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Universität Zürich Seminararbeit Pädagogisches Institut Prof. Dr. R. Fatke Fachbereich Sozialpädagogik Sommersemester 2001 Gloriastrasse 18a CH-8006 Zürich Motivation für Freiwilligenarbeit am Beispiel der Stiftung Bernhard Piller Zürichbergstrasse 64 CH- 8044 Zürich Tel.: ++41/ +1/ 252 36 23 E-Mail: [email protected] Zürich, Juli 2001

Motivation für Freiwilligenarbeit am Beispiel der Stiftungarchiv.soziologie.ch/texts/docs/freiwilligenarbeit... · 2002-05-28 · beteiligt sich auch der WWF Schweiz an dem Projekt

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Universität Zürich Seminararbeit Pädagogisches Institut Prof. Dr. R. Fatke Fachbereich Sozialpädagogik Sommersemester 2001 Gloriastrasse 18a CH-8006 Zürich

Motivation für Freiwilligenarbeit am Beispiel der Stiftung

Bernhard Piller Zürichbergstrasse 64

CH- 8044 Zürich Tel.: ++41/ +1/ 252 36 23

E-Mail: [email protected]

Zürich, Juli 2001

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Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis .......................................................................................................................0

1. Einleitung............................................................................................................................3

2. Das Bergwaldprojekt ..........................................................................................................3

3. Fragestellung und Vorgehen...............................................................................................4 3.1. Die Idee der Arbeit .....................................................................................................4 3.2. Methodik.....................................................................................................................5

3.2.1. Ausfälle und Verweigerungen ............................................................................5 3.2.2. Stichprobenumfang und Irrtumswahrscheinlichkeit...........................................5 3.2.3. Codeschema........................................................................................................6

4. Freiwilligenarbeit................................................................................................................6 4.1. Ehrenamt oder Freiwilligenarbeit ...............................................................................6 4.2. Die Freiwilligenarbeit im modernen Sozialstaat ........................................................7

5. Theorien zur Motivationsforschung ...................................................................................9 5.1 Die Theorie von Jakob................................................................................................9

5.1.1. Die Typologie ...................................................................................................10 5.1.2. Die Struktur der Typologie...............................................................................11

5.2. Die Theorie von Nadai .............................................................................................12 5.2.1. Lebenssituation und Ressourcen der Freiwilligen............................................12 5.2.2. Die Motivation..................................................................................................13 5.2.3. Die Handlungsmuster .......................................................................................14 5.2.4. Die drei Motivations- und die drei Handlungstypen ........................................14

6. Soziodemographische Auswertung der BWP-Umfrage ...................................................18 6.1. Die Freiwilligen generell ..........................................................................................18 6.2. Das Geschlecht .........................................................................................................18 6.3. Das Alter...................................................................................................................18 6.4. Das Bildungsniveau ..................................................................................................19 6.5. Erwerbstätigkeit........................................................................................................20

6.5.1. Die Erwerbstätigen ...........................................................................................20 6.5.2. Erwerbsarbeitszeit ............................................................................................21 6.5.3. Die Nicht-Erwerbstätigen .................................................................................22

6.6. Einkommen...............................................................................................................23 6.7. Familiensituation ......................................................................................................24 6.8. Wohn- und Lebenssituation......................................................................................25 6.9. Soziales Milieu .........................................................................................................26 6.10. Konfession ............................................................................................................27 6.11. Herkunft................................................................................................................28

7. Motivation und Handlungsmuster bei BWP-TeilnehmerInnen........................................29 7.1. Gemeinsinn versus Eigennutz ..................................................................................30 7.2. Differenzierte Auswertung nach der Theorie von Nadai..........................................31

Exkurs: Erfolg des BWPs ..........................................................................................33 7.3. Die Motivation der BWP-TeilnehmerInnen .............................................................34 7.4 Motivationstypen nach soziodemographischen Gesichtspunkten ............................35 7.5. Vergleich der Motivstruktur zwischen dem BWP und der Studie Nadai.................36

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7.6. Zusammenhang Motivations- und Handlungstyp.....................................................37 7.7. Freiwilligenarbeit als Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit .........................38 7.8. Sonstiges freiwilliges Engagement der BWP-TeilnehmerInnen ..............................41

8. Wald- und Naturwahrnehmung ........................................................................................42 8.1. Die historische Entwicklung des Wald- und Naturverständnisses ...........................43 8.2. Ökologische Moral ...................................................................................................44 8.3. Waldwahrnehmung beim BWP................................................................................46

8.3.1. Spontane Gedanken zum Wald bei den BWP-TeilnehmerInnen .....................46 8.4. Die Moral der BWP-TeilnehmerInnen .....................................................................48 8.5. Die Haltung zu Umweltschutzfragen generell..........................................................51

9. Zusammenfassung ........................................................................................................52

10. Literatur ........................................................................................................................54

Anhang A Zusätzliche Auswertungen ..............................................................................56

Anhang B Fragebogen

Anhang C Codeschema

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1. Einleitung Freiwilligenarbeit im Umweltsektor ist ein weitgehend unerforschtes Gebiet. In der vorlie-genden Seminararbeit, welche im Rahmen meines Studiums der Sozialpädagogik am Pädago-gischen Institut der Universität Zürich entstanden ist, setze ich mich mit den Motivations-strukturen von Freiwilligen, welche im Rahmen des Bergwaldprojektes einen freiwilligen Arbeitseinsatzes geleistet haben, auseinander. Hierfür habe ich eine schriftliche Befragung bei TeilnehmerInnen des Bergwaldprojektes durchgeführt. Die dabei erarbeiteten Daten wurden u.a. anhand der Theorien zu Motivation und Handlungsmuster von Nadai (1996) und Jakob (1993) ausgewertet. Zuerst werde ich in Kapitel 2 & 3 das Bergwaldprojekt, welches ich im weiteren der Arbeit mit dem Kürzel 'BWP' benennen werde, sowie die Idee und die Methode der Arbeit vorstel-len. In Kapitel 4 werde ich auf Freiwilligenarbeit im Allgemeinen eingehen. Ein kurzer Abriss der Theorien von Jakob und Nadai zur Freiwilligenarbeit befindet sich in Kapitel 5. Kapitel 6 umfasst eine deskriptive Auswertung der soziodemographischen Variabeln der Umfrage. Das 7. Kapitel stellt dann den Versuch dar, die Theorien von Jakob und vor allem von Nadai auf die Ergebnisse der BWP-Umfrage anzuwenden. Im letzten und 8. Kapitel werde ich noch auf ein neues Themengebiet eingehen. In diesem Schlussteil befasse ich mich mit der Wahrneh-mung von Wald und Natur anhand einer entsprechenden Auswertung diesbezüglicher Fragen aus meiner Umfrage. Hierfür werde ich eine qualitative Studie von Braun (2000), zum Thema Wahrnehmung von Wald und Natur beiziehen. Die Arbeit ist in erster Linie von meiner persönlichen Motivation geleitet, dem Phänomen der 'Anziehungskraft', welche das Bergwaldprojekt auf viele Teilnehmende ausübt, ein wenig auf die Spur zu kommen. Ich möchte an dieser Stelle vor allem der Stiftung Bergwaldprojekt für die bereitwillige Zu-sammenarbeit und im speziellen Claudia Seglias für ihre umfangreiche Hilfe bei der Durch-führung der Umfrage danken. Herzlichen Dank auch all jenen, welche sich die Zeit genom-men haben, um den doch recht umfangreichen Fragebogen auszufüllen.

2. Das Bergwaldprojekt Das Bergwaldprojekt wurde im Jahr 1987 von Greenpeace Schweiz in Zusammenarbeit mit Greenpeace Deutschland unter dem Eindruck der Waldsterbensdebatte gegründet. Seit 1988 beteiligt sich auch der WWF Schweiz an dem Projekt. Seit 1990 besteht eine eigenständige Stiftung mit dem Namen „Bergwaldprojekt“ mit Sitz in Chur. Das BWP führt Arbeitseinsätze mit Freiwilligen im Wald durch. Es werden die verschiedens-ten Forstarbeiten - von der Waldpflege über Pflanzungen, Zaunbau, Wegebau, Verbauungen von Bachläufen und Rutschungen bis hin zur Biotoppflege - durchgeführt. Diese Arbeiten werden unter fachkundiger Anleitung und Begleitung von FörsterInnen, den ProjektleiterIn-nen des BWP, sowie den FörsterInnen der lokalen Forstbehörden ausgeführt, um damit die fachliche Qualität der Arbeiten zu garantieren. Die Leitidee ist es, den Teilnehmenden Wis-senswertes über Wald und Natur und speziell den Bergwald zu vermitteln. Das BWP hat indes nicht den Anspruch den Wald zu retten, da dies auch nicht möglich wäre. Vielmehr soll mittels der direkten Arbeit im Wald das Verständnis für die ökologischen Zu-sammenhänge im Bergwald gefördert, und dadurch die Verantwortung, die wir Menschen dafür haben, besser wahrgenommen werden können. Letztlich ist das BWP ein Umwelterzie-hungsprojekt der besonderen Art und die freiwillige Arbeit, die im Rahmen eines Einsatzes geleistet wird, ein positiver Nebeneffekt. Der Bergwald ist zudem ein eindrückliches Beispiel

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für die Abhängigkeit des Menschen von der Natur; ein Leben in Bergregionen ohne die Schutzwirkung des Schutzwaldes wäre schlicht nicht möglich (vgl. Bergwaldprojekt 1994). Das BWP durchlief ein schnelles Wachstum. Wurden im ersten Jahr 1987 erst vier Arbeits-wochen in Malans im Bündner Rheintal durchgeführt, so waren es vier Jahre später schon 21 Wochen, wovon fünf das erste Mal auch in Deutschland stattfanden. Das steile Wachstum hielt bis Mitte 90er Jahre an, heute führt das BWP Einsätze in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich durch. Das Gebiet erstreckt sich von den Schweizer Alpen über die bayri-schen Alpen und den Schwarzwald bis hin zum Harzgebirge in Norddeutschland. Im Schnitt werden heute jährlich 50 bis 60 Arbeitseinsätze durchgeführt.

3. Fragestellung und Vorgehen

3.1. Die Idee der Arbeit Jahr für Jahr nehmen zwischen 800 und 1'000 Freiwillige an den Arbeitseinsätzen des BWP teil. Sie nehmen dabei einen zum Teil beträchtlichen Anfahrtsweg in Kauf. Die Teilnehme-rInnen an den Schweizer Projekten, kommen gut zur Hälfte aus dem Ausland, wobei davon die meisten aus Deutschland anreisen. In den letzten Jahren kommen aber auch zunehmend TeilnehmerInnen aus anderen europäischen Ländern. Am Anfang dieser Arbeit steht deshalb die Frage: Was bewegt diese Menschen nun dazu, für harte Waldarbeit, bei der sie nichts verdienen und dazu noch die Reisekosten selber tragen müssen, eine Woche (z.T. mehrere Wochen) ihrer Freizeit zu opfern? Ganz allgemein gespro-chen, scheint mir dieses freiwillige Engagement im Rahmen einer BWP-Arbeitswoche auf jeden Fall erklärungsbedürftig. Da ich das Bergwaldprojekt durch meine eigene Teilnahme seit nunmehr 10 Jahren kenne, war es für mich naheliegend, die Motivationsstrukturen für Freiwilligenarbeit anhand dieses Beispiels zu untersuchen. Es gibt einige Untersuchungen zur Freiwilligenarbeit im Sozialbereich, aber meines Wissens nichts Entsprechendes für Freiwilligenarbeit im Umweltbereich. Die Anwendung der Theorie von Eva Nadai, welche ihre Theorie zu Motivation und Handlungsmustern anhand von Frei-willigen im Sozialbereich entwickelt hat, muss somit als Experiment bezeichnet werden. Nach einem klassisch, positivistischen Wissenschaftsverständnis müsste jetzt hier noch fol-gender Satz stehen: «Im weiteren hoffe ich die nötige wissenschaftliche Distanz, trotz meiner emotionalen Nähe zum Bergwaldprojekt zu finden». Dieses zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Max Weber formulierte Postulat der Wertfreiheit ist m. E. nicht haltbar. Ganz im Gegen-teil, das Ziel sollte die Aufhebung der Trennung von Erkenntnis und Gegenstand sein, da der/die WissenschaftlerIn immer schon Teil der gesellschaftlichen Praxis ist (vgl. Horkheimer 1970, S. 31ff). Wissenschaft wird von Menschen gemacht, deswegen sind ihre Konstruktio-nen subjektiv.

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3.2. Methodik 3.2.1. Ausfälle und Verweigerungen Es ist bekannt, dass bei schriftlichen Befragungen zum einen die Ausfallquoten höher sind als bei persönlichen Interviews, und zum anderen können solche Ausfälle auch mehr oder weni-ger systematisch erfolgen. Personen mit einem höheren Bildungsniveau, die mehr Erfahrung im Umgang mit schriftlichen Medien haben, werden sich eher dazu bereit erklären, einen Fra-gebogen auszufüllen und zu retournieren (vgl. Schnell et al. 1999, S. 336). Aufgrund der Ad-ressauswahl (alle Befragten haben sich wenige Tage oder Wochen vor dem Fragebogenver-sand für eine Projektwoche beim BWP angemeldet), kam es nicht zu den sonst üblichen Aus-fällen aufgrund ungültiger Adressen. Der Nachteil der schriftlichen Befragung ist die im Gegensatz zu einer mündlichen Befragung relativ niedrige Ausschöpfung der Ausgangsstichprobe. In Anbetracht der Tatsache, dass in der Regel bei schriftlichen (postalischen) Befragungen eine recht hohe Ausfallquote zu beo-bachten ist, kann die Rücklaufquote von 57,2% bei der BWP-Umfrage als gut bezeichnet werden. Gemäss François Höpflinger, Soziologieprofessor an der Uni Zürich (Vorlesungs-handout), ist bei schriftlichen Befragungen, je nach Thema, mit einer Rücklaufquote von 40–60% zu rechnen. Werte, die darüber liegen, gelten als ausserordentlich erfolgreich. Diese Aussage gilt für allgemeine Umfragen. Da es sich bei der vorliegenden Untersuchung aber um eine Befragung nicht nur zu einem speziellen Thema, sondern auch bei einer Klientel, welche sich für das Thema Wald explizit interessiert, handelt, durfte mit einer Rücklaufquote in die-sem Rahmen gerechnet werden. Es kann also davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Ausfällen fast ausschliesslich um Personen handelte, welche die Beantwortung der Fragen explizit verweigerten. Es handelt sich dabei also um das sogenannte „Nonresponse-Problem“. Einen kleinen Teil der VerweigererInnen machen zusätzlich diejenigen TeilnehmerInnen aus, welche aus einem nicht-deutschsprachigen Land kommen und den Fragebogen möglicherwei-se aus sprachlichen Gründen nicht beantworten konnten. Aus der TeilnemerInnenstatistik welche das BWP unabhängig von meiner Befragung führt, geht hervor, dass im Zeitraum der Befragung 32 Personen aus einem nicht deutschsprachigen Land teilgenommen haben. Von diesen 32 TeilnehmerInnen, nahmen aber nur 9 an der Umfrage teil. 3.2.2. Stichprobenumfang und Irrtumswahrscheinlichkeit Die Grundgesamtheit, über welche mit der vorliegenden Untersuchung Aussagen gemacht werden können, umfasst die Gesamtzahl der BWP-TeilnehmerInnen des Jahres 2000. Gemäss der BWP-internen TeilnehmerInnenstatistik gab es im Jahr 2000 946 Teilnahmen. Da einzel-ne Teilnehmende mehrere Wochen absolvierten, reduziert sich die genaue Zahl auf 804 Ein-zelteilnehmerInnen. Die Ausgangstichprobe umfasste 411 verschickte Fragebögen. Retour-niert bekam ich exakt 235 Fragebögen. Die Stichprobe umfasst 25 von insgesamt 60 BWP-Wochen im Jahr 2000 und zwar die Wochen der Monate August, September und Oktober. Die Projektsaison findet zwischen April und Oktober statt. Bei meiner Auswahl handelt es sich somit nicht um eine Zufallsstichprobe. Es ist gut möglich, dass die soziodemographische Ver-teilung der Teilnehmenden je nach Jahreszeit etwas variiert, was bei der Interpretation der Ergebnisse berücksichtigt werden sollte. Die Irrtumswahrscheinlichkeit lege ich auf 5% fest, was eine Aussagesicherheit von 95% ergibt. Da wir es bei der vorliegenden Untersuchung mit einer relativ kleinen Grundgesamtheit und einer, im Verhältnis zu dieser Grundgesamtheit, relativ grossen Stichprobe zu tun haben, kann bei der Berechnung des Vertrauensintervalls die sogenannte 'finite population correction' (fpc) zur Anwendung kommen. Es ergibt sich somit bei der vorliegenden Untersuchung - bei einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 5% - ein Ver-

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Vertrauensintervallsast von 5.4 %. Anhand der Kontrollvariablen Geschlecht und Nationalität (Tabelle 1) zeigt sich die Zuverlässigkeit der Daten. Diese beiden Variablen liegen innerhalb des berechneten Vertrauensintervalls von +/- 5,4%.

Vergleich Grundgesamtheit – Stichprobe anhand der Variablen Geschlecht und Nationalität

Prozent GrundgesamtheitJahr 2000 N: 804

Prozent Stichprobe N: 235

Geschlecht Frauen 45.8 48.9 Männer 54.2 51.1 Nationalität SchweizerInnen 24.4 24.4 Deutsche 68.3 68.8 ÖsterreicherInnen 1.4 3.0 anderes Land 5.9 3.8

Tabelle 1

3.2.3. Codeschema Für die Dateneingabe ins SPSS Programm, erstellte ich ein entsprechendes Codeschema. Aus diesem sind auch die von mir vorgenommenen Kategorienbildungen bei den offenen Fragen ersichtlich (vgl. Anhang C).

4. Freiwilligenarbeit Der Diskurs über Freiwilligenarbeit wird vor allem in der Sozialarbeit und in der Sozialpäda-gogik geführt. Unter Berücksichtigung der Zahlen und der Tradition der Freiwilligenarbeit ist dies auch naheliegend. Wird in der Alltagssprache von Freiwilligenarbeit gesprochen, ist - von wenigen Fällen abgesehen – normalerweise vom Sozialbereich die Rede. Dementspre-chend beschränkt sich die bereits vorhandene sozialwissenschaftliche Forschung auch mehr oder weniger auf den Sozialbereich. Zur Freiwilligentätigkeit in anderen Bereichen, speziell im Umweltbereich, gibt es wenig bis keine Untersuchungen oder Literatur. Bei der Freiwilli-genarbeit im Bergwaldprojekt handelt es sich jedoch um eine klassische Arbeit im Umweltbe-reich.

4.1. Ehrenamt oder Freiwilligenarbeit Unbezahlte Arbeit wird in der sozialwissenschaftlichen Literatur in der Regel als Arbeit defi-niert, welche ausserhalb des Marktes geleistet wird. Unbezahlte Arbeit wird insofern von be-zahlter Arbeit abgegrenzt, als für erstere keine monetäre oder reale Entlöhnung ausbezahlt wird (vgl. Bühlmann 1999, S. 61). Im Weiteren lässt sich unbezahlte Arbeit in drei Bereiche aufteilen: 1) Arbeit, welche im eigenen Haushalt geleistet wird; 2) ehrenamtliche und freiwil-lige Arbeit, welche in Organisationen, Institutionen oder Vereinen geleistet wird; und 3) die sogenannte Nachbarschaftshilfe. In der vorliegenden Arbeit geht es ausschliesslich um den zweiten Bereich.

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Für unbezahlte Arbeit werden in den Sozialwissenschaften im wesentlichen die beiden Begrif-fe „ehrenamtliche Arbeit“ und „Freiwilligenarbeit“ verwendet. Jakob (1993, S. 9) plädiert unter Berücksichtigung der kulturellen Tradition für die Verwendung des Begriffs des Ehren-amtes. Sie vertritt die Auffassung, dass mit dem Begriff der Freiwilligenarbeit mögliche Be-deutungen für die Konstitution solcher Arbeit unberücksichtigt bleiben würden. Im Verlauf der Geschichte hat der Begriff der 'Ehre' durch semantische Anreicherungen die verschiedens-ten Formen angenommen (vgl. Vogt 1994 S. 14). Begriffsgeschichtlich betrachtet, muten Begriffe wie 'Ehre' und 'Stand', 'Dienst' und 'Opfer' eher vormodern an. Der Begriff des „sozi-alen Ehrenamtes“ ist m. E. eher im 19. Jahrhundert zu verorten. Sowohl das „Ehrenamt“, im Sinne eines Amtes innerhalb der kommunalen Verwaltung, wie auch das „soziale Ehrenamt“, im Bereich der Armenfürsorge, verweisen auf einen begriffsgeschichtlichen Ursprung im 19. Jahrhundert. Vogt (1994, S. 16) streicht zum Beispiel deutlich heraus, wie im Wort 'Ehre' und in der Verwendung desselbigen immer auch eine spezifische Wertigkeit mitschwingt. Diese Werte sind jeweils wiederum stark von kulturellen Sinnsystemen und Objektivationen abhän-gig1. Wertfreiheit ist zwar ein hehres Postulat, in der Alltagswelt, wie auch in der Wissen-schaft aufgrund der Subjektivität des Menschen aber nicht zu erfüllen. „Ehre ist das Ergebnis von Handlungen des Subjekts, die den normativen Erwartungen der Gruppe entsprechen und durch sie honoriert werden“ (Vogt 1994 S. 17). Zudem ist der Begriff der Ehre zu stark mit seiner nationalistischen Verwendung verknüpft, bei welcher immer wieder von der «nationa-len Ehre» die Rede ist. Gerade in dieser Arbeit, in der es unter anderem um Wahrnehmungs-formen des Waldes bzw. der Natur geht, scheint mir diesbezüglich eine gewisse Vorsicht ge-boten (vgl. Kapitel 8.1.). Zu sehr besteht im übrigen die Gefahr, dass die archaischen Momen-te der Ehre in den Vordergrund gestellt werden. Im 19. Jahrhundert war der Ehrbegriff für die wohlhabenden BürgerInnen ein willkommenes Moment, um sich aus der Masse herauszuhe-ben und mittels sogenannt selbstlosem Helfen zu Ehre und Ansehen zu kommen. M. E. ist der Begriff 'Freiwilligenarbeit' diesbezüglich eindeutig weniger vorbelastet. Aber auch Freiwilligenarbeit drückt den Sachverhalt nicht ganz adäquat aus, da in unserer heutigen Zeit und der industrialisierten Welt Erwerbsarbeit, im Sinne einer bezahlten Arbeit, ja doch - zumindest innerhalb der Mittel- und Oberschicht durch die Gewährung einer freien Berufs-wahl - meistens freiwillig ausgeübt wird. Im heutigen modernen Sozialstaat erscheint mir die Begrifflichkeit „Freiwilligenarbeit“ für unbezahlte Arbeit dennoch weit geeigneter. Im Weite-ren werde ich somit in der vorliegenden Arbeit den Begriff der Freiwilligenarbeit verwenden.

