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Morphologie der Lunge und Entwicklung des Gasaustauschapparates XVIII Krankheiten der Atmungsorgane S. A. Tschanz* und P. H. Burri Institut fur Anatomie, Universität Bern, Bern, Schweiz 1 Morphologie der Lunge 1.1 Innere Organisation der Lunge Die Lunge beinhaltet 3 Kompartimente: Luft, Gewebe und Blut. Das Lungengewebe liefert das Organ- gerust und sorgt dafur, dass Luft und Blut zwar stets getrennt bleiben, aber doch in so engen Kontakt miteinander treten, dass O 2 und CO 2 durch Diffusion efzient ausgetauscht werden. Die Anforderungen an das System als Ganzes und besonders an die Gasaustauschregion mit der zarten Luft-Blut-Schranke sind extrem hoch: An den dunnsten Stellen ist die Gewebebarriere gerade noch 50-mal dunner als ein Luftpostbriefpapier (~0,2 mm), und trotzdem kommt es beim Atmen (und meist selbst beim Husten) nicht zu einem Austritt von Blut in den Luftraum. Die Inhalte der Luft- und Blutkompartimente werden laufend erneuert, das Luftvolumen durch die vom Zwerchfell und der thorakalen Atemmuskulatur erzeugten Volumenänderungen des Thoraxraums und das Blut im pulmonalen und bronchialen Kreislauf durch die Pumpaktion des Herzens. 1.1.1 Leitende Luftwege Der Luftwegsbaum der menschlichen Lunge ist nach dem Prinzip der unregelmäßigen Dichotomie aufgebaut, was bedeutet, dass sich von zentral bis peripher jeder Röhrenabschnitt in zwei Äste teilt. Die beiden Äste können aber von ungleichem Kaliber sein, und deren Abgangswinkel vom Stamm kann ebenfalls differieren. Insgesamt kommt es so nach der Trachea (=0. Generation) und den beiden Haupt- bronchien (=1. Teilungsgeneration) zur Ausbildung von 22 intrapulmonalen Verzweigungsgenerationen (Abb. 1). Ein Gasaustausch setzt im Mittel erst ab der 16.17. Generation ein, nimmt dann aber peripheriewärts gegenuber der Luftleitungrasch an Bedeutung zu. Die makroskopische Gliederung der Lunge reektiert das Verzweigungsmuster der ersten Luftwegsgenerationen. So entstehen Lungen- lappen und Lungensegmente (Abb. 2) und schließlich die kleineren bereits von Bronchiolen versorgten unvollständig septierten Lobuli und Acini. Trachea und Bronchien enthalten in ihrer Wand Knorpelstucke, die entweder als hufeisenförmige, hinten offene Ringe oder als unregelmäßig geformte, in der Größe stark variable Platten in einer sog. Tunica brocartilaginea eingelassen sind. Bronchiolen dagegen sind knorpelfrei, besitzen aber eine funktionell bedeutsame Schicht glatter Muskulatur. Die epitheliale Auskleidung der Luftwege bildet von zentral bis peripher ein Kontinuum, dessen strukturelle Modikation in Abb. 3 wiedergegeben ist. Die Bronchien werden von einem klassischen respiratorischen Epithel ausgekleidet: ein mehrreihiges Flimmerepithel mit eingestreuten Becherzellen, das auf einer kräftigen, auch lichtmikroskopisch auf- fälligen Basalmembran sitzt. Die sog. Basalzellen, welche mit ihrem Zellapex das Lumen nicht erreichen, stellen den Proliferationspool dar, der die funktionstragenden Zellen durch Teilung, Differenzierung und Reifung ersetzt. Im Epithel eingestreut nden sich auch neuroendokrine Zellen (Feyrter-, Kulchitsky- oder APUD-Zellen [amine precursor uptake and decarboxylation]). Diese Elemente können einzeln *E-Mail: [email protected] Pädiatrie DOI 10.1007/978-3-642-54671-6_171-1 # Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2015 Seite 1 von 11

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Morphologie der Lunge und Entwicklung des Gasaustauschapparates

XVIII Krankheiten der Atmungsorgane

S. A. Tschanz* und P. H. BurriInstitut f€ur Anatomie, Universität Bern, Bern, Schweiz

1 Morphologie der Lunge

1.1 Innere Organisation der LungeDie Lunge beinhaltet 3 Kompartimente: Luft, Gewebe und Blut. Das Lungengewebe liefert das Organ-ger€ust und sorgt daf€ur, dass Luft und Blut zwar stets getrennt bleiben, aber doch in so engen Kontaktmiteinander treten, dass O2 und CO2 durch Diffusion effizient ausgetauscht werden. Die Anforderungenan das System als Ganzes und besonders an die Gasaustauschregion mit der zarten Luft-Blut-Schrankesind extrem hoch: An den d€unnsten Stellen ist die Gewebebarriere gerade noch 50-mal d€unner als einLuftpostbriefpapier (~0,2 mm), und trotzdem kommt es beim Atmen (und meist selbst beim Husten) nichtzu einem Austritt von Blut in den Luftraum.

