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Eduard Mühle Sakralstiftungen von Herzögen und Großen im piastischen Polen. Forschungsgeschichtliche Kontexte und mittelalterliche Zusammenhänge „Das Stiftungswesen des Mittelalters rückt gegenwärtig unter immer neuen Perspekti- ven ins Blickfeld des Mediävisten.“ 1 Als Michael Borgolte diese Feststellung 1994 mit Blick auf die deutsche Forschung traf, war in Warschau gerade die grundlegende Studie Roman Michałowskis erschienen, die der polnischen Mediävistik einen neuen Blick auf den monarchischen Stifter und damit eine neue Sicht auf das mittelalterliche Stiftungs- wesen insgesamt eröffnete. 2 Fand sich Borgoltes Beobachtung in einem Sammelband über ‚Memoria in der Gesellschaft des Mittelalters‘ und damit im Kontext einer intensi- ven Erforschung des liturgischen Gebetsgedenkens, so nahm Michałowskis Untersu- chung in ihrem Untertitel programmatisch Bezug auf die „politische Kultur“. In dieser Differenz wurden vor nunmehr bald zwei Jahrzehnten in gewisser Weise die Bahnen symbolisch vorgezeichnet, innerhalb derer sich die neuere deutsche und polnische Stiftungsforschung seither entwickelt haben. Denn während sich die maßgeblich von Michael Borgolte inspirierte deutsche Forschung in den letzten Jahren in erster Linie um eine sozialgeschichtliche (und neuerdings auch transkulturell vergleichende) Be- trachtung des mittelalterlichen Stiftungswesens bemüht, stehen in der polnischen For- schung die politischen Funktionen und Wirkungen monarchischer und adliger Stiftun- gen im Vordergrund. 1 Michael Borgolte, Stiftungen des Mittelalters im Spannungsfeld von Herrschaft und Genossen- schaft, in: Dieter Geuenich / Otto Gerhard Oexle (Hrsg.), Memoria in der Gesellschaft des Mittel- alters. Göttingen 1994, 267–285, hier 267. 2 Roman Michałowski, Les fondations ecclésiastiques dans l’idéologie de la première monarchie piastienne, in: ActaPolHist 60, 1989, 133–157; Ders., Princeps fundator. Studium z dziejów kultury politycznej w Polsce X–XIII wieku [Princeps fundator. Studien zur Geschichte der politischen Kultur im Polen des 10.–13. Jahrhunderts]. Warszawa 1993. Brought to you by | New York University Elmer Holmes Bobst Library Authenticated Download Date | 10/9/14 3:17 PM

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Eduard Mühle

Sakralstiftungen von Herzögen und Großenim piastischen Polen.Forschungsgeschichtliche Kontexte undmittelalterliche Zusammenhänge

„Das Stiftungswesen des Mittelalters rückt gegenwärtig unter immer neuen Perspekti-ven ins Blickfeld des Mediävisten.“1 Als Michael Borgolte diese Feststellung 1994 mitBlick auf die deutsche Forschung traf, war in Warschau gerade die grundlegende StudieRoman Michałowskis erschienen, die der polnischen Mediävistik einen neuen Blick aufden monarchischen Stifter und damit eine neue Sicht auf das mittelalterliche Stiftungs-wesen insgesamt eröffnete.2 Fand sich Borgoltes Beobachtung in einem Sammelbandüber ‚Memoria in der Gesellschaft des Mittelalters‘ und damit im Kontext einer intensi-ven Erforschung des liturgischen Gebetsgedenkens, so nahm Michałowskis Untersu-chung in ihrem Untertitel programmatisch Bezug auf die „politische Kultur“. In dieserDifferenz wurden vor nunmehr bald zwei Jahrzehnten in gewisser Weise die Bahnensymbolisch vorgezeichnet, innerhalb derer sich die neuere deutsche und polnischeStiftungsforschung seither entwickelt haben. Denn während sich die maßgeblich vonMichael Borgolte inspirierte deutsche Forschung in den letzten Jahren in erster Linieum eine sozialgeschichtliche (und neuerdings auch transkulturell vergleichende) Be-trachtung des mittelalterlichen Stiftungswesens bemüht, stehen in der polnischen For-schung die politischen Funktionen und Wirkungen monarchischer und adliger Stiftun-gen im Vordergrund.

1 Michael Borgolte, Stiftungen des Mittelalters im Spannungsfeld von Herrschaft und Genossen-schaft, in: Dieter Geuenich / Otto Gerhard Oexle (Hrsg.), Memoria in der Gesellschaft des Mittel-alters. Göttingen 1994, 267–285, hier 267.

2 Roman Michałowski, Les fondations ecclésiastiques dans l’idéologie de la première monarchiepiastienne, in: ActaPolHist 60, 1989, 133–157; Ders., Princeps fundator. Studium z dziejów kulturypolitycznej w Polsce X–XIII wieku [Princeps fundator. Studien zur Geschichte der politischenKultur im Polen des 10.–13. Jahrhunderts]. Warszawa 1993.

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Dieser Befund hat seine lebensweltlichen Wurzeln u. a. in divergenten zeithistorischenRahmenbedingungen und entsprechend verschiedenen Forschungsgeschichten. Dersozial- und kulturgeschichtliche Aufbruch der westdeutschen Mediävistik hat die Ge-Geschichte von Kirche und Religiosität nie ausgeklammert. Dagegen mussten diesezentralen Bereiche mittelalterlicher Wirklichkeit in der polnischen Mediävistik, so sehrsich diese nach 1956 auch von marxistischen Überformungen zu lösen vermochte, impolitischen Kontext einer sozialistischen Volksrepublik deutlich in den Hintergrund tretenoder eine eher materialistische Deutung erfahren. Das hat nach 1989 insofernnachgewirkt, als die mentale bzw. religiöse Dimension kirchen- und religionsgeschicht-licher Phänomene, sobald und soweit diese wieder unverkrampft Gegenstand mediä-vistischer Forschung wurden, zunächst weiterhin in hohem Maße ausgeblendet blieb.Gleichzeitig griffen einschlägige Arbeiten vor allem auf ältere institutionengeschichtlicheAnsätze der polnischen Vorkriegsforschung zurück. Unterdessen hatte die deutscheMemoria-Forschung die zutiefst religiöse Gestalt des mittelalterlichen Umgangs mitLeben und Tod, Erinnerung und Jenseits weiter akzentuiert. Das hatte in zweierleiHinsicht entscheidende Auswirkungen auf die Stiftungsforschung. Zum einen trat diereligiöse Einbindung bzw. Ausrichtung der mittelalterlichen Stiftung ins Zentrum derAufmerksamkeit. Stiftungen wurden nun in erster Linie als Gedächtnisstiftungen, alsein spezifisches Instrument der Gedächtnispflege und Jenseitsvorsorge verstanden.3 Inder stets präsenten Erwartung eines Jüngsten Gerichtes, das ein ultimatives Urteil überden ‚armen Sünder‘ fällen würde, ging es dem früh- und hochmittelalterlichen Stifterzuallererst darum, in das Gebetsgedenken einer Kloster- oder Klerikergemeinschaftaufgenommen zu werden. Seine Stiftung zielte damit in erster Linie, wenn nicht aus-schließlich auf eine liturgische Memoria, die eine Tilgung seiner Sünden und damit denGewinn des Seelenheils bzw. ewigen Lebens sicherstellen sollte.4 Die Kirche hatte dazuschon seit der irofränkischen Mönchsbewegung ein auf Gabe und Gegengabe gegründetesBußsystem, ein sacrum commercium entwickelt, bei dem der Stifter gegen die Gabe vonLand (-besitz) bei einer Klostergemeinschaft die Gegengabe wiederholter Gebete,Fürbitten und Messen, d. h. „geistliche Sühneleistungen“ erlangen konnte.5 Später tratenandere Formen von Gaben und Wohltaten hinzu, mit denen sich ein fundator, donator,ditator, largitor oder benefactor der Fürbitten einer geistlichen Gemeinschaft versichernkonnte. Dieses System wurde seit dem 12. Jahrhundert weder durch die – teils sehr radi-kale – Kritik der Armutsbewegung am sacrum commercium noch durch die neue

3 Vgl. als konkrete Beispiele etwa Hermann Kamp, Memoria und Selbstdarstellung. Die Stiftungendes burgundischen Kanzlers Rolin. Sigmaringen 1993; Christine Sauer, Fundatio und memoria.Stifter und Klostergründer im Bild 1100 bis 1350. Göttingen 1993.

4 Arnold Angenendt, Theologie und Liturgie der mittelalterlichen Toten-Memoria, in: KarlSchmid / Joachim Wollasch (Hrsg.), Memoria. Der geschichtliche Zeugniswert des liturgischenGedenkens im Mittelalter. München 1984, 79–199, bes. 138–143; 156–167.

5 Arnold Angenendt, Die große Zeit der Schwarzen Mönche. Zur Bedeutung von Stiftung und Gebet, in:Petr Sommer (Hrsg.), Der heilige Prokop, Böhmen und Mitteleuropa. Praha 2005, 27–34, hier 28; 30.

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Vorstellung von einem Fegefeuer grundlegend erschüttert. Auch ein Bußaufenthalt imFegefeuer konnte schließlich durch Fürbitten der Lebenden verkürzt werden,6 währenddie Kritik der Bettelorden bald an eigenen materiellen Interessen und der „Ein- undAufdringlichkeit der Stifter“ erstickte.7 So waren und blieben mittelalterliche Stiftungenaus der Sicht der Memoria-Forschung vor allem „Stiftungen für das Seelenheil.“8

Neben der Akzentuierung des Gebetsgedenkens als dem eigentlichen Zweck einerjeden mittelalterlichen Stiftung hat die Memoria-Forschung zweitens einen entschei-denden Anstoß zu einem verfeinerten Stiftungsbegriff gegeben. So hat Michael Bor-golte die insbesondere von Otto Gerhard Oexle entwickelte Vorstellung produktivaufgegriffen, dass die im Gebetsgedenken praktizierte Vergegenwärtigung der Toten als„soziale Memoria“ zu begreifen sei. Die Toten seien im Mittelalter nicht in einem „bloßkognitiven oder emotionalen Sinn“, sondern in einem „Modus wirklicher Anwesenheitphysisch Abwesender“ erinnert worden. Dem habe die vormoderne Vorstellung zu-grunde gelegen, dass Tote auch nach ihrem Tod weiterhin Mitglieder der Gesellschaftblieben, im Gebetsgedenken tatsächlich ‚gegenwärtig‘ würden und damit ihre zu Leb-zeiten eingegangenen rechtlichen Bindungen und sozialen Beziehungen fortbestünden.9

An diese Überlegungen anknüpfend hat Borgolte die mittelalterliche Stiftung nicht nurals eines der Mittel und rechtlichen Instrumente charakterisiert, „durch die die Gegen-wart der erinnerten Toten konstituiert“ wurde,10 sondern geradezu als ein den Todüberdauerndes „soziales System“ bezeichnet.11 Indem sie „zum Vollzug der Memoriaoder des Stifterwillens Kommunitäten geschaffen oder vorhandene Gemeinschaftendurch Stiftungsauflagen“ geprägt haben, seien Stiftungen „sozial kreativ“ gewesen.12

Sie seien nicht institutionell als „Rechtspersönlichkeit“ erfahren worden, sondern „inder Regel personell, in Personen und Personengruppen als ihren Trägern.“13

Innerhalb dieser Personengruppen habe der Akt der Vergegenwärtigung des totenStifters, die memoria, zwar den Kern, aber nicht den einzigen Zweck des Stiftungsge-schehens gebildet. Vielmehr seien Stiftungen stets auch als caritas angelegt gewesen.14

6 Jacques Le Goff, Die Geburt des Fegefeuers. Stuttgart 1984, 163f.7 Angenendt, Große Zeit (wie Anm. 4), 33.8 Karl Schmid, Stiftungen für das Seelenheil, in: Ders. (Hrsg.), Gedächtnis, das Gemeinschaft

stiftet. München / Zürich 1985, 51–73.9 Otto-Gerhard Oexle, Memoria und Memorialüberlieferung im frühen Mittelalter, in: FMASt 10,

1976, 70–95, bes. 84; Ders., Die Gegenwart der Toten, in: Herman Braet / Werner Verbeke(Hrsg.), Death in the Middle Ages. Leuven 1983, 19–77, bes. 22; 25; Ders., Die Gegenwart derLebenden und der Toten. Gedanken über Memoria, in: Karl Schmid (Hrsg.), Gedächtnis, das Ge-meinschaft stiftet. München / Zürich 1985, 70–95, bes. 80–85.

10 Michael Borgolte, Die Stiftungen des Mittelalters in rechts- und sozialhistorischer Sicht, in:Zeitschrift für Rechtsgeschichte, Kanonistische Abteilung 74, 1988, 71–94, hier 90.

