Unter- nehmer ihrer Verantwortung gerecht, denn schließlich kommen sie damit ihrer Organisations- und Aufsichtspflicht nach. Dieter Bachmann

→ info Broschüre 226 DP „Ladungssicherung für den Bereich Druck und Papierverar-beitung“: www.bgetem.de, Webcode 17591718

Seminar Nr. 375 „Sachkundiger Ladungssicherung – Teil A“: mehr dazu in der Seminardatenbank unter www.bgetem.de, Webcode 14363753

Organisation der Ladungssicherung

1. Ladungssicherungsmaßnahmen festlegen Ausgebildete Leiter der Ladearbeiten verfügen über die notwendigen Kennt-nisse, um die jeweils geeignete Art der Ladungssicherung festzulegen: Form-schluss, Kraftschluss oder Kombina-tion aus beiden. Anschließend müssen sie ermitteln, welche Hilfs-mittel in welcher Zahl für die gewählte Art der Ladungssicherung notwendig sind.

2. Anforderungen an die Fahrzeuge bestimmen Für jeden Transport ist das geeignete Fahrzeug auszuwählen. Je nach Lade-gut kann z. B. ein Lkw mit Kofferaufbau oder mit Schiebeplane Vorteile für die Ladungssicherung bringen. Daher gilt es, die Anforderungen an die Fahrzeuge rechtzeitig festzulegen. Darüber hinaus müssen die Hilfsmittel für die Ladungssicherung bestimmt werden, die mitzuführen sind. Die Anforderungen an die Fahrzeuge und deren Ausstattungen sollten Leiter der Ladearbeiten mit dem Frachtführer oder Spediteur schriftlich vereinbaren.

3. Verladeanweisungen erstellen Auf Grundlage der festgelegten Ladungssicherungsmaßnahmen sind Verladeanweisungen zu erstellen. Mit Skizzen oder Fotos ergänzt, machen sie dem Ladepersonal leicht verständlich, welche Sicherungsmaß-nahmen welcher Fahrzeugtyp und welche Ladung erfordern. Zusätzlich erleichtern die Verladeanweisungen dem Ladepersonal, das gesicherte Ladegut vor der Abfahrt zu kontrollie-ren. In der Praxis hat es sich bewährt, die Anweisungen im Verladebereich auszuhängen.

4. Ladepersonal unterweisen und schulen Das Ladepersonal muss regelmäßig anhand der Verladeanweisungen unterwiesen werden. Die Pflicht zur Arbeitssicherheitsunterweisung nach den Unfallverhütungsvorschriften bleibt davon unberührt.

Darüber hinaus hat der Leiter der La-dearbeiten sicherzustellen, dass das Ladepersonal mindestens alle drei Jahre nach VDI-Richtlinie 2700 Blatt 5 geschult wird. Hierbei werden diverse Themen vermittelt, wie physikalische Grundlagen, Eigenschaften der La-dung, Möglichkeiten der Ladungssi-cherung sowie deren praktische Anwendung. Diese Schulungsmaß-nahme kann der Leiter der Ladearbei-ten selbst durchführen. Eine Schulung durch einen externen Anbieter ist nicht vorgeschrieben, kann aber im Einzelfall sinnvoll sein. Die Schulun-gen und Unterweisungen sind zu dokumentieren – auch um funktio- nierende Betriebsabläufe nachweisen zu können.

5. Fahrzeug vor dem Beladen kontrollieren Jährlich kommt es zu tödlichen Ab- stürzen von der Laderampe mit Flur-förderzeugen. Um solchen Unfällen vorzubeugen, muss der Lkw generell an der Laderampe mit Unterlegkeilen gegen Wegrollen oder vorzeitiges Weg-fahren gesichert werden. Erst danach darf das Ladepersonal den Laderaum überprüfen. Dazu gehören u. a.:

Kontrolle der Ladefläche: unbeschä-digt und besenrein? Kontrolle der Planen und Wände: unbeschädigt?

Kontrolle der Ladungssicherungs-hilfsmittel: geeignet und vereinbarte Stückzahl?

6. Fahrzeug nach dem Beladen kontrollieren Nach dem Beladen muss das Lade-personal überprüfen, ob die Ladungs-sicherung der Verladeanweisung entspricht. Zur Dokumentation des ordnungsgemäßen Zustands bei der Abfahrt können eine Checkliste ge-nutzt und/oder Fotos angefertigt werden. Die Ladungssicherungsmaß-nahmen sollen unbedingt nachvoll-ziehbar aufgezeichnet werden. Leider kommt es hin und wieder vor, dass Fahrer die Ladungssicherung während des Transportes zum Nachteil verändern.

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Sekundenschlaf

Hal lo? Wach?

Jeder vierte Autofahrer ist laut einer Umfrage des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) schon am Steuer eingeschlafen. Mit einer neuen Kampagne klärt der DVR jetzt über die Gefahren von Müdigkeit hinter dem Lenkrad auf.

W enn die Augenlider schwer werden, ist eine Pause sinnvoll. Schon 15 Minuten Entspannung auf dem nächsten Parkplatz können hilfreich sein.

 Brennende Augenlider, häufiges Gäh-nen und Frösteln gehören zu den klas-

sischen Anzeichen für aufkommende Müdigkeit, die vermutlich jeder Autofah-rer schon erlebt hat. Mit jeder Minute wächst dann die Gefahr des Sekunden-schlafs am Steuer. Laut einer Umfrage des DVR ist jeder vierte Autofahrer schon ein-mal am Steuer eingenickt. Dies kann töd-lich enden! Dennoch unterschätzen nach einer Umfrage im Auftrag des DVR viele Menschen diese Gefahr noch immer:

43 Prozent der Autofahrer sind über-zeugt, den Zeitpunkt des Einschlafens sicher vorhersehen zu können; 45 Prozent glauben, Beeinträchtigungen infolge Müdigkeit durch ihre Fahrerfah-rung ausgleichen zu können; 17 Prozent fahren trotz Müdigkeit weiter.

Der DVR hat deshalb mit Unterstützung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und der Deut-schen Gesetzlichen Unfallversicherung

(DGUV) sowie weiterer Partner die Kampa-gne „Vorsicht Sekundenschlaf! Die Aktion gegen Müdigkeit am Steuer“ gestartet. Ihr Ziel ist es, auf die Gefahr von Müdigkeit am Steuer aufmerksam zu machen und Wege für ein dauerhaft konzentriertes Fahren aufzuzeigen. Dazu gehören vor allem ein gesunder Wechsel von Schlaf-

und Wachzeiten sowie Pausen mit einem Kurzschlaf oder etwas Bewegung.

Zum Kampagnen-Auftakt im Dezember 2016 fand ein bundesweiter Aktionstag an elf Autobahnraststätten statt. Autofahre-rinnen und -fahrer erhielten ein „Erste- Hilfe-Set gegen Müdigkeit am Steuer“ mit

Tipps gegen Müdigkeit am Steuer, einer Schlafbrille für den Kurzschlaf und einer Parkscheibe mit Bewegungshin-weisen, um den Kreislauf in Schwung zu bringen. Quelle: DVR

→ info Die BG ETEM bietet zur objektiven Mes-sung und Beurteilung des Grades von Tagesschläfrigkeit den Pupillographen F2D an. Das wissenschaftlich betreute Hilfsmittel können Interessierte bestellen unter www.aktionsmedien-bgetem.de. Das Faltblatt „Vorsicht Sekundenschlaf“ steht bereit unter www.dvr.de/download/ vorsicht-sekundenschlaf_faltblatt.pdf

Medikamente machen müde

15 bis 20 Prozent aller zugelasse-nen Medikamente beeinträchtigen nach Angaben der Hersteller die Fahrtüchtigkeit, da sie latente Mü-digkeit hervorrufen können. Sie können damit, so der DVR, das Risiko eines Sekundenschlafs erhö-hen. Trotzdem unterschätzen viele Menschen den Einfluss solcher Me-dikamente auf ihre Fähigkeit, ein Fahrzeug sicher zu führen.

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Künstliche optische Strahlung

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Für Lasereinrich-tungen in Betrieben gelten die Vorgaben der aktualisierten Arbeitsschutzverord-nung zu künstlicher optischer Strahlung.

Die Arbeitsschutzverordnung zu künstlicher optischer Strahlung (OStrV) wurde überarbeitet. Welche Änderungen auf Betriebe zukommen.

 Die Bundesregierung hat die Arbeits-schutzverordnung zu künstlicher op-

tischer Strahlung zusammen mit der Arbeitsstättenverordnung aufgrund der Bundesratsbeschlüsse von November 2016 in einigen Punkten geändert. Unter ande-rem wurde der Begriff der Fachkunde an die Begriffe in anderen Arbeitsschutz- verordnungen angepasst. Die wesentliche Neuerung betrifft jedoch die Aufgaben und die Ausbildung des Laserschutzbe-auftragten (LSB) in § 5 Abs. 2: In diesem Zusammenhang wurde der Begriff der Sachkunde aus formalen Gründen ersetzt durch „spezielle Fachkenntnisse“.

Bisher schrieb die Verordnung dem LSB die Aufgabe zu, den sicheren Betrieb des Lasers zu überwachen. Laut der geänder-ten OStrV muss der LSB jetzt den sicheren Betrieb gewährleisten.

