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Oktober 2017

Handels- und VertriebsrechtHandels- und Vertriebsrecht

UnternehmensrechtUnternehmensrecht

Vermögensplanung, Vermögensnachfolge und Erbrecht

Vermögensplanung, Vermögensnachfolge und Erbrecht

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Seite 2 Oktober 2017

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Liebe Leserinnen und liebe Leser,

in der Oktoberausgabe befassen wir uns u.a. mit dem Thema des Gewährleistungsrechts, des Ausgleichsanspruchs des Vertragshändlers und mit den Provisionen für Handelsvertre-ter.

Erfahren Sie außerdem, inwiefern sich die neue DIS-Schiedsordnung im Jahr 2018 verändern wird.

Spannend ist auch der Artikel über das türkische Sprach-gesetz mit türkischen Vertragspartnern.

Lesen Sie ebenfalls einen interessanten Artikel über das heutzutage sehr moderne Influencer Marketing und dessen Tücken.

Wussten Sie, dass Sie durch den geschickten Einsatz eines Familienpools die Vermögensnachfolge optimal steu-ern können? Mehr zu diesem Thema erfahren Sie von unserer Kompetenzgruppe Vermögensplanung, Vermögensnachfolge und Erbrecht.

Seien Sie gespannt auf die Vorsorgemaßnahmen des Testaments „Junger Unternehmer“.

Ebenfalls zum Thema Erbrecht wird die Testamentsvollstre-ckung an Gesellschaftsanteilen behandelt, die nicht außer Acht gelassen werden sollten, wenn der Fortbestand und die Liquidität des Unternehmens über den Tod des Erblassers hinaus gesichert werden soll.

Für viele mag die Patientenverfügung heutzutage wertlos erscheinen. Ob das wirklich so ist, erfahren Sie ebenfalls in dieser Ausgabe.

Ganz besonders freuen wir uns, Ihnen unsere neuen Kollegen in Hannover, Frau Rebecca Ganz und Herrn Ralph Peterkes, vorstellen zu können. Frau Ganz unterstützt unsere Fachbereiche gewerblicher Rechtsschutz und allgemeines Zivilrecht. Herr Peterkes ist im Wirtschaftsrecht tätig.

Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre.

Herzlichst

Ihr BRANDI-Team

Unsere neuen KollegenUnsere neuen Kollegen

Rebecca Ganz

unterstützt seit Juli 2017 das BRANDI-Team in Hannover in den Gebieten gewerblicher Rechtsschutz und allgemeines Zivilrecht.

Frau Ganz absolvierte während ihres Jura-Studiums in Bayreuth eine Zusatzausbildung zur Wirtschaftsjuristin (Univ. Bayreuth). Nach ihrem Refe-rendariat war sie seit Mai 2016 im Bereich IP/IT bei der Schindhelm Rechts-anwaltsgesellschaft in Osnabrück tätig, bevor sie zu BRANDI wechselte.

Ralph Peterkes

unterstützt seit Mitte August 2017 das BRANDI-Team in Hannover im Wirt-schaftsrecht.

Herr Peterkes studierte Jura in Göttingen mit dem Schwerpunktbereich Ver-sicherungsrecht/Medizinrecht. Das Referendariat absolvierte Herr Peterkes in Hannover, u.a. mit Stationen bei Göhmann und PwC Legal.

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Oktober 2017 Seite 3

Inhalt

Handels- und Vertriebsrecht

Dr. Bernhard KönigÄnderungen zum Gewährleistungsrecht ab 01.01.2018 ..........................................Seite 4

Dr. Sörren KieneDer Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers – neue Rechtsprechung des BGH ...................................................................................Seite 4

Dr. Birgit JaenickeDie doppelte Handelsvertreter-Provision: Achtung Stornofalle! ...........................Seite 5 Italien: Sozialversicherungspflicht für Handelsvertreter? .......................................Seite 6

Dr. Sven HasenstabEckpunkte der neuen DIS-Schiedsordnung 2018 ......................................................Seite 7

Dr. Sörren KieneDas türkische Sprachgesetz – Verträge mit türkischen Vertragspartnern im Zweifel auf Türkisch abfassen ................................................................................Seite 8

Dr. Christoph RempeVorsicht bei Werbung mit Influencern!.......................................................................Seite 9

Unternehmensrecht l Vermögensplanung, Vermögensnachfolge und Erbrecht

Hartmut SanderingDer Familienpool als Instrument zum Erhalt des Familienvermögens ...................Seite 11

Dr. Daniel KollmeyerTestament „Junger Unternehmer“ .............................................................................Seite 12

Ute Lienenlüke und Dr. Paul CzaplinskiTestamentsvollstreckung an Gesellschaftsanteilen ................................................Seite 12

Dr. Josef Heimann, LL.M.Sind Patientenverfügungen wertlos? .........................................................................Seite 14

Eva-Maria Gottschalk, LL.M.Organisationsstrukturen in Stiftungen, die an Unternehmen beteiligt sind .......Seite 15

Dr. Jörg NiggemeyerZur Bedeutung der Zehn-Jahres-Frist im Erb- und Schenkungsrecht ....................Seite 16

Dr. Steffen Kurth, LL.M.Unsicherheiten im Zusammenhang mit der EU-Erbrechtsverordnung ..................Seite 18

Dr. Jana Ilchmann und Dr. Paul CzaplinskiWiderrufsrechte des Schenkers ..................................................................................Seite 18 Dr. Oliver KnodelHinauskündigungsklauseln beim geschäftsführenden Gesellschafter .................Seite 19

Dr. Carsten Christophery, LL.M.Das neue Transparenzregister: Offenlegung von Treuhandverhältnissen? ..........Seite 20

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Oktober 2017

Änderungen zum Gewährleistungsrecht ab 01.01.2018

Zum 01.01.2018 treten Neuregelungen zum Bauvertragsrecht und zum Kaufrecht in Kraft, mit denen der Gesetzgeber Ärgernisse der bisherigen Rechtslage ausräumen will.

Zum Recht des Bauvertrages werden eigene Para-graphen eingeführt, mit denen die Besonderheiten des Bau-vertrages als Sonderfall des Werkvertrages speziell geregelt werden. Daneben gibt es auch eine wichtige Änderung für Gewährleistungsansprüche bei Kaufverträgen.

Ein typischer Fall, der in der Vergangenheit viel Ärger auslöste: Ein Händler hatte eine Sache geliefert, die der Kunde eingebaut hatte, oder ein Werkunternehmer hatte eine Sache beim Kunden eingebaut. Die Sache erwies sich als mangelhaft, sie musste ausgebaut und eine fehlerfreie Sa-che neu eingebaut werden.

Wer trug die Kosten des Ein- und Ausbaus?

War der Endkunde Verbraucher, musste die Kosten der Liefe-rant bzw. Werkunternehmer tragen.

Versuchte der Lieferant oder Werkunternehmer dann sei-nen eigenen Lieferanten in Regress zu nehmen, lehnte der den Ersatz der Ein- und Ausbaukosten ab. Mit Rücken-deckung des BGH: Der war nämlich der Auffassung, dass im Rahmen eines Nachbesserungsanspruchs die Kosten von Ein- und Ausbau eines fehlerhaften Produkts zwar dem End-verbraucher ersetzt werden mussten, dass ein entspre-chender Anspruch aber nicht im Rechtsverkehr zwischen Unternehmen bestand. Ein Unternehmer, der von einem anderen Unternehmer die Ein- und Ausbaukosten ersetzt verlangen wollte, konnte das nur über einen Schadenersatz-anspruch versuchen, der im Gegensatz zum Nachbesse-rungsanspruch allerdings Verschulden des Unternehmers voraussetzt. Und das war häufig schwer festzustellen. Wenn die Ware von einem Zwischenhändler bezogen worden war, traf diesen möglicherweise kein Verschulden am Mangel, das Verschulden weiterer Sublieferanten in der Lieferkette musste er sich in der Regel nicht zurechnen lassen.

Im Ergebnis bedeutete das:

Der letzte Lieferant der Lieferkette, der an den Verbraucher geliefert hatte, oder der Werkunternehmer mussten die Ein- und Ausbaukosten ersetzen, bekamen sie aber nicht erstat-tet.

Das hat der Gesetzgeber jetzt für alle Verträge, die ab dem 01.01.2018 geschlossen werden, geändert.

Auch im B2B-Geschäft müssen jetzt im Rahmen des ver-schuldensunabhängigen Nacherfüllungsanspruchs die Kos-

ten ersetzt werden, die durch Ausbau fehlerhafter Produkte und Wiedereinbau fehlerfreier Produkte entstehen. Damit kann in der Lieferkette Regress genommen werden, ohne dass es auf Verschulden ankommt.

Auch die Regressvorschriften sind für das B2B-Geschäft liberalisiert worden: Ein Regress ist möglich in einer Verjäh-rungsfrist von zwei Monaten ab dem Zeitpunkt, in dem der jeweilige Lieferant an den Kunden erfüllt hat, maximal inner-halb von fünf Jahren ab der Lieferung des jeweiligen Liefe-ranten.

Allerdings gibt es immer noch Hürden für den Regress:

- Wenn der Kunde oder Werkunternehmer eine mangelhafte Sache in Kenntnis des Mangels einbaut, hat er keinen Erstattungsanspruch.

- Im B2B-Geschäft gilt außerdem die Untersuchungs- und Rügepflicht des § 377 HGB: Von Unternehmen muss ein-gehende Ware auf ihre Mangelfreiheit jedenfalls stichpro-benweise untersucht werden, sich zeigende Mängel müssen unverzüglich angezeigt werden. Versäumt ein Unternehmer diese Untersuchungs- und Rügepflicht, sind Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen.

Im Ergebnis erleichtert damit der Gesetzgeber denjenigen, die an Endverbraucher verkaufen oder Werkleistungen an Endverbraucher erbringen, das Leben. Sie können wegen der durch fehlerhafte Produkte verursachten Ein- und Aus-baukosten in Zukunft gegen ihre Lieferanten Regress neh-men, und zwar ohne dass es auf Verschulden ankommt, und sind nicht mehr auf Schadenersatzansprüche angewiesen.

Dr. Bernhard KönigRechtsanwaltBRANDI Rechtsanwälte, DetmoldT +49 5231 9857 - 0E [email protected]

Der Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers – neue Rechtsprechung des BGH

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich im vergangenen Jahr wieder einmal mit dem Ausgleichsanspruch des Ver-tragshändlers zu befassen. Auch dem Vertragshändler steht bei Geltung des deutschen Rechts unter gewissen Voraus-setzungen ein Ausgleichsanspruch ähnlich dem eines Han-delsvertreters zu. Dafür, dass die Ausgleichsvorschriften für den Handelsvertreter entsprechend auf den Vertragshändler angewandt werden können, müssen im Wesentlichen zwei Voraussetzungen gegeben sein:

- Der Vertragshändler muss ähnlich einem Handelsvertreter in die Absatzorganisation des Prinzipals eingegliedert sein, und

- der Vertragshändler ist verpflichtet, dem Prinzipal seinen

Handels- und Vertriebsrecht

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Kundenstamm zu übertragen, so dass sich dieser bei Ver-tragsende die Vorteile des Kundenstamms sofort nutzbar machen kann.

Diese grundsätzlichen Fragestellungen sind seit längerer Zeit von der Rechtsprechung geklärt. Teilweise ungeklärt war dagegen jedoch, wann bei Geltung des deutschen Rechts der Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers vor Vertrags-beendigung wirksam ausgeschlossen werden konnte. Hier war wie folgt zu differenzieren:

1. Ist der Vertragshändler innerhalb Deutschlands tätig, so kann der nachvertragliche Ausgleichsanspruch nicht ver-traglich im Voraus ausgeschlossen werden.

2. Hat der Vertragshändler dagegen sein Tätigkeitsgebiet außerhalb der Europäischen Union sowie des Europä-ischen Wirtschaftsraumes, so kann der nachvertragliche Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers wirksam aus-geschlossen werden. Hier bietet eine Vorschrift aus dem Handelsvertreterrecht, die entsprechend auf Vertrags-händler angewandt werden kann, Rechtssicherheit.

3. Unklar und sehr umstritten war dagegen bisher, ob gegen-über einem Vertragshändler, der zwar nicht in Deutsch-land, dagegen aber in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum sein Tätigkeitsgebiet hat, der nachvertragliche Ausgleichsanspruch im Voraus aus-geschlossen werden kann. Der BGH hat diese Rechtsun-sicherheit letztes Jahr beseitigt und entschieden, dass in dieser Sachverhaltskonstellation ein Ausschluss des Aus-gleichsanspruches vor Vertragsbeendigung nicht möglich ist.

Fazit

Auch wenn diese Entscheidung verschiedentlich auf Kritik gestoßen ist, bietet sie nun Rechtssicherheit. Setzt ein Unter-nehmen außerhalb Deutschlands aber innerhalb der Europä-ischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums einen Vertragshändler auf Basis des deutschen Rechts ein, so hilft ein vertraglicher Ausschluss des Ausgleichsanspruches nicht weiter. Dieser ist unwirksam. Stattdessen muss durch sorgsame Vertragsgestaltung, die selbstverständlich wäh-rend der Vertragslaufzeit auch so gelebt sein muss, sicherge-stellt werden, dass dem Prinzipal keine Kundendaten zur Verfügung gestellt werden.

Dr. Sörren KieneRechtsanwaltSolicitor (England & Wales)Fachanwalt für internationales WirtschaftsrechtBRANDI Rechtsanwälte, GüterslohT +49 5241 5358 - 0E [email protected]

Die doppelte Handelsvertreter-Provision: Achtung Stornofalle!