11 Borgolte, Stiftungen im Spannungsfeld (wie Anm. 1), 270.12 Ebd., 276.13 Borgolte, Stiftungen (wie Anm. 10), 83; 94.14 Michael Borgolte, Einleitung, in: Ders. (Hrsg.), Stiftungen in Christentum, Judentum und Islam vor

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Darüberhinaus konnten sie selbstverständlich auch als wirtschaftliche Instrumente(Sicherung des Eigentums) und politische Mittel (Integration von Herrschaft) eingesetztwerden.15 Insgesamt beruhten mittelalterliche Stiftungen „auf rechtlichen Regelungenund wirtschaftlichen Substraten“, verknüpften „religiöse (…) Anliegen mit dem Strebennach Anerkennung und Ruhm“ und haben insofern geradezu „totale soziale Phänomene“dargestellt. Als solche erscheinen sie als ein hervorragender Indikator „für das sozialeGefüge ihrer Entstehungszeit.“16 Damit könnten Stiftungen, so das programmatische FazitBorgoltes, „einen neuen Weg zur sozialen Wirklichkeit“ eröffnen,17 böte die Erforschungihrer Wirklichkeit doch „eine selten günstige Gelegenheit, die Interdependenz sozialer,religiöser, ökonomischer, rechtlicher und kultureller Faktoren im weiteren Sinn zuerkennen.“18

Damit hat die neuere deutsche Stiftungsforschung nicht nur die traditionelle rechts-historische Blickverengung des institutionengeschichtlichen Ansatzes aufgebrochen,sondern auch die Impulse der Memoria-Forschung produktiv weiterentwickelt. Ihreprogrammatischen Ansprüche sucht sie seither in einer Reihe konkreter Einzelstudienund transkulturell vergleichender Betrachtungen einzulösen.19 In der polnischen Mediä-vistik sind diese Ansätze hingegen bislang kaum rezipiert worden. Schon die Memoria-Forschung hat in der einschlägigen Forschung – auch wenn einzelne zentrale Texte

der Moderne. Auf der Suche nach ihren Gemeinsamkeiten und Unterschieden in religiösen Grundla-gen, praktischen Zwecken und historischen Transformationen. (StG 4.) Berlin 2005, 9–21, hier 12.

15 Borgolte, Einleitung (wie Anm. 14), 12; Ders., Planen für die Ewigkeit – Stiftungen im Mittelal-ter, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 63, 2012, 37–49, hier 47f.

16 Michael Borgolte, Einleitung, in: Ders., (Hrsg.), Stiftungen und Stiftungswirklichkeiten. Vom Mittelal-ter bis zur Gegenwart. (StG 1.) Berlin 2000, 7–10, hier 8; ähnlich Ders., Einleitung (wie Anm. 14), 12.

17 Borgolte, Stiftungen (wie Anm. 10), 94.18 Borgolte, Einleitung (wie Anm. 14), 9.19 Ralf Lusiardi, Stiftung und städtische Gesellschaft. Religiöse und soziale Aspekte des Stiftungs-

verhaltens im spätmittelalterlichen Stralsund. (StG 2.) Berlin 2000; Tilmann Lohse, Das GoslarerPfalzstift St. Simon und Judas – Eine Stiftung für die Ewigkeit, in: Harz-Zeitschrift 54/55,2002/2003, 85–106; Michael Ruprecht, Stiftungen im mittelalterlichen Halle. Zweck, Ausstattungund Organisation. Halle a. d. S. 2011; Claudia Moddelmog, Königliche Stiftungen des Mittelal-ters im historischen Wandel. Quedlinburg und Speyer, Königsfelden, Wiener Neustadt und An-dernach. (StG 8.) Berlin 2012; Ralf Lusiardi, Stiftung und Seelenheil in den monotheistischen Re-ligionen des mittelalterlichen Europa. Eine komparatistische Problemskizze, in: Borgolte,Stiftungen in Christentum (wie Anm. 14), 47–69; Ders., Familie und Stiftung im Mittelalter. Ei-nige komparative Bemerkungen zum christlich-abendländischen Kulturkreis, in: WolfgangHuschner / Frank Rexroth (Hrsg.), Gestiftete Zukunft im mittelalterlichen Europa. Festschrift fürMichael Borgolte zum 60. Geburtstag. Berlin 2008, 353–373; Tim Geelhaar, Stiftung und Innova-tion. Das Kloster Megisti Lavra auf dem Berg Athos und das New Minster, Winchester, im trans-kulturellen Vergleich, in: ebd., 245–274; Tim Geelhaar / John Thomas (Hrsg.), Stiftung und Staatim Mittelalter. Eine byzantinisch-lateineuropäische Quellenanthologie in komparatistischer Per-spektive. (StG 6.) Berlin 2007.

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inzwischen in polnischer Übersetzung vorliegen20 – nur wenig Beachtung gefunden.21

Auf die jüngere polnische Stiftungsforschung haben sie offenbar ebensowenig Einflussgenommen wie die programmatischen Anstöße Michael Borgoltes und die in seinemUmfeld bislang entstandenen Einzelstudien.22 Aber auch Roman Michałowskis – imÜbrigen nicht nur das piastische Polen betreffende23 – Studien zum monarchischen

20 Otto-Gerhard Oexle, Memoria i przekaz memoratywny we wczesnym średniowieczu [Memoriaund Memorialüberlieferung im frühen Mittelalter, 1976], in: Ders., Społeczeństwo średniowiecza.Mentalność – grupy społeczne – formy życia. Hrsg. von Roman Czaja und Zenon Hubert Nowak.Toruń 2000, 45–73; Ders., Obcowanie żywych u umarłych. Rozważania o pojęcie ‚memoria‘ [DieGegenwart der Lebenden und der Toten. Gedanken über Memoria, 1985], ebd., 13–44; JoachimWollasch, O wartości źródłowej nekrologów średniowiecznych [Über den Quellenwert mittelal-terlicher Nekrologien], in: StŹrodł 32/33, 1990, 7–16.

21 Vgl. aber Michał Kaczmarek, …in libro vitae memoriter exarata. Zum Totengedenken des KamenzerKonvents für Könige, Herzöge und Bischöfe, in: Arch. schl. Kirchengesch. 45, 1987, 1–35; AndrzejRadzimiński, Nekrologi oraz memoria w polskich kapitułach katedralnych w okresie średniowiecza, in:Agnieszka Bartoszewicz / Grzegorz Myśliwski / Jerzy Pysiak (Hrsg.), Świat średniowiecza. Warszawa2010, 577–587 [deutsche Fassung: Nekrologe und Totengedächtnis in polnischen Domkapiteln, in:Ders., Kirche und Geistlichkeit im Mittelalter. Polen und der Deutsche Orden in Preussen. Toruń 2011,165–181.]; Grzegorz Pac, Frauen und Memoria in der Dynastie der Piasten im 11. und 12. Jahrhundert– drei Beispiele, in: Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung 60, 2011, 163–185.

22 Das belegt beispielhaft der Umstand, dass lediglich in drei der fünfzehn in diesem Band publiziertenpolnischen Studien jeweils eine einschlägige Arbeit Karl Schmids oder Joachim Wollaschs oder Otto-Gerhard Oexles, in einem weiteren Beitrag ein von Schmid und Wollasch herausgegebener Sammel-band zitiert werden, die Arbeiten Michael Borgoltes hingegen gar nicht begegnen. Einer der wenigenpolnischen Mediävisten, der explizit an die Memoria-Forschung anknüpft und sie für eine Untersu-chung bürgerlicher Stiftungen in den Städten des Deutschen Ordens im 13.–16. Jahrhundert fruchtbarmacht, ist Piotr Oliński, Mieszczanin w trosce o zbawienie. Uwagi o memoratywnych funkcjach fun-dacji mieszczańskich w wielkich miastach pruskich [Der Bürger in Sorge um das Seelenheil. Bemer-kungen über die Memorialfunktionen bürgerlicher Stiftungen in den großen preußischen Städten], in:Halina Manikowska / Hanna Zaremska (Hrsg.), Ecclesia et civitas. Kościół i życie religijne w mieścieśredniowiecznym. Warszawa 2002, 347–359; Ders., Die Stiftungen in den grossen preussischen Städ-ten des ausgehenden 13. und 14. Jahrhunderts. Eine erste Bilanz, in: Hansische Geschichtsblätter 121,2003, 75–92; ansatzweise auch Marek Słoń, Zwischen Wucher und Seelenheil. Rentenmarkt undstädtische Religiosität im spätmittelalterlichen Breslau, in: QMAN 7, 2002, 145–175, bes. 161–168, deransonsten Aspekte des Stiftungswesens aus der Perspektive der Spitalforschung berührt, wobei jedochin erster Linie die Entwicklung der kommunalen Sozialfürsorge bzw. Ratspolitik und kaum der Bürgerals Stifter mit seinen Motiven und Hoffnungen interessieren: Marek Słoń, Problem fundacji szpitala wśredniowieczu. Przykład Wrocławia [Das Problem der Spitalstiftung im Mittelalter. Das BeispielBreslau], in: Edward Opaliński / Tomasz Wiślicz (Hrsg.), Fundacje i fundatorzy w średniowieczu iepoce nowożytnej. Warszawa 2000, 74–90; Ders., Fundacje szpitalne władz komunalnych jakocentrum kultu miejskiego [Spitalstiftungen kommunaler Behörden als Zentrum des städtischen Kultes],in: Manikowska / Zaremska, ebd., 361–373; Ders., Die Spitäler Breslaus im Mittelalter. Warszawa2001; Ders., Die Breslauer Spitäler als Zeichen des Prestiges einer mittelalterlichen Stadt, in: Jb. Schl.Univ. Bresl. 45/46, 2004/2005, 9–24; Ders., Spitäler in der Kirchenprovinz Gnesen im Mittelalter, in:MIÖG115, 2007, 209–233.

23 Roman Michałowski, Święta moc fundatora klasztoru (Niemcy XI–XII wieku) [Die heilige Kraft

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Stifter sind von Ausnahmen abgesehen (von denen einige in diesem Band versammeltsind) in der polnischen Forschung nicht wirklich umfassend rezipiert worden. Siewerden weder in einer grundlegenden Bestandsaufnahme der Erträge und Perspektivender polnischen Mediävistik erwähnt, die 2001 vorgelegt wurde,24 noch in speziellerenÜberblicken über neuere kirchen- und religionsgeschichtliche Forschungen.25 So kon-konstatierte Tomasz Ginter denn auch noch im Jahr 2008, dass Forschungen übermonarchische Stiftungen als ein Element der politischen Kultur im mittelalterlichenPolen für die polnische Mediävistik noch immer ein relativ neues, kaum erforschtesThema darstellten, während Leszek Wetesko ein Jahr später feststellte, dass die Stiftun-gen der piastischen Herrscher des 10.–13. Jahrhunderts und ihre historischen Kontextebis vor kurzem geradezu eine terra incognita dargestellt hätten.26 Mit Bezug auf adligeStiftungen ergänzt Dagmara Adamska diesen Befund, wenn sie feststellt, dass dieStiftungstätigkeit der Großen und der Ritterschaft in Schlesien wie in den anderenpolnischen Ländern ein „unbefriedigendes Bild“ abgebe.27 Tatsächlich ist die Zahl der

des Klosterstifters (Deutschland 11.–12. Jahrhundert)], in: Kwart. Hist. 91, 1984, 1, 3–24; Ders.,Klasztor prywatny w Niemczech IX–XII w. jako fakt religijny i społeczny. Wybrane zagadnienia[Das Privatkloster in Deutschland im 9.–12. Jahrhundert als religiöse und soziale Realität. Aus-gewählte Fragen], in: Jerzy Strzelczyk (Hrsg.), Niemcy – Polska w średniowieczu. Materiały zkonferencji naukowej zorganizowanej przez Instytut Historii UAM w dniach 14–16 XI 1983roku. Poznań 1986, 47–66.

24 Wojciech Fałkowski (Hrsg.), Pytanie o średniowiecze. Potrzeby i perspektywy badawcze polskiejmediewistyki [Fragen über das Mittelalter. Forschungsdesiderata und -perspektiven der polni-schen Mediävistik]. Warszawa 2001.

25 Marek Derwich, Stan i potrzeba badań nad wspólnotami monastycznymi w Polsce średniowiecz-nej [Stand und Desiderata der Forschungen über die monastischen Gemeinschaften im mittelalter-lichen Polen], in: Nasza Przeszł. 89, 1998, 5–65 [kürzere französische Fassung: Les communautésmonastiques en Pologne au Moyen Âge bilan et perspectives, in: QMAN 2, 1997, 3–44.]; Sta-nisław Bylyna, Badania nad dziejami chrześcijaństwa i Kościoła późnego średniowiecza [For-schungen über die Geschichte des Christentums und der Kirche des späten Mittelalters], in:Fałkowski, Pytania (wie Anm. 24), 51–65; Andrzej Radzimiński, Badania nad strukturamikościelnymi i duchowieństwem w Polsce średniowiecznej. Zarys problematyki [Forschungen zurKirchenstruktur und Geistlichkeit im mittelalterlichen Polen. Problemabriss], in: Fałkowski, Py-tania (wie Anm. 24), 67–98; Ders., Życie religijne w Polsce średniowiecznej – badania z ostat-niego dwudziestolecia, in: Paweł Skibiński / Agnieszka Przeszowska (Hrsg.), Spojrzenie w przes-złość. Bd. 1: Średniowiecze, nowożytność. Warszawa 2009, 39–50; [deutsche Fassung: Dasreligiöse Leben im spätmittelalterlichen Polen. Die Forschungen aus den letzten zwanzig Jahren,in: Ders., Kirche (wie Anm. 21), 183–198.]