Rechte und Pflichten Der LSB kann einen sicheren Betrieb nur unter folgenden Voraussetzungen garan-tieren: Der Arbeitgeber muss ihm diese Verantwortung konkret für jeweilige Laser-

einrichtungen übertragen haben, und zwar mit der entsprechenden Gefähr-dungsbeurteilung und den konkreten Be-fugnissen. Dazu zählen beispielsweise:

Unterweisung, Abstellen von Mängeln, regelmäßige Überwachung der Laser-arbeitsplätze,

Anweisen der Beschäftigten an den Lasereinrichtungen, Stillsetzen der Lasereinrichtung/Laser-maschine sowie

Überwachung des Zugangs. Die neu gefasste Verordnung schreibt Arbeitgebern somit vor, die Verantwort-lichkeiten im Vorfeld organisatorisch zu regeln. Solange das nicht geschehen ist, bleibt der Arbeitgeber vollständig in der Pflicht.

Um die notwendigen Fachkenntnisse zu erlangen, müssen LSB laut Verordnung an einem entsprechenden Kurs mit bestan-dener Prüfung teilnehmen. Der Kurs muss allerdings nicht mehr zugelassen oder zertifiziert werden, wie noch in den Tech-nischen Regeln zur Arbeitsschutzverord-

nung zu künstlicher optischer Strahlung (TROS Laserstrahlung) beschrieben. Neu ist ferner, dass der LSB seine Fachkennt-nisse regelmäßig aktualisieren muss, z. B. durch Teilnahme an einem Fortbildungs-seminar maximal nach fünf Jahren (siehe Seminardatenbank, mehr unter info).

Die TROS Laserstrahlung werden voraus-sichtlich im Laufe des Jahres redaktionell an die neue OStrV angepasst. Die Fachgre-mien der DGUV werden vermutlich in Kürze den Berufsgenossenschaften empfehlen, die DGUV Vorschrift 11 „Laserstrahlung“ zurückzuziehen. Die Selbstverwaltungen entscheiden dann, ob und wann die Vor-schrift zurückgezogen wird. Martin Brose

→ info Verordnung zum Schutz der Beschäftig-ten vor Gefährdungen durch künstliche optische Strahlung (GV 18) im Medien-portal unter: www.bgetem.de, Webcode 11205644 (Rubrik Regelwerk > Gesetze und Verord-nungen)

Ausführlicher Beitrag zur OStrV 2010 und TROS Laserstrahlung in etem 03/2015

Seminare zum Laserschutzbeauftragten in der Seminardatenbank unter: www.bgetem.de, Webcode 14877351

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Lagern und stapeln in Druck und Papierverarbeitung

Hoch stapeln, aber stabil! Gefahren beim Lagern werden in der täglichen Routine häufig unterschätzt. Gestapelte Güter sind oft schwer und können hohen Schaden anrichten, wenn sie herunterfallen. Denn richtig lagern will gelernt sein.

Jeder Betrieb der Branche Druck und Pa-pierverarbeitung lagert Rohwaren bis

zur Bearbeitung und Fertigwaren für den Versand. Platz ist dabei meistens Mangel-ware. Wenn es dann noch schnell gehen muss, ist es besonders wichtig, einige Grundregeln zu beachten. Für die sichere Lagerung ist zum einen die Gestaltung der Lagereinrichtungen entscheidend. Zum anderen tragen die Beschäftigten eine große Verantwortung im fachge- rechten Umgang mit den Lagergütern.

Lagerfläche Grundvoraussetzung für unfallfreies La-gern und Stapeln ist ein ebener Unter-grund. Es ist darauf zu achten, dass die Lagerfläche genügend tragfähig ist bzw. die erlaubte Flächenbelastung eingehal-ten wird. Wird die zulässige Flächenbelas-tung überschritten, muss das Gewicht des Stapels auf eine größere Fläche verteilt werden.

Wo gelagert und gestapelt wird, benöti-gen Personen und Fahrzeuge ausreichend Platz, um sich zwischen den Gütern be- wegen zu können. In jedem Betrieb sind daher beim Planen und Einrichten von Verkehrs- und Transportwegen die Voraus-setzungen für einen sicheren Transport zu erfüllen (siehe DGUV Information 208-006, mehr unter info). Um Lagerflächen und Verkehrswege abzugrenzen, ist eine Fuß-bodenmarkierung immer dann sinnvoll, wenn Lagerplätze und Verkehrswege nicht laufend geändert werden.

Paletten – Standsicherheit, Stapelhöhe Werden mehrere Paletten übereinander-gestapelt, besteht nur dann ausreichende

Standsicherheit, wenn der Boden eben und tragfähig ist und die einzelnen Ge-binde die Auflast der nächsten Palette aufnehmen können. Ist das nicht der Fall, hat die aufgesetzte Palette keinen siche-ren, stabilen Stand. In solchen Fällen dürfen mehrere Paletten nicht ohne Hilfs-mittel übereinander gestapelt werden (z. B. Aufsetzrahmen oder stabile, fest aufliegende Holzzwischenlagen).

Exakte Vorgaben zur zulässigen Stapel-höhe kann es nicht geben, denn diese hängt von folgenden Faktoren ab:

vom Ladegut, von der Bodenbeschaffenheit und vom Zustand der Paletten.

Lager und Stapel sind so zu errichten, zu erhalten und abzutragen oder abzubauen, dass herabfallende, umfallende oder wegrollende Gegenstände niemanden gefährden. Entscheidend ist, dass der Stapel bei zu erwartenden horizontalen Kräften nicht umkippt, also standsicher ist. Im Einzelfall muss die Standsicherheit durch aufwendige Berechnungen über-prüft werden (vgl. DGUV Regel 108-007, mehr unter info).

Papierrollen Papierrollen werden üblicherweise ohne Zwischenlagen übereinandergestapelt. Bei dieser sogenannten Kaminstapelung erreichen die einzeln stehenden Säulen häufig beträchtliche Höhen. Von den Be-schäftigten, die in diesen Lagern tätig sind, wird ein hohes Maß an Verantwor-tung und Können gefordert. Um dieses auf dem aktuellen Stand zu halten, müssen Betriebe für regelmäßige Unter-weisungen sorgen. Die zur Verfügung

gestellten Transportgeräte müssen so bemessen sein, dass sich damit sicher stapeln und transportieren lässt.

Damit einzeln stehende Säulen gefahr-los auf größere Höhen bis etwa zum sechsfachen Rollendurchmesser gesta-pelt werden können, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein (siehe DGUV Re-gel 108-007). Voraussetzungen sind bei-spielsweise:

absolut ebene Standflächen, völlig unbeschädigte, fest gewickelte Rollen, exakt lotrechte Ausrichtung der Stapel und gleiche Rollendurchmesser.

Wenn Kippgefahr besteht, darf nur jeweils eine Rolle mit dem Transportgerät ange-hoben werden. Das gilt auch, wenn ein Stapel nur geringfügig zu versetzen ist. Mit Rollenklammern darf nur eine Rolle aufgenommen werden, mit Spezialklam-

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Wenn Papierrollen versetzt werden müssen, kommen Rollenklammern zum Einsatz.

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mern, also wenn eine der beiden Klam-mern geteilt ist, zwei Rollen gleichzeitig.

Stapelneigung Werden mehrere Paletten oder Papier- rollen übereinandergestapelt, steigt ab einer gewissen Stapelhöhe die Gefahr, dass sie abrutschen oder umfallen. Des-halb müssen Beschäftigte Palettenstapel unbedingt bündig errichten bzw. Papier-rollen lotrecht. Nur wenn die nächste Palette oder Rolle richtig aufgesetzt wird, wachsen Stapel gerade und damit stabil.

Kleinere Nutzen oder Zuschnitte Die Palettierung von großflächigen Pro-dukten, z. B. Wellpappe, verläuft in der Regel problemlos. Anders sieht es jedoch bei kleineren Nutzen oder Zuschnitten von Druckbogen aus. Die Teile dieser Stapel müssen in sich gut verbunden werden. Besonders Stapel aus Kartonagen oder Wellpappe-Zuschnitten müssen sorgfältig

und gleichmäßig verschnürt werden. Ist Stapeln im Verbund nicht möglich, muss die erforderliche Festigkeit auf andere Weise erreicht werden, etwa durch Zwi-schenlagen aus Holz oder Pappe, durch Umschnürungen oder Schrumpffolie. Derartige Sicherheitsmaßnahmen werden beim Transport umso wichtiger.

Unzulässige Lagerung Verkehrswege und der Bereich von Türen und Ausgängen dürfen keinesfalls als La-gerstätte genutzt werden. Weiterhin dür-fen Noteinrichtungen nicht durch Material verstellt werden, selbstverständlich auch nicht durch Maschinen und Geräte. Das betrifft z. B. alle Arten von Feuerlösch- einrichtungen, elektrischen Schalt- und Verteilertafeln, Flucht- und Rettungswege sowie Notausgänge.

