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www.move-magazin.eu Berlin, Montag, 19. Nobember 2012 SIMEP 1 Spezial „Früher gab es kein Obst!“ E in Rück-, Durch- und Zukunftsblick mit Jano Costard (25), dem Orga- nisator der SIMEP und Vorstand der JEB-BB. von Christine Meiser und Luisa Klopfer Kannst du uns ein bisschen was über die SIMEP und ihre Geschich- te erzählen? Die Simulation Europäisches Parla- ment (SIMEP) ndet dieses Jahr zum 14. Mal statt. Ich selbst war 2004 zum ersten Mal dabei, damals als Schüler und 2005 gleich noch mal. Seitdem hat sich die SIMEP stark weiterentwickelt. Früher haben nur etwa 100 Schüler an einer eintägigen Veranstaltung teil- genommen. Heute sind es rund 200 Schüler! Außerdem gab es keine Jour- nalisten und keine Ausschusssitzun- gen. Seit einigen Jahren haben wir das Konzept mit zwei Simulationen pro Jahr. Über die SIMEP bin ich übrigens, wie so viele, dann auch zur Jungen Eu- ropäischen Bewegung Berlin-Branden- burg (JEB) gekommen. Ich kann mich auf jeden Fall erin- nern, dass es auf meiner ersten SIMEP nur Schokoriegel und so einen Kram gab. Früher gab es kein Obst. Jetzt ist es viel gesünder! Eine gute oder schlechte Entwick- lung? Doch, mit Obst und Gemüse kann ich schon was anfangen. Was motiviert dich, die SIMEP zu organisieren? Einfach zu sehen, was wir mit einer solchen Veranstaltung erreichen kön- nen. Das wird noch viel deutlicher morgen Abend nach der Finaldebatte werden, wenn die SIMEP-Abgeordne- ten alles hinter sich haben. Sie werden dann, so wie die Leute der letzten Jah- re, total euphorisch sein und den lang- wierigen Entscheidungsprozess im Europäischen Parlament mehr wert- schätzen, da sie ihn nun selbst erlebt haben. Es ist notwendig, viele Kom- promisse zu akzeptieren, weil man einfach seine eigene Meinung nicht durchsetzen kann. Trotzdem sind sie alle total begeistert. Wie äußert sich die Arbeit in der JEB in deinem Alltag? Wir haben einmal im Monat ein Treen des Vorstandes, bei dem wir wichtige Vereinsentscheidungen tref- fen. Auch veranstalten wir monatlich einen Jour-Fixe, der in einem Café in Berlin stattndet sowie regelmäßige Aktiventreen. Seite 4 SIMEP-Teilnehmer beim Erönungdplenum (Sevil Asci) Ismail Ertug I m Gespräch mit Hannah Ibnoulward erklärt der Europa-Abgeordnete Ismail Ertug, dass es keine Patentlö- sung zur Finanzkrise gibt und wo das Problem der schwachen europäischen Außenpolitik liegt. Zudem betont er warum die SIMEP so wichtig ist. Denn so viel anders als auf der SIMEP geht es in Strasbourg und in Brüssel auch nicht zu. Das ganze Interview auf Seite 5. Liebe Griechen! D er Staatsbankrott ist nicht ab- zuwenden, der Euro allerdings schon. Und die Krise in Griechenland hätte auch basisdemokratisch gelöst werden können. Findet Jana Urban. Sie denkt dort weiter, wo die SIMEP an zwei Tagen zu kurz kommt. Es geht um den Erhalt der Solidarität. Spielt der aktuelle Sparkurs die euro- päischen Staaten gegeneinander aus? Der Kommentar auf Seite 7 Deutscher Traum? M igration ist ein Dauerthema und keine Besserung in Sicht für Menschen, deren Träume nach der Ankunft in der neuen Heimat plat- zen. Zwischen Wirtschaft und Politik verschwinden schnell individuelle Nöte. Wer protiert von Flüchtlingen und „illegalen“ Einwanderern? Mina Saidze bringt uns zwei Schicksale aus Spanien und Mazedonien näher. Der Artikel auf Seite 14.

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Page 1: move-Magazin SIMEP-Spezial zur SIMEP 1 2012

www.move-magazin.eu Berlin, Montag, 19. Nobember 2012 SIMEP1 Spezial

„Früher gab es kein Obst!“E!in Rück-, Durch- und Zukunftsblick

mit Jano Costard (25), dem Orga-nisator der SIMEP und Vorstand der JEB-BB. von Christine Meiser und Luisa Klopfer

Kannst du uns ein bisschen was über die SIMEP und ihre Geschich-te erzählen?

Die Simulation Europäisches Parla-ment (SIMEP) "ndet dieses Jahr zum 14. Mal statt. Ich selbst war 2004 zum ersten Mal dabei, damals als Schüler und 2005 gleich noch mal. Seitdem hat sich die SIMEP stark weiterentwickelt. Früher haben nur etwa 100 Schüler an einer eintägigen Veranstaltung teil-genommen. Heute sind es rund 200 Schüler! Außerdem gab es keine Jour-nalisten und keine Ausschusssitzun-gen. Seit einigen Jahren haben wir das Konzept mit zwei Simulationen pro Jahr. Über die SIMEP bin ich übrigens, wie so viele, dann auch zur Jungen Eu-ropäischen Bewegung Berlin-Branden-burg (JEB) gekommen.

Ich kann mich auf jeden Fall erin-nern, dass es auf meiner ersten SIMEP nur Schokoriegel und so einen Kram gab. Früher gab es kein Obst. Jetzt ist es viel gesünder!

Eine gute oder schlechte Entwick-lung?

Doch, mit Obst und Gemüse kann ich schon was anfangen.

Was motiviert dich, die SIMEP zu organisieren?

Einfach zu sehen, was wir mit einer solchen Veranstaltung erreichen kön-nen. Das wird noch viel deutlicher morgen Abend nach der Finaldebatte werden, wenn die SIMEP-Abgeordne-ten alles hinter sich haben. Sie werden dann, so wie die Leute der letzten Jah-re, total euphorisch sein und den lang-wierigen Entscheidungsprozess im

Europäischen Parlament mehr wert-schätzen, da sie ihn nun selbst erlebt haben. Es ist notwendig, viele Kom-promisse zu akzeptieren, weil man einfach seine eigene Meinung nicht durchsetzen kann. Trotzdem sind sie alle total begeistert.

Wie äußert sich die Arbeit in der JEB in deinem Alltag?

Wir haben einmal im Monat ein Tre#en des Vorstandes, bei dem wir wichtige Vereinsentscheidungen tref-fen. Auch veranstalten wir monatlich einen Jour-Fixe, der in einem Café in Berlin statt"ndet sowie regelmäßige Aktiventre#en. Seite 4

SIMEP-Teilnehmer beim Erö#nungdplenum (Sevil Asci)

Ismail Ertug

I!m Gespräch mit Hannah Ibnoulward erklärt der Europa-Abgeordnete

Ismail Ertug, dass es keine Patentlö-sung zur Finanzkrise gibt und wo das Problem der schwachen europäischen Außenpolitik liegt. Zudem betont er warum die SIMEP so wichtig ist. Denn so viel anders als auf der SIMEP geht es in Strasbourg und in Brüssel auch nicht zu.

Das ganze Interview auf Seite 5.

Liebe Griechen!

D!er Staatsbankrott ist nicht ab-zuwenden, der Euro allerdings

schon. Und die Krise in Griechenland hätte auch basisdemokratisch gelöst werden können. Findet Jana Urban. Sie denkt dort weiter, wo die SIMEP an zwei Tagen zu kurz kommt. Es geht um den Erhalt der Solidarität. Spielt der aktuelle Sparkurs die euro-päischen Staaten gegeneinander aus?

Der Kommentar auf Seite 7

Deutscher Traum?

M !igration ist ein Dauerthema und keine Besserung in Sicht

für Menschen, deren Träume nach der Ankunft in der neuen Heimat plat-zen. Zwischen Wirtschaft und Politik verschwinden schnell individuelle Nöte. Wer pro"tiert von Flüchtlingen und „illegalen“ Einwanderern? Mina Saidze bringt uns zwei Schicksale aus Spanien und Mazedonien näher.

Der Artikel auf Seite 14.

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Rund 200 Schülerinnen und Schüler schlüpfen an zwei Tagen in den Räumlichkeiten des Deutschen Bundestages und des Berliner Ab-geordnetenhauses in die Rolle von Europa-Abgeordneten – das ist die Simulation Europäisches Parlament (SIMEP). Sie scha#t die Möglichkeit, Europapolitik aktiv nachzuvollzie-hen und so einen Zugang zu europa-politischem Engagement zu "nden.

In dieser Zeitung vereinigen sich die Kräfte der SIMEP und des move-Magazins, dem Online-Maga-zin der Jungen Europäischen Bewe-gung Berlin-Brandenburg, bereits zum dritten Mal in Folge. Gemein-sam mit der move-Redaktion stem-men junge Menschen zusammen eine Vielfalt an Aufgaben: Es wird live von den Tre#en und Debatten der Fraktionen und Ausschüsse be-richtet und kommentiert; Interviews werden geführt, Fotos gemacht und zum ersten Mal läuft unser Team auch mit einer Filmkamera über die Veranstaltung. All das ganz getreu dem diesjährigen Motto: Europa, jetzt erst recht!

