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www.loeffler-notfallmedizin.de/downloads modifiziert aus: AMBOSS-Lernprogramm (www.amboss.miamed.de) Das Atmungssystem Atemwege und Lunge Die Lunge ist für die Atmung zuständig und besteht aus zwei Lungenflügeln, die von einem System aus luftleitenden Wegen (den „Bronchien“) durchzogen sind. Diese enden in sog. Lungenbläschen (den „Alveolen“), in denen der Gasaustausch stattfindet. Die gesamten unteren Atemwege mit Ausnahme der Alveolen sind mit cilientragendem Epithel ausgekleidet, das zur Immunabwehr und Reinigung der Lunge beiträgt. Die Alveolen hingegen tragen eine sehr dünne Epithelschicht, damit die Atemgase Sau- erstoff und Kohlendioxid möglichst leicht in die umgebenen Lungenkapillaren diffundieren können. Die Lungenkapillaren gehören zum kleinen Blutkreislauf, der sauerstoffarmes Blut von der rechten Herz- kammer zur Lunge und sauerstoffreiches Blut von den Lungenkapillaren zum linken Vorhof führt. Die Lunge selbst wird über ein zweites Gefäßsystem versorgt. Die Durchblutung der Lunge wird auch als Perfusion bezeichnet und steht in engem Verhältnis zur Ventilation - der Verteilung der Atemgase in der Lunge. Diese wird durch Druckunterschiede zwischen Alveolarraum und Außenwelt angetrieben, die u.a. von der Atemmuskulatur erzeugt werden. Für Details zum Ablauf der Atmung siehe auch: Atemmechanik. Trachea Die Luftröhre bzw. Trachea verbindet den Larynx mit den Hauptbronchien der Lunge. Makroskopische Anatomie Steckbrief Funktion: Weiterleitung der Atemluft von der Epiglottis zu den Hauptbronchien und umgekehrt Lage: in Hals und Mediastinum, ventral des Oesophagus o Beginn: Unterhalb des Ringknorpels (Kehlkopf) o Ende: Caudal in der Bifurcatio tracheae auf Höhe des 4. BWK Form: röhrenförmig Größe: ca. 10cm lang Aufbau Die Trachea ist aus hufeisenförmigen Knorpelspangen aufgebaut, die dorsal durch eine Muskel-Bin- degewebs-Platte verbunden sind. Vorderseite: ca. 20 hufeisenförmige Knorpelspangen, mit Bändern untereinander verbunden (Ligg. anularia) Rückseite (Paries membranaceus): besteht aus Bindegewebe und Muskeln (dem sog. Muscu- lus trachealis)

Das Atmungssystem - s3e809cde68382140.jimcontent.com · A. pulmonalis dextra und sinistra ... ren. Klinisch sind die Lagebeziehungen z.B. beim Bronchialkarzinom relevant, da sie zu

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Das Atmungssystem

Atemwege und Lunge

Die Lunge ist für die Atmung zuständig und besteht aus zwei Lungenflügeln, die von einem System aus luftleitenden Wegen (den „Bronchien“) durchzogen sind. Diese enden in sog. Lungenbläschen (den „Alveolen“), in denen der Gasaustausch stattfindet. Die gesamten unteren Atemwege mit Ausnahme der Alveolen sind mit cilientragendem Epithel ausgekleidet, das zur Immunabwehr und Reinigung der Lunge beiträgt. Die Alveolen hingegen tragen eine sehr dünne Epithelschicht, damit die Atemgase Sau-erstoff und Kohlendioxid möglichst leicht in die umgebenen Lungenkapillaren diffundieren können. Die Lungenkapillaren gehören zum kleinen Blutkreislauf, der sauerstoffarmes Blut von der rechten Herz-kammer zur Lunge und sauerstoffreiches Blut von den Lungenkapillaren zum linken Vorhof führt. Die Lunge selbst wird über ein zweites Gefäßsystem versorgt. Die Durchblutung der Lunge wird auch als Perfusion bezeichnet und steht in engem Verhältnis zur Ventilation - der Verteilung der Atemgase in der Lunge. Diese wird durch Druckunterschiede zwischen Alveolarraum und Außenwelt angetrieben, die u.a. von der Atemmuskulatur erzeugt werden. Für Details zum Ablauf der Atmung siehe auch: Atemmechanik.

