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mm Als gewaltige Sturmfluten die Küsten der Nordsee verwüsteten und den dortigen Lebensraum einengten, brachen Kimbern, Teutonen und Ambronen in südliche Gefilde auf. Auf ihrem Marsch in eine vermeintlich lebensfreundlichere Zukunft stießen sie in das römisch besetzte Reich der keltischen Noriker vor - und mit den Römern zusammen, denen sie 101 v. Chr. bei Vercellae schließlich unterlagen. War es nur ihre Suche nac Siedlungsraum oder wollten die Germanen andere Völker unterwerfen?

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Als gewaltige Sturmfluten die Küsten der Nordsee verwüsteten und den dortigen Lebensraum einengten, brachen Kimbern, Teutonen und Ambronen in südliche Gefilde auf. Auf ihrem Marsch in eine vermeintlich lebensfreundlichere Zukunft stießen sie in das römisch besetzte Reich der keltischen Noriker vor - und mit den Römern zusammen, denen sie 101 v. Chr. bei Vercellae schließlich unterlagen. War es nur ihre Suche nac Siedlungsraum oder wollten die Germanen andere Völker unterwerfen?

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ich neuem Land?* M — — ^

121 v. Chr.Die Gründung Roms liegt be­reits 600 Jahre zurück, 400 Jahre davon als Republik. Se­nat und Volk sind zufrieden mit dem Erreichten, nein, stolz: Gefährliche Konkurren­ten wie die Etrusker oder Kar­thago wurden überwunden oder ausgerottet, die iberi­schen Stämme „pazifiziert“,

Korinth zerstört, Makedonien unterworfen und Pergamon an der kleinasiatischen Küste beerbt.

Überhaupt beherrscht Rom fast alle Küstenstreifen um das Mittelmeer. In Rom be­ginnt sich allenthalben das Flair des Imperialen auszu­breiten. Kurz: Man schickt sich an, Hegemon der bekann­ten Welt zu werden.

Von derartigen Perspekti­ven waren hingegen die Völ­ker, die im hohen Norden Eu­ropas siedelten, weit entfernt. Die Lebensbedingungen wa­ren hart in Jütland, an der dä­nischen Nordseeküste.

Durch tektonisch bedingtes Absinken des Landes hatte sich auch der Meeresspiegel verändert, das Meer große Teile des Festlands über-

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LANDVERLUSTE AN DER NORDSEEKUSTEHARUDER

Vermutliche Küstenlinienr : I vor Beginn der SenkungÍ..........; 1000 vor Christusà 1500 vor ChristusI I frühhistorisch t ] heutige Küste

Stämmen: Kimbern, Teutonen und Ambronen - so berichten es jedenfalls antike Histori­ker.

Ein schier unüberschauba­rer Treck rumpelte auf der Bernsteinstraße in Richtung Alpen, quer durch den Herky- nischen Wald, einer bewal­deten Mittelgebirgszone, die vom heutigen Schwarzwald bis zu den Karpaten reichte, eine Art Urwald, durch den sich wenige gefährliche Rou­ten schlängelten.

Noch zwei Generationen später berichtet Cäsar in einer Mischung aus wohligem

Schauer und Abscheu, welche gigantesken Tiere - Elche ohne Kniegelenke, meterhohe Hirsche, blutrünstige Eber - hier ihr Unwesen treiben wür­den. Rom grauste es vor sol­cher Urwüchsigkeit.

Zu dieser lichtlosen, ewig nebelverhangenen Welt, die ein Abbild der Unterwelt zu sein schien, passte das fremd­artige Aussehen der hier hau­senden Menschen: baumgroß, blaue Augen, blonde Haare, die zu allerlei aberwitzigen Frisuren geflochten, geknotet und gewunden wurden. Wil­de, deren Sprache rau und

Durch die Sturmflut um 120 v. Chr. wurden Tausende von Gehöften vernichtet und große Gebiete von Marsch und Geest mit fruchtbarem Acker- und Weideland überflutet. Mehr als 20.000 Menschen drängten sich flüchtend in den ohnehin schon dicht bevölkerten Geestdörfern ^

schwemmt und Sturmfluten Dörfer vernichtet. Ausbleiben­de Ernten aber bedeuteten Hunger. Während niemand in Rom Gedanken an die Le­bensbedingung irgendwel­cher Barbaren am Rand der Welt verschwendete, keimte in den Nordmenschen mehr und mehr die Idee, südwärts zu ziehen.

Sie wollten dorthin, wo die goldenen Kessel der Prieste- rinnen gefertigt wurden, das prunkvolle Geschirr der Häuptlinge, die edlen Waffen der Krieger. Steinerne Häuser sollte es dort geben, ganze Ansiedlungen - unüberschau­bar groß.

