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MASCHINEN UND ANLAGEN MACHINERY AND EQUIPMENTS 16 KGK · 11-12 2018 www.kgk-rubberpoint.de Moosgummi Vulkanisation mechani- sche Eigenschaften Schaumstruktur Elastomere In der Qualitätskontrolle von Moosgum- miprofilen sind mechanische Langzeit- prüfungen gefordert, um den Vernet- zungszustand zu bestimmen. Aufgrund der langen Prüfdauer ergibt sich für den Verarbeiter dabei ein hohes Produktions- risiko. Durch eine Analyse der Zellstruk- turen und der mechanischen Eigenschaf- ten von Kautschukprofilen könnte eine Korrelation der Zellstrukturen und den mechanischen Eigenschaften aufgestellt werden, wodurch die zeitintensiven Langzeittests durch schnelle Schaum- strukturanalysen ersetzt werden. Unter Vernachlässigung des Vulkanisationsver- fahrens kann allerdings keine allgemei- ne Korrelation Schaumkennwerten und den daraus resultierenden mechani- schen Eigenschaften abgeleitet werden. Bei der isolierten Auswertung einzelner Vulkanisationsverfahrenskombinationen wird dagegen gezeigt, dass die Härte mit steigender Porosität sinkt. Influence of Vulcanization Pa- rameters on the Structure and mechanical Properties of ex- panded EPDM Sponge rubber Vulcanisation mechanical Properties Foam Structure Elastomers In the quality control of foamed rubber profiles, mechanical long-term tests are required to determine the degree of cross-linking. The long test duration re- sults in a production risk for the manu- facturer. By analysing the cell structures and the mechanical short and long- term properties of rubber profiles, a correlation of the process parameters with the cell structures and the me- chanical properties will be established, which would enable the substitution of the long-term mechanical tests with fast cellular analysis. Neglecting the vulcanisation process, no general corre- lation of process parameters, foam characteristics and the resulting me- chanical properties can be derived. Figures and tables: By a kind approval of the authors. Hohes Produktionsrisiko durch zeit- intensive Qualitätskontrolle Aufgrund der hervorragenden Witte- rungs-, Chemikalien-, UV- und Ozonbe- ständigkeit sowie dauerhaften und tem- peraturbeständigen elastischen Eigen- schaften werden EPDM-Kautschuke für Dichtungs-, Dämpfungs- und Isolations- anwendungen in der Bau- und Fahrzeug- branche eingesetzt [1, 2]. So werden beispielsweise im Automobilbau nach- giebige Moosgummiprofile gefertigt, die dank ihrer hohen Flexibilität einfach und formschlüssig appliziert werden können. Ferner werden innerhalb enger Dichteto- leranzen eine einstellbare Rückstellkraft, ein niedriger Druckverformungsrest so- wie eine gleichmäßige Oberflächenoptik gefordert [3, 4, 5]. Zur Bestimmung der Qualität von geschäumten Dichtungen wird der Druckverformungsrest (DVR) bzw. der Zugverformungsrest (ZVR) ver- wendet, deren Prüfdauer mindestens 22 Stunden beträgt [6, 7]. Da in der Zwi- schenzeit keine Anpassung des Verarbei- tungsprozesses erfolgen kann, hat der Hersteller ein hohes Produktionsrisiko zu tragen. Wäre es ihm möglich über die optische Bestimmung der Schaumstruk- tur des Profils einzuschätzen, ob das Qualitätsfenster eingehalten wird, ließe sich der Ausschuss durch frühzeitige Pro- zessanpassungen deutlich reduzieren. Dies würde einen entscheidenden Vorteil darstellen, da ein wachsender Kosten- druck die kontinuierliche Verbesserung der Produktionsprozesse verlangt [8]. Zu- dem machen die Materialkosten mit 70 % den größten Anteil der Herstellungs- kosten aus [9]. Wechselwirkungen erschweren die Anpassung von Prozessparametern Die zeitliche Abstimmung des Treibmit- telzerfalls und der Vulkanisation ist ent- scheidend für die entstehende Schaum- struktur, da bei hohen Vernetzungsgra- den wegen der erhöhten Viskosität das weitere Zellwachstum verhindert wird [10, 3]. Neben der gewählten Anlagen- temperatur bzw. leistung hat auch die Wahl des Vulkanisationsverfahrens auf- grund der verschiedenen Arten der Ener- gieeinbringung (Konvektion, Wärmelei- tung und Strahlung) einen Einfluss auf die Treib- und Vernetzungsreaktion [11]. Während bei der Mikrowellen- und Salz- badvulkanisationsanlage eine Erhöhung der Leistung bzw. der Temperatur zu klei- neren Zellgrößen bei höheren Zelldich- ten führt, ist der Zusammenhang bei der Heißluftvulkanisation genau umgekehrt. Aufgrund eines effektiveren Energieein- trages in das Profilinneren durch die Mik- rowelle bzw. das Salzbad wird die Vernet- zungsreaktion dort beschleunigt. Da- durch werden die Zellen früh nukleiert und fixiert, indem ihr Wachstum durch die voranschreitende Vernetzung ge- hemmt wird. Im Fall der Heißluftanlage nimmt das Zellwachstum mit steigender Temperatur zu, wobei wegen der schlech- ten Wärmeübertragung durch Konvekti- on und der geringen Wärmeleitfähigkeit des Kautschuks innerhalb des Profils die Zellfixierung erst spät eintritt. Die Zellen im Inneren wachsen ungehemmt und Einfluss von Vulkanisationspara- metern auf die Struktur und mechanischen Eigenschaften von geschäumtem EPDM Autoren Christian Hopmann, Sebastian Kammer, Florian Lemke, IKV, Aachen, Germany Korrespondenz: Sebastian Kammer Institute of Plastics Processing (IKV) in Industry and the Skilled Crafts at RWTH Aachen University Aachen, Germany [email protected] aachen.de