Sie fallen meist erst auf, wenn der Handelsvertreter einen Buchauszug verlangt: Die Storni. Bei der gemeinsamen Sich-tung des vom Mandanten (=Unternehmer) vorbereiteten Buchauszugs mit seinem Rechtsanwalt hört sich das dann so an:

„Rechtsanwalt: Warum wurden diese Geschäfte alle stor-niert? Mandant: Kann verschiedene Gründe haben. Das ist jetzt nach drei Jahren nicht mehr nachvollziehbar.Rechtsanwalt: Dann können Sie dem Handelsvertreter aber dafür auch keine Provision abziehen. Mandant: Aber der Handelsvertreter kann doch nicht doppelt Provision bekommen. Rechtsanwalt: In gewissen Fällen leider doch. Nach § 87a Abs. 3 HGB hat der Handelsvertreter nämlich einen Anspruch auf Provision auch dann, wenn der Unternehmer das Geschäft ganz oder teilweise nicht ausführt. Bei einer Stor-nierung liegt die Vermutung nahe, dass der Unternehmer das Geschäft freiwillig rückabgewickelt hat, etwa aus Kulanz gegenüber dem Kunden. Dann muss der Handelsvertreter auf seine Provision aber nicht verzichten“.

Ein Beispiel aus der Praxis soll das Problem illustrieren: Der Unternehmer hat mangelhafte Ware geliefert, der Kunde schickt diese in Abstimmung mit dem Unternehmer zurück und erhält von diesem neue, mangelfreie Ware. Ein einheit-licher Vorgang, der selbstverständlich (!) nur einmal einen Provisionsanspruch für den Handelsvertreter auslöst: Näm-lich für die erste, eigentliche Lieferung. Die Nachlieferung erfolgt im Rahmen der Sachmängelhaftung kostenfrei und stellt damit schon von ihrer Definition her überhaupt kein pro-visionspflichtiges Liefergeschäft dar.

Eigentlich.

Tatsächlich wird - aus verschiedenen Gründen - der geschilderte Vorgang bei vielen Unternehmen in getrennten Teilschritten so abgewickelt, als handele es sich um drei von-einander unabhängige Geschäftsvorgänge: Eine Lieferung, eine Warenrücknahme unter dem Stichwort „Storno“ und noch eine Lieferung. Dem Kunden ist dies egal, den beiden ihm voll in Rechnung gestellten Lieferungen steht eine ent-sprechende Gutschrift gegenüber, sodass ihm im Ergebnis - zutreffend - nur eine Lieferung berechnet wird. Mit der Han-delsvertreterprovision verfahren die Unternehmen, ohne dass dies in der Regel offengelegt wird, gleichermaßen: Der Handelsvertreter erhält zweimal Provision, für die Storno-Gutschrift wird ihm eine Provision aber wieder abgezogen. Ergebnis gut, alles gut?

Nein. Leider. Der Abzug von Provision mit der lapidaren Angabe „Storno“ wird sich im Streit mit dem Handelsvertreter nicht durchsetzen lassen. Die entsprechende Vorschrift des § 87a Abs. 3 HGB ist zwingend und kann weder durch Verein-barung noch durch gewohnheitsmäßiger Praxis abgeändert werden. Und damit entfällt der Provisionsanspruch des Han-delsvertreter nur, wenn der Unternehmer nachweist, dass er

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Oktober 2017

die Nichtausführung = Stornierung des Geschäftes nicht zu vertreten hat. Oder dass es sich, wie im Beispiel, gar nicht um eine echte Stornierung, sondern lediglich um eine buchungs-technische Besonderheit bei der Abwicklung handelt. Die Beweislast liegt dabei allein beim Unternehmer! Und der geforderte Nachweis ist in der Praxis angesichts der Vielzahl der betroffenen Vorgänge oft schlichtweg nicht mit vertret-barem Aufwand möglich. Außer in dem Fall der Nachliefe-rung können sich hinter einer Stornierung auch noch andere Gestaltungen verbergen: Gängige Praxis in vielen Unterneh-men ist etwa, dem Kunden unverbindliche Ansichts- oder Auswahlsendungen zunächst wie ein normales Lieferge-schäft in Rechnung zu stellen und bei Rücksendung dann als „Storno“ wieder gutzuschreiben. In manchen Branchen wird den Kunden auch – mit Wissen und im Interesse auch des Handelsvertreters – die Bestellung von Lagerwaren dadurch erleichtert, dass ihnen großzügige Rückgaberechte zur tur-nusmäßigen Lagerbereinigung eingeräumt werden. Und schließlich gibt es auch das „echte Storno“, wenn der Unter-nehmer dem Kunden aus Kulanz die Rückabwicklung eines Fehlkaufs zugesteht, obwohl er hierzu nicht verpflichtet wäre.

So kann es bei der im Beispiel beschriebenen Abwicklung dazu kommen, dass dem Handelsvertreter zwar zweimal Provision zusteht, ein Abzug für „stornierte“ Vorgänge aber nicht erfolgen darf – und der Handelsvertreter so für ein Geschäft im eigentlichen Sinne doppelte Provision verein-nahmen kann.

Geht es nur um einen Fall ist dies ärgerlich – geht es um viele, kann es zu erheblichen Provisionsnachforderungen des Handelsvertreters kommen. Es lohnt sich daher, die Geschäftsabwicklung im Hinblick auf die Provisionszah-lungen an den Handelsvertreter einmal unter die Lupe zu nehmen – und zwar möglichst zu einem Zeitpunkt, zu dem beide Parteien noch an einer guten Zusammenarbeit interes-siert sind. Gegebenenfalls lässt sich auch ohne eine völlige Neuordnung der unternehmerischen Abläufe über entspre-chende Vereinbarungen im Handelsvertretervertrag errei-chen, dass aus Storni keine doppelten Provisionsverpflich-tungen werden. Der für den Unternehmer in der Regel nur mit erheblichem Aufwand zu erstellende Buchauszug wird für den Handelsvertreter zwar immer ein Druckmittel bleiben – zum Desaster muss er aber nicht werden.

Dr. Birgit JaenickeRechtsanwältin und Mediatorin (DAA)BRANDI Rechtsanwälte, GüterslohT +49 5241 5358 - 0E [email protected]

Italien: Sozialversicherungspflicht für Handelsvertreter?

Traditionell werden Handelsvertreter in Italien eher als Arbeit-nehmer denn als selbstständige Unternehmer gesehen. So sind für italienische Handelsvertreter insbesondere auch Bei-träge zur Altersvorsorge bei der „Nationalen Handelsvertre-tervorsorgeanstalt“ ENASARCO abzuführen. Die Beiträge in Höhe von derzeit etwa 15 % der vom Handelsvertreter ver-dienten Provisionen sind dabei zur Hälfte vom Prinzipal und zur Hälfte vom Handelsvertreter zu tragen. Bis vor einigen Jahren war es allgemeine Auffassung, dass die Beitrags-pflicht für ausländische Unternehmen, die weder Sitz noch Zweigestelle in Italien haben, nicht anwendbar sei.

Mit Hinweis auf europäische Normen und internationale Abkommen zur Koordinierung der Sozialversicherungs- systeme hat das italienische Ministerium für Arbeit und Sozi-alpolitik zwischenzeitlich allerdings klargestellt, dass dies aus dortiger Sicht nicht mehr gelten kann: Danach soll eine Anmelde- und entsprechende Beitragspflicht bei der ENASARCO auch für ausländische Unternehmen bestehen, die mit einem in Italien tätigen Handelsvertreter arbeiten.

Zwar ist bislang kein Fall bekannt, in dem die Anmeldung bei der ENARSACO zwangsweise durchgesetzt worden ist oder sonst Sanktionen verhängt worden sind. Dennoch emp-fiehlt inzwischen wohl der überwiegende Teil der italienischen Kollegen, die sich mit dieser Frage beschäftigen, jedenfalls den einzelunternehmerisch tätigen italienischen Handelsver-treter bei der ENASARCO anzumelden und die Beiträge ord-nungsgemäß abzuführen. Werden die Beiträge von vornhe-rein mit einkalkuliert, können Sie auch unproblematisch bei der Vereinbarung der zu zahlenden Provisionssätze berück-sichtigt werden. Bei einem Provisionssatz von 10 % etwa fal-len für den Unternehmer lediglich weitere 0,75 % an. Ist der Handelsvertreter in Form einer Kapitalgesellschaft organi-siert, sollte sich ein Unternehmen bezüglich der Anmelde-pflicht noch einmal beraten lassen.

Die Anmeldung kann relativ einfach vom Unternehmen selbst mittels eines Formblatts vorgenommen werden, das in englischer Sprache auf der Internetseite der ENASARCO (www.enasarco.it) zur Verfügung steht. Ansonsten können Sie uns selbstverständlich gerne ansprechen, damit wir Ihnen Unterstützung vor Ort vermitteln.

Die freiwillige Anmeldung bei der ENASARCO stellt nicht nur sicher, dass Sanktionen vermieden werden und der Han-delsvertreter seinen vor Ort bestehenden Sozialversiche-rungspflichten gerecht werden kann. Vor allem setzt der Unternehmer sich auch nicht der Gefahr aus - wenn das Ver-hältnis zum Handelsvertreter doch einmal schlechter werden sollte - wegen der Nicht-Anmeldung erpressbar zu sein.

Dr. Birgit JaenickeRechtsanwältin und Mediatorin (DAA)BRANDI Rechtsanwälte, GüterslohT +49 5241 5358 - 0E [email protected]

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Eckpunkte der neuen DIS-Schiedsordnung 2018

Die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) wird sich 2018 eine neue Schiedsordnung (DIS-SchO) geben, also neue Verfahrensregeln, nach denen DIS-Schiedsver-fahren vom Schiedsgericht geführt werden müssen. Mit die-ser Änderung, die die erste seit 20 Jahren ist, richtet sich die DIS als Schiedsinstitution neu aus. Sie wird zu einer proak-tiveren Institution werden, die den Anspruch, dass Verfahren möglichst zügig und effizient abgeschlossen werden, notfalls auch selbst gegenüber dem Schiedsgericht durchsetzen kann.

Vorteile von Schiedsverfahren

Schiedsverfahren bieten für die deutsche Wirtschaft erheb-liche Vorteile. Dank des New Yorker UN-Übereinkommens von 1958, dem faktisch alle Staaten der Welt, die Handel trei-ben, beigetreten sind, werden Schiedsklauseln auf der ganzen Welt anerkannt und Schiedssprüche international vollstreckt. Während ein deutsches Unternehmen bei Verein-barung eines deutschen Gerichtsstands weder sicher sein kann, dass dieser ein Gericht außerhalb der EU von der Beja-hung seiner Zuständigkeit abhält, noch, dass ein deutsches Urteil im Ausland vollstreckbar ist, bieten Schiedsverfahren hier Sicherheit. Schiedsverhandlungen finden zudem unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Auch kann ein Schieds-spruch nicht in „zweiter Instanz“ ohne weiteres aufgehoben werden. Es findet durch die staatlichen Gerichte de facto nur eine Evidenzkontrolle dahingehend statt, ob Verfahrens-grundrechte eingehalten wurde.

Klassische Anwendungsfelder sind sowohl das internatio-nale (außereuropäische) Vertriebsrecht, als auch Streitig-keiten aus Unternehmenskaufverträgen. In diesen Bereichen haben Schiedsgerichte die staatliche Gerichtsbarkeit nahezu verdrängt. Immer beliebter werden Schiedsverfahren auch bei Streitigkeiten, die nicht in die Öffentlichkeit getragen wer-den sollen, wie z.B. innerfamiliäre Streitigkeiten um das fami-lieneigene Unternehmen. Auch Testamente und Gesell-schaftsverträge können Schiedsklauseln enthalten.

Bedeutung der DIS

Die seit dem Jahre 1920 bestehende DIS ist zweifelsohne die bedeutendste Schiedsinstitution in Deutschland. Die DIS administriert Schiedsverfahren, d.h. sie unterstützt die Par-teien und das Schiedsgericht dabei, das Verfahren zunächst in Gang zu setzen (Annahme und Verwaltung von Kostenvor-schüssen, Zustellung von Klage und Klageerwiderung, Kon-stituierung des Schiedsgerichts) und sodann mit dem Schiedsspruch zu beenden. Schiedsgerichte können die Ressourcen der DIS, also etwa deren Räume in Köln oder Berlin sowie auch die Datenbanken nutzen. Schließlich geben die Verfahrensregeln, DIS-SchO, dem Schiedsverfah-ren einen festen Rahmen, der das im 10. Buch der ZPO gere-gelte deutsche Schiedsverfahrensgesetz weiter ausformuliert.

Die Schiedsgerichtsbarkeit hat in Deutschland eine lange Tradition. Teil dieser deutschen Tradition ist, dass viele Ver-träge Schiedsklauseln enthalten, die auf die Administrierung durch eine Schiedsinstitution gänzlich verzichten. Vielmehr legen derartige Klauseln fest, dass das Schiedsverfahren auf Basis der ZPO durchzuführen ist und der oder die Schieds-richter von einer IHK oder durch den Präsidenten eines Gerichts zu nominieren ist. Derartige Verfahren haben den Vorteil, dass keine Gebühr für die Institution anfällt. Nachteil ist, dass die Parteien und das Schiedsgericht während des laufenden Verfahrens keine Unterstützung mehr erhalten.