Die Inhalte der Luft- und Blutkompartimente werden laufend erneuert, das Luftvolumen durch die vomZwerchfell und der thorakalen Atemmuskulatur erzeugten Volumenänderungen des Thoraxraums und dasBlut im pulmonalen und bronchialen Kreislauf durch die Pumpaktion des Herzens.

1.1.1 Leitende LuftwegeDer Luftwegsbaum der menschlichen Lunge ist nach dem Prinzip der unregelmäßigen Dichotomieaufgebaut, was bedeutet, dass sich von zentral bis peripher jeder Röhrenabschnitt in zwei Äste teilt.Die beiden Äste können aber von ungleichem Kaliber sein, und deren Abgangswinkel vom Stamm kannebenfalls differieren. Insgesamt kommt es so nach der Trachea (=0. Generation) und den beiden Haupt-bronchien (=1. Teilungsgeneration) zur Ausbildung von 22 intrapulmonalen Verzweigungsgenerationen(Abb. 1). Ein Gasaustausch setzt im Mittel erst ab der 16.–17. Generation ein, nimmt dann aberperipheriewärts gegen€uber der „Luftleitung“ rasch an Bedeutung zu. Die makroskopische Gliederungder Lunge reflektiert das Verzweigungsmuster der ersten Luftwegsgenerationen. So entstehen Lungen-lappen und Lungensegmente (Abb. 2) und schließlich die kleineren bereits von Bronchiolen versorgtenunvollständig septierten Lobuli und Acini.

Trachea und Bronchien enthalten in ihrer Wand Knorpelst€ucke, die entweder als hufeisenförmige,hinten offene Ringe oder als unregelmäßig geformte, in der Größe stark variable Platten in einer sog.Tunica fibrocartilaginea eingelassen sind. Bronchiolen dagegen sind knorpelfrei, besitzen aber einefunktionell bedeutsame Schicht glatter Muskulatur. Die epitheliale Auskleidung der Luftwege bildetvon zentral bis peripher ein Kontinuum, dessen strukturelle Modifikation in Abb. 3 wiedergegeben ist.Die Bronchien werden von einem klassischen respiratorischen Epithel ausgekleidet: ein mehrreihigesFlimmerepithel mit eingestreuten Becherzellen, das auf einer kräftigen, auch lichtmikroskopisch auf-fälligen Basalmembran sitzt. Die sog. Basalzellen, welche mit ihrem Zellapex das Lumen nicht erreichen,stellen den Proliferationspool dar, der die funktionstragenden Zellen durch Teilung, Differenzierung undReifung ersetzt. Im Epithel eingestreut finden sich auch neuroendokrine Zellen (Feyrter-, Kulchitsky-oder APUD-Zellen [„amine precursor uptake and decarboxylation“]). Diese Elemente können einzeln

*E-Mail: [email protected]

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oder gruppiert in der Form von neuroepithelialen Körpern (NEB) vorkommen. Neben hormonellenAktivitäten werden dieser heterogenen Zellpopulation auch Funktionen im Bereich der Regenerationund der Sauerstoffdetektion zugeschrieben. B€urstenzellen (= fragliche Chemorezeptoren) und Abwehr-zellen sind ebenfalls in verhältnismäßig geringer Zahl eingestreut. Im Epithel vorkommende Nerven-endigungen sind heute noch wenig untersucht, könnten aber mit ihrer Reaktivität auf Reizstoffe vongroßer Bedeutung sein.