Unterweisung Eine wesentliche Voraussetzung für si-

cherheitsgerechtes Arbeiten ist, die Beschäftigten darüber aufzuklären. Das betrifft insbesondere Unfallgefahren und entsprechende Verhaltensregeln. Zudem hat sich bewährt, den sicheren Betriebs- ablauf in einer Betriebsanweisung schrift-lich festzulegen. Diese Betriebsanweisung können Betriebe auch verwenden, um Beschäftigte in einem persönlichen Ge-spräch über sicherheitsgerechtes Ver- halten am Arbeitsplatz zu informieren. Die Unterweisungen müssen regelmäßig, mindestens einmal jährlich, durchgeführt und dokumentiert werden. Dr. Nadine Metz

→ info DGUV Regel 108-007 „Lagereinrichtun-gen und -geräte“ im Medienportal: www.bgetem.de, Webcode 11205644 DGUV Information 208-006 „Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Transport- und Lagerarbeiten“: publikationen.dguv.de, Suchbegriff „208-006“

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Gefahrstoffverzeichnis in Druck und Papierverarbeitung

Sorgfältig erfasst

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Arbeitgeber sind verpflichtet, ein Verzeichnis über die verwendeten Gefahrstoffe zu erstellen. Was bedeutet das in der Praxis? Und welchen Nutzen haben Betriebe davon – auch für die Gefährdungsbeurteilung?

Gefahrstoffe kommen in fast allen Druckereien und papierverarbeiten-

den Betrieben sehr vielfältig zum Einsatz. Besonders häufig werden etwa Druckfar-ben, Druckhilfsmittel (z. B. Feuchtmittel-zusätze), Reinigungsmittel und Klebstoffe genutzt. Der Arbeitgeber muss ermitteln, ob die Beschäftigten dadurch Gefahren ausgesetzt sind und ob Gefahrstoffe bei bestimmten Tätigkeiten entstehen

und/oder freigesetzt werden. Die Unter-suchungsergebnisse müssen in einem Verzeichnis zusammengefasst werden.

? Arbeitsstoff? Gefahrstoff? Was ist der Unterschied? Nicht jeder Arbeitsstoff im Betrieb ist ein Gefahrstoff. Wenn jedoch ein Stoff nicht als Gefahrstoff gekennzeichnet ist, bedeu-tet das nicht unbedingt „keine Gefahr“.

Beispielsweise sind Papierstäube und Druckbestäubungspuder (in der Regel auf Stärkebasis) keine Gefahrstoffe nach Defi-nition, aber unter bestimmten Umständen explosionsfähig. Deswegen ist es notwen-dig, alle eingesetzten und freiwerdenden Stoffe und Produkte, von denen eine Ge-fährdung ausgehen kann, zu erfassen.

? Wie wird ein Gefahrstoffverzeichnis erstellt? Für ein Gefahr-/Arbeitsstoffverzeichnis schreibt der Gesetzgeber keine Form vor. Betriebe benötigen nur eine einfache Tabelle, die sie selbst aufbauen können. Natürlich können sie die Vorlage der BG ETEM verwenden (siehe info).

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Das Gefahrstoffverzeichnis muss mindes-tens folgende Angaben enthalten:

▪ die Bezeichnung des Gefahrstoffs (z. B. Produkt oder Handelsnamen aus dem Sicherheitsdatenblatt),

▪ die Einstufung des Gefahrstoffs oder Angaben zu den gefährlichen Eigen-schaften,

▪ die Angaben zu den im Betrieb verwen-deten Mengen und

die Bezeichnung der Arbeitsbereiche, in denen Beschäftigte dem Gefahrstoff ausgesetzt sein können.

Zusätzlich zu den Mindestanforderungen sind weitere Angaben sinnvoll. Die Vor- lagen der BG ETEM (Mustergefahrstoff- verzeichnisse für die Druckindustrie) füh-ren Angaben zu Gefährdungen mit den entsprechenden Maßnahmen auf, wie etwa Brand- und Explosionsgefahren oder Gefährdungen bei Hautkontakt bzw. beim Einatmen. Die Dateien enthalten auch Musterbetriebsanweisungen für die

typischen Gefahrstoffe der Druck- und papierverarbeitenden Industrie (z. B. Iso-propanol im Offset, Ethylacetat im Etikettendruck und Borax in der Well- pappenherstellung). Eine Besonderheit der Praxishilfe ist, dass sie neben vielen praktischen Beispielen auch die Gefahr-stoffpiktogramme sowie H- und P-Sätze (Gefahren- und Sicherheitshinweise) als Dateien anbietet, die Betriebe zum Erstel-len eines Verzeichnisses unbedingt benö-tigen. Das erleichtert die Arbeit deutlich.

? Auf welcher Informationsbasis wird das Gefahrstoffverzeichnis erstellt? Hersteller oder Lieferanten müssen für die eingesetzten Gefahrstoffe alle wichtigen Informationen zum Gesundheitsschutz und zur Sicherheit zur Verfügung stellen. Diese Angaben stehen im Sicherheitsda-tenblatt und/oder in technischen Merk-blättern.

Das Sicherheitsdatenblatt ist das wichtigste Hilfsmittel, um sich über die Besonderheiten eines Gefahrstoffes zu informieren. Jeder Betrieb hat Anspruch darauf, spätestens bei Lieferung des Stoffs das dazugehörige Sicherheits- datenblatt kostenlos und in deutscher Sprache zu erhalten. Die wesentlichen Gefahren finden sich normalerweise auch auf dem Etikett der Gebinde.

? Welchen Nutzen hat ein Gefahr-/ Arbeitsstoffverzeichnis in der Praxis? Ein Verzeichnis gehört nicht nur zur Doku-mentation der Gefährdungsbeurteilung, sondern dient auch als Grundlage, auf der sich die Exposition von Arbeitsstoffen er-mitteln und beurteilen lässt. Anhand der im Verzeichnis angegebenen Verbrauchs-mengen können Betriebe entscheiden, ob eine Gefährdung überhaupt möglich ist. Ergibt die Gefährdungsbeurteilung, dass bestimmte Tätigkeiten mit Gefahrstoffen nur zu einer geringen Gefährdung der Be-schäftigten führen, müssen diese Gefahr-stoffe nicht in das Gefahrstoffverzeichnis aufgenommen werden. Das könnte bei-spielsweise bei Reinigungsmitteln in haushaltsüblichen Mengen, Klebstoffen oder Lösemitteln zum sporadischen Ent-fernen von Farbresten der Fall sein.

Das Gefahr-/Arbeitsstoffverzeichnis kann sich beim Erstellen des Explosionsschutz-dokumentes als sehr nützlich erweisen, wenn es Angaben über den Flammpunkt, die Zündtemperatur und die untere Explo-sionsgrenze enthält.

Wird ein Gefahrstoffverzeichnis angelegt, lohnt es sich auch zu kontrollieren, ob alle vorhandenen Arbeitsstoffe notwendig sind. Überflüssige Arbeitsstoffe sammeln sich häufig im Laufe der Zeit an und soll-ten entsorgt werden.

? Wann müssen Betriebe das Verzeichnis überprüfen und aktualisieren? Unternehmen müssen das Gefahr-/ Arbeitsstoffverzeichnis regelmäßig über-prüfen und gegebenenfalls aktualisieren. Das gilt umso mehr, wenn sie neue Ar-beitsstoffe einsetzen, sich die Zusam-mensetzung eines Arbeitsstoffes ändert oder deutlich andere Mengen verwendet werden. Manchmal werden die eingesetz-ten Produkte, beispielsweise Wasch- und Reinigungsmittel für den Druckbetrieb, zwar weiterhin unter demselben Namen von denselben Herstellern oder Lieferanten angeboten, bestehen aber mittlerweile aus anderen Inhaltsstoffen. Diese Ände-rungen sollen auch im Verzeichnis aktua-lisiert werden. Es wird empfohlen, das Verzeichnis zu datieren und bei einer Aktualisierung die älteren Versionen auf-zubewahren. Wenn Betriebe das Verzeich-nis aktualisieren, müssen sie überprüfen, ob sie die Betriebsanweisungen für die Gefahrstoffe ebenfalls anpassen müssen. Wenn ja, müssen die betroffenen Be-schäftigten zu den Änderungen unterwie-sen werden.

? Für wen muss das Verzeichnis zugäng-lich sein? Das Gefahr-/Arbeitsstoffverzeichnis zu erstellen, ist Pflicht des Arbeitgebers. Genau wie im Falle der Sicherheitsdaten-blätter müssen Betriebe es allen betroffe-nen Beschäftigten und ihren Vertretern zugänglich machen. Lediglich verwendete Mengen der Produkte müssen nicht mit-geteilt werden. Lan Zhao

→ info Praxishilfe der BG ETEM mit Musterver-zeichnissen samt Betriebsanweisungen für Offsetdruck, Verpackungsdruck, Etikettendruck und Wellpappenbetrieb: www.bgetem.de, Webcode 11205644 (im Medienportal unter Druck und Pa-pierverarbeitung > Downloads)

Gefahrstoffverordnung: www.gesetze-im-internet.de/ gefstoffv_2010

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Unfall im Digitaldruck

Riskante Sicherheitslücke Der Digitaldruck auf Textilbahnen hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Geht der Boom zulasten ausgereifter Sicherheitskonzepte? Ein schwerer Unfall wirft Fragen auf.

Digitaldruck ermöglicht eine flexible, schnell programmierbare Musterung

von Flächen. Diesen Vorteil hätten früher die Textilveredler auch gern für das Bedru-cken von Stoffen genutzt. Die klassischen Drucktechniken erfordern einen raum- intensiven Maschinenpark, komplizierte und aufwendige Verfahren, um Matrizen herzustellen, zu säubern und wiederauf-zubereiten. Hohe Energie- und Wasser-kosten schlagen ebenso zu Buche. Um einigermaßen effizient zu produzieren, sind lange Metragen mit kurzen Muster-rapporten notwendig. Im Gegensatz dazu erlaubt der handliche Druckkopf des Tintenstrahldruckers, wie er zu Hause und im Büro häufig im Einsatz ist, schnelle Musterwechsel und hält die Verbrauchs-kosten relativ niedrig.