Moosgummi Vulkanisation mechani Einfluss von ......Expandieren der Treibgase durch Koales-zenz der Zellen zu einem Kollabieren des Profils führen kann. Im umgekehrten Fall verhindert

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16 KGK · 11-12 2018 www.kgk-rubberpoint.de

Moosgummi Vulkanisation mechani­sche Eigenschaften Schaumstruktur Elastomere

In der Qualitätskontrolle von Moosgum-miprofilen sind mechanische Langzeit-prüfungen gefordert, um den Vernet-zungszustand zu bestimmen. Aufgrund der langen Prüfdauer ergibt sich für den Verarbeiter dabei ein hohes Produktions-risiko. Durch eine Analyse der Zellstruk-turen und der mechanischen Eigenschaf-ten von Kautschukprofilen könnte eine Korrelation der Zellstrukturen und den mechanischen Eigenschaften aufgestellt werden, wodurch die zeitintensiven Langzeittests durch schnelle Schaum-strukturanalysen ersetzt werden. Unter Vernachlässigung des Vulkanisationsver-fahrens kann allerdings keine allgemei-ne Korrelation Schaumkennwerten und den daraus resultierenden mechani-schen Eigenschaften abgeleitet werden. Bei der isolierten Auswertung einzelner Vulkanisationsverfahrenskombinationen wird dagegen gezeigt, dass die Härte mit steigender Porosität sinkt.

Influence of Vulcanization Pa­rameters on the Structure and mechanical Properties of ex­panded EPDM Sponge rubber Vulcanisation mechanical Properties Foam Structure Elastomers

In the quality control of foamed rubber profiles, mechanical long-term tests are required to determine the degree of cross-linking. The long test duration re-sults in a production risk for the manu-facturer. By analysing the cell structures and the mechanical short and long-term properties of rubber profiles, a correlation of the process parameters with the cell structures and the me-chanical properties will be established, which would enable the substitution of the long-term mechanical tests with fast cellular analysis. Neglecting the vulcanisation process, no general corre-lation of process parameters, foam characteristics and the resulting me-chanical properties can be derived.

Figures and tables: By a kind approval of the authors.

Hohes Produktionsrisiko durch zeit­intensive QualitätskontrolleAufgrund der hervorragenden Witte-rungs-, Chemikalien-, UV- und Ozonbe-ständigkeit sowie dauerhaften und tem-peraturbeständigen elastischen Eigen-schaften werden EPDM-Kautschuke für Dichtungs-, Dämpfungs- und Isolations-anwendungen in der Bau- und Fahrzeug-branche eingesetzt [1, 2]. So werden beispielsweise im Automobilbau nach-giebige Moosgummiprofile gefertigt, die dank ihrer hohen Flexibilität einfach und formschlüssig appliziert werden können. Ferner werden innerhalb enger Dichteto-leranzen eine einstellbare Rückstellkraft, ein niedriger Druckverformungsrest so-wie eine gleichmäßige Oberflächenoptik gefordert [3, 4, 5]. Zur Bestimmung der Qualität von geschäumten Dichtungen wird der Druckverformungsrest (DVR) bzw. der Zugverformungsrest (ZVR) ver-wendet, deren Prüfdauer mindestens 22 Stunden beträgt [6, 7]. Da in der Zwi-schenzeit keine Anpassung des Verarbei-tungsprozesses erfolgen kann, hat der Hersteller ein hohes Produktionsrisiko zu tragen. Wäre es ihm möglich über die optische Bestimmung der Schaumstruk-tur des Profils einzuschätzen, ob das Qualitätsfenster eingehalten wird, ließe sich der Ausschuss durch frühzeitige Pro-zessanpassungen deutlich reduzieren. Dies würde einen entscheidenden Vorteil darstellen, da ein wachsender Kosten-druck die kontinuierliche Verbesserung der Produktionsprozesse verlangt [8]. Zu-dem machen die Materialkosten mit 70 % den größten Anteil der Herstellungs-kosten aus [9].

Wechselwirkungen erschweren die Anpassung von ProzessparameternDie zeitliche Abstimmung des Treibmit-telzerfalls und der Vulkanisation ist ent-scheidend für die entstehende Schaum-struktur, da bei hohen Vernetzungsgra-den wegen der erhöhten Viskosität das weitere Zellwachstum verhindert wird