Trachea

Die Luftröhre bzw. Trachea verbindet den Larynx mit den Hauptbronchien der Lunge. Makroskopische Anatomie Steckbrief

Funktion: Weiterleitung der Atemluft von der Epiglottis zu den Hauptbronchien und umgekehrt

Lage: in Hals und Mediastinum, ventral des Oesophagus o Beginn: Unterhalb des Ringknorpels (Kehlkopf) o Ende: Caudal in der Bifurcatio tracheae auf Höhe des 4. BWK

Form: röhrenförmig

Größe: ca. 10cm lang

Aufbau Die Trachea ist aus hufeisenförmigen Knorpelspangen aufgebaut, die dorsal durch eine Muskel-Bin-degewebs-Platte verbunden sind.

Vorderseite: ca. 20 hufeisenförmige Knorpelspangen, mit Bändern untereinander verbunden (Ligg. anularia)

Rückseite (Paries membranaceus): besteht aus Bindegewebe und Muskeln (dem sog. Muscu-lus trachealis)

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Bifurcatio tracheae: Aufzweigung der Trachea in einen rechten und einen linken Hauptbron-chus

o Linker Hauptbronchus geht waagerechter ab (Winkel von 35° zur Richtung der Trachea), da er durch das Herz "angehoben" wird

Der linke Hauptbronchus ist länger und dünner als der rechte Hauptbronchus

o Der rechte Hauptbronchus weicht nur um 20° von der Richtung der Trachea ab

o Ins Lumen der Bifurcatio ragt ein Knorpelsporn, der den Luftstrom lenkt (Carina tracheae)

„Fremdkörperaspiration“: Beim „Verschlucken“ von Flüssigkeiten oder Fremdkörpern gelangen diese ins Tracheobronchialsys-tem (statt in die Speiseröhre), was als „Aspiration“ bezeichnet wird. Häufig sind davon Kinder im 2. und 3. Lebensjahr betroffen, aber auch Patienten ohne entsprechende Schutzreflexe. Sind die Schutz-reflexe erhalten, kommt es zu anfallsartigem Reizhusten, weiterhin können Stridor und Dyspnoe be-stehen. Eine lebensbedrohliche Verlegung der Trachea führt zu massiver Luftnot, Zyanose und As-phyxie. Meist jedoch befinden sich die Gegenstände nach Aspiration in den Haupt- und Zwischenbron-chien, aufgrund des steileren Abgangs häufiger im rechten als im linken Bronchus. Bei ineffektivem Hustenreiz kann mit Hilfe des Heimlich-Manövers eine Mobilisation des Fremdkörpers versucht wer-den.

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Gefäßversorgung, Innervation und Lymphabfluss

Gefäßversorgung

Arteriell Rr. tracheales der A. thyroidea inferior oder der A. thoracica interna beide

aus A. subclavia

Venös Vv. tracheales in V. cava superior, V. thyroidea inferior oder V. brachioce-

phalica

Innervation

Parasympa-thisch

N. laryngeus recurrens des N. vagus

Lymphabfluss

Lymphstatio-nen

Nll. paratracheales Nll. tracheobronchales superiores und inferiores (an der Bifurcatio

tracheae)

Topographie der Trachea

Lage

Benachbarte Strukturen

Dorsal Oesophagus

Ventral

Schilddrüse V. thyroidea inferior Truncus brachiocephalicus Aorta ascendens/V.cava superior

Seitlich N. laryngeus recurrens (Weiter entfernt auch N. vagus und A. subclavia/carotis communis sinistra)

Mikroskopische Anatomie der Trachea Der mikroskopische Aufbau der Trachea entspricht dem der großen Bronchien (siehe dazu: Mikrosko-pische Anatomie der Lunge).

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Makroskopische Anatomie der Lunge

Steckbrief

Form: Die Lungenflügel ähneln einem abgerundeten Kegel

Größe: Volumen von 1,5L rechts und 1,4L links

Oberfläche: Ca. 100m2

Gewicht: Ca. 800g

Flächen und Ränder

o Flächen Facies costalis Facies diaphragmatica Facies mediastinalis Facies interlobaris