Auf der anderen Seite der Skala finden sich, insbeson-dere für internationale Verfahren, Institutionen wie die Inter-nationale Handelskammer in Paris (International Chamber of Commerce, kurz: ICC). Diese verfügen selbst über einen großen Verwaltungsapparat, begrenzen die Gestaltungsfrei-heit der Parteien und kontrollieren die Arbeit des Schiedsge-richts sogar soweit, dass sie Schiedssprüche redaktionell redigieren. Auch verpflichten die Regeln der ICC das Schieds-gericht dazu, eine effektive Verfahrensführung mit frühen ersten Konferenzen aller Beteiligten zur besseren Planung des Verfahrens, dem Formulieren eines Schiedsauftrags (Terms of Reference) zwischen Schiedsgericht und Parteien und schließlich diversen Eingriffsmöglichkeiten der ICC bis hin zur Absetzung von Schiedsrichtern oder Kürzungen des Schiedsrichterhonorars, falls Verfahren sich zu lange hinzie-hen.

Die DIS positioniert sich in der Mitte dieses Marktum-feldes. Sie bietet den Parteien mit ihren derzeitigen Regeln zwar Unterstützung bei der Administrierung an, vermeidet es jedoch, Parteien oder Schiedsrichtern zu viele Vorschriften für den Ablauf des Verfahrens zu machen oder die Einhaltung von derartigen Vorgaben gar zu sanktionieren. Sie ist bisher eine „schlanke“ Organisation, deren Service auch deutlich kostengünstiger als der der ICC ist. An die Fallzahlen der ICC und deren internationale Bekanntheit kann die DIS jedoch bisher nicht heranreichen.

Fallzahlen

Die DIS hatte im Jahre 2016 den Eingang von insgesamt 166 neuen Schiedsverfahren zu verzeichnen. Davon wurden 141 Verfahren nach der DIS-SchO durchgeführt. Die übrigen Ver-fahren waren IHK-Verfahren, in denen die DIS nur bei der Auswahl der Schiedsrichter half. Die Streitwerte der in 2016 eingegangenen Schiedsverfahren lagen in einer Spanne von 2.000,00 € bis 200.800.336,00 € und summierten sich auf insgesamt 1.031.476.140,00 €. Bis auf ein Verfahren, bei dem der Sitz des Schiedsverfahrens in der Schweiz lag, wurden alle Verfahren in Deutschland abgehalten. Beliebteste Sitze waren Frankfurt am Main und Hamburg mit je 23 Verfahren, München mit 14, Düsseldorf mit 12 und Berlin mit 8. In Han-nover fanden 6 Verfahren statt, eines in Hamm und zwei in Münster. 68 % der Verfahren waren Verfahren ohne auslän-dische Beteiligung, 25,9 % fanden zwischen Deutschen und ausländischen Parteien und 6,1 % der Verfahren nur zwi-schen ausländischen Parteien, d.h. ohne deutsche Beteili-gung statt. Insgesamt waren Parteien aus 28 Nationen vertreten. Spitzenreiter waren hier die Schweiz (11 Verfah-

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ren), die Niederlande (6 Verfahren) und die USA (4 Verfah-ren). Verfahrenssprachen waren deutsch (74,1 %) und englisch (24,9 %).

Kernpunkte der Reform

Mit dem SchO-E wird die DIS zu einer Institution der Schieds-gerichtsbarkeit, die bereit ist proaktiv tätig zu werden. Anstatt sich weiter am Ad-hoc-Verfahren nach den Regeln der ZPO auszurichten, wird sie zu einer „ICC light“.

Die Geschäftsstelle der DIS und der DIS-Ernennungs-ausschuss erhalten unter der DIS-SchO 2018 die Möglichkeit, in ein Schiedsverfahren einzugreifen, wenn dies zur Quali-tätssicherung notwendig ist. So können etwa Schiedsrichter, die sich als untauglich erweisen, von dem DIS-Ernennungs-ausschuss ihres Amtes enthoben werden (§ 20 Abs. 2). Die DIS kann ihnen sodann auch, da ihr Mandat vorzeitig geen-det hat, ihr Honorar kürzen (§ 34 Abs. 6). Gleiches gilt, wenn die Erstellung des Schiedsspruchs zu lange in Anspruch nimmt (§ 37).

Die DIS-SchO 2018 enthält viele Neuerungen und Ver-besserungen, die im Kern der ICC-SchO entnommen sind. Zu nennen sind hier insbesondere die Vorschriften zur Ernen-nung und Ablehnung von Schiedsrichtern (§§ 12 - 20) und die Vorschriften zu Mehrparteien- und Mehrvertragsverfahren, die regeln, wann eine subjektive und objektive Klagehäufung im Schiedsverfahren möglich ist (§§ 8 - 11). Da Schiedsver-fahren den Abschluss einer Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien voraussetzen, aus der das konkrete Schiedsge-richt seine Kompetenz herleiten kann, ist dies nicht immer einfach.

Gegenüber anderen Institutionen eigenständige Rege-lungen finden sich hingegen, wenn es um die Führung des Verfahrens an sich geht. So spiegeln die Regelungen zum Einstweiligen Rechtsschutz im Wesentlichen das Verfahren vor deutschen Gerichten wieder (§ 25), was so in der aktu-ellen DIS-SchO von 1998 noch nicht der Fall ist. Insbeson-dere kann nun auch ein Schiedsgericht einstweiligen Rechts-schutz gewähren, ohne die andere Partei vorher anzuhören. Rechtliches Gehör kann nunmehr auch hier nachgeholt wer-den, was einstweiligen Rechtsschutz durch das Schiedsge-richt für den Antragsteller attraktiver und für den Antragsgeg-ner gefährlich macht. Auch Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes sind international vollstreckbar.

Die Regelungen zur effizienten Verfahrensführung (§ 27) und zur Feststellung des Sachverhalts (§ 28) wurden nun aktualisiert und an das Niveau herangeführt, das erfahrene Schiedsrichter schon heute anwenden (frühe Konferenz zum Case Management, Verfahrenskalender, klare Fristen, Abschichten der Probleme, Möglichkeit zur inhaltlichen und quantitativen Begrenzung von Schriftsätzen); die proak-tiveren Regeln der ICC, die insbesondere dem Schiedsge-richt über den Schiedsauftrag ein Vetorecht gegenüber Par-teivereinbarungen einräumen, wurden aber nicht übernommen. Hier bleibt die DIS ihrem bisherigen Marken-kern, der sich mehr an einem ad-hoc-Verfahren orientiert, treu.

Die DIS gibt dem Schiedsgericht nunmehr die Möglich-keit, Parteien für delatorisches oder nicht zielführendes Ver-halten im Rahmen des Erkenntnisverfahrens durch Auferle-gung von Kosten unabhängig vom Obsiegen oder Unterliegen zu bestrafen. Die DIS kann hier notfalls auch selbst eingrei-fen. Auch kann sie Schiedsrichtern, die zu lange für die Abfassung des Schiedsspruchs brauchen, ihr Honorar kür-zen. Schließlich kann die DIS nach den neuen Regeln Ent-scheidungen des Schiedsgerichts über Streitwert und Kosten aufheben und selbst anders entscheiden, wobei die Parteien natürlich auch weiterhin die Möglichkeit haben, dies gericht-lich prüfen zu lassen. Auch stellen die DIS-Regeln klar, dass zu der Kostentabelle abweichende Vereinbarungen zwischen Parteien und Schiedsrichtern unwirksam sind, was Parteien davor bewahrt, Wünsche des Schiedsgerichts nach mehr Honorar zähneknirschend zu akzeptieren, da letztlich das Schiedsgericht über den Fall entscheidet.

Fazit

Insgesamt erscheint der Ansatz der DIS, in Zukunft mehr eine „ICC light“ als ein „Ad-hoc-Schiedsgericht plus“ seien zu wollen, sehr überzeugend. Die neuen Regeln dürften dem Schiedsstandort Deutschland damit sehr gut tun. Es bleibt abzuwarten, ob und wenn ja, wie sich dies auf die Fallzahlen der DIS auswirken wird.

Dr. Sven HasenstabRechtsanwaltFachanwalt für Handels- und GesellschaftsrechtBRANDI Rechtsanwälte, HannoverT +49 511 899379 - 51E [email protected]

Das türkische Sprachgesetz – Verträge mit türkischen Vertragspartnern im Zweifel auf Türkisch abfassen

1926 hat der türkische Gesetzgeber das sogenannte Gesetz Nr. 805 erlassen. Dieses wird auch als Sprachgesetz bezeich-net. Das Sprachgesetz ist in Deutschland nur wenigen Juristen bekannt. Dabei kann es im Rechtsverkehr mit tür-kischen Vertragspartnern zu weitreichenden und schwerwie-genden Konsequenzen führen.

Das Sprachgesetz verpflichtet natürliche und juristische Personen, die ihren Sitz in der Türkei haben, alle Verträge im Wirtschaftsverkehr in türkischer Sprache abzufassen. Das Sprachgesetz gilt jedoch nicht nur für den innertürkischen Rechtsverkehr. Es verpflichtet auch ausländische Gesell-schaften, die mit türkischen natürlichen oder juristischen Per-sonen Geschäfte tätigen, diese Verträge in türkischer Spra-che abzuschließen, sofern und soweit denn diese Dokumente türkischen Behörden vorzulegen sind. Sofern die Dokumente auch in einer anderen Sprache als der türkischen Sprache verfasst sind, ist dies zwar grundsätzlich möglich. Jedoch müssen die Originale in türkischer Sprache abgefasst sein. Sofern es sich um zweisprachige Fassungen handelt, muss bestimmt sein, dass die türkische Fassung die maßgebliche Sprachfassung ist.

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Wie erläutert, wird das Sprachgesetz für die in Deutsch-land ansässige Vertragspartei nur dann relevant, soweit die Dokumente türkischen Behörden vorzulegen sind. Dies kann jedoch schnell erforderlich werden: Möchte die in Deutsch-land ansässige Verkäuferin beispielsweise noch Restkauf-preiszahlungsansprüche gegen die in der Türkei ansässige Käuferin geltend machen und klagt die in Deutschland ansäs-sige Verkäuferin diesen Betrag vor einem deutschen Gericht ein, so muss das stattgebende Urteil später noch in der Türkei für vollstreckbar erklärt werden. In einem solchen Voll-streckbarerklärungsverfahren kann es passieren, dass das türkische Gericht die Zuständigkeit des deutschen Ausgangs-gerichts mit der Begründung ablehnt, es habe keine wirk-same Gerichtsstandsvereinbarung vorgelegen. Diese Argu-mentation ist jedenfalls dann zu erwarten, wenn der ursprüngliche Kaufvertrag, in dem die Gerichtsstandsverein-barung enthalten war, nicht auch in türkischer Sprache ver-fasst worden ist. Enthält der Vertrag keine Gerichtsstandsver-einbarung und klagt die in Deutschland ansässige Verkäuferin direkt in der Türkei, ist ebenfalls damit zu rechnen, dass das türkische Gericht den Anspruch damit ablehnt, es habe kei-nen wirksamen Vertrag gegeben.

Aber selbst dann, wenn die Kaufpreiszahlung anderweitig abgesichert ist, beispielsweise durch Akkreditive oder Bank-garantien, sollte die in Deutschland ansässige Verkäuferin darauf achten, dass aus dem Sprachgesetz keine Nachteile drohen. Ist das Akkreditiv oder die Bankgarantie beispiels-weise von einer türkischen Bank herausgegeben worden, sind ebenfalls die Vorschriften des türkischen Sprachge-setzes zu beachten. Lediglich dann, wenn für die Durchset-zung der eigenen Forderungen unter keinen Umständen tür-kische Behörden und/oder Gerichte eingeschaltet werden müssen und im Vertrag die Zuständigkeit der deutschen Gerichte bestimmt ist, mag man in Erwägung ziehen, auf eine türkische verbindliche Fassung zu verzichten. Selbst dann ist es jedoch denkbar, dass der türkische Vertragspartner die in Deutschland ansässige Vertragspartei vor den türkischen Gerichten verklagt, sofern anderweitig eine Zuständigkeit der türkischen Gerichte begründet werden kann. Denn aus tür-kischer Sicht liegt aufgrund des Verstoßes gegen das Sprachgesetz ja gerade keine wirksame Gerichtsstandsver-einbarung vor. Verfügt die in Deutschland ansässige Ver-tragspartei über keine Vermögenswerte in der Türkei, mag man dieses Risiko gegebenenfalls noch hinnehmen, da die-ses Urteil in Deutschland nicht für vollstreckbar erklärt wer-den könnte. Sofern die in Deutschland ansässige Vertrags-partei jedoch über Vermögenswerte in der Türkei verfügt, stellt eine solche Vertragsgestaltung erhebliche Risiken dar.

Das Sprachgesetz stammt zwar aus dem Jahre 1926, ist im Jahre 2008 aber noch einmal geändert worden. Diese Änderung ist dahingehend zu verstehen, dass der Gesetzge-ber auch heute noch an diesem Gesetz festhalten möchte. Völkerrechtlich mag man sich allerdings die Frage stellen, ob ein Festhalten an dem Gesetz denn überhaupt zulässig ist. Jedenfalls im Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts erge-ben sich hier Widersprüche. Denn das UN-Kaufrecht geht davon aus, dass sämtliche Verträge formfrei abgeschlossen werden können. An diese völkerrechtliche Vereinbarung ist auch die Türkei gebunden, zumal der Beitritt zum UN-Kauf-recht 2009 und damit zeitlich nach der Änderung des Sprach-

gesetzes beschlossen wurde. Rein rechtlich müsste daher jedenfalls im Anwendungsbereich des UN-Kaufrechts das türkische Sprachgesetz keine Anwendung finden. Da die Erfolgschancen dieser Argumentation vor einem türkischen Gericht jedoch zumindest als unsicher bezeichnet werden können, ist den Vertragsparteien im Zweifel zu raten, die Vor-gaben des Sprachgesetzes einzuhalten.