Kimbern, Teutonen und Ambronen

ziehen südwärts

Tatsächlich befragte man die Götter, stritt, diskutierte und entwarf den Plan, im Süden im Tausch für seine Waffen­kraft ein besseres Leben in ei­nem besseren Land beginnen zu können. Viele blieben zu­rück, viele brachen auf. Rund10.000 Menschen aus drei

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kehlig klang und deren Schlachtgeschrei eher dem Gebrüll von Tieren glich als dem menschlicher Wesen.

Im Kampf waren diese Bar­baren tapfer, sogar tollkühn, voll ungezähmter Wildheit; unbeschreiblich faul jedoch im Müßiggang und zimperlich im Fall von Krankheit. Rom dankte seinen weit gereisten Geografen, die eine so offen­kundige Regel formuliert hat­ten: Je weiter aus dem Nor­den, desto größer und roher. Der „vir vere romanus“ er­schauerte.

Dass es Migranten schwer haben, mussten Kimbern, Teutonen und Ambronen zu ihrem Leidwesen schon bald erfahren. Als sie das Gebiet der Boier erreichten, dachten diese nicht im Entferntesten daran, den Neuankömmlingen auch nur einen Fußbreit zu überlassen.

Grund: Sie waren auf der Suche nach angemessenem Siedlungsraum selbst lange genug umhergezogen. Ergeb­nislosen Verhandlungen folg­ten genauso ergebnislose Kämpfe. Man entschloss sich weiterzuziehen.

Germanenfierreichen römisches

Einflussgebiet

Schließlich erreichte der Zug die Ostalpen, das Gebiet des heutigen Kärnten, damals der Siedlungsbereich der Noriker, einem keltischen Stamm. Nun hatten die nordischen Aus­wanderer ein Problem, denn sie zählten seit 170 v. Chr. zu den Freunden Roms. Und so zögerten die Noriker keinen Moment, die befreundete Großmacht zu Hilfe zu rufen.

Rom gab dem Gesuch um­gehend statt. Die Züge der Wilden aus dem Norden wa­ren dem Senat bislang gleich­gültig gewesen, doch jetzt drängte sich eine äußerst un­liebsame Erinnerung auf: die an den Gallier-Überfall des Brennus nämlich, dessen Hor-

Ipse eorum opinionibus accedo, qui Germaniae populos nullis aliis aliarum nationum conubiis infectos propriam et sinceram et tantum sui similem gentem extitisse arbitrantur. unde habitus quoque corporum, tamquam in tanto hominum numero, idem omnibus: truces et caerulei oculi, ruti- lae comae, magna corpora et tantum ad impetum valida, laboris atque operum non eadem patientia, minimeque sitim aestumque tolerare, frigora atque inediam caelo soloue adsueverunt.Aus Tacitus: Germania

Ich selbst trete deren Meinung bei, die glauben, dass die Völkerschaften Germaniens, ohne je durch eheliche Verbindungen mit anderen Stämmen fremdartige Bestandteile in sich auf- genommen zu haben, ein eigenstän­diges, reines, nur sich selbst ähnli­ches Volk geworden sind: Daher ist auch die Körperbeschaffenheit trotz der großen Menschenzahl bei allen die gleiche: blaue Augen mit wildem Ausdruck, rötliches Haar, hochge­wachsene und nur für den Angriff starke Leiber; für Mühsal und Arbei­ten haben sie nicht in demselben Maß Ausdauer, und am wenigsten ertragen sie Durst und Hitze. An Kälte und Hunger haben sie sich infolge Klima oder Boden gewöhnt

Germanischer Krieger ^ mit Schild und Schwert

den seinerzeit, d. h. 378 v. Chr., Rom heimgesucht und geplündert hatten.

Die Wiederholung eines sol­chen Schreckens verbat sich von selbst. Mit zwei Legionen trat ihnen daher Gnaeus Pa- pirius Carbo entgegen. Als er auf die Teutonen traf, war der Konsul fassungslos:

Statt keulenschwingender Barbaren lernte er verständ­nisvolle Gesandte kennen, die erklärten, man habe nichts von dem freundschaftlichen Verhältnis zwischen den Nori­kern und Rom gewusst und bedrohen wolle man die Freunde Roms keinesfalls.

Carbo winkte die Gesandt­schaft durch und beging im gleichen Augenblick den größ­ten Fehler seines Lebens: Wortbruch. Er setzte den Teu­tonen in Eilmärschen nach, stellte Heer und Zug. Und ob-

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^ Zug von Kimbern, Teutonen und Ambronen (die Insel Amrum zeugt heute noch vom Wortstamm).Holzschnitt aus dem 19. Jahrhundert nach einer Zeichnung von Otto Knille

wohl - das machte es für die antiken Geschichtsschreiber noch unverständlicher und un­verzeihbarer - weder Treck noch Krieger der Barbaren mit einem Angriff gerechnet hat­ten, ging die römische Legion sang und klanglos unter.