[10, 3]. Neben der gewählten Anlagen-temperatur bzw. leistung hat auch die Wahl des Vulkanisationsverfahrens auf-grund der verschiedenen Arten der Ener-gieeinbringung (Konvektion, Wärmelei-tung und Strahlung) einen Einfluss auf die Treib- und Vernetzungsreaktion [11]. Während bei der Mikrowellen- und Salz-badvulkanisationsanlage eine Erhöhung der Leistung bzw. der Temperatur zu klei-neren Zellgrößen bei höheren Zelldich-ten führt, ist der Zusammenhang bei der Heißluftvulkanisation genau umgekehrt. Aufgrund eines effektiveren Energieein-trages in das Profilinneren durch die Mik-rowelle bzw. das Salzbad wird die Vernet-zungsreaktion dort beschleunigt. Da-durch werden die Zellen früh nukleiert und fixiert, indem ihr Wachstum durch die voranschreitende Vernetzung ge-hemmt wird. Im Fall der Heißluftanlage nimmt das Zellwachstum mit steigender Temperatur zu, wobei wegen der schlech-ten Wärmeübertragung durch Konvekti-on und der geringen Wärmeleitfähigkeit des Kautschuks innerhalb des Profils die Zellfixierung erst spät eintritt. Die Zellen im Inneren wachsen ungehemmt und

Einfluss von Vulkanisationspara-metern auf die Struktur und mechanischen Eigenschaften von geschäumtem EPDM

AutorenChristian Hopmann, Sebastian Kammer, Florian Lemke, IKV, Aachen, Germany

Korrespondenz:Sebastian KammerInstitute of Plastics Processing (IKV) in Industry and the Skilled Crafts at RWTH Aachen University Aachen, [email protected] aachen.de

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17KGK · 11-12 2018www.kgk-rubberpoint.de

vereinen sich bei Kollision zu wenigen großen Zellen [12]. Zusätzlich sinkt die Wärmeleitfähigkeit durch das Aufschäu-men wegen der geringen Wärmeleitung innerhalb der Blasen [13]. Insgesamt führt eine Erhöhung der Heißlufttempe-ratur zu einer kompakten Außenhaut und größeren Zellen mit zunehmend of-fenzelliger Struktur. Dabei bleiben die Zellen im Randbereich allerdings klein, weshalb die Zelldurchmesserverteilung breiter wird [12].

Aufgrund der wechselwirkenden Pro-zesse von Vulkanisations- und Schäum-vorgang während der Herstellung ist es bislang nicht möglich, von den Verarbei-tungsparametern auf die mechanischen Eigenschaften des fertigen Produktes zu schließen. Die Wahl der Prozessparame-ter erfolgt üblicherweise erfahrungsba-siert. In vorangegangenen Untersuchun-gen wurde am IKV bereits gezeigt, wie sich die Schaumstruktur chemisch ge-schäumter Bauteile durch die Wahl des Vulkanisationsverfahrens und Anpas-sung der Verarbeitungsparameter beein-flussen lässt [12]. Hierbei fehlte bislang die Kopplung von Schaumstruktur und mechanischen Eigenschaften, sodass aus den maschinenseitigen Einstellparame-tern und dem Vulkanisationsverfahren sowie der Schaumstruktur kein Rück-schluss auf mechanische Eigenschaften wie dem ZVR möglich war.

Rückschluss von Schaumstruktur auf mechanische Bauteileigenschaften bisher nicht möglichDie Struktur von Kautschukschäumen lässt sich in die Kategorien geschlossen-, gemischt- und offenzellig einteilen [14]. Als geschlossenzellig werden solche Schaumstrukturen bezeichnet, bei de-nen kein Gas auf direktem Weg zwischen den einzelnen Zellen ausgetauscht wird. Diese Schäume besitzen dadurch ein ho-hes Absorptionsvermögen für Stoß- und Schlagenergie und werden bei Dichtun-gen oder zur Wärmedämmung verwen-det. Bei offenzelligen Vulkanisaten sind nach einem starken Zellwachstum die Zellwände durchbrochen. Dadurch findet ein Gasaustausch zwischen den Zellen statt. Die Profile, die in den Untersuchen zu diesem Beitrag hergestellt werden, besitzen gemischtzellige Strukturen. Da-bei liegen oberflächennah geschlossene und in der Profilmitte vereinzelt offenzel-lige Bereiche vor. Derartige Schaum-strukturen kommen als technische Dich-tungsprofile für Fenster und Türen zum Einsatz.

Bei der Charakterisierung von Schaumstrukturen ist es wichtig, den gesamten Querschnitt zu erfassen, da die Beschaffenheit des Randbereichs oft einen wesentlichen Einfluss auf das Ma-terialverhalten hat. Dort liegen meist feinzellige Strukturen vor, während die Zellen im Profilinneren deutlich größer sein können. Um Schaumstrukturen zu vergleichen, wird im Rahmen einer Schaumstrukturanalyse die Zellgrößen-verteilung bestimmt. Aus dieser Zellgrö-ßenverteilung werden normierte Kenn-größen wie der mittlere Zelldurchmesser, die Zelldichte, die Porosität und der Zell-verteilungsindex berechnet. Die Zelldich-te beschreibt die Anzahl der Schaumzel-len pro mm² Querschnittsfläche. Die Po-rosität gibt den prozentualen Anteil der Zellen an der gesamten Querschnittsflä-che an. Die relative Häufigkeit verschie-dener Zellgrößen wird als Zellgrößenver-teilung bezeichnet. Um diese Verteilung nicht als Histogramm, sondern mit einer einzigen Zahl zu berücksichtigen, kann der Index der Zellgrößenverteilung CDI (Cell Distribution Index) definiert werden [15]:

( )22

∑∑∑Φ

Φ⋅=

i ii

ii ii i

N

NNCDI (1)