Aber es wird auch inhaltlich ge-arbeitet. Drei Themen stehen in die-sem Jahr im Mittelpunkt der SIMEP, zu denen unsere move-Redakteure einen vertiefenden Einblick liefern:

Zum einen soll der Europäische Datenschutz überdacht werden, der seit 1995 hinter den rasanten Ent-wicklungen des Cyberspace hinter-herhinkt. Wie kann das Parlament aus dem unüberschaubaren „Wer weiß was?“ ein nutzerfreundliches Instrumentarium gestalten?

Zweitens steht die Europäi-sche Außenpolitik im Mittelmeer-raum auf der Tagesordnung. Der sogenannte Arabische Frühling hat die politischen Beziehungen zwi-schen den arabischen und europäi-schen Ländern auf eine harte Probe gestellt. Doch auch zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten der Eu-ropäischen Union (EU) gab es Mei-nungsverschiedenheiten. Wie kann in Zukunft gemeinsame Verantwor-tung intergouvernemental verwirk-licht werden?

Außerdem befassen sich die Ab-geordneten auch mit der Zukunft des Euro. Wer darf den Haushalt der EU lenken? Es steht viel auf dem Spiel und die Solidarität unter den Mit-gliedstaaten muss bei Fragen nach einer EU-Steuer oder gar eines neuen Reformvertrages intakt bleiben.

Neben diesen drei Hintergrund-Berichten sind die Resultate der kre-ativen Arbeit vor Ort auf 16 Seiten festgehalten. Mögen nicht nur die SIMEP, sondern auch diese Zeitung ein Anreiz sein, Europa erst recht zu entdecken und selbst mitzugestal-ten.

Viel Spaß beim Lesen wünschtChristoph Beeh

Editorial

ImpressumHerausgeber Junge Europäische Bewegung Berlin-Brandenburg e.V. Sophienstraße 28-29, D-10178 Berlin

Leitung Christoph Beeh Chefredakteur Alexander SteinfeldtLayout Maximilian Gens ([email protected])

Redaktion Rosa Anschütz, Sevil Asci, Theresa Gattert, Hannah Ibnoulward, Arne Käthner, Luisa Klopfer, Sonja Luckmann, Amelie Maier, Christine Meiser, Mina Saidze, Daniela Stoltenberg, Jana Urban

Au$age 350 StückDruck Copy House / dbusiness.de GmbH

move-magazin.eu | facebook.com/movemagazin | [email protected]

Das Team der move-SIMEP1-Spezial (Sevil Asci)

InhaltImpressum S. 2SIMEP-Teilnehmer S. 3Thomas Mann S. 4Ismail Ertug S. 5Direkte Demokratie S. 6Den Euro abscha#en S. 7Was ist eigentlich SIMEP? S. 8Die Zukunft des Euro S. 8MensaGeMurmel S. 10WWW S. 10Mittelmeerpolitik S. 12Stellungnahme zu Syrien S. 13Der Deutsche Traum S. 14Karikatur S. 15Die JEB-BB S. 16

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K!lara Kische, 16, aus Dresden: auf der SIMEP ist sie in die Rolle ei-

ner "nnischen Abgeordneten der ALDE-FIN geschlüpft.

Wo tri#st du auf Politik im Alltag?

Eigentlich tre#e ich auf Politik nur beim Nachrichtenschauen. Außerdem habe ich Politik als Wahlfach in der Schule gewählt.

Warum nimmst du an der SIMEP teil?

Mich interessiert das Europäische Parla-ment und ich möchte die Abläufe dort besser verstehen können.

Was kannst du uns über das Land, das du vertrittst, erzählen?

Das, was eigentlich jedem zunächst zu Finnland einfällt: Nokia, Sauna, der Weihnachtsmann wohnt in Finnland. Außerdem ist Finnland eines der weni-gen Länder mit AAA-Status (Einstufung der Kreditwürdigkeit eines Staates. AAA ist hierbei die beste Klassi"zierung) und liegt in der PISA-Studie immer ganz weit vorne.

Was kannst du uns über die Par-tei, die du vertrittst, erzählen?

Demokratisch und liberal – ich bin in der ALDE-FIN.

Entspricht das auch deiner per-sönlichen politischen Einstellung?

Meine Überzeugung ist weder links noch rechts, jedoch auch nicht kon-servativ, obwohl ich auf ein katholi-sches Gymnasium gehe.

Was macht dich besonders?

Ich tanze schon seit ich sehr klein bin: besonders Ballett und Hiphop, auch auf Tourneen.

D!er Berliner Daniel Kempin (26) ist dieses Jahr Projektleiter der SIMEP

und kommt aus Stralsund.

Bist du Mitglied in einer politischen Organisation?

Ich bin Mitglied der JEB seit eineinhalb Jahren, weil ich mich überparteilich engagieren will. Ich bin sozusagen „Lei-denschaftstäter“ für den europäischen Kontext, da mir Parteien zu wenig um-setzen.

Was ist deine Motivation, dich zu engagieren?

Ich "nde, dass Europa unglaublich viele Möglichkeiten bietet, die wir zum Teil sehr selbstverständlich leben, wie das Reisen in-nerhalb der EU oder Annehmlichkeiten wie Produktstandards. Das ist oft so selbstver-ständlich, dass wir vergessen, dass vorher viele Debatten darüber geführt und viele Hindernisse überwunden wurden. Ich wür-de gerne das Europa, das wir jetzt haben, weiterentwickeln und mich dafür einset-zen, dass das nicht weniger wird. Gerade bei der JEB können wir vieles von unseren eigenen Wünschen miteinbringen. Ich habe das Gefühl, ich kann etwas verändern, da ich die Menschen dazu bringen kann, Europa nicht kritisch zu sehen, sondern als Chance.

Wo würdest du dich politisch ein-ordnen?

Ich "nde mich zum Teil in der CDU wie-der, aber auch bei den Grünen. Meine perfekte Regierung wäre also Schwarz-Grün, das ist aber ein bisschen tricky. (zwinkert)

Die Welt soll über mich erfahren, dass…

… ich vor kurzem vom Park Inn ge-sprungen bin! Ab und zu setze ich mir so etwas in den Kopf. Bungeejumpen war ich auch schon!

R!osa Anschütz ist Schülerin und engagiert sich auf der SIMEP im

Presseteam. Sie kommt aus Berlin, ist 15 Jahre alt und schnuppert zum ersten Mal in die Welt der Politik.

Warum hast du dich für eine Teilnahme an der SIMEP ent-schieden?

Ich hatte vorher noch nicht so viel mit Politik am Hut und jetzt will ich einfach ein bisschen mehr über Poli-tik erfahren und wie das so abläuft.

Findest du, dass Europapolitik in deinem Alltag präsent ist?

Deutschland ist Mitglied in der EU, weshalb wir uns umeinander küm-mern müssen. Europa geht jeden et-was an!

Beschreibe deine Aufgaben als Mitglied der Presse.

Ich schreibe einen Artikel über Syri-en, indem ich die Standpunkte der EU und Deutschlands miteinander ver-gleiche.

Wo würdest du dich politisch einordnen?

Als Partei mag ich die Grünen, da ich ihre Ansichten größtenteils gut "nde. Manchmal aber auch nicht. Ich "nfe ihre Ansätze klug und nicht so unrealistisch wie die der Piraten. Hätte ich ein politisches Vorbild, dann wäre es Renate Künast.

Was macht dich besonders? Hast du zum Beilspiel schon Mal an einem Chilischotenwettessen teil-genommen?

Das nicht, aber ich habe bei einem Performanceprojekt mitgearbeitet, wo ich richtig aus mir raus kommen konnte.

Du auch hier? - Ein Querschnitt durch die diesjährigen SIMEP-TeilnehmerE!ine Abgeordnete, ein Helfer und eine Jungjournalistin haben ihre ganz persönliche Geschichte, wieso sie an der

SIMEP teilnehmen. Luisa Klopfer und Christine Meiser haben nach Motiven, politischen Einstellungen und Enga-gement befragt.

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Fortsetzung von Seite 1Dort versuchen wir unsere Mitglieder in die Arbeit einzubinden, die nicht im Vorstand sind, aber sich trotzdem ein-bringen wollen.

Habt ihr dieses Jahr alles erreicht, was ihr euch vorgenommen habt?

Das kommt darauf an, wie die SIMEP läuft, aber im Moment bin ich sehr op-timistisch.

Was machst du so außerhalb der JEB?

Ich promoviere derzeit in Berlin. Vor-her habe ich meinen Bachelor in VWL in Frankfurt (Oder) gemacht, bin dann im ersten Jahr meines Masters nach Mannheim und dann nach Toulouse in Frankreich gewechselt. Dort waren die Studenten „superinternational“. Nur etwa drei von 25 Absolventen in meinem Fach waren Franzosen. Nach dem Abschluss meines Masters bin ich wieder nach Berlin, meine alte Hei-mat, gezogen.

Die JEB ist ja überparteilich, was wäre denn deine eigene politische Einordnung?

Schwierig! Es fällt mir selber nicht ganz einfach, mich einzuordnen.