4.2. Die Freiwilligenarbeit im modernen Sozialstaat Nach einer Periode der Institutionalisierung und Professionalisierung, sowohl im sozialpäda-gogischen Bereich insgesamt, wie auch speziell im sozialen Engagement, kam es im Verlauf der 1970er Jahr wieder zu einer Art Renaissance der Freiwilligenarbeit. Im Zuge einer zu-nehmenden Krise und der Finanzierungsprobleme des Sozialstaates wurde die Freiwilligenar-beit quasi als gesellschaftliche Ressource wiederentdeckt (vgl. Jakob 1993 S. 15). Ganz all-gemein hat Freiwilligenarbeit heute auch - und gerade im Zeichen neuer Sparprogramme und 1 Die Begriffe Sinnsysteme bzw. Sinnwelten und Objektivation stehen, in dem von mir gebrauchten Zusammen-hang, in der Bedeutung wie sie von Berger/Luckmann (1999) in ihrer Theorie von der „gesellschaftlichen Kon-struktion der Wirklichkeit“ gebraucht werden. In ihrer Theorie geht es um die „Analyse jenes Wissens, welches das Verhalten in der Alltagswelt reguliert“ (Berger/Luckmann 1999, S. 21). Wir alle haben unsere eigenen Sinnwelten, jedeR von uns konstruiert sich mittels symbolischen Konstruktionen seine/ihre eigene Sinnwelt und damit gleichsam die eigene Wahrnehmung. Die im alltäglichen Leben gebrauchte Sprache wiederum, versorgt uns unaufhörlich mit den notwendigen Objektivationen. „Die Wirklichkeit der All-tagswelt ist um das ‘Hier’ meines Körpers und das ‘Jetzt’ meiner Gegenwart herum angeordnet. Dieses Hier und Jetzt ist der Punkt, von dem aus ich die Welt wahrnehme“ (Berger/Luckmann 1999, S. 25). Der Begriff Objekti-vation stammt aus dem Begriffspaar Entäusserung/Vergegenständlichung der Hegel-Marxschen Tradition.

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–zwänge - im sozialstaatlichen Bereich eine hohe Konjunktur. Sollen sozialstaatliche Leistun-gen abgebaut werden, wird von entsprechenden Kreisen gerne auf die Möglichkeit der Frei-willigenarbeit verwiesen. Nicht selten wird versucht, via freiwillige Arbeit sozialstaatliche Probleme zu entschärfen. Freiwilliges Engagement kann so z.T. Gefahr laufen, auf eine perfi-de Art instrumentalisiert und ausgenützt zu werden. Eine sehr kritische Sichtweise vertritt diesbezüglich Wallimann, der an der Freiwilligenarbeit, speziell wie sie heute im Sozialbe-reich geleistet wird, kein gutes Haar lässt. Er drückt es folgendermassen aus: „Sie gelten als edel, hilfreich und gut. Das Gegenteil ist der Fall: Wer im Sozialbereich freiwillig tätig ist, hilft sich selbst und vergrössert die Not der Bedürftigen“ (Wallimann in der WoZ vom 10. 05. 2001, S. 7). Auf der anderen Seite ist in einem gewissen Sinne die Freiwilligenarbeit gerade auch im Sozialbereich gerne gesehen, da vielerorts ein latenter Unwille und ein Unbehagen gegenüber verwalteter, expertInnenhafter und verfachlichter sozialer Hilfe besteht (vgl. Thiersch 1988, S. 9). Wurde vor den 1970er Jahren freiwilliges Engagement eher in traditionellen Feldern wie Wohlfahrtsverbänden und Kirchengemeinden geleistet, gewinnen heute zunehmend auch an-dere Formen sozialen Engagements z.B. in selbstorganisierten Gruppen, BürgerInneninitiati-ven oder ganz allgemein auch in sogenannten 'Non Profit Organisationen' an Bedeutung, was als Strukturwandel im Freiwilligenbereich bezeichnet wird (vgl. Jakob 1993 S.16). Rauschen-bach et al. (1988, A. 226) sieht in diesem Strukturwandel eine Entwicklung von einem traditi-onellen sozialen Engagement, im Sinne einer altruistischen Moral, hin zu einem eher utilita-ristisch geleiteten sozialen Handeln, das eine Kosten-Nutzen-Rechnung oder eine simple Rückerstattungserwartung beinhaltet. Diese Veränderung steht auch im Zeichen einer zuneh-menden Individualisierung der Gesellschaft, sowie der Abnahme der traditionellen Bindungs-kraft von sozialen Milieus religiöser und politischer Art und den damit verbunden Verände-rungen von Werten und Deutungsmuster (vgl. Beck 1986, S. 115ff). Ein Engagement im Rahmen von Freiwilligeneisätzen, wie sie im BWP praktiziert werden, kann so auch im Rah-men eines sogenannten Strukturwandels im Freiwilligensektor gesehen werden. In diesem Sinne kann Freiwilligenarbeit im Sinne von Nadai auch „als Element eines spezifischen Le-bensstils betrachtet werden und Lebensstile müssen in einer pluralistischen und individualisti-schen Gesellschaft als relativ eigenständiges Umgehen der Subjekte mit objektiven sozialen Lagen verstanden werden“ (Nadai 1996, S. 129). Jakob (1993, S. 17) hält hingegen nicht viel von dieser Theorie eines Strukturwandels im Freiwilligensektor. Sie ist vielmehr der Mei-nung, dieser Theorie mangle es an historisch vergleichenden Untersuchungen, wie auch an einer empirischen Fundierung. Ganz grundsätzlich kann Freiwilligenarbeit in gesellschaftlicher Hinsicht von zwei Seiten betrachtet werden. Sie kann einerseits als Ausbeutung der Helfenden und andererseits als emanzipatorisches Konzept gesehen werden, das für den/die FreiwilligeN selber einen Nut-zen, aber auch ein Engagement für BürgerInnenideale und Solidarität darstellt. Rauschenbach et al. (1988, S. 224) weisen beispielsweise in ihrem Text „Vom öffentlichen und privaten Nutzen des sozialen Ehrenamtes“ darauf hin, welchen elementaren symbolischen Wert ehren-amtliche Arbeit für das Sozialgefüge einer Gesellschaft, in einer zunehmend individualisti-scheren und von ökonomischen Gesetzmässigkeiten bestimmten Welt, hat. Auf der anderen Seite hat solche Arbeit aber gerade für den Staat auch einen konkret ökonomischen Nutzen, handelt es sich doch um preiswerte Arbeit zum Nulltarif. Diesem zweifachen, sogenannt öf-fentlichen Nutzen steht der private Nutzen von ehrenamtlicher Arbeit gegenüber. Man kann also sozusagen als Leitidee mit Rauschenbach et al. in Bezug auf die Freiwilligenarbeit von zwei Annahmen ausgehen. Freiwilligenarbeit hat einerseits einen symbolischen und einen ökonomischen Wert und andererseits einen öffentlichen und einen privaten Nutzen. Im Folgenden werde ich mich anhand der Motivationsstrukturen der Freiwilligen diesem Spannungsfeld, zwischen einem öffentlichen und privaten Nutzen, annehmen.

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5. Theorien zur Motivationsforschung In diesem Kapitel werde ich auf zwei Theorien der Motivationsforschung zur Freiwilligenar-beit eingehen und sie vorstellen. Diese basieren zum einen auf einer biographieanalytischen Untersuchung von Gisela Jakob mit dem Titel “Zwischen Dienst und Selbstbezug“ aus dem Jahr 1993, die qualitativ angelegt ist und anhand von im Raum Nord-Rhein-Westfahlen durchgeführten autobiographisch-narrativen Interviews erarbeitet wurde. Zum andern handelt es sich um eine Studie von Eva Nadai über freiwilliges Engagement im Sozialbereich aus dem Jahre 1996 mit dem Titel „Gemeinsinn und Eigennutz“. Nadai kombiniert in ihrer Untersu-chung qualitative mit quantitativen Methoden. Sie führte ihre Befragungen im Kanton Zürich durch.

5.1 Die Theorie von Jakob Bisherige Umfrageergebnisse zeigen eine ziemliche Heterogenität der Begründungsmuster für Freiwilligenarbeit (Vgl. Jakob 1993, S. 22). Jakob kritisiert, dass bei der bisherigen Forschung nur auf Legitimationsmuster und nicht auch auf die biographischen Orientierungen und Sinn-bezüge der Freiwilligen geschaut wurde. Das Engagement wird so als „Resultat eines Motivs“ (Jakob 1993, S. 23) und nicht als „Ergebnis lebensgeschichtlicher Erfahrungen“ (Jakob 1993, S. 23) gesehen. Freiwilligenarbeit im sozialen wie auch in anderen Bereichen wird nämlich oft aus einer spezifisch persönlichen Situation heraus geleistet - so Jakob. Eine Person befin-det sich zum Beispiel in einer Krise und sucht einen Ausgleich. Das Engagement kann aber auch als ein Kompetenzerwerb oder als Persönlichkeitsentwicklung gesehen werden. Es gibt eine ganze Reihe sogenannt selbstbezogener Beweggründe sich freiwillig zu betätigen. Die in älteren Studien oft herausgestrichene Selbstlosigkeit und der vermeintliche Altruismus wer-den somit in Frage gestellt (vgl. Jakob 1993, S. 23). Andere AutorInnen wie z.B. Schmidbau-er werten Freiwilligenarbeit auch als so etwas wie die Manifestation eines HelferInnen-Syndroms. Bei einer solchen Betrachtungsweise besteht gemäss Jakob die Gefahr, dass frei-williges Handeln auf die Kompensation von defizitärer Lebenserfahrung reduziert und somit pathologisiert wird. Jakob (1993, S. 29) bemerkt im Weiteren, dass der Forschungsstand zur Freiwilligenarbeit ungenügend sei und methodische und inhaltliche Mängel bestehen würden. Für Jakob ist die Motivationsstruktur viel komplexer, als dass sie auf einfache standardisierte Antwortvariablen abstellen könnte (vgl. Jakob 1993, S. 29). Es geht für sie um ein Engage-ment, welches sich als Teil eines biographischen Prozesses darstellt (Jakob 1993, S. 30). Glei-chermassen plädiert z.B. Thiersch (1988, S. 14) dafür, das konkrete Alltagshandeln der Frei-willigen zu berücksichtigen und nur über das Verständnis des Alltagshandelns des/der einzel-neN, Freiwilligenarbeit erklären und rekonstruieren zu können. Wie biographische Prozesse auf die individuellen Handlungsmuster Einfluss haben, bleiben so auch die entsprechenden Tätigkeitsfelder nicht ohne Folge für andere Lebensbereiche der Engagierten. Nach der Theo-rie von Jakob, wird freiwilliges Engagement für die Freiwilligen in der Regel zu einem sinn- und identitätsstiftenden Element der persönlichen Lebensführung. Das Engagement ist Teil des biographischen Prozesses und vermittelt den Einzelnen eine Sinnhaftigkeit des Handelns. Jakob konstruiert so gemäss ihrer biographischen Analyse fünf Kategorien von Freiwilligen (Jakob 1993, S. 226ff).

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5.1.1. Die Typologie Erster Typ: Biographische Kontinuität mit sozialer Ehrenamtlichkeit als Dienst und

Pflichterfüllung Typisch für die Personen dieses Typus ist ein hohes Mass an Kontinuität und Stabilität in ih-ren Handlungsorientierungen und Sinnbezügen. Der biographische Prozess läuft ohne ein-schneidende Brüche und Krisen ab, was den Verbleib in den sozialen Milieus und Gemein-schaften, in denen sie aufgewachsen sind, beinhaltet. Die ursprünglichen sozialen Bezüge bleiben somit auch über die primäre Sozialisation hinaus handlungsrelevant. Typisch ist des-halb ein hohes Maß an Übereinstimmung mit den Elterngenerationen und freiwillige Tätigkeit kann somit schon in der Jugend beginnen. In Anlehnung an die Ausführungen von Max We-bers Werk 'Die Protestantische Ethik', können Aufgaben und Pflichten der Freiwilligenarbeit für solche Personen als wichtiger Bestandteil für ihre asketisch ausgerichtete Lebensführung interpretiert werden. „Die Sinnorientierung einer Dienst- und Pflichterfüllung bleibt während des gesamten biographischen Prozesses erhalten“ (Jakob 1993, S. 98). Diese Sinnorientierung wird handlungsleitend für die gesamte Lebensführung, auch unter wechselnden politischen Rahmenbedingungen. Mit dieser Haltung kann eine Unterordnung der eigenen Person unter die Anforderungen der Gemeinschaft einhergehen. Aufforderungen wird selbstverständlich nachgekommen, was schon Züge einer Autoritätsgläubigkeit und Unterwürfigkeit an sich ha-ben kann. Die RepräsentantInnen dieses Typus definieren sich nicht via ihres Status als Frei-willige, sondern sehen ihr Engagement im Zusammenhang mit ihrer Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft. Nadai (1996, S. 116) kritisiert die Zuschreibung der Fremdbestimmtheit zu diesem Typus als eine unzulässige Psychologisierung. Zweiter Typ: Ein Karriereverlauf mit Ehrenämtern Für die RepräsentantInnen des zweiten Typus wird die freiwillige Tätigkeit zu einem Instru-ment für den sozialen Aufstieg in der Gesellschaft. Die Belohnung besteht nicht in einer mo-netären Entlöhnung, sondern im Erreichen einer Statusposition. Das konstante Verbleiben in einem bestimmten Milieu, z.B. einem sozialdemokratischen ArbeiterInnenmilieu ist dabei eine wichtige Voraussetzung. Das Milieu vermittelt eine biographische Orientierung. Die ei-gene Person, bzw. persönliche Ansprüche werden gerne kollektiven Vorgaben untergeordnet. Dies kann auch gut die Konstituierung der Selbstidentität über die Ausführung freiwilligen oder eben ehrenamtlichen Tätigkeiten miteinschliessen. Für diesen Typus passt die Bezeich-nung des Ehrenamtes noch am ehesten, da es sich hier oft auch um politische Ämter handelt. Dritter Typus: Soziale Ehrenamtlichkeit als Instrument der Suche nach biographischer

Orientierung Kennzeichnend für diesen Typus sind Krisen und Brüche in der Biographie. Freiwilliges En-gagement wird als Instrument für die Bearbeitung von krisenhaften Prozessen, z.B. einer Lei-denserfahrung, herangezogen. So kann die freiwillige Tätigkeit die Möglichkeit einer zukünf-tigen Handlungsorientierung bieten. Sinnstiftend ist somit gleichsam die Suche nach einer neuen biographischen Orientierung im Rahmen solcher Tätigkeiten. Im weiteren bietet sich die Möglichkeit, via freiwillige Tätigkeit neue soziale Welten kennen zu lernen und neue Fä-higkeiten zu erwerben. Die Personen dieses Typus entscheiden sich selber für dieses Engage-ment. Die Freiwilligentätigkeit wird wieder beendet, wenn sich biographische Veränderungen ergeben. Somit beschränkt sich die Freiwilligentätigkeit nur auf eine gewisse Lebensphase. In erster Linie wird die freiwillig verrichtete Tätigkeit für die eigene Person in Anspruch ge-nommen, was auch als eine Art Selbsthilfe - mittels der Hilfe für andere - angesehen werden kann.

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Vierter Typus: Die Realisierung eigener biographischer Themen mit ehrenamtlichen Tätigkeiten

Eigene biographische Themen stehen bei diesem Typus eindeutig im Vordergrund. Das En-gagement wird zur eigenen Selbstentfaltung und -verwirklichung genutzt. Ein freiwilliges Engagement, z.B. nach Eintritt ins Rentenalter als einer neuen biographischen Phase in einem Bereich, der bis jetzt aus Zeitmangel zu kurz gekommen ist, kann so sinnstiftend wirken. Bei RepräsentantInnen dieses Typus besteht eine ausgesprochene Bereitschaft zur Auseinander-setzung mit dem Fremden, gleichermassen sind Aufgeschlossenheit und Toleranz Teil des Selbstbildes. Der Eröffnung neuer Erfahrungshorizonte wird viel Raum gegeben. Auch in diesen Lebensbiographien hat es Krisen und Brüche gegeben. Typisch ist der selbstinitiierte Zugang zu den freiwilligen Tätigkeiten, welchem eine Suche nach Tätigkeitsfelder voraus-geht. Im Weiteren erweist sich ein zielgerichtetes Handeln als typisches Verhalten dieser Gruppe. Fünfter Typus: Soziale Ehrenamtlichkeit als biographisch randständiges Ereignis. Die Ausübung einer freiwilligen Tätigkeit bleibt bei diesem Typus ein biographisch randstän-diges Ereignis. Der Einstieg erfolgt spät in der Lebensbiographie und dauert meistens nur für kurze Zeit an. Die Initiative geht von anderen aus. Es findet keine vertiefte oder gar keine Auseinandersetzung mit der vorgefundenen Problemstellung im tätigen Bereich statt, was eine Fremdheit und Distanz zur Tätigkeit zur Folge hat. 5.1.2. Die Struktur der Typologie Für die MitarbeiterInnen von Freiwilligenprojekten der Typen eins bis vier stellt das Engage-ment ein sinn- und identitätsstiftendes Element dar. Jakob konstruiert im Weiteren zwei diffe-rente Muster von freiwilligem Engagement, indem sie die Typen in zwei Kategorien grup-piert. Sie stellt die ersten beiden Typen den Typen drei bis fünf gegenüber. Typ eins und zwei nennt sie die 'Typen des Dienstes', die Typen drei bis fünf bezeichnet sie als 'Typen des Selbstbezuges'. Typ eins und zwei konstituieren ihre Biographie anhand des Handelns für Gemeinschaften. Sie stellen sich in den Dienst einer Gemeinschaft, so kann es, wie gesagt, zu einer gewissen Fremdbestimmtheit der Biographie kommen (vgl. Jakob 1993, S. 227). Bei den Typen drei und vier steht hingegen viel mehr die eigene Person im Zentrum. Hier liegen eigene, selbstbe-stimmte Handlungsschemata vor, und es findet ein starker Selbstbezug statt. Es findet auch ein Wechsel der Gemeinschaften und Milieus statt, wohingegen bei den beiden ersten Typen diesbezüglich eine Konstanz vorherrscht. Entsprechend kommt es bei Typus drei und vier vielmehr zu Brüchen und Diskontinuitäten in der eigenen Biographie. Im Gegensatz dazu schöpfen Typus eins und zwei ihre Sinnorientierung eher aus einer gesellschaftlich erwarteten oder prestigefördernden Pflichterfüllung, was jedoch keine Selbstlosigkeit des Handelns be-deutet. „Die Unterordnung unter Anforderungen von Seiten der Gemeinschaft entlastet von eigenen Entscheidungsprozessen, indem andere die Orientierungslinien für das individuelle Handeln vorgeben“ (Jakob 1993, S. 229). Die Typen drei, vier und fünf bestimmen die Sinnhaftigkeit ihres Handelns mit einem Bezug auf die eigene Person. Das freiwillige Engagement kann als eine Art Krisenbearbeitung oder Suche nach biographischer Orientierung dienen. Auch hinsichtlich der Verlaufsformen unterscheiden sich die Typen eins und zwei von drei und vier. Während bei ersteren die Kontinuität in der Freiwilligentätigkeit heraussticht, fällt bei letzteren eine Diskontinuität auf. Eine bruchlos verlaufende Biographie die in ihrer Hand-lungsorientierung auch gesellschaftlichen Krisen und Umbruchphasen standhält, steht hier einer Biographie mit Krisen und Brüchen gegenüber. Die Typen eins und zwei stehen gesell-

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schaftlichen Veränderungen eher skeptisch bis ablehnend gegenüber. Sie vertreten bezüglich dem freiwilligen sozialen Engagement somit eine konservative Haltung, die Freiwilligenarbeit selbstverständlich voraussetzt. Es gibt gemäss Jakob (1993, S. 245) noch einen weiteren Typ der Freiwilligenarbeit, welcher eher bei Jüngeren anzutreffen ist. Diese nutzen Freiwilligenarbeit zur Schaffung einer berufli-chen Einstiegsoption. An dieser Stelle kann bereits vorweggenommen werden, dass das Motiv „Positive Rückwirkungen auf den Beruf“, bei den BWP-Freiwilligen eine marginale Rolle spielt, was wir in Kapitel 7 noch sehen werden.

5.2. Die Theorie von Nadai In bisherigen Studien zur Feiwilligenarbeit, wurden meist auf der einen Seite Motive und so-ziodemographische Merkmale der Freiwilligen, dem zeitlichen Umfang und der thematischen Ausrichtung auf der anderen Seite gegenübergestellt. Dieses Vorgehen kritisiert Nadai als ungenügend, um Freiwilligenarbeit mit ihrer gesamten Implikation sowohl für das Indivi-duum, wie auch für die Gesellschaft aufzuzeigen. Nadai plädiert für den Begriff der Freiwilli-genkarriere und vertritt die Auffassung, ein freiwilliges Engagement trete selten isoliert als einmalige Angelegenheit auf, sondern sei vielmehr eingebettet in eine distinkte Struktur ( Na-dai, 1996, S. 51). Als Ausgangslage für eine freiwillige Tätigkeit, muss die individuelle Le-benssituation, d.h. Familie, Beruf, soziales Milieu, soziale Lage der/des Freiwilligen, berück-sichtigt werden. Die aktuelle Lebenssituation, die Art und Weise der Einbindung ins Erwerbs-leben und/oder in die Familie bilden die Sinnressource und den Ausgangspunkt für die frei-willige Tätigkeit. Neben der Lebenssituation sind die Ressourcen, welche eine Person mit-bringt von grosser Bedeutung. Nadai (1996, S. 58) unterscheidet zwischen kulturellen, sozia-len und materiellen Ressourcen. 5.2.1. Lebenssituation und Ressourcen der Freiwilligen Dem Faktor Geschlecht kommt vor allem im Zusammenhang mit der Wahl des Tätigkeitsfel-des eine hohe Bedeutung zu. Der Arbeitsmarkt weist im Berufssektor eine hohe Geschlechter-segregation auf, welche sich auch im Freiwilligenbereich spiegelt. Dies manifestiert sich in einem überdurchschnittlichen Frauenanteil bei der Freiwilligenarbeit im sozialen Bereich. Im Weiteren spielt das Geschlecht eine wesentliche Rolle in bezug auf die Ausübung einer soge-nannten 'Basisarbeit' oder eines 'Ehrenamtes' (für die Unterscheidung Basisarbeit vs. Ehren-amt vgl. Kapitel 5.2.3.). Frauen sind wesentlich häufiger im Freiwilligenbereich der 'Basisar-beit' anzutreffen, Männer hingegen in den prestigeträchtigeren und vergleichsweise statusho-hen 'Ehrenämtern'. Auch Jakob (1993, S. 254) sieht ein geschlechtsrollenspezifisches Handeln in der Freiwilligenarbeit: Ähnlich wie im Berufsfeld lassen sich geschlechtsspezifische Ver-laufsformen des Freiwilligen Handelns erkennen. Bei der Freiwilligenarbeit im BWP spielt das Merkmal Geschlecht hingegen eine vergleichsweise untergeordnete Rolle. Beim BWP fand zumindest in den Anfangsjahren eine ausgesprochene Frauenförderung statt. Im ansons-ten ausgesprochen männerdominierten Berufsfeld Forstwirtschaft, sollten im Rahmen des BWP Frauen die gleichen Chancen eingeräumt werden wie Männern (vgl. auch Geschlechter-verhältnis bei den BWP-TeilnehmerInnen Kapitel 6.2.). Weiter ist die soziale Lage und das soziale Milieu ein nicht zu unterschätzender Faktor (Nadai 1996, S. 57). Üblicherweise wird Schicht mit Bildung, beruflicher Position und Einkommen operationalisiert. Nadai geht nun aber von neueren Ungleichheitstheorien aus, welche neben diesen klassischen Variablen auch die subjektive Seite, welche durch den Umgang mit den objektiven Lebensbedingungen repräsentiert werden, berücksichtigen.