Glücklicherweise für die Rö­mer beendete ein nächtliches Gewitter das Debakel, sodass

Archäologische Zeugnisse dieses um 120 v. Chr. begonnenen Zuges sind bis auf eine Steinsäule nicht mehr vorhanden, die auf dem Schlossberg oberhalb Miltenbergs am Main gefunden wurde und einst als Grenzstein gedient haben muss. Die ersten beiden Zeilen lauten „Inter Toutonos“, von den anderen sind nur noch die Anfangsbuch­staben C, A und H erhalten: C für Cimbern,A für Ambronen und H stand vermutlich für den ursprünglich im Elbgebiet siedelnden Stamm der Hermunduren, der später in den Thüringern und Alemannen aufging und den Weg nach Süden mit antrat.

sich die Legionäre in die um­liegenden Wälder flüchten konnten. Doch die siegreichen Germanen zogen nicht in das fruchtbare Oberitalien, son­dern begaben sich vielmehr westwärts, in das Gebiet der Helvetier. Warum, weiß nie­mand. Bis heute bleibt diese Wendung rätselhaft.

Droht ein Einfall der Barbaren? Rom ist

in heller Aufregung

113 v. Chr.: Mittlerweile bro­delt in Rom die Gerüchtekü­che. Dass es sich bei den Bar­baren, die scheinbar ohne jede Probleme Papirius Carbo nebst zwei Legionen in die Flucht geschlagen hatten, um Germa­nen handelte, w usste man nicht. Erst Cäsar versuchte die Unterschiede zwischen Ger­manen und Kelten in „De Bello Gallico“ zu erläutern.

Für den gemeinen Römer machte es ohnehin keinen Un­terschied, welcher Barbar die Omnipotenz der Tiberstadt

anzweifelte. Im Übrigen er­klärten die Römer, der Volks­name der Kimbern stamme aus dem Keltischen und b e­deute „Plünderer“.

Tatsächlich schlossen sich den Auswanderern aus dem hohen Norden immer mehr nicht minder unternehmungs­lustige Gruppen an - Sueben, Kelten aus Süddeutschland, Boier, helvetische Tiguriner. Nach ein paar Jahren - so überliefern antike Historiker - befanden sich 300.000 Men­schen auf der Wanderschaft.

Manch kleinere Verbände fanden eine neue Heimat und blieben zurück, neue kamen hinzu, die Ethnizität schien keine Rolle zu spielen.

Was hingegen zählte, war das gemeinsame Ziel: eine neue, ertragreiche Heimat. Von einer straff organisierten Unternehmung kann jedoch nicht gesprochen werden, man arrangierte sich besten­falls. Häuptlinge trafen Über­einkünfte - mehr jedoch nicht. Es wundert also kaum, dass sich der Hauptzug der

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Germanen nach der Schlacht von Noreia zwar anschickte, den Rhein zu überqueren, sich aber dann in viele Teile zer­splittert durch Gallien beweg­te - mal verhandelnd, mal kämpfend. Hier erreichten die Menschenmassen schließlich die römische Grenze, die Pro­vinz Gallia Narbonensis süd­lich des Genfer Sees.

Doch auch diesmal wollte das Auftreten der Barbaren so gar nicht der Vorstellung der Römer entsprechen, wie sich Wilde zu verhalten hätten: Kimbern, Teutonen und ihre Mitstreiter baten freundlich um Land. 109 v. Chr. wurde dieses Ersuchen vor dem Se­nat Roms verhandelt, der kur­zerhand ablehnte.

Und nicht nur dies: Er sand­te Konsul Marcus Iunius Sila- nus, um das Problem ein für alle Mal zu beseitigen. Es kam zum Kampf - und abermals

zur Niederlage der Römer, die im wuchtigen Ansturm der Barbaren ihre Schlachtord­nung nicht rechtzeitig entfal­ten konnten. Doch auch nutz­ten die siegreichen Germanen die Gunst der Stunde nicht. Da auch andere Aufeinander­treffen negativ für die Römer verliefen, musste Rom energi­scher werden.

Plündernd und brandschat­zend hatten die Germanen - so die jüngste Information - unter ihrem König Boiorix ihren Weg durch die römi­sche Provinz genommen, das Rhönetal verwüstet und wa­ren sogar gewalttätig nach In­nergallien vorgedrungen.