In der Lamina propria der Schleimhaut findet sich ein auffallend kräftiges Netz von bevorzugt längsverlaufenden elastischen Fasern. Die seromukösen Glandulae tracheales und bronchiales erstrecken sichoft von der Lamina propria durch die verschiedenenWandschichten hindurch bis in die Adventitia hinein.Diese Dr€usen und die Becherzellen produzieren sowohl eine niedrig visköse Fl€ussigkeitsschicht, in derdie Zilien schlagen, wie auch die klebrige muköse Deckschicht, deren Funktion nebst Befeuchtung derLuft im Abfangen von in der Einatmungsluft enthaltenen Partikeln besteht. Dank dem synchronisiertenrhythmischen Zilienschlag werden die Partikel in effizienter Weise rachenwärts transportiert und durchVerschlucken entsorgt. Zur Peripherie hin nimmt das Epithel stetig an Höhe ab, um schließlich einschich-tig zu werden. In den Bronchiolen werden die Becherzellen durch Clara-Zellen ersetzt, welche dortzwischen 10 und 20 % der Zellpopulation ausmachen. Sie sind funktionell heterogen, wobei sie sichersekretorisch tätig sind und verschiedene Bestandteile des Oberflächenfilms der Bronchiolen produzieren,u. a. als Hauptquelle des Clara-Zell-sekretorischen Proteins (CCSP). Weitere wichtige Rollen der

Trachea

Hauptbronchien

Bronchien

Bronchiolen

Bronchiolusterminalis

Übergangs-Bronchiolen

Bronchiolirespiratorii

Ductusalveolares

Alveolar-säcke

Azinus

Leite

nde

Luftw

ege

Gas

aust

ausc

hend

e Lu

ftweg

e

Generation

0

1

2

3

4

5

14

15

16

17

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19

20

21

22

23

Abb. 1 Organisation der Luftwege in der menschlichen Lunge mit Zuordnung der Generationenzahl dichotomer Verzwei-gungen zu den beiden funktionellen Luftwegsabschnitten. Das Diagramm basiert vereinfachend auf regulärer Dichotomie. Derblau unterlegte Bereich entspricht einem Acinus, welcher peripher eines Bronchiolus terminalis beginnt. (Mod. nach Weibel1963)

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Clara-Zellen sind Immunmodulation, Detoxikation (Sauerstoffradikale u. a.) sowie als Stammzellen f€urdie Regeneration des Luftwegsepithels.

Trachea

Bifurcatiotracheae

RechteLunge

LinkeLunge

Bronchiprincipales

7

7

8

8

9 9

10

10

6 6

1

1

2

2

3

3

4

4

5

5

Abb. 2 Atemwege: Trachea bis Segmentbronchien in Frontalansicht. Rechte Lunge: die Segmente 1–3 (weiße Zahlen) bildenden Oberlappen, 4 und 5 den Mittellappen (weiße Zahlen im Kreis) und 6–10 den Unterlappen (schwarze Zahlen). Links wirdder Oberlappen (weiße Zahlen) von den Segmenten 1–5 und der Unterlappen (schwarze Zahlen) von den Segmenten 6–10gebildet

Becherzellen

FlimmerzellenClara-Zellen

Surfactant Kapillare

Surfactant

Mukus

Hypophase

Epithel

Lamina propria

Tunicamuscularis

Tunicafibrocartilaginea

Tunicaadventitia

Drüse

Knorpel

Typ 2 Pneumozyt

Typ 1 Pneumozyt

Interalveolarseptum

GasaustauschregionBronchiolusLuftröhre/Bronchus

Basalmembran

Abb. 3 Veränderung im Wandbau der Atemwege von zentral nach peripher

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1.1.2 BlutgefäßeDie Lunge wird von zwei nicht vollständig getrennten Blutkreisläufen versorgt. Der Bronchialkreislauf(auch als Vasa privata bezeichnet, d. h. f€ur den Eigengebrauch bestimmt) versorgt das Gewebe dergröberen Leitstrukturen mit Nährstoffen und Sauerstoff. Die Bronchialarterien (Rami bronchiales) sindals Äste des großen Kreislaufs kleine muskuläre Arterien von kräftigem Wandbau. Sie entstammen derAorta, respektive den Interkostalarterien und verlaufen im Begleitbindegewebe der großen Luftwege biszu den Bronchiolen. Es bestehen offenbar bronchopulmonale Verbindungen auf verschiedenen Ebenen,€uber deren funktionelle Bedeutung aber Unklarheit herrscht. Das Blut aus dem bronchialen Kapillarnetzzentraler Lungenabschnitte sammelt sich in kleinen Venen, welche in die V. azygos, respektiveV. hemiazygos abfließen. Weiter peripheriewärts in der Lunge fließt das Blut aus dem Bronchialkreislaufin die Lungenvenen ab.

1.1.3 Bindegewebsgerüst der Lunge und LymphabflussDie Lymphbahnen der Lungen halten sich an die gröberen Bindegewebsstrukturen, deren Anordnung hierkurz zu schildern ist.

