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Moderne Gartenarchitektur minimalistisch • formal • puristisch

Moderne Gartenarchitektur - Hugendubelmedia.hugendubel.de/shop/coverscans/960PDF/9604846_lprob_1.pdf · Im Gegensatz dazu steht der Blick ins Universum eines klaren Sternen-himmels,

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M o d e r n e G a r t e n a r c h i t e k t u rminimalistisch • formal • puristisch

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Inhalt

Einleitung

RäumeBlickeProportionenFormenFarbenLichtWasser

Reportagen

Bauen als Prozess

Anhang

Minimalismus, Formalismus und

Purismus werden in der Moderne auch

„Sparsamkeitsprinzip“ oder „Neue

Einfachheit“ genannt.

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„Denken ist interessanter als Wissen, aber nicht als Anschauen.“ (Johann Wolfgang von Goethe)

Augenbewegungen verraten Aufmerksamkeit. Sie sind Grundlage für

alle sozialen Kontakte. Wer bei einer Begegnung mit einem anderen Men-

schen seinen Blick auf das Gegenüber richtet, wirkt besonders attraktiv und

sympathisch. Ein schweifender Blick, der plötzlich auf jemandem haften

bleibt, zeigt eine erhöhte Aufmerksamkeit dem Beobachteten gegenüber.

Zum Knüpfen von Freundschaften sind Blicke als Orientierung ein wich-

tiges Signal. Das korrekte Entschlüsseln und Umsetzen solcher Signale ist

daher für das tägliche Zusammenleben unverzichtbar. Wenn sich keine Bli-

cke kreuzen, verlieren wir die Orientierung.

Im Gegensatz dazu steht der Blick ins Universum eines klaren Sternen-

himmels, der uns eine Unendlichkeit ahnen lässt, die wir nicht erfassen kön-

nen, weil die Augen keine Achsen zur Nah-weit-Orientierung finden. Neuro-

physiologische Experimente „spielen“ mit dieser Orientierungs losigkeit.

Wir kennen alle dieses Schwarzweiß-Bild, bei dessen Betrachtung der eine

die Vase sieht, der andere das Doppelgesicht. Wir legen also – wenn auch

unbewusst – willentlich fest, was wir gerade sehen wollen, zwei Gesich-

ter im Profil oder eben eine geschwungen geformte Vase. Die Psychologie

nennt das unser „Wesen“ im Sinne von Charakter, Habitus und auch Gefühls-

welt. Der Blick unserer Augen kann, wie wir an diesem Beispiel „sehen“, ein

guter Meditationsmeister sein, wenn wir ihn dahingehend schulen, uns auf

den Dualismus unserer Wahrnehmung einzuspielen.

In minimalistischen Gärten werden die Blicke bewusst gelenkt, Blick-

punkte gesetzt und Blickrichtungen gewissenhaft in die Planung mit einbe-

zogen, damit wir den Reichtum erfahren, der darin besteht, vom „Sehen“ (im

Sinne von erkennen und analysieren) zum „Schauen“ (im Sinne von gewahr

werden und den Gesamtzusammenhang erfahren) wechseln zu können.

Blicke werden bewusst gelenkt, damit wir den

Reichtum erfahren, der darin besteht, vom

„Sehen“ zum „Schauen“ wechseln zu können.

Blicke

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28 „Wer Träume verwirklichen will, muss wacher sein und tiefer träumen als andere.“ (Karl Foerster)

Sichtachsen Wie wir bereits beim Thema Räume gesehen haben,

nehmen wir unsere Umgebung als eine Ansammlung von Flächen, For-

men, Farben und Strukturen wahr. Um uns zu orientieren, benötigen wir

alle unsere Sinnesorgane und ordnen das Gesehene in oben, unten, links,

rechts, vorn und hinten. Wir bedienen uns dabei der Achsen, der Achsen-

schnittpunkte und der Kontraste, die uns die Umgebung liefert. Mit ihrer

Hilfe selektieren wir die für uns wichtigen Anhaltspunkte. Wir haben die

Fähigkeit, eine bewusste Zusammenstellung aller oben angeführten Fak-

toren vorzunehmen. Das Wahrnehmen der Achsen ermöglicht uns, Unter-

scheidungen und Entscheidungen zu treffen, z. B. zwischen erreichbar oder

zu weit entfernt, begehbar oder undurchdringlich, Hindernis oder Niveau-

unterschied. Wir entwickeln also anhand von Achsen Perspektiven für

unser Handeln. So verstanden sind Achsen Leitlinien, die alle unsere Sinne

auf den richtigen Weg bringen, durch Raum und Zeit, durch fremde Gegen-

den zu einem Termin, zu einem Wasserloch, zu einem Hafen, genauso wie

zu Hause zum Herd, ins Bett oder in den Garten.