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Die Kategorie Schicht drückt sich dabei bei Nadai in der Variablen Ressourcen aus, d.h. dass die soziale Schicht mitbestimmend für die Verfügung über Ressourcen ist. Wie oben erwähnt, handelt es sich um kulturelle, soziale, materielle und zeitliche Ressourcen. Die kulturellen Ressourcen werden durch Bildung bzw. durch Bildungstitel als Objektivierung von Kompe-tenz repräsentiert. Die sozialen Ressourcen werden durch die vorhandenen persönlichen Kon-takte repräsentiert: Der freiwillige Sektor wird sehr viel stärker durch informelle Mechanis-men gesteuert als z.B. der Erwerbsbereich (vgl. Nadai 1996, S. 61). Somit ist hier der persön-liche Kontakt (wie z.B. die Integration in einer Dorfgemeinschaft, einem Familienclan, oder eventuell auch einem beruflichen Netzwerk), welcher oft am Anfang eines Engagements steht, wesentlich. Deshalb kann es innerhalb des Freiwilligensektors zu einer hohen Selektivi-tät kommen, da die Rekrutierungspaxis entlang persönlich-biographischer Netzwerke verläuft. Mit materiellen Ressourcen sind die verfügbaren Finanzen und Arbeitsmittel gemeint. Nicht zu unterschätzen sind zu guter Letzt die für die Freiwilligen potentiell verfügbaren Zeitres-sourcen. Diese werden aber sehr individuell beurteilt; eine Zeitautonomie erscheint darum mindestens ebenso wichtig. Der Rahmen bei den Zeitressourcen wird von der familiären und beruflichen Situation klar mitbestimmt. Die Zeitautonomie hat somit viel mit der Lebenssitua-tion zu tun. Selbständig Erwerbende, Teilzeittätige, in Ausbildung Stehende, RentnerInnen, Hausmänner und –frauen sind hier viel flexibler. „Zeitsouveränität und Existenzsicherung sind die grundlegenden Voraussetzungen des Ehrenamtes und die entscheidenden Selektions-kriterien an der Schnittstelle zwischen der Bereitschaft zum Engagement und den Möglichkei-ten seiner Verwirklichung“ (Rauschenbach et al. 1988, S. 225). 5.2.2. Die Motivation Interessant ist, wie im Zusammenhang mit der Rekrutierung von Freiwilligen immer wieder von verschiedenster Seite - offen oder unterschwellig - der Zerfall altruistischer Werte beklagt wird. Dabei wird postuliert, dass der genannte Rückgang von freiwilligem Engagement mit einer allgemeinen Individualisierung der Gesellschaft zu tun habe. So jedenfalls konstatiert Nadai (1996, S. 65) zusammenfassend die Debatte über die Motivation der Freiwilligen. Na-dai kritisiert die einfache Gegenüberstellung von Dienst und Selbstbezug bei Jakob als eine Simplifizierung (Nadai 1996, S. 65). Sie ist der Auffassung, die Frage sei so falsch gestellt, da Freiwilligenarbeit, ungeachtet der subjektiven Motive der Freiwilligen, immer auch Dienst an der Gesellschaft sei. Auf der anderen Seite müsse unter der Voraussetzung, dass wir es mit rationalen AkteurInnen zu tun haben, immer auch “von einem Anteil an Selbstbezug im Sinne der Befriedigung persönlicher Bedürfnisse“ (Nadai 1996, S. 65) ausgegangen werden. Bei der Frage nach der Motivation geht es Nadai somit nicht darum, ob sich jemand altruistisch ver-hält, sondern um den Impetus, aus dem heraus jemand aktiv wird. Sie drückt es folgendermas-sen aus: „Die Motivation der Freiwilligen bestimmt im Sinne einer Zielorientierung die Wahl eines Tätigkeitsfeldes und ihre Handlungsmuster mit“ (Nadai 1996, S. 66). Das heisst in ande-ren Worten, die Motive der Freiwilligen enthalten nicht nur ihre bisherigen Erfahrungen, son-dern verweisen auch auf die Ziele. Es muss von einer oberflächlichen Auflistung der Motiva-tionsgründe abgesehen werden und vielmehr, wie dies auch Jakob (1993, S. 30) formuliert, das Engagement als Teil eines biographischen Prozesses gesehen und in die Betrachtung mit einbezogen werden. Von Nadai werden die drei Motivationstypen 'Integration', 'Kompensation' und 'Gesellschafts-ethos' unterschieden. In diesen werden Motive, wie Erfahrungen und Ziele der Freiwilligen gebündelt. Aus ihren Motiven „leitet sich - verknüpft mit den Ressourcen, über die sie verfü-gen - ab, welches Tätigkeitsfeld sie wählen und welches Handlungsmuster sie in der Freiwil-ligentätigkeit verfolgen“ (Nadai 1996, S. 66). Die Rückbindung der Motive an die Lebenssi-tuation, sowie ihre Verknüpfung mit den Ressourcen ist zentral für ein Verständnis der Frei-willigenkarriere. Aber erst in Verknüpfung mit einem Handlungsmuster (vgl. nachstehendes Kapitel) kann die Motivation ihre Wirkung bezüglich einer Freiwilligenkarriere entfalten.

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Die unterschiedlichen Motive treten bei allen Freiwilligen in irgend einer Form auf, nur ist die Ausprägung mehr oder weniger stark. Es geht dabei um die Struktur der Beweggründe und wie das freiwillige Engagement in der Lebenssituation der Person verankert ist. Ebensolches gilt für das spezifische Handeln, welches sich zu einem durchgängigen Muster eines Indivi-duums verdichtet und so eine charakteristische Gestalt annimmt. Der Pluralismus der Motive, die einzelne Freiwillige typischerweise anführen, wird auch als Widerspiegelung des Plura-lismus der Werte in einer fragmentierten, individualistischen Gesellschaft interpretiert (Nadai 1996, S. 130). 5.2.3. Die Handlungsmuster „Welche Art von Tätigkeit jemand zu übernehmen bereit ist und wie intensiv sich jemand engagiert, hängt nicht nur von den Motiven ab, sondern wird wesentlich mitbeeinflusst von ihren/seinen Ressourcen und zwar vor allem von den kulturellen und sozialen Ressourcen“ (Nadai 1996, S. 67). Motive und Handlungsressourcen bestimmen also einen bestimmten Handlungstyp. Die Freiwilligen folgen somit einem typischen Handlungsmuster, das sich dann durch ihre ganze Freiwilligenlaufbahn hindurchzieht. Der Handlungstyp ist vor allem zentral für die Bestimmung des Nutzens, welcher die Freiwilligentätigkeit hat. Nadai diffe-renziert Freiwilligenarbeit in 'Basisarbeit' einerseits und 'Ehrenamt' andererseits. 'Basisarbeit' im Sinne einer eher ausführenden Tätigkeit und 'Ehrenamt' als das eher prestigeträchtigere freiwillige Amt, welches auch Führungsaufgaben beinhaltet. Die Arbeit beim BWP ist nach dieser Differenzierung klar der Kategorie 'Basisarbeit' zuzuordnen. Nadai definiert im weiteren anhand empirischer Ergebnisse drei Handlungstypen: Es sind dies die 'HelferInnen', die 'Engagierten' und die 'Elite' (gemeint im historischen Sinn von Kader bzw. in Führungspositionen Tätige) (Nadai 1996, S. 68). HelferInnen sind praktisch nur in der Basisarbeit tätig, die Elite fast ausschliesslich in Ehrenämtern und die Engagierten überneh-men gerne beides. Die Organisation in welcher die engagierte Person tätig wird, ist nicht unwesentlich für die Karriere einer Freiwilligenlaufbahn. Die Organisation selber steuert durch die Art und Weise ihres Auftretens auch maßgeblich die Bandbreite der Personen die potentiell angesprochen werden. Umstritten ist z.B. auch die Frage für welche Tätigkeitsfelder Freiwillige eingesetzt werden sollen (Nadai 1996, S. 69). Die Wahl der Organisation ist in erster Linie die Wahl eines bestimmten Tätigkeitstyps und dieser wird wie erwähnt gebildet aus Motivation, Hand-lungstyp und Ressourcen. Zentral ist der Nutzen den die Freiwilligenarbeit den Freiwilligen bringt. Freiwilligenarbeit ist nach Nadai (1996, S. 71) in erster Linie durch so etwas wie ihren Prozessnutzen attraktiv. „Freiwilliges Engagement hat komplexe Hintergründe und kann nur im Kontext der ganzen Lebenssituation verstanden werden. Die Motivation einer Person und ihre soziodemographi-schen Merkmale haben keinen unmittelbaren Einfluss auf Umfang und Form ihres Engage-ments, sondern nur vermittelt über das Handlungsmuster, dem sie folgt und die Organisation, in deren Rahmen sie sich engagiert“ (Nadai 1996, S. 71). Ob sich die Nachfrage nach poten-tiell Freiwilligen und das Angebot von Freiwilligen treffen, liegt damit wiederum in der ent-sprechenden Kombination von kulturellen, sozialen, materiellen und zeitlichen Ressourcen. 5.2.4. Die drei Motivations- und die drei Handlungstypen Motivationstyp 'Integration' „Für Freiwillige des Typus Integration ist ihr Engagement ein Mittel zur Teilhabe an der Sphäre der Öffentlichkeit und es geht ihnen um gesellschaftliche Anerkennung. Sie wollen damit eine gewisse soziale Isolation überwinden und Zugang zu einem Kreis von Gleichge-

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sinnten finden. Dabei geht es ihnen nicht einfach um Kontakte an sich: es handelt sich nicht notwendigerweise um Personen, die allein sind und wenig Bekannte, FreundInnen oder Ver-wandte haben“ (Nadai 1996, S. 141). Das Hauptkriterium für diese Kategorie ist der überaus starke Selbstbezug dieser Freiwilligen. Das Engagement wird aus der eigenen Person heraus begründet und erst sekundär als ein Bedürfnis, zu helfen, verstanden. Die gesellschaftliche Anerkennung der Arbeit wird, wie gesagt, als wichtig erachtet, vor allem da sie nicht bezahlt ist und auch nicht bezahlt sein soll. Die Freiwilligenarbeit ist beim Integrationstypus den an-deren Lebensbereichen aber klar nachgeordnet. Gemäss Nadai hängt dies damit zusammen, dass diese Personen in den meisten Fällen von der ausserhäuslichen Erwerbsarbeit ausge-schlossen sind. Es handelt sich also vor allem um Hausfrauen, Hausmänner und RentnerIn-nen. Das Engagement muss sich zeitlich begrenzen lassen, da es nicht zu stark belasten, und mit anderen Lebensbereichen nicht kollidieren darf. Im Weiteren weisen die VertreterInnen dieser Kategorie eher ein niederes bis mittleres Bildungsniveau auf. Tendenziell handelt es sich auch um Personen, welche in einem traditionell in der Freiwilligenarbeit engagierten Mi-lieu aufgewachsen sind. Begrenzte kulturelle und soziale Ressourcen sind für diese Kategorie somit eher typisch. Gemäss Nadai (1996, S. 130) entsprechen die Freiwilligen des Motivationstypus „soziale In-tegration“ dem Handlungsmuster der HelferInnen, auch sind sie eher in der Basisarbeit und weniger im Sektor der Ehrenämter anzutreffen. Motivationstyp 'Kompensation' „Für die Freiwilligen, deren Engagement sich aus einem Kompensationsbedürfnis ableitet, steht die Freiwilligkeit im Kontext einer biographischen Neuorientierung“ (Nadai 1996, S. 153). Anlass für den Schritt in eine Freiwilligentätigkeit kann eine eigentliche Sinnkrise, aus-gelöst durch ein einschneidendes persönliches Erlebnis oder z.B. durch die Zuspitzung einer schwelenden Unzufriedenheit mit der eigenen Lebenssituation, sein. Für den Kompensations-typus bedeutet Freiwilligenarbeit auch so etwas wie eine Herausforderung und wird als Selbstentfaltungschance begriffen. Das freiwillige Engagement ist für die Person von zentra-ler Bedeutung für ihr Leben, und deshalb anderen Lebensbereichen nicht nachgeordnet, wie dies beim Integrationstyp der Fall ist. Die Veränderung der eigenen Lebenssituation steht im Vordergrund, zentral ist die Herausforderung und die Selbstentfaltungschance. Solche Perso-nen möchten zu kurz gekommene Dimensionen ihrer Persönlichkeit entwickeln oder auch verpasste Bildungschancen nachholen. Der Kern liegt für sie somit in der Kompensation von Defiziten, vor allem in Form von Statusdefiziten. Das impliziert gleichsam, dass die Arbeit etwas anspruchsvoll sein sollte. Im Gegensatz zum Integrationstypus sind die Bildungsquali-fikationen im Typus Kompensation eindeutig höher. Ebenfalls im Gegensatz zum Typus In-tegration können sich die Freiwilligen dieses Typus eine Entschädigung ihrer Arbeit, auch in monetärer Form, durchaus vorstellen. Charakteristisch ist zudem eine sehr niedrige Zutritts-schwelle: Es braucht keine Überredungskunst von aussen, die Freiwilligen des Typus Kom-pensation engagieren sich aus eigenem Antrieb. Das Ehrenamt eignet sich nach Nadai besser für eine Kompensation, vor allem für eine Sta-tuskompensation, als die Basisarbeit. Im Wesentlichen geht es also darum, einmal etwas An-deres zu machen, den Horizont zu erweitern, etwas Neues zu lernen und verpasste Bildungs-chancen nachzuholen. Die RepräsentantInnen des Typus der Kompensation sind, dies wieder gemäss Nadai (1996, S. 130), in allen drei Handlungsmustern anzutreffen. Motivationstyp 'Gesellschaftsethos' „Für die Freiwilligen des Typus Gesellschaftsethos ist freiwilliges/ehrenamtliches Engage-ment ein selbstverständlicher Bestandteil ihrer Lebensführung“ (Nadai 1996, S. 178). Ein solches Engagement braucht insofern eigentlich keine Begründung und hat auch keinen ein-deutigen Anfang. Es ist sozusagen schon immer da, vielfach auch schon in der Jugend. Die

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Freiwilligentätigkeit wird nicht als eigene Lebenssphäre betrachtet, die im Gegensatz oder in Ergänzung zu den Bereichen Beruf und/oder Familie steht. Das Engagement ist Ausdruck eines spezifischen Lebensstils, der durch hohe Leistungsbereitschaft, ausgeprägtes Verant-wortungsgefühl und ein ausgesprochenes Interesse an Mitsprache und Mitgestaltung eines grösseren gesellschaftlichen Ganzen gekennzeichnet ist. Die Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft, der Gemeinschaft und der Demokratie ist für den Typus Gesellschaftsethos sehr wichtig und bildet für ihn sozusagen die Voraussetzung für eine funktionierende Gesellschaft. Gegenüber einer reinen, hedonistischen Konsumhaltung empfinden Personen dieses Typus eher eine Abneigung. Die Freiwilligentätigkeit wird viel eher in einem politischen Kontext geleistet, dies auch in Vereinen, die sich nicht explizit als politisch verstehen, aber zumindest implizit ein politische Funktion inne haben. Durch die wechselseitige Abhängigkeit von Indi-viduum und Gesellschaft ist die Gesellschaft auf ein Engagement der Einzelnen angewiesen (Nadai 1996, S. 172). Somit wird eine Pflichterfüllung konsequenterweise auch als Chance und Recht empfunden. Es braucht die Anfrage von aussen, damit das Gesellschaftsethos in ein Handeln überführt werden kann. Der Eigennutzen ist hingegen sehr schwach ausgeprägt. Im Vordergrund steht vielmehr die erbrachte Leistung, die Qualität der Arbeit. Am ehesten mani-festiert sich der Eigennutzen durch die übernommene Verantwortung und die geistige Heraus-forderung. Von den drei Motivationstypen kommt der Typ des Gesellschaftsethos dem Beg-riff des 'Ehrenamtes' am nächsten. Freiwilligenarbeit kann hier schon fast zu einem Glaubens-bekenntnis, zu einer moralischen Dimension werden. (vgl. Korrelation zwischen Moral und gesellschaftlicher Verpflichtung Kapitel 7.7.). Nach einem protestantischen Leistungsethos, kann es gemäss den Prinzipien dieses Typs ohne Pflichterfüllung auch keine Freizeit geben. Die Grenzen zwischen den Bereichen Beruf und Freiwilligentätigkeit sind fliessend2. Der Faktor Zeit ist für den Typ Gesellschaftsethos praktisch nicht relevant, da es sich bei der Freiwilligenarbeit ja um eine Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft handelt und es somit alle betrifft. Nadai übt in diesem Zusammenhang aber Kritik an Jakob, welche die Unterord-nung der eigenen Person unter die von aussen, von Seiten der Gemeinschaft an sie herange-tragen Anforderungen bei ihrem ersten Typ „Biographische Kontinuität mit sozialer Ehren-amtlichkeit als Dienst und Pflichterfüllung“ (vgl. Kapitel 5.1.1.), besonders herausstreicht. Nadai (1996, S. 179) meint vielmehr, dass es sich um eine Gleichsetzung von Pflichten und Rechten handelt und das Pflichtbewusstsein von den Engagierten selber kommt. Es wird das politische Recht auf Einflussnahme und Mitgestaltung in Anspruch genommen3. Trotzdem entspricht der Typ 'Gesellschaftsethos' am ehesten dem Typ '...Dienst und Pflichterfüllung' von Jakob (vgl. Kapitel 5.1.1.). Interessant ist der Unterschied gegenüber den anderen beiden Motivationstypen in bezug auf den Eigennutzen. Das, was sozusagen als Eigennutzen zurückkommt, ist im Engagement be-reits eingebaut; nämlich die Einflussnahme. Die anderen Typen bekommen demgegenüber nur im Sinne eines angenehmen Nebeneffektes etwas zurück. Zudem müssen Dankbarkeit der KlientInnen oder Entfaltung der Persönlichkeit nicht einmal selbstverständlich eintreffen.

2 Nach Winkler (1994, S. 148) wird die individuelle Motivstruktur der Freiwilligen überlagert durch eine soge-nannte funktionale Notwendigkeit ihres Handelns. So wirkt das Ethos als Motivation, sich über die persönlichen Motive hinaus für die Gesellschaft als Ganzes einzusetzen und zu engagieren. Winkler deutet dies als eine Über-tragung des beruflichen Leistungsethos auf die Freiwilligenarbeit im Sinne von Max Weber. Nadai (1996, S. 178) kritisiert diese fast kausale Verbindung jedoch als problematisch. 3 Diese unterschiedliche Beurteilung von Jakob und Nadai kann m.E. aber auch auf eine unterschiedliche Tradi-tion der Freiwilligenarbeit, in bezug auf die unterschiedlich stark ausgeprägten Milizsysteme der beiden Länder Deutschland und der Schweiz zurückzuführen sein. Zum einen ist die Freiwilligenarbeit in der Schweiz, wie wir in Kapitel 6.11. sehen werden quantitativ viel stärker ausgeprägt, zum anderen gibt es in der Schweiz eine ganz andere Tradition der Mitgestaltung und Mitbestimmung der einzelnen BürgerInnen im Staat. Wird in der Schweiz in der Politik oder in anderen Ämtern das Milizsystem noch vielerorts angewandt, ist hingegen in Deutschland das System diesbezüglich viel stärker professionalisiert. Ich will hier keinesfalls eine Kulturdiffe-renz konstruieren, erachte diese These aber durchaus für prüfenswert.

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Beim Typus Gesellschaftsethos lassen sich drei Begründungszusammenhänge von Pflicht und Engagement feststellen; eine politische Argumentation, eine mit einem teilweise elitären Selbstverständnis und eine, welche sich in gewisser Weise auf eine familiären Tradition be-ruft. Die Freiwilligen des Motivationstypus Gesellschaftsethos finden sich primär im Hand-lungsmuster der Elite und sekundär in dem der Engagierten wieder. Handlungstyp 'HelferIn' HelferInnen sind primär die Ausführenden, das heisst, sie fügen sich in einen bestehenden, organisatorischen Rahmen ein. Sie sind diejenigen welche primär die Basisarbeit machen, also nicht die Gestaltenden oder die GruppenleiterInnen beim BWP (vgl. Kapitel 7.5.). Falls der/die HelferIn doch einmal ein Ehrenamt ausführt, handelt es sich mit grosser Wahrschein-lichkeit um ein wenig prestigeträchtiges Amt und wird eher im Selbstverständnis einer aus-führenden Tätigkeit ausgeübt. Das Engagement muss sich zeitlich begrenzen lassen, da es nicht zu stark belasten und mit anderen Lebensbereichen nicht kollidieren darf. Eine instituti-onalisierte Begrenzung der Belastung ist wichtig (vgl. Nadai 1996, S. 143 f). Es geht ihnen in erster Linie um das Helfen im Allgemeinen, und erst sekundär um das Engagement innerhalb einer und für eine Gemeinschaft. Trotzdem empfinden sie dieses Engagement aber als eine gewisse Notwendigkeit. Auf keinen Fall sollte die Freiwilligentätigkeit aber in irgend einer Weise politisch sein. Handlungstyp 'Engagierte' Sicherlich sind alle freiwillig Tätigen engagiert, aber die Personen mit dem Handlungsmuster Engagierte sind diejenigen, welche sich eben besonders einsetzen bzw. für die das freiwillig Engagement ein ganz zentrales Element in ihrer Lebensbiographie ausmacht. Die Engagierten sind auch noch in anderen Bereichen freiwillig aktiv und waren es eigentlich schon ihr ganzes Leben lang. Das konstitutive Charakteristikum der Engagierten ist die Verbindung aller frei-willigen Arbeiten, sowohl die Basisarbeit wie auch das Ehrenamt. Unter den RepräsentantIn-nen dieses Typs gilt ein freiwilliges Engagement für die Gemeinde als eine Verpflichtung dieser gegenüber. Im Gegensatz zu den HelferInnen sind die Engagierten durchaus interessiert daran, mitgestalten zu können und wollen Verantwortung übernehmen. Dies kann auch den Aufbau einer Organisation mit bedeuten. Sie übernehmen oft gleichzeitig eine Vielfalt von Aktivitäten unterschiedlicher Art. Der Kompensationstypus steht für die Engagierten im Vor-dergrund. Handlungstyp 'Elite' Beim Handlungstyp Elite besteht eine Parallele zwischen Beruf und Handlungsmuster in der Freiwilligentätigkeit. Oft verwischt daher die Grenze zwischen Beruf und Freiwilligentätig-keit, was oft mit dem ausgesprochenen Willen einhergeht, vorhandenes Wissen und spezifi-sche berufliche Fachkompetenz umzusetzen. Die Freiwilligen des Handlungsmusters Elite sehen die Feiwilligenarbeit nicht als Lernfeld, sondern sie wollen viel eher ihre fachliche Kompetenz, welche sie als Voraussetzung für ihr spezifisches Engagement sehen, anwenden. Ein gewisser Wille zur Macht, ganz im Sinne eines Mitgestaltens von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, ist bei diesem Handlungstyp nicht von der Hand zu weisen. Die Elite Frau bzw. der Elite Mann hat eher weniger Interesse an Basisarbeit, und findet sich daher in der Regel in einem Ehrenamt, welches durchaus auch als sozialer Aufstieg gewertet wird, wieder.

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6. Soziodemographische Auswertung der BWP-Umfrage Bevor wir im nächsten Kapitel zur Hauptthematik, der Analyse der Motivations- und Hand-lungsmuster der TeilnehmerInnen beim BWP kommen, wird in diesem Kapitel auf die klas-sisch deskriptiven, soziodemographischen Merkmale der Freiwilligen eingegangen. Im Weiteren wird es also um den folgenden Fragenkomplex gehen: Welche Gruppen in der Bevölkerung leisten in der Regel freiwillige Arbeit, und entsprechen die soziodemographi-schen Merkmale der TeilnehmerInnen des BWPs, dem in diversen Untersuchungen festge-stellten Profil der Freiwilligen?

6.1. Die Freiwilligen generell Nach den Untersuchungen des Bundesamtes für Statistik sind es vor allem die 40 – 54jährigen, die gut Gebildeten, die in Paarhaushalten mit Kinder Lebenden sowie die Berufs-tätigen und die Hausfrauen, welche sich überdurchschnittlich freiwillig betätigen (vgl. Bühl-mann 1999, S.42). Man könnte somit auch sagen, es sind die gut Integrierten. Es handelt sich bei der Freiwilligenarbeit tatsächlich um ein Privileg der sozial Bessergestellten. Unter-schichtangehörige sind im Bereich der Freiwilligenarbeit kaum anzutreffen, umso mehr aber Angehörige der Mittel- und Oberschicht (vgl. auch Wallimann 1993, S. 8 & Nadai 1996, S. 53). Nach diesen Untersuchungen, handelt es sich also bei den freiwillig Engagierten nicht primär um diejenigen, welche viel Zeit mitbringen, die Jungen, diejenigen die sich noch in Ausbildung befinden oder die Pensionierten. Ganz im Gegenteil scheint es sich bei den Frei-willigen eher um die Qualifizierten und gesellschaftlich Integrierten, sich in der mittleren Le-benslage befindenden BürgerInnen zu handeln.