Das bindegewebige Ger€ust der Lunge lässt sich in 3 Abschnitte gliedern:

– das axiale Bindegewebe, welches den Bronchialbaum und die Begleitarterien einh€ullt und sichprinzipiell vom Hilus bis in die Alveolareingangsringe erstreckt,

– das Mantelbindegewebe (auch peripheres Bindegewebe genannt), welches primär die H€ulle der Lungebildet; von der Bindegewebsschicht unter der Pleura visceralis ziehen Septen in das Organ hinein undteilen es unvollständig in größere und kleinere Parenchymuntereinheiten;

– das septale Bindegewebe, welches die Interalveolarsepten durchzieht und somit axiales und peripheresBindegewebe miteinander verspannt.

Diese Bauweise sorgt daf€ur, dass die d€unnwandigen Bronchiolen des Lungenparenchyms auch beimAusatmen offen bleiben. Lymphgefäße kommen nur im axialen und im Mantelbindegewebe vor. ImLungenparenchym selbst wird die interstitielle Fl€ussigkeit des Lungenläppchens im Bindegewebe desInteralveolarseptums entweder zentralwärts zu den peribronchialen und perivaskulären Bindegewebs-scheiden oder primär peripheriewärts ins Mantelbindegewebe hingef€uhrt, wo sie von Lymphkapillarenaufgenommen wird, um schließlich hiluswärts abzufließen. Die ersten Lymphknotenstationen liegenintrapulmonal (Nodi lymphatici pulmonales), die nächsten liegen dann an den Lappenbronchien (Nodilymphatici bronchopulmonales), die weiteren an den Hauptbronchien, an der Bifurkation sowie entlangder Trachea (Nodi lymphatici tracheobronchiales superiores et inferiores und Nodi lymphatici tracheales).Der Lymphabfluss gelangt links via Truncus bronchomediastinalis sinister und Ductus thoracicus undrechts via Truncus bronchomediastinalis dexter in die entsprechenden Venenwinkel (Vereinigung derV. jugularis interna und der V. subclavia).

1.1.4 InnervationDie Lunge wird sympathisch und parasympathisch innerviert. Die Nervenfasern aus Truncus sympathicusund Nervus vagus bilden ein Geflecht, das sich als Plexus pulmonalis um den jeweiligen Hauptbronchusausbreitet und am Hilus in die Lunge eindringt. Der Plexus innerviert vornehmlich die glatte Muskulaturder Luftwege und Gefäße, aber auch Dr€usen. Die Afferenzen in parasympathischen und sympathischenFasern stammen von Dehnungs- und möglicherweise Chemorezeptoren und f€uhren auch Schmerzemp-findungen zentralwärts.

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1.2 Feinbau der Gasaustauschregion

1.2.1 AlveolenDer Gasaustausch der Lunge findet in den Alveolen statt. Diese stellen kleine Bläschen dar, die trauben-förmige Gruppen bilden und die respiratorischen Bronchiolen und die Ductus und Sacci alveolaresumlagern (Abb. 4). Es sind polyhedrische Strukturen, deren eine wandlose Seite sich zu den Luftwegenöffnet. Ihre dichte Packung wird oft mit der Anordnung der Honigwaben verglichen.

Eine Alveolarwand ist, außer in den periphersten Bläschen, stets zwei benachbarten Alveolen gemein-sam und wird deshalb als interalveoläres (oder auch einfach alveoläres) Septum bezeichnet (Abb. 5). In

Abb. 4 Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme des Parenchyms einer menschlichen Lunge (17. Lebensmonat). DieAlveolen liegen dicht aneinander und gruppieren sich um die Ductus alveolares. In den Alveolen sind vereinzelt Makrophagenvorhanden, einige Kohn-Poren durchbrechen die Interalveolarsepten. da Ductus alveolaris, mp Makrophage, kp Kohn-Pore.Vergrößerung ca. 80-fach. Balken: 200 mm

Abb. 5 Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Ausschnitts eines interalveolären Septums einer menschlichen Lunge(19. Lebensjahr). Die Kapillaren nehmen praktisch die ganze Breite des Septums ein. D€unnere und dickere Abschnitte derLuft-Blut-Schranke sind oft wechselseitig angeordnet. In der Ausschnittvergrößerung wird der 3-schichtige Bau der d€unnstenAnteile der Luft-Blut-Schranke deutlich mit Epithel, Basalmembran und Endothel. kap Kapillaren, ec Erythrozyten, enEndothel, ep1 Pneumozyt 1, ep2 Pneumozyt 2, bm Basalmembran. Vergrößerung: 1800-fach, Balken: 10 mm. Ausschnitt:8000-fach, Balken: 1 mm