Jetzt traten ihnen in Arau- sio, einer Siedlung an der Rhône, dem späteren Orange in der Provence, gleich zwei römische Heere entgegen: un­ter Führung von Consul Gnaeus Manlius und Procon-

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sul Quintus Servilius Caepio. Doch was sich nun ereignete, ist angesichts der Bedrohung, in der sie sich befanden, kaum fassbar:

Consul Manlius jagte die Gesandten der Kimbern, die ein weiteres Mal um Frieden nachgesucht und um Acker­land und Saatgut gebeten hat­ten, empört davon, woraufhin diese gekränkt zu den Waffen griffen. Darüber hinaus brach zwischen den beiden Befehls­habern Streit aus. Caepio prahlte - dies überliefert der Historiker Cassius Dio - mit seinen Erfahrungen und Fä­higkeiten und weigerte sich, mit Manlius zu kooperieren.

In der Schlacht bei Arausio unterliegen

die Römer

Die Römer waren also ohne einheitliche Planung, und als der Ansturm der Germanen begann, hatten sie dem nichts entgegenzusetzen.

Die röm ischen V erteidi­gungslinien brachen ausein­ander, als hätte es sie nie ge­geben. Das Ergebnis war furchtbar: Beide Heere exis­tierten faktisch nicht mehr. Angeblich lagen mehr als

^ Germanen bitten den römischen Konsul Gnaeus

Papirius Carbo (geb. um 135 v. Chr., gest. 82 v. Chr.

in Lilybaeum [Marsala]) um Siedlungsland

4 Waffen und Ausrüstung von Kelten und Germanen

bis ca. 500 n. Chr.

1 Dän. Rundschild2 Rüstärmel aus Bronze

3 Vergoldeter Bronzebeschlag

4 Germ. Pfeilspitze5 Germ. Frameaklinge

6 Bronzeaxt 7 Irisches Kriegshorn

8 Dänisches Skramasax 9 Kelt. Kurz-Schwert

10 Burgund. Eisenschwert mit langem Griff

11 Scramasax, eisern. Hiebmesser

12 Germ. Eisen-Schwert 13 Germ. Schwert

14 Germ. Kriegshammer

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Wo lag Noreia?

Bis in die Zwanzigerjahre des 19. Jahrhunderts nahm man an, dass das Noreia der Kimbern­schlacht 113 v. Chr. in der Steier­mark läge. Erst archäologische Un­tersuchungen wiesen auf Kärnten hin. Nachstehend ein Auszug aus der Grazer „Tagespost“ Nr. 349 vom 18. Dezember 1929:

„Die uralte Begehung des Vierber- gelaufens in Mittelkärnten u/eist auf einen zugleich geographischen und kultischen Mittelpunkt hin, der in Hohenstein, westlich von St. Veit a.d. Glan, liegt. Dort sind auch die zahl­reichsten inschriftlichen Zeugen für den Kult der Isis Noreia, der Landes­rätin von Noricum, ans Tageslicht ge­kommen. Die vergleichende Analyse der Nachrichten Cäsars über die Gal­lier und der Strabos über die klein­asiatischen Galater lässt im Gebiet von Hohenstein ein keltisches Neme- ton erkennen, das als Hauptheilig­tum des norischen Landes als Dryne- meton oder Vernemeton bezeichnet werden muss.*

Um das Drynemeton bewegte sich jährlich einmal, entweder zur Früh­lingstag- und -nachtgleiche oder am 1. Mai, dem Tage der keltischen Bel- tane-Feuer, die Vierbergefahrt im Sin­ne des Sonnenlaufes von Ost nach West und endete nördlich des Neme- ton am Laurenziberg. Da Dryneme­ton ein Gattungsbegriff ist, musste eine an den Rändern des heutigen Haines entstehende Siedlung, die doch mit Wahrscheinlichkeit anzu­nehmen ist, einen eigenen Namen erhalten, als welcher der Name der Göttin angenommen werden darf.Die Nachrichten aus dem Altertum sind nicht so eindeutig, wie es mit Rücksicht auf die heimatkundliche und weltgeschichtliche Bedeutung

des Namens Noreia, an den sich die Erinnerung an die Kimbernschlacht des Jahres 113 v. Chr. knüpft, wün­schenswert wäre. Der von Strabo angegebene Abstand von Aquileia, 1200 Stadien, führt keineswegs zwingend auf einen bestimmten Ort, da die Größe dieses Maßes wechselte. Mit dem niedrigsten Stadienmaß kommt man von Aquileiy an den Ostrand des Ossiachersees, mit dem höchsten in die Gegend von Pölling, nicht aber bis Obersteiermark. Die berühmte „Tabula Peutingerianau kennt zwei Noreia unmittelbar hin­tereinander, von denen indessen eines auf einer irrtümlichen Doppel­schreibung beruhen dürfte. Doch ist zu bemerken, dass zwischen dem Noreia der Kimbernschlacht und der Verfassung jener römischen Weltkar­tefast 500 Jahre liegen, dass das An- toninische Reisebuch, das älter ist als die Tabula, Noreia nicht nennt und dass Plinius (gestorben 79 n. Chr.) es unter den untergegangenen Städten im Tauriskerland auf zählt.