Aber was auf dem Papier schon lange technischer Standard ist, hat sich als sehr kompliziert für das Bedrucken von textilen Flächen erwiesen. Während die Tinte auf dem glatten Blatt Papier kon- turenscharf aufgebracht werden kann, lässt sich der Tintenstrahl auf dem biegeschlaffen textilen Flächengebilde mit inhomogener Oberfläche nur schwer exakt positionieren. Es bedurfte langwie-riger textiltechnologischer und druck- technischer Forschung, bis Anfang der 2000er-Jahre die ersten industrietaugli-chen Digitaldruckmaschinen für Textilien auf den Markt kamen. Mittels digitaler Programmierung konnten Betriebe nun auch kleine Musterrapporte und kompli-ziertere Designs umsetzen und schnell auf kurzfristige Kundenwüsche reagieren. All diese Vorteile haben bei den textilen

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Digitaldruckmaschine mit geschlossenem Verdeck

Druckereien einen enormen Bedarf für diese Maschinentechnik ausgelöst.

Wie immer bei solchen Neuentwicklun-gen haben sich manche Hersteller auf dem internationalen Markt etabliert, de-ren Entwicklungsabteilungen ihren Fokus nicht in erster Linie auf die einschlägigen Sicherheitsvorschriften richten. Bevor Be-triebsmittel in Verkehr gebracht werden dürfen, müssen Hersteller laut EU-Ma-schinenrichtlinie zwingend umfangreiche Risikobeurteilungen als Grundlage der Konformitätserklärung vornehmen. Wenn sie diese nur oberflächlich erarbeiten, erhöht sich für spätere Betreiber der Maschine häufig das Risiko von Arbeits-unfällen.

Unfall mit schweren Folgen An einer drei Jahre alten Digitaldruck- maschine verletzte sich ein Servicemitar-beiter gravierend an beiden Händen, als er eine Störung beheben wollte. Einlauf-seitig der Druckmaschine wird das Textil-gut über eine Breithalterwelle auf eine Druckdecke gelegt und mittels einer Druckwalze faltenfrei eingeführt. Um ein sauberes, verzugsfreies Druckbild zu erhalten, muss die Druckdecke einen durchgehend homogenen Klebstofffilm aufweisen. Am Ablauf passiert die Druck-decke ein Waschbad. Bei ungünstigen Verfahrensparametern (z. B. Temperatur oder Geschwindigkeit) verbleibt Rest-feuchte auf dem Klebstofffilm – trotz vorgeschalteter Trocknungswalze, im be-trieblichen Sprachgebrauch als „Polizei-walze“ bezeichnet. Das kann das Druckbild einzelner Waren qualitativ mindern.

Um derartige Störungen zu beseitigen, ruft die Beschäftigte an der Maschine das in-nerbetriebliche Servicepersonal – so auch am Unfalltag. Ein Servicemitarbeiter kam hinzu, konnte aber die Feuchtigkeit auf dem Klebstofffilm nur schwer optisch er-kennen und wollte daher die Druckdecke haptisch abtasten. Das war aber nur bei geöffneter Sicherheitsverdeckung mög-lich. Dabei geriet der Servicemitarbeiter mit beiden Händen in die Einzugsstelle zwischen pneumatisch beauflagter Druck-walze und Druckdecke. Seine Kollegin, die die Maschine bedient, reagierte instinktiv richtig, indem sie nicht den Not-Halt aus-löste, sondern den Rückwärtslauf der Ma-schine. Damit konnten die eingeklemmten Hände schnell befreit und mittels Erste- Hilfe-Maßnahmen sofort versorgt werden, bis der Rettungsdienst eintraf. Hätte die

Beschäftigte die Not-Halt-Befehlseinrich-tung betätigt, wäre der Verletzte bis zum Ausbau der Druckwalze eingeklemmt geblieben.

Analyse der Unfallursachen Die Unfalluntersuchung zeigte, dass so-wohl eine oberflächliche Risikobeurtei-lung des Maschinenherstellers als auch missachtete Anforderungen an das sicher-heitsgerechte Verhalten bei Störungsbe-hebungen ursächlich für die schweren Handverletzungen waren. Während des Normalbetriebes kann nicht in diese Gefahrstelle eingegriffen werden: Eine bewegliche trennende Schutzeinrichtung mit Verriegelung sichert die Einzugsstelle. Die Druckwalze selbst ist nicht angetrie-ben. Es gibt aber eine Lücke im Sicher-heitskonzept: Die Maschine hat einen Betriebsmodus, um den Klebstofffilm auf die Druckdecke aufzutragen, den glue application mode (kurz: „gam“). Dabei muss die Druckwalze ausgebaut und mit einer Rakel für den Klebstoffauftrag er-setzt werden. Weil die Rakel mehr Platz als die Druckwalze benötigt, muss im „gam“ bei offener Verdeckung gefahren werden. Dies ist sicherheitstechnisch zu-lässig, da die Rakel keine Einzugsstelle mit der Druckdecke bildet.

Allerdings erkennt das System nicht, ob Druckwalze oder Rakel eingebaut ist. So-mit lässt sich die Maschine auch mit Druckwalze im „gam“-Modus bei offenem Verdeck betreiben. Beschäftigte gaben an, dass dies immer wieder vorkam, wenn das Servicepersonal die Beschichtung der Druckdecke mit der Hand prüfen wollte. Ein Vorgehen, was jedoch nach Betriebs-

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1 Verdeckung in geschlossener Position

2 Druckwalze 3 Druckdecke 4 Umlenkwelle Druckdecke 5 Reinigerwalze 6 Warenleitwalze

Laufrichtung Druckdecke

Skizze nicht maßstabsgetreu

Einzugsstelle

Schema Unfallstelle

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anweisung und Unterweisung nicht er-laubt war (siehe unten). Auch die Servicetechniker der Herstellerfirma hät-ten den Feuchtigkeitsauftrag haptisch so geprüft – mit verheerender Vorbildwir-kung. Eine begünstigende Bedingung für den Unfall war der Kleber auf der Druck-decke. Dadurch hafteten die Hände an und der Beschäftigte konnte sie nicht mehr rechtzeitig vor der Einzugsstelle an der Druckwalze loslösen.

Riskanter Sonderbetrieb Störungsbehebung stellt einen Sonderbe-triebszustand mit erhöhtem Unfallrisiko dar. Deshalb fordert auch die Betriebssi-cherheitsverordnung seit dem Jahr 2015 im § 11 (4): „Werden bei Rüst-, Einrich-tungs- und Erprobungsarbeiten oder ver-gleichbaren Arbeiten an Arbeitsmitteln die für den Normalbetrieb getroffenen technischen Schutzmaßnahmen ganz oder teilweise außer Betrieb gesetzt oder müs-sen solche Arbeiten unter Gefährdung durch Energie durchgeführt werden, so ist die Sicherheit der Beschäftigten während der Dauer dieser Arbeiten durch andere geeignete Maßnahmen zu gewährleisten“.

Unternehmen, die Digitaldruckmaschi-nen verwenden, sind ihrerseits verpflichtet, eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen, um die betriebsspezifischen Gefahren beim Einsatz der Maschinen zu erkennen und entsprechende Maßnahmen zur Ge-

fahrenabwehr umzusetzen. Die vom Her-steller zu erstellende Risikoanalyse entbindet den Betreiber nicht von der eigenen Pflicht. Im vorliegenden Fall hatte das Unternehmen als Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung eine Betriebs- anweisung erarbeitet, die u. a. folgende Verhaltensweisen vorschreibt:

1. Maschinenteile in Bewegung nicht mit der Hand berühren

2. Sicherheitseinrichtungen keinesfalls umgehen oder unwirksam machen

3. Während Wartungs- und Reparatur- arbeiten nicht an laufenden Maschinen hantieren

Trotz Unterweisung hatte der Verletzte diese Betriebsvorschrift nicht beachtet. Neben dem technischen Mangel hat somit auch ein sicherheitswidriges Ver-halten den Unfall mit verursacht.

Fazit Neue Technologien, wie der textile Digital-druck, erfordern eine sehr detaillierte Risikobeurteilung und entsprechende Maß-nahmen beim Hersteller dieser Anlagen, um präventiv Unfälle zu vermeiden. Bei der Analyse eines schweren Unfalls an den Händen hat sich gezeigt, dass während der Maschinenentwicklung nicht alle Prozesse sicherheitstechnisch durch-dacht wurden. Technische Maßnahmen fehlten, um Störungen bei zu hoher Rest-feuchte auf der Druckdecke sicher be-

heben zu können. Zudem ließ sich eine trennende Schutzeinrichtung durch einen anderen Betriebsmodus einfach umgehen. Der Unfall wurde auch dadurch begünstigt, dass der Verletzte trotz Unterweisung sicherheitswidrig die Rest-feuchte bei geöffnetem Verdeck mit der Hand prüfte und dabei mit beiden Hän-den in die Einzugsstelle geriet. Deshalb müssen Betriebe speziell bei Maschinen mit neuer Technologie ein gezieltes Augenmerk auf die Gefährdungsbeurtei-lung für Sonderbetriebszustände, wie die Störungsbehebung, legen und strikt durchsetzen, dass Beschäftigte die Be-triebsanweisung einhalten.