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der Alveolarwand liegt ein sehr dichtes Kapillarnetz, das ungefähr 50 % des Septumvolumens einnimmt.Ein Netz von elastischen Fasern und kollagenen Fibrillen zieht durch die Maschen des Kapillarnetzes. Esist Teil eines Kontinuums, das durch das Lungenparenchym von der Pleura zum Hilus zieht und deshalbBrustwand- und Zwerchfellbewegungen bis in die Tiefe des Organs weitervermitteln kann. Die elasti-schen Fasernetze tragen zur Retraktionskraft der Lunge bei, allerdings nur etwa zu einem Drittel, da dergrößere Anteil durch Oberflächenkräfte an der Luft-Fl€ussigkeits-Grenze erzeugt wird.

Die Interalveolarsepten sind durch kleine rundliche Löcher durchbrochen, die sog. Kohn-Poren (Abb.4). Sie haben einen Durchmesser von 3–15 mm und sind unter normalen Bedingungen durch eineSurfactantdoppellage (s. unten) verschlossen. Aus diesem Grund ist wohl die Hypothese, dass sie derNebenbel€uftung benachbarter Alveolen dienen, nicht korrekt. Hingegen stellen sie f€ur die Makrophagen,welche im Surfactant an der Alveolaroberfläche herumkriechen, Durchtrittsstellen von einer Alveole zuranderen dar.

1.2.2 Luft-Blut-SchrankeDie Luft-Blut-Schranke besteht aus 3 Komponenten (Abb. 5): eine äußerst d€unn ausgezogene Typ-1-Epithelzellplatte, eine d€unne Schicht interstitiellen Gewebes, die in den d€unnsten Abschnitten derBarriere auf eine einfache Basalmembran reduziert ist, und eine d€unn ausgezogene Endothelschicht.Auf der alveolären Oberfläche liegt ferner ein d€unner Fl€ussigkeitsfilm, der Surfactant, welcher an derGas-Fl€ussigkeits-Grenzfläche die Oberflächenspannung herabsetzt, wodurch das Atmen erst möglichwird. Er stellt ein komplexes wässriges Gemisch von Phospholipiden und Proteinen dar, das elektronen-mikroskopisch als Hypophase mit einem osmiophilen Oberflächenfilm dargestellt werden kann. Gleich-zeitig f€ullt der Surfactant die Nischen und Vertiefungen des Alveolarepithels aus und glättet damit dieinnere Oberfläche der Lunge.

1.2.3 AlveolarepithelzellenZwischen 90 und 95 % der Gasaustauschoberfläche wird von Typ-1-Pneumozyten bedeckt. Es sind plattausgezogene Zellen, die derart weitreichende d€unne Zytoplasmalamellen (Dicke oft nur 0,05–0,2 mm)

Tab. 1 Stadien der Lungenentwicklung

Periode Stadium Zeitspanne Dauer SSL Ereignis

EmbryonalePeriode

EmbryonalesStadium

26. Tag bis8. Woche

30Tage

0,3–2,5 cm Organogenese, Bildung der großen Luftwege

FetalePeriode

PseudoglanduläresStadium

5.–17.Woche

85Tage

0,6–12 cm Bildung des Bronchialbaums und vonAbschnitten der prospektivenGasaustauschzone; „Geburt des Acinus“

KanalikuläresStadium

16.–26.Woche

70Tage

10–23 cm Bildung weiterer Luftwegsgenerationen imLungenparenchym; Differenzierung desEpithels: Bildung d€unner Luft-Blut-Schranken, Start der Surfactantproduktion

SakkuläresStadium

24. Wochebis Geburt

100Tage

22–35 cm Expansion der Lungenperipherie; Abschlussder Teilung des Luftwegssystems

PostnatalePeriode

Stadium derAlveolenbildung

36. Wochea.p. bis 18.Monat p.p.

560Tage

33 cm Alveolisation durch Septierung

Stadium dermikrovaskulärenReifung

Geburt bis2.–3. Jahr

2–3Jahre

Umbau der interalveolären Septen;Restrukturierung und Reifung desKapillarbetts

SSL Scheitel-Steiß-Länge, a.p. ante partum, p.p. post partum.