6.2. Das Geschlecht Sind in sozialen Bereichen der Freiwilligenarbeit deutlich mehr Frauen als Männer zu finden, was der klassisch geschlechtspezifischen Segregation des Arbeitsmarktes entspricht, so sind im gesamten Freiwilligenbereich die Männer hingegen deutlich stärker vertreten als die Frau-en (Bühlmann 1999, S. 41). Das Geschlechterverhältnis bei den BWP-Freiwilligen ist hinge-gen ziemlich ausgeglichen. Bei meiner Untersuchung liegt das Verhältnis bei 48,9% Frauen zu 51,1% Männer. Im langjährigen Mittel liegt der Frauenanteil bei den BWP-Wochen bei gut 45%.

6.3. Das Alter Der Altersschnitt der TeilnehmerInnen beim BWP beträgt im Jahr 2000 knapp 37 Jahre (vgl. Abbildung 1). Die Verteilung auf die einzelnen Altersgruppen ist aber sehr unregelmässig. Die Gruppen der 20 – 24jährigen und die der 30 – 34jähigen sind die am stärksten vertrete-nen. Generell wird bei Untersuchungen zur Freiwilligenarbeit ein höherer Altersschnitt der Freiwilligen beobachtet. Bei Nadais Untersuchung beträgt der Mittelwert z.B. 41,7 Jahre. Auch die Spannweite ist in der Regel um einiges geringer als beim BWP. Die Konzentration auf Personen im mittleren Lebensalter ist sowohl bei Nadai (1996, S. 104) wie auch bei ver-gleichbaren Untersuchungen deutlich stärker. Es zeigt sich also hier, dass die Teilnehmenden des BWP nicht dem durchschnittlichen Alter der üblicherweise Freiwilligenarbeit Leistenden

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angehören. Interessant erscheint hingegen die Feststellung einer seit Bestehen des BWP zu beobachtende Verschiebung hin zu etwas älteren Personen. Der Altersdurchschnitt der Teil-nehmerInnen beim BWP der Jahre 1988/1989 lag bei ca. 30 Jahren. 60% der Teilnehmenden waren damals noch zwischen 18 und 30 Jahre alt (vgl. Vetterli 1993, S. 266). Man könnte somit auch sagen; das BWP hat sich in dieser Hinsicht in die Richtung einer eher klassische-ren Freiwilligeninstitution entwickelt.

Altersstruktur TeilnehmerInnen beim BWP im Jahr 2000

Mittelwert: 36,82

N: 235

Altersklassen

65 und älter60 - 64

55 - 5950 - 54

45 - 4940 - 44

35 - 3930 - 34

25 - 2920 - 24

bis 20

20.0%

15.0%

10.0%

5.0%

0.0%2.6

6.06.4

4.3

8.98.5

11.1

17.0

12.8

18.7

3.8

Abbildung 1

6.4. Das Bildungsniveau Auffällig ist das extrem hohe Bildungsniveau der BWP-TeilnehmerInnen. Im Allgemeinen ist zwar eine Korrelation zwischen Bildungstitel und freiwilligem Engagement festzustellen; je höher der Bildungsabschluss einer Person, um so eher engagiert sie sich in der Freiwilligenar-beit. Der Anteil von 57,7% BWP-TeilnehmerInnen mit einem Hochschulabschluss (vgl. Ab-bildung 2) ist aber trotzdem aussergewöhnlich hoch. In der Schweiz beteiligen sich norma-lerweise jeweils um die 40% der Personen mit einem tertiären Bildungsabschluss, also mit einem Uni/ETH- bzw. Fachhochschulabschluss in irgend einer Weise freiwillig. Während hingegen Personen mit einer Berufssausbildung sich nur zu ca. 27% freiwillig engagieren und das freiwillige Engagement bei Personen, die nach der obligatorischen Schulzeit keine weitere Ausbildung absolviert haben, nur noch 16% beträgt (Bühlmann 1999, S. 43). Dies zeigt, dass generell schon eine deutliche Übervertretung der Personen mit höherem Bildungsabschluss besteht, vor allem unter der Berücksichtigung, dass in Deutschland nur 10,9% (Statistisches Bundesamt 2001, S. 76) und in der Schweiz 14,5% (Bundesamt für Statistik 2001, S. 686) der Gesamtbevölkerung einen Hochschulabschluss vorweisen. Bemerkenswert ist im weiteren,

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dass alle BWP-TeilnehmerInnen nach der obligatorischen Schulzeit ein weiteres Bildungszer-tifikat erworben haben. Es zeigt sich somit, dass das BWP bezüglich dem Bildungsniveau dem allgemeinen Bild im Freiwilligensektor entspricht, nur dies eben viel ausgeprägter. Ein-schränkend muss aber gesagt werden, dass der Altersschnitt der BWP-Teilnehmenden - wie wir gesehen haben - tiefer liegt, als im Freiwilligensektor allgemein üblich. Zudem weisen jüngere BürgerInnen im Schnitt die höheren Bildungszertifikate auf.

Bildungsnivau der BWP TeilnehmerInnen im Jahr 2000

N: 234

Ausbildungskategorien

andere AusbildungUniversität

FachhochschuleAbitur/Matura

Berufsausbildung

40.0%

30.0%

20.0%

10.0%

0.0% 3.0

32.9

24.8

13.7

25.6

Abbildung 2

6.5. Erwerbstätigkeit 6.5.1. Die Erwerbstätigen Die berufliche Position der beim BWP Teilnehmenden geht aus Tabelle 2 hervor4. Im Ver-gleich zur Untersuchung von Nadai, sind beim BWP weniger Personen mit einer Kaderpositi-on und auch weniger selbständig Erwerbende auszumachen. Auch hier lässt sich dies wieder-um zu einem Teil mit dem niedrigeren Durchschnittsalter begründen. Der Anteil der Berufstä-tigen liegt mit 62,1% etwas tiefer als die durchschnittliche Erwerbsquote, welche in der Schweiz bei 63% (Bundesamt für Statistik 2001, S.181) und in Deutschland bei gut 71% (Sta-tistisches Bundesamt 2000, S. 34) liegt. Auch im Bereich der Erwerbstätigkeit weicht das BWP von in anderen Studien ermittelten Durchschnittswerten für Freiwillige ab. Laut der Studie von Bühlmann (1999 S. 43), sind 31% der Berufstätigen freiwillig engagiert. Von den Personen, die sich in Ausbildung befinden sind es 25%, wohingegen es bei den Personen, 4 Im Anhang befindet sich eine detaillierte Auflistung der Berufsfelder in welchen die BWP-Freiwilligen tätig sind.

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deren Hauptbeschäftigung in der Haus- und Familienarbeit besteht, 29% und bei den Rentne-rInnen 17% sind. Umgerechnet auf den Anteil der jeweiligen Gruppen in der Gesamtbevölke-rung bedeutet dies: 75% der Freiwilligen in der Schweiz sind Erwerbstätige. Diese Zahlen zeigen, dass sich im Freiwilligenbereich generell diejenigen welche tendenziell am wenigsten Zeit haben am ehesten freiwillig engagieren, was beim BWP jedoch nur be-dingt zutrifft.

berufliche Stellung der BWP-TeilnehmerInnen im Jahr 2000

88 37.4 38.8 38.829 12.3 12.8 51.57 3.0 3.1 54.6

17 7.2 7.5 62.133 14.0 14.5 76.753 22.6 23.3 100.0

227 96.6 100.08 3.4

235 100.0

AngestelleR/ArbeiterInmittlereR AngestellteRKaderselbständig erwerbendnicht erwerbstätigin AusbildungGesamt

Gültig

keine AngabeFehlendGesamt

Häufigkeit ProzentGültige

ProzenteKumulierteProzente

Erklärung: Die 33 nicht Erwerbstätigen verteilen sich wie folgt: 16 RentnerInnen, 8Arbeitslose, 3 Hausfrauen/Hausmänner und 5 andere.

Tabelle 2

6.5.2. Erwerbsarbeitszeit Aus Abbildung 3 geht hervor, dass unter den BWP-TeilnehmerInnen überdurchschnittlich viele Teilzeitbeschäftigte anzutreffen sind. Leider sind aus der Abbildung aber nur die in der Erwerbsarbeit und nicht die in der Familien- und Hausarbeit, sowie die für ein Studium auf-gewendeten Stunden ersichtlich. Es zeigt sich aber, dass die Ressource 'Zeit' in Form einer Zeitsouveränität hier eine nicht unwesentliche Rolle zu spielen scheint.

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Erwebsarbeit der BWP-TeilnehmerInnen im Jahr 2000

N: 222

Mittelwert: 26,4 Std./Woche

Umfang der Erwerbsarbeit in Std. pro Woche

61-6556-60

51-5546-50

41-4536-40

27-3526-30

21-2516-20

11-156-10

0-5

35.0%

30.0%

25.0%

20.0%

15.0%

10.0%

5.0%

0.0%

5.0

10.4

29.7

5.94.1

5.06.3

4.1

26.1

Abbildung 3

6.5.3. Die Nicht-Erwerbstätigen Lange Zeit herrschte auch in den Sozialwissenschaften die Meinung vor, die typischen Frei-willigen seien die Hausfrauen (vgl. Wallimann 1993, S. 19). Schon Nadai (1996, S. 106) kriti-sierte diese These als eher einem Mythos zugehörend, denn den Tatsachen entsprechend. Seit der Studie von Bühlmann (1999, S. 42) ist klar, dass Hausfrauen zwar einen grossen Anteil ausmachen – 29% der Hausfrauen in der Schweiz sind freiwillig engagiert – aber weitaus nicht den grössten. Beim BWP sind die Hausfrauen und –männer mit nur drei TeilnehmerIn-nen (vgl. Tabelle 2) praktisch inexistent. Nach Bühlmann, sind - wie oben erwähnt - 16% aller Arbeitslosen freiwillig tätig. Beim BWP sind nur 3,4% (vgl. Tabelle 2) der Freiwilligen arbeitslos. Drei dieser acht Arbeitslosen kom-men aus der Schweiz, vier aus Deutschland und eineR aus einem anderen Land. Die Datenba-sis für diese Kategorie ist zwar sehr schmal, bei einem Durchschnittswert der Arbeitslosenra-ten in Deutschland und der Schweiz, zeigt sich aber dennoch tendenziell eine leichte Unter-vertretung der Arbeitslosen beim BWP. Gesamthaft sind unter den 235 Befragten 16 RentnerInnen (vgl. Tabelle 2) auszumachen, was einer Quote von 6,8% entspricht. Nehmen wir wieder die Zahlen von Bühlmann als Referenz, so ist auch bei den RentnerInnen eine Untervertretung beim BWP zu konstatieren. Dies ist einerseits auch wiederum mit den durchschnittlich eher jüngeren TeilnehmerInnen, anderer-seits m.E. aber auch mit der z.T. doch harten körperlichen Arbeit und dem doch nach wie vor vorhandenen, alternativen Image des BWP zu erklären. Dem gegenüber sind StudentInnen und SchülerInnen beim BWP dementsprechend extrem übervertreten. Knapp 27% der beim BWP Engagierten befinden sich noch in einer Ausbil-dung (vgl. Tabelle 3). Nach Bühlmann (1999, S. 43) sind 25% aller noch in der Ausbildung Stehenden freiwillig tätig. Gehen wir davon aus, dass sich ca. 9,5% der Gesamtbevölkerung

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über 18 Jahren in einer Ausbildung befinden (Statistisches Bundesamt 2000, S. 30f), so ent-spricht dies einem Anteil von 16% von allen Freiwilligen.

Stand der Ausbildung der BWP-TeilnehmerInnen im Jahr 2000

171 72.8 73.1

63 26.8 26.9234 99.6 100.0

1 .4235 100.0

Ausbildungabgeschlossennoch in AusbildungGesamt

Gültig

keine AngabeFehlendGesamt

Häufigkeit ProzentGültige

Prozente

Tabelle 3

6.6. Einkommen5 Das auf 40 Arbeitsstunden pro Woche standardisierte Durchschnittsnettoeinkommen der in der Schweiz Beschäftigten beträgt im Jahre 1998 4'500.- CHF pro Monat, dasjenige der in Deutschland Beschäftigten 2'710.- DM (vgl. Tabelle 4). Es zeigt sich, dass das Durch-schnittseinkommen der Erwerbstätigen BWP-TeilnehmerInnen aus beiden Ländern über dem jeweiligen Landesschnitt liegt. Bei den TeilnehmerInnen aus Deutschland ist die Differenz aber deutlicher. Werden hingegen nur die Beschäftigten mit einer Wochenarbeitszeit von 35 – 45 Stunden berücksichtigt, bewegt sich die Differenz in beiden Ländern in einem ähnlichen Rahmen. Tendenziell kann ein leicht überdurchschnittliches Einkommen der BWP-TeilnehmerInnen für beide Länder festgestellt werden, dies vor allem unter der Berücksichti-gung des Altersschnitts, da bekanntlich Alter und Lohnhöhe miteinander korrelieren6.

5 Die Aussagen bezüglich des Einkommens der BWP-TeilnehmerInnen sind mit Vorsicht zu geniessen. Die Fragestellung zielte auf das durchschnittliche Netto-Einkommen pro Monat. Nun wird in der Schweiz aber etwas anderes unter dem Nettolohn verstanden als in Deutschland. Beim Nettolohn handelt es sich zwar in beiden Ländern um den real ausbezahlten Lohn, in Deutschland werden die Steuern und Krankenkassenbeiträge jedoch schon vor der Lohnauszahlung vom Lohn abgezogen, wohingegen diese in der Schweiz noch nicht abgezogen sind. Konkret: Der Nettolohn in Deutschland ist der Lohn nach Steuerabzug, in der Schweiz vor Steuerabzug. Die Angaben sind somit nicht ohne weiteres miteinander vergleichbar und müssen für jedes Land separat be-trachtet werden. 6 Trotzdem ist bei den BWP-TeilnehmerInnen in gewisser Weise eine Statusinkonsistenz festzustellen. Die Bil-dungszertifikate der Freiwilligen beim BWP liegen wie wir in Kapitel 6.4. gesehen haben sehr deutlich über dem Bevölkerungsdurchschnitt, das Durchschnittseinkommen der BWP-Leute liegt hingegen nur sehr leicht über dem durchschnittlichen Einkommen.

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Mittleres Nettoeinkommen der BWP-TeilnehmerInnen im Jahr 2000 im Vergleich zum durchschnittlichen Erwerbseinkommen7

Auf 40 Ar-beitsstunden standardi-sierter durch-schnittlicher monatlicher Bruttolohn

Auf 40 Ar-beitsstunden standardisier-ter durch-schnittlicher monatlicher Nettolohn

Mittelwert des Nettoeinkom-mens aller BWP-Teil-nehmerInnen

Mittelwert des Nettoeinkom-mens der er-werbstätigen BWP-Teil-nehmerInnen

Mittelwert des Nettoeinkom-mens der er-werbstätigen BWP-Teilneh-merInnen mit einer 35 - 45 Stundenwoche

Schweiz

5'104 CHF Ca. 4'500 CHF 4'060.- CHF N: 50

4'570.- CHF N: 35

4'840.- CHF N: 25

Deutsch-land

4'200 DM

2'710 DM 2'830.- DM N: 148

3'410.- DM N: 88

3'330.- DM N: 61

Quelle: Statistisches Bundesamt 2000, S. 48/Bundesamt für Statistik 2001, S. 198 Tabelle 4

6.7. Familiensituation Bei Nadais Untersuchung im Sozialbereich, leben rund 80% der Befragten Freiwilligen in einer festen PartnerInnenschaft. Dies entspricht auch anderen Untersuchungen, bei welchen immer um die 80% Verheiratete unter den Freiwilligen zu finden sind. Aus Tabelle 5 geht hervor, dass die Ledigen beim BWP massiv übervertreten sind, sowohl im Vergleich zu ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung, wie auch zu den Durchschnittswerten, die sie im Allge-meinen bei den Freiwilligen erreichen. Ganz deutlich wird es beim Betrachten der rechten Spalte von Tabelle 5. In dieser Spalte sind nur die 35 - 44jährigen BWP-TeilnehmerInnen bezüglich ihres Zivilstandes berücksichtigt. Nur ein guter Viertel dieser Alterskohorte ist ver-heiratet, wohingegen im Schweizerischen Durchschnitt in dieser Altersklasse 70 % aller Männer und Frauen verheiratet sind (Bundesamt für Statistik 2001). Zudem leben von den 177 Freiwilligen beim BWP welche nicht verheiratet sind nur knapp 40% in einer festen Part-nerInnenschaft (vgl. Tabelle 6). Insgesamt leben somit 46% aller BWP-TeilnehmerInnen in keiner festen Paarbeziehung, was in Bezug auf die Familiensituation auf eine für den Freiwil-ligenbereich sehr untypische Bevölkerungsgruppe verweist.

7 Abbildung 8 & 9 zum monatlichen Nettoeinkommen der TeilnehmerInnen aus der Schweiz und Deutschland nach Lohnkategorien befinden sich im Anhang.

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Zivilstand der BWP-TeilnehmerInnen im Jahr 2000

149 63.4 63.7 47.857 24.3 24.4 26.125 10.6 10.7 26.13 1.3 1.3

234 99.6 100.01 .4

235 100.0 100.00

ledigverheiratetgeschiedenverwitwetGesamt

Gültig

keine AngabeFehlendGesamt

HäufigkeitN: 235 Prozent

GültigeProzente

Prozent nur der Altersgruppeder 35 - 44jährigen

N: 46

Erklärung: Spalte zwei bis vier gilt für alle TeilnehmerInnen, Spalte fünf nur für die 35 - 44jährigen

Tabelle 5

Beziehungssituation bei den BWP-TeilnehmerInnen die nicht verheiratet sind

70 29.8 39.5107 45.5 60.5177 75.3 100.056 23.82 .9

58 24.7235 100.0

feste PartnerInnenschaftkeine feste PartnerInnenschaftGesamt

Gültig

nicht zuteilbar (verheiratet)keine AngabeGesamt

Fehlend

Gesamt

Häufigkeit Prozent Gültige Prozente

Tabelle 6

6.8. Wohn- und Lebenssituation In der Untersuchung von Nadai, haben 86% der Freiwilligen Kinder, 41% sogar mehr als drei, was sehr überdurchschnittlich ist (Nadai 1996 S. 105). Auch bei Wallimann (1993, S. 209) haben immerhin 48 % der befragten Freiwilligen Kinder. Diese Ergebnisse werden durch die Studie von Bühlmann zur Freiwilligenarbeit (1999, S. 43) in der Schweiz bestätigt. Gemäss dieser Studie weisen Paare mit Kindern generell die höchste Beteiligungsquote bei der Frei-willigenarbeit auf. Ganz anders sieht dies beim BWP aus. Durch meine diesbezüglich nicht optimale Fragestellung lässt sich zwar nicht exakt eruieren, wie viele BWP-Freiwillige Kinder haben, da bei den älteren TeilnehmerInnen allfällige Kinder in der Regel nicht mehr zuhause wohnen dürften. Aber aus der Wohnsituation (vgl. Tabelle 7) geht doch hervor, dass nur 15% der Freiwilligen mit einem oder mehreren Kindern zusammenwohnen, und dies ist ein ver-gleichsweise doch sehr niedriger Wert. Was die Wohnverhältnisse generell angeht, entsprechen die BWP-Teilnehmenden auch nicht dem Durchschnitt der schweizerischen oder deutschen Wohnbevölkerung. Beim BWP wohnen nur 11,1 % der Personen in einem Paarhaushalt mit Kindern. Dies ent-spricht ungefähr einem Drittel des Werts dieser Kategorie in der Schweiz und in Deutschland. Sicher hängt auch dies wiederum ein Stück weit mit dem eher tiefen Altersschnitt zusammen, kann aber nicht die Größe der Differenz erklären. Umgekehrt sind beim BWP Personen, wel-che allein, also in einem Einpersonenhaushalt leben, mit gut 33% weit übervertreten. In Deutschland leben 20,3 % aller über 17-jährigen in einem Einpersonenhaushalt (Statistisches

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Bundesamt 2000, S. 26), in der Schweiz sind dies 17,8 % (Bundesamt für Statistik 2001, S. 94). Noch größer ist die Differenz bei den WG-Haushalten. Fast 20 % der BWP-TeilnehmerInnen wohnen in einer WG, was die deutliche Übervertretung der jungen Genera-tion aufzeigt. Einerseits ist diese Wohnform überdurchschnittlich bei Studierenden, anderer-seits auch in einem alternativ angehauchten Milieu generell häufiger anzutreffen. Es kann auch gesagt werden, dass beim BWP nicht unbedingt die als klassisch integriert geltenden Freiwilligen tätig sind, wie dies sonst der Fall ist. 37,8% der BWP-TeilnehmerInnen leben in einer Großstadt mit über 100'000 EinwohnerIn-nen, immer noch 22,7% in einer Kleinstadt mit 20'000 – 100'000 EinwohnerInnen und 12,4 % in der Agglomeration einer Großstadt. Nur 27% der Teilnehmenden wohnen in ländlichen Regionen. Dies zeigt eine doch deutlich überdurchschnittlich urbane Zusammensetzung der BWP-Freiwilligen.

Wohn- und Lebenssituation der BWP-TeilnehmerInnen im Jahr 2000

77 32.8 33.247 20.0 20.346 19.6 19.826 11.1 11.224 10.2 10.39 3.8 3.92 .9 .91 .4 .4

232 98.7 100.03 1.3

235 100.0

alleinmit PartnerInWGmit PartnerIn und Kind(ern)bei Eltern/Elternteilmit Kind(ern) ohne PartnerInanderesbei Bekannten/VerwandtenGesamt

Gültig

keine AngabeFehlendGesamt

Häufigkeit ProzentGültige

Prozente

Tabelle 7

6.9. Soziales Milieu Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass die Integration einer Person einen Zusam-menhang mit ihrem freiwilligen Engagement hat (vgl. u.a. Bühlmann 1999, S.42). Begünsti-gend wirkt sich eine Integration in einer sozialen Gemeinschaft wie z.B. der Kirche oder einer Gewerkschaft aus. Nadai kritisiert aber, dass im deutschsprachigen Raum die Frage nach dem Zusammenhang zwischen religiöser Überzeugung und sozialem Engagement noch praktisch nicht geklärt sei (vgl. Nadai 1996, S. 111). Es gibt nur den Erklärungsansatz von Winkler (vgl. Kapitel 6.10.), der aber bei der Frage nach der Konfessionalität stehen bleibt. Ganz we-sentlich ist die Verwurzelung in einem sozialen Milieu, in dem freiwilliges Engagement eine Selbstverständlichkeit darstellt. Die Sozialisation spielt eine große Rolle; waren die Eltern schon freiwillig engagiert, sind es in den meisten Fällen die Kinder auch. Bei 48% der BWP-Freiwilligen waren mindestens die Mutter oder der Vater schon freiwillig aktiv. Dieser Anteil steigt sogar noch auf über 55%, wenn die BWP-TeilnehmerInnen neben ihrem Engagement beim BWP noch in einer anderen Organisation bzw. einem anderen Verein freiwillig aktiv sind. Im Weiteren besteht eine signifikante Korrelation zwischen den Eltern und ihren Kin-dern in Bezug auf die Anzahl freiwillig geleisteter Stunden pro Woche. Je intensiver das En-gagement mindestes eines Elternteils ausfällt, um so intensiver ist auch dasjenige der Töchter und Söhne.