Fi steht für den Durchmesser einer Zelle und Ni für die Anzahl an Zellen mit die-sem Durchmesser. Eine breitere Zellgrö-ßenverteilung führt zu einem größeren CDI Wert. Ein Wert von 1 entspricht der Einheitlichkeit der Zellgrößen [15]. Im Gegensatz zum Histogramm einer Zell-größenverteilung enthält der CDI keine Information darüber welche Zellgrößen überwiegend vorliegen. Mechanische Langzeiteigenschaften, wie der Druck- und Zugverformungsrest (DVR und ZVR), hängen primär von der Vernetzungsdich-te des Bauteils ab. So korreliert eine hohe

Vernetzungsdichte mit einem geringen ZVR bzw. DVR. Die Vulkanisation und der Aufschäumvorgang sind jeweils ther-misch induzierte Reaktionen, die sich gegenseitig beeinflussen [2]. Daraus wird die Annahme abgeleitet, dass durch eine Analyse der Zellstrukturen der Ver-netzungszustand und somit auch die mechanischen Eigenschaften der Profile abgeschätzt werden können. Mit dem Wissen über diese Zusammenhänge könnten die Hersteller die Qualität des Vulkanisats mit optischen Untersuchun-gen der Schaumstruktur bereits inner-halb weniger Minuten beurteilen.

Ziel des Forschungsvorhabens war es daher, den Wirkzusammenhang zwischen Prozessparametern, Schaumstrukturen und den damit verbundenen mechani-schen Bauteileigenschaften aufzustel-len, um dadurch der Industrie die geziel-te Extrusion geschäumter Kautschukpro-file mit definierten mechanischen Eigen-schaften zu ermöglichen. Zur Erreichung des Ziels wurden unter systematischer Variation von Parametern an der Vulkani-sationslinie Moosgummiprofile herge-stellt und hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften untersucht und mit Kenn-werten der resultierenden Schaumstruk-tur korreliert.

Vernetzungs­ und Treibverhalten der verwendeten Moosgummi­MischungStand der Technik beim Schäumen von Kautschuken ist der Einsatz chemischer Treibmittel, deren Zersetzung bei hohen Temperaturen unter Abspaltung gasför-miger Produkte erfolgt [5]. In der Kaut-schukindustrie werden vor allem Azodi-carbonamid (ADCA) und Oxybisbenzol-sulfonylhydrazid (OBSH) verwendet. AD-CA ist kostengünstiger als OBSH und wird bei zellulären Vulkanisaten am häu-figsten genutzt [16]. Für die experimen-tellen Untersuchungen wurde eine von

1 Rezeptur der verwendeten KautschukmischungMischungskomponente Funktion Gewichtsanteil [phr]Keltan® 6950C (EPDM) Polymer 100Corax® N-550 (Ruß) Verstärkender Füllstoff 80Sunpar® 2280 Weichmacher 70

Zinkoxid Aktivator 5Stearinsäure Dispergator 2Lipoxol® 6000 Verarbeitungshilfsmittel 3Vulcacit® DM/C Beschleuniger 1,5Mahlschwefel Vernetzungsmittel 1,5Rhenocure® ZAT Vulkanisationsbeschleuniger 3,5Rhenofit® F (CaO) Feuchtigkeitsabsorber 10LUVOPOR® 9382 (ADCA) Treibmittel 5

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18 KGK · 11-12 2018 www.kgk-rubberpoint.de

Hexpol Compounding sprl, Eupen, Belgi-en, industriell hergestellte Kautschukmi-schung verwendet. Die EPDM-Moos-gummimischung mit ADCA als Treibmit-tel ist in Tabelle 1 aufgeführt.

Die parallel ablaufenden Prozesse der Vulkanisation und der Zersetzung sind aufeinander abzustimmen, da bei einer zu niedrigen Festigkeit der Matrix das Expandieren der Treibgase durch Koales-zenz der Zellen zu einem Kollabieren des Profils führen kann. Im umgekehrten Fall verhindert ein zu hochviskoses Mat-rixmaterial eine ausreichende Schaum-bildung [17]. Mithilfe des Oszillations-Rheometers Rubber Prozess Analyzer RPA2000™ von Alpha Technologies, Heil-bronn, wurde das Vernetzungs- und Treibverhalten der verwendeten Moos-gummimischung in Abhängigkeit der Temperatur analysiert. Die Messungen wurden bei Vollfüllung der Probekam-mer, einer Scheramplitude von 7° und einer Frequenz von 5/3 Hz isotherm bei 180 °C, 200 °C und 220 °C durchgeführt. In Bild 1 sind aus drei Messungen die Mittelwerte der isothermen Verläufe des elastischen Anteils des Speichermo-duls sowie der Innendruckkurve gegen-übergestellt. Es ist zu erkennen, dass der Innendruck bei 180 °C kaum und bei 220 °C bereits nach 20 s stark angestie-gen ist. Aus der 220 °C Vernetzungsiso-therme geht hervor, dass der Kautschuk bereits nach 20 s 90 % seines maximalen Vernetzungsgrades erreicht hat. Aller-