Horizontale und vertikale Achsen haben unterschiedliche Wirkun-

gen auf uns und werden in der Gartenkunst gezielt eingesetzt, um Blicke

in eine bestimmte Richtung zu lenken. Das Stilelement der „Sichtachse“

erlaubt dem Betrachter weite Durchblicke durch die sonst bewaldete,

umfriedete und bebaute Landschaft. Achsen öffnen einen „Tunnelblick“,

wenn wir Gärten oder Stadtanlagen durchschreiten und bewirken eine

visuelle Orientierung im Sinne von Leitlinien. Die Idee der nach Zentren

und Achsen orientierten Gestaltung ist für das Prinzip minimalistischer

Gärten unerlässlich, denn er verfolgt wie die alten Meister mit dem Gol-

denen Schnitt das Ziel, unser ästhetisches Empfinden richtungsweisend

zu beeinflussen.

„Denn ohne die Nähe wird man nicht ergriffen und ohne die Ferne kann man nicht staunen.“ (Peter Brook)

Weit und nah Der Blick, der in die Ferne schweift, entspannt die

Augen und das Gemüt. Die Nahsicht dient dem Fokussieren und Analysieren

mit der Folge gespannter Konzentration. Ist man in einem undurchdringlichen

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29Sichtachsen werden in der Gartenkunst

gezielt eingesetzt, um Blicke in eine

bestimmte Richtung zu lenken.

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31Dschungel beheimatet, muss man auf den höchsten Baum klettern, um sei-

nem Sichtfeld den weiten Horizont zu bieten. Der Beduine in der Wüste hat

dagegen ständig Weitblick und erfreut sich in seinem Zelt sicherlich an zier-

lichen Mustern auf Teppichen und Gegenständen ganz in seiner Nähe. Wir

bemerken, wie die Gegensätze weit und nah beständig auf uns wirken, und

wir sind in der Lage, beides gleichzeitig zu sehen.

Weite und Nähe sind nicht nur räumlich-geografisch entscheidend für

unser Wohlbefinden, sondern spielen auch psychologisch eine wichtige

Rolle in unserem täglichen Leben. Wir gleichen Kurz- oder Weitsichtigkeit

mit Brillen aus, wir gehen täglich alle mal ins Detail oder holen weit aus,

um uns argumentativ Luft zu verschaffen. Wir haben unsere Lieben gern

in unserer Nähe und möchten unliebsame Zeitgenossen am liebsten von

uns fernhalten. Nähe und Weite sind Charakteristika für unsere Vorlieben

und Neigungen und ein feinfühliger Gartengestalter wird diese Vorlieben

berücksichtigen und mit den Entfernungen nach unseren Wünschen spielen.

Selbst wenn die räumlichen Gegebenheiten diesen Wünschen zuwiderlau-

fen, nutzt er Möglichkeiten zur Raumgliederung, um eine ungewünschte

Raumtiefe zu verkürzen oder die Raumwirkung zu vergrößern.

„Einem ruhigen Geist gibt sich das ganze Universum preis.“ (Chuang-Tsu)

Öffnen und schließen Das Rezept für kreatives Arbeiten wird

meist missgedeutet als Ergebnis totaler Entspannung, in die eine Idee wie

ein Blitz einschlägt. In Wirklichkeit sind kreative Prozesse Ergebnisse der

geheimnisvollen Balance zwischen Disziplin und Ruhe, dem Sichöffnen und

dem Sichverschließen. Vor zu viel Ablenkung sollte man sich verschließen

können und geschlossene Denksysteme zu öffnen verstehen. In abwech-

selnder Reihenfolge erzeugen Sammlung und Zerstreuung Aktivierung

oder Regeneration und wirken auf diese Weise inspirierend. Die Inspiration

bringt die magischen Momente hervor, die unsere Welt verändern, sei es

durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse, umwerfende Erfindungen, zu

Herzen gehende Poesie oder die richtigen Worte zur richtigen Zeit.

Gemälde, Symphonien, ein 5-Gänge-Menu, ein guter Geschäftsab-

schluss, ein lang diskutierter Friedensvertrag oder eine gelungene Gar-

tengestaltung tragen immer die Handschrift oder Signatur ihrer Schöp-

fer. Die Beherrschung der verschiedensten Künste bedarf natürlich ganz

Der Blick, der in die Ferne schweift, entspannt die

Augen und das Gemüt.