o Ränder: Margo anterior und inferior

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Aufbau Die Lunge besteht aus zwei Lungenhälften, welche sich in Lungenlappen und diese wiederum in funk-tionelle Segmente einteilen lassen. Nach der Funktion unterscheidet man das luftleitende Bronchial-system und die gasaustauschenden Alveolen. Das luftleitende Bronchialsystem Die Lappen- und Segmenteinteilung der Lunge entspricht der Aufspaltung des Bronchialsystems: Ein Lungenlappen entspricht somit dem Lungenabschnitt, der von einem Lappenbronchus mit Atemluft versorgt wird; ein Lungensegment wird analog durch das Versorgungsgebiet der Segmentbronchien definiert. Aufteilung des Bronchialsystems Der Bronchialbaum spaltet sich ca. 20-mal dichotom auf Je nach Stufe der Aufteilung unterscheidet man: Hauptbronchien → Lappenbronchien → Segmentbronchien → Subsegmentbronchien usw. Die Aufteilung der Bronchien bestimmt auch die Gliederung des Lungengewebes: Lungenhälfte → Lungenlappen → Lungensegmente usw. Besonderheiten der linken Lungenhälfte (bedingt durch die Lage des Herzens):

nur zwei Lungenlappen und insg. 9 Lungensegmente links (rechts sind es drei Lappen und 10 Segmente)

eher „waagerechter“ Abgang des linken Hauptbronchus von der Trachea

Der Bronchialbaum verzweigt sich ab der Bifurcatio tracheae ca. 20x in je zwei Anteile (= dichotom). Die rechte Lunge lässt sich in 10 Segmente einteilen, die linke hingegen hat nur 9 Segmente, da ihr Segment VII fehlt. Nur die rechte Lunge verfügt über einen Mittellappen. Dieser liegt keilförmig zwischen Ober- und Unterlappen an der vorderen Thoraxwand und kann nur von ventral auskultiert werden. Von dorsal betrachtet reicht der untere Lungenlappen weit nach cranial und nimmt den größten Teil der Lunge ein.

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Prüfungsfragen (Lösungen am Ende des Skriptes)

Bronchioli respiratorii und Alveolen Mit den Bronchioli respiratorii beginnt der gasaustauschende Abschnitt der Lunge. Sie münden in den Alveolargang (Ductus alveolaris), der traubenförmig von einer Vielzahl von Alveolen umgeben ist (Sac-culus alveolaris). Funktion: Gasaustausch Gliederung: Bronchioli respiratorii → Ductus alveolares → Sacculi alveolares Anzahl: Insg. etwa 300 Millionen Alveolen mit einer Fläche von ca. 100m2 Aufbau: Die Bronchioli respiratorii münden in einen Ductus alveolaris, von dem aus die Sacculi alveolares ab-gehen. Auch von den Bronchioli respiratorii zweigen sich vereinzelt Alveolen ab. Alveolen sind vonei-nander durch Interalveolarsepten getrennt, die Kapillaren und elastische Fasern enthalten. Kohn'sche Poren: Kleine Löcher in den Alveolarsepten, die Austausch von Atemluft und Alveolarflüs-sigkeit zwischen benachbarten Alveolen erlauben.

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Gefäßversorgung und Innervation Arterielle Versorgung Es gibt zwei funktionell unterschiedliche Systeme von arteriellen Gefäßen in der Lunge: die Lungenar-terien und die Bronchialarterien. Während die Lungenarterien sauerstoffarmes Blut tragen, das in der Lunge oxygeniert werden soll, gehören die Bronchialarterien zum Körperkreislauf und versorgen das Lungengewebe mit sauerstoffreichem Blut. Daher nennt man die Bronchialgefäße auch Vasa privata, die Lungengefäße Vasa publica.

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Lungenarterien (Vasa publica) o Funktion: Leiten das Blut aus dem rechten Herzen durch die Lunge, um dort den

Gasaustausch zu ermöglichen o Verlauf: Gemeinsam mit gleichnamigen Bronchien zentral in den Lappen und Segmen-

ten o Gliederung

Truncus pulmonalis A. pulmonalis dextra und sinistra

Aa. lobares superior, inferior et media Aa. segmentalis

Bronchialarterien (Vasa privata) o Funktion: Versorgung des Lungengewebes mit sauerstoffreichem Blut (mit Ausnahme

der Alveolen ) o Verlauf: Abgang direkt aus der Aorta thoracica oder aus den Aa. intercostales posteri-

ores als Rr. bronchiales Ziehen von dorsal durch das Lungengewebe zu den Bronchien Verlaufen im peribronchialen Bindegewebe

Venöser Abfluss Das venöse System der Lunge lässt sich analog zu den Arterien in Lungenvenen und Bronchialvenen einteilen. Erstere führen sauerstoffreiches Blut zurück zum Herzen, während letztere sauerstoffarmes Blut in die V. azygos rechts und die V. hemiazygos links leiten.