dings treten bei 220 °C Reversionseffek-te auf, die zu einer Verringerung des elastischen Anteils des Speichermoduls führen. Die Reversion bei 200 °C ist deut-lich geringer. Auf Basis der Untersu-chungen am RPA ist damit zu rechnen, dass die optimale Vulkanisationstempe-ratur hinsichtlich Schaumstruktur und Mechanik für diese Moosgummimi-schung zwischen 200 °C und 220 °C liegt. Experimentelle Untersuchungen an der KautschukextrusionslinieZur Extrusion der Kautschukprofile wur-de ein 19 mm Laborextruder der Braben-der GmbH & Co. KG, Duisburg, verwen-det. Als Extrusionswerkzeug wurde eine Runddüse mit einem Düsenquerschnitt von 3 mm genutzt. Die anschließende Vulkanisation wurde mittels einer konti-nuierlichen Heißluft-Mikrowellen-Anla-ge vom Typ HLK-UHF 101 der Firma TSM GmbH, Stolberg, sowie einer Infrarot-Anlage des Typs 360° PreShock Small Typ P158 der Firma Gerlach Maschinenbau GmbH, Nettetal, durchgeführt. Die maxi-male Leistung der IR-Strahler beträgt 16 kW. Die maximale Leistung der UHF-Magnetrone beträgt 4 kW. Zwischen der eingestellten und der gemessenen Heiß-lufttemperatur besteht eine Abwei-chung, daher sind in den Ergebnissen stets die im Vulkanisationskanal gemes-senen Temperaturen angegeben. Bei sämtlichen Versuchen wurde die Ge-

schwindigkeit des Bandabzugs auf 1 m/min eingestellt.

Hinsichtlich der Vulkanisationsverfah-ren wurden sowohl Einzel- als auch Kom-binationsversuche durchgeführt. Dabei wurden sowohl alle drei Vulkanisations-verfahren miteinander kombiniert als auch die Heißluft und Mikrowellenanla-ge bzw. Heißluft und Infrarotanlage mit-einander. Für jede Verfahrenskombinati-on wurde zunächst ein 2² bzw. 2³-Faktor-versuchsplan erstellt. Da mit nichtlinea-ren Zusammenhängen bei den zu untersuchenden Schäumprozessen zu rechnen war, wurden die Faktorversuchs-pläne um weitere Faktorstufen ergänzt. Zusammen mit den Zentralpunkten er-gaben diese für jede Konstellation, aus einer variierten Prozessgröße und an-sonsten konstanten Vulkanisationsbe-dingungen, eine Datenreihe aus sechs Punkten. Dabei wurde der jeweilige Vul-kanisationsparameter stets in gleich gro-ßen Schritten verändert. Der gemeinsa-me Einsatz der Mikrowellen und Infra-rotvulkanisation ohne Verwendung der Heißluftanlage fand aufgrund der feh-lenden Praxisrelevanz nicht statt. Der re-sultierende Versuchsplan hat die Auflö-sung IV, sodass Haupteffekte getrennt von den Wechselwirkungen schätzt wer-den können.

Im Folgenden wird eine Auswahl der Ergebnisse aus den Kombinationsversu-chen mit variierter Heißlufttemperatur und konstanter IR und UHF Leistung dar-gestellt.

Einfluss des Vulkanisationsprozesses auf die mechanischen Schaumeigen­schaftenZur Charakterisierung der mechanischen Kurzzeiteigenschaften wurde die Shore A Härte der Profile an sechs äquidistanten Stellen entlang der Probe gemessen. Aus diesen Messwerten wurde jeweils der Mittelwert berechnet. Als Kennwert für das mechanische Langzeitverhalten wur-de der Zugverformungsrest bestimmt. Es ist zu beachten, dass neben der Schaum-struktur vor allem der Vernetzungsgrad einen großen Einfluss auf den ZVR hat, da der unvernetzte Kautschuk noch kei-ne ausreichende Elastizität besitzt. Auch wenn der DVR in der Praxis als Qualitäts-merkmal hinzugezogen wird, bietet der ZVR bei der vorliegenden Geometrie den Vorteil einer weniger fehleranfälligen Probenpräparation. Die Prüfung erfolgte in Anlehnung an die Norm DIN ISO 2285, Verfahren B [7]. Zunächst wurden je Messung 15 Proben nebeneinander auf

Bild 1: Vernetzungsisotherme und Innendruckverlauf der Moosgummimischung in Abhängigkeit von der Temperatur.

1

2 Anzahl der Faktorstufen und ­Werte des Versuchsplans mit der Auflösung IVFaktoren Heißluft (HL) Mikrowelle (UHF) Infrarot (IR)Faktorstufenwerte (190 °C – 350 °C) (0,4 kW – 1,6 kW) (4 kW – 8 kW)Anzahl der Faktorstufen 6 6 6

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19KGK · 11-12 2018www.kgk-rubberpoint.de

einer Mehrfach Dehnungseinrichtung bei Raumtemperatur eingespannt. Von 100 mm Einspannlänge wurden diese Proben auf 150 mm gedehnt. Nach 30 Minuten wurde die Vorrichtung für 22 + 2 Stunden bei 70 ± 1 °C in einem Tempe-rierschrank gelagert [7]. 30 Minuten nach Entnahme aus dem Schrank wur-den die Proben aus der Einspannung ge-löst und nach weiteren 30 Minuten mit einem Messschieber auf 0,1 mm genau vermessen. Zu jedem Prozesspunkt wur-den je drei Proben eingespannt und die Werte gemittelt. Bei einer ungedehnten Ausgangslänge von 100 mm und einer gedehnten Ausgangslänge von 150 mm berechnet sich der ZVR folgendermaßen:

𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍𝑍 = 𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀𝑀ä𝑛𝑛𝑛𝑛𝑀𝑀𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛𝑛 ℎℎ𝑀𝑀𝑒𝑒 − 100 𝑚𝑚𝑚𝑚

150 𝑚𝑚𝑚𝑚− 100 𝑚𝑚𝑚𝑚 (2)

Unter der Annahme, dass der ZVR haupt-sächlich durch den Vernetzungsgrad be-einflusst wird und mit dessen Erhöhung sinkt, wird zunächst ein Absenken des ZVR auf ein Minimum gefolgt von einem Anstieg erwartet. Das entspricht einem Anstieg der Vernetzungsdichte bis zum Punkt der maximalen Vernetzungsdich-te und einer zunehmenden Übervernet-zung bei weiterer Steigerung der Vulka-nisationsleistung über diesen Punkt hinaus, durch die sich der ZVR wieder erhöht. In Bild 2 ist der ZVR über der gemessenen Heißlufttemperatur aus Kombinationsversuchen mit mit IR und UHF aufgetragen. Die hergestellten Pro-file der Messreihen haben einen ZVR zwischen 10 % und 20 %. Eine Ausnahme bildet die Messreihe HL+IR ohne UHF, bei der mit geringen Heißlufttemperatu-ren ein ZVR von etwa 29 % vorliegt. Es fällt auf, dass die schwankenden Mittel-werte der einzelnen Messwerte der Kombinationsverfahren ohne UHF kei-nen eindeutigen Trend erkennen lassen. Aufgrund der schwankenden Mittelwer-te und großen Standardabweichungen ist der ZVR der Messreihen nicht signifi-kant voneinander verschieden. Zusam-menfassend ist festzustellen, dass der ZVR zur Auflösung von Prozesseinflüs-sen in dem untersuchten Prozessfenster ungeeignet ist.

In Bild 3 ist die Shore-A-Härte über der Heißlufttemperatur für unterschiedliche Kombinationsverfahren der Vulkanisati-on aufgetragen. Es ist zu erkennen, dass eine steigende Heißlufttemperatur zu einer niedrigeren Härte führt, mit Aus-nahme der Versuche ohne Infrarot Vor-schock. Eine Erhöhung der Härte durch den Einsatz der Vorschockanlage war zu

erwarten, da hierdurch vor dem Heißluft-kanal bereits eine Vernetzung an der Probenoberfläche stattfindet, die sich positiv auf die Oberflächenqualität aus-wirkt. Eine geschlossene und gut ver-netzte Oberfläche mit kleineren schnel-ler fixierten Zellen kann einer mechani-schen Belastung besser entgegenwirken und liefert daher eine höhere Härte. Die Heißluft bringt ihre Energie wie die Infra-rotstrahlung von außen in die Probe ein. Daher gleicht eine steigende Heißluft-temperatur Unterschiede bei der Ober-flächenvernetzung aus.

Die jeweiligen unterschiedlichen Ten-denzen können auch durch eine andere Schaumstruktur begründet sein. So er-gibt sich für die Porosität eine steigende Tendenz beim Einsatz von Infrarotstrah-lung (Bild 4) und nur für den Fall ohne Verwendung der Infrarotstrahler eine leicht sinkende Tendenz bei einer Erhö-

hung der Heißlufttemperatur. Die Shore A Härte sinkt in der Regel bei steigender Porosität. Möglicherweise bedingt also eine Schwächung der Probe durch eine erhöhte Porosität bzw. eine höhere Dich-tereduktion den abweichenden Härte-verlauf.

Im Gegensatz zum ZVR (Bild 2) er-weist sich die Shore-A-Härte (Bild 3) als robusterer Kennwert, um Änderungen von Parametern des Vulkanisationspro-zess auflösen und folglich mit Kennwer-ten der Schaumstruktur korrelieren zu können. Die vielfältige Gestalt der ver-schiedenen Kurven in Bild 2 und Bild 3 bekräftigen, dass es sinnvoll ist, die ein-zelnen Verfahrenskombinationen sowie die jeweils veränderte Prozessgröße zu unterscheiden und getrennt zu be-trachten. Somit bestätigen die Daten die Grundproblematik, dass es keine ein-fache vom Vulkanisationsverfahren un-

Bild 2: Zugverformungsrest in Abhängigkeit der Heißlufttemperatur in Kombination mit Infrarot­ und Mikrowellenerwärmung.

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Bild 3: Shore­A­Härte in Abhängigkeit der Heißlufttemperatur in Kombination mit Infrarot­ und Mikrowellenerwärmung.

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abhängige Erklärung der Wirkzusam-menhänge zwischen den Vulkanisations-parametern und den mechanischen Langzeiteigenschaften gibt. Durch die Überlagerung der Effekte der verschiede-nen Wärmeübertragungsmechanismen sowie durch die Wechselwirkung der Ver-netzungs- und Treibmittelreaktion ist nur ein komplexes Modell für zuverlässi-ge Vorhersagen denkbar.