Inschriftliche Belege für den Namen Noreia, wie sie der mittelkärntische Boden in reicher Zahl bietet, fehlen im obersteirischen Gebiet bisher völ­lig. Die Berichte über die Schlacht von Noreia, besonders der ausführliche bei Appian, weisen durch die geschil­derten strategischen Bewegungen des römischen Heeres auf ein Gebiet, das, nicht allzu weit von den Grenzen Ita­liens entfernt, eine Umgehungsmög­lichkeit bietet, wie sie nur durch die Ossiacher- und Wörthersee-Senkung und das Glantal gegeben ist. Das aus der „Tabula Pautigeriana(< für Ober­steiermark erschlossene Noreia ver­dankt seine Benennung einer Über­tragung des kärntischen Noreia- Namens, die in die Zeit nach der Kimbernschlacht anzusetzen ist."

100.000 römische Soldaten verstümmelt, sterbend oder tot auf dem Schlachtfeld. Wer überlebte, durfte nicht mit Gnade rechnen, denn die Sie­ger opferten ihre Feinde nach traditionellem Ritus.

Der griechische Geograf Strabo berichtet, wie kimbri- sche Priesterinnen die Gefan­genen zu einem riesigen Bron­zekessel führen ließen. Dort hatte bereits eine barfüßige Priesterin eine Leiter erklom­men. Einem Gefangenen nach dem anderen wurde nach ih­rer Handbewegung die Kehle durchgeschnitten. Aus dem ausströmenden Blut deutete sie nunmehr die siegreiche Zukunft der Kimbern.

Keine Überlebenden! Nichts sollte von dem

Feind übrig bleiben

Anderen Gefangenen wieder­um schlitzte man den Leib auf, um aus den vorquellenden Ge­därmen den Willen der Götter zu lesen. Eine dritte Gruppe fand ihr Ende aufgeknüpft an Ästen. Kleider wurden zerris­sen, Pferdegeschirre zerhackt, selbst prächtige Beutegüter zertrümmert und im Fluss ver­senkt. Nicht einmal vor den Pferden machte man halt, die kaltblütig ertränkt wurden. Nichts sollte vom Feind übrig bleiben.

Als ,einer der wenigen Über­lebenden dieses Spektakels, ein hochrangiger Offizier, die Germanen vor der Vergeltung Roms warnte, fühlte man sich unerträglich provoziert und erschlug ihn kurzerhand.

6. Oktober 105 v. Chr., der Tag vor den Nonen des Okto­ber. Dieses Datum steht für eine der größten Niederlagen der Römer und sollte als Un­glückstag in die römische Ge­schichte eingehen.

Da half es auch nicht, dass der Senat Konsul Caepio nach dessen Rückkehr seines Pos­tens enthoben und sein Ver­mögen konfisziert hatte. Der Weg nach Rom stand und

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blieb offen. Aber auch diesmal ereignete sich, was niemand ahnen konnte: Die Römer hiel­ten es für Tollheit, um nicht zu sagen barbarische Dumm­heit, dass die Germanen nicht ostwärts gen Italien zogen, sondern sich Richtung Massa- lia wandten, dem heutigen Marseille.

Wieder einmal zeigte sich, dass ein derartig riesiger Menschenzug nur schwer führ- und schon gar nicht kon­trolliertbar war. Die Wege von Kimbern, Teutonen und all der anderen sie begleitenden Stämme trennten sich.

Während die Teutonen den Weg Richtung Norden Galli­ens einschlugen, überquerten die Kimbern die Pyrenäen und drangen in die Iberische Halb­insel ein.

Rom atmete auf, aber nicht lange. Drohten im Norden die Wilden, unternahmen im Sü­den, genauer Sizilien, 30.000 Sklaven einen Aufstand, und

darüber hinaus brach in Numidien ein gefährlicher Thronstreit aus, in den Rom involviert wurde.

Rom suchte nach einem Ret­ter. Ein Jahr nach der Nieder­lage von Arausio hatte es ihn gefunden: Gaius Marius - als aufstrebender „homo novus“ und Vertreter populärer Poli­tik zwar nicht unumstritten, aber ein gewiefter Stratege, der sogar den Numidier Ju- gurtha besiegt hatte.

Marius reformiert das Heer und führt neue

Waffen einMarius schuf binnen zwei Jah ­ren, was zur Basis der römi­schen Weltherrschaft werden sollte: ein von grundauf refor­miertes, hoch motiviertes Be­rufsheer, dessen Veteranen nach 16 Jahren Dienst ein Stück Land erhalten würden. Er veränderte die Binnen­

struktur des nun für den Dienst zunehmend attraktive­ren Heeres und führte neue Waffen ein wie den gefürchte­ten Speer („pilum“).