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6.10. Konfession Beim BWP überwiegen die protestantischen TeilnehmerInnen gegenüber den KatholikInnen deutlich (vgl. Tabelle 8). Der Anteil der beiden Konfessionen beträgt bei der Wohnbevölke-rung in Deutschland jeweils ca. 33 % (Statistisches Bundesamt 2000, S. 24), bei den BWP-TeilnehmerInnen aus Deutschland ist aber eine Differenz von 15% auszumachen (vgl. Tabelle 27 & 28 im Anhang). Bei den Teilnehmenden aus der Schweiz ist ebenfalls eine Differenz von gut 10 % zwischen den beiden Konfessionen auszumachen, was auch in diesem Fall nicht der Verteilung in der Wohnbevölkerung entspricht (40% ProtestantInnen und 46,1% Katholi-kInnen) (Bundesamt für Statistik 2001, S. 723). Es ist zwar zu berücksichtigen, dass die Zah-len der offiziellen Statistik die Religionszugehörigkeit der gesamten Wohnbevölkerung an-gibt, was die ausländischen BürgerInnen mit einschließt (sowohl in Deutschland wie auch in der Schweiz ist der Anteil der KatholikInnen bei der ausländischen Bevölkerung wesentlich höher als der Anteil ProtestantInnen), aber auch unter diesem Korrekturfaktor sind die Perso-nen mit protestantischem Glauben in den BWP-Projekten eindeutig stärker vertreten.8

Konfession aller BWP-TeilnehmerInnen im Jahr 2000

61 26.0 26.485 36.2 36.86 2.6 2.6

79 33.6 34.2231 98.3 100.0

4 1.7235 100.0

katholischevangelischandere ReligionkonfessionslosGesamt

Gültig

keine AngabeFehlendGesamt

Häufigkeit ProzentGültige

Prozente

Tabelle 8

Sehr auffallend ist der außergewöhnlich hohe Anteil der Konfessionslosen, welche beim BWP teilnehmen. Mit 38,4 % der deutschen und 19,3 % der schweizerischen TeilnehmerInnen lie-gen diese Anteile weit über den Anteilen der Konfessionslosen der jeweiligen Wohnbevölke-rung der beiden Länder. In Deutschland bewegt sich der Anteil der sich als konfessionslos Bezeichnenden bei knapp 27 %, in der Schweiz bei 7,4 %. Die Differenz liegt also bei je gut 10 %. Auch hier sind die Zahlen aber mit Vorsicht zu geniesen. Zum einen sind auch die Kon-fessionslosen bzw. Nichtgläubigen in einem christlich geprägten Umfeld aufgewachsen und entsprechend den protestantischen oder katholischen Werten sozialisiert worden. Einerseits ist

8 In diesem Zusammenhang erscheint es mir nicht uninteressant, dass Winkler (1994 S. 132) in seinen Untersu-chungen zur Freiwilligenarbeit eine überproportionale Vertretung von ProtestantInnen im Freiwilligenbereich festgestellt hat. Jakob (1993, S. 22), wie auch Nadai (1996, S. 26) kritisieren zwar m.E. zurecht, sowohl die Untersuchungsanlage von Winkler als empirisch eingeschränkt – Winkler untersuchte einseitig Personen, welche ein prestigeträchtiges Amt innehaben – und damit als zu wenig aussagekräftig, als auch seine dadurch unzulässi-gen Generalisierungen. Ebenfalls kritisiert Nadai die schon fast kausale Verbindung von einer protestantischen Ethik mit einem gesellschaftlichen Engagement im Sinne einer Freiwilligentätigkeit (vgl. auch Fussnote Nr. 2 in Kapitel 5.2.4.). Gerade weil es sich bei die Arbeit beim BWP aber viel eher um eine Basisarbeit und nicht um ein Ehrenamt handelt (vgl. hierzu Nadais Unterscheidung von Basisarbeit und Ehrenamt im Kapitel 5.2.3.) erscheint mir die überproportionale Vertretung der ProtestantInnen aber eine interessante Feststellung, welcher gerade unter Berücksichtigung der Kritik von Nadai und Jakob an Winklers Thesen doch Beachtung zu schenken ist. Im Widerspruch hierzu kann man die Ergebnisse der Untersuchung von Lang (1999, S. 62) zur Freiwilligenarbeit bei den Schweizerischen Landeskirchen interpretieren. Gemäss Lang ist das altruistische Motiv bei KatholikIn-nen stärker vertreten als bei ProtestantInnen, bei welchen der persönliche Nutzen tendenziell im Vordergrund stehe. In spezifisch katholischen Milieus würde das 'Helfen' resp. Freiwilligenarbeit oft als Verpflichtung und Verantwortung gesehen.

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dabei die Sozialisation in unserer christlich geprägten Gesellschaft auf der Gesellschaftsebene gemeint und andererseits läuft diese auch auf der Interaktionsebene im persönlichen sozialen Umfeld (Familie, FreundInnenkreis usw.) ab (vgl. Hurrelmann 1998, S. 105). Zu berücksich-tigen ist ferner, dass nicht alle TeilnehmerInnen, die sich als konfessionslos bezeichnen, A-theistInnen oder zumindest AgnostikerInnen sind. Denn von den 79 Befragten, welche sich als konfessionslos bezeichnen, glauben nur 21 überhaupt nicht. Anders gesagt: Fast Dreivier-tel der Konfessionslosen bezeichnen sich doch zumindest als ein wenig gläubig (vgl. Tabelle 9). Im Vergleich zu der gesamten Stichprobe ist die Abweichung des Mittelwertes der Gruppe der Konfessionslosen nicht sehr ausgeprägt (vgl. Tabelle Nr. 29 im Anhang A). Unter den Konfessionslosen befinden sich somit auch sehr viele Personen, die einen von den traditionel-len Religionen losgelösten, transzendentalen Glauben haben.

Gläubigkeit der Konfessionslosen

7 8.9 8.9 8.920 25.3 25.3 34.231 39.2 39.2 73.421 26.6 26.6 100.079 100.0 100.0

sehr starkstarkweniger starkgar nichtGesamt

GültigHäufigkeit Prozent

GültigeProzente

KumulierteProzente

Tabelle 9

6.11. Herkunft Die Studie ist nur für den deutschsprachigen Raum aussagekräftig. Da der Fragebogen in deutscher Sprache gehalten ist, war es TeilnehmerInnen aus dem Nicht-deutschsprachigen Raum nur bedingt möglich, diesen auszufüllen. Da sich die Projektorte aber fast ausschliess-lich in der Schweiz und in Deutschland befinden (nur zwei befinden sich in Österreich), er-scheint es auch logisch, dass die grosse Mehrheit der TeilnehmerInnen aus diesen beiden Ländern kommt (vgl. Tabelle 10).

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Nationalität der BWP-TeilnehmerInnen im Jahr 2000

57 24.3 24.4161 68.5 68.8

7 3.0 3.09 3.8 3.8

234 99.6 100.01 .4

235 100.0

SchweizerInDeutscheRÖsterreicherInanderes LandGesamt

Gültig

keine AngabeFehlendGesamt

Häufigkeit ProzentGültige

Prozente

Tabelle 10

Ein Vergleich des freiwilligen Engagements in acht europäischen Ländern (der im Rahmen der Studie „Ein neues bürgerschaftliches Europa" 1995 durchgeführt wurde) ergab, dass Deutschland mit einem Anteil von 16% der Bevölkerung der sich freiwillig engagiert, an drittletzter Stelle liegt. Nur in Bulgarien (14%) und in der Slowakei (11%) sind die Anteile geringer. An der Spitze liegen die Niederlande (34%) und Schweden (32%), d.h. Staaten, die über Jahrzehnte hinweg für ihren hohen Standard an Sozialleistungen bekannt sind, was nicht zwingend zu erwarten wäre. Die Schweiz liegt mit gut 26% in der oberen Hälfte (Bühlmann 1999, S. 7).

7. Motivation und Handlungsmuster bei BWP-TeilnehmerInnen Nachdem wir in Kapitel 5 die Theorien von Nadai und Jakob kennengelernt haben, stellt die-ses Kapitel den Versuch dar, die Motivations- und Handlungsmuster der BWP-TeilnehmerInnen primär anhand der Theorie von Nadai auszuwerten. Die Auswertung anhand dieser Theorie stellt ein Experiment dar. Sowohl bei der Untersuchung von Nadai wie auch bei derjenigen von Jakob, handelt es sich um eine qualitative Untersuchung, welche anhand von narrativen Interviews durchgeführt wurde. Die vorliegende Arbeit beruht aber auf einer quantitativen Befragung. Bei der Kategorienbildung versuchte ich möglichst alle Kriterien von Nadai miteinzubeziehen. Trotzdem sollten die Ergebnisse mit einer gewissen Vorsicht genossen und viel eher als Tendenzen gelesen werden. Denn die Übertragung von Theorien, welche aufgrund von Untersuchungen im Sozialbereich entstanden sind, auf den Freiwilligen-bereich im Umweltsektor stellt gleichsam ein weiteres Wagnis dar. Im Weiteren werde ich die Begriffe 'Gemeinsinn' und 'Eigennutz', wie sie von Nadai eingeführt wurden, gebrauchen, und diese auch für die Auswertung anhand der Theorie von Jakob synonym für 'Dienst' und 'Selbstbezug' verwenden.

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7.1. Gemeinsinn versus Eigennutz Die Auswertung der offen gestellten Frage nach der primären Motivation zur Teilnahme beim BWP führte zu folgender Kategorienbildung (vgl. Tabelle 11).

primäre Motivation der Teilnahme beim Bergwaldprojekt

46 19.8 Gemeinsinn HelferIn35 15.1 Gemeinsinn Engagement23 9.9 Eigennutz Kompensation21 9.1 Eigennutz Integration18 7.8 Eigennutz Integration

16 6.9 Eigennutz nicht zuordenbar

13 5.6 Eigennutz Kompensation11 4.7 Eigennutz Integration8 3.4 Gemeinsinn Elite7 3.0 Eigennutz Kompensation

7 3.0 Eigennutz Integration

6 2.6 Eigennutz Integration

6 2.6 nichtzuordenbar nicht zuordenbar

4 1.7 Eigennutz Kompensation

4 1.7 nichtzuordenbar nicht zuordenbar

3 1.3 Eigennutz Kompensation

3 1.3 nichtzuordenbar nicht zuordenbar

1 .4 nichtzuordenbar Gesellschaftsethos

232 100.03

235

1. etwas für die Natur/Umwelt tun2. etwas Sinnvolles tun3. körperlich arbeiten/in der Natur arbeiten4. Natur/Wald erleben5. draussen/in den Bergen/in der Natur sein6. etwas über den Wald/das ÖkosystemWald lernen7. Ausgleich zum Alltag8. unter Gleichgesinnten sein9. Naturerhaltung10. etwas Gutes für mich selbst tun11. etwas erleben/eine schöne Zeitverbringen/Spass haben12. Leute kennen lernen13. Praktikum/Zivildienst

14. Wissbegierde/Neugierde14. andere Gründe

16. persönliche Neuorientierung16. durch eine andere Person

18. Wissen weitergeben

Gesamt

Gültig

keine AngabeFehlendGesamt

HäufigkeitGültigeProzent

Gemeinsinnversus

Eigennutz

Motivations- undHandlungstyp nach

Nadai

Tabelle 11

In der zweiten Spalte von rechts habe ich gemäss der Theorie von Jakob die Motive in die beiden Kategorien 'Gemeinsinn' und 'Eigennutz' eingeteilt. Die beiden vermeintlich altruisti-schen oder an einem Gemeinsinn orientierten Motive „etwas für die Natur/die Umwelt tun“ und „etwas sinnvolles tun“ wurden zwar weitaus am häufigsten genannt, insgesamt spielten jedoch jene Motive die wichtigste Rolle, die auf einen Eigennutz abstellen. Die folgenden vier Motive haben alle mit der Natur, dem Wald und dem Aufenthalt in der Natur bzw. dem Wald zu tun. Hier zeigt sich schon, dass es sich hier um Motive handelt, welche logischerweise spe-ziell mit dem Engagement im BWP zu tun haben und bei der Freiwilligenarbeit im Sozialbe-reich nicht vorzufinden sind. Als erstes möchte ich anhand der Theorie von Jakob eine erste einfache Auswertung vornehmen. Zusammengefasst ergibt sich ein Verhältnis zwischen den Kategorien 'Gemeinsinn' und 'Eigennutz', wie es sich in Abbildung 4 dargestellt.

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Die primäre Motivation zur Teilnahme beim BWP

Gemeinsinn versus Eigennutz

N: 232

6.0%

38.4%55.6%

nicht zuzuordnen

GemeinsinnEigennutz

Abbildung 4

Bei der Auswertung nach den Kriterien von Jakob zeigt sich bei den BWP-TeilnehmerInnen eindeutig das Überwiegen der eigennützigen Motive. Mit gut 55% liegen diese deutlich vor den an einem Gemeinsinn orientierten Motiven, welche nur gut 38% ausmachen. Die nach wie vor weit verbreitete Meinung, Freiwilligenarbeit würde vor allem von denjenigen Men-schen mit einem besonders intensiven Bezug zum Gemeinsinn geleistet (eben einem Pflicht-bewusstsein auch im Sinne des ethischen Protestantismus, wie ihn Winkler nach wie vor als generatives Moment für freiwilliges Engagement sieht), trifft also zumindest für die Freiwilli-gen, welche im BWP Arbeit leisten, nicht zu. Wichtig festzuhalten, ist aber, dass sowohl die einen wie auch die anderen aus ihrem freiwilligen Engagement eine Sinnorientierung bezie-hen.

7.2. Differenzierte Auswertung nach der Theorie von Nadai Wie wir gesehen haben, kritisiert Nadai die oben vorgenommene Einteilung von Jakob als unzulänglich und reduktionistisch (vgl. Kapitel 5.2.). Aus diesem Grund, und da ich ebenfalls der Meinung bin, die Ausdifferenzierung von Nadai nach je drei Motivations- und Hand-lungsmuster sei weitaus differenzierter, werde ich im Folgenden eine detailliertere Auswer-tung anhand der Theorie von Nadai durchführen. Frage Nr. 6 im Fragebogen war nun dazu gedacht, herauszufinden, welchem Motivationstyp der/die TeilnehmerIn am ehesten zuzuord-nen ist. Es waren zwölf Beweggründe vorgegeben, die in einer Rangfolge von 1 bis 12 bewer-tet werden sollten, wobei von den Befragten der prioritärste Beweggrund mit 1 und der am wenigsten zutreffende Beweggrund mit 12 bezeichnet werden musste. Die Mittelwerte der 12

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Gründe sind in Tabelle 12 dargestellt. Je tiefer der Mittelwert eines Beweggrundes, desto wichtiger gilt dieser in der Summe aller Freiwilligen des BWP. Da die Frage nach der 'primä-ren Motivation' schon in Frage Nr. 5, vor der Frage mit den 12 Beweggründen gestellt wurde und im Fragebogen auch auf der vorhergehenden Seite positioniert war (vgl. Fragebogen An-hang B), darf davon ausgegangen werden, dass die Frage nach den primären Motiven relativ unabhängig von der Frage nach den Beweggründen beantwortet wurde. Setzen wir die Unab-hängigkeit als gegeben voraus, so zeigt sich beim Quervergleich der beiden Fragen, dass sich in den Antworten kein Widerspruch auftut.

Mittelwerte der zwölf Beweggründe beim BWP mitzumachen

217 3.86 nicht zuordenbar217 4.27 Engagierte217 4.35 HelferIn217 4.76 Integration217 5.22 Kompensation217 5.82 Integration217 6.37 Kompensation217 6.49 Kompensation217 8.08 Gesellschaftsethos217 8.82 nicht zuordenbar217 9.29 Gesellschaftsethos217 10.59 Gesellschaftsethos

über den Wald lernensinnvolle Arbeitdem Wald helfenin der Natur/den Bergen seinHorizont erweiternMenschen kennen lernenFachwissen erwerbenAusgleich zum Alltaggesellschaftliche Notwendigkeitpositive Rückwirkungen auf den BerufVerständnis für soziale ZusammenhängeVerständnis für politische Zusammenhänge

N MittelwertMotivations- oder Handlungstyp

nach Nadai

Erklärung: Die Beweggründe welche keinem Motivations- oder Handlungstypus zugeordnet sind, sindnicht eindeutig zuordenbar. Dem Handlungstypus Elite lässt sich kein Beweggrund zuordnen.

Tabelle 12

Ich habe gemäss der Theorie von Nadai eine Zuordnung der 12 Motive zu einem Motivations- oder einem Handlungstypus vorgenommen. Die zwei Beweggründe „über den Wald lernen“ und „positive Rückwirkungen auf den Beruf“ lassen sich nicht eindeutig zuordnen. Die Kate-gorie „über den Wald lernen“ kann zwar schon am ehesten im Sinne eines Lern- und Wis-sensbedürfnis des/der Freiwilligen interpretiert, und so - gemäss Nadai - als ein Motiv zur Kompensation von Defiziten definiert werden. Auf der anderen Seite kann diese Kategorie aber auch ganz im Sinne der Grundintention des BWP verstanden werden. Was das BWP nämlich von einer gewöhnlichen anderen sozialen Institution, in deren Rahmen sich Freiwilli-ge engagieren, unterscheidet, ist der klar pädagogische Anspruch des BWP. Die Teilnehme-rInnen sollen in erster Linie etwas über den Wald, sein Funktionieren und ganz generell über das Funktionieren des Ökosystems lernen und erst in zweiter Linie konkret im Wald arbeiten. Anders formuliert, liegt der pädagogische Ansatz des BWP darin, einen Lerneffekt mittels der konkreten Arbeit an der Sache zu erreichen. Wenn das Motiv „etwas über den Wald lernen“ nun also den besten Mittelwert aufweist, lässt sich dies, wie erwähnt, anhand der Theorie von Nadai, oder eben auch im Sinne des BWP interpretieren. Es wäre somit verfehlt, dieses Motiv automatisch dem Motivationsmuster Kompensation zuzuordnen.

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Exkurs: Erfolg des BWPs Als kleiner Hinweis dafür, dass der pädagogische Anspruch des BWP mit hoher Wahrschein-lichkeit erfolgreich ist, kann der Beweggrund „dem Wald helfen“ herangezogen werden. Je öfter einE FreiwilligE an einem BWP-Projekt teilnimmt, desto weniger wichtig wird das Mo-tiv „ich möchte dem Wald helfen“. In Abbildung 5 ist ersichtlich, wie der Mittelwert schon bei der zweiten Teilnahme an einer Projektwoche nur noch 5.27 gegenüber 3.68 bei der ersten Teilnahme beträgt. Bei Freiwilligen, welche mindestes das zehnte Mal teilnehmen, sackt der Mittelwert der Variabel „Ich möchte dem Wald helfen“ dann auf 7.71 ab. Es besteht somit eine signifikante Korrelation zwischen der Anzahl der absolvierten Projektwochen und der Einsicht, dass das bisschen Arbeit was die Freiwilligen im Schutzwald verrichten, definitiv keinen Einfluss auf den Gesundheitszustand des Waldes hat. Als Beweis, dass sich die Mei-nung durch die Teilnahme beim BWP wirklich ändert, kann diese Korrelation freilich nicht herhalten. Hierfür reicht diese Querschnittsanalyse nicht aus. Um die Veränderung der Mei-nung einer Person feststellen zu können, müsste eine Längsschnittsanalyse gemacht werden. Das heisst konkret: es müssten die TeilnehmerInnen des BWP vor und nach einer BWP-Woche befragt werden. Es besteht ja die Möglichkeit, dass sich längerfristig nur Freiwillige an BWP-Wochen beteiligen, die eben schon von vorneherein die Meinung vertreten, Freiwil-ligenarbeit im Wald diene letztlich dem Menschen und nicht dem Wald.

Entwicklung der Bedeutung des Teilnahmemotivs

"Ich möche dem Wald helfen"

Korrelationskoeffizient 0.274

Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.

Anzahl Teilnahmen

10 & mehr Teilnahmen6. Teilnahme

5. Teilnahme4. Teilnahme

3. Teilnahme2. Teilnahme

1. Teilnahme

Mitt

elw

ert

121110

9876543210

1211109876543210

Abbildung 5

In der Häufigkeitstabelle (Tabelle 13) sind die Bewertungen der zwölf Beweggründe im Ein-zelnen ersichtlich. Als erstes fällt auf, dass mit 27 Nennungen nicht der Beweggrund „über den Wald lernen“ der den besten Mittelwert aufweist (vgl. Tabelle 12), sondern mit 47 Nen-nungen die Kategorie „sinnvolle Arbeit„ weitaus häufiger mit einer 1 bewertet wurde. Die

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Verteilung der 12 Beweggründe auf die erste Nennung ergibt ein ähnliches Bild wie die Aus-wertung der Frage nach der prioritären Motivation (vgl. Tabelle 11). Es zeigt sich - wie auch schon von Nadai ( 1996, S. 130) erwähnt - dass die Freiwilligen von allen möglichen Motiven jeweils gleichzeitig mehrere für sich in Anspruch nehmen.

Bewertungen Beweggrund 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12.

über den Wald lernen Anzahl

Nennungen 27 44 38 38 24 19 9 9 5 2 1 1

sinnvolle Arbeit Anzahl Nennungen

47 34 28 18 18 15 19 17 10 6 4 1

dem Wald helfen Anzahl Nennungen

42 42 30 16 21 11 14 10 11 10 4 6

in der Natur/den Ber-gen sein

Anzahl Nennungen

37 23 28 24 27 18 13 18 13 7 4 5

Horizont erweitern Anzahl Nennungen

17 14 25 32 28 38 27 16 7 8 3 2

Menschen kennen lernen

Anzahl Nennungen

10 9 23 35 29 24 27 25 15 11 6 3

Fachwissen erwerben Anzahl Nennungen

12 16 17 18 18 22 33 25 25 13 9 9

Ausgleich zum Alltag Anzahl Nennungen

13 23 15 14 17 28 16 24 24 13 14 16

gesellschaftliche Notwendigkeit

Anzahl Nennungen

9 4 6 6 16 18 22 22 29 37 30 18

positive Rückwirkun-gen auf den Beruf

Anzahl Nennungen

2 6 5 10 10 11 19 19 29 33 24 49

Verständnis für soziale Zusammen- hänge

Anzahl Nennungen

1 2 2 5 4 8 13 21 37 51 61 12

Verständnis für poli-tische Zusammen-hänge

Anzahl Nennungen

1 1 6 5 5 12 12 26 57 92

N: 217 Tabelle 13

7.3. Die Motivation der BWP-TeilnehmerInnen Fassen wir die zwei Beweggründe der 'Integration' („in der Natur/den Bergen sein“ und „Menschen kennen lernen“), die drei der 'Kompensation' („Horizont erweitern“, „Fachwissen erwerben“ und „Ausgleich zum Alltag“) sowie die drei des 'Gesellschaftsethos' („gesellschaft-liche Notwendigkeit“, „Verständnis für soziale Zusammenhänge“ und „Verständnis für politi-sche Zusammenhänge“) zusammen und bilden daraus wiederum einen Mittelwert (vgl. Tabel-le 14, erste Zeile), so wird ersichtlich, dass der Motivationstyp 'Integration' leicht vor dem Typus der 'Kompensation' und beide deutlich vor dem des 'Gesellschaftsethos' liegen. Be-zeichnen wir die Motivationstypen 'Integration' und 'Kompensation' als diejenigen mit einem starken Eigennutzen und den Typus Gesellschaftsethos als denjenigen, welcher dem Gemein-sinn entspricht, so wird das Ergebnis wie es sich in Abbildung 4 in Kapitel 7.1. darstellt voll bestätigt. Bei den Freiwilligen des BWP steht somit der Eigennutzen eindeutig im Vorder-grund. Dies stellt eine leichte Abweichung zu den Ergebnissen von Nadai dar, welche in ihrer Untersuchung zwar auch primär ein am Eigennutzen orientiertes, gegenüber dem Gemeinsinn

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überwiegendes freiwilliges Engagement feststellte, das Ausmaß der Differenz ist aber nicht so groß wie bei den Ergebnissen der BWP-Umfrage. Auch hier ist bei der Interpretation eine gewisse Vorsicht angebracht. Das BWP wird von vielen Freiwilligen zunehmend auch als eine Ferienwoche wahrgenommen, in der quasi ne-benher auch noch gearbeitet wird und man auch noch etwas Wissen vermittelt bekommt. Ein Zeichen hierfür ist die doch beachtliche Bereitschaft der Teilnehmenden einen finanziellen Beitrag an das Projekt zu leisten. Immerhin knapp ein Drittel der TeilnehmerInnen wären the-oretisch bereit, eine Art Teilnahmegebühr von im Schnitt gut 110 DM/CHF zu bezahlen. Zu-sätzlich kann das Motiv „Ich möchte ein paar Tage in den Bergen/in der Natur verbringen“ ohne weiteres auch als das Bedürfnis, ein bisschen Ferien in den schweizerischen oder bayri-schen Alpen zu machen, interpretiert werden und nicht umsonst ist dieses Motiv dem Motiva-tionstypus „Integration“ zugeordnet worden, welcher durchaus auch hedonistische Elemente enthält.