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24 Lebensraum unter freiem Himmel, voller Veränderung und Dauer, spiegelt

anschaulich das Bewusstsein seiner Bewohner, zeugt von ihren Vorlieben

und Wertvorstellungen, ihren Wünschen und Träumen, von ihrer Fähig-

keit, Geschichten zu erzählen, und vor allem der, ihnen zuzuhören. Mini-

malistische Gärten sind eine wundervolle Bühne für „Open-Air-Poesie“

aus Flächen und Wegen, Bäumen und Sträuchern, Blüten und Stauden, aus

ruhenden und fließenden Wassern, großen und kleinen Steinen, Höhen

und Tiefen. In ihrer Reduktion verzichten sie auf störendes, nebensächli-

ches Beiwerk und schenken der Hauptdarstellerin Natur volle Aufmerk-

samkeit und Zuneigung. Auf den Wegen eines minimalistischen Gartens

ist ihre Erzählkunst direkt erfahrbar: aus einem Blickwinkel spürbar klar

und linear wie der Himmel und das Meer, aus einem anderen Blickwinkel

versteckt und verspielt, wie Inseln und Wälder es sind, aus einem dritten

hintergründig und geheimnisvoll wie Berge und Höhlen. Grüne Zimmer

wecken Assoziationen zu den tief in unserem Unterbewusstsein schlum-

mernden Archetypen und erinnern uns an den gewaltigen Einfluss, den sie

auf unsere psychische Befindlichkeit ausüben.

Der japanische Betrachtungsgarten ist

materialisierte Poesie aus Symbolik,

Assoziation und Naturmaterialien.

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42 Es ist eine hohe Kunst, alle

Gestaltungselemente proportional

aufeinander abzustimmen.

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43angemessene Rhythmus von großen und kleinen Akzenten das Geheimnis

von minimalistischen Gärten und Natursituationen ausmacht. Je perfekter

dieser Rhythmus aus Steinen, Bäumen, Pflanzen, Moosen, Wasser und Licht

von einem Meister „gespielt“ wird, umso weniger braucht es überflüssiges

Beiwerk. Im Idealfall ist die kraftvolle Schlichtheit so ausdrucksvoll, dass

auf jegliche Dekoration verzichtet werden kann. Der subtile Gebrauch des

Ensembles und des Solisten sind die Zutaten zu einer zauberhaften Sym-

phonie, eines wunderbaren Gemäldes und eben auch zu einem betörend

einfachen Garten. Ein bisschen zuviel und man „schmeckt“ die Gewürze

und den Eigengeschmack der Zutaten nicht mehr. Etwas zuwenig und man

hat einen faden Klang. Der kreative Gestalter muss also mit einer Mischung

aus Mut und feinsinniger Zurückhaltung eine bestimmte Menge in Bezug

auf ein Einzelnes setzen und bringt diesen Primärkontrast durch ein drittes

Element seiner Wahl in Harmonie. So werden Setzungen von Gestaltungs-

elementen nicht nur aus dem Gefühl heraus, sondern mit sinnhafter Planung

ausgeführt, zumal es im Garten um „lebendige“ Zutaten geht.

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67„Irrtum ist Farbe, Wahrheit Licht.“ (Emanuel von Geibel)

Licht und Raum Wir können Raum ohne Licht nur sehr schwer

wahrnehmen. Als nicht geschulte Menschen können wir aber genauso

schwer Licht in seinen Wertigkeiten empfinden, so wie es Maler, Fotografen

oder Lichtkünstler zum Beispiel im Theater uns nahebringen. Da ein Garten

ständig im Rampenlicht seines Besitzers sein wird, sind dessen Ansprüche

natürlich sehr hoch. Der Gestalter von künstlerisch formalen Gärten weiß

das allzu gut. Er muss die Begabungen sämtlicher fachlich dazu ausgebilde-

ten Künstler in sich vereinen, mit der zusätzlichen Anforderung, die seine

Materialien an ihn stellen. Er wuchert nicht mit Pflanzen und Baustoffen,

sondern folgt streng der Devise: „Weniger ist mehr, aber das Wenige muss

stimmig sein.“ Er leistet Filigranarbeit mit Pflanzen, Steinen, Metallen, dem

Wasser und natürlich mit dem Licht – dem natürlichen wie dem künstlichen.