Dr. Sörren KieneRechtsanwaltSolicitor (England & Wales)Fachanwalt für internationales WirtschaftsrechtBRANDI Rechtsanwälte, GüterslohT +49 5241 5358 - 0E [email protected]

Vorsicht bei Werbung mit Influencern!

Influencer-Werbung wird immer mehr zu einem beliebten Marketing-Instrument. Models, Schauspieler, Sänger und sonstige Stars und Sternchen werden von Unternehmen dafür bezahlt, in ihren Instragram-, Facebook- und YouTube-Kanälen Produkte der Unternehmen wie rein zufällig zu plat-zieren. Dadurch soll die Werbung besonders authentisch wirken und gleichzeitig das gewünschte Publikum angespro-chen werden. Für das Unternehmen hat dies den Vorteil, dass es sich kostenintensive „offizielle“ Werbemaßnahmen spart.

Rechtlich ist diese Werbung durch Influencer jedoch pro-blematisch, weil Werbung als solche gekennzeichnet und hervorgehoben sein muss. Anderenfalls ist diese Werbung rechtswidrig und kann sogar als unlauterer Wettbewerb mit-tels Abmahnung, einstweiliger Verfügung und Klage verfolgt werden.

In erster Linie trifft dies jedoch den Werbenden, also das Model, die Sängerin oder den sonstigen Social-Media-Star selbst. Dies musste zuletzt schmerzlich eine Fußballerfreun-din erfahren. Diese hatte auf ihrem Instagram-Profil unter anderem Luxustaschen und Luxusuhren als „Mein Begleiter“ beworben. Daraufhin hat ihr der Wettbewerbsverband den Prozess gemacht und Recht bekommen. In Zukunft muss sie Werbung als solche ausweisen.

In einem anderen Gerichtsverfahren vor dem OLG Celle haben die Richter entschieden, dass die Werbung des Influ-encers auch bei Instagram oder Twitter durch eine deutliche Bezeichnung hevorgehoben werden muss. Im konkreten Fall bewarb ein Influencer, der über seinen Instragram-Account 1 Mio. Follower hatte, eine Rabattaktion eines Drogeriemarktes. Es kam zunächst der Werbetext. Darunter stand dann:

#BlackFriday #ad #eyes #Shopping #Rabatt #40%

Darin sah das OLG Celle unlautere Werbung und einen Ver-stoß gegen die Verpflichtung, Werbung als solche kenntlich zu machen. Alleine der Hashtag „ad“ für das englische Wort Advertisement („Werbung“) reiche im konkreten Zusammen-hang nicht aus. Das liege zum einen daran, dass diese Kenn-zeichnung überhaupt erst nach dem Werbetext erfolgte und

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zum anderen dieser Hashtag mit diversen anderen Hashtags auf gleicher Ebene vermischt war.

In erster Linie haftet somit zwar der Influencer selbst. Allerdings ist es durchaus möglich, auch das dahinter ste-hende Unternehmen in Anspruch zu nehmen, wenn es etwa die konkrete Art der Influencer-Werbung vorgegeben hat. Von der Rufbeeinträchtigung ganz zu schweigen.

Es empfiehlt sich daher, mit den Influencern klare Rege-lungen zu treffen, dass diese Werbung auch als solche kennt-lich zu machen haben, um Rechtsverstößen vorzubeugen. Angesichts der jüngsten Entscheidungen ist davon auszuge-

hen, dass solche Werbemaßnahmen immer stärker in den Fokus von Wettbewerbsverbänden und letztlich der Gerichte rücken. Es ist somit eine vernünftige vertragliche Gestaltung erforderlich.

Dr. Christoph RempeRechtsanwaltFachanwalt für InformationstechnologierechtBRANDI Rechtsanwälte, Bielefeld T +49 521 96535 - 875E [email protected]

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Der Familienpool als Instrument zum Erhalt des Familienvermögens

Durch den geschickten Einsatz eines sogenannten Familien-pools kann die Vermögensnachfolge optimal gesteuert und gesichert werden. Die nachfolgenden Generationen können auf diese Weise als Gesellschafter an dem Vermögen der Familie beteiligt werden; gleichzeitig wird eine „Zersplitterung“ des Vermögens vermieden und es kann eine langfristig renta-ble Vermögensverwaltung sichergestellt werden. Familien-pools bieten sich bereits bei mittelgroßen Vermögen, insbesondere auch bei diversifizierten Vermögensstrukturen an. Als Rechtsform für den Familienpool wird regelmäßig die Kommanditgesellschaft gewählt, wobei die Eltern die Kom-plementäre sind und Kinder und Enkelkinder als Kommandi-tisten aufgenommen werden. Denkbar ist auch die Ausgestaltung als GmbH & Co. KG, GmbH oder GbR. Die Gestaltung des Gesellschaftsvertrages ist dabei von größter Bedeutung. Wichtige Inhalte sind dabei:

Ausschluss des Kündigungsrechts

Auf Dauer kann das Recht zur ordentlichen Kündigung einer Gesellschaftsbeteiligung nicht ausgeschlossen werden; bei Familienpools zur reinen Vermögensverwaltung wird aller-dings eine Bindungszeit von bis zu 30 Jahren nach wie vor als zulässig erachtet, wenn keine Wettbewerbsverbote für die Gesellschafter in die Gesellschaftsverträge aufgenommen werden. Zusätzlich kann in einem Übertragungsvertrag, mit dem eine Kommanditbeteiligung auf ein Kind/Enkelkind über-tragen wird, geregelt werden, dass im Falle einer Kündigung einer Gesellschaftsbeteiligung vor Erreichen eines bestimm-ten Alters ein Rückforderungsrecht ausgelöst wird, wobei die-ses Recht von Großeltern an die Eltern eines Enkelkindes übertragen wird, wenn die Großeltern versterben.

Abfindungsregelungen

Die Abfindung ausscheidender Gesellschafter kann im Gesellschaftsvertrag betragsmäßig reduziert oder über einen längeren Zeitraum gestreckt werden; dadurch wird der Aus-stieg aus dem Familienpool unattraktiv gemacht. Rechtspre-chung und Literatur lassen nach wie vor Regelungen in Gesellschaftsverträgen zu, nach denen Abfindungen für Erben, die nach den Regelungen des Gesellschaftsvertrages nicht nachfolgeberechtigt sind, völlig ausgeschlossen werden.

Gewinnbezugs- und Stimmrechte

Die Gewinnverteilung kann abweichend vom Verhältnis der Kapitalanteile geregelt werden; so können die Senioren auch bei Übertragung von Gesellschaftsanteilen auf die nächste Generation ihre Versorgung aus den Erträgen des Familien-pools sicherstellen. Die Finanzverwaltung erkennt disquotale

Gewinnbezugsrechte einkommensteuerrechtlich an, wenn für eine vom gesetzlichen Verteilungsschlüssel abweichende Gewinnverteilung besondere Leistungen eines Gesellschaf-ters ursächlich sind. Gleichwohl ist in steuerlicher Hinsicht gewisse Vorsicht bei der Gestaltung geboten. Hingegen bestehen nach ganz herrschender Auffassung gegen eine disquotale Ausgestaltung der Stimmrechte keine Bedenken.

Nachfolgeregelungen

Der Gesellschaftsvertrag sieht regelmäßig vor, dass bei Tod eines Gesellschafters nur dessen (leibliche) Abkömmlinge als Nachfolger in den Gesellschaftsanteil zugelassen werden, nicht hingegen Ehegatten und sonstige familienfremde Per-sonen.

Der Familienpool ist zudem durch ehevertragliche Rege-lungen und Pflichtteilsverzichtsvereinbarungen zu flankieren, mit denen eine ungewollte Teilhabe von Ehepartnern famili-enangehöriger Gesellschafter am Vermögen des Familien-pools ausgeschlossen wird. Dies wird erreicht durch Verein-barung einer modifizierten Zugewinngemeinschaft, mit der die Beteiligung am Familienpool und an den Erträgen daraus bei der Ermittlung des Zugewinnausgleichs im Fall der Schei-dung der Ehe und im Fall des Todes des Gesellschafters aus-geschlossen wird. Der Ehepartner muss zudem einen Pflicht-teilsverzicht erklären, wonach die Gesellschaftsbeteiligung auch bei der Ermittlung von Pflichtteilsansprüchen nicht berücksichtigt wird. Als weitere flankierende Maßnahme empfiehlt sich, die Gesellschafter zur Errichtung einer Vorsor-gevollmacht zu verpflichten, um im Fall eintretender Geschäftsunfähigkeit die Beteiligung eines gerichtlich bestell-ten Betreuers in der Gesellschafterversammlung des Famili-enpools zu vermeiden.

Die oftmals wünschenswerten ehevertraglichen und erb-rechtlichen Gestaltungen lassen sich viel einfacher erreichen, wenn eine entsprechende Vorgabe im Gesellschaftsvertrag mit der Konsequenz geregelt ist, dass andernfalls ein Aus-schluss aus der Gesellschaft droht.

Fazit

Mit einem sensibel ausgestalteten Gesellschaftsvertrag eines Familienpools, darauf abgestimmten Testamenten, Ehever-trägen, Verzichtsverträgen und Vollmachten kann ein erheb-licher Beitrag zur Streitvermeidung und damit zum Erhalt des Familienvermögens erreicht werden.

Hartmut SanderingRechtsanwalt und NotarFachanwalt für SteuerrechtFachanwalt für ErbrechtBRANDI Rechtsanwälte, GüterslohT +49 5241 5358 - 0E [email protected]

Oktober 2017

Unternehmensrecht l Vermögensplanung, Vermögensnachfolge und Erbrecht

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Testament „Junger Unternehmer“

Das Testament „Junger Unternehmer“ betrifft als bedeut-same Vorsorgemaßnahme sämtliche Unternehmer, deren voraussichtlicher Nachfolger noch nicht in der Lage ist, die Geschicke des Unternehmens im Krisenfall bereits selbst in die Hand zu nehmen. Jung in diesem Sinne sind daher auch viele gestandene Unternehmer, da die eigenen Kinder häufig nach Ausbildung und Studium erst mit Ende zwanzig bereit sind, erste Verantwortung im Unternehmen zu übernehmen.

Hat der Unternehmer kein Testament errichtet, entsteht im typischen Fall bei seinem Ableben eine Erbengemein-schaft, bestehend aus dem Ehepartner und den Kindern. Die Erbengemeinschaft ist zur Unternehmensfortführung gänz-lich ungeeignet, da hier sämtliche Entscheidungen von allen Miterben grundsätzlich gemeinschaftlich getroffen werden müssen. Bei Personengesellschaftsanteilen findet allerdings – eine entsprechende Nachfolgeklausel im Gesellschaftsver-trag vorausgesetzt – eine Sondernachfolge entsprechend den Erbquoten statt. Sind die Kinder des Erblassers noch minderjährig, müsste für verschiedene Maßnahmen erst die familiengerichtliche Genehmigung eingeholt werden.

Die Möglichkeit zur erfolgreichen Fortführung des Unter-nehmens bis zur Übernahme durch einen Nachfolger sollte daher unbedingt durch eine sachgerechte testamentarische Regelung abgesichert werden. Steht bereits fest, welches der Kinder das Unternehmen zukünftig fortführen soll, kann der Nachfolger eventuell bereits als Erbe eingesetzt werden. Im Übrigen werden als Erben typischerweise zunächst der Ehe-partner allein oder, soweit die Kinder bereits volljährig sind, die Kinder zu gleichen Teilen eingesetzt. Steht noch nicht fest, welches der Kinder für die Unternehmensnachfolge am geeignetsten ist, bietet das sogenannte Bestimmungsver-mächtnis besondere Flexibilität. Die Bestimmung des Unter-nehmensnachfolgers kann hierdurch bis zum Erreichen eines bestimmten Lebensalters der Kinder hinausgeschoben und einem Dritten, etwa dem Ehepartner oder einem Mitunterneh-mer, überlassen werden.

Von besonderer Bedeutung ist zudem eine auf den Einzel-fall abgestimmte Testamentsvollstreckungsanordnung. Der Testamentsvollstrecker hat die Aufgabe, das Unternehmen bis zur Bestimmung eines Nachfolgers fortzuführen, sodass auf die Person des Testamentsvollstreckers beson-deres Augenmerk zu legen ist. Dies kann ein Mitunternehmer, ein leitender Angestellter oder etwa ein Steuerberater oder Rechtsanwalt sein. Bei der Testamentsvollstreckung (siehe hierzu ausführlicher den Beitrag „Testamentsvollstreckung an Gesellschaftsanteilen“) über Einzelunternehmen oder Gesell-schaftsbeteiligungen persönlich haftender Gesellschafter von Personengesellschaften ist jedoch unbedingt zu beach-ten, dass aufgrund der Diskrepanz zwischen der unbe-schränkten handelsrechtlichen Haftung und der auf den Nachlass beschränkbaren Erbenhaftung die Testamentsvoll-streckung lediglich in unterschiedlichen Varianten einer soge-nannten Treuhandlösung als zulässig angesehen wird.