Und dein Politisches Vorbild?

Da habe ich keins. Was mich moti-viert, ist unser Europa mitzugestalten.

Ein besonderes Ereignis deines Lebens?

Berlin-Marathon 2007!

E!r ist EP-Abgeordneter der Europä-ischen Volkspartei (EVP), sitzt im

Währungsausschuss und ist Pate des Wortes „Menschlichkeit“. Auf der SIMEP trafen wir den 66-Jährigen zu einem Interview. Thomas Mann über Sixpack, eine EU-Steuer und Fußball-Regeln. von Hannah Ibnoulward

Könnten Sie sich vorstellen, einige Beschlüsse der SIMEP wirklich umzusetzen?

Das hängt von der Qualität der Vor-schläge ab. Ich halte aber eine Men-ge davon. Ich habe zum Beispiel beim europäischen Jugendkonvent mitge-arbeitet. Dort haben die Jugendlichen teilweise bis 2 Uhr morgens Themen behandelt. Ich habe mich in die Reihen der EVP gesetzt, um mal zu lauschen, was da so besprochen wird. Einige von den Jugendlichen sind dann auf mich zugekommen und haben danach ein Praktikum bei mir gemacht. Ich "nde es sehr gut, dass junge Leute aus al-len Teilen Deutschlands hierher kom-men, um das Parlament nachzuspie-len. Man lernt, sich eine Meinung zu bilden, andere davon zu überzeugen, dass es noch einen anderen Weg gibt.

Dieses Jahr geht es bei der SIMEP um die Eurokrise. Welche Maß-nahmen sind Ihrer Meinung nach nötig, um die Krise erfolgreich zu meistern?

Ich war Mitglied des Sonderausschus-ses zur Lösung dieser Finanz- und Bankenkrise. Dort haben wir in an-derthalb Jahren Arbeit viele Vorschlä-ge gemacht, die ich nach wie vor für gut halte. Wir wollen zum Beispiel erreichen, dass nur noch zerti"zier-te Ratingagenturen arbeiten dürfen und eine eigene europäische Rating-agentur als Alternative zu den großen drei aufgebaut wird. Außerdem sollen Hedgefonds nur tätig werden dürfen, wenn sie zerti"ziert sind. Wir wollen Transparenz scha#en. Wir wollen eine Bankenabgabe erreichen, also Maß-nahmen der jeweiligen Banken als einen Solidaritätsfond. Wir sind für

eine Bankenüberwachung, um eine neue sichere Grundlage zu scha#en. Ein weiterer Vorschlag ist der Sixpack, den ich heute ausgeführt habe. Das sind 6 politische Maßnahmen, damit der Stabilitäts- und Wachstumspakt, den wir auf dem Papier schon längst haben, durchgreifen kann. Das heißt, dass Sanktionen verhängt werden können, dass Mitgliedstaaten sich an die Regeln halten müssen, damit wir nicht eine Verteilung von gemeinsa-men Schulden haben, bei denen die Größten am meisten zahlen müssen.

Sollte die EU die Verschuldung ihrer Mitgliedstaaten kontrollieren können? Benötigt sie dafür direkte Eingri#srechte in die nationalen Haushalte?

Wenn die Mitgliedsstaaten vernünftig genug sind, sagen sie, dass wir einen eu-ropäischen Finanzkommissar oder -mi-nister brauchen, der zwar die nationalen Finanzminister miteinbezieht, aber ein Durchgri#srecht besitzt. Wir brauchen Spielregeln wie beim Fußball. Da kann man sagen, dass die Vereine noch so un-terschiedlich sind, aber trotzdem die glei-chen Regeln zu befolgen haben.

Welche Kompetenzen braucht die EU für eine gemeinsame Wirt-schaftspolitik? Gehören dazu auch ein größerer Haushalt und eine EU-Steuer?

Die EU-Steuer, die ich zunächst befür-worte, schreckt viele Bürger ab, da sie befürchten, dass dadurch zusätzliche Steuern auf sie zukommen.

Weiter gehts auf Seite 7

Der Europa-Mann

Thomas Mann (Sevil Asci)

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I!smail Ertug ist MdEP in der S&D-Frak-tion. Aufgewachsen im bayerischen

Amberg, bezeichnet er sich selbst als Sohn einer klassischen türkischen Gast-arbeiterfamilie. Im Interview spricht er über die Kernthemen der SIMEP 2012, die EU-Beitrittschancen der Türkei und natürlich über die SIMEP selbst. von Hannah Ibnoulward

Halten Sie die SIMEP für eine realistische Darstellung des euro-päischen Parlaments? Laufen die Sitzungen bei Ihnen in ähnlicher Form ab?

Ich gehe davon aus, dass das Grundprin-zip mit der SIMEP erreicht wird. Im End-e#ekt geht es bei uns auch nicht soviel anders zu. Man sitzt im Plenum und hat seine Themenbereiche und nach einer Vorstellung des Berichterstatters, sind die Parlamentarier dazu aufgerufen ihre Mei-nungen und Positionen dazu kundzutun und so ungefähr ist das Ganze auch hier dargestellt. Von daher ist es eine gute Übung für junge Leute, um einen Einblick in den Tagesablauf eines Parlamentariers zu erhalten.

Am Ende der SIMEP werden die Beschlüsse der Teilnehmer dem Europäischen Parlament übergeben. Wie ernst werden Sie die Vorschlä-ge der Jugendlichen nehmen und könnten Sie sich auch vorstellen, einige davon umzusetzen?

Durch die SIMEP erhalten wir ein Stim-mungsbild für das wir sonst Institute beauftragen. Von daher sollte man das schon ernst nehmen. Das Besondere dabei wird natürlich auch sein, dass man sich die Inhalte anguckt.

Sie sind Mitglied des Türkei-Ausschusses der EU. Warum tut sich die EU ihrer Meinung nach so schwer mit der Aufnahme der Türkei?

Die Beitrittsfrage der Türkei ist meiner Meinung nach eine zu hohem Maße emotionale Frage. Trotzdem darf man nicht vergessen, dass 2004 alle 27 Län-der den Beitrittsverhandlungen zuge-

stimmt haben. Inklusive der Länder, die jetzt auch so tun, als wenn sie dar-an nicht beteiligt gewesen wären. Die Verhandlungen laufen jedoch weiter.

Wie stehen die Chancen für eine Türkeiaufnahme?

Die Frage ist nicht, ob die Türkei auf-genommen wird, sondern wann. Jetzt kommt es auf die Performance der Türkei an. Wie sie ihre Hausaufgaben macht, ihre Reformen angeht und ob sie den Kopenhagener Kriterien gerecht wird. Wenn sie das alles macht, wird es eine transformierte Türkei geben, die durchaus die europäischen Werte ver-tritt. Das Gleiche ist momentan auch bei Kroatien zu beobachten.

Ein Thema der diesjährigen SIMEP ist die Finanzkrise. Welche Maß-nahmen sind Ihrer Meinung nach nötig um die Krise zu bewerkstel-ligen?

Zuerst muss man sich über die Ursa-chen der Krise klar werden. Die Ban-ken haben viel Geld durch Fehlspeku-lationen verbrannt und mussten dann mit Staatsknete gestützt werden. Auf-grund dieses Kausalzusammenhangs brauchen wir eine deutlich bessere europäische Zusammenarbeit, was die Wirtschaft und Währung anbelangt.

Wir brauchen eine europäisierte Haus-haltspolitik, wobei das Recht der na-tionalen Parlamente nicht angetastet werden soll. Natürlich brauchen wir feste Regeln, ich plädiere beispielswei-se für eine Finanztransaktionssteuer. Außerdem muss man sich auch über Eurobonds Gedanken machen, das heißt, dass man einen Anteil der Schul-den vergemeinschaftet. Zusätzlich sind Strukturreformen anzumahnen. Es gibt keine 1a-Lösung, sondern ein Bündel von Maßnahmen, die einer starken EU bedürfen.

Ein weiteres Thema ist die EU-Außenpolitik. Welche Maßnahmen muss die EU ergreifen, um auf internationale Kon$ikte, wie zum Beispiel in Syrien, zu reagieren?

Die Europäische Union muss ihre Au-ßenpolitik bündeln, was natürlich schwierig ist, da es 27 eigene Außen-minister gibt, die sich ungern etwas sagen lassen. Wir haben zwar eine Ver-treterin. Sie muss allerdings so stark sein, dass sie für die EU sprechen kann, was momentan nicht der Fall ist. Die Meinungen in Europa gehen zu sehr auseinander, daher werden wir von der Welt nicht ernst genommen. Die Länder müssen Kompetenzen abgeben. Momentan sehe ich allerdings nicht den Weg dahin.

Das dritte Thema der SIMEP ist die Datenschutzpolitik. Hierbei geht es auch um die Vorratsda-tenspeicherung. Halten Sie diese für eine e#ektive Methode zur Verbrechensaufklärung?

In der jetzigen Form sicher nicht. Bisher sind durch Vorratsdatenspeicherung kei-ne großen Terrorakte verhindert worden. Momentan ist die Datenvorratsspeiche-rung mit zu langen Speicherfristen, zu intransparenten Inhalten und einer feh-lenden demokratischen Legitimation eher eine Gefahr als ein Nutzen.