Dr. Ronald Unger

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Digitaldruckmaschine mit geöffnetem Verdeck

Nachgestellte Unfallsituation

Sicherheitsmaßnahmen zur Unfallverhütung

Durch welche Maßnahmen auf Ba-sis einer detaillierten Risikoanalyse hätte der Maschinenhersteller einen solchen Unfall verhindern können?

1. Bei bestimmten Verfahrenspara-metern erhöht sich die Restfeuchte auf der Druckdecke, was zum Prozessfehler geführt hat. Offen-sichtlich reicht es in diesen Fällen nicht aus, dass eine Trocknungs-walze den Wasserfilm mecha-nisch aufnimmt. Abhilfe schaffen könnte eine zusätzliche Konvekti-onstrocknung mittels Luftdüsen während des Rücklaufes der Druck decke unter der Maschine.

2. Im Betriebsmodus „gam“ lässt sich mit geöffnetem Sicherheits-verdeck auch bei montierter Druckwalze arbeiten, womit ein hohes Risiko einhergeht, dass die Hände eingezogen werden. Ein Sensor, der die Druckwalze in Betriebsstellung erkennt, müsste schaltungstechnisch mit der Verriegelung der bestehenden Schutzeinrichtung gekoppelt werden. Eine entsprechende Programmierung könnte dafür sorgen, dass die Maschine auch im „gam“-Modus nicht bei geöff-netem Verdeck und gleichzeitig eingebauter Druckwalze gefah-ren werden kann.

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Erste Hilfe bei Verbrühung

Kühlen mit Bedacht Intensives Kühlen galt bei Verbrü-hungen in der Textilveredlung lange Zeit als wichtigste Sofortmaßnahme. Aktuelle Empfehlungen in der Ersten Hilfe gehen jedoch weiter.

Abspülen und kühlen ja, aber wohlüberlegt

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Es passiert ohne Vorwarnung: ein überlaufender Behälter, ein abge-

sprungener Schlauch, ein versehentlich geöffnetes Absperrventil oder gar ein Sie-deverzug. Um schnell Erste Hilfe leisten zu können, müssen Betriebe, in denen ein Verbrühungsrisiko besteht, Vorkeh-rungen treffen.

Diese Vorkehrungen bestehen in der Regel darin, Notduschen und sterile Abdecktücher (zusätzlich zur Standard-

ausstattung des Verbandkastens nach DIN 13157 oder DIN 13169) bereitzuhalten sowie Beschäftigte und Ersthelfer ent-sprechend zu unterweisen. Der Betriebs-arzt ist vorrangiger Ansprechpartner, um diese Maßnahmen abzustimmen. Nähere Hinweise für Ersthelfer enthält die neue DGUV Information „Handbuch der Ersten Hilfe“ (Bestellinformation siehe info).

Bei Verbrühungen hängt das Ausmaß einer Verletzung von der Art des heißen

Stoffes, seiner Temperatur und Einwir-kungsdauer ab. Siedendes Wasser hat z. B. eine Temperatur von etwa 100 °C, aber schon über 50 °C heißes Wasser schädigt die Haut. Martin Steiner

→ info DGUV Information 204-007: „Handbuch der Ersten Hilfe“, erhältlich im Medienshop (auch als PDF): www.bgetem.de, Webcode 11205644

Wie soll bei Verbrühungen Erste Hilfe geleistet werden?

Um einen zusätzlichen thermischen Schaden durch Hitzespeicher zu ver-hindern, verbrühte Kleidung möglichst rasch, aber vorsichtig entfernen.

Sofortiges Kühlen dient als kurzfristige schmerzlindernde Maßnahme, bis der Rettungsdienst eintrifft (in Deutschland nach etwa zehn bis fünfzehn Minuten).

Zum Kühlen ausschließlich Wasser in Trinkwasserqualität nutzen.

Das Wasser darf wegen Unterkühlungs- gefahr nicht zu kalt sein (Raum- temperatur oder leicht temperiert). Gegebenenfalls technische Möglich-keiten prüfen, um temperiertes Wasser an den Notduschen bereitzuhalten. Großflächige Verbrühungen mit mehr als fünf Prozent der Körperoberfläche (entspricht etwa der Oberfläche eines Unterarms) nicht kühlen.

Um Prozesschemikalien zu entfernen, kann ein großflächiges und gründli-ches Abspülen mit Wasser dennoch erforderlich sein. Bei Kältezeichen (Äußerung der/des Verletzten, Bibbern als Schutzreflex) die Kühlung sofort beenden.

Nach dem unmittelbaren Ablöschen oder Abspülen (um eine Gewebe- schädigung oder Kontamination zu verhindern) dient Kühlen mit Lei- tungswasser ausschließlich dazu, den Schmerz zu bekämpfen. Es sollte aus diesem Grund bei bewusstlosen Patienten wegen drohender Aus- kühlung nicht fortgesetzt werden. Nach der Wasserbehandlung die verbrühten Flächen mit sterilen Tüchern aus dem Verbandkasten bedecken.

Die betroffene Person zum Erhalt der Körperwärme mit der Rettungsdecke zudecken (Silberseite innen). Brandblasen keinesfalls öffnen, Infektionsgefahr! Bei größeren Verbrühungen keine äußerliche Behandlung durch betrieb-liche Ersthelfer (keine Wunddesinfek-tion, keine Salbe, keine Hausmittel)! Die medizinische Behandlung ist Aufgabe des Rettungsdienstes bzw. des Notarztes. Bei großflächigen Verbrühungen von über fünf Prozent der geschädigten Körperoberfläche sind Atem- und Kreislaufstörungen möglich. Patienten in diesem Fall ständig betreuen und beobachten, bis der Rettungsdienst eintrifft.

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Altersgerechtes Arbeiten

Mit der Zeit denken Unternehmen im Spannungsfeld zwischen zunehmendem Alter ihrer Beschäftigten und sich ändernden Arbeitsanforderungen: Damit sich dies für beide Seiten positiv auswirkt, sind eine langfristige Personalplanung und ein konsequenter Gesund-heitsschutz nötig, sagt der Arbeitsschutzexperte Prof. Heinrich Geissler.

 Menschen verändern sich im Verlauf ihres Lebens – körperlich, geistig,

psychisch und sozial. Das umfasst die ganze Bandbreite der Persönlichkeit: von der Zunahme beruflicher Routine und Sozi-alkompetenz bis zu einer verringerten kör-perlichen Leistungsfähigkeit. Gleichzeitig verändern sich Tätigkeitsanforderungen, z. B. durch den Einsatz neuer Techniken, bei der Entwicklung neuer Produkte oder Dienstleistungen, bei Modifikationen der Ablauforganisation etc. „etem“ hat dazu den international renommierten Experten und Unternehmensberater Prof. Heinrich Geissler befragt.

? Was verändert sich im Altersprozess so, dass es für die Beschäftigten kritisch werden kann?

Prof. Heinrich Geissler: Ich sehe vier Aspekte: Erstens körperlich belastende Tätigkeiten, wie schwere körperliche Ar-beit, Heben und Tragen von Lasten, Zwangshaltungen oder auch kurzzyklische Tätigkeiten. Denn trotz sportlichem Trai-ning verringert sich die körperliche Leis-tungsfähigkeit eines Menschen. Zweitens die zeitlichen Dimensionen der Arbeit: Wechsel- und vor allem Nachtschichtar-beit, eine hohe Zahl von regelmäßigen Überstunden und Urlaubsrückstände, ins-besondere bei Älteren. Drittens die psy-chischen Belastungen: Hier sind es vor allem der Zeitdruck oder hohe bzw. starre Leistungsvorgaben. Und viertens belas-tende Umgebungsbedingungen: Denn mit dem Alter wird Umgebungslärm belasten-der, weil wir schlechter hören. Aber auch

unsere Hitze- und Kälteverträglichkeit nimmt ab und wir brauchen mehr Licht, weil sich unsere Sehfähigkeit verändert.

? Die Digitalisierung der Arbeit schrei-tet weiter und schneller fort. Wie sieht es mit der Lernfähigkeit Älterer aus? Ich unterscheide zwei Dimensionen: die Lernfähigkeit und die Lerngeschwindig-keit. Nur die Lerngeschwindigkeit nimmt ab. Wenn es um neue IT-Programme geht, ist es nicht sinnvoll, unterschiedliche Al-tersgruppen zusammen zu unterrichten, weil die Älteren langsamer sind.

Wenn es um EDV geht, dann wäre ab 50 Jahren Einzelunterricht angesagt, weil wir mit dem Alter zunehmend individuellere Lernmuster haben. Wenn es allerdings um die Weitergabe von Erfahrungswissen

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Das Altern verändert unsere Persönlichkeit: Die Sozialkompetenz und Routine nehmen zu, die körperliche Leistungsfähigkeit sinkt.

geht, sollte das generationenübergrei-fend stattfinden.