26 Tomasz Ginter, Działalność fundacyjna księcia Mieszka III Starego [Die Stiftungstätigkeit HerzogMieszkos III. des Alten]. Kraków 2008, 9; Leszek Wetesko, Historyczne konteksty monarszych fundacjiartystycznych w Wielkopolsce do początku XIII wieku [Die historische Kontexte der monarchischenkünstlerischen Stiftungen in Großpolen bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts]. Poznań 2009, 5.

27 Dagmara Adamska, Fundacje dewocyjne rycerstwa księstwa świdnicko-jaworskiego w średnio-wieczu [Fromme Stiftungen der Ritterschaft des Herzogstums Schweidnitz-Jauer im Mittelalter].Warszawa / Poznań 2005.

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Sakralstiftungen von Herzögen und Großen 13

polnischen monographischen Untersuchungen, die sich in Anknüpfung an Michałowskimit Aspekten monarchischer oder adliger Stiftungen im piastischen Polen oder Ostmit-teleuropa befasst, noch immer ausgesprochen überschaubar.28 Auch einschlägige Auf-Aufsatzstudien liegen kaum in wirklich größerer Zahl vor.29

Lässt man Untersuchungen außer Betracht, die aus diplomatisch-hilfswissenschaftli-cher Perspektive einzelne oder Gruppen von Stiftungsurkunden besprechen,30 so findetdas Phänomen ‚Stiftung‘ in der polnischen Forschung ansonsten naturgemäß im Kon-text der herkömmlichen, auf die institutionelle Grundlegung und organisatorische Ent-wicklung der kirchlichen Einrichtungen ausgerichteten Kirchengeschichte Beachtung.Deren umfangreiche, in über hundertjähriger Forschung erarbeiteten Erträge haben längstein in den Grundzügen klares und feststehendes Bild von der inneren und äußeren Struk-Struktur der Kirche sowie von ihrer Funktion und Wirkung für die piastische Herrschaftund die mittelalterliche polnische Gesellschaft erbracht. Da dieses Bild nicht nur denstrukturellen Rahmen der in diesem Band zur Debatte stehenden monarchischen undadligen Sakralstiftungen bildet, sondern seine Kenntnis in den hier präsentiertenpolnischen Arbeiten auch in der Regel vorausgesetzt wird, erscheint es sinnvoll, es andieser Stelle einleitend in groben Zügen zu umreißen.31

28 Józef Dobosz, Działalność fundacyjna Kazimierza Sprawiedliwego [Die Stiftungstätigkeit Kasimirsdes Gerechten]. Poznań 1995; Ders., Monarcha i możni wobec kościoła w Polsce do początku XIIIwieku [Der Monarch und die Großen und die Kirche in Polen bis zu Beginn des 13. Jahrhunderts].Poznań 2002; Rafał Marcin Pauk, Działalność fundacyjna możnowładztwa czeskiego i jej uwa-runkowania społeczne (XI–XIII wiek) [Die Stiftungstätigkeit der böhmischen Großen und ihre so-zialen Bedingungen (11.–13. Jh.)]. Kraków / Warszawa 2000; Adamska, Fundacje dewocyjne(wie Anm. 27); Ginter, Działalność fundacyjna (wie Anm. 26); Joanna Banik, Działalność fun-dacyjna Panów z Pogorzeli na Śląsku w XIII i XIV w. Fundacje kościelne. [Die Stiftertätigkeit derHerren von Pogarell in Schlesien im 13. und 14. Jahrhundert. Kirchliche Stiftungen.] Warszawa2009; Zbigniew Zyglewski, Monarcha a klasztor w Polsce późnego średniowiecza. Bydgoszcz 2009;Wetesko, Historyczne konteksty (wie Anm. 26).

29 So ist erst ein einziger Sammelband zum Thema erschienen: Edward Opoliński / Tomasz Wiślicz(Hrsg.), Fundacje i fundatorzy w średniowieczu i epoce nowożytnej [Stiftungen und Stifter imMittelalter und in der Neuzeit]. Warszawa 2000, der jedoch mit einer in diesem Band vertretenenAusnahme (Halina Manikowska) keine hier relevanten Beiträge enthält; vgl. aber auch Anm. 62.

30 Etwa Józef Dobosz, Dokument fundacyjny klasztoru cystersów w Łeknie [Die Stiftungsurkunde desZisterzienserklosters in Łekno], in: Studia i materiały do dziejów Pałuk 1, 1989, 53–83; Tomasz Ju-rek, Dokumenty fundacyjne opactwa w Lądzie [Die Stiftungsurkunden der Abtei in Ląd], in: Rocz.Hist. 66, 2000, 7–53; Andrzej M. Wyrwa (Hrsg.), Dokument fundacyjny klasztoru cysterskiego wŁeknie z roku 1153 [Die Stiftungsurkunde des Zisterzienserklosters in Łekno]. Poznań 2003;Krzysztof Benyskiewicz, Władysław Laskonogi wystawcą dokumentów fundacyjnych klasztorucystersów w Obrze [Władysław Dünnbein als Aussteller von Stiftungsurkunden des Zisterzien-serklosters in Obra], in: StŹrodł 42, 2004, 65–78.

31 Vgl. Eduard Mühle, Die Piasten. Polen im Mittelalter. München 2011, 73–78; Andrzej Radzimiński,Kościół w Polsce około 1300 r., in: Wojciech Fałkowski (Hrsg.), Polska około roku 1300. Państwa –społeczeństwo – kultura. Warszawa 2003 [deutsche Fassung: Die Kriche in Polen um 1300, in:Ders., Kirche und Geistlichkeit (wie Anm. 21), 123–164].

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Die anlässlich der berühmten Begegnung Ottos III. mit Herzog Bolesław I. dem Tapfe-ren in Gnesen begründete polnische Kirchenprovinz32 erhielt ihre abschließende mittel-mittelalterliche Gestalt gegen Ende des ersten Viertels des 12. Jahrhunderts. Damalskamen zu den im Jahr 1000 begründeten Bistümern Gnesen (Erzdiözese), Posen, Kra-kau, Breslau und dem 1075 für Masowien errichteten Bistum Płock die BistümerWłocławek (Kujawien) und Lebus (Lebuser Land) hinzu.33 Die piastische Kirchenpro-vinz besaß damit auch nach ihrer vollen Ausbildung nicht mehr als sieben Bistümer.Das hatte vergleichsweise große Diözesen zur Folge, für die erst im Verlauf des13. Jahrhunderts mit jeweils einem Hilfsbischof, drei bis vier Archidiakonaten unddiesen unterstellten acht bis zwanzig Landdekanaten Substrukturen ausgebildet wurden,die eine flächendeckende Verwaltung erleichterten, wenn nicht überhaupt erst ermög-lichten.34 Auf der untersten Ebene dieser Hierarchie standen die Pfarrgemeinden. IhreZahl war lange Zeit relativ gering. Die ersten Kirchen, die (wie auch archäologischeBefunde belegen) zunächst ausschließlich in den Burgorten errichtet wurden, besaßeneinen riesigen Einzugsbereich; sie waren jeweils für Dutzende, wenn nicht Hundertevon Orten zuständig. Diese ‚Ur-Großpfarreien‘ wurden erst seit dem 12. Jahrhundertsukzessive aufgelöst und durch kleinere Pfarrgemeinden ersetzt. Zu einer signifikantenVerdichtung des Pfarrnetzes kam es gleichwohl erst im Verlauf des 13. Jahrhunderts.35

32 Roman Michałowski, Początki arcybiskupstwa gnieźnieńskiego, in: Jerzy Strzelczyk (Hrsg.), 1000lat Archidiecezji gnieźnieńskiej. Gniezno 2000, 27–48; Ders., Zjazd Gnieźnieński. Religijneprzesłanki powstania arcybiskupstwa Gnieźnieńskiego [Das Treffen von Gnesen. ReligiöseVoraussetzungen der Errichtung des Gnesener Erzbistums]. Wrocław 2005; Jerzy Strzelczyk, DieBedeutung der Gründung des Erzbistums Gnesen und die Schaffung einer kirchlichen Organisationfür die Ausformung einer „kirchlichen Kulturlandschaft“, in: Siedlungsforschung 20, 2002, 41–64.

33 Jerzy Kłoczowski, La province ecclésiatique de la Pologne et ses éveques, in: Le istituzioniecclesiastiche della societas christiana dei secoli XI–XII. Papato, cardinalato ed episcopato. Mi-lano 1974, 437–444; Jacek Maciejewski, Episkopat polski doby dzielnicowej 1180–1320 [Derpolnische Episkopat der Teilungszeit 1180–1320]. Kraków / Bydgoszcz 2003.

34 Tadeusz Silnicki, Organizacja archidiakonatu w Polsce [Die Organisation des Archidiakonats inPolen]. Lwów 1927.

35 Eugeniusz Wiśniowski, Parafie w średniowiecznej Polsce. Struktura i funkcje społeczne [DerPfarrbezirk im mittelalterlichen Polen. Struktur und soziale Funktionen]. Lublin 2004; ZofiaKurnatowska, Początki organizacji parafialnej polskiego Kościoła [Die Anfänge der Pfarror-ganisation der polnischen Kirche], in: Józef Dobosz (Hrsg.), Kościół w monarchiachPrzemyślidów i Piastów. Materiały z konferencji naukowej Gniezno 21–24 września 2006 roku.Poznań 2009, 37–48; Piotr Plisiecki, The Parochial Network and the Tithes System in the Medie-val Docese Cracow, in: Nathalie Kruppa (Hrsg.), Pfarreien im Mittelalter. Deutschland, Polen,Tschechien und Ungarn im Vergleich. Göttingen 2008, 223–234; Leszek Zygner, Die Pfarrei immittelalterlichen Polen. Ein Forschungsüberblick, in: Kruppa, ebd., 67–82; Leszek Poniewozik, Ro-zwój sieci parafialnej w średniowiecznej Polsce – wybrane problemy i propozycje rozwiązań [DieEntwicklung des Pfarreinetzes im mittelalterlichen Polen – ausgewählte Probleme und Lösungsvor-schläge], in: Tadeusz Grabczyk / Tadeusz Nowak (Hrsg.), Dynamika przemian społecznych ireligijnych w średniowieczu. Warszawa 2011, 169–186.

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Sakralstiftungen von Herzögen und Großen 15

Ein wichtiges Element der Kirchenorganisation waren die sieben Domkapitel, in de-nen sich – nachweisbar seit der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts – jeweils 20 bis 40herausgehobene Geistliche, zumeist Säkularkanoniker, zu Korporationen zusammen-schlossen, die gemeinsam mit ihren Bischöfen nicht nur die Geschicke ihrer Diözesenbestimmten, sondern auch die intellektuelle Elite des Reiches stellten. Den Domkapitelnnachempfunden waren die Kollegiatstifte, die an einer Reihe bedeutenderer Kirchenentstanden (besonders zahlreich in Kleinpolen, wo 20 der 25 bis Mitte des 14. Jahrhun-derts belegten Stifte lagen).36

Einen zunehmend wichtiger werdenden Bestandteil der piastischen Kirchenorganisa-tion bildeten Orden und Klöster.37 Ihre Anfänge und Entwicklung, ihre Organisationund die von ihnen ausgeprägten Lebensformen haben in den letzten Jahren das beson-dere Interesse der polnischen Mediävistik gefunden, so das gerade in diesem – für denStiftungszusammenhang besonders einschlägigen – Bereich zahlreiche neue (Detail-)-Kenntnisse gewonnen werden konnten. Nach wie vor umstritten und unklar ist dieFrage der ältesten, unmittelbar nach der Christianisierung bzw. vor dem vorübergehen-den Zusammenbruch der Kirchenorganisation in den späten 1030er Jahren entstandenenKlöster. Wahrscheinlich haben in der ‚ersten piastischen Monarchie‘, d. h. bis 1038/39zumindest drei Klostergemeinschaften (in einem bis heute nicht eindeutig identifiziertenOrt namens Mestris, in Łęczyca und auf dem Krakauer Wawel) bestanden.38 Klarere

36 Józef Szymański, Kanonikat świecki w Małopolsce od końca XI do połowy XIII wieku [DieSäkularkanoniker in Kleinpolen vom Ende des 11. bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts]. Lublin1995; Andrzej Radzimiński, Die Geistlichkeit der mittelalterlichen Dom- und Kollegiatkapitel inPolen. Stand und Perspektiven der Forschung, in: QMAN 2, 1997, 45–59; Ders., Polnische Dom-kapitel des Mittelalters – Modelle kirchlicher Karrieren, in: QMAN, 12, 2007, 319–340; Ders.,Chapter Clergy in Medieval Poland: Its Legal, Social and Cultural Models in the Context of itsReligiosity, in: ActaPolHist 101, 2010, 207–226; Magdalena Bilska-Ciećwierz, Secular Canons inPoland to the End of the 13th Century (an Outline), in: QMAN 10, 2005, 303–329; Dies.,Powstanie i organizacja kapituł kolegiackich metropolii gnieźnieńskiej w średniowieczu[Entstehung und Organisation der Kollegiatskapitel der Gnesener Metropolie im Mittelalter].Kraków 2007, 9–129; Robert Heś, Joannici na Śląsku w średniowieczu [Die Johanniter inSchlesien im Mittelalter]. Kraków 2007.