„Europa wird nicht ernstgenommen“Der Europa-Mann

Ismail Ertug (Europäisches Parlament)

Page 6: move-Magazin SIMEP-Spezial zur SIMEP 1 2012

www.move-magazin.eu move SIMEP1 Spezial 6Die Zukunft des Euro

U!nsere Redakteurin Amelie Maier fragt SIMEP-Abgeordnete, ob die

aktuelle Krise in Griechenland und der Eurozone eine gute Möglichkeit ist, die politischen Entscheidungsprozesse in Europa verständlicher zu gestalten.

Die Eurokrise ist zurzeit in al-ler Munde und auch aus den Medien nicht mehr wegzudenken. Insbeson-dere Griechenland steht seit vielen Monaten im Fokus der Diskussion. Die Troika, ein Zusammenschluss aus der

Europäischen Zentralbank, der Euro-päischen Kommission und dem Inter-nationalen Währungsfond, hat durch ihre Sparvorlagen zur Kreditvergabe an das Land für Verstimmung in der griechischen Bevölkerung gesorgt. Die Menschen sind verärgert, dass sie den Gürtel immer enger schnallen müs-sen und gehen auf die Straße. Jahre-lang wurden strukturelle Fehler, wie Korruption und Klientelpolitik ver-schleiert sowie fehlerhafte Haushalts-berichte vorgelegt. Die Politik war un-durchsichtig und die Bürger wurden nicht einbezogen.

Fallbeispiel Griechenland

Es stellt sich die Frage, ob die aktuelle Situation Griechenlands, die „Stunde null“, in der sich das Land gerade be"ndet, nicht eine großarti-ge Chance für Europa ist, neue politi-

sche Systeme auszuprobieren und das Engagement der Demonstranten für die Einführung basisdemokratischer Organe zu nutzen? Hier gibt es zwei konträre Positionen unter den SIMEP-Abgeordneten.

Was für einen gilt, gilt auch für den anderen

Auf der einen Seite herrscht Unmut über die Proteste der grie-

chischen Bevölkerung, wie ein Ab-geordneter Litauens erklärt. „Unser Land muss auch die europäischen Sparmaßnahmen erfüllen, da wir auf-grund unserer eigenen momentanen geringen Wirtschaftsleistung selbst Gelder in Anspruch nehmen müssen.“ Nach anfänglichem Widerspruch der Bevölkerung scha#e es die litauische Regierung nun, über die Kürzung von Renten- und Verwaltungsausgaben so-wie Beamtengehältern die auferlegten Maßnahmen einzuhalten. Der Abge-ordnete fordert, dass Griechenland die gleichen Konsequenzen ziehen muss.

Griechen sind nicht allein schul-dig

Im Gegensatz dazu bezieht ein Abgeordneter Österreichs eine solida-rische Position. „Wir müssen aufhö-ren, Griechenland als Schuldigen dar-

zustellen, da ein Zerfall der Eurozone ungeahnte Gefahren mit sich bringt. Die Probleme lassen sich nur durch Solidarität lösen.“ Mehr Basisdemo-kratie sei sinnvoll auf allen politischen Ebenen, damit sich die Bevölkerung mehr am Gesetzgebungsprozess betei-ligen kann. „Die Bürger müssen sich mehr mit den Entscheidungen ausei-nandersetzen, um diese mitzutragen.“ Das vorläu"ge Ziel sei es, laut dem Ab-geordneten, zunächst ein Bewusstsein für die Kraft und Wirkungsfähigkeit Europas zu scha#en.

Die nationale Brille abnehmen

Auch Thomas Mann, Mitglied des Europäischen Parlaments und Re-ferent auf der SIMEP, bezieht klar Stel-lung für ein gemeinschaftliches Euro-pa. In seiner Rede an die Teilnehmer des Planspiels plädierte er für einen europäischen Bundesstaat, in dem die Länder nach dem Prinzip „best practi-ce“ zusammenarbeiten und voneinan-der lernen. Seine Forderung, Politiker müssten ihre „nationale Brille“ abneh-men, sorgte bei den Abgeordneten für Begeisterung.

Der Weg zu einer europäischen Identität ist noch weit, eine gemeinsa-me Verfassung scheint momentan noch nicht umsetzbar. Doch das Interesse da-ran wächst, wie sich heute auf der SIMEP gezeigt hat. Ein vereintes Europa beruht auf einer basisdemokratischen Organi-sation. Die Transparenz im politischen Entscheidungsprozess muss gestärkt werden, damit die Partizipation der eu-ropäischen Bürger steigt. Je mehr sich jeder Einzelne und jeder Staat engagiert, desto eher erreichen wir dieses Ziel. Die Griechenland- und Eurokrise bietet somit eine Chance für Europa, sich in diesem Punkt weiterzuentwickeln und als Vor-bild in der Welt voranzugehen. Nutzen wir diese!

Aus der Krise lernen: für ein transparenteres Europa

(Sebastian2 / jugendfotos.de)

Page 7: move-Magazin SIMEP-Spezial zur SIMEP 1 2012

www.move-magazin.eu move SIMEP1 Spezial 7Die Zukunft des Euro

E!uro ja oder nein? Auch auf der SIMEP wird das Thema der Eu-

rokrise kontrovers diskutiert. Vor Ort hat sich unsere Redakteurin einen Überblick gemacht. - ein Kommen-tar von Jana Urban

Streng. Mühsam. Vielverspre-chend? Die Diskussion um die Sparpo-litik der Europäischen Union ist aktuell. Was haben Deutschland und Frankreich sich da ausgedacht mit ihrem „Paket zur Verbesserung der Wettbewerbs-fähigkeit“? Es heißt, es solle die Volks-wirtschaften antreiben und so das Ge-meinschaftsgefühl der Union stärken. Durch den Euro ist die Wirtschafts- und Währungspolitik auf verschiedene Ent-scheidungsebenen gehoben worden. Die Wirtschaftspolitik verbleibt in Hän-den der Nationalstaaten, während die Währungspolitik seitdem eine europäi-sche Angelegenheit ist. Das Prinzip der Mobilität der Arbeitskräfte innerhalb der Länder funktioniert nicht mehr. Gerade in den letzten Monaten ist eine „Flucht aus der Krise“ von Portugal und Griechenland nach Deutschland zu be-obachten. Fördert das tatsächlich die Integration der EU? Oder wäre Europa, insbesondere Griechenland, besser be-raten, dem Euro den Rücken zu kehren?

Die SIMEP-Abgeordneten sind pro-Europa eingestellt. Fragt man bei konservativen Fraktionen nach, die in Großbritannien und Tschechien stark sind, hört man vom „Subsidia-ritätsprinzip“ und deshalb einer ne-gativen Einstellung zum Euro. Aber bei Ländern wie Griechenland sind die Abgeordneten des Europäischen Parlaments positiv gestimmt: Man brauche die EU als Unterstützer, sonst würde die Wirtschaft zusam-menbrechen.

Am Rande des SIMEP-EU-Frohmu-tes sehe ich das Ganze kritisch. Wissen denn die Griechen gar nicht, worauf sie sich da einlassen, mit den ganzen For-derungen und Paketen? Sparpakte sind schließlich keine Weihnachtsgeschen-ke, sondern mergeln Griechenland und seine Bevölkerung aus. 13,5 Milliarden

Euro muss Griechenland in den nächs-ten zwei Jahren sparen. Dass das nicht zu scha#en ist, haben Deutschland und Frankreich erkannt und Hilfe angebo-ten. Doch diese Hilfe zwängt Griechen-land in eine quälende Abhängigkeit. Griechenland stünde nicht schlechter da, wären es aus dem Euro ausgestie-gen, denn es wären bankrott gegan-gen - was sie, liebe Griechen, das müsst ihr euch schon eingestehen - ohnehin schon sind.

Sie hätten von vorne anfangen können, aber nach eigenen Spielre-geln. Statt De"zite von Rentnern bezahlen zu lassen, sollten lieber die dafür gerade stehen, die die Kri-se verursacht haben. Die Krise wäre auch basisdemokratisch lösbar ge-wesen. Ein erster Schritt in die rich-tige Richtung wäre eine Volksab-stimmung gewesen, ob die Griechen - und hier meine ich den Großteil der Bevölkerung - die Hilfe von Europa überhaupt möchten oder eben nicht. Dies wurde jedoch durch massiven Druck von den Geberländern verhin-dert.

Obwohl hier bei der SIMEP hei-tere Stimmung herrscht, sieht die Wirklichkeit da draußen anders aus. Allgemeine Unzufriedenheit liegt in der Luft. Dass das Sparpaket der großen Politiker der Integration und Transparenz Europas hilft, sei deswe-gen stark in Frage gestellt.

Ist die Lösung, sich dem Euro abzuwenden?

Fortsetzung von Seite 4Doch eigentlich bedeutet das nur, dass wir unsere ganzen Ausgaben zu einem europäischen Teil vereinen. Dabei han-delt es sich gar nicht um so viel Geld, wie die Bürger denken.

Doch momentan erhalten wir dafür nur negative Reaktionen, da die Bürger glauben, wir wollen ihnen noch mehr Geld wegnehmen.