? Wenn der Altersprozess so verläuft, wie Sie sagen: Ist es dann sinnvoll, dass die meisten Arbeitsanforderungen für alle Altersgruppen gleich sind? Sie sprechen ein wichtiges Problem an: Eigentlich bräuchten wir, um die Produkti-vität der unterschiedlichen Generationen voll zu nutzen, so etwas wie „mitalternde Arbeitsbedingungen“. Nicht immer wird in den Unternehmen (rechtzeitig) darauf geachtet, ob Person (individuelle Kapazi-täten im Lebensverlauf) und Arbeit gut zusammenpassen. Beides ist – in Gren-zen – beeinflussbar: Jüngere Beschäftigte brauchen Zeit und Unterstützung beim Einstieg in die Tätigkeiten, bis ein ausrei-chendes Maß an routinierter Sicherheit in der eigenständigen Ausführung der Arbei-ten gegeben ist. Bei beruflichen Entwick-lungen, z. B. anderen Tätigkeiten oder Umstiegen in andere Positionen, sind neue Herausforderungen zu bewältigen. Manche Tätigkeiten lassen sich bis zum

Renteneintritt ausführen, andere sind mit zunehmendem Alter oder mit der Dauer einer bestimmten Belastung schwierig. Dann sind rechtzeitig Entlastungen, z. B. durch Entlastungstage für Ältere oder be-rufliche Umstiege, entsprechend dem in-dividuellen Arbeitsvermögen notwendig, um einen vorzeitigen, ungeplanten Aus-stieg wie etwa Frühverrentung aufgrund von Erwerbsminderung zu vermeiden.

? Wo kann man ansetzen, was kann man tun, um die demografischen Heraus-forderungen möglichst produktiv zu be-wältigen? Ich sehe vor allem drei Ansatzpunkte:

▪ den Arbeits- und Gesundheitsschutz, ▪ die Organisations- und Personalent-wicklung und

▪ die Aufgaben der Führung im demografi-schen Wandel.

Beim Arbeits- und Gesundheitsschutz setze ich voraus, dass es eine ganzheitli-che Gefährdungsbeurteilung gibt – also unter Einbeziehung der psychischen Be-lastungen. Es ist sinnvoll, dass diese Ge-fährdungsbeurteilung auch unter Alters- gesichtspunkten erfolgt – wie dies z. B. im österreichischen Arbeitsschutz bereits vorgeschrieben ist. Darüber hinaus geht es darum, einerseits die Fähigkeit der Be-schäftigten zu erhöhen, ihre körperliche und psychische Gesundheit zu beobach-ten. Gleichzeitig sollten Unternehmen über rein korrigierende Maßnahmen hin-ausgehen und stärker auf Früherkennung setzen. Dafür gibt es Instrumente für die Präventivdienste (Arbeitsmedizin, Sicher-heitstechnik, Arbeitspsychologie), z. B. das individuelle Arbeitsbewältigungs-Coaching und die anonymisierte Auswer-tung dieser Ergebnisse für die betriebli-che Ebene (siehe „info“).

In der Organisations- und Personalent-wicklung geht es darum, über mitalternde Arbeitsbedingungen bei alterskritischen Tätigkeiten nachzudenken oder in sehr „jungen“ Bereichen, ob man in diesen Be-reichen alt werden kann. In Montage- linien zum Beispiel ist zu fragen, ob die Takte so sind, dass sie von allen Alters-gruppen leistbar sind. Dabei geht es auch darum, sich mit betrieblichen Mythen auseinanderzusetzen – beispielsweise dem, dass „die Älteren keine Bereit-schaftsdienste machen wollen“. In der Praxis hat sich etwa nach einem Gespräch mit einem Älteren herausgestellt, dass Bereitschaft bedeutet, sich nicht weiter

als 20 Kilometer vom Standort entfernen zu dürfen, aber das Sommerhaus über 100 Kilometer entfernt ist. Die Lösung wa-ren in diesem Fall Bereitschaftsdienste nicht von Montag bis Montag, sondern von Montag bis Donnerstag (unter Beteili-gung der Älteren) und Freitag bis Montag (für Personen ohne Sommerhäuschen).

Meine Erfahrung ist außerdem, dass Führungskräfte zu wenig über die Zusam-menhänge von Alter(n), Arbeit und Ge-sundheit wissen. Eine entsprechende Qualifizierung ist daher erforderlich. Da- rüber hinaus haben relativ wenige Unter-nehmen eine Altersstrukturvorschau für die nächsten fünf bis zehn Jahre. Wenn es in der Produktion auch Nachtschichten gibt, ist es wichtig zu wissen, wie sich die Altersstruktur in diesen Bereichen entwi-ckeln wird. Denn mit dem Alter steigt das Risiko für Unverträglichkeiten von Nacht-arbeit. Und: Wenn Führungskräfte ein wertschätzendes Verhalten gegenüber ih-ren Mitarbeitern zeigen, fördern sie deren Gesundheit. Denn für die Beschäftigten stellt sich die Frage so: Stärkt mir die Füh-rungskraft den Rücken? Oder sitzt sie mir im Nacken?

Fazit 1. Mit zunehmendem Alter geht es um kör-

perliche Entlastung. 2. Wir können mit zunehmendem Alter

mehr soziale, geistige und psychische Herausforderungen brauchen – mit ei-ner Ausnahme im psychischen Bereich: Zeitdruck.

3. Die individuellen Unterschiede in der Leistungsfähigkeit wachsen: Ältere sollten deshalb mehr Wahlmöglichkei-ten für die Bewältigung ihrer persönli-chen Arbeitsbelastung bekommen.

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Prof. Dr. Heinrich Geissler, Jg. 1952, ist selbstständiger Berater mit den Schwerpunkten „Gesundheitsför- dernde Führung“ und „Generationen- Management“.

→ info Eine Broschüre der von Bund, Ländern, Sozialversicherungen und Sozialpartnern getragenen Initiative Neue Qualität der Arbeit (INQA) steht zur Verfügung unter www.inqa.de, Suche „Arbeitsbewälti-gungs-Coaching“ (INQA-Bericht Nr. 38)

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Zielvereinbarungen

Da s richtige Maß finden Zielvorgaben statt Anweisungen. Das rückt ein neues Phänomen ins Blickfeld: die „interessierte Selbstge-fährdung“. Beschäftigte setzen das Erreichen der Ziele über ihre eigene Gesundheit. Als Unternehmer können Sie das beeinflussen.

Ausgangslage Innerhalb von nur zehn Jahren ist die Zahl derjenigen, die wegen einer psychischen Erkrankung in die Reha mussten oder in Rente gingen, um mehr als 40 Prozent ge-stiegen. Die Deutsche Rentenversiche-rung zählte 2015 knapp 177.000 stationäre medizinische Rehabilitationsleistungen und 173.000 neue Erwerbsminderungs-rentner wegen psychischer Störungen.

Andreas W. ist einer von ihnen. 14-Stun-den-Tage waren für den früheren Abtei-lungsleiter normal, ständige Erreichbarkeit – auch im Urlaub – gehörte dazu. Schließ-lich bekam der 58-Jährige gesundheitliche Probleme: Rückenschmerzen, Herzbe-schwerden, eine Autoimmunerkrankung. Erst eine psychosomatische Reha brachte die Wende. Hier fand W. eine Antwort dar-auf, warum er mit dem Stress nicht mehr klarkam. Und er lernte, krank machende Denk- und Verhaltensmuster zu ändern.

Wieso geraten Menschen aus der Ba-lance? Und wie kommen solche Verhal-tensmuster zustande?

Analyse Arbeitsverdichtung, Produktivitätssteige-rung, ständige Erreichbarkeit – es gibt viele Schlagworte, mit denen Veränderungen in der Arbeitswelt beschrieben werden. „Sie haben sicher alle ihre Berechtigung“, sagt Dr. Just Mields, Arbeitspsychologe bei der BG ETEM, „doch wesentliche Risikofakto-ren können wir selbst beeinflussen – vor allem als Unternehmer.“

Basierend auf Konzepten wie „Manage-ment by Objectives“ setzt sich mehr und mehr eine ergebnisorientierte Steuerung anstelle von klassischen Vorgaben durch. Beschäftigte bekommen nicht länger die Anweisung, eine einzelne Aufgabe zu er-füllen. Sie sollen vielmehr ein bestimmtes Ziel erreichen – und das gilt bei Weitem nicht nur für Führungskräfte.

Die Idee dahinter ist einleuchtend: Wer eigenverantwortlich entscheiden kann, wie er sein Ziel erreicht, ist motivierter und arbeitet letztlich effizienter. Davon profitie-ren sowohl das Unternehmen – durch ge-ringeren Kontrollaufwand – als auch die Beschäftigten. Sie sind zufriedener, fühlen sich weniger unterfordert und lernen durch die Eigeninitiative stärker hinzu.

Doch es gibt auch eine Kehrseite. Ar-beitspsychologen weisen darauf hin, dass eine ergebnisorientierte Steuerung auch Risiken für die Beschäftigten birgt – beson-ders wenn sie mit geringen Handlungs- und Entscheidungsspielräumen zusam-menfällt. Arbeiten zu müssen wie ein Selbstständiger, aber nicht über dessen Freiräume zu verfügen, stellt eine Belas-tung dar, die viele Menschen aus der Ba-lance bringt. Sich verantwortlich zu fühlen, ohne tatsächlich Einfluss zu haben, wird als Ohnmacht erlebt. Auf lange Sicht führt es nicht selten zu körperlichen oder psy-chischen Beeinträchtigungen.