Einfluss des Vulkanisationsprozesses auf SchaumstrukturIn den Verläufen der kombinierten Vulka-nisation mittels Heißluft und Infrarot-strahlung bei variierter Heißlufttempera-tur zeigt sich, dass die die Porosität zwi-schen 140 °C und 160 °C sprunghaft auf ca. 40 % (Bild 4) ansteigt. Durch den hö-heren Energieeintrag wird die Treibmit-telzerfallsreaktion beschleunigt als die Vernetzungsreaktion. Die Zellen wach-

sen und schließen sich zu wenigen große Zellen zusammen. Durch das schnellere Vernetzen liegt mit zunehmender Heiß-lufttemperatur eher eine hohe Viskosität vor, welche einem weiteren Zellwachs-tum und damit einer steigenden Porosi-tät entgegenwirkt. Durch den Einsatz von Mikrowellenstrahlung, welche durch das polare Treibmittel absorbiert wird, wird auch bei niedrigen Heißlufttempe-raturen eine Porosität von über 40 % er-reicht. Mit zunehmender Heißlufttempe-ratur nimmt die Porosität leicht zu. Die insgesamt höheren Porositätswerte von etwa 50 % beim Weglassen des IR-Vor-schock unter Einsatz von Mikrowellen-strahlung sind dadurch zu erklären, dass durch den IR-Vorschock eine vernetzte, geschlossene Oberfläche erzeugt wird, die für das Aufschäumen im Heißluftka-nal einen deutlichen Widerstand dar-stellt.

Zusammenhang zwischen Schaumstruktur und mechanischen EigenschaftenEin Zusammenhang zwischen der Schaumstruktur und dem Zugverfor-mungsrest kann aufgrund der breiten Streuung der Ergebnisse (Bild 2) und der dadurch auftretenden starken Nicht-Li-nearitäten nicht sinnvoll hergestellt werden. Die Shore-A-Härte erweist sich als robusteres Maß für die mechani-schen Eigenschaften der hergestellten Moosgummiprofile und wird in Abhän-gigkeit von der Porosität in Bild 5 unter Variation der Heißlufttemperatur für un-terschiedliche Kombinationsverfahren dargestellt. Wie zu erwarten nimmt die Shore-A-Härte mit zunehmender Porosi-tät ab. Der Einsatz von UHF-Strahlung führt zur höchsten Porosität der Schaumstruktur und folglich zur ge-ringsten Härte. Aufgrund der Streuung der Messwerte kann dieser Zusammen-hang nicht als Funktion der Heißluft-temperatur aufgelöst werden. Der Ein-satz von IR-Strahlung verringert durch die kompakte Randschicht hohe Schäumgrade, sodass sich eine höhere Härte einstellt. Wird ein Moosgummi ohne UHF-Strahlung vulkanisiert, lässt sich ein bereiter Bereich der Porosität einstellen. Der Zusammenhang zwi-schen Porosität und Härte ist für die Verfahrenskombination HL+IR in Abhän-gigkeit von der Heißlufttemperatur gut darstellbar. Eine steigende Heißlufttem-peratur führt zu einer Erhöhung der Po-rosität (Bild 4).

Prognose der mechanischen Eigenschaften auf Basis von Kennwerten der SchaumstrukturAus Bild 2 bis Bild 5 geht hervor, dass die Zusammenhänge zwischen Parameter der Vulkanisationsanlage und den resul-tierenden Eigenschaften (Mechanik und Schaumstruktur) komplex und nichtline-ar sind, sodass diese nur bedingt grafisch dargestellt werden können.

Durch eine statistische Auswertung können bestehende Wechselwirkungen der verschiedenen Schaumstrukturkenn-werte identifiziert werden, die sich in den grafischen Darstellungen der einzel-nen Kennwerte nicht direkt erkennen lassen. Als erklärende Variablen werden nur Größen verwendet werden, die un-tereinander keine hohe Korrelation (r > 0,7) besitzen. Um bei den Regressions-modellen Multikolinearität zu vermei-den, lassen sich nur folgende Kennzahlen als Eingangsgrößen gemeinsam nutzen:

Bild 4: Porosität in Abhängigkeit der Heißlufttemperatur in Kombination mit Infrarot­ und Mikrowellenerwärmung.

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Bild 5: Zusammenhang zwischen Porosität und Shore­A­Härte für unterschiedliche Kombinationen von Vulkanisationsverfahren unter Variation der Heißlufttemperatur.

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■ Zelldurchmesser, CDI und Porosität ■ Abstand und Porosität ■ Zelldichte und Porosität

Die Berechnungen wurden mit der Soft-ware SYSTAT 13.1 von Systat Software, Inc, San Jose, USA durchgeführt. Für die verschiedenen Kennwertkombinationen wird zunächst ein Modell mit einem Po-lynom 2. Ordnung und den Wechselwir-kungstermen aufgestellt. Dann wird das Modell sukzessiv vereinfacht, indem der Term mit dem höchsten p-Wert entfernt wird, bis sämtliche p-Werte kleiner als das Signifikanzniveau von 0,05 sind. Komplexere Funktionen wie Polynome höherer Ordnung bieten sich nicht an, da sie zum einen physikalisch nur bedingt sinnvoll zu interpretieren sind und zum anderen die benötigte Datenmenge für valide Modelle deutlich ansteigt. In die-ser Arbeit werden 62 Datensätze für die Regression genutzt.

Für den ZVR findet sich kein Modell, weder mit der Kombination von zwei bzw. drei Eingangsvariablen noch mit ei-ner einzelnen erklärenden Variable, bei dem alle Koeffizienten signifikant sind. Bei der Härte gibt es drei mögliche Re-gressionsgleichungen (Tabelle 3). y be-schreibt die Shore-A-Härte, den Zell-durchmesser in mm, den CDI und die Porosität in %.