Regelungsbedarf besteht zudem im Hinblick auf die Ver-sorgung des überlebenden Ehepartners und die Abfindung seiner Kinder untereinander (Geschwisterabfindung). Im Rah-men der Unternehmensnachfolge ist es durchaus üblich, nicht alle Beteiligten wertmäßig gleich zu behandeln, erhält der Unternehmensnachfolger doch auch das risikobehaf-tetere und schwerer zu erhaltende Vermögen. Gleichwohl ist stets der Pflichtteil der Geschwister und des überlebenden Ehepartners als deren wirtschaftliche Mindestbeteiligung am Nachlass zu beachten. Insoweit muss geprüft werden, ob die weichenden Geschwister und der Ehepartner ausreichend aus dem Privatvermögen abgefunden werden können. Ist dies nicht der Fall, kommen insbesondere testamentarisch verfügte Rentenansprüche, Nießbrauchrechte, obligatorische Nutzungsrechte oder Unterbeteiligungen hinsichtlich des unternehmerischen Vermögens in Betracht. Gegebenenfalls sollten mit dem Ehepartner und den Kindern ergänzende Pflichtteilsverzichtsverträge abgeschlossen werden.

Fazit

Bei der Gestaltung eines Testaments „Junger Unternehmer“ finden sich zahlreiche Fallstricke, bei denen sich jede sche-matische Betrachtung verbietet. Erforderlich sind daher jeweils passgenaue Lösungen im Einzelfall, die es ermögli-chen, das Unternehmen in einer Übergangszeit für die näch-ste Generation auch dann zu erhalten, wenn der Unternehmer die lebzeitige Übergabe nicht mehr selbst organisieren kann.

Dr. Daniel KollmeyerRechtsanwaltBRANDI Rechtsanwälte, GüterslohT +49 5241 5358 - 0E [email protected]

Testamentsvollstreckung an Gesellschaftsanteilen

Ein Instrument, über das im Rahmen der Nachfolgeplanung nachgedacht werden sollte, ist die Testamentsvollstreckung, deren Anordnung auch Gesellschaftsanteile betreffen kann. Die Interessen des unternehmerisch tätigen Erblassers bein-halten zumeist, Fortbestand und Liquidität des Unternehmens über seinen Tod hinaus zu sichern, das Unternehmen vor (noch nicht) ausreichend qualifizierten Nachfolgern zu schüt-zen und diese sukzessive an die Unternehmensleitung heran-zuführen. Eine Möglichkeit zur Durchsetzung dieser In- teressen ist die Anordnung der Testamentsvollstreckung und Einsetzung eines kompetenten Testamentsvollstreckers als „Interims-Nachfolger“. Durch die Anordnung der Testaments-vollstreckung und Auswahl des Testamentsvollstreckers ist der Erblasser gewissermaßen in der Lage, seinem (unterneh-merischen) Willen auch nach seinem Tod noch zur Durchset-zung zu verhelfen. Außerdem ist der Einsatzbereich der Testamentsvollstreckung geprägt durch das Vorhandensein minderjähriger Erben.

Die Testamentsvollstreckung bewegt sich im Nachfolge-fall an der Schnittstelle zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht.

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Grundlagen

Grundvoraussetzung für die Anordnung einer Testaments-vollstreckung an einem Gesellschaftsanteil ist, dass der Anteil zum Nachlass gehört und auf den Erben übergeht. Entschei-dend ist somit auf der ersten Stufe, welche Regelungen Gesetz und Gesellschaftsvertrag für die Beteiligung im Erbfall vorsehen. Dies hängt von der Rechtsform der Gesellschaft ab: während für die GbR mangels abweichender Regelung im Gesellschaftsvertrag gilt, dass die Gesellschaft mit dem Tod eines Gesellschafters aufgelöst ist und abgewickelt werden muss, werden die Personenhandelsgesellschaften des HGB (OHG und KG) bei Tod eines persönlich haftenden Gesell-schafters unter den Überlebenden fortgesetzt und der Ver-storbene scheidet aus der Gesellschaft aus. Demgegenüber ist die Kommanditbeteiligung voll vererblich; die Gesellschaft wird mit den Erben des Kommanditisten fortgesetzt. Gleiches gilt für den GmbH-Geschäftsanteil.

Die gesetzlichen Regelungen sind indes umfänglich dis-positiv; der Gesellschaftsvertrag kann abweichende Rege-lungen treffen.

Schon aus diesem Grund ist von entscheidender Bedeu-tung, dass der Gesellschaftsvertrag an die geplante Unter-nehmensnachfolge angepasst wird. Der Ausgestaltung der Nachfolge-/Fortsetzungsklausel ist dabei besondere Auf-merksamkeit zu widmen. Da zudem das Gesellschaftsrecht bei der Übertragung eines Gesellschaftsanteils im Erbfall dem Erbrecht vorgeht, ist es äußerst zweckmäßig, erbrecht-liche Anordnungen und gesellschaftsrechtliche Regelungen kongruent zu gestalten. Ist dies nicht der Fall, kann das Ziel des Nachfolgekonzepts nicht erreicht werden. Die Gestaltung des Gesellschaftsvertrages ist auch entscheidend für die Frage, ob der Übergang auf den Erben kraft Erbfolge mit Nachlasszugehörigkeit erfolgt und somit die Testamentsvoll-streckung greift oder ob die Beteiligung „am Nachlass vorbei“ auf den Erben übergeht und die Testamentsvollstreckung ins Leere geht.

Anordnung der Testamentsvollstreckung

Notwendig ist, dass der Erblasser durch letztwillige Verfü-gung die Testamentsvollstreckung anordnet. Art und Umfang der Testamentsvollstreckung, die Befugnisse und Person des Testamentsvollstreckers, sowie Ersatzanordnungen sind wei-testgehend dem Erblasser überlassen. Allein er ist in der Lage, die Testamentsvollstreckung für seinen Gesellschafts-anteil anzuordnen.

Arten der Testamentsvollstreckung

Es werden grundsätzlich drei Arten der Testamentsvollstre-ckung unterschieden:1. Zum einen die sog. Abwicklungsvollstreckung, deren Sinn

und Zweck die Ausführung der Anordnungen des Erblas-sers in Bezug auf die Auseinandersetzung des Nach-lasses sind. Der Testamentsvollstrecker wird in Bezug auf das Unternehmen bei der Abwicklung der Gesellschaft oder dem Ausscheiden des Erblassers tätig.

2. Bei der Verwaltungsvollstreckung verwaltet der Testa-mentsvollstrecker demgegenüber den Nachlass auf Dauer. In diesem Fall kann eine Zeitbestimmung oder eine Bedingung angeordnet werden. Der Verwaltungsvoll-strecker hat in diesem Fall umfassende Befugnisse in Bezug auf die Rechte, die mit der Gesellschaftsbeteili-gung einhergehen.

3. Die umfassendste Form der Testamentsvollstreckung ist schlussendlich die sog. Dauervollstreckung, die für min-destens 30 Jahre eingerichtet werden kann. Als Dauer-vollstrecker verwaltet der Testamentsvollstrecker zum Nachlass gehörige Vermögenswerte auch nach Ausei-nandersetzung der Erben weiter.

Die Art der Testamentsvollstreckung entscheidet darüber, welche Einschränkungen die Erben bei der Verwaltung des Nachlasses erfahren. Im Rahmen der Dauervollstreckung wird die umfängliche Entscheidungsgewalt für einen erheb-lichen Zeitraum auf den Testamentsvollstrecker übertragen und zwar auch für den Fall, dass der Nachlass bereits ausein-andergesetzt worden ist. Für Gesellschaftsbeteiligungen, ins-besondere an Personengesellschaften, ist die Zulässigkeit der Dauervollstreckung weiterhin höchstrichterlich nicht geklärt, so dass bei ihrer Anordnung erhebliche Vorsicht und mögliche Alternativregelungen zu berücksichtigen sind.

Person des Testamentsvollstreckers

Der Testamentsvollstrecker hat - mangels abweichender Anordnungen durch den Erblasser - weitreichende Befug-nisse in Bezug auf die Gesellschaftsbeteiligung und ist grund-sätzlich auch dazu berechtigt, die Gesellschaft zu kündigen oder die Beteiligung zu veräußern. Der Testamentsvollstre-cker muss nicht nur das Vertrauen des Erblassers genießen, sondern auch die notwendige Autorität und Fachkompetenz aufweisen, die zur Durchsetzung des Erblasserwillens und angemessenen Führung der Gesellschaft notwendig ist. Ist der Testamentsvollstrecker zwar eine Vertrauensperson des Erblassers, aber geschäftlich unerfahren und mit den wirt-schaftlichen und rechtlichen Anforderungen an die Unterneh-mensführung und das Unternehmen selbst nicht vertraut, so kann auch dies bereits nachteilige Auswirkungen auf den unternehmerischen Erfolg haben. Außerdem ist vor allem dann, wenn prognostisch mit einer langjährigen Testaments-vollstreckung gerechnet werden muss, das Alter des Testa-mentsvollstreckers zu berücksichtigen. Neben seiner Auswahl dürfte auch die Berücksichtigung von Ersatzpersonen von Bedeutung sein.

Fazit

Die Testamentsvollstreckung ist eine Möglichkeit, die Verwal-tung der Gesellschaftsbeteiligungen des Erblassers auch nach seinem Tod seinem Einfluss nicht zu entziehen. Sie ver-langt allerdings umfassende Vorüberlegungen und eine vor-sorgende Planung noch zu Lebzeiten. Nicht nur die Art der Testamentsvollstreckung, sondern auch die Ausgestaltung derselben und die Person des Testamentsvollstreckers sind mit Bedacht zu wählen.

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Handelt es sich bei der Testamentsvollstreckung um ein erwägenswertes Instrument bei der Unternehmensnachfol-geplanung, so erfordert die Anordnung derselben einer genauen Analyse, vorausschauende Planung und lückenlose Abstimmung zwischen den beteiligten Personen, sowie den einschlägigen Verträgen.

Ute Lienenlüke Rechtsanwältin BRANDI Rechtsanwälte, Bielefeld T +49 521 96535 - 871 E [email protected]

Dr. Paul CzaplinskiRechtsanwaltBRANDI Rechtsanwälte, BielefeldT +49 521 96535 - 873E [email protected]

Sind Patientenverfügungen wertlos?

Immer mehr Menschen errichten Patientenverfügungen. Hie-rin regeln sie für den Fall ihrer „Einwilligungsunfähigkeit“ (so der Gesetzeswortlaut), welche ärztlichen Maßnahmen sie in bestimmten Situationen wünschen oder ablehnen. Häufig geht es ihnen darum, das Leben im Endstadium einer töd-lichen Krankheit nicht mit Hilfe der „Apparatemedizin“ zu ver-längern oder ein langes Wachkoma ohne Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins zu vermeiden. Viele wünschen, dass in derartigen Situationen lebensverlän-gernde Maßnahmen, insbesondere eine künstliche Ernäh-rung, unterbleiben.

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt die Vorausset-zungen, die Wirkung und den Umgang mit Patientenverfü-gungen. Damit ist alles klar – sollte man denken. Dass das nicht so ist, weiß die breite Öffentlichkeit seit einer Entschei-dung des Bundesgerichtshofs vom 06.07.2016, die ein unge-wöhnlich großes Medienecho gefunden hat. Es hieß, der BGH habe „hunderttausende Patientenverfügungen zunich-tegemacht“. Was war passiert?

Eine siebzigjährige Frau erlitt 2011 einen Hirnschlag. Seit-dem wird sie über eine PEG-Sonde künstlich ernährt. Die zunächst noch vorhandene Fähigkeit zu sprechen verlor sie infolge mehrerer epileptischer Anfälle. Sie hat auf der Basis einer Mustervorlage eine Patientenverfügung errichtet, in der es unter anderem heißt, sie wünsche, „dass lebensverlän-gernde Maßnahmen unterbleiben, wenn medizinisch eindeu-tig festgestellt ist, … dass aufgrund von Krankheit oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleibt“. Ein Sachverständigengutachten kam zu dem Ergebnis, dass bei ihr unwiederbringlich ein Dauerschaden am Gehirn eingetre-ten ist.

Die Patientin hat drei Töchter; einer hat sie eine Vorsorge-vollmacht erteilt. Diese und die behandelnde Ärztin sind der Auffassung, dass ein Abbruch der künstlichen Ernährung nicht dem Willen der Patientin entspreche. Die beiden weite-ren Töchter vertreten dagegen die Auffassung, aufgrund der

Patientenverfügung müsse die künstliche Ernährung beendet werden.

Der BGH stellte sich auf die Seite der bevollmächtigten Tochter und begründete dies damit, dass die Patientenverfü-gung nicht ausreichend konkret sei. Er verlangt, „dass der Betroffene umschreibend festlegt, was er in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation will und was nicht.“ Das sah der BGH hier nicht als erfüllt an. Die Formulierung „schwerer Dauerschaden des Gehirns“ hielt er für zu wenig präzise. Hieraus könne selbst im Zusammenhang mit der For-mulierung, die Patientin wünsche keine lebensverlängernden Maßnahmen, nicht geschlossen werden, dass sie die künst-liche Ernährung mittels PEG-Sonde ablehne.

Die Entscheidung des BGH überrascht, zumal hier auf-grund eines Sachverständigengutachtens feststeht, dass der in der Patientenverfügung genannte „schwere Dauerschaden des Gehirns“ vorliegt. Letztlich haben wohl die Besonder-heiten des Einzelfalls eine wichtige Rolle gespielt. Der BGH wollte sich vermutlich nicht über die einvernehmliche Ent-scheidung der Bevollmächtigten und der behandelnden Ärz-tin hinwegsetzen. So nachvollziehbar das ist - der Beschluss des BGH hat für große Verunsicherung gesorgt. Viele fragen, ob Patientenverfügungen überhaupt noch etwas wert seien.