Unterdessen waren die Kim­bern in Spanien auf den erbit­terten Widerstand der Keltibe­rer gestoßen und wieder nach Gallien zurückgekehrt. Mit den Teutonen zunächst wie­dervereint, beschlossen sie, in Oberitalien sesshaft zu werden.

Um ihre Marschgeschwin­digkeit zu erhöhen oder den Feind zu verwirren und kein einheitliches Ziel zu bieten, zogen sie (wieder einmal) Oberitalien getrennt entge­gen: Teutonen und Ambronen auf dem kürzeren Weg ent­lang der Westalpen, die Kim­bern entlang den nördlichen Alpen, um direkt in die Po- ebene einzufallen.

102 v. Chr. wandte sich Ma­rius zunächst den Teutonen zu, anders gesagt: Er erwarte-

Nach dem Sieg der Kimbern und Teutonen bei

Arausio vergingen wiederum drei Jahre.

Die Kimbern versuchten, über die Pyrenäen ans

Meer zu gelangen. Teutobod und seine

Teutonen waren in Nordgallien und Belgien

eingefallen, die Beset­zung aber gelang nicht.

Beide Völker hatten sich daher wiedervereint und

verbrachten im Raum des heutigen Paris ihr

18. Winterlager. In einer letzten Anstrengung

wollten sie Rom angreifen und beschlossen,

getrennt zu marschieren: Die Kimbern rückten

gegen Obertitalien vor, die Teutonen folgten dem

Lauf der Rhône, um von Südwesten her über die

Alpen zu gelangen

4 Der römische Feldherr Gaius Marius (geb. 158

oder 157 v. Chr. in Cereatae nahe Arpinum,

gest. 13. Januar 86 v. Chr. in Rom) lässt die Kimbern

an seinem Feldlager vorbeiziehen, um ihnen in

den Rücken zu fallen. Nachkolorierter Holzstich

um 1860

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ZUG DER KIMBERN UND TEUTONENGOTE«Zug der Kimbern

Zug der Teutonen Schlachten Siedlungsversuch

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te sie in seinem befestig­ten Lager, das er inmitten des Rhönetals hatte er­richten lassen - für 35.000 römische Solda­ten. Seine Strategie war, den Germanen stets zu­vorzukommen, um sei­nen Männern die Furcht vor dem „ furor teutoni- cus“ zu nehmen.

Als der teutonische Häuptling Teutobos er­kannte, die Römer nicht aus ihren befestigten La­gern herauslocken und zum Kampf stellen zu können, beschloss er, sein Volk am Gegner vor-

4 Nach germanischem Brauch wurden die römischen Gefangenen von Priesterinnen geopfert, um aus dem Blut die eigene Zukunft zu deuten. Holzstich nach einer Zeichnung von Wilhelm von Lindenschmitt, 19. Jahrhundert

bei direkt nach Italien zu füh­ren. Dies war der eigentliche Auftakt zur Verfolgung.

Marius brach das Lager ab und folgte dem Feind mit sei­nem Heer in einiger Entfer­nung und unter ständiger Be­obachtung.

Die Römer stellen Teutonen zur Ent­

scheidungsschlachtJede Nacht ließ er seine Legi­onäre ein Lager errichten, ge­sichert durch Palisaden aus Pfählen, die ein jeder von ih­nen im Marschgepäck mit sich führte, und durch Schanzen, die täglich in mühevoller, aber lohnender Arbeit angelegt werden mussten.

Schließlich erreichten die Germanen Aquae Sextiae, das heutige Aix-en-Provence. Von hier aus war der Weg nach Ita­lien nicht mehr weit. Nun bot Marius den Teutonen endlich die lang ersehnte Entschei­dungsschlacht an.

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^ Um ihr Ziel schneller zu erreichen, sollen Kimbern die Alpen auf ihren Schilden herunter­rutschend überquert haben.Nachkolorierter Holzstich von Johann Nepomuk Geiger

Während er sein Lager ober­halb eines kleinen Flusses aufschlug, kampierten die Ambronen und Teutonen am Ufer, genossen die heißen Quellen, die sie für göttliches Wunderwerk hielten, und lie­ßen es sich gut gehen.

All das erregte den Zorn der Legionäre, da - sei es ein Missgeschick in der Planung oder taktische Gerissenheit Marius’ - ihr Lager keinen Zu­gang zum Wasser hatte. Mit dem Verweis, dass seine Män­ner eben Wasser gegen Blut tauschen müssten, stachelte

sie Marius erfolgreich an. Im­mer wieder trafen die Römer mit kleinen Germanentrupps zusammen, forderten sie her­aus und bedrängten sie.

Tatsächlich war das Gros des Feindes nicht kampfbe­reit. In der Provence hatten sie trotz aller kriegerischer Strapazen ein allzu gutes Le­ben geführt und zeigten sich „heiteren und ausgelassenen Sinnes“, was vom unver- mischt genossenen Wein her­rührte (gemäß antiker Mei­nung untrügliches Zeichen für Säufer). Möglicherweise neig­ten sie in ihrer Stimmung zur Selbstüberschätzung oder zu überhöhter Risikobereitschaft.