7.4 Motivationstypen nach soziodemographischen Gesichtspunkten Wie sieht nun das Verhältnis der drei Motivationstypen aus, wenn wir das Sample nach so-ziodemographischen Gesichtspunkten aufteilen? Insgesamt sind die Abweichungen zwischen den soziodemographischen Variablen eher gering (vgl. Tabelle 14). Beim Alter sind noch die deutlichsten Abweichungen festzustellen. Der Integrationstypus ist bei den Älteren sehr schwach vertreten. Vor allem bei der Alterskohorte der 50 – 59jährigen scheint weniger das Bedürfnis zu bestehen, das freiwillige Engagement mit dem Lustvollen und Gemeinschaftlichen verbinden zu können, als vielmehr die Einstel-lung etwas fürs Gemeinwohl, für die Gesellschaft zu tun, vorzuherrschen. Die Altersgruppe der 50 – 59jährigen ist somit neben der Gruppe der Alleinerziehenden auch die einzige, bei der der Kompensationstypus stärker als der Integrationstypus vertreten ist. Auch scheinen die Älteren, vor allem die über 60jährigen kein Bedürfnis zu verspüren, irgend etwas kompensie-ren zu müssen. Ganz im Gegensatz hierzu sind die Beweggründe der Jüngeren, speziell der 30 – 39jährigen, welche ganz besonders nach dem hedonistischen Integrationstypus vorgehen. Spaß haben und andere Leute kennen lernen sind hier das Motto. Interessant - aber eigentlich nicht überraschend - ist das Bild beim Typus des Gesellschafts-ethos im Altersvergleich. Die Verpflichtung, etwas für die Allgemeinheit zu tun, nimmt mit dem Alter linear zu. Zwischen den Geschlechtern ist hingegen praktisch keine Differenz in Bezug auf die Motivationsstruktur festzustellen. Ebenso ergibt sich keine Diskrepanz zwi-schen den vier Bildungskategorien. Dass die TeilnehmerInnen ohne feste PartnerInnenschaft stärker zum Integrationstypus neigen, als diejenigen, die in einer festen Bindung leben, kann auch nicht weiter überraschen, da ja unter dem Integrationstypus auch die Kategorie „Men-schen kennen lernen“ subsumiert ist. Interessant erscheint mir die unterdurchschnittliche Vertretung des Gedankenguts des Gesell-schaftsethos innerhalb der Kategorie derjenigen, welche noch bei ihren Eltern zuhause woh-nen, was doch zur Interpretation verleiten könnte, dass diese Gruppe eher weniger Interesse an gesellschaftlichem Engagement zeigt und aus diesem Grund auch eher noch bequem bei den Eltern wohnt. Bei BWP-TeilnehmerInnen wiederum, die sich in einer sogenannt traditio-nellen Familienkonstellation (Paarbeziehung mit Kindern) befinden, scheinen die Motive des Integrationstypus eine untergeordnete Rolle und diejenigen des Gesellschaftsethos eine über-geordnete Rolle zu spielen. Beim Wohnort fällt auf, dass der Typus Gesellschaftsethos bei Freiwilligen aus einer Großstadt am schlechtesten vertreten ist, was angesichts einer urbane-ren und somit auch individuelleren Lebensweise auch kein überraschendes Ergebnis ist. Inte-ressant ist die lineare Zunahme der Bedeutung des Integrationstypus mit der Zunahme der Größe des Wohnortes.

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Zusammenfassung der einzelnen Beweggründe aus Tabelle 12 zu den drei Motivationstypen

(Skala 1 – 12, 1 = höchste Priorität, 12 = niedrigste Priorität)

Kategorie Mittelwert Motivationstyp

Integration Kompensation Gesellschaftsethos Gesamtes Sample N: 217 5.29 6.03 9.32 Alter 17 - 29-jährige 5.3 6.07 9,73 30 - 39-jährige 4.55 5.85 9.58 40 - 49-jährige 5.66 6.01 8.56 50 – 59-jährige 6.43 5.97 8.88 60-jährige und Ältere 5.8 6.71 8.76 Geschlecht Frauen 5.32 6.09 9.45 Männer 5.25 5.97 9.19 Bildung Sekundarstufe II: beruflich 5.27 6.22 9.34 Sekundarstufe II: allgemein 5.53 6.1 9.6 Tertiärstufe: beruflich 5.69 5.85 9.08 Tertiärstufe: universitär 5.05 6.07 9.36 Soziale Stellung Angestellte und ArbeiterInnen 5.43 5.98 9.27 mittlere Angestellte 5.13 5.74 9.37 Kader 3.93 5.67 9.29 Selbständige 4.94 5.96 9.79 nicht Erwerbstätige: (RentnerInnen, Arbeitslose, Hausfrauen/-männer)

5.75 6.51 8.91

in Ausbildung 5.19 6.14 9.46 Wohnform allein 5.12 5.94 9.39 bei den Eltern 4.98 6.04 9.93 mit PartnerIn 5.62 6.21 9.19 mit PartnerIn und Kids 5.74 6.21 8.88 mit Kids ohne PartnerIn 5.67 5.26 9.33 Wohngemeinschaft 5.06 6.06 9.32 Wohnort Grosstadt (20'000 – 100'000) 4.98 5.86 9.65 Kleinstadt (bis 20'000) 5.27 6.46 8.88 Agglomeration 5.38 6.01 9.38 ländlich 5.67 5.92 9.18 in einer PartnerInnenschaft lebend 5.58 6.13 9.16 ohne feste PartnerInnenschaft lebend 4.91 5.91 9.51 Legende: fett sind die Mittelwert mit einer Abweichung von +/- 0.4 Punkte vom Gesamtsample

Tabelle 14

7.5. Vergleich der Motivstruktur zwischen dem BWP und der Studie Nadai Als wesentlichstes, markantes Ergebnis dieser Analyse lässt sich sagen, dass die Motivstruk-tur der Freiwilligen beim BWP nicht dem Muster der Freiwilligen, welche Nadai im Sozialbe-reich festgestellt hat, entspricht. Dies lässt natürlich verschiedene Interpretationen und Erklä-rungen zu, eine abschließend Aussage lässt sich aber nicht machen. Die meiner Ansicht nach naheliegenste Antwort ist die, dass im Sozialbereich in der Regel andere Leute freiwillig tätig sind als diejenigen welche für eine Woche im BWP teilnehmen. Diese These wird noch da-

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durch gestützt, dass der Motivationstyp des 'Gesellschaftsethos' bei den BWP-TeilnehmerInnen massiv untervertreten ist. Ein nicht zu unterschätzender Punkt ist in diesem Zusammenhang die von Nadai gemachte Unterscheidung zwischen Basisarbeit und Ehrenamt (vgl. Kapitel 5.2.3.). Bei Nadai finden sich diejenigen Freiwilligen, welche eine freiwillige Tätigkeit verrichten, die eben auch Ansehen und einen gewissen Statusgewinn in der Gesell-schaft mit sich bringt, also gleichsam im Sinne Nadais ein Ehrenamt ausüben, im Motivati-onstyp 'Gesellschaftsethos' wieder. Nicht zufällig ist der Typus 'Gesellschaftsethos' bei den Freiwilligen beim BWP massiv untervertreten, da die Arbeit beim BWP eine klassisch aus-führende ist. Die Arbeiten werden gemäss der Anleitung der/des ProjektleiterIn des BWP oder gegebenenfalls des/der lokalen Försters/Försterin ausgeführt. Nur die GruppenleiterInnen ste-hen in einem gewissen Sinne dem Ehrenamt etwas näher als die sogenannt gewöhnlichen TeilnehmerInnen. Aber auch sie führen die Arbeiten nach Anweisung von forstqualifizierter Seite aus. Dementsprechend liegt der Mittelwert des Typus 'Gesellschaftsethos' bei den Grup-penleiterInnen auch 0.5 Punkte tiefer als bei den anderen TeilnehmerInnen. Auch beim Typus 'Kompensation', welcher gemäss Nadai sowohl die ehrenamtlichen Tätigkeiten wie auch die Basisarbeiten umfasst, liegt der Mittelwert bei den GruppenleiterInnen sogar um 0.9 punkte tiefer. Ganz im Gegensatz zu Nadai steht beim BWP z.B. die Kategorie der Nicht-Erwerbstätigen, welche Nadai primär im Kompensationstypus verortet. Bei meiner Untersuchung, spielen aber in dieser Kategorie die kompensatorischen Motive eine eindeutig untergeordnete Rolle. Eine weitere Differenz ist bei der soziodemographischen Variable Bildung festzustellen. Bei Nadai sind die Typen Kompensation und Gesellschaftsethos bei Personen mit hoher Bildung stärker vertreten als der Integrationstypus. Diese Differenz lässt sich mit den Ergebnissen die-ser Untersuchung nicht bestätigen. Bildung scheint bei den BWP-TeilnehmerInnen keinen Einfluss auf die Motive zu haben, außer dass - wie wir bereits in Kapitel 6.4. festgestellt ha-ben - Personen mit tertiärer Bildung beim BWP, auch im Vergleich zu anderen Institutionen, in welchen Freiwilligenarbeit geleistet wird, massiv übervertreten sind.

7.6. Zusammenhang Motivations- und Handlungstyp Die Zuordnung jeder einzelnen Person zu einem bestimmten Motivations- sowie einem Hand-lungstyp ist durch die von mir gewählte Form der Forschungsanlage, d.h. konkret durch die Wahl der kombinierten Frageform in meinem Fragebogen nicht möglich. Dies erscheint mir aber auch nicht sinnvoll, zumal die individuelle Motivstruktur ja immer auch eine breite Fa-cette von Motiven und Handlungsmustern abbildet. Trotzdem ergeben sich aber Tendenzen, welche ich hier aufzeigen will. Die Grundlage für die Motivationstypen in Tabelle 15 ist die gleiche wie in Tabelle 12. Die Zuteilung der drei Handlungstypen lässt sich anhand von Tabelle 11 nachvollziehen. Ganz grob finden wir bei der Zuordnung der Handlungsmuster zu den Motivationen zumindest in der Grundanlage eine ähnliche Verteilung wie bei Nadai (1996, S. 130). Die als HelferInnen Handelnden machen dies primär aus dem Bedürfnis nach sozialer Integration und erst sekun-där aus dem Bedürfnis nach Kompensation. Und umgekehrt formuliert, handeln die aus einem Integrationsbedürfnis heraus Motivierten in erster Linie als HelferInnen und erst in zweiter Linie als Engagierte.

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Vergleich der Mittelwerte in der selektiven Zuordnung Motivation/Handlung Handlungsmuster (Kategorien aus Frage Nr.5)

Motivation (Kategorien gemäss Antworten aus Frage Nr. 6)

HelferIn (etwas für die Na-tur/Umwelt tun)

Engagierte (etwas sinnvolles tun)

Elite (Naturerhaltung)

Integration 5.76 6.19 7.25 Kompensation 6.94 6.30 6.96 Gesellschaftsethos 9.17 8.78 7.92

Tabelle 15

Anders als bei Nadai, sind die HelferInnen und die Elite bei den Kompensationsbedürftigen stärker vertreten als die Engagierten, obwohl auch bei Nadai die Differenz nicht sehr groß ist. Die aus einem Pflichtbewusstsein oder aus einem Gesellschaftsethos heraus Motivierten, fin-den sich bei der vorliegenden Untersuchung zum BWP, wie auch bei Nadai, in erster Linie bei den nach einem Elitemuster Handelnden und erst sekundär bei den Engagierten. Der gute Mit-telwert von 5.76 bei den HelferInnen mit dem Motivationstyp Integration, wiederspiegelt sehr gut das für die Basisarbeit typisch 'ausführende' Element, welches bei den HelferInnen häufig vorzufinden ist (vgl. Kapitel 5.2.4).

7.7. Freiwilligenarbeit als Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit Wie oben nun schon eingehend beschrieben, sind für den Einsatz der Freiwilligen, welche sich beim BWP engagieren, in erster Linie eigennützige Motive ausschlaggebend. Die Ergeb-nisse der beiden Fragen nach der Motivation und den Beweggründen, sich für eine Projekt-woche beim BWP anzumelden, zeigen eindeutig in diese Richtung. Sehen sich die Projekt-teilnehmerInnen aber mit einem entweder oder zwischen Eigennutz und Gemeinsinn konfron-tiert, ziehen sie eine unentschiedene Mitteposition vor. Hier ergibt sich ein sehr ausgewogenes Bild (vgl. Tabelle 16), der Mittelwert von 3.92 liegt fast im arithmetischen Mittel von 4.0. Es ist somit doch eine gewisse Ambivalenz bei den Antworten der Feiwilligen festzustellen: Die Befunde geben hier den Anschein, dass die Freiwilligen nicht ganz zu ihrem Eigennutzen stehen wollen, oder vielleicht etwas Angst vor zu viel (eingestandenem) Egoismus haben.

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Motivation zur BWP-Teilnahme aus dem Bedürfnis etwas für sich selber zu

tun versus etwas für die Allgemeinheit zu tun

7 3.0 3.033 14.0 14.254 23.0 23.364 27.2 27.639 16.6 16.822 9.4 9.513 5.5 5.6232 98.7 100.03 1.3

235 100.0

1 nur für mich selber234567 nur für die AllgemeinheitGesamt

Gültig

keine AngabeFehlendGesamt

Häufigkeit ProzentGültige

Prozente

Mittelwert: 3.92

Tabelle 16

Noch deutlicher wird die Diskrepanz bei der Frage nach der Verpflichtung gegenüber der All-gemeinheit. Die Freiwilligen sind dann durchaus der Meinung, dass ein freiwilliges Engage-ment eine gewisse Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit darstellt. Eine deutliche Mehr-heit von zwei Drittel ist der Meinung, dass Freiwilligenarbeit eine solche Verpflichtung dar-stellt (vgl. Tabelle 17). Zwischen den Geschlechtern besteht diesbezüglich ein leichter Unter-schied; sind es bei den Frauen nur 18.3 %, die der Meinung sind dies treffe völlig zu, so sind es bei den Männern immerhin 29,2 %. Auch im Hinblick auf das Alter ergibt sich ein diffe-renziertes Bild. Es besteht ein hochsignifikanter Zusammenhang zwischen dem Alter der BWP-TeilnehmerInnen und ihrem Pflichtgefühl gegenüber der Gesellschaft. Je älter eine Per-son, desto eher findet sie, dass die Arbeit beim BWP für sie eine Verpflichtung darstellt (vgl. Abbildung 10 & Tabelle 30 im Anhang A).

Freiwilligenarbeit ist eine Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit

56 23.8 23.8 1.0102 43.4 67.2 2.055 23.4 90.6 3.022 9.4 100.0 4.0

235 100.0

trifft völlig zutrifft eher zutrifft eher nicht zutrifft gar nicht zuGesamt

GültigHäufigkeit Prozent

KumulierteProzente Codierung

Mittelwert: 2.18

Tabelle 17

Interessant erscheint mir in diesem Zusammenhang die Haltung zur Finanzierung der Arbeiten im Wald. Danach gefragt, ob sie der Meinung seien, dass grundsätzlich solche Arbeiten im Wald von der öffentlichen Hand zu finanzieren seien und nicht von Freiwilligen verrichtet werden sollten, ist die Reaktion dann auch eine deutlich ablehnende. Zweidrittel teilen diese Auffassung nicht (vgl. Tabelle 31), sondern wehren sich ganz im Gegenteil für ihren freiwilligen Einsatz. Die Interpretation dieser Antwort ist aber nicht ganz einfach. Wie

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mir zwei Bemerkungen auf den Fragebögen zeigten, ist das Bewusstsein für eine Verantwortung des Staates beim Erhalt des Schutzwaldes bei den Freiwilligen durchaus vorhanden, nur wollten sie sich nicht um ihre unentgeltliche Leistung geschmälert wissen. Konsequenterweise sind dann auch 90% damit einverstanden, dass der Eigenprofit sie genügend für die Arbeit entschädigt und nur 3 TeilnehmerInnen fühlen sich durch die unentgeltliche Arbeit stark ausgenützt. Trotzdem ergibt der Kreuzvergleich der Antworten zur Frage nach der «Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit» mit der Frage nach der «Verantwortung der öffentlichen Hand» eine logisch konsequente Haltung der Freiwilligen. Aus Tabelle 18 ist ersichtlich, dass 48.2% (vgl. die vier fettgedruckten, schattierten Felder) der BWP-TeilnehmerInnen freiwilliges Engagement als eine Verpflichtung ansehen und gleichzeitig die Verantwortung der öffentlichen Hand ablehnen.

Kreuztabelle: Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit * Verantwortung der öffentlichen Hand

3 11 20 16 501.3% 4.9% 8.8% 7.1% 22.1%

6 21 58 15 1002.7% 9.3% 25.7% 6.6% 44.2%

4 22 18 10 541.8% 9.7% 8.0% 4.4% 23.9%

2 6 9 5 22.9% 2.7% 4.0% 2.2% 9.7%

15 60 105 46 2266.6% 26.5% 46.5% 20.4% 100.0%

Anzahl% der GesamtzahlAnzahl% der GesamtzahlAnzahl% der GesamtzahlAnzahl% der GesamtzahlAnzahl% der Gesamtzahl

trifft völlig zu

trifft eher zu

trifft eher nicht zu

trifft gar nicht zu

Verpfl. gegen. derAllgemeinheit

Gesamt

trifft völlig zu trifft eher zutifft ehernicht zu

trifft garnicht zu

Verantwortung der öffent. Hand

Gesamt

Tabelle 18

Des Weiteren besteht auch eine hochsignifikante Korrelation zwischen dem Pflichtbewusst-sein gegenüber der Gesellschaft und der Einstellung, dass Umweltschutz eine mora-lisch/ethische Frage sei (Tabelle 19). Zur Frage der Moral der BWP-TeilnehmerInnen findet sich in Kapitel 8.4. noch eine detailliertere Auswertung.

Korrelationen zwischen der Meinung "Freiwilligenarbeit ist eine Verpflichtung gegenüber derAllgemeinheit" & " Umweltschutz ist eine moralische/ethische Frage"

1.000 .339**. .000

222 222.339** 1.000.000 .222 235

Korrelation nach PearsonSignifikanz (2-seitig)NKorrelation nach PearsonSignifikanz (2-seitig)N

Umweltschutz alsmoralische Frage

Verpflichtung gegen-über der Allgemeinheit

Umweltschutz alsmoralische Frage

Verpflichtung gegen-über der Allgemeinheit

Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.**.

Tabelle 19

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7.8. Sonstiges freiwilliges Engagement der BWP-TeilnehmerInnen Interessanterweise ergibt sich kein wesentlicher Zusammenhang zwischen dem sonstigen freiwilligen Engagement der BWP-TeilnehmerInnen und ihren Motivationsstrukturen. So-wohl bei der Anwendung der Motivationstypen von Nadai, wie auch bei der Typologie von Jakob, zeigt sich keine Differenz zwischen denjenigen Freiwilligen, die neben dem Engage-ment beim BWP sonst noch freiwillige aktiv sind und denjenigen, die keiner anderen freiwil-ligen Aktivität nachgehen. Bei den auch neben dem BWP freiwillig Engagierten, bleibt das Verhältnis derjenigen, die dem Typus 'Gemeinsinn' zuzuordnen sind, zu denjenigen, welche dem Typus 'Eigennutz' entsprechen identisch zum Verhältnis, wie es sich beim Gesamtsampel darstellt (vgl. Abbildung 4 in Kapitel 7.1.). Einzig scheint es so zu sein, dass diejenigen, wel-che bei Nadai eher dem Kompensationstypus oder dem Typus Gesellschaftsethos entsprechen und bei Jakob zum Typus der am Gemeinsinn orientierten gehören, mehr freiwillige Stunden pro Woche leisten, als diejenigen, welche eher dem Integrationstypus angehören oder im Sin-ne eines Eigennutzes freiwillig aktiv sind. Markant ist auf jeden Fall, dass 54,8% von denjenigen, die es noch wissen, angeben, dass ihre Eltern schon in irgendeiner Weise aktiv waren. Das ist ein sehr hoher Prozentsatz und zeigt auf, wie einflussreich die Sozialisation im Elternhaus ist. Aber auch hier, es ist kein Zusam-menhang zwischen dem freiwilligen Engagement der Eltern und der Zugehörigkeit der BWP-Freiwilligen zu einem Motivationstyp feststellbar. Dies wiederum im Gegensatz zu Nadai, die einen diesbezüglichen Zusammenhang feststellen konnte. Immerhin 58,4% der BWP-Freiwilligen sind auch sonst noch in diversen Organisationen oder Vereinen freiwillig aktiv. Nicht ganz überraschend handelt es sich dabei in den meisten Fällen um Umweltschutzorganisationen (vgl. Tabelle 20). Daneben sind auch noch sehr viele in Turn- und Sportvereinen aktiv. Der soziale und der kulturelle Bereich sowie das Gesell-schaftssegment Sport sind die drei Bereiche, in denen traditionell am meisten Freiwilligenar-beit geleistet wird. 42,6% derjenigen Personen welche neben dem BWP noch in anderen Or-ganisationen freiwillig aktiv sind, sind dies in mehr als einer Organisation.