Seitdem sich dank der Technik schier unbegrenzte Möglichkeiten für künst-

liche Beleuchtungen im Freien und sogar unter Wasser eröffnet haben,

möchte kein Gartenliebhaber mehr darauf verzichten. Man kann Bäume in

ihrer vollen Pracht ausleuchten oder nur eine einzige Knospe, dem Rasen ein

unterirdisches Erscheinungsbild geben oder ein paar Treppenstufen das Aus-

maß einer Maya-Pyramide. Dem formalen Gartengestalter dienen Lichtin-

szenierungen jedoch dazu, die schlichte Schönheit des Gartens sanft in den

Dem formalen Gartengestalter dienen

Lichtinszenierungen dazu, die schlichte

Schönheit des Gartens sanft in den Abend

und in die Nacht zu geleiten.

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„Wenn du die Wahrheit nicht findest, wo du gerade bist, wo sonst willst du sie finden?“ (Dogen)

Wasser begegnet uns auf vielfältige Art. Als Eiskristall, Schnee und

Nebel, als Brandung, als Gischt, warmer Regen oder kalte Dusche. Schon

beim Lesen all dieser Begriffe haben wir sofort reichhaltige Assoziationen.

Wir folgen einem Bach bis zur Quelle in der Meditation oder dürsten nach

Wasser bei realem Bedarf daran. Dieses Element bewegt uns in all seinen

Erscheinungsformen und hat deshalb in einem Garten nicht nur für die

Pflanzen den höchsten Stellenwert.

„Die Weisen erfreuen sich am Wasser.“ (Konfuzius)

Wasser als Lebenselement Wasser ist nicht nur in uns, sondern

auch um uns herum das wichtigste Lebenselement. Die Lebenskräfte, die

wir im Wasser der Außenwelt gewahr werden, spiegeln sich fließend auch in

uns wieder. In überschäumenden Meereswellen erkennen wir seine Energie

Wasser In stillen Teichen spiegeln wir uns in

lebensspendender Sanftheit.

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Design Peter Berg Ort Hilden, Deutschland Fotos Helmut Reinelt 141

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Licht und Schatten Licht als Experimentierfeld sollte in dieser modernen, minimalistischen

Gartenanlage eine tragende Rolle spielen. Zugleich galt es, die Pflegemaßnahmen so gering wie mög-

lich zu halten. Schon während der Planung arbeiteten Peter Berg und Fritz Döpper Hand in Hand –

Produkte wie einige Leuchtkörper oder die in edlem Grau lackierten, lamellenartigen Elemente aus

unbehandeltem Hartholz wurden neu entwickelt oder optimiert. Diese Holzelemente wurden dann

universell als Wandverkleidung an der Fassade, als Zaun zum Nachbarn, als Raumelement am Sitzplatz

und als Gartenhausverkleidung eingesetzt.

Als Visitenkarte des Hauses präsentiert sich eine großzügige Eingangssituation aus großforma-

tigen Rechteckplatten, die in Streifen verlegt wurden. Massive Basaltlavastufen, Basaltsplitt in den

Fugen der Platten und als Einfassung der Pflanzen führen das edle Grau konsequent und flächig fort.

Buchs und Lavendel sind analog dazu ebenfalls in Streifen gepflanzt, ein Feigenbaum gibt den Flächen

Halt und setzt mit seiner Höhe und seinem Volumen einen klaren vertikalen Akzent. Fritz Döpper mag

es klar und puristisch. Neben dem Eingang positionieren sich „Glasalt“-Objekte als Würfel und Stele.

„Glasalt“, ursprünglich als Blickfang für Ausstellungen entstanden, fand später zunehmend wie hier

Verwendung in Gartenanlagen.

Die oben beschriebenen Holzelemente zu beiden Seiten des Hauses lassen nicht erkennen, was

sie verbergen. Sie dienen zum einen als sehr ästhetische, zaunähnliche Abgrenzung des Gartens,

zum anderen als kaum erkennbarer Eingang zum Gartenhaus, das sich dahinter verbirgt und durch

das man in den Garten gelangt.

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Eine gelungene Beleuchtung lebt vom

spannungsvollen Wechsel zwischen hell und dunkel

und setzt den Garten über das Tageslicht hinaus

wirkungsvoll in Szene.