37 Den neuesten Gesamtüberblick bietet Jerzy Kłoczowski, Wspólnoty zakonne w średniowiecznejPolsce [Ordensgemeinschaften im mittelalterlichen Polen]. Lublin 2010 (demnächst in deutscherFassung zugänglich in der Reihe des Deutschen Historischen Instituts in Warschau ‚Klio inPolen‘). Vgl. auch die Übersicht ‚Klosterstiftungen im piastischen Polen‘ im Anhang.

38 Gerard Labuda, Szkice historyczne jedenastego wieku. I. Najstarsze klasztory w Polsce [HistorischeSkizzen des 11. Jahrhunderts. I. Die ältesten Klöster in Polen], in: Archeologia Historica Polona 2,1995, 7–73; Marek Derwich, Studia nad początkami monastycyzmu na ziemiach polskich. Pierwszeopactwa i ich funkcje [Studien zu den Anfängen des Monastizismus in den polnischen Ländern. ErsteAbteien und ihre Funktionen], in: Kwart. Hist. 107, 2000, 2, 77–105; Miłosz Sosnowski, Co wiadomo olokalizacji pustelni tzw. Pięciu Braci? [Was wissen wir über die Lokalisation der Einsiedelei der sogenannten Fünf Brüder?], in: Rocz. Hist. 71, 2005, 7–30; Tomasz Jurek, Ad Mestris locum. Gdzieznajdował się klasztor założony przez św. Wojciecha, in: Rocz. Hist. 75, 2009, 7–23 [englische

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Züge nimmt das Bild der piastischen Klosterlandschaft erst nach der Wiederherstellungder Monarchie durch Kasimir I. den Erneuerer an. Noch in den 1040er bis 1070erJahren gründeten er und sein Sohn Bolesław II. Benediktinerabteien in Tyniec, Mogilnound Lubiń.39 Im Verlauf des 12. Jahrhunderts kamen sieben benediktinische Neugrün-Neugründungen in Breslau/Elbing, Łysiec/Łysa Góra, Sieciechów, Leubus, Płock,Jeżów und Kościelna Wieś hinzu. Fünf von Ihnen waren herzogliche Stiftungen (zweidavon unter Beteiligung weltlicher und geistlicher Großer) und zwei Stiftungen herzog-licher Amtsträger (Piotr Włostowic, Sieciech).40

In den 1120 bis 1140er Jahren kam es zu ersten Niederlassungen regulierter Chorher-ren in Trzemeszno, Czerwińsk und Zobten/Breslau.41 Die Ansiedlung von alten undneuen Regularkanonikern erfolgte überwiegend auf Initiative weltlicher und geistlicherGroßer. Von den zwölf bis Ende des 12. Jahrhunderts entstandenen Augustiner-Chor-herren- und Prämonstratenserhäusern verdankten nur die Prämonstratenser auf demBreslauer Elbing, die vor 1193 auf Wunsch Bolesław des Langen die dortigen Benedik-tiner ersetzten, ihre Existenz ausschließlich einem Herzog. In allen anderen Fällenwaren es weltliche und geistliche Große, die – in zwei Fällen im Zusammenwirken mitdem Herzog – die Konvente begründeten und ausstatteten.42

Fassung: Ad mestris locum: Where Was the Monastery Founded by Saint Adalbert Situated, in:ActaPolHist 103, 2011, 5–29]; Grzegorz Pac, Anfänge der Frauenklöster, in diesem Band 109–130.

39 Gerard Labuda, Kto i kiedy ufundował klasztor w Tyńcu? [Wer gründete wann das Kloster inTyniec?], in: Klementyna Żurawska (Hrsg.), Benedyktyni Tynieccy w średniowieczu. Kraków 1995,23–39; Ders., Początki klasztoru benedyktynów w Mogilnie [Die Anfänge des Benediktinerklosters inMogilno], in: Ders., Szkice Historyczne X–XI wieku. Z dziejów organizacji Kościoła w Polsce wewczesnym średniowieczu. Poznań 2004, 362–365; Zbigniew Perzanowski, Opactwo benedyktyńskie wLubinie. Studia nad fundacją i rozwojem uposażenia w średniowieczu [Die Benediktinerabtei in Lubiń.Studien zur Stiftung und Entwicklung der Ausstattung im Mittelalter]. Wrocław 1978; Marek Derwich,Les deux fondations de l’abbaye de Lubiń dans le cadre de l’implementation du monachismebénédictin en Pologne (moitié du XIe – fin du XIIe siécle), in: Moyen Âge 108, 2002, 9–24.

40 Marek Derwich, Monastycyzm benedyktyński w średniowiecznej Europie i Polsce. Wybraneproblemy, Wrocław 1998, 186–198; Ders., Gab es eine Krise des Benediktinertums in Polen inder zweiten Hälfte des 12. Jh.?, in: Franz J. Felten / Nikolas Jaspert / Stephanie Haarländer(Hrsg.), Vita Religiosa im Mittelalter. Festschrift für Kaspar Elm zum 70. Geburtstag. (BerlinerHistorische Studien 31.) Berlin 1999, 123–140.

41 Krystyna Józefowiczówna, Trzemeszno. Klasztor św. Wojciecha w dwóch pierwszych wiekachistnienia [Trzemeszno. Das Kloster des hl. Adalbert in den ersten beiden Jahrhunderten des Beste-hens]. Warszawa 1978; Marek Stawski, Opactwo Czerwińskie w średniowieczu. Opactwokanoników regularnych w Czerwińsku w średniowieczu [Die Czerwińsker Abtei im Mittelalter.Die Abtei der Regularkanoniker in Czerwińsk im Mittelalter]. Warszawa 2007, bes. 79–123;Wacław Korta, Uposażenie klasztoru kanoników regularnych na górze Ślęży [Die Ausstattungdes Klosters der Regularkanoniker auf dem Zobtenberg], in: Zap. Hist. 50, 1985, 51–67; AnnaPobóg-Lenartowicz, Uposażenie i działalność gospodarcza klasztoru kanoników regularnychNMP na Piasku we Wrocławiu do początku XIV w. [Ausstattung und wirtschaftliche Tätigkeitder Regularkanoniker Unserer Lieben Frau auf der Breslauer Sandinsel]. Opole 1994.

42 Jerzy Rajman, Norbertanie polscy w XII wieku. Możni wobec ‚ordinis novi‘ [Die Prämonstraten-

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Erhebliche Dynamik entfalteten gleichzeitig auch die Zisterzienser, deren erste polni-sche Häuser in den 1140er Jahren von dem Großen und späteren Bischof und Erzbi-schof Janik in Jędrzejów sowie dem Großen Zbylut in Łekno errichtet wurden.43 Biszum Ende des 12. Jahrhunderts kamen fünf weitere Klöster in Leubus, Ląd, Sulejów,Wąchock und Koprzywnica hinzu, von denen lediglich das vom Krakauer Bischofinitiierte Wąchock eine nichtherzogliche Stiftung war.

Auch wenn bereits seit Mitte des 12. Jahrhunderts Ritter- und Spitalbruderschaften(Johanniter mit sieben Häusern, Ritter vom Heiligen Grab mit vier Häusern bis zumBeginn des 13. Jahrhunderts, davon fünf herzogliche und sechs adlige Stiftungen) diepolnische Ordenslandschaft erweiterten,44 blieb diese im 12. Jahrhundert insgesamtnoch überschaubar. Erst das 13. Jahrhundert brachte – durch Landesausbau, Urbanisie-rung und das Auftreten neuer Kongregationen, insbesondere der Bettelorden gefördert –einen kräftigen Anstieg der regulierten Gemeinschaften. Dabei expandierten die Regu-

ser im 12. Jahrhundert. Die Großen und die ordines novi], in: Społeczeństwo Polski średnio-wiecznej 7, 1996, 71–106; Anna Pobóg-Lenartowicz, Kanonicy regularni na śląsku. Życie kon-wentów w śląskich klasztorach kanoników regularnych w średniowieczu [Die Regularkanonikerin Schlesien. Das Leben der Konvente in den schlesischen Klöstern der Regularkanoniker im Mit-telalter]. Opole 1999; Marek Derwich, Der Prämonstratenserorden im mittelalterlichen Polen.Seine Rolle in Kirche und Gesellschaft, in: Irene Crusius / Helmut Flachenecker (Hrsg.), Studienzum Prämonstratenserorden. Göttingen 2003, 311–347.

43 Józef Dobosz, Proces fundacyjny i pierwotne uposażenie opactwa cystersów w Jędrzejowie[Gründungsprozess und ursprüngliche Ausstattung der Zisterzienserabtei Jędrzejów], in: DanielOlszewski (Hrsg.), Cystersi w Polsce. W 850–lecie fundacji opactwa jędrzejowskiego. Kielce1990, 40–79; Andrzej M. Wyrwa, Procesy fundacyjne wielkopolskich klasztorów liniialtenberskiej: Łekno-Ląd-Obra [Stiftungsprozesse großpolnischer Klöster der Altenberger Linie:Łekno-Ląd-Obra]. Poznań 1995, 53–82; 83–154; Ders., Powstanie zakonu cystersów i jegorozwój na ziemiach polskich w średniowieczu [Die Entstehung des Zisterzienserordens und seineEntwicklung in den polnischen Ländern im Mittelalter], in: Ders. / Jerzy Strzelczyk / KrzysztofKaczamrek (Hrsg.), Monasticon Cisterciense Poloniae. Bd. 1: Dzieje i kultura męskichklasztorów cysterskich na ziemiach polskich i dawnej Rzeczypospolitej od średniowiecza doczasów współczesnych. Poznań 1999, 27–54; Ders., Voraussetzungen und Motive der Ansiedlungvon Zisterziensern in Großpolen, in: Ulrich Knefelkamp (Hrsg.), Zisterzienser. Norm, Kultur, Re-form – 900 Jahre Zisterzienser. Berlin 2001, 91–125; Józef Dobosz, Die kleinpolnischen Zisterzi-enser – ihr Platz in Wirtschaft und Kultur Polens im 13. Jh., in: Knefelkamp, ebd., 127–136;Marian Kanior, Pierwsze fundacje cysterek na ziemiach polskich [Die ersten Gründungen derZisterzienserinnen in den polnischen Ländern], in: Andrzej M. Wyrwa (Hrsg.), Cystersi wdziejach i kulturze ziem polskich, dawnej Rzeczypospolitej i Europy Środkowej. Poznań 2004,39–51.

44 Maria Starnawska, Crusade Orders on Polish Lands during the Middle Ages. Adaptation in aPeripheral Environment, in: QMAN 2, 1997, 121–142; Dies., Między Jerozolimą a Łukowem.Zakony krzyżowe na ziemiach polskich w średniowieczu [Zwischen Jerusalem und Łuków.Kreuzritterorden in den polnischen Ländern im Mittelalter]. Warszawa 1999; Edmund Burzyński,Zakon rycerski templariuszy na ziemiach Polski piastowskiej i na Pomorzu Zachodnim.Wodzisław Śląski 2010.

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larkanoniker im 13. Jahrhundert lediglich mit fünf Neugründungen, während bei denZisterziensern acht herzogliche und sieben adlige Stiftungen hinzukamen. Besondersdynamisch entwickelten sich aber die Bettelorden. Allein die Dominikaner erhielten seit1222 bis zum Ende des 13. Jahrhunderts 26 Häuser45, bei den Franziskanern waren es38 zumeist herzogliche Stiftungen.46 Hinzukamen einige kleinere Kongregationen wiedie Augustiner-Eremiten oder Magdalenerinnen.47

Die organisatorische Verdichtung und Differenzierung, die die polnische Kirche im13. Jahrhundert erfuhr, war mit einem entscheidenden Wandel ihrer politisch-rechtli-chen Stellung verbunden. Bis ins letzte Viertel des 12. Jahrhunderts hinein waren diekirchlichen Institutionen eng an die monarchische Gewalt gebunden. Es war der Königbzw. der Herzog, der die Bischöfe investierte, der die Mitglieder der Domkapitel be-stimmte, der die meisten Kirchen und Klöster errichten ließ, ihre Priester und Äbteeinsetzte und aus seinen Einkünften für deren materielle Ausstattung und Unterhaltungsorgte, zugleich aber auch an einem uneingeschränkten Verfügungsrecht über denKirchenbesitz festhielt. Daran änderten zunächst auch die päpstlichen Protektionsbullennichts, mit deren Hilfe sich Bistümer und Klöster um übergeordnete Garantien für ihreBesitzungen und eigenständigen Einkünfte bemühten. Der Klerus blieb eine besondereGruppe fürstlicher Amtsträger. Als solche waren die Geistlichen wie alle anderen Unter-tanen dem ‚herzoglichen Recht‘ unterworfen, wurden im Zweifelsfall vor das Gericht desHerzogs gezogen und waren diesem zu Abgaben und Leistungen verpflichtet.