Organisation & Vereine in welchen die BWP-TeilnehmerInnennebenher noch aktiv sind

44 20.642 19.618 8.418 8.415 7.09 4.27 3.37 3.36 2.83 1.41 .4

44 20.6214 100.0

UmweltorganisationTurnverein/Sportvereinsozialer BereichJugendorganisationKirchepolitische ParteiMenschenrechtsorganisationEntwicklungsoragnisationGewerkschaftpolitisches Amt/MandatFrauengruppeandere Organisation

Gültig

freiwillige Aktivitäten Gesamt

Häufigkeit Prozent

Hinweis: Mehrfachnennungen möglich

Tabelle 20

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8. Wald- und Naturwahrnehmung In diesem Kapitel will ich noch auf ein weiteres Thema eingehen, welches eher am Rand mit der Motivationsforschung im Freiwilligenbereich zu tun hat. Nichts desto trotz handelt es sich gerade bei dem vorliegenden Fall, der Freiwilligenarbeit im Umweltbereich um einen m.E. zentralen Punkt. Es erscheint mir doch nicht unwesentlich, auf welcher Folie eines Wald- resp. Naturbildes sich ein Individuum gerade für eine Freiwilligenarbeit beim BWP entschei-det. Die Wahrnehmung von Wald und Natur ist individuell sehr verschieden. Das jeweilige Bild des einzelnen Individuums von Natur im allgemeinen und Wald im Speziellen variiert erheb-lich voneinander. Annette Braun (2000) hat in ihrer Studie zur „Wahrnehmung von Wald und Natur“ die Wahrnehmungsprozesse in verschiedenen Kulturmilieus eingehend untersucht. Keine Gesellschaft, auch nicht die deutsche oder die schweizerische, weist einheitliche Le-bensbedingungen auf, und kann damit auch nicht als eine homogene Gesellschaft bezeichnet werden. Somit ist das jeweilige Waldbild auch nicht homogen. Es gibt kein Waldbild das volksspezifisch ist. Gerade in Deutschland gab und gibt es immer wieder Tendenzen, eine «deutsch-völkische Kultur» im direkten Bezug zum «deutschen» Wald zu sehen (vgl. Leh-mann 1999, S. 32ff.), was schon zu fatalen Folgen vor allem im Nationalsozialismus geführt hat. Ganz im Gegenteil ist für die Herausbildung eines individuellen Waldbildes die jeweilige Sozialisation, die Bildung von Schemata im Sinne eines lebenslangen Lernprozesses wesent-lich. Zentral ist hierbei das jeweilige soziale Umfeld, das Kulturmilieu oder eben auch die Schicht, in der man aufgewachsen ist. Unterschiedliche Gruppen in der Gesellschaft bilden entsprechend auch unterschiedliche Kulturmilieus aus. Braun (2000, S. 19) fasst die Gesamt-heit der Schemata mit dem Begriff 'Wahrnehmung' zusammen. „Das Verhältnis zur Natur ist das Ergebnis eines lebenslangen Sozialisationsprozesses, der sich in der Wahrnehmung wi-derspiegelt. Sowohl individuelle (unmittelbare) als auch kulturelle (mittelbare) Erfahrungen fliessen in diesen Prozess ein“ (Braun 2000, S. 223). Der ganze Diskurs der Wahrnehmung steht in der Theorietradition der 'gesellschaftlichen Konstruktion der Wirklichkeit'. Mittels der Sprache die im alltäglichen Leben gebraucht wird, werden wir unaufhörlich mit den notwendigen Objektivationen versorgt, „Objektivationen subjektiv sinnvoller Vorgänge, aus denen die intersubjektive Welt entsteht“ (Ber-ger/Luckmann 1999, S.22). JedeR von uns bildet sich mittels symbolischen Konstruktionen seine/ihre eigene Wahrnehmung, welche wiederum mit unserer eigenen spezifischen Sinnwelt verknüpft ist (vgl. auch Fussnote 1 in Kapitel 4.1.). Alle unsere „Handlungen, die intendierten wie die unterlassenen, sind vor dem Hintergrund einer Gesamtkonstruktion der Wirklichkeit zu verstehen. Welchen Stellenwert dabei das Soziale, welchen das Individuum und welche die Natur innehat, ist kulturell beeinflusst. Die kulturellen Gegebenheiten wiederum sind Ergeb-nis einer historischen Entwicklung. Die Veränderungen des Ökosystems hängt also auch von dem kulturhistorisch ausgebildeten Verhältnis des Menschen zur Natur ab“ (Braun 2000 S. 14). Mein Interesse im Rahmen dieser Untersuchung ist den individuellen Waldbilder der BWP-TeilnehmerInnen gewidmet. Im weitesten Sinne geht es auch darum, herauszufinden, ob die BWP-Leute eher einem anthropozentrisch oder eher einem holistischen Weltbild anhängen. Und aus welchen weltanschaulichen Hintergründen somit auch das Engagement, nicht nur im Freiwilligenbereich allgemein, sondern speziell im BWP zu begründen ist. Hierzu möchte ich vorgängig im nächsten Kapitel etwas näher auf die Entstehung des Naturverständnisses ein-gehen. „Die historische Genese aber auch die allgemeinen Lebensbedingungen in den Kul-turmilieus sollen schliesslich Erklärungsmuster für die Entstehung der Wahrnehmung von Wald und Natur liefern“ (Braun 2000, S. 20).

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8.1. Die historische Entwicklung des Wald- und Naturverständnisses In der gebräuchlichsten Form wird all das als «Natur» definiert, was nicht kulturell beeinflusst ist (vgl. Braun 2000, S. 27). Unter der Berücksichtigung der Tatsache, dass es in Europa ei-nerseits eigentlich keine von Menschen unberührten Flächen und andererseits praktisch kei-nen Wald mehr gibt der nicht wirtschaftlich genutzt wird, kann die Zuordnung von Wald zur Natur grundsätzlich in Frage gestellt werden. Ungeachtet dessen, wird Wald aber im allge-meinen der Natur zugeordnet (Braun 2000, S. 28). Eine eingehende kulturhistorische Analyse zeigt auf, wie in der europäischen Geistesge-schichte die Bedeutung von Wald und Natur eine wechselhafte, den historisch gesellschaftli-chen Bedingungen entsprechend unterschiedliche war. Die europäische Geistesgeschichte zeigt, dass die Abgrenzung zwischen Mensch und Natur das Resultat einer kulturellen Ent-wicklung ist. Zunächst bildeten Mensch und Natur eine Einheit, dann wurden schrittweise, zuerst die Steine, dann die Pflanzen und schliesslich die Tiere vom gesellschaftlichen Bereich, d.h. vom Mensch ausgegrenzt, und als der Natur zugehörig definiert. Schon Aristoteles unter-schied die rein vegetative Seele der Pflanzen, die empfindende Seele der Tiere und schliess-lich die denkende Seele des Menschen. Jedoch sprach er noch allen Wesen eine Beseeltheit zu. Bei den Stoikern wurde die Welt dann schon als einheitliches, vernunftbegabtes, beseeltes und denkendes Wesen definiert. Die Vernunft hatte den höchsten Stellenwert. Die Ausgliede-rung der Tiere aus dem Sozialen wurde dann durch den grundlegende anderen Stellenwert des Menschen in der Gesellschaft begründet (Braun 2000, S. 32). Anhand des sogenannten Epochenwechsels in der europäischen Geistesgeschichte lässt sich das antagonistische Verhältnis von Emotionalität versus Rationalität darstellen. Auffallend ist wie immer wiederkehrende Muster im Wechsel der Epochen festzustellen sind. In den Epo-chen der Rationalität standen der denkende Mensch, die Vernunft, die Naturwissenschaften und die real erfahrbare Welt im Vordergrund. Das Ziel ist die Mündigkeit des einzelnen Indi-viduums und ein fortschreitendes Denken. Zu diesen Epochen werden die Renaissance, die Aufklärung, die Klassik und der Naturalismus bzw. der Realismus gezählt. Die Epochen der Emotionalität sind hingegen gekennzeichnet durch ein Erstarken der Religi-on. Später wurde die Natur im und ausserhalb des Menschen und die Ganzheitlichkeit be-schworen. Zu diesen Epochen werden der frühe Barock, Sturm und Drang, die Romantik und der Impressionismus/Expressionismus gerechnet. Speziell die Romantik war gedacht als eine Art Gegenwelt zur rationalen Aufklärung. Ein ebenfalls in den emotionalen Epochen wieder-holt auftretender Aspekt, war die Suche nach den Wurzeln der Kultur, um einen ursprüngli-chen Zugang zur Natur wiederzufinden. In Deutschland fand dieses „nationale Kulturbe-wusstsein“ immer wieder Ausdruck in der Rückbesinnung auf die im Wald lebenden Germa-nInnen, die als die eigenen Vorfahren angesehen wurden. (Braun 2000 S. 43). Im Laufe der kulturellen Entwicklung wurde also die Natur schrittweise aus dem Bereich des Sozialen ausgegrenzt. War die Natur im Mittelalter noch Ausdrucksmittel verschlüsselter Bot-schaften Gottes, wurde diese Sichtweise in der Neuzeit überwunden. Durch die wissenschaft-liche Erforschung der Natur wurden die ihr innewohnenden Gesetzmässigkeiten abstrahiert und in technischen Verfahren rekombiniert. Im Zuge der zivilisatorischen Entwicklung und eines veränderten Lebensumfeldes des Menschen spielten anthropogene Faktoren eine immer grössere Rolle. Aus der Distanz heraus wurde die Natur aber wieder attraktiv. In einer diskontinuierlichen Entwicklung wechselten sich die rational und emotional geprägten Epochen ab. In den rationalen Epochen wurde dem Menschen die Gestaltungsmacht über die Natur zugesprochen, der Verstand wurde in besonderem Masse betont. In emotionalen Epochen wurde nicht den Menschen, sondern Gott oder gegebenenfalls einer anderen überirdischen Macht die Gestaltungsmacht zugesprochen. Der Wald als ursprünglicher Lebensraum wurde vielfach als Idealbild ausserhalb der menschlichen Zivilisation hingestellt und somit für Idealisierungen der Kindheit oder die Zeit der GermanInnen benutzt. Beim Übergang zum 20. Jahrhundert

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herrschte dann ein Naturbild vor, bei dem die Natur vollständig von Gesetzen bestimmt und damit durchschaubar wurde. Ein eingreifender Gott spielt keine Rolle mehr und Phänomene in der Natur werden auch nicht mehr symbolhaft gedeutet. Trotz der eindeutigen Vorherrschaft des naturwissenschaftlich-technisch geprägten Naturbil-des im 20. Jahrhunderts, gab und gibt es immer wieder Gegenbewegungen. Gruppierungen wie die LebensreformerInnen, NaturfreundInnen und die Wandervögel sind hierfür ein Bei-spiel für das erste Drittel des 20. Jahrhunderts. In einer moralischen Art und Weise wurden Luxus, Üppigkeit und Genuss angeprangert. Dem wird eine Lebensform in Einklang mit der Natur entgegengesetzt. Das Ziel ist eine ganzheitliche Mensch-Natur Harmonie (vgl. Christ-mann 1996, S. 68). Speziell die 'Wandervögel' bezogen sich auf deutsche Mystiker und Ro-mantiker. Im Zuge der 'ökologischen Krise' erfuhren diese Ideen seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts eine erneute Blüte. Die zunehmende Verunsicherung fördert verschiedene, sich auf die Natur besinnende Reformbewegungen, in denen das Wilde, kulturell unverfälschte beschworen wurde. Kritik wurde vor allem an einer blinden Technik- und Wissenschaftsgläu-bigkeit geübt.

8.2. Ökologische Moral Gemäss Christmann (1997, S. 3) befindet sich innerhalb des Feldes Moral die angewandte Ethik, innerhalb dieser hat sich wiederum die ökologische Ethik etabliert. Insofern gibt es zwischen Moral und Ökologie ein systematisches Verhältnis. „Umweltethische Ansätze ma-chen Aussagen über Bedingungen, unter denen ein Handeln angesichts der ökologischen Kri-se 'gut' ist“ (Christmann 1997, S. 8). Es lassen sich zwei grundlegend unterschiedliche um-weltethische Ansätze voneinander unterscheiden9. Eine anthropozentrische Umweltethik, welche den Mensch ins Zentrum stellt und eine holistische Sichtweise, welche auf eine Ganz-heitlichkeit der Welt abstellt. Soziale Bewegungen (speziell solche im ökologischen Bereich) und 'Moral' sind aufs engste miteinander verknüpft (Christmann 1996, S. 66). Historisch gesehen hat Naturschutz und öko-logische Moral immer schon mit Zivilisationskritik zu tun. In diesem Zusammenhang sind Schriften10 von Rousseau von zentraler Bedeutung. Schon zu seiner Zeit meinte Rousseau, dass die zivilisatorischen Leistungen letztlich zum Verfall des Menschengeschlechts führen müssten. Dem Luxus hielt Rousseau das Tugendhafte, Einfache und Naturnahe entgegen. Bei gewissen Romantikern findet sich so schon ein holistisches Naturbild. Die Natur wird als ein dem Menschen verwandtes Wesen begriffen, das sich in Chiffren äussert und vom Men-schen verstanden werden kann. Es zeigt sich hier ein sich eins fühlen mit der Natur. Luxus, Üppigkeit und Genuss werden angeprangert. Dem entgegengesetzt wird eine Lebensform in Einklang mit der Natur. Seit den 70er Jahren erlebt das rousseauistisch-romantische Gedankengut und eine zunehmend holistische Sichtweise vor allem in Umweltschutzkreisen eine Renaissance. Zu 9 Frankena (1979, zit. nach Christmann 1997, S. 8) unterscheidet zwischen vier umweltethischen Konzeptionen. Die anthropozentrische Umweltethik, welche Zerstörungen von Natur und Umwelt unter dem Aspekt des Scha-dens welche diese für den Menschen mit sich bringen betrachtet. Umweltzerstörungen werden somit als Vernich-tung wichtiger Lebensgrundlagen, Verknappung lebensnotwendiger Ressourcen usw. betrachtet. Pathrozentri-sche Ansätze haben vor allem die rechtliche Gleichstellung von Tieren, denen Personeneigenschaften zugespro-chen werden sollen, zum Ziel. Bei den biozentrischen Konzeptionen geht es um den Einbezug der Pflanzen in die Leidensfähigkeit. Holistische Konzepte sind infofern als übergreifend zu bezeichnen, als sie eine sogenannte Ganzheitlichkeit beanspruchen, Eine ganzheitliche Betrachtung stellt bei Organismen, Kollektiven und Systemen die Eigenschaften des Ganzen, der Gesamtheit heraus, die nach dieser Ansicht nicht auf die Eigenschaften der Teile zurückführbar sind. 10 wie z.B. die “Abhandlung über die Preisfrage der Akademie von Dijon, ob der «Wiederaufstieg der Wissen-schaften und Künste zur Läuterung der Sitten beitragen» habe“ (1750), oder die „Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit der Menschen“ (1775), (vgl. Christmann 1996, S. 67).

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Anfang ging es dabei noch um Warnungen, dann aber immer mehr um Unheilsprophetien. Die Publikationen kennzeichneten eine kulturkritische Dimension, welche sich vor allem in Form einer Wachstumskritik äusserte. Die Forderungen drehten sich um ein neues Verhältnis zur Umwelt, es wurde ein Denken in kybernetischen Regelkreisen und ein vernetztes Denken gefordert. Von Ende der 80er Jahre an wurde dann aber zunehmend eine holistische Denkweise propagiert. Fritjof Capra, der mit seinem Buch „Wendezeit“ einen Bestseller landete, gilt als herausragender Repräsentant dieser Bewegung. Es wurde die Abkehr vom anthropozentrischen Denken und die Hinwendung zu einer holistischen Ethik gefordert, die nicht nur alle Lebewesen sondern auch die Erde und den Kosmos umfasste. Auch wurde der Ruf nach einer alternativen Wissenschaft laut. Als Problem wird ein angeblich drohender Weltuntergang, eine Apokalypse ausgemacht, deren Ursache in einem extensiven Konsum gesehen wird. Als Lösung wird Konsumaskese bzw. -Verzicht und eine Rückkehr zu einer natürlichen Lebensweise gepredigt, und dies alles in Verbindung mit einem Appell an die Moral (Christmann 1996, S. 71). Eine natürliche Lebensführung mit asketischen Zügen und ein holistisches Denken, die beide das zu erstrebende 'Gute' darstellen sind weitverbreitete Sinnelemente (vgl. Christmann 1997 S. 181). Die Wissenschaftskritik im Sinne einer fundamentalen Kritik an der Moderne ist heute zwar signifikant weniger stark als noch zu Rousseaus Zeiten und auch als noch in den 70er Jahren des 20. Jahrhundert. Dies hat zu einer Versachlichung der Diskussion beigetragen. Umwelt-schützerische Arbeit unterliegt demzufolge zwar einer zunehmenden Verwissenschaftlichung und umweltpolitische Diskussionen werden heute eher sachlich geführt, trotzdem handelt es sich bei den Aktivitäten der UmweltschützerInnen noch immer meistens um 'moralische Kreuzzüge'. Das Weltuntergangsmotiv hat in diesen Kreisen angesichts des Ausmasses der globaler Umweltzerstörung über die einzelnen historischen Stadien zunehmend an Bedeutung gewonnen. UmweltschützerInnen gehen gleichsam teilweise selbstverständlich davon aus, dass der 'Untergang' vorprogrammiert ist. „Das umweltschützerische Handeln erfährt so eine unhinterfragbare Letztbegründung“ (Christmann 1996, S. 74). Eine sinngemässe Äusserung findet sich als Antwort zur Frage, welche Massnahmen im Umweltschutz zu treffen seien, auf einem Fragebogen der vorliegenden Untersuchung: „Solange es Menschen gibt, existieren Gefühle wie Habsucht, Neid und Hass, welche rücksichtslos ausgelebt werden – rücksichtslos gegenüber der Umwelt (einschliesslich Mensch) – die Massnahme ergibt sich unmittelbar“ (Antwort einer Person auf Frage Nr. 29). Was hier mit Massnahme gemeint ist, kann zwar nur gemutmasst werden, ob sich der Mensch radikal verändern, oder ob er ganz weg muss. Auf jeden Fall handelt es sich um einen moralischen Appell.

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8.3. Waldwahrnehmung beim BWP 8.3.1. Spontane Gedanken zum Wald bei den BWP-TeilnehmerInnen Befragt nach ihren spontanen Gedanken zum Stichwort 'Wald' ergibt sich folgendes in Tabelle 21 dargestellte Bild.

spontane Gedanken der Bergwaldprojekt-TeilnehmerInnen zum Stichwort Wald

27 11.5 menschzentriert24 10.221 8.921 8.916 6.86 2.64 1.7 50.6

27 11.5 naturzentriert18 7.715 6.412 5.19 3.86 2.64 1.74 1.71 .4 40.9

8 3.4 nicht zuordenbar7 3.0 6.4

230 97.95 2.1

235 100.0

RuheErholunggute LuftSchutzfunktionHarmonie/GeborgenheitarbeitenKindheitserinnerungen

ökologischer LebensraumWaldsterbenNaturBäumeNaturerhaltungUrsprünglichkeitPflanzenNaturkatastropheTiere

Mystisches/Esoterischesanderes

Gesamt

Gültig

keine AngabeFehlendGesamt

Häufigkeit Prozent Orientierung

Kummulierte Pro-zent der jeweiligen

Kategorie

Tabelle 21

Auffallend ist zunächst der hohe Stellenwert der auf Konsum ausgerichteten Werte 'Ruhe', 'Erholung' und 'gute Luft' bei den BWP-Teilnehmenden. Im Weiteren wird mit dem Wald oft 'Natur' oder eben ein 'ökologischer Lebensraum' assoziiert. Ich habe nun versucht, diese Wahrnehmungen und Bilder von Wald in zwei Kategorien einzuteilen. Ich habe die beiden Kategorien 'naturzentriert' und 'menschzentriert' genannt. Explizit habe ich neue Begriffe verwendet und muss betonen, dass diese beiden Begriffe keinesfalls deckungsgleich mit anthropozentrisch und holistisch sind. Es kann m. E. hierbei aber etwas darüber ausgesagt werden, ob die Individuen beim Gedanken an den Wald eher zuerst an den Wald als solchen denken, oder an den Menschen im Wald. Die Einteilung der Stichwörter in 'naturzentrierte' und 'menschzentrierte' Wahrnehmung ist als Experiment gedacht. Aus Abbildung 6 wird ersichtlich, dass die Freiwilligen beim BWP tendenziell eher dem Wald und erst sekundär dem Menschen helfen wollen. In Kapitel 2 haben wir repliziert, dass der Wald ohne Menschen leben kann, der Mensch aber nicht ohne Wald. Der Mensch ist also auf den Wald

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lebensnotwendig angewiesen - vor allem und ganz speziell im Berggebiet als Schutzwald gegen Lawinen, Steinschlag und als Wasserspeicher. Auch in diesem Punkt ist wieder ein pädagogischer Lerneffekt (vgl. Exkurs in Kapitel 7.2.) des BWP festzustellen. Liegt der Mittelwert bei der Frage nach einem eher menschzentrierten oder eher einem naturzentrierten Helfen bei den zum ersten Mal Teilnehmenden mit 3.14 noch ganz deutlich auf der naturzentrierten Seite, so lässt sich eine lineare Entwicklung, Rich-tung menschzentriertem Motiv mit der Anzahl der absolvierten Projektwochen feststellen. Die TeilnehmerInnen einer zweiten Woche weisen, bezüglich der Frage ob sie eher dem Wald oder eher dem Menschen helfen wollen, schon einen Mittelwert von 3.54 auf. Erst bei den TeilnehmerInnen, welche mindestens das fünfte mal an einer Projektwoche teilnehmen, er-reicht der Mittelwert das arithmetische Mittel von 4.0. Bei den dreizehn TeilnehmerInnen, welche mindestens das zehnte Mal teilnehmen, weist der Mittelwert einen Wert von 4.62 auf.

Das Bedürfnis der BWP-Freiwilligen eher

dem Wald oder eher dem Menschen zu helfen

1 = "Ich möchte nur etwas für den Wald tun" 2 - 6 = Zwischenwerte

7 = "Ich möchte nur etwas für die Menschen tun"

Wald oder Menschen helfen

7654321

Proz

ent

50.0

40.0

30.0

20.0

10.0

0.0 4.3

40.0

24.8

16.1

9.6

N: 230Mittelwert: 3.31

Abbildung 6

Bei der Zusammenfassung der menschzentrierten und der naturzentrierten Waldwahrnehmun-gen, ergibt sich ein Verhältnis von 50,6% Freiwilligen mit einer eher menschzentrierten Waldwahrnehmung, versus 40,9% Freiwilligen mit einer eher naturzentrierten Waldwahr-nehmung. Hier zeigt sich eine doch nicht unwesentliche Diskrepanz zum Ergebnis, dass die Freiwilligen ja eher dem Wald als den Menschen helfen wollen. Und vor allem auch eine ge-wisse Diskrepanz zur Orientierung der Mehrheit an einem eher holistischen Weltbild, wie wir im folgenden Kapitel noch sehen werden.

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8.4. Die Moral der BWP-TeilnehmerInnen Die Frage, ob Umweltschutz eine moralische bzw. ethische Frage für die BWP-Teilnehmenden darstellt, wird klar mit einem Ja beantwortet. Für gut 28% ist dies immer der Fall, für gut 49% meistens. Dreiviertel der Freiwilligen sind somit der Meinung, dass Um-weltschutz mindestens meistens für sie eine moralisch/ethische Frage ist. Nur für fünf Befrag-te ist Umweltschutz explizit keine moralische Frage (Tabelle 22).

Ist Umweltschutz eine moralische/ethische Frage

64 27.2 28.8109 46.4 49.135 14.9 15.89 3.8 4.15 2.1 2.3

222 94.5 100.010 4.33 1.3

13 5.5235 100.0

immermeistensmanchmalseltennieGesamt

Gültig

weiss nichtkeine AngabeGesamt

Fehlend

Gesamt

Häufigkeit ProzentGültige

Prozente

Tabelle 22

Wenn auch die fundamentalistische Kulturkritik und die Weltuntergangsstimmung, welche noch in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts in breiten Kreisen vertreten war, heute deutlich an Bedeutung verloren haben, so ist dieses Deutungsmuster zumindest bei den TeilnehmerIn-nen des BWP doch sehr gut vertreten. Entsprechend sind klar an die Moral appellierende Aus-sagen auch sehr deutlich vertreten (Tabelle 23). Das umfasst asketisch orientierte Aussagen wie „sich in Bescheidenheit üben/verzichten“, Forderungen, welche sich klar an einem holis-tischen Weltbild orientieren, wie „im Einklang mit der Natur leben“ oder auf die Moral abzie-lende Bemerkungen wie „Respekt und Rücksicht der Natur gegenüber“ oder „zuerst bei sich selber anfangen“. Vereinzelt sind auch sehr problematischen Aussagen, welche eine Ein-schränkung des Bevölkerungswachstums fordern anzutreffen. In der Summe sind denn kon-gruent zur Frage nach der Moral auch hier moralisch aufgeladene Aussagen in der Überzahl. Klar sachlich/nüchtern formulierte, an einem aufklärerischen Anspruch orientierte Maßnah-men, wie „Aufklärungsarbeit/Bewusstmachungsprozess“ oder „Verantwortung übernehmen“ wurden deutlich weniger genannt. Deutlich wird die tendenziell moralische Orientierung beim Betrachten der drei von mir gebildeten Kategorien „moralisch/asketisch“, „eher sachlich aber zum Teil auch noch moralisch“ und "sachlich“ (Tabelle 23).