Lungenvenen (Vasa publica): Leiten sauerstoffreiches Blut aus der Lunge zum Herzen o Verlauf: Zwischen den Lungensegmenten im intersegmentalen bzw. interlobulären

Bindegewebe Vv. pulmonales superior und inferior: Münden je rechts und links direkt in den

linken Vorhof

Bronchialvenen (Vasa privata) o Abfluss: Hauptsächlich in V. azygos rechts und V. hemiazygos links

Geringer Anteil fließt in die Lungenvenen ab

Vegetative Innervation und Lymphabfluss

In der Lunge gibt es ein subpleurales Lymphabflusssystem, das mit den Lungenvenen verläuft, und ein peribronchiales System, das mit den Lungenarterien verläuft. Beide fließen in den Nodi lymphoidei tracheobronchiales zusammen – für das subpleurale System sind diese sogar die erste Lymphknoten-station. Der Parasympathicus vermittelt an den Bronchien der Lunge v.a. eine Bronchokonstriktion und Sekretproduktion. Der Sympathicus bewirkt über β2-Rezeptoren hingegen eine Bronchodilatation.

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„Asthma bronchiale“: Das Asthma bronchiale ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung der Atemwege, die zu Beginn meist anfallsartig verläuft und mit einer reversiblen Verengung (Obstruktion) der Atemwege einhergeht. Ur-sächlich können dabei Allergene wie Pollen sein (sog. allergisches Asthma bronchiale) oder auch Noxen wie bspw. Lösungsmitteldämpfe oder Medikamente (sog. nicht-allergisches Asthma bronchiale). Pa-thophysiologisch basiert die Atemwegsobstruktion v.a. auf einer Überempfindlichkeit des Bronchial-systems mit Entzündung der Bronchien, Schleimhautödem und vermehrter Sekretproduktion sowie Bronchospasmus und Hypertrophie der glatten Muskulatur . Die Folge ist ein stark erhöhter Ausfluss-widerstand für die Luft, die sich bereits in der Lunge befindet. Im akuten Anfall führt diese „Unfähig-keit“, ausatmen zu können, zu Atemnot und der Angst, zu ersticken, sowie trockenem Husten und einer Art „Pfeifen“ beim Ausatmen (sog. exspiratorischer Stridor). „Medikamentöse Therapie des Asthma bronchiale“: Bei der Therapie des Asthma bronchiale muss prinzipiell zwischen kausaler Therapie (bspw. durch Mei-dung auslösender Substanzen oder einer Hyposensibilisierung) und symptomatischer Therapie unter-schieden werden. Bei der symptomatischen Therapie wird wiederum die Therapie des akuten Asthma-anfalls von der Dauertherapie unterschieden. Beide stützen sich v.a. auf zwei Wirkstoffgruppen: Glu-cocorticoide (gegen die entzündlich/allergischen Prozesse) und β2-Sympathomimetika (zur Relaxation der Bronchialmuskulatur). Sowohl im akuten Anfall als auch in der Dauertherapie können je nach Schwere der Erkrankung noch weitere Medikamente eingesetzt werden.

Topographie Die Lunge nimmt den größten Teil des Thorax ein und grenzt somit an fast alle dort liegenden Struktu-ren. Klinisch sind die Lagebeziehungen z.B. beim Bronchialkarzinom relevant, da sie zu typischen Symp-tomen wie Heiserkeit führen können.

"Pancoast-Tumor": Bösartige Tumoren der Lungenspitze (= Pancoast-Tumoren) können wegen ihrer anatomischen Lage-beziehungen zu speziellen Symptomen führen. Durch destruktives Einwachsen in das Ganglion stella-tum des Truncus sympathicus entsteht eine Trias von Ausfallsymptomen, die auch „Horner-Trias“ ge-nannt wird: Auf der betroffenen Seite hängt das Augenlid (Ptosis), die Pupille ist verkleinert (Miosis) und das Auge erscheint in der Augenhöhle nach hinten verlagert (Enophthalmus). Bei dieser Symptom-konstellation sollte also auf jeden Fall ein Lungentumor ausgeschlossen werden.