Die von Papst Gregor VII. propagierten Reformideen und der Investiturstreit warenin der Polonia einstweilen noch ohne Widerhall und Folgen geblieben. Zwar begannensich im 12. Jahrhundert auch weltliche Große aktiv in Kirchensachen zu engagieren,

45 Jerzy Kłoczowski, Dominikanie polscy na Śląsku w XIII–XIV wieku [Die polnischen Dominikanerin Schlesien im 13.– 14. Jahrhundert]. Lublin 1956; Jacek Wiesiołowski, Dominikanie w miastachwielkopolskich w okresie średniowiecza [Die Dominikaner in den großpolnischen Städten imMittelalter], in: Ders. (Hrsg.), Studia nad historią dominikanów w Polsce 1222–1972. Warszawa1975, 195–269; Jerzy Wyrozumski, Okoliczności wprowadzenia dominikanów do Polski [DieUmstände der Einführung der Dominikaner nach Polen], in: Dariusz Aleksander Dekański / AndrejGołembnik / Marek Grubka (Hrsg.), Dominikanie. Gdańsk – Polska – Europa. Gdańsk / Pelplin2003, 57–66.

46 Jerzy Kłoczowski, Bracia Mniejsi w Polsce średniowiecznej [Die Minderbrüder im mittelalterlichenPolen], in: Ders. (Hrsg.), Franciszkanie w Polsce średniowiecznej. Część 1: Franciszkanie na ziemi-ach polskich. Kraków 1983, 13–108; Gerard Labuda, Franciszkanie polscy w źródłach narracyjnychprowincji polsko-czeskiej w średniowieczu, in: Kłoczowski, ebd., Część 2–3. Kraków 1989, 9–47;Alicja Szulc, Klasztory franciszkańskie w średniowiecznej Wielkopolsce [Franziskanerklöster immittelalterlichen Großpolen]. Poznań 2001; Zdzisław Gogola, Organizacja i działaność francis-zkanów na ziemiach polskich w latach 1234–1939 [Organisation und Tätigkeit der Franziskaner inden polnischen Ländern in den Jahren 1234–1939], in: Tomasz Janiak / Dariusz Stryniak (Hrsg.),Franciszkanie konwentualni i klaryski w Wielkopolsce od XII do XIX wieku. Katalog wystawy.Gniezno 2006, 9–32; Patrycja Gąsiorowska, Dzieje zakonu klarysek na ziemiach polskich, in: Jani-ak / Stryniak, ebd., 33–40.

47 Kłoczowski, Wspólnoty zakonne (wie Anm. 37 ), 134; 200f.

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indem sie auf ihren Besitzungen Eigenkirchen errichteten, einzelne Klöster stifteten undausstatteten und aus ihren Familien die Dom- und Stiftskapitel besetzten. Dennoch bliebdie piastische Kirche noch das ganze 12. Jahrhundert hindurch im wesentlichen eine‚landesherrliche Veranstaltung‘, ihre Gotteshäuser und Klöster nahezu uneingeschränktdem Eigenkirchenrecht unterworfen.

Allerdings hatten die seit den 1140er Jahren um das Seniorat entbrannten innerdy-nastischen Konflikte einzelnen geistlichen Amtsträgern erste Möglichkeiten eröffnet,eine eigenständigere Rolle zu spielen. Insbesondere der Gnesener Erzbischof und derKrakauer Bischof vermittelten wiederholt zwischen den widerstreitenden Parteien,nahmen dabei Einfluss auf Thronfolgefragen und gelangten so in die Lage, für einentsprechendes Entgegenkommen fürstliche Zugeständnisse aushandeln zu können.Eine erste Lockerung der Fesseln des Eigenkirchenwesens gelang 1180 auf der Landes-versammlung von Łęczyca, als sich der Usurpator des Krakauer Prinzipats, Kasimir II.,seine Anerkennung durch den Episkopat mit dem Versprechen erkaufte, sich künftignicht mehr „die Güter verstorbener Bischöfe gleichsam wie irgendein Räuber“ anzueig-nen und „der fürstlichen Kasse“ zuzuführen.48 Diesem partiellen Verzicht auf das iusspolii folgte 1186 ein weiterer Vorstoß, als Papst Urban III. dem Krakauer BischofPełka bestätigte, das er allein das Recht besitze, in der Krakauer Diözese Kirchen zuerrichten.49

Der entscheidende Durchbruch auf dem Weg zur libertas ecclesiae erfolgte aber erstzu Beginn des 13. Jahrhunderts. Er war das Werk des Gnesener Erzbischofs HeinrichKietlicz, der während seines Pontifikats (1199–1219) nicht nur ein eifriger MitstreiterPapst Innozenz’ III. war, sondern auch die Auseinandersetzung mit seinem Landes-herrn, Herzog Władysław Dünnbein, und den mit ihm verbündeten älteren Piasten-fürsten nicht scheute (wobei er politisch von deren jüngeren Konkurrenten, insbeson-dere dem Neffen Dünnbeins, Władysław Odonic, unterstützt wurde).50 Sein stark vongregorianischen Reformideen inspiriertes Emanzipationsprogramm verfolgte mehrereZiele: 1. die Durchsetzung der freien, kanonischen Bischofswahl, 2. die Abschaffungdes Eigenkirchenwesens (Verbot der Laieninvestitur und des laikalen Zugriffs aufKirchengut), 3. die Befreiung des Klerus von der weltlich-fürstlichen Gerichtsbarkeit,

48 Aleksander Gieysztor, Nad statutem łęczyckim 1180 r.: odnaleziony oryginał bulli Aleksandra IIIz 1181 r. [Über das Statut von Łęczyca vom Jahr 1180. Eine aufgefundene Originalbulle Alexan-ders III. vom Jahr 1181], in: Księga pamiątkowa 150-lecia Archiwum Głównego Akt Dawnych wWarszawie. Warszawa 1958, 181–207; das Zitat aus Magistri Vincentii dicti Kadłubek ChronicaPolonorum. Ed. Marian Plezia, in: MPH. NS, Bd. 11. Kraków 1994, IV, 9.

49 Kodeks dyplomatyczny katedry krakowskiej św. Wacława. Część pierwsza obejmująca rzeczy odroku 1166 do roku 1366 [Urkundenbuch der Krakauer Kathedrale des hl. Wenzel. Erster Teil um-fassend Stücke vom Jahr 1166 bis zum Jahr 1366]. Ed. Franiciszek Piekosiński. Kraków 1874, Nr. 3.

50 Wojciech Baran-Kozłowski, Arcybiskup gnieźnieński Henryk Kietlicz (1199–1219). Działalnośćkościelna i polityczna [Der Gnesener Erzbischof Heinrich Kietlicz (1199–1219). Kirchliche undpolitische Tätigkeit]. Poznań 2005.

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von landesherrlichen Steuern und Abgaben, 4. die Unterstellung der polnischen Kircheunter den Heiligen Stuhl und 5. die Durchsetzung des Zölibats.

Eine erfolgreiche Realisierung dieses Programms musste ein grundlegend veränder-tes Verhältnis von ecclesia und regnum zur Folge haben. Die Fürsten nahmen dieseEntwicklung – so sehr sie für eine kirchliche Unterstützung ihrer partikularen Machtin-teressen auch immer wieder zu Zugeständnissen bereit waren – freilich nicht wider-standslos hin. Dennoch gelang es bereits Heinrich Kietlicz, erhebliche Teile seinesProgramms tatsächlich durchzusetzen: zunächst die freie kanonische Bischofswahldurch die Domkapitel (in Breslau 1201, Krakau 1207, Posen 1211), dann die Unver-letzlichkeit des Kirchenbesitzes, die 1210 von drei Teilfürsten der jüngeren Generation– Leszek dem Weißen, Konrad von Masowien und Władysław Odonic – in einemprivilegium super ecclesiastica libertate zugestanden wurde und schließlich 1215 dieBefreiung der Geistlichkeit und eines Teiles ihrer „Kirchenleute“ (homines ecclesiaeinhabitantes patrimonium) von herzoglichen Dienstleistungen und der weltlich-fürstli-chen Gerichtsbarkeit (privilegium fori), zu der sich die gleichen Teilfürsten zusammenmit dem Fürsten von Oppeln-Ratibor Kasimir I. auf einem Treffen in Wolbórz für ihreHerrschaftsgebiete bewegen ließen.51 Damit waren zumindest formal (wenn auch nochnicht für alle Teilfürstentümer) die Grundlagen für eine weitgehende Befreiung derKirche und ihrer Güter von fürstlichen-säkularen Eingriffen geschaffen, die entschei-denden Schritte aus dem herzoglich-weltlichen Eigenkirchenwesen vollzogen.

In der Praxis zog sich der tatsächliche Übergang zu einem reinen landesherrlichenKirchenpatronat dann allerdings noch etwas länger hin. Bei den Bischofswahlen kamenzunächst weiterhin überall die Kandidaten der Herzöge zum Zuge, denn die Domkapitelblieben personell eng mit den Herzogskanzleien verknüpft. Das privilegium fori konnteoffenbar nicht vor Mitte des 13. Jahrhunderts realisiert werden; der Krakauer Kirchewurde es von Bolesław V. erst 1252 explizit bestätigt52 und erst 1248 beschloss eineSynode in Breslau, dass in jeder Diözese ein Kirchengericht (Offizialat) etabliert werde53,ein Vorhaben, das – wie eine weitere Synode konstatierte – noch 1267 nicht vollständigverwirklicht war.54 Auch über die Besitzimmunitäten, die Dienstleistungen,Steuerabgaben sowie die besonders strittige Frage der Entrichtung des vollen Kirchen-zehnten haben Herzöge und Bischöfe – insbesondere in Schlesien – noch eine ganzeWeile teilweise heftig gestritten. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts war die libertasecclesiae dann aber überall, auch in Schlesien, durchgesetzt, waren auf den kirchlichen

51 Kodeks dyplomatyczny Wielkopolski. Bd. I: zawiera dokumenty nr 1–616 z lat 984–1287[Großpolnisches Urkundenbuch. Band 1: Enthält die Urkunden Nr. 1–616 aus den Jahren 984–1287]. Ed. Ignacy Zakrzewski. Poznań 1877, Nr. 70; Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 1: 971–1216. Ed. Heinrich Appelt. Wien / Köln / Graz 1971, Nr. 145.

52 Kodeks dyplomatyczny katedry krakowskiej. Ed. Piekosiński (wie Anm. 49), Nr. 35.53 Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 2: 1231–1250. Ed. Winfried Irgang. Wien / Köln / Graz 1977,

Nr. 346.54 Schlesisches Urkundenbuch, Bd. 4: 1267–1281. Ed. Winfried Irgang. Köln / Wien 1988, Nr. 5.

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Besitzungen die herzoglichen Rechte schließlich an die geistlichen Grundherren über-gegangen.

Innerhalb dieser nur in den allergröbsten Umrissen skizzierten institutionell-organisato-rischen Entwicklung der polnischen Kirche vom ausgehenden 10. bis beginnenden14. Jahrhundert haben monarchische und adlige Sakralstiftungen eine bedeutende Rollegespielt. Als für die materielle Existenz kirchlicher Einrichtungen unerlässliche Land-vergaben sowie als im ‚Kirchenkampf‘ erstrittene Immunitäten und Exemptionen sinddie ‚Wohltaten‘ der Herzöge zugunsten der Kirche denn auch früh Gegenstand intensi-ver mediävistischer Forschung gewesen.55 Die jüngere, beachtlich rege Ordensfor-schung hat diesem Bereich daher verständlicherweise kaum weitere Aufmerksamkeitgeschenkt. Sie hat ihr Interesse stattdessen, soweit sie nicht mit der Ermittlung vonGründungsdaten und Entwicklungsphasen einzelner Häuser oder Kongregationenbefasst war, vornehmlich auf das klösterliche Alltagsleben56, auf die kulturellenFunktionen und Wirkungen der Klöster57, auf ihre Beziehungen zu den Städten58 und

55 Roman Grodecki, Początki immunitetu w Polsce [Die Anfänge der Immunität in Polen]. Lwów1930; Kazimierz Tymieniecki, Przywilej biskupstwa poznańskiego z roku 1232 na tle rozwoju.immunitetu w XIII w. [Das Privileg des Posener Bischofs vom Jahr 1232 vor dem Hintergrund derEntwicklung der Immunität im 13. Jahrhundert]. Poznań 1934; Zdzisław Kaczmarczyk, Immunitetkościelny ekonomiczny w Małopolsce w XIII w. [Die ökonomische Kirchenimmunität in Kleinpo-len im 13. Jahrhundert]. Poznań 1932; Ders., Immunitet sądowy i jurysdykcja poimmunitetowa wdobrach Kościoła w Polsce do końca XIV wieku. [Gerichtsimmunität und die Jurisdiktion nachImmunitätsverleihung auf den Kirchengütern in Polen bis zum Ende des 14. Jahrhunderts]. Poznań1935; Józef Matuszewski, Immunitet ekonomiczny w dobrach Kościoła w Polsce do roku 1381[Wirtschaftliche Immunität auf den Kirchengütern in Polen bis zum Jahr 1381]. Poznań 1936.