Ein weiteres Thema der SIMEP ist die EU-Außenpolitik. Welche Maß-nahmen sollte Europa ergreifen, um auf Kon$ikte, wie zum Beispiel in Syrien, zu reagieren?

Wir brauchen eine gemeinsame Basis als Grundlage. Um militärisch eingreifen zu können, haben wir momentan keine Grundlage. Ho#entlich wird es dazu auch nicht kommen. Wenn wir einmarschieren sollten, könnten wir das nur auf Basis ei-nes UN-Mandates tun. Aber auch hierbei ist es wichtig, gemeinsam zu agieren und als Europa mit einer Stimme zu sprechen. Das ist allerdings ein langer Prozess.

Das dritte Thema der diesjährigen SIMEP ist die Datenschutzpolitik. Sollte es eine allgemeine Regelung für in der EU ansässige Unterneh-men hinsichtlich der Nutzung und Weitergabe von Verbraucherdaten geben? Wie sollte diese aussehen?

Wenn ich bei einer Firma einkaufe, stelle ich später fest, dass ich Post von einer Firma erhalte, die mit der ande-ren scheinbar gar nicht zusammenar-beitet. Meine Daten, die ich brauche, um einen Kauf zu tätigen, werden wei-tergegeben, ohne dass ich die Einwil-ligung dazu gegeben habe. Das halte ich nicht für zulässig. Oft kann man gar nicht nachvollziehen, wer wann welche Daten weitergegeben hat. Da-her brauchen wir Institute und Über-wachungsorgane und Strafen im Falle eines Missbrauchs. Alles andere kann gar nicht sein. Wir sind sowieso schon kontrolliert genug. Viele Daten, von denen wir meinen, wir gäben sie pri-vat weiter durch Facebook und andere soziale Netzwerke, sind nicht gelöscht. Es wird nichts vergessen, überall hin-terlassen wir Spuren. Das haben wir gerade beim CIA-General in den USA miterlebt.

(doro52 / pixelio.de)

Page 8: move-Magazin SIMEP-Spezial zur SIMEP 1 2012

www.move-magazin.eu move SIMEP1 Spezial 8

D!ie Finanz- und Schuldenkri-se hält Europa noch immer in

Atem. Sie hat nicht bloß die finan-ziellen Defizite einzelner Länder auf-gedeckt, sondern das europäische Vorzeigeprojekt der Währungsunion an sich in Frage gestellt. Die offen-sichtlichen Schwächen dieses Pro-jekts sollten uns jedoch nicht deren fundamentale Errungenschaften ver-gessen lassen. von Arne Käthner

Historie

Die Erfindung der Geldwirtschaft wird allgemein als zivilisatorischer Fortschritt anerkannt. Grund dafür ist die ihr zugeschriebene Eigenschaft, zwischenmenschliche Beziehungen zu befrieden. Mit der Einführung von Geld werden die Privilegien eines Ein-zelnen (Besitztümer, Titel oder Rechte) für einen anderen erreichbar – voraus-gesetzt er ist bereit, einen gewissen Preis dafür zu zahlen. Indem sich die gewaltfreie Beilegung von widerstrei-tenden Interessensüberschneidungen als „preiswerter“ erweist (Reduzierung von Unsicherheit sowie von Gefahr für Leib und Leben), so das Argument, verhindert Geld als Tauschmittel den Ausbruch von Gewalt.

Eine Währung fungiert dem-nach durchaus als Verbindungs-stück und stellt Tauschbeziehungen auf eine gemeinsame, für beide Sei-ten vorteilhafte Grundlage. Darüber hinaus, so die gängige Meinung, schaffe die Geld- und Kreditwirt-schaft nicht nur Märkte, sondern auch Kulturen mit gleichem Werte-verständnis. Mittels Geldwirtschaft können Beträge, Schulden und Fris-ten minutiös aufgezeichnet und so die gegenseitigen Verpflichtungen präzise berechnet werden. Diesen Umstand – das Aufkommen der rationalen Wirtschaftsrechnung – würdigte schon der Soziologe Max Weber als einen entscheidenden Beitrag für die Entwicklung der, gegenüber anderen Kulturen fort-schrittlichen, westlichen Gesell-schaft und ihrer nach Gewinn stre-benden Wirtschaft. Das rationale Rechnungswesen (Kapitalrechnung

und Kalkulation) stärke zudem die Moral und das Rechtsempfinden ge-genüber den Handelspartnern.

Dies ist zentral, da Handels-partner, wollen sie weiterhin mitei-nander ins Geschäft kommen, sich auf eine gemeinsame Handhabung von Leistungen und Rückzahlungen einigen müssen. Ohne diese gemein-samen Werte kann kein Vertrauen in die Zuverlässigkeit des Handels-partners, aber auch kein Vertrauen in eine Währung – eine abstrakte Verkörperung eines Wertes, welche rein relationalen Wert besitzt – ent-stehen. Vertrauen ist also für eine funktionierende Währungsgemein-schaft unabdingbar und muss von einzelnen Marktakteuren – allem voran der Schuldner – stets aufs Neue erworben werden.

Gegenwart

Vor diesem Hintergrund erscheint die Einführung einer Gemeinschafts-währung in einem eng miteinander verflochtenen Wirtschaftsraum als ein kluger Schritt. Nach gut einer Dekade steckt dieses Vorzeigepro- jekt Europas jedoch in einer ernstzu-nehmenden Krise. Die gepriesenen Vorzüge scheinen sich amortisiertzu haben: Viele Staaten haben das ihnen entgegengebrachte Ver-trauen durch eine Überschuldung des eigenen Landes verloren. Die Möglichkeit rationaler Handelsbe-ziehungen wird von einer Vielzahl denkwürdiger Phänomene konter-kariert (vollautomatischer Hoch-frequenzhandel, Anleihenkauf auf Pump, oder auch Nahrungsmit-telspekulationen). Auf der Stre-cke geblieben sind außerdem das Verständnis und der gegenseitige Respekt im Umgang miteinander. Letzteres musste die deutsche Kanz-lerin in letzter Zeit immer wieder erfahren. Bei ihren Auslandsreisen in die befreundeten EU-Mitglied-staaten war sie vor Anfeindungen aufgebrachter Demonstranten nicht gefeit – Transparente mit Naziver-gleichen und Hitlergruß gehörten dabei in Griechenland und Spanien

Die Zukunft des EuroDie Zukunft des Euro

Schüler ins Europäi-sche Parlament

M!ehr als 200 Schüler und Schü-lerinnen aus ganz Deutschland

versammelten sich am Sonntag, 18. November 2012 vor dem Bundestag in Berlin. Es ist der Beginn eines span-nenden Wochenendes, bei dem die Ju-gendlichen hautnah miterleben, wie es sich anfühlt, Europa-Politiker zu sein. von Daniela Stoltenberg

SIMEP, das bedeutet europä-ische Politik gestalten. Seit 1999 veranstaltet die Junge Europäische Bewegung Berlin-Brandenburg (JEB) jedes Jahr die Simulation Eu-ropäisches Parlament (SIMEP). Das Planspiel lässt jährlich auf mittler-weile zwei Veranstaltungen über 400 Schüler aus ganz Deutschland zu Abgeordneten des Europäischen Parlaments werden. Was denkt ein Finne zur Syrien-Frage und wie steht Griechenland zum Sparkurs der EU? Und wie funktioniert ei-gentlich die parlamentarische Ent-scheidung? Solche Fragen können die Teilnehmer nach der Simulation sicher beantworten.

An zwei Tagen lernen die Abge-ordneten vor der Kulisse des Bundes-tages und des Berliner Abgeordne-tenhauses, wie die EU-Gesetzgebung funktioniert. Zu drei Themen wer-den dem Parlament Entwürfe vorge-legt: Zukunft des Euro, Datenschutz und Europäische Außenpolitik im Mittelmeerraum stehen dieses Jahr auf dem Programm. Ländergruppen, Fraktionen, Ausschüsse – in ver-schiedenen Gremien diskutieren die Angeordneten Positionen und for-mulieren Änderungsanträge. Dabei werden die Fraktionen durch aktive Politiker und Vertreter der Jugend-parteiverbände unterstützt.

Den Abschluss des zweiten Ta-ges bildet die große Debatte im Ple-narsaal des Berliner Abgeordneten-hauses. In der Abwägung zwischen Länder- und Parteimeinung sowie persönlicher Einstellung entschei-den die Parlamentarier anschlie-ßend über die Themen. Dabei kön-nen sie beweisen, dass sie zu echten Experten in der europäischen Parla-mentsarbeit geworden sind.

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aber auch in Portugal, zum Standartre-pertoire der Demonstranten.

Fest steht, so groß die Errun-genschaften der Geldwirtschaft auch sein mögen, sie birgt unweigerlich auch Gefahren. Entscheidend für das weitere Vorgehen zur Lösung der Krise ist die Beantwortung der Frage, ob die derzeitigen Probleme, denen die Eurozone gegenübersteht,

dem Konzept der Monetarisierung inhärent sind, oder aber ob wir es lediglich mit einer fehlerhaften Um-setzung, beziehungsweise mit un-vernünftigen politischen bzw. wirt-schaftlichen Entscheidungen zu tun haben? Von der Antwort auf diese Frage hängt ab, welche Lösung für die Gemeinschaftswährung ange-strebt werden sollte.