Lungenhilus Als Lungenhilus wird jeweils der gemeinsame Gefäß- und Bronchialstamm der beiden Lungenflügel bezeichnet. Die relative Lage der Lungengefäße und Bronchien ist z.B. für die Interpretation von CT-Bildern wichtig.

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Mikroskopische Anatomie der Lunge

Das Lungengewebe besteht aus dem Bronchial- und Alveolarbaum sowie aus dazwischen liegendem Bindegewebe mit Blut- und Lymphgefäßen. Die großen Bronchien haben wie die Trachea einen drei-schichtigen Wandaufbau, von dem die Bronchioli und Alveolen abweichen. Letztere haben sehr dünne Wände um die sog. Blut-Luft-Schranke besonders dünn zu halten und somit einen optimalen Gasaus-tausch zu ermöglichen. Wandaufbau der Bronchien Die Wand der Bronchien ist wie auch die Wand der Trachea aus drei Schichten aufgebaut: Das Flim-merepithel der Tunica mucosa transportiert Schmutz und Schleim aus den Atemwegen. Die Knorpelplatten der Tunica fibromusculocartilaginea halten die Atem-wege offen, wenn durch das Einatmen ein Unterdruck entsteht. Die Tunica adventitia enthält Gefäße und Ner-ven. Bronchioli und Alveolen Im Verlauf der Hauptbronchien zu den Bronchioli respiratorii werden die Bronchialwände immer dün-ner und verlieren immer mehr ihrer ehemaligen Merkmale. Dadurch lassen sich die verschiedenen Abschnitte des Bronchialbaums genau zuordnen. Der Feinbau der Alveolen ist durch die dünnen ein-schichtigen Wände optimal an ihre gasaustauschende Funktion angepasst. Bronchiolus

Aufbau: Histologische Schichten wie bei den Bronchien mit folgenden Besonderheiten o Einschichtiges zylindrisches Flimmerepithel mit einzelnen Becherzellen o Kräftige, gitterartige Schicht aus glatter Muskulatur o Peribronchioläre, elastische Fasern o Keine Drüsen und kein Knorpel

Funktion: Luftleitender (konduktiver) Abschnitt des Bronchialbaums

Aufzweigung: In mehrere Bronchioli terminales

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Bronchiolus terminalis

Aufbau: Entspricht dem der Bronchioli mit folgenden Besonderheiten o Einschichtiges kubisches Flimmerepithel ohne Becherzellen o Clara-Zellen in der Epithelschicht: Cilienfreie, sekretorische Zellen

Funktion: Letzter luftleitender (konduktiver) Abschnitt des Bronchialbaums

Aufzweigung: In mehrere Bronchioli respiratorii

Bronchiolus respiratorius

Aufbau: Entspricht dem eines Bronchiolus terminalis mit folgenden Besonderheiten o Alveolen können hier schon vereinzelt in der Wand liegen

Funktion: Erster am Gasaustausch teilnehmender Abschnitt des Bronchialbaums

Aufzweigung: Die Bronchioli respiratorii münden über den Ductus alveolaris in die Alveolen

Alveolen

Pneumocyten Typ 1: Bedecken 95% der Alveolaroberfläche und bilden die Blut-Luft-Schranke o Flache Zellen o Untereinander durch Tight Junctions verbunden

Pneumocyten Typ 2 : Befinden sich zwischen den Pneumocyten Typ 1

o Kubische Zellen mit Vakuolen o Produzieren Surfactant (Phospholipide und spezielle Proteine), der die Oberflächen-

spannung herabsetzt o Ersatz von Typ-1-Pneumocyten bei Gewebsverletzung

Alveolarmakrophagen: Bewegen sich luftseitig über die Pneumocyten

o Etwa 50 Alveolarmakrophagen pro Alveole o Phagocytose von Keimen und Schwebstoffen

"Atemnotsyndrom des Neugeborenen": Wird ein Kind vor der 32. Schwangerschaftswoche geboren, so haben die Typ-2-Pneumocyten häufig noch nicht genügend Surfactant produziert, um eine normale Atmung möglich zu machen. Betroffene Kinder sterben in etwa einem Drittel der Fälle trotz Beatmung. Daher wird versucht, die Lungenreife bei drohender Frühgeburt zu beschleunigen (sog. „Lungenreifeinduktion“), indem der Mutter ein Cor-tisonderivat gespritzt wird: Cortison bewirkt eine schnellere Reifung der Typ-2-Pneumocyten und so-mit die frühere Produktion von Surfactant.