56 Marek Derwich (Hrsg.), La vie quotidienne des moines et chanoines réguliers au Moyen Âge ettemps modernes. Wrocław 1995; Krzysztof Kaczmarek, Szkoły i studia polskich dominikanów wokresie średniowiecza [Schulen und Studien der polnischen Dominikaner im Mittelalter]. Poznań2005; Przemysław Wiszewski, Religijność średniowiecznych zakonnic na ziemiach polskich.Problem modeli i źródeł na przykładzie opactwa w Trzebnicy (XIII–XV w.) [Die Religiosität dermittelalterlichen Orden in den polnischen Ländern. Das Problem eines Modells und der Quellen amBeispiel der Abtei in Trebnitz (13.–15. Jh.)], in: Halina Manikowska / Wojciech Brojer (Hrsg.),Animarum kultura. Studia nad kulturą religijną na ziemiach polskich w średniowieczu. Bd. 1:Struktury kościelno-publiczne. Warszawa 2008, 353–380; Krystyna Sułkowska-Tuszyńska, Życie iśmierć w klasztorze w świetle badań archeologicznych [Leben und Tod im Kloster im Lichtarchäologischer Forschungen], in: Dobosz, Kościół w monarchiach (wie Anm. 35), 305–331.

57 Jerzy Strzelczyk (Hrsg.), Cystersi w kulturze średniowiecznej Europy [Die Zisterzienser in derKultur des mittelalterlichen Europa]. Poznań 1992; Anna Pobóg-Lenartowicz / Marek Derwich(Hrsg.), Klasztor w kulturze średniowiecznej Polski [Das Kloster in der Kultur desmittelalterlichen Polen]. Opole 1995; Jerzy Kłoczowski / Jan Andrzej Spież (Hrsg.), Dominikaniew środkowej Europie w XIII–XV wieku. Aktywność duszpasterska i kultura intelektualna [DieDominikaner in Mitteleuropa im 13.–15. Jahrhundert. Seelsorge und intellektuelle Kultur].Poznań 2002; Andrzej M. Wyrwa / Antoni Kiełbasa (Hrsg.), Cystersi w dziejach i kulturze ziempolskich, dawnej Rzeczypospolitej i Europy Środkowej [Die Zisterzienser in Geschichte und

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den anderen kirchlichen Strukturen,59 schließlich auf ihr Verhältnis zu Staat60 undGesellschaft61 gerichtet. Insbesondere im Kontext des letztgenannten Aspektes musstendie monarchischen und adligen Stifter auch mit ihren jeweiligen mentalen, religiösen,sozialen, wirtschaftlichen und politischen Interessen und Erwartungshaltungen in denBlick geraten. Das ist – wie nicht nur die in diesem Band versammelten Arbeitenanzeigen62 – in einem gewissen Umfang tatsächlich auch geschehen. Dennoch hat

Kultur der polnischen Länder, der alten Republik und Mitteleuropa]. Poznań 2004; KatarzynaGralak, Monastyczna kultura piśmienna. Polski krąg cysterski [Die monastische Schriftkultur.Der polnische Zisterzienserkreis], in: Prz. Humanist. 48, 2004, 57–73; Andrzej Wałkowski,Piśmiennictwo cysterek trzebnickich w XIII wieku [Die Schriftlichkeit der TrebnitzerZisterzienserinnen im 13. Jahrhundert], in: Andrzej Radzimiński / Dariusz Karczewski / ZbigniewZyglewski (Hrsg.), Sanctimoniales. Zakony żeńskie w Polsce i Europie Środkowej (do przełomuXVIII i XIX wieku). Bydgoszcz / Toruń 2010, 452–458.

58 Marek Derwich / Anna Pobóg-Lenartowicz (Hrsg.), Klasztor w mieście średniowiecznym inowożytnym [Das Kloster in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Stadt]. Wrocław / Opole2000; Marek Derwich, Mnisi w polskim mieście średniowiecznym [Mönche in der polnischenmittelalterlichen Stadt], in: Manikowska / Zaremska, Ecclesia et civitas (wie Anm. 22), 143–160;Halina Manikowska, Klasztor żeński w mieście średniowiecznym [Das Frauenkloster in der mit-telalterlichen Stadt], in: Roczniki dziejów społecznych i gospodarczych 62, 2002, 7–48.

59 Marek Derwich / Anna Pobóg-Lenartowicz (Hrsg.), Klasztor w kościele średniowiecznym inowożytnym [Das Kloster in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Kirche]. Warszawa 2010.

60 Marek Derwich / Anna Pobóg-Lenartowicz (Hrsg.), Klasztor w państwie średniowiecznym inowożytnym [Das Kloster im mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Staat]. Wrocław / Opole /Warszawa 2005.

61 Marek Derwich / Anna Pobóg-Lenartowicz (Hrsg.), Klasztor w społeczeństwie średniowiecznymi nowożytnym [Das Kloster in der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Gesellschaft].Opole / Wrocław 1996; Andrzej M. Wyrwa / Józef Dobosz (Hrsg.), Cystersi w społeczeństwie Eu-ropy Środkowej [Die Zisterzienser in der Gesellschaft Mitteleuropas]. Poznań 2000.

62 Vgl. Wyrwa, Procesy funadcyjne (wie Anm. 40), 167–178; Marian Kuzner, „Na drodze kuchwale“ – ideowe programy fundacji artystycznych księcia śląskiego Henryka Brodatego [„Aufdem Weg zum Ruhm“ – die ideellen Programme der künstlerischen Stiftungen des schlesischenHerzogs Heinrichs des Bärtigen], in: Kazimierz Bobowski (Hrsg.), Księga Jadwiżańska. Wrocław1995, 135–150; Magdalena Żurek, Patronat rodziny Mieszka III Starego nad klasztorem bene-dyktyńskim w Lubiniu [Das Familienpatronat Mieszkos III. des Alten über das Benediktiner-kloster in Lubiń], in: Derwich / Pobóg-Lenartowicz, Klasztor (wie Anm. 62), 347–354; PatrycjaGąsiorowska, Fundacje Anny śląskiej (1204–1265) [Die Stiftungen der schlesischen Anna (1204–1265)], in: Studia Franciszkańskie 11, 2001, 223–244; Gerard Kucharski, Działalność fun-dacyjno-donacyjna księcia Kazimierza Konradowica na rzecz cystersów w Wielkopolsce, na Ku-jawach i Pomorzu [Die Stiftungs- und Schenkungstätigkeit Herzog Kazimirs I. Konradowicz zu-gunsten der Zisterzienser in Großpolen, Kujawien und Pommern], in: Nasza Przeszł. 96, 2001,447–492; Waldemar Rozynkowski, Patrocinia kościołów klasztornych fundacji władców polskich(XI–XV wiek). Wokół patronatu władzy? [Die Patrozinien der Klosterkirchen von Stiftungenpolnischer Herrscher (11.–15. Jahrhundert). Um das Patronatsrecht?], in: Derwich / PobógLenartowicz, Klasztor w państwie (wie Anm. 61), 31–44; Romuald Kaczmarek, Kolegiata KrzyżaŚwiętego we Wrocławiu jako fundacja Henryka IV Probusa. Impuls i następstwa – świadectwaikonograficzne [Das Heiligkreuzstift in Breslau als Stiftung Heinrichs IV. des Gerechten. Impuls

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Marek Derwich zu Recht in einen Katalog von Forschungsdesiderata, die sich derpolnischen Ordensforschung nach wie vor stellen, nicht zuletzt auch die Frage nach der„Rolle der Klosterstiftungen in der Herrschaftsideologie“ sowie dem Zusammenhangvon „Herrschaft und den von Klöstern ausgeübten liturgischen, kommemorativen undBegräbnis-Funktionen“ aufgenommen.63 In der Tat hat es den Anschein, als böten sichder polnischen bzw. mit dem piastischen Polen befassten Mediävistik auch in diesemThemenfeld – und über die von Derwich formulierten Desiderata hinaus – noch weitrei-chende Entwicklungsperspektiven.64

Vor diesem Hintergrund will die hier vorgelegte Auswahl neuerer polnischer Arbei-ten über monarchische und adlige Sakralstiftungen einen Beitrag dazu leisten, dasGespräch zwischen der polnischen und der deutschen Mediävistik über den Gegenstandzu intensivieren. Zu diesem Zweck versammelt der Band 15 Texte polnischer Mediä-visten, von denen fünf in ihrer ursprünglichen polnischen Fassung zwischen 1993 und1999, neun in den Jahren 2000 bis 2009 erschienen sind, während ein Beitrag als Aus-zug aus einer noch unveröffentlichten 2011 verteidigten Dissertation erscheint. AlleBeiträge wurden für die Veröffentlichung in diesem Band zum größten Teil starküberarbeitet, teilweise gekürzt und vielfach aktualisiert, mitunter auch um bislang

und Folgen – ikonographische Zeugnisse], in: Wratislavia Antiqua 8, 2005, 85–100; Roman Stel-mach, Książęta śląscy i ich patronat nad fundacjami klasztornymi – fundacje i darowizny, in: Stu-dia i materiały z dziejów Śląska 26, 2005, 33–45; Ders., Henryk I Brodaty jako fundator i donatorklasztorów śląskich [Heinrich I. der Bärtige als Stifter und donator schlesischer Klöster], in: ebd.,45–55; Anna Pobóg-Lenartowicz, Księżniczki śląskie wobec śląskich klasztorów kanonikówregularnych [Schlesische Fürstinnen und die schlesischen Klöster der Regularkanoniker], in: ebd.,57–64; Marek L. Wójcik, Piastowie górnośląscy a opactwo tynieckie w średniowieczu [Dieoberschlesischen Piasten und die Abtei Tyniec im Mittelalter], in: ebd., 65–91; BarbaraKowalska, Bolesław Wstydliwy i św. Kinga a ruch franciszkański [Bolesław der Schamhafte unddie hl. Kinga und die Franziskanerbewegung], in: Krzysztof Ożóg / Tomasz Gałuszka / AnnaZajchowska (Hrsg.), Mendykanci w średniowiecznym Krakowie. Kraków 2008, 97–112; Szczęs-ny Skibiński, Wokół fundacji artystycznych Piastów [Um die künstlerischen Stiftungen derPiasten], in: Józef Dobosz (Hrsg.), Przemyślidzi i Piastowie – twórcy i gospodarześredniowiecznych monarchii. Materiały z konferencji naukowej. Poznań 2006, 169–193; TomaszGiergiel, Fundacje rycerstwa sandomierskiego we wczesnym średniowieczu, in: AlmanachHistoryczny 10, 2008, 57–79.

63 Marek Derwich, Klasztor w państwie – zarys problematyki badawczej [Das Kloster im Staat –Abriss der Forschungsproblematik], in: Derwich / Pobóg-Lenartowicz, Klasztor w państwie (wieAnm. 61), 19–28, hier 20f.; vgl. auch Ders., Stan i perspektywy badań nad monastycyzmem[Stand und Perspektiven der Forschungen zum Monastizismus], in: Sobótka 54, 1999, 173–183,hier 183.

64 Nur oberflächlich behandeln Aspekte des Themas aus einer nichtpolnischen Perspektive EmiliaJamroziak, Klosterstiftungen polnischer Adliger im 12. Jahrhundert. Fragen nach Motiven und„Selbstdarstellung“, in: East Central Europe – L’Europe du Centre-Est 29, 2002, 155–166; MaikeSach, Stiftungs- und Schenkungsakte als Formen von Herrschaftslegitimation und religiöserSelbstvergewisserung im mittelalterlichen Polen (10.–12. Jahrhundert), in: Jahrbücher für Ge-schichte Osteuropas 55, 2007, 491–516.

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unveröffentlichte Teile ergänzt, so dass sie in einzelnen Fällen de facto neue Beiträgedarstellen. Die Auswahl der Texte ist zwangsläufig begrenzt und subjektiv, erfasst abernach Ansicht des Herausgebers im Wesentlichen die zentralen neueren Texte der ein-schlägigen neueren polnischen Forschung.