Jedenfalls beschlossen die Ambronen, als Erstes gegen die Römer anzutreten. Zuerst beabsichtigten sie, den Geg­ner zu zermürben. Der Gegner wurde so Zeuge eines beein­druckenden Kampf rituals:

Die germanischen Krieger bildeten eine Linie und be­gannen, rhythmisch Speere, Schilde und Schwerter aufein­anderzuschlagen, sich dabei

unter Furcht einflüßendem Gesang gleichmäßig in hohen Sprüngen vorwärts zu bewe­gen. Allerdings ließen sich die Römer mittlerweile von derar­tigem Gebaren nicht mehr be­eindrucken, was der psy­chologischen Schulung ihres Feldherrn Marius zuzuschrei­ben war.

Als die Ambronen den Fluss überquerten, geriet ihr Schau­angriff in Unordnung, und ge­nau in diesem Moment stürz­ten die mit Rom verbündeten Ligurer ihnen entgegen.

Totale Niederlage von Ambronen und

Teutonen

Die Reihen der Angreifer wankten bereits, als die Legi­onäre eingriffen. Ihre Attacke machte das Chaos perfekt. Die Ambronen flohen, taumelten zurück zum Fluss und behin­derten sich gegenseitig.

Wer es bis zur Wagenburg schaffte, wurde von den dort verschanzten Frauen

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mit Schwertern und Äxten er­wartet, die sich ihren Män­nern, Vätern und Brüdern schreiend in den Weg stellten, damit sie umkehrten, um die nachsetzenden Legionäre zu­rückzudrängen. Vergebens. Für die Römer war es der ers­te große Sieg. Aber noch war der weitaus größere Teil des Feindes nicht bezwungen.

Die Nacht verbrachten die Römer in ihrem provisori­schen Lager, voller Sorge über einen Ansturm der Teutonen, den sie in dieser Phase kaum überstanden hätten. Doch die­se ergingen sich zunächst nur in Totenklagen, Weinen, Wut­gebrüll und Drohungen - so-

^ Kimbrische Frauen in der Schlacht bei Vercellae am 30. Juli 101 v. Chr. In der Tat ist der selbstlose und mutige Einsatz von Germaninnen überliefert. Nachkolorierter Holzstich von Johann Nepomuk Geiger

gar Marius soll über das Aus­maß bestürzt gewesen sein.

Erst bei Tagesanbruch war es so weit. Während der Geg­ner blindwütig gegen die Rö­mer anstürmte, nutzte Marius die geografischen Gegeben­heiten und ließ seine Soldaten vor dem Lager Stellung bezie­hen. Nur die Reiterei schickte er ihnen entgegen.

Sonne, Staub, Wind und Höhe - die Teutonen hatten kaum eine Chance. Schild an Schild rückten die Legionäre in eingeübten Formationen vorwärts, lichteten mit ihren „pila“ die Reihen der Gegner, den sie immer weiter zurück­drängten.

Als 3000 Legionäre aus dem Hinterhalt hervorbrachen - Marius hatte sie am Vorabend in den Rücken des Feindes entsandt - war das Schicksal der Teutonen besiegelt.

Die meisten wurden nieder­gemetzelt, nur wenigen ge­lang die Flucht; viele Frauen begingen Selbstmord, um nicht in die Hände der Solda­ten zu fallen. Stürmisch feier­

te Rom das Ende von Teuto­nen und Ambronen.

Im Triumph führte Marius den gefangen genommenen König der Teutonen vor und

^ Marius auf einem Beobachtungsturm in

seinem Lager

Nun wird es sich zeigen, ob wir aus den 50.000 Bauern, Hafenarbeitern und Tagedieben, die Rom mir mitgegeben hat, ein brauchbares

Kriegsheer gemacht haben. Wir versperren den anrückenden Feinden keine Furt und keinen Weg.

Wir lassen sie bis an den Graben unseres Lagers heran. Über die Brustwehr unseres Walles

hinweg sollen sich unsere Soldaten die blonden Wüteriche erst einmal anschauen und sich

an ihren Anblick gewöhnen!

Der römische Feldherr Marius in der fiktiven, aber wirklichkeitsnahen Erzählung „Die Kimbern und Teutonen“

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„Schlacht des Marius.“ } Kupferstich nach einem Gemälde von Johann Michael Mettenleiter

Catulus sollte mit seinen jungen Soldaten den Stoß des germanischen Heeres auffangen und den Feind in der Front so lange binden, bis Marius mit Altgedienten durch Einschwenken die Umfassung gelingen würde. Der Kimbern­könig Boiorix versuchte indessen durch ein geschicktes Manöver, die Römer auf der rechten Seite zu iiber- berflügeln und zwischen seine Reiterei und sein links stehendes Fußvolk zu bringen

mit ihm Tausende von Gefan­genen. Dies hielt den Zug der Kimbern jedoch nicht auf. Im Gegenteil, und Marius erhielt unangenehme Nachrichten.