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Sind Knorpel und Drüsen in der Wand sichtbar, so handelt es sich um Bronchien. Liegen weder Knor-pel noch Drüsen vor, so handelt es sich um Bronchiolen! Surfactant setzt die Oberflächenspannung der Alveolen herunter, reduziert somit die Atemarbeit und macht eine normale Atmung erst möglich.

Blut-Luft-Schranke Die Lungenarterien transportieren sauerstoffarmes Blut in die Kapillaren, die sich den Alveolen anla-gern. Damit der Gasaustausch dort ideal ablaufen kann, wird die Strecke zwischen Atemluft und Blut (Blut-Luft-Schranke) besonders kurzgehalten. Von den Kapillaren aus fließt das sauerstoffreiche Blut dann über die Lungenvenen zum Herzen.

Ziel: Möglichst kurze Diffusionsstrecke zwischen Atemluft im Alveolarraum und Blut in den Ka-pillaren

Aufbau (vom Blut zur Luft) o Kapillarendothel: Kontinuierliches Endothel o Gemeinsame Basallamina o Pneumocyt Typ 1 o Surfactant-Schicht

Resultierende Dicke: 0,2-0,5μm

Immunabwehr in der Lunge Da die Lunge eine sehr große Oberfläche hat, die mit der Außenwelt in Verbindung steht, spielt die Immunabwehr hier eine besonders große Rolle. Sie wird insbesondere über die mucociliäre Clearance sichergestellt. Wie wichtig diese für die Gesundheit des Menschen ist, lässt sich an Erkrankungen wie der Zystischen Fibrose erkennen, bei der die mucociliäre Clearance eingeschränkt ist.

Mucociliäre Clearance: In den cilientragenden Luftwegen o Becherzellen und Drüsen produzieren Schleim, der zusammen mit Bakterien und

Staub durch das Flimmerepithel nach oral transportiert wird

Gewebsmakrophagen: Vor allem in den cilienfreien terminalen Bronchiolen o phagocytieren Bakterien, Zelldetritus und Schmutzpartikel

„Zystische Fibrose“: Die zystische Fibrose (syn. Mukoviszidose) entsteht durch einen Gendefekt, der u.a. in der Lunge zur Produktion von sehr dickflüssigem Schleim führt. Da die Cilien des Flimmerepithels diesen zähen Schleim nicht gut transportieren können, ist die Immunabwehr der Lunge bei den Betroffenen beein-

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trächtigt. Es kommt vermehrt zu Infekten, die die Lunge auf Dauer irreversibel schädigen. Die beidsei-tige Lungentransplantation ist dann häufig die letzte Möglichkeit, die Patienten zu retten. Trotzdem werden die Patienten im Schnitt nur 35 Jahre alt.

Funktion der Lunge im Überblick

Die Hauptfunktion der Lunge ist die Aufnahme von Sauerstoff ins Blut und die Abgabe von Kohlendi-oxid in die Atemluft. Dafür muss die Atemluft zunächst die Alveolen erreichen (siehe: Atemmechanik). Die Verteilung der Atemluft (Ventilation) wird dabei auf die Durchblutung (Perfusion) der Lungenge-fäße abgestimmt, damit der Gasaustausch gleichmäßig vonstattengeht. Das Atemzentrum passt die Atmung an die Bedürfnisse des gesamten Organismus an.

Funktion der Lunge

o Oxygenierung des pulmonalarteriellen Blutes

1. Austausch der Atemgase O2 und CO2 zwischen Blut und Al-veolarraum (siehe: Gasaus-tausch)

2. Versorgung der Alveolen mit frischer Atemluft (siehe: Atemmechanik)

3. Sicherstellen eines festen Ver-hältnisses zwischen Belüftung und Durchblutung der Lungen-abschnitte (siehe: Ventilation und Perfusion)

o pH-Regulation (siehe: Die Rolle der Lunge bei der pH-Regulation)

Gasaustausch Der Gasaustausch ist die eigentliche Funktion der Lunge: Sauerstoff wird ins Blut aufgenommen , Koh-lendioxid in die Atemluft abgegeben.