Zukunft

Ein kurzer Blick auf die Machen-schaften vormals anerkannter Groß-banken oder aber auch auf die an-gehäuften Schuldenberge – nicht einzelner, sondern aller – Euroländer reicht eigentlich aus, um die Frage eindeutig beantworten zu können. Unzweifelhaft sind Fehler gemacht worden; von einzelnen Individuen, Institutionen, aber auch von den Regierungen der beteiligten Länder. Nicht nur Nachlässigkeiten bei der Konstruktion der Währungsunion werden als für die derzeitige Lage verantwortlich anerkannt, sondern vor allem die eigene Interpretation der so schon laxen Rahmenbedin-gungen. So wird die Notwendigkeit neuer Strategien für die Realität glo-bal interagierender Marktteilnehmer mittlerweile auch allgemein aner-kannt. Wie diese aussehen, wie sie institutionalisiert und europaweit umgesetzt werden sollten, bleibt je-doch strittig.

Schnelle Fortschritte bei der Verabschiedung und Umsetzung ge-meinsamer Finanz- und Währungs-reformen sind daher auch weiterhin nicht zu erwarten. Unterschiedliche Bewertungen der Ereignisse, sowie nationale Eigeninteressen der Euro-Länder tragen ihr Übriges zum zähen Ringen um Reformen bei. Selbst bei einer Einigung über eine Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsuni-on, der Initialisierung einer Banken-aufsicht und der Einführung einer Transaktionssteuer werden sich Fragen zur Ausgestaltung und Um-setzung gemeinsamer Rahmenbe-dingungen fortwährend neu stellen. Denn wirtschaftlicher wie sozialer Wandel bilden Konstanten gesell-schaftlicher Strukturen.

Eine Errungenschaft ist in der Krise gestärkt worden: der länderü-bergreifende, friedliche Dialog über die grundlegenden Werte auf denen eine gemeinsame Währungsunion zum allseitigen Vorteil gedeihen kann. Die Aufgabe der Währungsuni-on würde daher tatsächlich einen Rückschritt für transeuropäische Austauschbeziehungen bedeuten.

Zukunft ungewiss - wird der Euro kippen? (MoritzS / jugendfotos.de)

Die Zukunft des Euro

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MensaGeMurmel„Eigentlich tre#e ich auf Politik nur beim Nachrichtenschauen.“

„Ich will Abläufe im Parlament besser verstehen können.“

„Das was eigentlich jedem zu Finnland einfällt: Nokia, Sauna, der Weihnachts-mann wohnt in Finnland.“

„Niederlande? Blumen, Käse, Holzschu-he!“

„Ab und zu krieg ich es im Kopf und dann brauch ich so etwas Mal.“

„Weder links noch rechts. Auch nicht konservativ.“

„Die FDP auf jeden Fall nicht. Eher li-beral!“

„Ich bin sozusagen Leidenschaftstäter für den europäischen Kontext.“

„Politisches Vorbild?“ – „Arnold Schwar-zenegger.“

„Echt jetzt?“ - „Ja, na klar!“ (zwinker)

„Mehr Transparenz und Freiheit.“

„Ich "nde, dass Europa unglaublich vie-le Möglichkeiten bietet, die wir zum Teil sehr selbstverständlich leben.“

„Einzigartiges Experiment.“

„Was machst du da dann genau?“ - „Also wenn die irgendwas Tolles ma-chen wollen, sage ich: „Dafür gibt es Geld!“ … oder auch eben nicht!“

„Europa nicht kritisch sehen, sondern als Chance.“

„Das ist teilweise so selbstverständlich, dass wir vergessen, dass vorher sehr viele Hindernisse überwunden wur-den.“

„Ich habe das Gefühl ich kann etwas verändern.“

„Ich hatte vorher noch nicht so viel mit Politik am Hut.“

„Allgemein "nde ich ihre Ansätze klug. Manchmal aber auch nicht. Nicht so größenwahnsinnig wie die Piraten - die sagen einfach irgendwel-chen Kack.“

„Ich würde gerne das Europa, das ich jetzt habe, weiterentwickeln und mich dafür einsetzen, dass das nicht weniger wird, aber auch nach meinen Vorstellun-gen mitgestalten.“

„Europa geht jeden etwas an!“

„Meine perfekte Regierung wäre Schwarz-Grün, das ist aber ein biss-chen tricky.“

„Ich konnte so richtig aus mir raus-kommen!“

1!990: Die kommerzielle Nutzung des Internets beginnt. 1995: Die

EU erscha#t Datenschutzrichtlinien. Danach folgt nichts außer einer neu-en Denkweise. Das Internet wird immer alltäglicher. Neue Dienstleistungen werden zur Verfügung gestellt, doch die Richtlinien bleiben dieselben. Nun soll sich dies ändern. von Vivian Dreßler

Jeder kann heutzutage die Digi-talisierung unseres Lebens im Alltag erleben. Die Benutzung von Tablet-PCs, E-Readern, Laptops und Smart-phones ist für uns selbstverständlich. Soziale Netzwerke werden besucht. Nachrichten gelesen. E-Mails ge-schrieben. Jeder ist mit jedem in Kontakt, auch wenn dies über große Entfernungen geschieht. Doch gerade jene Vernetzung stellt ein großes Pro-blem in Bezug auf den Umgang mit unseren Daten dar. Zur Lösung sucht die EU-Kommission nach neuen Rege-lungen, um den Datenschutz zu ge-währleisten.

Die Anfänge des Datenschutzes

„Es gibt keinen Grund, warum jemand einen Computer zu Hause haben soll-te“, sagte Ken Olsen – Präsident und Gründer von DEC (Digital Equipment Corporation) – im Jahre 1977. Wie man sieht, war es selbst für Personen aus der Computerbranche unvorstell-bar, dass der Computer einen solch großen Stellenwert in unserem Le-ben einnehmen würde. 1990, als die kommerzielle Nutzung des Internets ermöglicht wurde, konnte sich mit

Sicherheit auch niemand vorstellen, dass die Vernetzung unserer Welt einmal so groß sein würde, dass die Verbindung von Facebook-Kontakten ein genaues Abbild unserer Weltkarte produziert.

Jedoch sind die EU-Richtlinien zum Thema Datenschutz 1995 ent-standen, angesichts heutiger Ent-wicklungen also uralt. Das Internet war noch nicht geprägt von der Dy-namik. Es steckte gerade erst in den Kinderschuhen, was die kommerzi-elle Nutzung anbelangt. Nun stellt die starke Vernetzung durch das In-ternet aber einen Schwachpunkt für die Privatsphäre des Menschen dar. Ebenso komplex wie die Strukturen des World Wide Web ist es für den Benutzer nicht mehr möglich, seine persönlichen Daten wirklich zu ver-folgen. Wer was weiß, ist nicht mehr ersichtlich. Gerade dies will die EU aber erreichen.

So gilt es nun, neue Regelungen zu "nden. Es soll eine Verordnung gescha#en werden, mit der ein allge-meiner Datenschutzrahmen gestaltet werden soll. Zudem soll es Richtlini-en geben, die dem Zweck der Verhü-tung, Untersuchung und Verfolgung von Straftaten dienen.

Daten bestimmen die Wirtschaft

Das Potenzial der Wirtschaft vollkom-men auszuschöpfen, ist ebenso ein Ziel der neuen Richtlinien. Man will versuchen, das Wirtschaftswachstum

WWW - Wer weißDatenschutz

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und die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu steigern. Doch was hat der Daten-schutz mit der Wirtschaft zu tun?

Für uns ist es normal, im In-ternet nach Gebrauchsgegenstän-den zu suchen, diese zu bestellen und sie uns einfach liefern zu las-sen. Jeder von uns kennt aber auch das Gefühl, wie es ist, ständig seine Adresse, Telefonnummer oder al-lein schon seine E-Mail-Adresse an-geben zu müssen. Was uns hierbei plagt, ist das fehlende Vertrauen in den Anbieter. Eben jenes lässt uns zögern, online einzukaufen oder bestimmte Dienstleistungen des Internets in Anspruch zu nehmen. Der fehlende Datenschutz sorgt so-mit dafür, dass wir uns gegen einen Kauf entscheiden.

Wird nun durch neue Daten-schutzrichtlinien dafür gesorgt, dass wir besser verfolgen können, was mit unseren persönlichen In-formationen passiert, trauen wir uns wieder mehr zu kaufen. Das so entstandene Vertrauen kann dazu genutzt werden, den Markt zu er-weitern und zu optimieren. Dies führt schließlich zu einem Wachs-tumspotenzial.

Alte Ziele – Neue Datenschutz-richtlinien

In seiner lebhaften Umgebung wird das World Wide Web schnell zu einem „Wer weiß was?“. Diese Frage zu beantworten, erscheint für jeden Benutzer unmöglich. Bereits in der

Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hat man versucht dem Nutzer einen Weg zu ermöglichen, um die oben genannte Frage zu klären. Allen Personen soll es durch den Artikel 12 der Richtlinie ermöglicht sein, Auskunft über seine personenbezogenen Daten einzufor-dern. Dies umfasst sowohl die In-formation wie die Daten verarbeitet werden, als auch welche Daten ge-speichert wurden.