„Ein weiterer Risikofaktor besteht da-rin, dass eine erbrachte Leistung allein nicht mehr ausreicht, Anerkennung zu fin-

den“, erklärt Dr. Just Mields. „Manche er-leben das als Kränkung und haben das Gefühl, in ein Loch zu fallen – insbeson-dere dann, wenn sie alles getan haben, um das Ziel zu erreichen.“

Wissenschaftler sprechen davon, dass auf diese Weise „die Leistungsdynamik von Selbstständigen in unselbstständige Beschäftigungsverhältnisse“ importiert werde (Klaus Peters: Indirekte Steuerung und interessierte Selbstgefährdung, 2011). Zu den Folgen kann auch gehören, dass abhängig Beschäftigte um des Erfolgs wil-len ähnlich wie manche Selbstständige zur Selbstausbeutung neigen. „Das Errei-chen von Zielen wird dann über den Erhalt der eigenen Gesundheit gesetzt“, so Mields. Im Extremfall verinnerlichen Be-schäftigte ihre Ziele auch ohne direkten Druck ihrer Vorgesetzten so, dass sie Pro-zessvorgaben und Regeln missachten, um ihren Erfolg nicht zu gefährden.

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Die Zunahme psychischer Belastungen auch aufgrund ergebnisorientierter Ziel-vorgaben heißt nicht, dass Zielvereinba-rungen grundsätzlich gesundheitsgefähr- dend sind. Im Gegenteil: Wenn sie gut vereinbart wurden und Handlungsspiel-räume eröffnen, wirken sie sich positiv aus – sowohl für die Beschäftigten wie für das Unternehmen.

Maßnahmen Unternehmen haben ein Interesse am Er-halt der Gesundheit ihrer Beschäftigten. Gut gestaltete Zielvereinbarungen können dazu beitragen. „Entscheidend ist“, so Mields, „dass Ziele in einem konstrukti-ven Dialog auf Augenhöhe formuliert wer-den und auch die persönlichen Ziele der Beschäftigten berücksichtigen.“ Es liegt also in der Verantwortung des Unterneh-mers, Ziele so zu gestalten, dass sie ihre positive Wirkung entfalten können.

Es kommt dabei weniger auf die konkre-ten Ziele an, sondern darauf, ob der Ziel-vereinbarungsprozess als fair erlebt wird. Das erfordert ausreichend Handlungs-spielraum für die Beschäftigten, qualifi-zierte Führungskräfte und die Bereitschaft, sich auf allen Führungsebe-nen flexibel auf Veränderungen einzustel-len – durch Ressourcensteuerung oder die Anpassung der Zielvorgaben.

Ausgangspunkt sind die übergeordne-ten Ziele des Unternehmens und eine fun-dierte Einschätzung, welcher Beitrag von dem Mitarbeiter erwartet wird und was unter Normalbedingungen erreichbar ist. Aber auch Entwicklungsziele und -Chan-cen dürfen Teil der Vereinbarung sein. Die Ziele sollten von Zeit zu Zeit angepasst werden, etwa wenn ein verändertes Markt- umfeld bisherige Vorgaben infrage stellt.

Dazu Mields: „Auf diese Weise können Unternehmerinnen und Unternehmer

auch unrealistische Zielvorschläge von Beschäftigten, Teams oder Vorgesetzten rechtzeitig auf ein vernünftiges Maß stut-zen – und so den langfristigen Unterneh-menserfolg sichern.“

Mit einer entsprechenden Betriebsver-einbarung kann der Weg dazu geebnet werden.

Darüber hinaus können Unternehmer gesundheitsgefährdenden Tendenzen ge-gensteuern, indem eine gesundheitsför-derliche Kultur aufgebaut wird. In der kann man ohne Ansehensverlust zu seinem Chef gehen und sagen, dass man eine Auf-gabe nicht bewältigt. Die Führungskräfte fragen nach, wie sie unterstützen können. Probleme und Fehler werden offen ange-sprochen und es wird nicht nach Schuldi-gen, sondern nach Lösungen gesucht.

Schließlich sind Unternehmerinnen und Unternehmer selbst Vorbild, indem sie ihrer Gesundheit Vorrang einräumen.

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Lösungsworkshop psychische Belastung

Mit Leichtigkeit zum Ziel Ein Workshop zur psychischen Belastung in einem niederrheinischen Unternehmen zeigt, wie ein konstruktiver Austausch mit Beschäftigten gelingt.

Workshop-Moderatorin Kathrin Lübbering stellt die Ergebnisse der Online-Befragung vor.

 Die Beurteilung der psychischen Be- lastung bietet Betrieben die Chance,

Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Produktivität zu steigern. Häufig helfen schon einfache Maßnahmen, um stress-freier arbeiten zu können, etwa transpa-rente Kommunikationswege, ergonomische Arbeitsmittel oder klare Kompetenzen- und Aufgabenverteilung. Am einfachsten ge-

langen Unternehmen zum Ziel, wenn sie die Beschäftigten nach ihren Ideen fragen.

Die BG ETEM hilft mit ihrem Programm „Gemeinsam zu gesunden Arbeitsbedin-gungen“, den Wissensschatz im Betrieb zu heben. Seit Anfang des Jahres bietet sie Mitgliedsbetrieben eine Onlineplatt-form, die in sieben Schritten durch die Beurteilung der psychischen Belas-

tung führt (siehe info). Im Zentrum des Programms steht der Dialog mit den Be-schäftigten. So zeigt eine Online-Befra-gung, wo der größte Handlungsbedarf ist. Darauf folgt ein Lösungsworkshop, um gezielt Maßnahmen zu finden, die später Verantwortliche nur noch umzuset-zen brauchen. Wirksamkeitskontrolle und Dokumentation runden den Prozess ab. Dr. Just Mields, Arbeitspsychologe bei der BG ETEM, erläutert: „Für den Erfolg ist die Gestaltung des Prozesses entscheidend. Daher haben wir besonderen Wert auf eine gut nachvollziehbare Handlungs- anleitung gelegt.“

Wo drückt der Schuh? Die PINTSCH BAMAG Antriebs- und Ver-kehrstechnik GmbH hat sich genau dieses Werkzeug zunutze gemacht. Das Unternehmen aus Dinslaken produziert mit rund 230 Beschäftigten sicherheits- relevante Produkte für die Bahninfra-struktur und legt traditionell großen Wert auf sichere und gesunde Arbeit. Schon die Online-Befragung rief im Betrieb ein positives Echo hervor, viele beteiligten sich. Daran knüpften Workshops für verschiedene Bereiche an, unter anderem für die Logistik, wo sich schnell elf Frei- willige fanden. Personalreferentin Kathrin Lübbering entschied, selbst zu moderieren.

Zu Beginn des vierstündigen Work-shops macht sie deutlich: „Es geht um Ihre Arbeitssituationen. Was macht Stress? Was macht Druck? Wir wollen unsere Arbeitsbedingungen gemeinsam verbessern.“ Die Teilnehmer können ganz offen sprechen, ihr Vorgesetzter ist nicht anwesend. Was sie ihm später mitteilen

Die Gruppe diskutiert verschiedene Lösungsansätze.

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wollen, werden sie am Ende des Work-shops vereinbaren.

Blick fürs Detail Die Online-Befragung hat bereits ver-schiedene Belastungsfaktoren offenbart. Kathrin Lübbering stellt die Ergebnisse am Flipchart vor. Nun geht es darum, zu bewerten, wo der Schuh am meisten drückt. „Was sagen Sie zu dem Ergebnis? Was ist positiv? Wo muss Ihrer Meinung nach genauer hingeschaut werden?“ Immerhin liegt keiner der genannten Faktoren im „roten Bereich“, aber die Teilnehmer sehen an einigen Stellen durchaus Handlungsbedarf. Um Schwer-punkte zu setzen, bekommt jeder vier Klebepunkte, mit denen er die wichtigs-ten Themen markieren soll. So zeichnen sich drei Schwerpunkte ab: Information und Mitsprache, passende mengen-mäßige Arbeit und persönliche Entwick-lungsmöglichkeiten.

Jetzt soll es konkret werden: Dazu sucht die Gruppe zunächst geeignete Situatio-nen, in denen die Schwerpunktthemen ins Gewicht fallen. Jeder soll mindestens eine typische Situation auf eine Modera- tionskarte schreiben. Kathrin Lübbering klebt die Beschreibungen für alle gut sichtbar an Pinnwände.

Auf Lösungssuche Um herauszufinden, wie sich die Pro-bleme lösen lassen, schließen sich die Teilnehmer zu Kleingruppen von je drei bis vier Personen zusammen. Jede Gruppe nimmt sich einen Fall vor, den sie anhand

von drei Leitfragen untersucht. Die jewei-ligen Antworten sollen auf farblich unter-schiedlichen Karten notiert werden:

Gelb bedeutet: Was kann ich selbst (als Mitarbeiter) tun?

Rot steht für: Was kann unser Team tun?▪

Blau heißt: Was kann die Führung tun? ▪

Währenddessen hört Kathrin Lübbering immer wieder kurz in die verschiedenen Diskussionsrunden hinein und ist für Fra-

gen ansprechbar. Nach einer dreiviertel Stunde sind die Pinnwände voll mit Ideen. Nun kommen alle wieder zusammen, um gemeinsam die Vorschläge zu bewerten. Ein Teilnehmer aus jeder Gruppe präsen-tiert, was erarbeitet wurde. Die anderen haben Gelegenheit, Fragen zu stellen. Kurze Diskussionen schließen sich an.