Ziel o Sauerstoffaufnahme (Normwert in Ruhe: 310 ml/min ) o Kohlendioxidabgabe (Normwert in Ruhe: 260 ml/min)

Dient auch der pH-Regulation (siehe dazu auch: Säure-Basen-Haushalt)

Mechanismus: Diffusion der Atemgase durch die Blut-Luft-Schranke und Ab- bzw. Hintransport mit dem Blut

o Diffusion ist nach dem Fick'schen Gesetz abhängig von: Partialdruckunterschied zwischen Blut und Atemluft (ΔPO2: 8kPa; ΔPCO2:

0,8kPa)

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Diffusionskoeffizient: Stoffabhängige Kenngröße (für CO2 etwa 23-mal größer als für O2)

Verfügbarer Fläche (etwa 100m2) Diffusionsstrecke (etwa 0,5μm)

Die O2- und CO2-Partialdrücke des Blutes gleichen sich über den Verlauf der Lungenkapillare kom-plett an die alveolären O2- und CO2-Partialdrücke an.

"Interstitielle Lungenerkrankungen": Bei den interstitiellen Lungenerkrankungen (bspw. bei der Lungenfibrose ) kommt es zu einer Zunahme von Bindegewebe in der gesamten Lunge, u.a. auch im Bereich zwischen Alveolen und Kapillaren. Dadurch ist die Diffusionsstrecke erhöht und der Gasaustausch beeinträchtigt. Klinisch wird dies als verringerte Diffusionskapazität bezeichnet. Sie wird bestimmt, indem der Patient eine definierte Menge Kohlenmonoxid einatmet und anschließend im Blut kontrolliert wird, wieviel davon aufgenom-men wurde.

Ventilation Ventilation bezeichnet die Verteilung der Atemluft auf die verschiedenen Lungenanteile. Sie ist dafür verantwortlich, die Alveolen mit frischer Luft zu versorgen, sodass dort der Gasaustausch ermöglicht wird. Jene Abschnitte der Atemwege, die lediglich die Luft leiten und nicht am Gasaustausch teilneh-men, werden Totraum genannt.

Räume der Ventilation: Bei der Ventilation wird zwischen dem Alveolarraum und dem Totraum unterschieden

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o Alveolarraum: Anteil der Atemwege, die am Gasaustausch teilnehmen

o Funktioneller Totraum

Anteil der Atemwege, die nicht am Gasaustausch teilnehmen Besteht aus:

Anatomischer Totraum: Luftleitende Atemwege

Lässt sich bspw. über die Totraumventilation berechnen

Anatomischer Totraum = Totraumventilation/Atem-

frequenz

Alveolärer Totraum: Alveolen, die nicht am Gasaustausch teilnehmen

Parameter der Ventilation

o Atemzeitvolumen (Atemminutenvolumen, AMV): Luftvolumen, das pro Minute ein- bzw. ausgeatmet wird

Atemzeitvolumen = Atemzugvolumen × Atemfrequenz

Atemfrequenz: Atemzüge pro Minute

o Alveoläre Ventilation: Luftvolumen, das pro Minute in den Alveolen ausgetauscht wird

Alveoläre Ventilation = (Atemzugvolumen - Totraumvolumen) × Atemfre-quenz

o Totraumventilation: Luftvolumen, das pro Minute den anatomischen Totraum durch-strömt

Totraumventilation = Atemzeitvolumen - alveoläre Ventilation

Steigt die alveoläre Ventilation bspw. bei Hyperventilation an, so wird mehr CO2 abgeatmet: Der CO2-Partialdruck sinkt sowohl im Blut als auch in der Ausatemluft!

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Prüfungsfrage (Lösungen am Ende des Skriptes)

Perfusion Da das gesamte Blutvolumen des Körpers die Lunge passieren muss, entspricht die Lungendurchblu-tung dem Herzzeitvolumen. Die Verteilung des Blutes auf die Lungenabschnitte hat jedoch großen Ein-fluss auf die Oxygenierung des Blutes. Daher wird sie durch spezielle Reflexe wie den Euler-Liljestrand-Mechanismus genau gesteuert. Details zum Lungenstoffwechsel werden in der Leistungsphysiologie dargestellt (siehe: Leistungsphysiologie und Altern).