Betritt man den Garten, fällt der Blick auf ein rechteckiges Beet mit wintergrünem Gras (Carex mor-

rowii ‘Variegata’) und einem dahinter liegenden formalen Wasserbecken. Das Profil der Natursteinein-

fassung wurde nach unten ausgeklinkt, damit der Folienanschluss nicht ins Auge fällt. Die schwarze Folie

verstärkt die Wirkung der Wasserspiegelung. Eine scheinbar schwebende Trittplatte im Wasser dient

der optischen Fortführung der Schrittplatten entlang des Hauses. Um den Kontrast zu verstärken, wurde

dahinter anstelle von Basalt Kalksplitt verwendet, ebenfalls ein Naturmaterial aus der Eifel.

In unserer Arbeitswelt können wir im Normalfall den Garten meistens nur nach Feierabend genie-

ßen. Wirkungsvoll eingesetztes Licht setzt einen Garten über das Tageslicht hinaus in Szene und erwei-

tert und verlängert so die Gartennutzung. Eine gelungene Beleuchtung lebt dabei vom spannungsvol-

len Wechsel zwischen hell und dunkel. Fritz Döppers Ziel für die Lichtplanung in diesem puristischen

Objekt war es, Garten und Gebäude unter Berücksichtigung der architektonischen Linie eine völlig neue

Dimension zu geben. Hierzu wurden Lichtquellen so in bestehende Objekte und Flächen integriert, dass

nur ihre Lichtwirkung zum Tragen kommt. In der Trittplatte im Wasser oder als Glasfaserspots im Boden

leuchten die Lichtpunkte in klaren Nächten wie Sterne als oszillierende Erweiterung des Universums in

das eigene Lebensumfeld. Funktionselemente setzen zusätzliche Lichtakzente wie etwa die Hartholz-

bretter vor der Cortenstahlwand, in denen Bohrungen für Lichtfaserauskopplungen installiert sind.

Fritz Döppers Projekte sind individuell konfiguriert und geplant – die hochwertigen Lichtobjekte

lässt er von kleinen Manufakturen fertigen. Kein Wunder, dass außergewöhnliche Lichtskulpturen auch

den eigenen Garten des Licht-Designers schmücken. Besonders faszinierend ist das von ihm entwickelte

„Kornfeld“. Ein quadratisches Bündel hoher, nur 2 mm starker Metallröhrchen bewegt sich wie Ähren

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im Wind und zeichnet winzige Farblinien im nächtlichen Umfeld. Am Ende jedes Röhrchens sorgt eine

integrierte Glasfaser für Licht, ein Farbrad im Fuß der Skulptur verändert ständig die Lichtfarbe.

Leider gab es im Umfeld des Grundstücks keine prominenten Bäume oder eine Bepflanzung, die

man in das Garten-Design integrieren konnte. Es galt vielmehr, die störende Umgebung auszublenden.

Mittels Eibenhecken erhielt der Garten eine topografisch klar gestaltete Form, mit zunehmender Größe

werden sie zusammen mit der Bambusgruppe dem Raum noch mehr Abgeschiedenheit garantieren. Bei

der Auswahl der Bambusarten war es Peter Berg wichtig, Stämme mit unterschiedlichen und interessan-

ten Holzstrukturen und -farben auszuwählen.

Hohe, spalierartig geschnittene Hochstamm-Hainbuchen schirmen das nah am Garten gebaute

Nachbarhaus zusätzlich ab. Im Zentrum der Rasenfläche ist ein alter Apfelbaum als ehemaliger

Hausbaum erhalten geblieben. Felsenbirne (Amelanchier lamarckii) und Ahorn (Acer palmatum)

ergänzen den Gehölzstreifen mit flächiger Stauden- und Gräserunterpflanzung. Große Kübel mit

Olivenbaum und einem quadratisch-flächigen Buchs setzen Akzente im Garten. Die Möbel sind fili-

gran aus Metall und Holz gefertigt.

Helmut Reinelts eindrucksvolle Fotos, aufgenommen in den wenigen Minuten zwischen Dämme-

rung und Dunkelheit, demonstrieren, welch suggestive Wirkung Licht und Design in diesem kleinen,

aber perfekt und individuell gestalteten Garten entfalten können.

Materialien wie Naturstein, Holz, Metall im

Spannungsfeld mit reduziert eingesetzten Pflanzen.

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Design vetschpartner Ort Schweiz Fotos Manuel Bauer 81

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Design Willy Reynders Ort Houthalen, Belgien Fotos Helmut Reinelt 123

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Design Bob Casneuf, Dominic Christiaens (Firma Otium), Inge Caers Ort Belgien Fotos Jürgen Becker

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Design vetschpartner Ort Schweiz Fotos Ralph Feiner und vetschpartner Zürich

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