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besitzen, dass sie wohl wegen dieser extremen Spezialisierung ihre Teilungsfähigkeit verloren haben. DieKernregion dieser Zellen ist zwar dicker, aber spärlich mit Zellorganellen ausgestattet; sie liegt oft inMaschen des Kapillarnetzes, wo sie nicht mit der Gasdiffusion interferiert. Die Typ-2-Pneumozytenbedecken zwar nur 5–8 % der Alveolaroberfläche, sind aber als kleine, rundliche Nischenzellen wesent-lich zahlreicher (bis 1,5-mal) als die Typ-1-Zellen. Ihr Zytoplasma ist gut mit Organellen ausgestattet undenthält apikal besondere Granula, die Lamellenkörperchen, welche die intrazellulär gespeicherte, sicht-bare Vorstufe des Surfactants darstellen. Neben dieser sekretorischen Aktivität gelten die Typ-2-Zellenauch als Stammzellen f€ur den epithelialen Zellersatz der Alveolaroberfläche.

Abb. 6 a–e Entwicklung des Lungenparenchyms in verschiedenen Stadien mit besonderer Beachtung der Anordnung derKapillaren. a Im pseudoglandulären Stadium bilden die Kapillaren im Mesenchym ein lockeres Maschennetz. b Im kanal-ikulären Stadium kommen die Kapillaren enger an die prospektiven Luftwegstubuli zu liegen. Es differenzieren sich Typ-1-und Typ-2-Epithelzellen. Jeder Luftweg erhält eine Scheide aus Kapillaren, was in den Septen zu einer doppelten Kapillarlagef€uhrt. c Zustand im sakkulären Stadium: Die intersakkulären Wände weisen 2 Lagen von Kapillaren auf, eine Voraussetzungf€ur die Alveolisierung. d Im Stadium der Alveolisation kommt es zur Auffaltung einer Kapillarlage und Bildung desinteralveolären Septums (Pfeile: wachsende sekundäre Septen). Alle Septen sind aber noch unreif (Doppelkapillaren) undm€ussen nun das Stadium der mikrovaskulären Reifung durchlaufen. e Nach der mikrovaskulären Reifung ist die Morphologiedes adulten Septums mit einer Lage Kapillaren erreicht (Abb. 5). me Mesenchym (hellblau), tub Tubuli, can Canaliculi, sacSacculi, vz kuboidale Vorläuferzellen (blau), kap Kapillaren (rot), alv Alveolen, in Interstitium (hellblau), ep1 Typ-1-Pneumozyt (hellbraun), ep2 Typ-2-Pneumozyt (olivbraun), el Elastin (hellgr€un)

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Der Pneumozyt 3 schließlich ist ein seltener Zelltyp, der wegen seiner B€undel von typischen, an derSpitze abgeflachten Mikrovilli auch als B€urstenzelle bezeichnet wird. Am häufigsten wird er in denLuftwegen, besonders in den peripheren Bronchiolen gefunden. Ähnliche oder gleiche Zellen kommenaber auch in den Epithelien anderer vom Entoderm abstammenden Organe vor. Ihre Funktion ist (speziellim Respirationstrakt) unbekannt und ihr Wirken als Chemorezeptoren hypothetisch.

Da die Lunge konsequent auf die Gasaustauschfunktion ausgerichtet ist, verwundert es nicht, dass dasparenchymale Interstitium volumenmäßig so knapp wie möglich ausgelegt ist. Zudem ist seine Anord-nung so optimiert, dass eine Septumkapillare höchstens auf einer Seite von einem etwas breiteren Bandvon Interstitium flankiert wird; auf der anderen Seite finden sich jeweils die d€unnen Abschnitte der Luft-Blut-Schranke (Abb. 5).

Die Zellen des interstitiellen Bindegewebes des alveolären Septums stellen keine einheitliche Popula-tion dar. Neben Produktion und Unterhalt der Fasern und der extrazellulären Matrix des Septums hat ihreKontraktilität eine große funktionelle Bedeutung. Sie verspannen Epithelien und Endothelien miteinanderund regulieren die Compliance des Bindegewebsraums. Sie können dadurch unter physiologischenBedingungen die Akkumulation von Fl€ussigkeit im interstitiellen Raum verhindern. Obschon die Zellengenerell als Myofibroblasten bezeichnet werden, muss man heute annehmen, dass je nach Lokalisation(lungenperipher oder -zentral, Position im Septum) ihre Funktion spezifisch angepasst ist. Sie können aufDifferenzierung und Funktion des dar€uber liegenden Epithels Einfluss nehmen.