Die Auswahl wird mit einem Auszug aus Roman Michałowskis grundlegender Stu-die von 1993 eröffnet, die in der polnischen Forschung das Phänomen ‚Stiftungen‘erstmals systematisch mit Blick auf die frühpiastische „politische Kultur“ befragt hat.Michałowski versteht die mittelalterlichen Sakralstiftungen dabei vor allem als Be-standteil der „Sprache der monarchischen Propaganda“, die sich auch an das Sacrum inerster Linie in politischer Intention gerichtet habe. Zwar hätten die Stiftungen derPiasten auch „ein religiöses Werk par excellence“ dargestellt, doch sei es den stiftendenHerrschern vor allem um den „Himmel“ als einen „Akteur des politischen Spiels“ unddarum gegangen, ihrer Herrschaft die göttliche Gnade zu sichern. Wie aus solcherMotivation heraus mit Stiftungen (d. h. mit Gründungen neuer Einrichtungen und/oderSchenkungen und Vergaben an bereits bestehende) ein zweifacher Druck – nämlich aufdie Menschen und auf das Sacrum – ausgeübt wurde, führt Michałowski in detailierter,quellennaher Argumentation für das frühe 11. Jahrhundert am Beipiel der als einebewußte Nachahmung des ottonisch-salischen Aachen gedeuteten Fundierung derSakraltopographie Krakaus, für die zweite Hälfte des 11. Jahrhunderts an der Stiftungder Benediktinerabtei Tyniec bei Krakau und für das ausgehende 13. Jahrhundert an derStiftung der Heiliggeistkirche in Breslau durch Herzog Heinrich IV. den Gerechten vorAugen. Monarchische Stiftungen, so Michałowskis Fazit, „waren ein fester Bestandteilder politischen Kultur des piastischen Polen“. In ihnen kamen in markanter WeiseSelbstbewusstsein und Herrschaftsanspruch der Monarchen zum Ausdruck, wobei siegleichermaßen von fremden Vorbildern beeinflusst wie von endogenen, geradezuanthropologischen Konstanten geprägt erscheinen.

Das Phänomen der Nachahmung westlicher Vorbilder, wie es bei Michałowski mitBlick auf das Verhältnis von Krakau und Aachen diskutiert wird, steht auch im Zentrumder Überlegungen von Grzegorz Pac, der nach den Anfängen der Frauenklöster inBöhmen und Polen fragt. Dazu verortet er die – in Böhmen klarer, in Polen wenigerdeutlich – fassbaren Anfänge der Frauenklöster im weiten Kontext des europäischenfrühmittelalterlichen Frauenmonastizismus. Er zeigt, wie die Přemysliden und Piastenaus eigener Anschauung und indirekter Vermittlung offenbar rasch den Stellenwerterkannten, den Frauenklöster – etwa Quedlinburg – im „politisch-religiösen System“der benachbarten Königsherrschaft einnahmen. Angesichts der gewaltigen Vorbildwir-kung, die von den sächsischen, aber auch bayerischen Vorbildern im ausgehenden 10.,beginnenden 11. Jahrhundert ausgegangen sei, hätten die Gründung von eng mit derjeweiligen Dynastie verbundenen Frauenklöstern und die Unterbringung der Herr-schertöchter in diesen Klöstern „gewissermaßen einen natürlichen Schritt“ dargestellt,der sich bei Přemysliden und Piasten allerdings interessanter- und merkwürdigerweisezunächst nur für die Frühphase ihrer Herrschaftsbildung beobachten lasse. Denn nach

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den frühen Gründungen jeweils eines Frauenklosters in Böhmen und Polen ist es dorterst seit Mitte des 12. Jahrhunderts zur Gründung weiterer Frauenkonvente gekommen.

Die Frage der piastischen Beziehungen zum Reich vertieft Szymon Wieczorek, der indetailierter Analyse der einschlägigen Quellen jene Schenkungen untersucht, die Her-zog Bolesław III. Schiefmund und seine zweite Ehefrau Salomea von Berg in den 1130bis 1140er Jahren der Benediktinerabtei Zwiefalten zuwandten. Wie Wieczorek zeigt,war es primär die familiäre Verbindung, die der polnische Herrscher über seine Ehe mitSalomea zu einer Familie im Reich geknüpft hatte, die ihn auf die Pracht und Frömmig-keit des weit entfernten schwäbischen Klosters aufmerksam machten. Und so dürftendie Motive der Schenkungen Bolesławs und Salomeas an Zwiefalten, wie Wieczorekplausibel macht, auch in erster Linie in der religiösen Sorge um das Seelenheil dererweiterten Familie, der Verwandten gelegen haben. Dass die Schenkungen danebenauch nichtreligiöse Motive gehabt haben können (etwa Sicherung wertvollen Besitzangesichts der unsicheren politischen Lage nach dem Tod Bolesławs III.) schließtWieczorek nicht aus, doch trete in den verfügbaren Quellen das Motiv der memoriaeindeutig in denVordergrund.

Dass auch bei Stiftungen, die polnische Große im ausgehenden 11. und12. Jahrhundert kirchlichen Einrichtungen zukommen ließen, neben wirtschaftlichenAspekten die religiösen Motive – die Sorge um das Seelenheil (pro remedio meo et virimei) – eine bedeutende, wenn nicht „die erstrangige Rolle“ gespielt haben, zeigtKrzysztof Skwierczyński. Er macht zugleich den entscheidenden Zusammenhangdeutlich, der zwischen der seit der Wende vom 11. zum 12. Jahrhundert erfolgendenAusbildung agnatischer Adelsfamilien und dem Auftreten von Großen als Stifternbestand. Diese suchten dabei in ihren Handlungen den piastischen Herrscher nachzuei-fern bzw. diese zu imitieren, wodurch letztere zunehmend ihr Monopol bei der Sorgeum die Kirche zu verlieren begannen. Tatsächlich vermochten einzelne Große wie PiotrWłostowic oder Jaxa mit ihren Stiftungstätigkeiten den Monarchen zeitweise beachtli-che Konkurrenz zu machen. Nicht selten kam es bei größeren Stiftungen (z. B. Klö-stern) aber auch zu einem bi- oder trilateralen Zusammenwirken von Monarchen,Großen und Bischöfen.

Der sich anschließende Text von Józef Dobosz ist wiederum ein Ausschnitt aus einergrößeren monographischen Darstellung, in der der Autor einen umfassenden Überblicküber das Verhältnis der piastischen Monarchen und ihrer Großen zur Kirche gebotenhat. Dabei hat er auch die jeweiligen Stiftungstätigkeiten ausführlich behandelt undzusammengestellt, was die verfügbaren Quellen dazu hergeben. Der in diesem Sam-melband gebotene Ausschnitt stellt einerseits die monarchische Stiftungstätigkeit amBeispiel von Herzog Bolesław III. Schiefmund, andererseits die Stiftungstätigkeitweltlicher Großer und ihrer Familien im Verlauf des 12. Jahrhunderts vor. Wie Doboszselbst betont, geht es ihm dabei weniger um eine synthetisch-analytische Interpretationdes Phänomens als um eine Zusammenstellung der ‚Stiftungsfakten‘, die das Thema

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nicht ausschöpft, sondern eher Anstöße zur weiteren Diskussion über die Stiftungstätig-keit der piastischen Monarchen und Großen geben will.

Wie auch Dariusz Karczewski, Halina Manikowska und Jerzy Rajman in ihren Bei-trägen zeigen, handelte es sich bei den prominenten Stiftungen weltlicher Großer im12. Jahrhundert zumeist um Klöster. Da diese Stiftungsunternehmen enorme materielleRessourcen erforderten, traten nicht selten, wie Karczewski betont, verwandtschaftlichverbundene Stiftergemeinschaften auf. Die Włostowicen, d. h. der Pfalzgraf PiotrWłostowic und seine Verwandten waren in diesem Sinn zweifellos eines der herausra-genden Beispiele. Ihre Stiftungstäigkeit in Breslau und Umgebung steht auch imZentrum des Beitrages von Halina Manikowska, die sie zugleich mit den entsprechen-den herzoglichen Aktivitäten, insbesondere mit jenen der späteren Teilfürsten Bolesławdem Langen und Heinrich dem Bärtigen in Beziehung setzt. Neben Piotr Włostowic tratim 12. Jahrhundert mit dem in vieler Hinsicht noch immer rätselhaften Jaxa (‚vonMiechów‘ und/oder ‚von Köpenick‘?) ein zweiter ganz herausragender adliger Stifterhervor, der als Schwiegersohn des Piotr Włostowic zugleich zum Verwandtenkreis derWłostowicen gehörte. Seine Stiftungsaktivitäten und die Frage seiner Herkunft werdenvon Jerzy Rajman eingehend erörtert.

Den Sakralstiftungen des großpolnischen Herzogs und zeitweiligen Krakauer Senior-herrschers Mieszko III. des Alten geht Leszek Wetesko nach. Dabei nimmt er zunächstdie Erneuerung der Gnesener Kathedrale und ihre Ausschmückung mit der berühmtenGnesener Bronzetür in den Blick, deren Bildprogramm (Vita des hl. Adalbert) er alseine programmatische Antwort Mieszkos auf die Krakauer Bemühungen deutet, demtradionellen großpolnischen Zentralort piastischer Herrschaft durch die Etablierungeines neuen, eigenen kleinpolnischen Kultes des hl. Florian den Rang abzulaufen.Sodann stellt Wetesko Mieszkos religiöse Kunststiftungen in Gestalt liturgischer Gerät-schaften (Kelche, Patenen) vor, ehe er abschließend knapp auf die wenigen Kirchen-und Klosterstiftungen des großpolnischen Herzogs eingeht. Diesen letztgenanntenAspekt vertieft Tomasz Ginter in seiner exemplarischen Detailstudie zu den Anfängeneiner herzoglichen Klosterstiftung. Der Ausschnitt aus einer umfangreicheren Mono-graphie führt auch in seiner gekürzten Form mit seiner (nicht von allen polnischenMediävisten geteilten) diplomatisch-hilfswissenschaftlichen Argumentation sehr schönvor Augen, wie unklar in vielen Fällen – hier im Fall der Gründung des Zisterzienser-klosters Ląd – die Frage der konkreten Chronologie und Zusammenhänge des jeweili-gen – bekanntlich stets langgestreckten – Gründungsprozesses noch immer ist.

Eine weitere konkrete Klosterstiftung ist Gegenstand des Beitrages von AndrzejPleszczyński. Er zeigt, wie und warum der Krakauer Herzog Bolesław V. der Scham-hafte 1245 ein Klarissenstift in Zawichost an der Weichsel, nördlich von Sandomirgründete. Auch diese Stiftung sollte nicht allein dem Seelenheil des Krakauer Herzogsdienen, sondern „eschatologisch“ wie politisch auch seinen Herrschaftsbereich markie-ren. Dass dem Kloster in den östlichen Grenzgebieten des kleinpolnischen Herzogtumsoffenbar auch eine strategisch-militärische Rolle zugedacht war, zeigt der Umstand,

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dass es mit einem Spital ausgestattet und mit Befestigungsanlagen gesichert wurde.Dennoch musste es im Angesicht der akuten Tatarengefahr schon 1257 in sichereskleinpolnisches Gebiet zurückverlegt werden.

Die letzten vier Beiträge kehren von Kleinpolen nach Schlesien zurück und behan-deln sowohl herzogliche wie adlige Stiftungen. Marcin Pauk diskutiert in einem breitenvergleichenden Zugang das Stiftungsprogramm der schlesischen Piasten im13. Jahrhundert. Er zeigt, wie die schlesischen Herzöge ihre zisterziensischen Kloster-stiftungen im Sinne von „Hausklöstern“ sowohl für ihre liturgische memoria, zugleichaber auch als „bauliche Machtsymbole“ politisch einsetzten. Dabei stellt er einen inter-essanten kausalen Zusammenhang zwischen dem Auftreten dieser Sakralstiftungen unddrei politischen Wirkungsfaktoren fest, nämlich ihrem Zusammentreffen mit 1. demEindringen des westeuropäischen Modells der Territorialherrschaft, 2. der Verfestigungder politischen Zersplitterung des regnum Poloniae und 3. der Ausbildung eines parti-kularen Territorialbewusstseins innerhalb der neuen teilfürstlichen Dynastiezweige.

Diesen Deutungsstrang zeitlich weiter, bis ins 14. Jahrhundert hinein, führtPrzemysław Wiszewski. Er konzentriert sich dabei auf die schlesischen Frauenklösterund die politischen, wirtschaftlichen und mentalen Folgen, die die ihnen jeweils vonihren herzoglichen Stiftern zuteil gewordene Unterstützung gezeitigt hat. Für Wi-szewski lag das Hauptmotiv einer wirksamen Unterstützung eines Klosters, d. h. fürseine entsprechend hohe Ausstattung in dem Bestreben der „ewige[n] Aufrechterhal-tung des klösterlichen Fürbittengebets“ für das herzogliche Seelenheil. Darüberhinausdienten die gestifteten Frauenklöster den Herzögen auch „als Bildungs- und geistlicheÜbungszentren für Frauen aus dem Stiftergeschlecht vor ihrer Verheiratung oder nachdem Tode ihres Gatten“.