Das Verteidigungskonzept von Quintus Lutatius Catulus hatte sich als untauglich er­wiesen, die Kimbern waren völlig unbeeindruckt von jed­weder militärischen Maßnah­me auf ihren Schilden die Ab­hänge der Alpen herunter­geschlittert. Italien lag offen vor ihnen.

Schlacht bei Vercellae im Jahr 101 v. Chr.

führt zum Untergang

M ittlerweile hatten sie die Etsch erreicht und um ihren Mut und ihre Stärke zu de­monstrieren vis-à-vis zum La­ger des Konsuls Bäume, Fels­brocken und Erde zu einem eigenen Lager aufgetürmt und schließlich die Römer aus ihrer Verschanzung vertrieben.

In Eilmärschen begab sich Marius an die Etsch, zeitgleich marschierten Truppen aus der Gallia Narbonensis heran.

Die Kimbern wichen jedoch immer wieder einer Entschei­dungsschlacht aus - angeb­lich um sich mit den Teutonen zu vereinigen.

Doch weshalb sollten sie nach einem Dreivierteljahr nicht längst von deren Unter­gang erfahren haben? Auf den Raudischen Feldern bei Ver­

cellae, südwestlich vom heuti­gen Mailand, kam es am 30. Juli 101 v. Chr. schließlich zur Begegnung, nachdem der kimbrische König Boiorix sei­nem Widersacher Marius die Wahl von Ort und Zeit über­lassen hatte.

Die Römer nahmen Aufstel­lung im Osten (Catulus im Zentrum, Marius auf beiden Flügeln), die Kimbern rückten in zwei getrennten Heerhau­fen (Fußvolk links, Reiterei rechts) im Westen an - und damit gegen die Sonne, was sich in der gleißenden Som­

merhitze als nachteilig aus­wirken sollte. Über die Stär­keverhältnisse gibt es zwar einheitliche Angaben, die aber geschönt sein dürften, um den Sieg im Nachhinein zu glorifizieren.

Plutarch berichtet von 52.300 Römern (20.300 unter Catulus, 32.000 unter Marius), denen 160.000 Kimbern (mit Frauen und Kindern) und15.000 Mann Reiterei gegen­übergestanden haben sollen.

Die kimbrische Reiterei er­öffnete den Angriff nicht in der Front, sondern gegen den

„Nachdem der kimbrische Heerbann niedergemacht worden war, griffen die Römer die Wagenburg an, die sie bis dahin

nicht hatten einnehmen können. Denn alles, was nur eine W affe halten und werfen, hauen oder stechen konnte, hatten

die Kimbern zur Verteidigung aufgeboten.Jungen und Mädchen standen zwischen Frauen au f den Wagen,

und auch viele Verwundete hatten ihre Strohlager verlassen und kämpften m it“

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Dr. Tanja von Werner,

Frankfurt a.M.

Gefangene } Germaninnen.

Nach einer Zeichnung von Ferdinand Leeke

linken römischen Flügel, um den Gegner - taktisch durch­aus klug - zwischen sich und das eigene schlagkräfti­ge Fußvolk zu bringen.

Die Feldherren Marius und Catulus erkannten die List zwar, konnten aber nicht energisch genug eingreifen, da die in der trockenen Ebene durch das Kampfgetümmel aufgewirbelten Staubmassen eine lagegerechte Reaktion nicht zuließen.

Extreme Trockenheit und Hitze waren zweifellos mäch­tige Verbündete der Römer, die in der Unübersichtlichkeit der Schlacht und im Kampf Mann gegen Mann den von Strapazen und die genannten äußeren Einflüsse geschwäch­ten Germanen zweifellos überlegen waren.

Nicht römische Taktik be­siegelte die Niederlage der Barbaren, sondern Geschick und Tapferkeit des einzelnen Legionärs, wobei die Truppen des Catulus die größere Last des Kampfes zu tragen hatten.

Catulus und Marius streiten über ihren

Anteil am Sieg

Die erbarmungslose Verfol- gung des Feindes und die Kon­sequenz der Kimbern, sich und die Angehörigen selbst zu tö­ten, führte zu dem entsetzli­chen Blutbad, dessen glückli­chen Ausgang sowohl Marius als auch Catulus für sich ver­buchten - und sich darüber zerstritten.

Mit dem Sieg bei Vercellae begann eine vierhundertjähri­ge Auseinandersetzung zwi­schen Rom und den germani­schen Völkerschaften. ■