Die Endothelzellen schließlich bilden die Kapillarwand. Mit ihren d€unnen Ausläufern ähneln sie denTyp-1-Zellen, breiten sich aber weniger weit aus. Die Lungenkapillaren sind vom geschlossenen Typ,d. h. von einer undurchbrochenen Endothelzelllage umgeben. Zusätzlich werden sie von einer Basal-membran umh€ullt, die sie sich an den d€unnen Stellen der Luft-Blut-Schranke mit den Pneumozyten teilen.Die Kapillarendothelien sind mit Perizyten assoziiert.

2 Lungenentwicklung

In diesem kurzen Abriss der Lungenentwicklung soll speziell auf einige f€ur die Lungenfunktion markanteEntwicklungsschritte und auf neuere in den klassischen Lehrb€uchern noch wenig ber€ucksichtigte Tat-sachen verwiesen werden.

Tabelle 1 gibt eine Übersicht €uber die Abschnitte und Stadien der Lungenentwicklung. Um den 26. Tagentsteht die Lungenanlage als ventrale Knospe des Vorderdarms, die rasch ins umliegende Mesenchymvorwächst und sich dabei irregulär dichotom teilt. Bald sind Lappen- und Segmentbronchien präformiert,und die Lunge tritt ins pseudoglanduläre Stadium ein. Während fr€uher einhellig die Ansicht herrschte,dass in diesem Stadium nur der konduktive Abschnitt des Luftwegbaums entsteht, bestehen deutlicheHinweise, wonach auch wesentliche Anteile des prospektiv respiratorischen Parenchyms ausgebildetwerden. Um die 17. Woche lassen sich die Anlagen der k€unftigen Acini bereits erkennen, ein Merkmal,welches den Übergang vom pseudoglandulären Stadium ins kanalikuläre markiert. Die kanalikulärePhase ist f€ur die Klinik von großer Bedeutung. Es kommt zu einer massiven Kapillarisierung desParenchyms und damit gekoppelt zu einer Differenzierung der bis dahin kubischen Epithelien inTyp-1- und Typ-2-Pneumozyten. Gegen Ende dieses Stadiums liegen also bereits d€unne Luft-Blut-Schranken (Typ-1-Zellen) vor, und differenzierte Typ-2-Zellen nehmen die Surfactantproduktion auf.Damit erhält ein Fr€uhgeborenes gegen Ende dieses Stadiums erstmals eine Überlebenschance.

1Intussuszeptives Wachstum bedeutet Wachstum in sich selbst, d. h. durch Einf€ugen gleicher Struktureinheiten im Innern, wiez. B. beim Knorpelwachstum.

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In der folgenden sakkulären Phase kommt es zu einer massiven Erweiterung der Gasaustauschzone undvermutlich zur Bildung der letzten Generationen der Lufträume. Die Endabschnitte werden von kleinenSacculi gebildet, die sehr oft unpräzise bereits als Alveolen bezeichnet werden. Die eigentliche Alveo-lisation setzt aber erst wenige Wochen vor der Geburt ein. Die Anzahl der Alveolen im Moment derGeburt ist umstritten, die Angaben verschiedener Autoren gehen von praktisch keinen Alveolen bis zu100 Millionen. Das Zählen der entstehenden Alveolen ist tatsächlich ein schwieriges technisches Unter-fangen. Man kann aber annehmen, dass im Durchschnitt wohl höchstens ein Sechstel der Alveolen desadulten Menschen bei der Geburt vorhanden sind. Die Alveolisation ist folglich klar ein hauptsächlichpostnataler Prozess.