Das erste Modell mit einem Be-stimmtheitsmaß von 81 % beschreibt die Härte auf Basis der vorliegenden Mess-daten der Schaumstruktur gut. Da der CDI immer größer als 1 ist, ergibt sich durch den Wechselwirkungsterm insge-samt stets eine Verringerung der Härte bei steigendem Zelldurchmesser. Der Zelldurchmesser nimmt Werte von ca. 0,1 bis 0,35 mm an. Somit sinkt die Härte bei steigendem CDI, da auch hier der Wechselwirkungsterm dominiert. Das gemeinsame Vorkommen hoher CDI Werte und geringer Härte liegt möglich-weise darin begründet, dass der CDI in den Prozesspunkten sehr hoher Leistun-gen bzw. Temperaturen am größten ist. Diese Proben besitzen oft aufgrund ihrer teilweise übervernetzten und dadurch geschädigten Oberfläche eine geringe Härte. In den beiden Regressionsmodel-len, bei denen die Porosität als einzige erklärende Variable fungiert, wird die verringernde Wirkung der Porosität auf die Härte bestätigt (vgl. Bild 5). Aller-dings ist das zweite Modell mit dem quadratischen Term mit einem R² von 0,66 und das dritte Modell mit einem li-nearen Term und einem R² von 0,64 nicht

ausreichend an die Daten angepasst. Die Güte der Schätzung der Härte aus dem zweiten und dritten Modell ist nicht aus-reichend.

FazitDer Zug- und Druckverformungsrest (ZVR und DVR) ist ein Maß für den Ver-netzungsgrad und ein entscheidendes Qualitätskriterium geschäumter Kaut-schukprofile. Da dessen Messung frühes-tens nach 22 h endet, besteht in der Zwischenzeit das Risiko, dass die Pro-dukteigenschaften außerhalb der Tole-ranzen liegen. Die Vernetzungsreaktion und das chemische Schäumen bei der Vulkanisation extrudierter Kautschuk-bauteile sind thermisch induzierte Reak-tionen, die sich gegenseitig beeinflussen. Falls eine hohe Korrelation zwischen der Schaumstruktur und dem Vernetzungs-grad besteht, wäre es möglich mithilfe einer optischen Untersuchung der Schaumstruktur innerhalb weniger Mi-nuten Schwankungen des Herstellungs-prozesses zu identifizieren und gegebe-nenfalls Korrekturmaßnahmen durchzu-führen. Um diese Zusammenhänge zu ermitteln, wurde eine EPDM Mischung mit einem chemischen Treibmittel auf einer Heißluft /Mikrowellenkombinati-onsanlage mit einer IR Vorschockanlage unter breiter Variation der Vulkanisati-onsparameter vulkanisiert. Anschlie-ßend wurde die Zellstruktur der Proben mittels digitaler Bildverarbeitung erfasst und die Shore A Härte sowie der ZVR ge-messen. Neben dem Einfluss der Vulkani-sationsparameter auf die mechanischen Kennzahlen und Schaumkennwerte wur-de der Zusammenhang zwischen der Schaumstruktur und den mechanischen Eigenschaften untersucht.

Der Zugverformungsrest stellt sich als nicht robuster Kennwert heraus und ist somit ungeeignet für eine Korrelati-on zwischen der Schaumstruktur und mechanischem Langzeitverhalten. Die Shore-A-Härte erweist sich als robuster Kennwert der eine Auflösung der unter-schiedlichen Verfahrenskombinationen und Vulkanisationsparameter zulässt. So erhöht der Einsatz von IR-Strahlung

durch die Ausbildung einer kompakten Randschicht die Härte von Moosgummi-profilen. UHF-Strahlung wird im Profi-linneren absorbiert und führt zu einer Erhöhung der Porosität und damit Ver-ringerung der Härte. Auf Basis statisti-scher Analysen wurden drei Modelle entwickelt um über Kennwerte der Schaumstruktur die Shore-A-Härte zu prognostizieren. Die Verwendung des mittleren Zelldurchmessers und des Zellgrößenverteilungsindex (CDI) führt zu einem Modell mit einem Bestimmt-heitsmaß von 0,81. Wird allein die Poro-sität in die Regression der Härte einbe-zogen, ergibt sich ein Bestimmtheits-maß von 0,64.

Zusammenfassend wird festgestellt, dass sich mechanische Langzeiteigen-schaften in Form des ZVR in Abhängigkeit der Prozessparameter nicht gut prognos-tizieren lassen. Eine Prognose der Shore-A-Härte über Kennwerte der Schaum-struktur unter Berücksichtigung der Pro-zessparamter ist nur begrenzt möglich.

DanksagungDas IGF-Vorhaben 19008N der For-schungsvereinigung Kunststoffverarbei-tung wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriel-len Gemeinschaftsforschung und -ent-wicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund ei-nes Beschlusses des Deutschen Bundes-tages gefördert. Allen Institutionen gilt unser Dank.

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3 Modelle zur Prognose der Härte von Moosgummiprofilen basierend auf Kennwerten der SchaumstrukturNr. Modell Bestimmtheitsmaß R²

1 y = 47,491 + 29,172 · x1 + 1,528 · x2 ‒ 35,772 · x1 · x2 0,81

2 y = 44,603 + 0,070 · x3 ‒ 0,010 · x32 0,66

3 y = 52,602 ‒ 0,555 . x3 0,64

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