Lungendurchblutung: Entspricht dem Herzzeitvolumen (ca. 5l/min)

Verteilung der Durchblutung: Durchblutung in der Lungenbasis aufgrund der Schwerkraft stär-ker als in der Lungenspitze

Blutdruck in den Lungengefäßen o Pulmonalarterieller Druck (Druck in der A. pulmonalis)

Pulmonalarterieller Mitteldruck (mPAP): 15mmHg Systolisch: 15-25mmHg, diastolisch: 8-15mmHg

o Mittlerer Blutdruck der Lungenkapillaren: ca. 8mmHg Bleibt auch bei höherem Herzzeitvolumen niedrig, da sich die Lungenkapilla-

ren bei Druckerhöhung passiv öffnen

Regulation des Ventilations-Perfusions-Verhältnisses o Bedeutung

Wird ein Lungenabschnitt durchblutet, aber nicht ventiliert, so kommt es zu einem Abfall der Sauerstoffkonzentration im Blut

Ventilation-Perfusions-Verhältnis soll möglichst konstant gehalten werden Hypoxische Vasokonstriktion (Euler-Liljestrand-Mechanismus): Um

das Ventilations-Perfusions-Verhältnis konstant zu halten, reagieren die Gefäße der Lunge auf Sauerstoffmangel mit einer Vasokonstrik-tion.

Lokale Unterschiede o Im Vergleich zur Durchblutung wird die Lungenspitze besser ventiliert als die Lungen-

basis → O2-Partialdrücke sind in der Lungenspitze höher als in der Lungenbasis

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Prüfungsfrage (Lösungen am Ende des Skriptes)

Atemregulation Die Regulation der Atmung erfolgt zentral im sog. Atemzentrum in der Medulla oblongata. Es bewirkt eine rhythmische Innervation der Atemmuskulatur und wird durch verschiedene Atemreize beein-flusst.

Atemzentrum: Nervenzellverband in der Formatio reticularis der Medulla oblongata

o Innervieren die Atemmuskulatur rhythmisch → In- und Exspiration

o Wird durch Atemreize beeinflusst

Stärkster Atemantrieb unter Normalbedingungen: Erhöhter CO2-Partialdruck Stärkster Atemantrieb bei chronischer Hyperkapnie (z.B. bei COPD): Erniedrig-

ter O2-Partialdruck

Atemreize Stimulierend Dämpfend

(Zentral-)ner-vöse Atem-

reize

Körperliche Anstrengung über o Informationen aus

Propriozeptoren o Direkte Mitinnervation

des Atemzentrums durch Motoneurone

Hering-Breuer-Reflex o Funktion: Stoppt die Inspi-

ration bei starker Dehnung der Lunge

o Mechanismus: Durch Lun-gendehnungsrezeptoren vermittelt (via N. vagus)

o Ziel: Schützt Alveolen vor Schäden

Chemische Atemreize

Über zentrale Chemorezeptoren in der Medulla oblongata

o Vor allem CO2-Anstieg oder pH-Abfall im Liquor

CO2-Partialdruck ab 70mmHg im Blut

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Atemreize Stimulierend Dämpfend

Über periphere Chemorezepto-ren in Aorta und A. carotis (Glo-mus caroticum)

o Vor allem Absinken des O2-Partialdruck

o Anstieg des CO2-Partial-druck

o pH-Abfall

Unspezifische Atemreize

Fieber, Schmerz, Adrenalin Leichte Hypothermie Progesteron

Blutdruckanstieg

Ein CO2-Partialdruck ab 70 mmHg dämpft das Atemzentrum anstatt es zu stimulieren. Dies bezeich-net man auch als CO2-Narkose!

Prüfungsfrage (Lösungen am Ende des Skriptes)

Pathologische Atmungsformen Einige Atemmuster lassen es zu, auf die zugrundeliegende Störung zu schließen. Sie sind in der folgen-den Tabelle zusammengefasst.

Pathologische Atmungsformen

Eigenschaften Mögliche Ursachen

Cheyne-Stokes-Atmung

Periodisches An- und Abschwellen der Atemtiefe mit hyper- und hypoventilatorischen Phasen und Atempausen → Bei zeitlicher Darstellung der Atemaktivität spindelartig

Schädigung des Atem-zentrums

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modifiziert aus: AMBOSS-Lernprogramm (www.amboss.miamed.de)

Pathologische Atmungsformen

Eigenschaften Mögliche Ursachen

Biot-Atmung Tiefe Atmung mit plötzlichen Atempausen

Erhöhter Hirndruck

Hirnverlet-zung

Kußmaul-At-mung

Vertiefte, beschleunigte Atmung (CO2 soll abgeatmet wer-den)

Metabolische Acidose

Lösungen zu den Prüfungsfragen

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