Ein Merkmal der sakkulären Lunge ist das Vorhandensein von zwei aufeinanderliegenden flächen-haften Kapillarnetzen in den intersakkulären Septen. Diese unreife Septenstruktur ist Voraussetzung f€urden Alveolisationsvorgang (Abb. 6). Unter dem Einfluss des Zugs elastischer Fasernetze werden neueinteralveoläre Septen durch Auffaltung einer der beiden Lagen von Kapillaren gebildet (Abb. 6d). DieseAuffaltungen sind als Sekundärsepten bezeichnet worden, im Gegensatz zu den Primärsepten, welche dieSacculi voneinander abgrenzen. Aus Abb. 6 wird deutlich, dass aber primäre und sekundäre Septendoppelte Kapillarnetze besitzen. Beide Formen sind somit unreif im Vergleich zu typischen adultenInteralveolarwänden (Abb. 5 und 6e). Deshalb ist die Lungenentwicklung mit der Phase der Alveolisie-rung noch nicht abgeschlossen. Die ganze Kapillardoppellage der Interalveolarsepten muss noch in diereife adulte Form transformiert werden. Dies geschieht in der Phase der mikrovaskulären Reifung(Abb. 6e). Durch diesen letzten Prozess gewinnt das Lungenparenchym erst sein definitives Aussehen:schlanke interalveoläre Septen, in denen ein einziges Kapillarnetz mit den Bindegewebsfasern verwobenist. Die auffällige Veränderung der Kapillarstruktur wird durch zwei Prozesse ermöglicht: Kapillarfusio-nen zwischen den beiden Kapillarschichten und differenzielles Wachstum, d. h. fusionierte Abschnittewachsen schneller und stärker als nicht verschmolzene. Durch diese Vorgänge, die zum Teil €uberlappendmit der Alveolisation ablaufen, wird die Lungenentwicklung etwa im 3. Lebensjahr abgeschlossen.

In der Parenchymperipherie (subpleural, perivaskulär, peribronchial) sind, aufgrund der dortigenAnordnung der Kapillaren, die strukturellen Voraussetzungen f€ur eine anhaltende Alveolenbildunglebenslang gegeben. Es wird auch diskutiert, ob in reifen Septen durch Reduplizierung des Kapillarbettesneue Interalveolarsepten aufgefaltet werden können. Es ist noch nicht klar, in wieweit diese potenziellregenerativen Gegebenheiten beim Menschen relevant sind.

Abb. 7 3D-Rekonstruktion eines transkapillären Gewebepfostens auf Basis elektronenmikroskopischer Serienschnittaufnah-men aus einer menschlichen Lunge. Die zwei Gewebepfosten unterteilen das urspr€ungliche Lumen in drei getrennte Lumina.ec Erythrozyten

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3 Wachstum der Lunge

Während der letzten postnatalen Entwicklungsschritte kommt es noch zu markanten quantitativen Ver-schiebungen in den Kompartimenten der Lunge. Morphometrische Untersuchungen an Kinderlungenhaben ergeben, dass sich während der Alveolisation und der mikrovaskulären Reifung die quantitativeZusammensetzung der parenchymalen Kompartimente sehr stark verändert. In den ersten 18 Monatennach der Geburt findet ein €uberproportionales Wachstum der parenchymatösen Luft- und Blutvoluminastatt. Dies bedeutet nicht nur, dass die Lunge lufthaltiger wird, sondern auch, dass die massive Umstruk-turierung des Kapillarbetts mit der Reduktion der Doppellage von Kapillaren zu einer einfachen Schichtmit einem kräftigen Wachstumsschub des Kapillarnetzes verbunden ist. Damit steigt der Kapillarblutan-teil im Septum auf €uber 40 % oder der Kapillaranteil inklusive Endothel auf €uber 50 %. Dieses massiveWachstum des Kapillarbetts geschieht €uberwiegend durch das sog. intussuszeptive Kapillarwachstum1

(Abb. 4) und nicht durch Sprossung neuer Kapillaren. Dies bedeutet, dass in das flächenhafte Lungen-gefäßbett nach Erweiterung der Kapillaren schlanke transkapilläre Gewebepfeiler (Durchmesser unter1,5 mm) eingef€ugt werden. Diese wachsen anschließend zu Kapillarmaschen heran. Durch den Vorgangwerden die Kapillaren vermehrt und die Kapillaroberfläche vergrößert.

Die intussuszeptive Wachstumsform wurde erstmals in der Lunge beschrieben, aber mittlerweile invielen Organen und in verschiedenen Spezies nachgewiesen. Es konnte auch gezeigt werden, dass derIntussuszeptionsmechanismus an der Organisation und Restrukturierung des Gefäßbaums beteiligt ist.

Während der prozentuale Volumenanteil an Epithel- und Endothelgewebe relativ stabil bleibt, nimmtdas Interstitium in den ersten 18 Monaten deutlich ab; dies geschieht besonders auf Kosten der zellulärenBestandteile.

Ab dem Alter von 2–3 Jahren laufen die Wachstumsprozesse in den Parenchymkompartimentengleichmäßiger ab. Auch wenn noch feine Verschiebungen wie z. B. ein Trend zur Zunahme des Paren-chymluftvolumens auf Kosten des Gewebeanteils morphometrisch nachgewiesen werden kann, darf maneine Kinderlunge im Alter von 2–3 Jahren annähernd als miniaturisierte Erwachsenenlunge betrachten.

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