Die Antwort hierauf lieferte der Bundesgerichtshof in einer weiteren Entscheidung am 08.02.2017: Eine 68 Jahre alte Frau erlitt 2008 einen Schlaganfall sowie einen Herz-Kreis-laufstillstand und befindet sich seitdem im Wachkoma. Sie wird über eine Magensonde künstlich ernährt. In ihrer Patien-tenverfügung hat sie erklärt, dass dann, wenn „keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins besteht“, lebensver-längernde Maßnahmen unterbleiben sollen.

Sohn und Ehemann (jeder darf sie als gerichtlich bestell-ter Betreuer vertreten) sind sich über die Frage, ob die künst-liche Ernährung eingestellt werden soll, uneins. In seiner Ent-scheidung hierüber hielt der BGH die Formulierung in der Patientenverfügung, dass bei nicht vorhandener Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben sollen, für hinreichend konkret. Wenn dieser Fall vorliege, dann könne die Patientenverfü-gung so auszulegen sein, dass die Patientin in den Abbruch der künstlichen Ernährung eingewilligt habe. Zur Aufklärung (mit sachverständiger Hilfe), ob die Wiedererlangung des Bewusstseins tatsächlich ausgeschlossen ist, verwies der BGH die Sache an die Vorinstanz zurück.

Aus den beiden Entscheidungen sind folgende Lehren zu zie-hen:

1. Eine Patientenverfügung sollte immer mit einer Vorsorge-vollmacht verbunden werden, in der der Vollmachtgeber klar festlegt, wer ihn vertritt und die Patientenverfügung durchsetzt. Das hatte die Vollmachtgeberin im zweiten Fall versäumt.

2. Der Vollmachtgeber muss sich genau überlegen, wen er zum Vorsorgebevollmächtigten bestellt. Sind sich der Bevollmächtigte und der behandelnde Arzt darüber einig, dass die in einer Patientenverfügung beschriebenen Voraussetzungen für einen Behandlungsabbruch vorlie-

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gen, dann kann dieser – im wohlverstandenen Interesse des Patienten – vorgenommen werden. Eine gerichtliche Entscheidung ist dann nicht erforderlich.

3. Vor allem zeigen die Entscheidungen, wie wichtig die ein-deutige Formulierung von Patientenverfügungen ist. Gerade ältere Patientenverfügungen (die Patientin im ersten Fall hatte die Patientenverfügung 2003 unter-schrieben, die im zweiten Fall 1998) sollten auf den Prüf-stand gestellt werden.

Fazit

Patientenverfügungen sind nicht wertlos! Sie müssen – wenn sie hinreichend klar sind – beachtet werden. Vor allem alte Patientenverfügungen sollten allerdings kritisch überprüft werden. Hierbei und bei der Errichtung von rechtssicheren Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen kann der Notar helfen.

Dr. Josef Heimann, LL.M.Rechtsanwalt und NotarFachanwalt für Handels- und GesellschaftsrechtFachanwalt für ErbrechtBRANDI Rechtsanwälte, PaderbornT +49 5251 7735 - 0E [email protected]

Organisationsstrukturen in Stiftungen, die an Unternehmen beteiligt sind

Im Jahr 2016 sind nach Angaben des Bundesverbands Deut-scher Stiftungen 582 Stiftungen neu errichtet worden. Ferner gibt es in Deutschland insgesamt ca. 300 unternehmensver-bundene Stiftungen. Prominente Beispiele unternehmensver-bundener Stiftung sind die Robert Bosch Stiftung und die Bertelsmann-Stiftung. Doch auch für mittelständische Unter-nehmen ist die unternehmensverbundene Stiftung eine immer beliebter werdende Alternative zur klassischen Nachfolgere-gelung durch Übertragung von Unternehmensanteilen inner-halb der Familie. Stiftungen, die unternehmerisches Vermögen verwalten und kontrollieren, sollten jedoch ein besonderes Augenmerk darauf richten, wie die für die Erfül-lung des Stiftungszwecks eingesetzten Organe der Stiftung besetzt werden.

Im Zusammenhang mit der Unternehmensnachfolge durch Stiftungen bieten sich grundsätzlich zwei Modelle an: Zum einen kann der Stifter sich für die Gründung einer Unter-nehmensträgerstiftung, die das Unternehmen unmittelbar selbst betreibt, entschließen. Alternativ besteht die Möglich-keit der Errichtung einer Beteiligungsträgerstiftung, die Anteile an einer Personen- oder Kapitalgesellschaft hält. Beide Erscheinungsformen werden unter dem Begriff „unter-nehmensverbundene Stiftung“ zusammengefasst. Die Unter-nehmensträgerstiftung hat sich als vergleichsweise kom-plexes Gebilde in der Praxis allerdings wenig durchgesetzt. Die Beteiligungsträgerstiftung ist die in der Praxis am häu-figsten anzutreffende Gestaltung.

Die Stiftung als juristische Person kann grundsätzlich bei jeder Gesellschaftsform die Stellung eines Gesellschafters erwerben und somit u.a. Gesellschafter einer KG oder GmbH sein. Das ist unabhängig davon möglich, ob es sich um eine Familienstiftung oder eine gemeinnützige Stiftung handelt.

Die Stiftung selbst hat weder Mitglieder noch Gesellschaf-ter und selbst dem Stifter sind mit der Anerkennung der Stif-tung grundsätzlich wesentliche Einwirkungsmöglichkeiten auf die Struktur der Stiftung genommen. Die einmal gegründete Stiftung kann nicht nach Belieben der Stifter aufgelöst und der alte Zustand wieder hergestellt werden. Da die Stiftungssat-zung nach Gründung der Stiftung nicht ohne weiteres geän-dert werden kann (und sollte), ist auf deren Gestaltung früh-zeitig besondere Sorgfalt zu verwenden. Bei einer unternehmenstragenden Stiftung kommt der Einrichtung und Besetzung der Organe der Stiftung besondere Bedeutung zu.

Der Stiftungsvorstand ist als gesetzliches Vertretungsor-gan der Stiftung zwingend vorgesehen. Daher muss die Sat-zung Regelungen über die Bildung des Vorstands enthalten. Der Stiftungsvorstand kann sich aus einer oder mehreren Personen zusammensetzen. Der Stiftungsvorstand führt die Geschäfte der Stiftung und nimmt damit auch die Rolle des Gesellschafters des Unternehmens wahr. Zu Lebzeiten der Stifter werden diese in der Regel den Stiftungsvorstand bil-den. Sind die Stifter verstorben, muss sichergestellt werden, dass geeignete Personen in den Stiftungsvorstand gewählt werden.

Deshalb ist es sinnvoll, neben der Bildung des Stiftungs-vorstands ein weiteres fakultatives Organ, das in der Regel als Kuratorium bezeichnet wird, vorzusehen und dieses mit unterschiedlichen Kompetenzen auszustatten. Ein solches fakultatives Organ bedarf der Verankerung in der Satzung. Hier bieten sich vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, die bei Errichtung der Stiftung richtig und sinnvoll ausgenutzt werden sollten. Stiftungsinterne Kontroll- und Beratergremien wie das Kuratorium sind insbesondere bei einer Beteiligungsträger-stiftung, die Alleingesellschafter eines Familienunterneh-mens ist, von besonderer Bedeutung. Da nach Errichtung der Stiftung weitere Organe nur im Wege der Satzungsänderung implementiert oder abgeschafft werden können, für die bei einer Stiftung besonders strenge Voraussetzungen gelten, ist hier besondere Sorgfalt auf die Ausgestaltung der Satzung zu legen.

Das Kuratorium wird in der Regel Kompetenzen bekom-men, die mit denen eines Aufsichtsrats einer Aktiengesell-schaft vergleichbar sind. Insbesondere sollte das Kuratorium den Vorstand nach dem Ausscheiden der Stifter bestellen. Auch wird das Kuratorium bestimmte wichtige Rechtsge-schäfte genehmigen müssen, die vom Vorstand nicht allein verantwortet werden sollen. Hier ist insbesondere an wesent-liche Entscheidungen für die Ausrichtung des Unternehmens zu denken, wie z.B. die Aufnahme neuer Geschäftsfelder oder der Erwerb von Unternehmen aber auch - soweit die Stiftungssatzung dies zulässt - der Verkauf des Unterneh-mens oder Teilen davon. Meinungsverschiedenheiten im Vor-stand können ebenfalls vom Kuratorium entschieden werden. Ferner sollte das Kuratorium bei Satzungsänderungen zustim-men müssen.

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Durch diese - an die Organstruktur einer Aktiengesell-schaft angelehnte Gestaltung - erreicht man folgende dreig-liedrige Kompetenzzuordnung:

- Der Stiftungsvorstand nimmt – als gesetzlicher Vertreter der Stiftung – die Rolle des Gesellschafters des Unterneh-mens war.

- Der Stiftungsvorstand wird vom Kuratorium bestellt, abbe-rufen und überwacht – ähnlich einem Aufsichtsrat.

- Die Geschäftsführung des Unternehmens nimmt die opera-tive unternehmerische Leitung war und ähnelt damit dem Vorstand einer Aktiengesellschaft.

Es ist offensichtlich, dass auf allen Kompetenzebenen Per-sonen mit besonderem unternehmerischem Sachverstand eingesetzt werden sollten. Die Satzung muss insoweit bereits eine Grundentscheidung treffen, indem sie zumindest allge-mein regelt, dass gewisse Grundqualifikationen vorhanden sein sollten. Darüber hinaus sollte geregelt werden, dass ein gewisses Höchstalter (im Einzelfall oder durchschnittlich) bei den Stiftungsorgangen nicht überschritten werden darf. Zwar ist es nicht nötig, sich an das allgemeine Rentenalter anzuleh-nen. Ratsam wäre es aber, ein Höchstalter von 80 Jahren nicht zu überschreiten. Diese Regeln sollten auch für Famili-enangehörige der Stifter gelten.

Die Amtszeiten der Organe sind so zu gestalten, dass diese für eine gewisse Kontinuität sorgen. Insbesondere sollten gestaffelte Amtszeiten gerade für die ersten Organe gelten, so dass nicht sämtliche Mitglieder des jeweiligen Organs zur gleichen Zeit ausscheiden. Auch eine Wieder-wahl sollte zugelassen werden.

Darüber hinaus kann die Satzung eine Öffnungsklausel enthalten, nach der die Stifter verbindlich weitere Kriterien für die Besetzung der Organe vorsehen können, die aber den Regelungen in der Satzung nicht widersprechen, sondern diese nur ergänzen dürfen. Auch können sich die Stifter vor-behalten, die Organe zu ihren Lebzeiten allein zu besetzen. Sollten zu diesem Zeitpunkt geeignete und qualifizierte Per-sonen aus den Familien vorhanden sein, können die Stifter auch diese bestimmen. Formal können diese Rechte durch eine Stiftervereinbarung oder durch Beschluss ausgeübt wer-den.

Wird das erste Kuratorium der Stiftung mit qualifizierten Personen besetzt, die man für geeignet hält, die Qualifikation der ihnen nachfolgenden Organe sowie des Vorstands zu beurteilen und dafür geeignete Personen auszuwählen, ist dies der beste Garant für eine auch in Zukunft funktionie-rende Stiftung. Wird darauf zu Beginn kein Wert gelegt, kann dieser Sündenfall später nur unbefriedigend bereinigt werden, falls die Stifter dies zu spät erkennen.

Fazit

Bei Errichten einer Beteiligungsträgerstiftung müssen in der Satzung schon bei Errichtung der Stiftung Führungsstruk-turen geschaffen werden, die auf das von der Stiftung gehal-tene Unternehmen zugeschnitten sind. Hierzu müssen in der Satzung die Zuständigkeiten und Kompetenzen zwischen

dem Stiftungsvorstand als Vertreter der Stiftung und fakulta-tiven Organen sinnvoll verteilt werden.

Eva-Maria Gottschalk, LL.M.RechtsanwältinFachanwältin für Handels- und GesellschaftsrechtBRANDI Rechtsanwälte, GüterslohT +49 5241 5358 - 0E [email protected]

Zur Bedeutung der Zehn-Jahres-Frist im Erb- und Schenkungsrecht

Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) haben Fristen unter-schiedliche Funktionen. Mit dem Ablauf einer Frist kann ein Recht entstehen oder erlöschen, eine Einrede, die die Durch-setzbarkeit eines Anspruchs hindert, begründet werden oder die Vornahme einer rechtlich relevanten Handlung ausge-schlossen sein. Ziel der Fristen ist es, durch ihren Ablauf Rechtsklarheit und -sicherheit herzustellen. Vereinzelnd ent-hält das BGB Zehn-Jahres-Fristen. Im Zusammenhang mit Schenkungen, gerade im Bereich der sog. vorweggenom-menen Erbfolge, weisen diese besondere praktische Rele-vanz auf und geben Anlass dafür, die Übertragung von Vermögen gerade unter Berücksichtigung dieser Fristen zu planen. Zwei wichtige Beispiele sollen hier einmal dargestellt werden:

Der Rückforderungsanspruch des verarmten Schenkers

Nach § 528 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Schenker vom Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes fordern, soweit er nach Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten oder die ihm gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen. Der Anspruch ist jedoch u. a. deshalb ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Eintritts seiner Bedürftigkeit seit der Leistung des geschenkten Gegenstandes zehn Jahre verstrichen sind. Dabei kommt es darauf an, dass die Bedürftigkeit des Schen-kers auch tatsächlich innerhalb der Zehn-Jahres-Frist eintritt und nicht nur lediglich droht. Unter diesen Voraussetzungen wird der Beschenkte, der auf den Bestand der Schenkung vertraut, vor einem etwaigen Rückforderungsanspruch des unterhaltsbedürftigen bzw. -pflichtigen Schenkers geschützt. Nach Ablauf der Zehn-Jahres-Frist soll er darauf vertrauen dürfen, dass das Geschenk endgültig in seinem Vermögen verbleibt und zwar auch dann, wenn der Schenker mittler-weile verarmt ist.