Dieser Artikel soll durch das Recht auf Vergessenwerden erweitert werden. Durch dieses soll erreicht werden, dass Daten auf Wunsch des Benutzers gelöscht werden müssen, solange es keinen legitimen Grund gibt, diese weiter aufzubewahren. Zu beachten ist, dass auch der Ar-tikel 12 bereits durch den Artikel 13

eingeschränkt ist, wenn zum Beispiel die Sicherheit des Staates bedroht ist oder es um ein wirtschaftliches/"nanzielles Interesse eines Mitglieds-staates geht.

Bei Datenmissbrauch entschei-den weiterhin nationale Behörden, wie es bisher auch in der Richtlinie 95/46/EG Artikel 28 geregelt war. Diese haben bisher ihre Aufgaben in völliger Unabhängigkeit ausgeführt. Nun sollen aber Rahmenbedingun-gen gescha#en werden, die eine rei-bungslose Zusammenarbeit zwischen den nationalen Datenschutzbehörden erreichen sollen.

Diese und weitere Ergänzungen sollen den Weg ebnen, um die Frage „WWW – Wer weiß was?“ leichter zu beantworten und den Benutzer zu schützen.

was?

Datenschutz

(Gerd Altmann / pixelio.de)

SIMEP in 3 Worten

„Politisch, Aufschlussreich, Unterhalt-sam“

Maxime (19), Berlin

„Begeisternd, Groß, Europäisch“ Jano (25), Berlin

„Vielfältig, Spannend, Gemeinsam“ Luisa (18), Berlin

„Politik, Hautnah, Jugend“Rosa (15), Berlin

„Lernen, Verbinden, Kommunikation“ Flor (19), Berlin

„Praxis, Verstehen, Erlernen“Chrissy (16), Stuttgart

„Transparenz, Wissen, Europa“Tom (17)

„Politik, Lebendig, Erleben“ – Jana (20), Göttingen

„Anwendung, Politik, Presse“Marissa (18), Berlin

Page 12: move-Magazin SIMEP-Spezial zur SIMEP 1 2012

www.move-magazin.eu move SIMEP1 Spezial 12EU-Außenpolitik

D!er „Arabische Frühling“ hat kaum die ersten Autokrati-

en und damit Jahrzehnte des po-litischen Stillstandes weggefegt, schon steht die EU mit einem neuen Vertragswerk parat, um „die Bezie-hungen zwischen der EU und dem südlichen Mittelmeerraum auf eine qualitativ neue Stufe zu heben“. Die sogenannte „Partnerschaft für De-mokratie und gemeinsamen Wohl-stand“, so heißt es, erweitert die sich auf positive Erfahrungen stützende bisherige Zusammenarbeit. von Sonja Luckmann

Bis Mitte der neunziger Jahre agierte die EU außenpolitisch kaum gemeinschaftlich. Zwischen den vor-maligen EG-Ländern und den Mit-telmeerdrittländern (MDL) wurden neben bilateralen Assoziierungsab-kommen Handelsabkommen abge-schlossen, die den wirtschaftlichen Austausch fördern sollten. Das Ende des Ost-West Kon$iktes und die zu-nehmend als bedrohlich wahrgenom-mene politische Instabilität in den südlichen Mittelmeeranrainerstaaten läutete jedoch einen Politikwandel ein.

Unter dem Dach einer Gemein-samen Außen- und Sicherheitspoli-tik (GASP) lancierte die EU 1995 den Barcelona-Prozess: Euro-mediterrane Partnerschaft und entwickelte ein umfassendes Instrumentarium zur Förderung von Demokratisierungs-prozessen in den MDL. Der multi- und bilaterale Rahmen, unter Einschluss der Kon$iktparteien des Nahostkon-$iktes, bot erstmalig ein Forum, um politische Themen der Region ge-meinsam anzugehen. So ambitioniert und aussichtsreich dieser Ansatz gestartet war, so schnell zeichnete sich dessen Wirkungslosigkeit ab. Die politische Konditionierung der Wirtschaftspolitik mit der Zielgabe Reformen hin zu mehr Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Pluralismus zu belohnen und deren Ausbleiben zu sanktionieren, wich einer zuneh-mend normfreien Realpolitik. Re-formprozesse wurden zugunsten

kurzfristiger Stabilitätsgarantien der arabischen Autokraten ausgesetzt, stattdessen $oss, nicht ohne Erfolg, das Gros "nanzieller Mittel in den Ausbau der wirtschaftlichen und "-nanzpolitischen Kooperation.

Zwei Ereignisse nach der Jahr-tausendwende führten zu einer Nach-justierung der EU-Mittelmeerpolitik: Die Sicherheitsdebatten nach dem Anschlag auf das World Trade Center, als auch die Osterweiterung der EU im Jahr 2004. Die Bedeutung stabiler, politisch-verlässlicher Staaten an der teils neuen Peripherie der Union wur-de im Zuge der Sicherheitsdebatte als Notwendigkeit zur Wohlstands- und Friedenssicherung innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten unterstrichen. Als Antwort auf das neue Sicherheits-paradigma wurde infolgedessen die Europäischen Nachbarschaftspoli-tik (ENP) entworfen, die sowohl die neuen postsowjetischen Nachbarn östlich der EU umfasste, als auch den zehn südlichen Mittelmeeranrainern galt. In Anbetracht der knappen "-nanziellen Ressourcen, die der ENP zur Verfügung stehen und der hohen Abhängigkeit der EU-Mitgliedsstaaten von verlässlichen Energielieferungen und der gemeinsamen Bekämpfung „illegaler“ Migration, erscheint Prag-matismus anstelle von Werteexport als das e%zientere Mittel der Wahl.

Mit viel Pomp wurde im Juli 2008 unter französischer EU-Ratsprä-sidentschaft schließlich die Union für das Mittelmeer (UfM) ö#entlichkeits-

wirksam ins Leben gerufen. Die dritte und bis März 2011 letzte Initiative der EU-Mittelmeerpolitik verstand sich als Weiterentwicklung und Impuls-geber der wenig erfolgreichen Euro-mediterranen Partnerschaft aus dem Jahre 1995. Der pragmatische und lö-sungsorientierte Ansatz mag die Mög-lichkeit schneller und praktischer Er-folge erhöhen, ein Ergebnis bleibt die UfM bis heute jedoch schuldig.

In Brüssel hat man nach dem Aus-bruch der arabischen Revolutionen er-kannt, dass man mit der scheinbaren Stabilitätspolitik in dieser Region auf das falsche Pferd gesetzt hat. „Europa hat sich nicht deutlich genug für den Schutz der Menschenrechte und der einheimischen demokratischen Kräfte in der Region eingesetzt. Zu viele von uns sind dem Irrglauben aufgesessen, autoritäre Regime seien ein Garant für Stabilität in der Region“, war fast reue-voll vom EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle zu vernehmen. Viel hat man sich seitdem in Brüssel vorge-nommen: Die Erneuerung der ENP, die positive Konditionierung der Politik und Demokratie und nachhaltige Ent-wicklung wieder zu den wichtigsten Zielen erklärt. Der Ausgang der Revo-lutionen in den arabischen Staaten ist o#en und wird sicherlich nicht durch ständig neue und erweiterte Ansätze aus Brüssel entschieden. Dennoch hat die EU mit der Neubelebung ihres eige-nen Werteverständnisses sicherlich den ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht.

Werte oder Interessen?

Demonstranten im „arabischen Frühling“ (FreedomHouse / $ickr.com)

Page 13: move-Magazin SIMEP-Spezial zur SIMEP 1 2012

www.move-magazin.eu move SIMEP1 Spezial 13EU-Außenpolitik

B!ashar al- Assad scheint die Medien regelrecht zu beherr-

schen. Bereits seit Juni 2000, dem Damaszener Frühling, lehnt sich die Bevölkerung Syriens gegen ihren Präsidenten auf. Assads Re-gime beruht auf einer korrupten Diktatur, in der der Wille des Volkes unterdrückt wird. Die Aufstände der Rebellen werden mit Waffen und Panzern unterdrückt, finden jedoch ihren Weg in die Medien und fordern zum Mitdenken- und handeln auf. Was können wir tun: in Deutschland oder allgemein in der EU? von Rosa Anschütz

Der Syrienkonflikt geht alle was an, auch uns hier bei der SIMEP im No-vember 2012. Es ist einer der drei zen-tralen Themen: die EU-Außenbezie-hung zu der südlichen Nachbarschaft.

Deutlich ist, dass Deutschland, aber auch die EU, nicht wegsehen, sondern helfen wollen. Mit 22 Mil-lionen Euro für humanitäre Hilfe ist Deutschland einer der stärksten Unterstützer der lokalen Bevölke-rung, aber mit Geld lässt sich der Konflikt in Syrien nicht lösen - vie-les muss erst in dem Land selbst verändern.

Die Verhandlungen zur Frie-denssicherung laufen und am 14. November wurden in Brüssel wei-tere Beschlüsse, wie eine Auswei-tung der Reiseeinschränkung für Vertreter des Regimes in Damaskus, der Hauptstadt von Syrien, nach Europa verabschiedet.