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Die wichtigste Massnahme, die die Menschen im Bereich Umweltschutz treffen müssen

21 8.9 moralisch/asketisch19 8.117 7.211 4.7

9 3.87 3.05 2.14 1.7

3 1.3 40.8

34 14.5 eher sachlich aber z.T.auch noch moralisch

13 5.5

9 3.8 23.8

33 14.0 sachlich

8 3.45 2.12 .9 20.4

9 3.8 3.8 neutral

21 8.9 8.9230 97.9

5 2.1235 100.0

wichtige Massnahme im Umweltschutzsich in Bescheidenheit üben/verzichtenRespekt und Rücksichtzuerst bei sich selber anfangenIm Einklang mit der Natur lebendie Menschen müssen sich ändernNaturerhaltung/Renaturierungim Kleinen anfangendas persönliche Verhalten ändernEinschränkung desBevölkerungswachtums

Ressourcen- & Energieverbraucheinschränken/reduzierenlangfristiges Denken/Nachhaltigkeitweniger Wirschaftswachstum/andereswirtschaften/weniger Profitdenken

Aufklärungsarbeit/Bewusst-machungsprozessVerantwortung übernehmenandere VerkehrspolitikPolitik/Gesetzgebung

handeln

anderesGesamt

Gültig

keine AngabeFehlendGesamt

Häufigkeit Prozent

KummulierteProzent der

jeweiligen KategorieOrientierung der

Massnahme

Tabelle 23

Bestätigt wird der gewonnene Eindruck dadurch, dass die BWP-Freiwilligen, konfrontiert mit der Frage, ob die Probleme im Umweltschutzbereich eher mittels der verstärkten Nutzung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts oder eher durch eine andere Lebensweise der Men-schen angegangen werden sollen, sich eindeutig für eine veränderte Lebensweise der Men-schen entscheiden (Abbildung 7).

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Wie sollen umweltpolitische Fragen angegangen werden?

1 = Nutzung des wissenschaftlich - technischen Fortschritts

7 = eine andere Lebensweise der Menschen 2 - 6 = Zwischenwerte

wissenschaftlich-technischer Fortschritt versus andere Lebensweise

7654321

Proz

ent

50.0

40.0

30.0

20.0

10.0

0.0

22.023.322.8

25.0

3.0

Mittelwert: 5.23 N: 232

Abbildung 7

Dementsprechend ergibt sich auch eine klare Korrelation zwischen der Einstellung zur Moral-frage und der Einstellung zur Handhabung umweltpolitischer Fragen. Je eher die BWP-TeilnehmerInnen der Meinung sind, dass Umweltschutz eine moralisch/ethische Frage dar-stellt, desto eher sind sie auch der Meinung, dass die Probleme im Umweltbereich durch eine andere Lebensweise der Menschen zu lösen sei. Es ergibt sich hier ein Korrelationskoeffizient von –0.239 (Tabelle 24).

Korrelationen zwischen "Moral" & "Fortschritt versus anderer Lebensweise"

1.000 -.239**. .000

222 219-.239** 1.000.000 .219 232

Korrelation nach PearsonSignifikanz (2-seitig)NKorrelation nach PearsonSignifikanz (2-seitig)N

Umweltschutz alsmoralische Frage

Fortschritt v. andereLebensweise

Umweltschutzals

moralischeFrage

Fortschritt v.andere

Lebensweise

Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.**.

Tabelle 24

Ebenfalls ergibt sich eine Korrelation zwischen Bedeutung von Moral und der Gläubigkeit bei den TeilnehmerInnen des BWP. Dieser Zusammenhang wird auch von Christmann (1996, S.

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7) herausgestrichen. Sie betont, dass das umweltschützerische Sinnsystem auch eine religiöse Dimension aufweist. Bei den BWP-Freiwilligen ergibt sich ein Korrelationskoeffizient von 0.267 (Tabelle 25).

Korrelationen zwischen "Moral" & "Glaube"

1.000 .267**. .000

222 221.267** 1.000.000 .221 232

Korrelation nach PearsonSignifikanz (2-seitig)NKorrelation nach PearsonSignifikanz (2-seitig)N

Umweltschutz alsmoralische Frage

Gläubigkeit

Umweltschutz alsmoralische Frage Gläubigkeit

Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.**.

Tabelle 25

8.5. Die Haltung zu Umweltschutzfragen generell Für gut dreiviertel der Freiwilligen spielt Umweltschutz eine große bis sehr große Rolle im Alltagsleben. Als erste Priorität wird das „Verkehrs- und Mobilitätsproblem“ (12.29% Nen-nungen), vor dem „Energieproblem allgemein“ (11,91% der Nennungen), dem „Gewässer-schutz“ (8,58% Nennungen) und der „Luftreinhaltepolitik“ (8.17% Nennungen) genannt. Die „Waldsterbensproblematik“ spielt mit nur 3.55% expliziter Nennungen an dreizehnter Stelle eine eher untergeordnete Rolle (genaue Auswertung der Wichtigkeit der Umweltschutzprob-leme im Anhang Tabelle 32). Der Spitzenplatz der Thematik "Verkehr/Mobilität" kann aber auch als Hinweis dafür dienen, dass die beim BWP Engagierten nach wie vor einen hohen Zusammenhang zwischen dem hohen Mobilitätsaufkommen im Bereich des motorisierten Individualverkehrs und der Waldsterbensproblematik sehen. Die Gewichtung der Umwelt-themen durch die BWP-TeilnehmerInnen im allgemeinen entspricht aber insofern ungefähr der Wahrnehmung der Umweltprobleme in der Gesamtpopulation der Schweiz. Laut der UNIVOX Studie 'Umwelt 1999' des GfS Forschungsinstituts sieht die Schweizer Bevölkerung in erster Linie einen Handlungsbedarf im Bereich der Luftreinhaltung (61%), knapp vor der Energieproblematik (58%), dem Bodenschutz (51%) und dem Gewässerschutz (40%).

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9. Zusammenfassung Die soziale Zusammensetzung der Freiwilligen beim BWP entspricht nicht derjenigen, wie sie in traditionellen Freiwilligenbereichen festgestellt wird. Gerade der Feriencharakter, den das BWP auch mittransportiert, sowie die Bündelung der freiwilligen Arbeit auf eine Woche am Stück, bietet die Möglichkeit der Teilnahme auch für Personen, welche aufgrund ihrer Zeit-ressourcen eigentlich keine oder sehr beschränkt Freiwilligenarbeit leisten würden. Dies zeigt sich insbesondere anhand der Untervertretung der Hausfrauen und -männer beim BWP - eine soziale Gruppe, die in anderen Freiwilligenbereichen deutlich stärker anzutreffen ist. Gerade die sozialen Gruppen, welche in der Regel Freiwilligenarbeit leisten, nämlich die sozial Integ-rierten, sind beim BWP signifikant untervertreten: Beim BWP sind massiv mehr partnerIn-nenlose Individuen anzutreffen als in anderen Freiwilligenbereichen, zudem haben auch die meisten keine Kinder. Der Altersschnitt ist tiefer, als dies in anderen Segmenten des freiwilli-gen Engagements üblich ist, wobei dies v.a. auf die hohe Vertretung der Studierenden im BWP zurückzuführen ist. Und trotzdem gibt es sozidemographische Anzeichen für Parallelen zu anderen Institutionen im Freiwilligenbereich: Die Bildungszertifikate sind auch bei BWP-TeilnehmerInnen weit über dem Durchschnitt, und ganz generell ist die soziale Herkunft vergleichbar mit derjeni-gen, anderer Freiwilligensektoren. Die Mittel- und Oberschicht ist weitaus besser vertreten als die Unterschicht, was sich auch in einem überdurchschnittlichen Einkommen der BWP-TeilnehmerInnen wiederspiegelt. Auch sind viele der BWP-Freiwilligen neben der Teilnahme beim BWP noch in anderen Bereichen freiwillig aktiv. Insgesamt sogar zwei bis dreimal so häufig, als dies im Durchschnitt der Bevölkerung der Fall ist. Dies zeigt, dass es sich um ein überdurchschnittlich engagiertes und somit nicht um ein dem Freiwilligensektor völlig atypi-sches Publikum handelt. Eine deutliche Mehrheit ist im übrigen der Meinung, Freiwilligenarbeit sei eine Verpflichtung gegenüber der Allgemeinheit. Konfrontiert mit eigennützigen und an einem Gemeinsinn ori-entierten Motiven zum freiwilligen Engagement, stellt sich aber heraus, dass im Prinzip doch eine Mehrheit der ProjektteilnehmerInnen des BWP die eigennützigen Motive zuerst nennt und die gemeinnützigen hintan stellt. Die integrations- und kompensationsorientierten Motive sind denn auch deutlich stärker vertreten als das Motiv 'Gesellschaftsethos'. Dies steht weit-gehend im Einklang mit den Ergebnissen von Nadai für den Sozialbereich. Müssen sich die Befragten aber zwischen den beiden Orientierungen 'Gemeinsinn' und 'Eigennutz' konkret entscheiden, tun sie sich wiederum eher schwer mit ihrem Entscheid und wählen einen unver-fänglichen Mittelweg. Da es sich beim BWP einerseits um eine klassische Basisarbeit und nicht um ein Ehrenamt handelt, und andererseits die Motivation 'Gesellschaftsethos' weniger häufig vertreten ist, findet sich bei den BWP-Freiwilligen auch eher das Handlungsmuster 'HelferIn' oder 'Engagierte' als das der 'Elite' wieder. Ganz generell weicht die Motivstruktur der BWP-Freiwilligen aber doch etwas ab von den Motivationsmuster, die Nadai in ihrer Un-tersuchung für den Sozialbereich vorgefunden hat. Es kann somit vorsichtig vermutet werden, dass im Umweltsektor in der Regel andere Leute freiwillig engagiert sind als im Sozialbe-reich. Es ist denn auch der Umweltsektor und nicht der Sozialbereich, in dem sich weitaus mehr BWP-TeilnehmerInnen parallel zum BWP zusätzlich engagieren. Wohingegen wir ja wissen, dass im Freiwilligenbereich insgesamt traditionell eher das soziale Engagement do-miniert. Die BWP-Klientel hängt eher einer ökologischen als einer wissenschaftlich-technischen Weltsicht an. Interessant erscheint mir vor allem, dass die BWP-Teilnehmenden tendenziell eher AnhängerInnen eines holistischen Weltbildes und entsprechend weniger anthropozentrisch orientiert sind. Dies steht an und für sich im Widerspruch zu einem doch weitverbreiteten Hedonismus bei den persönlichen Motiven zur Teilnahme, spiegelt aber den Anspruch zu 'helfen' wieder. Mit der Waldarbeit ist eher der Anspruch verbunden, dem Wald

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selber zu helfen als etwas für den Menschen zu tun, obwohl es schlussendlich doch nur um den Menschen geht. Auf der anderen Seite sind die spontanen Gedanken beim Stichwort 'Wald' aber wiederum tendenziell menschzentriert. Wie dies in ökologisch orientierten Kreisen oft feststellbar ist, so neigen auch die BWP-Teilnehmenden, wenn es um die Umweltproblematik geht, zu einer moralisierenden Argu-mentation. Wenn wir die konkrete Motivation der BWP-TeilnehmerInnen mit ihrer individuellen gesell-schaftspolitischen Orientierung vergleichen, zeigen sich Ansätze von Widersprüchlichkeiten, wie sie auch sonst in der Gesellschaft auffindbar sind. Es lässt sich abschließend also ein eher pluralistisches, heterogenes als ein homogenes Bild der BWP-TeilnehmerInnen festhalten.

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10. Literatur -Beck, Ulrich (1986): Risikogesellschaft – Auf dem Weg in eine neue Moderne. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag. -Berger, Peter/Luckmann, Thomas (1999): Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirk- lichkeit. Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch Verlag. Erstveröffentlichung 1980. -Bergwaldprojekt (1994): Broschüre der Stiftung Bergwaldprojekt. Chur. -Braun, Annette (2000): Wahrnehmung von Wald und Natur. Opladen: Leske + Budrich. -Bundesamt für Statistik (2001): Statistisches Jahrbuch der Schweiz 2000. Zürich, Neue Zürcher Zeitung Verlag. -Bühlmann, Jacqueline (1999): Unbezahlt – aber trotzdem Arbeit: Zeitaufwand für Haus- und Familienarbeit, Ehrenamt, Freiwilligenarbeit und Nachbarschaftshilfe. Neuchâtel: Bundesamt für Statistik. -Christmann, Gabriela B. (1996): Zur Ökologischen Moral im Wandel der Zeiten. In: For-schungsjournal Neue Soziale Bewegungen; Jh. 9; H. 4; 1996; S. 66-75. -Christmann, Gabriela B. (1997): Ökologische Moral - Zur kommunikativen Konstruktion und Rekonstruktion umweltschützerischer Moralvorstellungen. Wiesbaden: Deutscher Universitäts-Verlag. -GfS-Forschungsinstitut (1999): Umweltschutz: Politische Prioritäten, persönliche Einstel- lungen und Verhaltensweisen der Stimmberechtigten – UNIVOX Teil II Umwelt 1999. Zürich. -Horkheimer, Max (1970): Traditionelle und kritische Theorie. Vier Aufsätze. Frankfurt a. M. Erstveröffentlichung 1937. -Hurrelmann, Klaus (1998): Einführung in die Sozialisationstheorie – Über den Zusammen- hang von Sozialstruktur und Persönlichkeit, 6. Auflage. Weinheim: Beltz Verlag. -Jakob, Gisela (1993): Zwischen Dienst und Selbstbezug - Eine biographieanalytische Un-tersuchung ehrenamtlichen Engagements. Opladen: Leske + Budrich. -Lang, Edith (1999): Theoretischer Überblick und empirische Studien zur organisierten Freiwilligenarbeit am Beispiel der Schweizer Landeskirschen. Lizentiatsarbeit am Soziologischen Institut der Universität Zürich. -Lehmann, Albrecht (1999):Von Menschen und Bäumen - Die Deutschen und der Wald. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt. -Nadai, Eva (1996): Gemeinsinn und Eigennutz - Freiwilliges Engagement im Sozialbereich. Bern: Haupt Verlag.

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-Rauschenbach, Thomas/Müller, Siegfried/Otto, Ulrich (1988): Vom öffentlichen und privaten Nutzen des sozialen Ehrenamtes. In: Müller, Siegfried/Rauschenbach Thomas (Hrsg.): Das soziale Ehrenamt - Nützliche Arbeit zum Nulltarif. Weinheim: Juventa Verlag. -Schnell, Rainer/Hill, Paul B./Esser, Elke (1999): Methoden der empirischen Sozialfor-schung. München: R. Oldenburg Verlag. -Statistisches Bundesamt (2001): Datenreport 1999 – Zahlen und Fakten über die Bundes- republik Deutschland. Wiesbaden -Statistisches Bundesamt (2000): Zahlenkompass 2000 – Statistisches Taschenbuch für Deutschland. Wiesbaden. -Thiersch, Hans (1988): Laienhilfe, Alltagsorientierung und professionelle Arbeit. Zum Verhältnis von beruflicher und ehrenamtlicher Arbeit. In: Müller, Siegfried/ Rau- schenbach Thomas (Hrsg.): Das soziale Ehrenamt - Nützliche Arbeit zum Nulltarif. Weinheim: Juventa Verlag. -Vetterli, Markus (1993): Endlich selbst etwas tun. In: Reichert, Dagmar/Zierhofer Wolfgang: Umwelt zur Sprache bringen - Über umweltverantwortliches Handeln und den Umgang mit Unsicherheit. Opladen: Westdeutscher Verlag. -Vogt, Ludgera (1994): Zur Aktualität des Themas Ehre und zu seinem Stellenwert in der Theorie. In: Vogt, Ludgera/ Zingerle, Arnold (Hrsg.): Ehre - Archaische Momente in der Moderne. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag. -Wallimann, Isidor (2001): Ein getarntes Privileg – Freiwilligenarbeit in der Schweiz. In: der WoZ Nr. 19 10. Mai 2001, S. 7. Zürich. -Wallimann, Isidor (1993): Freiwillig Tätige im Sozialbereich und in anderen Bereichen. Basel. Eigenverlag HFS Basel. -Winkler, Joachim (1994): Ehre und Amt. Ehrenamtliche Tätigkeit als Teil spezifischer Lebensstile. In: Vogt, Ludgera/ Zingerle, Arnold (Hrsg.): Ehre - Archaische Momente in der Moderne. Frankfurt a. M.: Suhrkamp Verlag.

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Anhang A Zusätzliche Auswertungen

Beruf, Berufsfeld bzw. aktuelle Tätigkeit der BWP-TeilnehmerInnen im Jahr 2000

26 11.1 11.423 9.8 10.121 8.9 9.213 5.5 5.712 5.1 5.312 5.1 5.312 5.1 5.3

10 4.3 4.4

8 3.4 3.58 3.4 3.58 3.4 3.57 3.0 3.17 3.0 3.17 3.0 3.17 3.0 3.17 3.0 3.15 2.1 2.25 2.1 2.24 1.7 1.84 1.7 1.84 1.7 1.83 1.3 1.33 1.3 1.33 1.3 1.32 .9 .92 .9 .92 .9 .92 .9 .91 .4 .4

228 97.0 100.07 3.0

235 100.0

pädagogischer Beruf (inklusive LehrerIn)GesundheitswesenStudentIn allgemeinRentnerInAngestellteR/BüroangestellteRGewerbe allgemeinanderesBeamtIn/AngestellteR bei Behörden(exklusiv LehrerIn)ForstwirtschaftHandel/Versicherung/BankenIndustrieGartenbau/GärtnerIn/FloristInfreier/kreativer/künstlerischer BerufNaturwissenschaftEDV Bereichsozialer BereichSchülerInarbeitslosHausfrau/HausmannTransportwesenSozial- & GeisteswissenschaftHolzverarbeitungNGO u. ä.Verkauf/Gastgewerbein Berufsausbildung allgemeinArbeiterInPersonalwesenDozentInPraktikantInGesamt

Gültig

keine AngabeFehlendGesamt

Häufigkeit ProzentGültige

Prozente

Tabelle 26

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Monatliches Nettoeinkommen

der schweizerischen TeilnehmerInnen

N: 50

Mittelwert: 4'060.-

Nettoeinkommen CHF

mehr als 6'000.-5'001.- bis 6'000.-

4'001.- bis 5'000.-3'001.- bis 4'000.-

2'001.- bis 3'000.-1'001.- bis 2'000.-

bis 1'000.-

40.0%

30.0%

20.0%

10.0%

0.0%

12.012.0

26.0

12.012.010.0

16.0

Abbildung 8

Monatliches Nettoeinkommen

der deutschen TeilnehmerInnen

N: 148

Mittelwert: 2'830.-

Nettoeinkommen DM

mehr als 6'000.-5'001.- bis 6'000.-

4'001.- bis 5'000.-3'001.- bis 4'000.-

2'001.- bis 3'000.-1'001.- bis 2'000.-

bis 1'000.-

40.0%

30.0%

20.0%

10.0%

0.0% 4.16.1

16.2

27.0

19.6

24.3

Abbildung 9

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Konfession der schweizerischen TeilnehmerInnen

19 33.325 43.92 3.5

11 19.357 100.0

katholischevangelischandere ReligionkonfessionslosGesamt

GültigHäufigkeit

GültigeProzente

Tabelle 27

Konfession der deutschen TeilnehmerInnen

36 22.4 22.659 36.6 37.13 1.9 1.9

61 37.9 38.4159 98.8 100.0

2 1.2161 100.0

katholischevangelischandere ReligionkonfessionslosGesamt

Gültig

keine AngabeFehlendGesamt

Häufigkeit ProzentGültige

Prozente

Tabelle 28

Deskriptive Statistik: Mittelwertvergleich der Kofessionskategorien in Bezug auf die Stärke der Gläubikeit

Gläubigkeit

60 2.308 .765 9.879E-02 2.111 2.506 1.0 4.085 2.412 .802 8.704E-02 2.239 2.585 1.0 4.0

6 1.667 .516 .211 1.125 2.209 1.0 2.079 2.835 .926 .104 2.628 3.043 1.0 4.0

230 2.511 .868 5.727E-02 2.398 2.624 1.0 4.0

katholischevangelischandere ReligionkonfessionslosGesamt

N MittelwertStandardabweichung

Standardfehler Untergrenze Obergrenze

95%-Konfidenzintervall fürden Mittelwert

Minimum Maximum

Skala: 1 = sehr stark gläubig, 2 = stark gläubig, 3 = weniger stark gläubig, 4 = gar nicht gläubig

Tabelle 29

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"Freiwilligenarbeit ist für mich eine Verpflichtung

der Allgemeinheit/Gesellschaft gegenüber

N: 235

Alter in 11 Kategorien

65 und älter60 - 64

55 - 5950 - 54

45 - 4940 - 44

35 - 3930 - 34

25 - 2920 - 24

bis 20

Proz

ent

100.0

90.0

80.0

70.0

60.0

50.0

40.0

30.0

20.0

10.0

0.0

trifft gar nicht zu

trifft eher nicht zu

trifft eher zu

trifft völlig zu

6.720.09.510.07.712.513.322.2

26.7

20.0

9.515.023.1

27.530.0

34.1

33.3

33.350.0

40.0

30.0

42.9

35.0

50.0

55.043.3

43.2

11.1

66.7

50.0

26.730.0

38.140.0

19.2

13.318.2

33.3

Abbildung 9

Korrelationen zwischen dem "Alter" der TeilnehmerInnen und ihrerMeinung zur Aussage "Freiwilligenarbeit ist für mich eine Verpflichtung

gegenüber der Allgemeinheit"

1.000 -.256**. .000

235 235-.256** 1.000.000 .235 235

Korrelation nach PearsonSignifikanz (2-seitig)NKorrelation nach PearsonSignifikanz (2-seitig)N

Verpfl. gegen. derAllgemeinheit

Alter

Verpfl. gegen.der

Allgemeinheit Alter

Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant.**.

Tabelle 30

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Frage nach der Finanzierung: Sollen solche Arbeiten im Wald von der öffentlichen Hand finanziert und nicht von Freiwilligen verrichtet werden.

15 6.4 6.6 1.060 25.5 26.5 2.0

105 44.7 46.5 3.046 19.6 20.4 4.0

226 96.2 100.09 3.8

235 100.0

trifft völlig zutrifft eher zutifft eher nicht zutrifft gar nicht zuGesamt

Gültig

keine AngabeFehlendGesamt

Häufigkeit ProzentGültige

Prozente Codierung

Mitelwert: 2.81

Tabelle 31

Priorität von Umweltproblemen der BWP-TeilnehmerInnen im Jahr 2000 Thema Punktezahl Prozent Rang Verkehr/Mobilität 388 12.29 1Energie allgemein 376 11.91 2Gewässerschutz 271 8.58 3saubere Luft/Ozon 258 8.17 4Atomenergie 245 7.76 5Klimaschutz 204 6.46 6Artenschutz/Tierschutz 158 5.00 7Müll-/Abfallproblematik 153 4.85 8Ressourcenverbrauch/Nachhaltigkeit/Wirtschaft 149 4.72 9Landschaftsschutz 137 4.34 10Umweltbildung 128 4.06 11Abholzung tropischer Regenwald 116 3.67 12Waldsterben 112 3.55 13Lebensmittelproduktion 61 1.93 14Ozonloch 55 1.74 15soziale Gerechtigkeit/Entwicklungshilfe 45 1.43 16Gentechnologie 39 1.24 17Bevölkerungswachstum 37 1.17 18Lärmbelastung 21 0.67 19Tourismus 19 0.60 20anderes 185 5.86 Gesamt 3157 100

Legende: Bei dieser Frage waren Mehrfachantworten möglich. Es konnten fünf Themen in einer Rangordnung von 1 – 5 angegeben werden. Wurde ein Umweltthema im Fragebogen als erste Priorität angegeben, erhielt es bei der Auswertung fünf Punkte. Wurde hingegen ein Thema nur in der 5. Priorität angegeben, erhielt es dementsprechend nur einen Punkt. Auf diese Art wurde die Punktezahl in der zweiten Spalte von links berechnet.

Tabelle 32