Die Beiträge von Joanna Banik und Dagmara Adamska behandeln abschließend zweiBeispiele adliger Stiftungsaktivitäten, die sich bereits in einer Phase entfalten, in dersich die vornehmlich aus herzoglichen Amtsträgern geformte soziale Gruppe derGroßen zu großgrundbesitzenden adligen Familien- bzw. Geschlechterverbändentransformiert hatte. Eines der größten und bedeutendsten dieser neuen Adelsgeschlech-ter in Schlesien waren die Pogarells, deren Stiftungtätigkeit und Stiftungsmotive JoannaBanik am Beispiel des um 1210 von Vinzenz von Pogarell begründeten Klosters derRegularkanoniker in Kamenz und des um 1285 von Bogusz von Pogarell gestiftetenDominkanerklosters in Löwen diskutiert. Die um 1278 erfolgte Stiftung des Benedik-tinnerinnenklosters in Liebenthal durch Jutta von Liebenthal erörtert DagmaraAdamska, die bei dieser Gelegenheit am Ende auch noch einmal die kirchenrechtlichenGrundlagen des mittelalterlichen Stiftungswesens rekapituliert.

Dass mit dem skizzierten Spektrum von fünfzehn Beiträgen polnischer Mediävistin-nen und Mediävisten der deutschsprachigen Mittelalterforschung ein Einblick in dieaktuelle polnische Forschung über monarchische und adlige Sakralstiftungen im piasti-schen Polen geboten werden kann, ist in erster Linie den Autoren zu danken. Sie sinddem Vorschlag, zu diesem Sammelband beizutragen, mit großem Interesse und Koope-

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rationsbereitschaft begegnet und haben ohne Zögern ihr Einverständnis erteilt, ihreAufsätze und Buchkapitel in deutscher Übersetzung erneut zu publizieren. Auch denVerlagen, in denen die abgedruckten Arbeiten im Original erschienen sind, sei für IhreEinwilligung zur deutschsprachigen Neuveröffentlichung herzlich gedankt. Ein beson-derer Dank gebührt den Übersetzern, an erster Stelle Herbert Ulrich (Lublin), der dengrößten Teil der Ausgangstexte übersetzt hat, sodann Markus Krzoska (Gießen), PeterOliver Loew (Darmstadt) und Eva Wiese (Dresden). Ihre kompetenten Übertragungenhaben die Ausgangstexte geliefert, die vom Herausgeber einer sehr intensiven Überar-beitung, mitunter Kürzungen, Umstellungen und Ergänzungen unterzogen wurden.Auch dafür, dass die Autoren diese – teils erheblichen – Eingriffe mit großem Ver-ständnis akzeptiert, in einzelnen Fällen auch zusätzliche Aktualisierungen und textlicheErgänzungen beigesteuert haben, sei ihnen ebenfalls herzlich gedankt.65 Eine großeHilfe war einmal mehr die Unterstützung durch Magda Dopieralska und Saskia Her-klotz (beide Warschau), die bibliographische Recherchen und Vereinheitlichungen imAnmerkungsapparat vorgenommen sowie die Register vorbereitet haben. Dieter Over-hageböck (Münster) ist für die Kartographie und Kornelia Hubrich-Mühle (Warschau)wie stets für eine sorgfältige Endkorrektur zu danken. Christiane Thomsen (Berlin)danke ich für die Erstellung der Druckvorlage und Michael Borgolte last but not leastdafür, dass er den Band in seine ‚Stiftungsgeschichten‘ aufgenommen hat und auf dieseWeise bereit war, das Deutsche Historische Institut in Warschau in seinen Bemühungenzu unterstützen, der deutschsprachigen Forschung Erträge der polnischen Mediävistiknäher zu bringen.

65 Angaben zu den Erstdruckorten und den Übersetzern der Beiträge sowie Hinweise auf Kürzungenbzw. Ergänzungen finden sich im Autorenverzeichnis am Schluss des Bandes.

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Anhang: Klosterstiftungen im piastischen Polen66

Klöster vor 1038/39

Ort Gründung Stifter

Mestris (Ort unklar) 1002/3 Hzg. BolesławŁęczyca Anfang 11. Jh. Hzg. BolesławKrakau* Ende 10./Anfang 11. Jh. Hzg. Bolesław

Benediktiner

Ort Gründung Stifter

Tyniec 1040–50er Jahre Hzg. Kasimir I.Mogilno 1040–70er Jahre Hzg. Kasimir I. / Bolesław II.Lubiń 1070er Jahre/1037–38 Hzg. Bolesław II. / III. & Gr.Breslau Elbing 1120–30er Jahre Gr. Piotr WłostowicŁysiec/Łysa Góra 1130er Jahre Hzg. Bolesław III. & Gr.Sieciechów 1120er/1150er Jahre Gr. Sieciech / Sieciech d. J.Leubus 1050er Jahre Hzg. Kasimir IPłock 1160er Jahre Hzg. Bolesław IV & Bf.Jeżów 1165–1185 Hzg. Bolesław IV/LeszekKościelna Wieś 1190er Jahre Hzg. Bolesław v. SchlesienTeschen 1211 Hzg. Kasimir v. TeschenStaniątki* 1230er Jahre Familie GryfenOrłowo 1268/69 Hzg. Władysław v. OppelnLiebenthal 1278/79 Jutta von LiebenthalStriegau 1307 Hzg. Beatrix v. SchweidnitzLiegnitz 1348/49 Hzg. Wacław I. v. Liegnitz

Regularkanoniker (Augustiner-Chorherren, Prämonstratenser)

Ort Gründung Stifter

Zobtenberg→ Breslau 1142–48 Gr. Piotr Włostowic I.Trzemeszno 1120–30er Jahre Hzg. Bolesław III. & Bf.Czerwińsk vor Mitte 12. Jh. Bf. Alexander v. Płock

66 Die Angaben sind der einschlägigen Literatur entnommen (s. Anm. 37–47), in der die Datierun-gen angesichts einer mitunter unklaren Quellenlage variieren; die Jahresangaben können dahernicht in allen Fällen als vollkommen gesichert gelten; Abkürzungen: * = Frauenkon-vent/Klarissen; → = Verlegung; Gr. = Großer, Hzg/n. = Herzog/in, Bf. = Bischof, Ebf. = Erzbi-schof.

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Kościelna Wieś 1129–36 / Mitte 12. Jh. Gr. Piotr WłostowicBrzesko Um 1150 Hzg. Bolesław IV. & Gr.Krzyżanowice 1135–40 Gr. JaxaZwierzyniec* 1058–62 Gr. JaxaMiechów 1160er Jahre Gr. JaxaWitów 1179–1189 Gr. Wit & DzierżkoBusko*→ Płock um 1185→ 1206 Gr. (Bf.) Wit & DzierżkoStrzelno vor 1193 Gr. Piotr WszeborowiczBreslau Elbing vor 1193 Hzg. Bolesław v. SchlesienNaumburg a.B.→ Sagan 1217–19→ 1284 Hzg. Heinrich I. v. SchlesienRybnik→ Czarnowanz 1202–11→ 1228–34 Hzgn. Ludmila/Hzg. Kasimir IKamenz um 1210 Vinzenz v. PogarellImbranowice 1225 Bf. Iwo Odrowąż v. KrakauBreslau* um 1290 Bf. & Abt

Zisterzienser

Ort Gründung Stifter

Jędrzejów 1140–49 Gr. (Bf. & Ebf.) JanikŁekno 1142–53 Gr. ZbylutLeubus 1163–1175 Hzg. Bolesław v. SchlesienLąd 1174/1191? Hzg. Mieszko III.Sulejów 1176–77 Hzg. Kasimir II. v. SandomirWąchock 1179 Bf. Gedko v. KrakauKoprzywnica 1185 Hzg. Kasimir II. v. KrakauTrebnitz* 1202–3 Hzg. Heinrich I. v. SchlesienOłobok* 1211–13 Hzg. Władysław OdonicKacice→Mogiła 1221 → 1222 Bf. Iwo Odrowąż v. KrakauHeinrichau 1227 Gr. Nikolaus & Hzg.

Heinrich II.Paradyż 1230–36 Gr. Bronisz DoliwaLudźmierz→ Szczyrzyc 1235 → 1238–45 Gr. Czader GryfitaSzpetal nach 1236 Gr. Bogusz Miecłowice DoliwaWoszczyce→ Rauden 1238 → 1252–58 Hzg. Władysław v. OppelnObra 1231–44 Gr. SędziwojKamenz 1246 Bf. Thomas v. BreslauOwińska 1250–1252 Hzg. Przemysław I.Byszewo → Koronowo 1250–56→ 1288–89 Hzg. Kasimir I. v. KujawienZemsko →Wieleń 1230–32→ 1285–1300 Hzg. Władysław Odonic & Gr.Jemielnica 1286–89 Hzg. Bolesław v. OppelnGrüssau 1292 Hzg. Bolko v. Schweidnitz

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Sakralstiftungen von Herzögen und Großen 31

Dominikaner

Ort Gründung Stifter

Krakau 1222–23 Bf. Iwo Odrowąż v. KrakauBreslau 1225–26 Bf. v. Breslau & Bf. v. KrakauSandomir 1225–26 Bf. Iwo Odrowąż v. KrakauPłock 1220er Jahre Bf. Iwo Odrowąż v. KrakauSieradz 1235 Hzg. Bolesław I. v. SieradzRatibor 1239–40/1258 Bf. Thomas v. Breslau & Hzg.Posen 1242–43 Hzg. Przemysław I.Brześć Kujawski 1243 Kasimir I. v. KujawienWarka 1255 Siemowit I. v. MasowienGlogau 1258 Hzgn. Salomea v. GlogauBunzlau 1260–64Teschen um 1263 Hzgn. Eufemia v. OppelnLublin 1265/1253 Hzg. Bolesław v. KrakauLiegnitz 1270–77 Hzg. Bolesław RogatkaŁęczyca 1275Wronke 1279 Hzg. Przemysław II.Posen* 1282 Hzg. Przemysław II.Opatowiec 1283 Abt v. TyniecAuschwitz vor 1283 Eufemia von OppelnLöwen um 1285 Bogusz v. PogarellFrankenberg→Frankenstein

vor 1285→ 1300 Hzg. Heinrich IV. v. Schlesien

Oppeln 1285–95Sochaczew 1290Schweidnitz 1291 Hzg. Bolko I. der StrengeBreslau* 1290–96 Hzg. Heinrich V. v. BreslauRatibor* 1299–1306 Hzg. Przemysław v. RatiborBrieg 1336 Hzg. Bolesław II. v. Oppeln

Franziskaner

Ort Gründung Stifter

Breslau 1236–37 Hzg. Heinrich II.Krakau 1236–37 Gr. Teodor-CzaderInowrocław 1238 Hzg. Kasimir v. KujawienGoldberg um 1240 Hzgn. HedwigBreslau* 1242–57 Hzgn. Anna v. SchlesienSandomir→ Zawich.→Skała

1242 → 1245→ 1257 Hzg. Bolesław v. Krakau

Zawichost→Skała→Krakau*

1245 → 1257→ 1318 Hzg. Bolesław v. Krakau

Oppeln 1248 Hzg. Władysław v. Oppeln

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32 Eduard Mühle

Schweidnitz vor 1249 Herren v. WürbenGlogau um 1249 Hzg. Konrad I.Loslau 1257 Hzg. Władysław v. OppelnKalisch 1257–59 Hzg. Bolesław der FrommeBeuthen 1258 Hzg. Władysław v. OppelnOborniki 1259 Hzg. Bolesław der FrommeNowy Korczyn 1260 Hzgn. Kinga & Hzg. BolesławOberglogau 1264 Władysław v. OppelnKrossen 1270–72 RitterGnesen 1270 Hzg. Bolesław der FrommeŚrem 1270 Hzg. Bolesław der FrommeLauban 1273 BürgerPyzdry 1277 Hzg. Bolesław der FrommeAlt-Sandez um 1279 Hzg. Bolesław v. KrakauAlt-Sandez* 1280 Hzgn. Kinga v. KrakauLiegnitz 1280–84 Hzg. Bolesław RogatkaGnesen* 1283 Hzg. Przemysław II.Brieg vor 1284Neisse vor 1284 Bf. PiotrNamslau vor 1284Sagan 1284 Hzg. Konrad II.Löwenberg vor 1285 Kastellan Heinrich LangeBrzeżnica→ Radomsko 1286 → 1290 Hzg. Władysław ŁokietekNeumarkt 1290–1318Münsterberg 1290–1301 Hzg. Bolko I. v. SchweidnitzStrehlen 1295–1307 Hzg. Bolko I. v. SchweidnitzStrehlen* 1295–1301 Hzg. Bolko I. v. SchweidnitzRadziejów 1298 Hzg. Władysław ŁokietekGlogau* 1307 Hzg. Heinrich III. v. Glogau

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Sakralstiftungen von Herzögen und Großen 33

W

eichsel

Jezów

0 100 km

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34 Eduard Mühle

March

Eger

Elbe

Moldau

Oder

Havel

Neiße

Warthe

Netze

Weichsel

Warthe

Pilica

Weichsel

Bug

O s t s e e

0 100 km

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Sakralstiftungen von Herzögen und Großen 35

= Münsterberg

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