Eine Ausweitung der Kämpfe in andere Länder sieht die EU als ei-nen gefährlichen Knotenpunkt der Probleme, der dringend verhindert werden muss.

Doch die EU besteht aus 27 Staa-ten und nicht unbedingt alle sind sich einig über das Vorgehen: der Druck wird erhöht, Maßnahmen werden ein-geleitet. Doch stehen alle Staaten hin-ter den gemeinsamen Beschlüssen

Auch wenn sich der Grund-haltung einig, sind sich die Länder über die genauen Vorgehensschrit-

te nicht einig. Beispielsweise Eng-land und Deutschland.

Wie schon in früheren Jahrzehn-ten geschichtlich bewiesen, stützt sich England eher auf sein Militär. In den Medien wird dieser Aspekt häu-fig hervorgehoben. Das Ziel Assad als Staatspräsident abzusetzen ist eine zentrale Forderung Großbritanniens – notfalls auch militärisch.

Für Deutschland hingegen steht die Sicherheit der syrischen Bevölkerung an erster Stelle. Die Bundesregierung engagiert sich vor allem bei Not- und Stabilisierungs-maßnahmen in der Region.

Die EU fordert zwar allgemein ein verantwortungsbewusstes Han-deln, doch Verantwortung ist ein dehnbarer Begriff. Laut Catherine Ashton, der hohen Vertreterin der Außen- und Sicherheitspolitik müs-se der Druck auf Syrien erhöht wer-den. Bashar al- Assad habe keine an-dere Möglichkeit als den Rücktritt.

Was Syrien gut täte, wäre ein politischer Neuanfang.

Kommentar der Autorin

Ich frage mich ob Englands „Eingreifungsmethode“ sinnvoll ist.

In einem Land wie Syrien, in dem schon so viel Gewalt, herrscht, noch mehr einfließen zu lassen, halte ist für falsch.

Ich bin der Meinung, dass nicht allein die Absetzung Assads die politische Lage in Syrien aus-gleichen würde.

Es fehlt eine politische Struk-tur, die erst aufgebaut werden muss.

Doch halte ich es für wichtig diesem Problem ins Auge zu sehen, sich zu informieren und sich gene-rell damit auseinander zu setzen.

Denn Politik weltweit geht uns alle etwas an.

Kontraste? Deutschlands Stellungnahme und die der EU zum Syrienkon$ikte

Eingestürzte Hausfront in Azaz (Voice of America News / youtube.de)

Page 14: move-Magazin SIMEP-Spezial zur SIMEP 1 2012

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M!it der Flucht aus den Krisenlän-dern und Südosten Europas

geht die Ho#nung einher, Arbeit im reichen Westen zu "nden und die Fa-milie in der Heimat zu unterstützen. Nach der Ankunft beginnt ein neuer Lebensabschnitt: Einige steigen be-ru$ich auf, während andere in die falschen Kreise geraten. von Mina Saidze

Die Zahl der Wirtschafts$ücht-linge ist eine Dunkelzi#er. Armut, Arbeitslosigkeit und Hunger zählen nicht als Gründe, damit das Recht auf Asyl und Niederlassung gewährt wird. So bleibt nur die Existenz als illegaler Einwanderer oder die Mög-lichkeit einen Grund wie die politi-sche Verfolgung oder religiöse Diskri-

minierung vorzutäuschen. Seit der Erweiterung der Europäischen Union im Januar 2007 gehören auch Ru-mänien und Bulgarien zu den Mitglieds-staaten. Europäische Bürger, deren Länder das Schengenabkommen unterzeichnet haben, dürfen sich in der Schengenzone frei bewegen. Von diesem Gesetz machen viele junge Menschen aus Südosteuropa Gebrauch, aber auch aus den Krisenlän-dern Griechenland, Spanien, Italien und

Irland.Die nach Deutschland ausgewan-

derte Eva Losara-Barreiro erzählte Al Jazeera gegenüber, dass sie trotz ihres Masterabschluss in Ingenieurwissen-schaften sowie Kenntnissen in Englisch, Spanisch und Mandarin keine Arbeit in Spanien gefunden habe. Vor wenigen Monaten erhielt sie ein Angebot von einem Unternehmen in Baden-Würt-temberg. Die Flucht aus ihrer krisenge-plagten Heimat hat sich gelohnt. Biogra-"en wie die von Eva Losara-Barreiro sind nicht ungewöhnlich und zeigen, dass Krisenländer ihre besten Nachwuchs-kräfte an Deutschland und andere Län-der der Welt verlieren.

Studiert hat auch Olivera Stame-novska. In der mazedonischen Haupt-

stadt Skopje hat sie ihren Abschluss in Jura erworben. Gebracht hat ihr das nicht viel - außer einen Studienkredit, der noch zurückgezahlt werden muss und dessen Zinsen steigen. Im Inter-net wurde sie auf folgendes Angebot aufmerksam: 400 Euro pro Monat, dazu Verpflegung und Unterkunft. Am Telefon habe eine freundliche Frauen-stimme gesagt, sie werde Zimmer und Flure putzen, in einem kleinen Hotel,

in einem Ort irgendwo in Ostdeutsch-land.

Die Kanzlei in Skopje, in der Olivera sich als Anwältin bewor-ben hatte, war schon länger insol-vent: die große Euro-Krise, dann das Sparprogramm der Regierung. Die Sozialhilfe wurde auch gekürzt und die Miete wurde für sie und ihre Familie unbezahlbar. Es war ein persönliches Scheitern, denn sie wollte mehr vom Leben als das, was für Menschen wie sie vorgesehen schien. Jetzt, nachdem sie die Frau aus Deutschland anrief, stand ihr die Welt wieder offen. Bald würde sie für ihre alten Eltern und drei Ge-schwisterkinder richtig sorgen kön-nen. Diesmal würde sie es schaffen.

Dort angekommen stellte sie fest, dass es keinen Job als Zimmer-mädchen gab. Die angenehme Stim-me stellte sich als Betreiberin einer Escort-Agentur heraus, die junge, gebildete Frauen aus Südosteuropa weitervermittelte. Männer aus Bul-garien, Rumänien oder Mazedonien können von ähnlichen Erfahrungen berichten. Die Stelle als Bauarbeiter, Krankenpfleger oder Reinigungs-kraft sei manchmal erfunden. Die harmlose Internetanzeige oder das Vertrauen in die Schlepper führt in vielen Fällen in die Prostitution oder dem Drogenhandel. Der Fami-lie, Bekannten und Freunden in der Heimat erzählen sie aus Scham und Furcht nichts davon. Sie halten das Bild eines reichen Nordwesten Eu-ropas, eines sicheren Deutschland aufrecht, in welchem sich Tüchtig-keit in bare Münze auszahlt.

Von der Arbeitsmigration pro-fitiert auch die deutsche Wirtschaft. Diese Gruppe von Einwanderern arbeitet mehr, manchmal riskante Tätigkeiten, für weniger Lohn und selbst um diesen werden sie oft be-trogen. Sie existieren nicht auf dem Papier, bewegen sich in der recht-lichen Grauzone und fehlen in der Statistik.

Den deutschen Traum haben sie sich anders vorgestellt.

Deutscher Traum zerplatzt

Rotlicht mal europäisch? (Micelli / jugendfotos.de)

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Ein herzliches Dankeschön für die Zusammenarbeit geht an ALEX, der neue O#ene Kanal Berlin

Wie fest sitzt der Euro noch im Sattel?vovon Sevil Asci

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Wir, die Junge Europäische Be-wegung (JEB), sind ein gemeinnützi-ger, unabhängiger, überparteilicher und politischer Jugendverband. Was uns verbindet und besonders am Her-zen liegt, ist der europäische Gedan-ke. Europa ist unsere Zukunft. Und da wollen wir mitreden und mitgestal-ten.

Wir wollen nicht nur informie-ren, sondern fordern auch zu kriti-schem Denken auf. Mit jugendlicher Energie bringen wir neue Ideen und frischen Wind in europapolitische Debatten. Mit zahlreichen Aktionen, Veranstaltungen und Projekten in Berlin und Brandenburg setzen wir uns ehrenamtlich für ein geeintes, demokratisches, bürgernahes, friedli-ches und solidarisches Europa ein.

Der Schwerpunkt unserer Akti-onen liegt in der europapolitischen Bildungsarbeit. Wir organisieren Se-minare, Workshops, Planspiele, Po-diumsdiskussionen, Kundgebungen,

Reisen und vieles mehr. Unser größ-tes Projekt ist die Simulation Euro-päisches Parlament (SIMEP), die wir zweimal im Jahr durchführen. Als Stimme der europainteressierten Ju-gend werden wir aber auch regelmä-ßig zu Diskussionen und Veranstal-tungen anderer eingeladen.

Bei uns kann jeder mitmachen,

der Begeisterung für Europa mit-bringt. Kommt einfach zu unserem monatlichen Jour Fixe und lernt uns dort kennen, bringt eure Meinungen und Ideen ein oder macht bei unse-ren Aktionen, Veranstaltungen und Projekten mit. Wir freuen uns auf euch!

Die JEB Berlin-Brandenburg