Wie geht es weiter? Alle sind am Ende überzeugt, zusammen genau die Ideen herausgefiltert zu haben, die der Betrieb am dringendsten braucht. Im Zentrum stehen konkrete Vorschläge, wie sich Informationswege verbessern und Beschäftigte intensiver beteiligen lassen. Die Gruppe beschließt, dass drei

Teilnehmer die Lösungsideen dem Vor- gesetzten vorstellen. „Woran wird man er-kennen, dass die Umsetzung einer Idee erfolgreich war?“, will Kathrin Lübbering zum Abschluss wissen. Das möchten die Beschäftigten gemeinsam mit dem Vorgesetzten beraten. Sie sprechen sich dafür aus, den Lösungsworkshop in der gleichen Form nach einem Jahr erneut durchzuführen. Zum Einstieg wollen sie dann über Wirkung und Erfolg der vorge-schlagenen Maßnahmen diskutieren.

→ info Mehr zum Programm „Gemeinsam zu gesunden Arbeitsbedingungen“ unter www.bgetem.de, Webcode 16159180

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„Alle intensiv einbeziehen“ Personalreferentin Kathrin Lübbering hat einen Lösungsworkshop moderiert und zieht Bilanz.

Warum hat sich Ihr Unternehmen für die Kombination von Fragebogen und Lösungsworkshop entschieden? Bei Fragestellungen rund um psychi-sche Belastung ist es besonders wichtig, die Beschäftigten intensiv einzubeziehen. So fühlt sich jeder angesprochen und kann sich beteili-gen. Durch den Fragebogen sind die Problemschwerpunkte schon be- kannt, was die Arbeit im Workshop erleichtert.

Welche Lösungen wurden bereits umgesetzt? Im Logistikbereich ist eine wöchentli-che Abteilungsbesprechung eingeführt worden. Die sorgt jetzt für besseren Informationsaustausch unter den Kollegen.

Wie sieht die Wirksamkeitskontrolle aus? Es wird eine weitere Besprechung mit voraussichtlich drei Mitarbeitern aus dem Workshop, ihrem Vorgesetzten und mir als Moderatorin geben, um dem-nächst die Ergebnisse zu bewerten.

Welchen Tipp würden Sie künftigen Moderatoren von Lösungsworkshops geben? Wesentlich ist, dass die Beschäftigten im Workshop problematische Situatio-nen ganz konkret schildern. Genau das fällt vielen schwer. Wenn es zu allgemein bleibt, können Vorgesetzte später nicht richtig nachvollziehen, was gemeint ist. Da müssen Modera-torinnen und Moderatoren am Ball bleiben und immer nachhaken.

Und als Fazit: Wie bewerten Sie die neue Online-Plattform „Gemeinsam zu gesunden Arbeitsbedingungen“ der BG ETEM? Mit der Handlungshilfe der BG ETEM haben wir einen guten und praxis- tauglichen Ansatz zur Beurteilung psychischer Belastungen gefunden. Das hat uns die Arbeit wirklich er-leichtert. Auch die Zusammenarbeit mit der Berufsgenossenschaft hat sehr gut geklappt, wir haben viele hilfreiche Tipps für die Umsetzung des Workshops erhalten.

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Beitragsbescheid für 2016

Vorschüsse un d Nachlässe Im Juli dieses Jahres erhal-ten alle Mitgliedsunter-nehmen der BG ETEM den Beitragsbescheid für das Jahr 2016.

Im Beitragsbescheid kommen Arbeitsentgelt, Gefahrklasse und andere Faktoren zusammen. Lesen Sie, was sie im Einzelnen bedeuten.

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 Die Versicherungsbeiträge für Unter-nehmerinnen und Unternehmer wer-

den wie im vergangenen Jahr auch mit separatem Beitragsbescheid erhoben. Hierzu einige Erläuterungen.

Arbeitsentgelt Hierunter sind die Bruttoarbeitsentgelte aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ei-nes Unternehmens zu verstehen. Sie wer-den den einzelnen Gefahrtarifstellen zu-geordnet.

Gefahrtarifstelle Gefahrtarifstellen bezeichnen Bereiche mit unterschiedlichem Gefährdungspotenzial und damit unterschiedlichen Gefahrklas-sen. Bereiche mit ähnlicher Gefährdung werden in einer Gefahrtarifstelle zusam-mengefasst.

Gefahrklasse Die Gefahrklasse spiegelt den Grad der Unfallgefahr in dem jeweiligen Bereich (Gefahrtarifstelle) wider. Sie wird zur Be-rechnung des Beitrages herangezogen.

Umlageziffer Die Umlageziff er ist der rechnerische Bei-tragssatz, der in der Gefahrklasse 1 pro 1,00 Euro Arbeitsentgelt zu zahlen ist. Sie errechnet sich aus dem Verhältnis des Umlagebedarfs (Ausgaben abzüglich Ein-nahmen) zu den gesamten Arbeitsentgel-ten aller Gewerbezweige.

Beitragsnachlass Lohn für erfolgreiche Prävention: Unter-nehmen erhalten grundsätzlich einen Nachlass von 18 Prozent – es sei denn, es sind Unfallkosten entstanden. Nicht mel-depflichtige Unfälle, Unfälle infolge alleini-gen Drittverschuldens oder höherer Gewalt sowie Wegeunfälle bleiben bei der Ermitt-lung der Eigenbelastung unberücksichtigt.

Lastenverteilung Die Lastenverteilung gleicht gezielt durch den Strukturwandel bedingte Beitragsun-terschiede zwischen den Berufsgenos-

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senschaft en aus. Ein Teil dieser Lasten trägt die Berufsgenossenschaft selbst, ein Teil wird solidarisch auf alle Berufsge-nossenschaft en verteilt.

Vorschüsse Bisher gezahlte Vorschüsse – sowohl frei-willig gezahlte Vorschüsse auf den Beitrag 2016 als auch mit Bescheid angeforderte Vorschüsse – werden berücksichtigt und in Abzug gebracht.

Fälligkeit Beiträge zur Berufsgenossenschaft sind immer am 15. des Monats fällig, der der Bekanntgabe des Beitragsbescheides folgt. Das schreibt das Sozialgesetzbuch vor. Die Beitragsbescheide werden vor-aussichtlich Anfang Juli versandt. Fällig wird der Beitrag am 15.08.2017. Für ver-spätet gezahlte Beiträge fallen Säumnis-zuschläge (ein Prozent für jeden angefan-genen Monat) an. Um mögliche Säumnis-

zuschläge zu vermeiden, besteht die Möglichkeit, am Lastschrift verfahren teil-zunehmen. Vordrucke gibt es unter www. bgetem.de, Webcode 11647050.

Freiwillige Versicherung/ Unternehmerpflichtversicherung Auch für 2016 erhalten versicherte Unter-nehmerinnen und Unternehmer einen se-paraten Beitragsbescheid. Die Abrechnung erfolgt getrennt von den Beiträgen der Arbeitnehmer. Bitte sorgen Sie dafür, dass auch diese Beiträge unter Angabe des Zei-chens für Ihre Versicherung sowie der Rechnungsnummer fristgerecht bis zum Fälligkeitstermin gezahlt werden.

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→ info www.bgetem.de Webcode: 11197352 Weitere Informationen zum Beitrags-bescheid

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Die Höhe der Beiträge richtet sich nach den Ausgaben des Vor-jahres – zum Beispiel für Reha-Maßnahmen nach Arbeitsunfällen.

Impressum etem – Magazin für Prävention, Rehabilitation und Entschädigung. Herausgeber: Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse, Gustav-Heinemann-Ufer 130, 50968 Köln, Tel.: 0221 3778-0, Telefax: 0221 3778-1199, E-Mail: [email protected]. Für den Inhalt verantwortlich: Olaf Petermann, Vorsitzender der Geschäft sführung. Redaktion: Christoph Nocker (BG ETEM), Stefan Thissen (wdv Gesellschaft für Medien & Kommunikation mbH & Co. OHG, Dieselstraße 36, 63071 Off enbach). Tel.: 0221 3778-1010, E-Mail: [email protected]. Bildredaktion: Theresa Rundel (wdv); Gestaltung: Jochen Merget (wdv). Druck: Vogel Druck und Medien-service GmbH. etem erscheint sechsmal jährlich (jeden zweiten Monat). Der Bezugspreis ist durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten. Gedruckt auf umweltfreundlichem, chlorfreien Papier. Titelbild: Getty Images/Cultura RF/Manuel Sulzer. Leserservice (Adress- oder Stückzahländerung): Tel. 0221 3778-1070, E-Mail: [email protected].

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Page 32: MitHelm? Aber her! ics - BG ETEM

Radfahrer zahlen bei Verkehrsunfällen mit ihren Knochen oder sogar dem Leben. Darum ist konzentriertes, vorausschauendes Fahren ohne Ablenkungen, wie Handy oder Musik, extrem wichtig. Defensives Fahren – mit Helm und gut sichtbar – dient dem Selbstschutz, da man gegenüber Kraftfahrzeugen immer der Schwächere ist.

FÜR ANDERE MITDENKEN, VORAUSSCHAUEND FAHREN!

Bewusst lenken statt ablenken

383 tödliche Fahrradunfälle in 2015

DU

BESTIMMST

DAS RISIKO!

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