Dazu folgendes Beispiel: Im Jahr 2014 schenkte der gut betuchte Schenker dem Beschenkten ein Gemälde im Wert von 5.000 €. Drei Jahre später verliert er seine Arbeitsstelle. Nachdem er sämtliche finanziellen Reserven aufgebraucht hat und nunmehr auf staatliche Unterstützung angewiesen ist, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, verlangt er das Gemälde vom Beschenkten heraus. Dieser ist verpflichtet, dem Verlangen Folge zu leisten. Anders wäre die Rechtslage, wenn der Notbedarf des Schenkers erst zehn Jahre nach der Schenkung eingetreten wäre. Dieses aus Darstellungsgrün-

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den gewählte recht einfache Beispiel wäre indes etwa auch bei einem geschenkten Grundstück denkbar.

Der Pflichtteilsergänzungsanspruch bei lebzeitiger Schenkung des Erblassers

Auch im Erbrecht kommt der Zehn-Jahres-Frist besondere Bedeutung zu. Hat der Erblasser einem Dritten eine Schen-kung gemacht, so kann der Pflichtteilsberechtigte als Ergän-zung seines Pflichtteils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird. Die – etwas schwer verständ-liche – Regelung soll verhindern, dass der Pflichtteilsan-spruch des Pflichtteilsberechtigten durch lebzeitige Schenkungen des Erblassers praktisch ausgehöhlt wird. Ohne diese Regelung könnte der Erblasser sein gesamtes Vermögen vor seinem Tod verschenken, mit der Folge dass die grundsätzlich Pflichtteilsberechtigten mangels nennens-werten Nachlasses leer ausgehen.

Allerdings kennt das Gesetz eine Art „Abschmelzungsre-gelung“. Erfolgt die Schenkung innerhalb des ersten Jahres vor dem Erbfall wird sie in vollem Umfang, mit jedem weiteren Jahr vor dem Erbfall um jeweils ein Zehntel weniger berück-sichtigt. Sind dagegen zehn Jahre seit der Leistung des ver-schenkten Gegenstandes verstrichen, bleibt die Schenkung unberücksichtigt. Hintergrund dieses sogenannten Abschmel-zungsmodells ist der Gedanke, dass je länger die Schenkung zurück liegt, desto weniger dem Erblasser die böse Absicht unterstellt werden kann, er wolle den Pflichtteilsberechtigten um seinen Pflichtteil bringen.

Dazu ein Beispiel: Der unverheiratete Erblasser verstirbt am 1.7.2017. Sein Sohn ist Alleinerbe des gesamten Vermö-gens im Wert von 800.000 €. Seine Tochter, mit deren Lebensstil er nicht einverstanden war, geht leer aus. Darüber hinaus schenkte der Erblasser seinem Sohn unmittelbar vor seinem Tod einen Oldtimer im Wert von 200.000 €. Die Toch-ter hat gegen ihren Bruder einen Pflichtteilsanspruch i.H.v. 200.000 € (nach der gesetzlichen Regelung 1/4 des Nach-lasswertes). Wird der Wert des Oldtimers zum Nachlass hin-zugerechnet, hätte der Nachlass einen Wert von 1.000.000 €. Der Pflichtteilsanspruch würde dann i.H.v. 250.000 € beste-hen. Die Differenz zwischen dem der Tochter tatsächlich zu stehenden Pflichtteil und dem ihr hypothetisch zustehende Pflichtteil beträgt 50.000 €. Demzufolge hat die Tochter gegen ihren Bruder neben ihrem Pflichtteilsanspruch i.H.v. 200.000 € einen Pflichtteilsergänzungsanspruch i.H.v. 50.000 €. Wäre die Schenkung vor über fünf Jahren vor dem Erbfall im Früh-jahr 2012 erfolgt, müssten nur noch 50 % des Wertes des Oldtimers berücksichtigt werden. Dann hätte die Tochter nur noch einen Pflichtteilsergänzungsanspruch i.H.v. 25.000 €. Wäre die Schenkung dagegen schon über zehn Jahre her, würde die Schenkung unberücksichtigt bleiben, mit der Folge, dass die Tochter keinen Pflichtteilsergänzungsanspruch hätte.

Für den sehr praxisrelevanten Fall der Grundstücksschen-kung ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes die Frist erst beginnt, wenn der Erblas-ser seine Rechtsstellung als Eigentümer endgültig verliert

(also die Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgt ist) und darüber hinaus darauf verzichtet, den Gegenstand im Wesentlichen weiterhin zu nutzen. Eine „wesentliche Nut-zung“ in diesem Sinn kann beispielsweise unter bestimmten Voraussetzungen vorliegen, wenn der Erblasser sich z. B. einen Nießbrauch des Grundstücks vorbehalten oder ein Wohnungsrecht für die gesamte Immobilie hat einräumen las-sen. Insofern ist gerade in den Fällen der Grundstücksschen-kung darauf bei der Vertragsgestaltung ein besonderes Augenmerk zu richten. Pauschale Lösungen kann es nicht geben.

Praxistipp zum Steuerrecht

Die Zehn-Jahres-Frist kann auch im Steuerrecht eine erheb-liche Rolle spielen. Insbesondere aus erbschafts- und schen-kungssteuerlichen Gründen kann es teilweise sinnvoll sein, eine Zehn-Jahres-Frist im Zusammenhang mit einer geplanten Vermögensübertragung ablaufen zu lassen. Denn dadurch kann vermieden werden, dass in einigen Fällen eine grundsätzliche Steuerbefreiung mit Wirkung für die Vergan-genheit wieder entfällt, wenn die Gegenstände innerhalb von zehn Jahren nach dem Erwerb (weiter-) veräußert oder nicht mehr zu einem bestimmten Zweck genutzt werden. Kommt es einem Erwerber also auf den Zeitpunkt der Veräußerung oder Nutzungsaufgabe nicht entscheidend an, ist ihm grundsätz-lich zu empfehlen, den Ablauf dieser Zehn-Jahres-Frist abzu-warten.

Schließlich kann im Erb- und Schenkungssteuerrecht der Zehn-Jahres-Zeitraum auch für die Inanspruchnahme von Freibeträgen relevant sein. Denn das Gesetz schreibt die wertmäßige Zusammenrechnung mehrerer Erwerbe in einem Zeitraum von 10 Jahren vor. Das hat zur Folge, dass durch eine Zusammenrechnung der Erwerbe die Freibeträge des Gesetzes innerhalb eines Zehn-Jahres-Zeitraumes nur ein-mal berücksichtigt werden können. Wartet der Übertragende hingegen mindestens 10 Jahre nach einer Vermögensüber-tragung ab, bevor er weiteres Vermögen an denselben Erwer-ber überträgt, kann dieser Erwerber den Freibetrag erneut geltend machen.

Dr. Jörg NiggemeyerRechtsanwalt und NotarFachanwalt für VerwaltungsrechtBRANDI Rechtsanwälte, PaderbornT +49 5251 7735 - 0E [email protected]

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Unsicherheiten im Zusammenhang mit der EU-Erbrechtsverordnung

Gedanken über den eigenen Tod und darüber, was mit dem Vermögen bei Eintritt des Erbfalles passieren soll, werden oft-mals verdrängt. Eine EMNID-Studie belegt, dass weniger als 30 % der Erblasser Testamente oder Erbverträge hinterlas-sen. Die fehlende Beschäftigung mit der eigenen Sterblich-keit war bis vor nicht allzu langer Zeit insoweit rechtlich unproblematisch, als dass Gerichte regelmäßig leicht das anzuwendende Erbrecht eines Staates feststellen konnten. Zur Bestimmung des anzuwendenden Erbrechts griff man in Deutschland und in einer Vielzahl anderer europäischer Staa-ten bei Erbfällen mit Auslandsbezug grundsätzlich auf die Staatsangehörigkeit des Erblassers zurück. Ein Erbfall hat einen Auslandsbezug, wenn der Erblasser nicht in dem Staat lebt und verstirbt, dem er angehört oder Vermögenswerte in mehreren Staaten hinterlässt.

Die Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit erachtete der EU-Rechtsgeber allerdings zunehmend als antiquiert. Dem-entsprechend stellt die seit Mitte 2015 anwendbare EU-Erb-rechtsverordnung (VO (EU) Nr. 650/2012) sowohl für die Frage, welches Gericht international zuständig ist, als auch für die Frage welches Erbrecht diese Gerichte anzuwenden haben, grundsätzlich nicht mehr auf die Staatsangehörigkeit ab. Ausschlaggebend ist vielmehr der „gewöhnliche Aufent-haltsort“ des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes. Den Begriff des „gewöhnlichen Aufenthalts“ hat die EU-Erbrechts-verordnung dabei bewusst nicht definiert.

Die offene Regelung der EU-Erbrechtsverordnung führt zu Rechtsunsicherheit und unter Umständen zu unerwarteten Ergebnissen. So kann sich etwa das anzuwendende Erbrecht für einen deutschen Staatsangehörigen, der zum Zeitpunkt seines Todes seinen „gewöhnlichen Aufenthalt“ z.B. in Spa-nien hatte, nach spanischem Recht richten. Solchen Überra-schungen kann der Erblasser jedoch durch eigene Rege-lungen entgegentreten.

Ein Erblasser kann in seiner Verfügung von Todes wegen eine Rechtswahl treffen. Denn das Erbrecht des Staates des gewöhnlichen Aufenthaltes kommt nur dann zur Anwendung, wenn der Erblasser zuvor keine abweichende Rechtswahl getroffen hat. Der Erblasser darf allerdings nicht das Recht irgendeines Staates wählen. Nach der EU-Erbrechtsverord-nung kann er vielmehr nur bestimmen, dass für die Rechts-nachfolge nach seinem Tod das Recht des Staates gelten soll, welchem er entweder im Zeitpunkt seiner Rechtswahl oder seines Todes angehörte. Das bedeutet beispielsweise für einen deutschen Erblasser, der seinen Lebensabend in Süd-frankreich verbringt und dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, dass er als Recht, nach dem sein Erbfall später zu behan-deln ist, (nur) deutsches Recht wählen kann. Eine solche Rechtswahl ist nach der EU-Erbrechtsverordnung allerdings nicht formlos möglich. Vielmehr muss sie der Form einer letztwilligen Verfügung entsprechen.

Unbefriedigend für einen planenden Erblasser dürfte es oftmals sein, dass er durch die Rechtswahl nur Einfluss auf das anwendbare Recht nehmen und nicht etwa auch bestim-

men kann, welche Gerichte international zuständig sind. In dem Fall des deutschen Erblassers, der seinen Lebensabend in Frankreich verlebt, bleibt es also auch bei einer Rechtswahl zugunsten des deutschen Erbrechtes dabei, dass franzö-sische Gerichte zuständig sein können und sodann deut-sches Erbrecht anwenden müssen.

Dr. Steffen Kurth, LL.M.RechtsanwaltBRANDI Rechtsanwälte, BielefeldT +49 521 96535 - 876E [email protected]

Widerrufsrechte des Schenkers

So schwer die Übertragung auf die nächste Generation (emo-tional) auch fallen mag, gerade bei Schenkungen von Gesell-schaftsanteilen im Rahmen der vorweggenommenen Erb- folge sollten Schenker und Beschenkter Rückforderungs-rechte vertraglich vereinbaren. Dies gilt nicht nur für den Fall, dass der Schenker die Zügel nicht vollständig aus der Hand geben will. Die Motive für vertragliche Rückforderungsrechte sind vielfältig. Oftmals möchte der Schenker eine Weiterüber-tragung des Gesellschaftsanteils verhindern, da das Unter-nehmen in Familienhand bleiben soll. Hierzu gehört auch der Wunsch, dass Nicht-Familienangehörige, etwa der Ehegatte des Beschenkten im Falle seines Todes, nicht Gesellschafter wird. Ein weiterer Grund für ein Rückforderungsrecht ist die Verhinderung des Zugriffs von Drittgläubigern oder der Schutz vor einer Privatinsolvenz des Beschenkten. In der Ver-gangenheit dienten darüber hinaus Rückforderungsrechte zur Sicherung einer günstigen Steuerrechtslage.

Die gesetzlichen Rückforderungsrechte des Schenkers, die im Falle des groben Undanks, der Verarmung des Schen-kers sowie im Falle einer schweren Verfehlung gegen den Schenker in Betracht kommen, haben sich in der Praxis als nicht ausreichend erwiesen. Daher ist es üblich, ein eigen-ständiges vertragliches Rückforderungsrecht zu vereinbaren, das Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Rückforderung, d. h. deren Abwicklung, losgelöst von der gesetzlichen Rege-lung, festlegt. Dieses Rückforderungsrecht kann in verschie-denen Formen umgesetzt werden. Dies hängt davon ab, ob der Schenker eine automatische Rückabwicklung wünscht, ob es der Schenker im Falle eines Rückforderungsgrundes in der Hand haben möchte, tatsächlich die Rückforderung zu erklären oder ob es sich gar um ein freies Widerrufsrecht handeln soll.

Als mögliche Rückforderungsgründe, die auch einen gesellschaftsrechtlich anzuerkennenden sachlichen Grund beinhalten, kommen das Versterben bzw. Vorversterben des Beschenkten, die Belastung oder Veräußerung des verschenkten Gesellschaftsanteils oder der Vermögensver-fall des Beschenkten (d.h. Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder Ablehnung mangels Masse oder Betreiben der Zwangs-vollstreckung in den verschenkten Gesellschaftsanteil) in Betracht. Oftmals wünscht der Schenker ein Rückforde-rungsrecht bei einem Fehlverhalten des Beschenkten, bei-spielsweise bei Alkoholismus, bei Geschäfts- oder Erwerbs-

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unfähigkeit des Beschenkten oder bei nachhaltiger Tätig- keitseinstellung.

Fazit

Der Schenker hat diverse Möglichkeiten, seine Beweggründe für die Schenkung vertraglich abzusichern. Gleichwohl ist hier bei der Fülle von Alternativen zu beachten, dass im Falle eines freien Rückforderungsrechts des Schenkers dieser mit den entsprechenden steuerlichen Folgen weiterhin wirt-schaftlicher Eigentümer des geschenkten Gesellschaftsan-teils bleibt, obwohl der Beschenkte bereits zivilrechtlich über diesen verfügen kann. Auch muss gegebenenfalls der Gesell-schaftsvertrag an die bestehenden Rückforderungsmöglich-keiten angepasst werden. Anderenfalls könnte es zu dem fatalen Ergebnis kommen, dass der Rückforderungsanspruch aus dem Schenkungsvertrag nicht durchgesetzt werden kann, da die Rückübertragung des Gesellschaftsanteils im Gesell-schaftsvertrag ausgeschlossen ist oder die übrigen Gesell-schafter nicht zustimmen.

Dr. Jana IlchmannRechtsanwältinFachanwältin für Handels- und GesellschaftsrechtBRANDI Rechtsanwälte, BielefeldT +49 521 96535 - 810E [email protected]

Dr. Paul CzaplinskiRechtsanwaltBRANDI Rechtsanwälte, BielefeldT +49 521 96535 - 873E [email protected]

Hinauskündigungsklauseln beim geschäftsführen-den Gesellschafter

Grundsätzlich scheidet der kündigende Gesellschafter aus der Gesellschaft aus. Kann man das auch anders vereinba-ren?

Während noch vor einiger Zeit die juristische Literatur und auch die Rechtsprechung davon ausgingen, dass die Ent-scheidung über den Ausschluss einzelner Gesellschafter gegen deren Willen in der Satzung einer Gesellschaft der Mehrheit der Gesellschafter zugewiesen werden kann, ist es mittlerweile gefestigte Rechtsprechung, dass so genannte Hinauskündigungsklauseln oder Hinauskündigungsrechte, die einen solchen Beschluss der Gesellschafter an keine Voraussetzung knüpfen, unwirksam sind. Die Rechtspre-chung wird damit begründet, dass die Gesellschafter sonst ständig unter dem „Damoklesschwert der Hinauskündigung“ stünden und damit in der Ausübung ihrer Mitgliedschafts-rechte nicht mehr frei wären. Eine solche Einschränkung sei eben unzulässig.

Wirksam ist demgegenüber eine Klausel, die als Voraus-setzung für eine Hinauskündigung einen sachlichen Grund vorsieht und diesen in der Satzung selbst regelt. Der sach-

liche Grund kann z. B. in einer Probezeit bestehen, die aber wiederum nicht unangemessen lang sein darf. Ein Zeitraum von drei Jahren hielt der Bundesgerichtshof in einer Entschei-dung aus dem Jahr 2007 für zulässig. Auch Sanierungsklau-seln, die den Ausschluss ermöglichen, wenn sich ein Gesell-schafter im Sanierungsfall nicht durch Nachschuss an eben dieser Sanierung beteiligen will, können wirksam in eine Sat-zung aufgenommen werden.

Häufigster Anwendungsfall sind sicherlich Klauseln, die die Möglichkeit des Ausschlusses an die Beendigung der Mit-arbeit in der Gesellschaft knüpfen. In solchen so genannten Manager- bzw. Mitarbeiterbeteiligungsmodellen liegt in der Beendigung der Mitarbeit der sachliche Grund für die Aus-übung des Hinauskündigungsrechts. Basis war in diesem Fall von Anfang an die Beteiligung an der Gesellschaft unter dem Vorbehalt, dass eine Mitarbeit in der Gesellschaft als Geschäftsführer oder sonstiger Mitarbeiter erfolgt. Auch im Falle einer Erbschaft kann die Belastung mit einem Kündi-gungsrecht zugunsten der anderen Gesellschafter wohl durchaus erfolgen, wobei die letzte Bestätigung der Recht-sprechung hierzu noch aussteht.

In der Ausgestaltung der Hinauskündigungsklausel kann geregelt werden, dass die Entscheidung mit Mehrheit erfol-gen muss, sie kann aber auch einem einzelnen Gesellschaf-ter als besonderes Recht zugewiesen werden. Entscheidend für die Wirksamkeit ist die Bekanntgabe des gefassten Aus-schließungsbeschlusses, nicht die Beschlussfassung selbst.

Vorsicht ist geboten bei der Ausgestaltung der Rücküber-tragungsklauseln, die auch „vesting“-Klauseln genannt wer-den. Hier kann es sich aus steuerlichen Gründen anbieten, nicht die Gesellschaft, sondern die übrigen Gesellschafter als Erwerbsberechtigte für den Gesellschaftsanteil einzusetzen. Aus dem gleichen Grund ist zu überlegen, ob die Regelung in einer Gesellschaftervereinbarung gefasst wird und nicht im Gesellschaftsvertrag selbst.

Dr. Oliver Knodel Rechtsanwalt und NotarFachanwalt für Handels- und GesellschaftsrechtBRANDI Rechtsanwälte, BielefeldT +49 521 96535 - 810E [email protected]

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Das neue Transparenzregister: Offenlegung von Treuhandverhältnissen?

Der Bundestag hat am 18. Mai 2017 das Gesetz zur Umset-zung der EU-Richtlinie 2015/849 zur Verhinderung der Nut-zung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (Vierte EU-Geldwäscherichtli-nie) verabschiedet, das insbesondere weite Teile des deut-schen Geldwäschegesetzes (GwG) neu fasst. Das Gesetz ist am 26. Juni 2017 in Kraft getreten. Diese Gesetzesnovelle verfolgt den Sinn und Zweck, die Verschleierung illegaler Ver-mögenswerte durch Strohmänner und mit Hilfe komplexer juristischer Konstruktionen zu verhindern und Transparenz darüber zu schaffen, wer als Person hinter einem Unterneh-men steht und dieses tatsächlich kontrolliert. Um diesem Sinn und Zweck nachzukommen, hat der Gesetzgeber unter ande-rem Regelungen zur Schaffung eines Transparenzregisters in das GwG aufgenommen.

Nach dem GwG sind die sog. „Vereinigungen“ zur Trans-parenz verpflichtet. „Vereinigungen“ i.S.d. GwG sind unter anderem alle juristischen Personen des Privatrechts und die im Handelsregister eingetragenen Personengesellschaften. Aber auch rechtsfähige Stiftungen, Vereine, Genossenschaf-ten und Partnerschaftsgesellschaften sind erfasst. Der Umfang der Transparenzpflicht erfasst die Einholung, Aufbe-wahrung und Aktualisierung der im Gesetz näher genannten Angaben zu den sog. „wirtschaftlich Berechtigten“. Die “Ver-einigungen“ müssen diese Angaben der registerführenden Stelle grundsätzlich ab dem 1. Oktober 2017 zur Eintragung in das Transparenzregister mitteilen.

Ein „wirtschaftlich Berechtigter“ im Sinne des GwG kann nur eine natürliche Person sein. Für den Fall einer Kapitalge-sellschaft (insbesondere AG, SE, GmbH) oder einer Perso-nenhandelsgesellschaft (insbesondere OHG, KG) sind die Voraussetzungen eines „wirtschaftlich Berechtigten“ erfüllt, wenn dieser

- mehr als 25 % der Kapitalanteile hält, - mehr als 25 % der Stimmrechte kontrolliert oder - auf vergleichbare Weise Kontrolle ausübt.

Dieser „wirtschaftlich Berechtigte“ ist gegenüber der jewei-ligen „Vereinigung“ zur Auskunft über seinen

- Vor- und Nachnamen, - sein Geburtsdatum, - seinen Wohnort und - die Art und Umfang seines wirtschaftlichen Interesses

verpflichtet.

Das neue GwG enthält jedoch keine ausdrücklichen Regelungen zu der in der Praxis nicht selten vorkommenden Konstellation, dass ein Anteilseigner die Anteile bzw. Stimm-rechte in vorgenannter Höhe zwar unmittelbar, aber lediglich auf der Grundlage eines Treuhandvertrages als Treuhänder für einen Treugeber hält. Der Treuhandvertrag enthält in der Regel detaillierte Regelungen über die Ausübung der Gesell-schafterrechte durch den Treuhänder für den Treugeber.

Demnach ist fraglich, ob (auch) der Treugeber „wirtschaftlich Berechtigter“ ist, mit der Folge dass (auch) dieser zu den vor-genannten Umständen auskunftspflichtig wäre und das Treu-handverhältnis in dem Transparenzregister offengelegt wer-den müsste.

In der wissenschaftlichen Literatur herrscht zu diesem Aspekt Streit; eine einheitliche Linie ist nicht ersichtlich. Es ist auch nicht absehbar, wie ein Gericht über diese Frage ent-scheiden würde, sodass erhebliche Rechtsunsicherheit bezüglich der Transparenzpflichten in Zusammenhang mit Treuhandverhältnissen besteht.

Um dieser Rechtsunsicherheit in der Praxis zu begegnen, wird man zumindest für den Moment davon ausgehen müs-sen, dass sowohl der Treugeber anzeigepflichtig ist als auch das Treuhandverhältnis in das Transparenzregister aufge-nommen werden muss. Dafür sprechen neben dem Gebot der Vorsicht insbesondere der eingangs erwähnte weitrei-chende Sinn und Zweck der Novellierung des GwG sowie entsprechende Passagen in der Begründung des Gesetzge-bers zu dieser Gesetzesnovelle. Danach ist es zumindest nicht ausgeschlossen, dass der Gesetzgeber auch Treuhand-verhältnisse in die Transparenzpflicht einbeziehen wollte.

Diese restriktive Bewertung der Rechtslage wird durch die drohenden Sanktionen unterstützt: jeder Verstoß gegen die Transparenzpflichten stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und wird grundsätzlich mit einem Bußgeld von bis zu 100.000,00 € geahndet. Bei schwerwiegenden, wiederholten oder systematischen Verstößen droht gar ein Bußgeld bis zu 1.0 Mio. €.

Fazit

Es ist nicht absehbar, dass der Gesetzgeber diese Rechtsun-sicherheit in Bezug auf Treuhandverhältnisse in naher Zukunft ausräumen wird. Mithin bleibt abzuwarten, wie die Gerichte über die Einbeziehung von Treuhandverhältnissen in das Transparenzregister entscheiden werden. Bis diese Rechts-unsicherheit beseitigt worden ist, sollte auch der Treugeber die erforderlichen Angaben als „wirtschaftlich Berechtigter“ machen.

Dr. Carsten Christophery, LL.M.RechtsanwaltBRANDI Rechtsanwälte, GüterslohT +49 5241 5358 - 0E [email protected]

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Wir laden Sie herzlich zu unseren Veranstaltungen ein!

Am 19. Oktober 2017 im Courtyard Hannover Maschsee:„Betriebliche Altersversorgung - Neue Entwicklungen und bisherige Möglichkeiten sowie deren Umsetzung in der unternehmerischen Praxis“

Am 09. November 2017 im Congress Hotel am Stadtpark Hannover:„Beteiligungskapital - Wachstumsfinanzierung vom Start-up bis zur Unternehmensnachfolge“

Am 17. November 2017 im Hotel Bielefelder Hof: „Neues Bauvertragsrecht - was ändert sich ab 2018?“

Weitere Informationen finden Sie unter www.brandi.net.

VeranstaltungenVeranstaltungen

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Die Autoren dieser AusgabeDie Autoren dieser Ausgabe

Dr. Jörg Niggemeyer

Dr. Paul Czaplinski

Ute Lienenlüke

Hartmut Sandering

Dr. Daniel Kollmeyer

Dr. Carsten Christophery, LL.M.

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Dr. Bernhard König

Dr. Christoph Rempe

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Dr. Josef Heimann, LL.M.

Dr. Jana Ilchmann

Dr. Steffen Kurth, LL.M.

Eva-Maria Gottschalk, LL.M.

Dr. Oliver Knodel

Dr. Birgit Jaenicke

Dr. Sörren Kiene

Dr. Sven Hasenstab

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BielefeldAdenauerplatz 133602 BielefeldT +49 521 96535 - 0F +49 521 96535 - 99E [email protected]

DetmoldLindenweg 232756 DetmoldT +49 5231 9857 - 0F +49 5231 9857 - 50E [email protected]

GüterslohThesings Allee 333332 GüterslohT +49 5241 5358 - 0F +49 5241 5358 - 40E [email protected]

PaderbornRathenaustraße 9633102 PaderbornT +49 (0) 5251 7735 - 0F +49 (0) 5251 7735 - 99E [email protected]

MindenKönigswall 47-4932423 MindenT +49 571 83706 - 0F +49 571 83706 - 66E [email protected]

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