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Archiv Ohren- ~sw. Heilk. u. Z. Hals- usw. Heilk., Bd. 160, S. 158--16,9 (1951). Aus der Universitgtsklinik fiir Hals-, Nasen- und Ohrenkranke Heidelberg (Direktor: Prof. Dr. A. SEIrFm~T). Multiple Chondrome und Chondrosarkome des Larynx und der Trachea mit ehondromyxosarkomatSsen Rezidiven*. Von K. UNGERECHT. Mit 1 Textabbildung. (Eingegangen am 18. M~rz 1951.) ALEXAND~I~ faBte die bis 1900 publizierten 30 F~lle yon Knorpel- geschwfilsten des Kehlkopfes erstmals zusammen, Kritisch priifend ord- nete er sic unter Weglassen diagnostisch zweifelhafter F~lle nach klini- schen und pathologisch-anatomischen Gesiehtspunkten, wobei er Ecchon- drosen mit kleiner oder breiter Basis, Chondrome, Misehgeschwfilste sowie entziindliehe Neubildungen und Hypertrophiert knorpliger Natur unterschied. Er wies damals darauf hin, daB diese Klassifizierung nur ein Versuch sei und eine Vertiefung der Kenntnisse, namentlich in der tIistologie, noch manehe Korrektur mit sich bringen wiirde. In den naeh- folgenden zusammenfassenden Darstel]ungen hielten D~YRANI) und .GAREL (!908), DON ~NSFELD (1909), IRWIN ~OORE (1925) U.a. die ~omenklatur A~EXANDERS im grof~en ganzen bei. Sp/~ter setzten sieh die Autoren immer wieder mit der yon ALEXANDER angegebenen Einteilung mit dem Resulta$ auseinander, daB die Grenzers hinsiehtlieh der Zu- gehSrigkeit einer knorpligen Xeubildung des Larynx zu den eigentliehen Geschwiilsten stets enger gezogen wurden. So rechnete man die Ecehon- drosen mi~ kleiner Basis wegen des fehlenden au~onomen Waehstums nicht mehr zu den Geschwfilsten, und die Ecehondrosen mit breiter Basis sowie die Mischgesehwiilste wurden als Untergruppen der Chon- drome betrachtet. In einer der zuletzt erschienenen Arbeiten sehlug TOBECK vor, nur noeh 2 Gruppen yon Knorpelgeschwiilsten anzu- erkennen: die Chondrome and die Chondrosarkome. Er ~rennte aul~er- dem die inneren Chondrome yon den KuBeren, je naehdem sieh die Tu- moren mehr in das Larynxinnere oder nach auf~en entwickelten. Infolge dieses Wandels der Anschauungen k6nnen Schwierigkeiten bei der Be- urteilung der im glteren Schrifttum niedergelegten Befunde und bei deren s~atistisehen Erfassung auftreten. ~berblickt man die Weltliteratur fiber die Knorpelgeschwfilste im Kehlkopf, so ist festzustellen, dab fast durchweg soliti~re Gesehwiilste be- * Herrn Prof. Hv.G~]~R zum 801 Geburtstag.

Multiple Chondrome und Chondrosarkome des Larynx und der Trachea mit chondromyxosarkomatösen Rezidiven

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Archiv Ohren- ~sw. Heilk. u. Z. Hals- usw. Heilk., Bd. 160, S. 158--16,9 (1951).

Aus der Universitgtsklinik fiir Hals-, Nasen- und Ohrenkranke Heidelberg (Direktor: Prof. Dr. A. SEIrFm~T).

Multiple Chondrome und Chondrosarkome des Larynx und der Trachea mit ehondromyxosarkomatSsen Rezidiven*.

Von K. UNGERECHT.

Mit 1 Textabbildung.

(Eingegangen am 18. M~rz 1951.)

ALEXAND~I~ faBte die bis 1900 publizierten 30 F~lle yon Knorpel- geschwfilsten des Kehlkopfes erstmals zusammen, Kritisch priifend ord- nete er sic unter Weglassen diagnostisch zweifelhafter F~lle nach klini- schen und pathologisch-anatomischen Gesiehtspunkten, wobei er Ecchon- drosen mit kleiner oder breiter Basis, Chondrome, Misehgeschwfilste sowie entziindliehe Neubildungen und Hypertrophiert knorpliger Natur unterschied. Er wies damals darauf hin, daB diese Klassifizierung nur ein Versuch sei und eine Vertiefung der Kenntnisse, namentlich in der tIistologie, noch manehe Korrektur mit sich bringen wiirde. In den naeh- folgenden zusammenfassenden Darstel]ungen hielten D~YRANI) und .GAREL (!908), DON ~NSFELD (1909), IRWIN ~OORE (1925) U.a. die ~omenk la tu r A~EXANDERS im grof~en ganzen bei. Sp/~ter setzten sieh die Autoren immer wieder mit der yon ALEXANDER angegebenen Einteilung mit dem Resulta$ auseinander, daB die Grenzers hinsiehtlieh der Zu- gehSrigkeit einer knorpligen Xeubildung des Larynx zu den eigentliehen Geschwiilsten stets enger gezogen wurden. So rechnete man die Ecehon- drosen mi~ kleiner Basis wegen des fehlenden au~onomen Waehstums nicht mehr zu den Geschwfilsten, und die Ecehondrosen mit breiter Basis sowie die Mischgesehwiilste wurden als Untergruppen der Chon- drome betrachtet . In einer der zuletzt erschienenen Arbeiten sehlug TOBECK vor, nur noeh 2 Gruppen yon Knorpelgeschwiilsten anzu- erkennen: die Chondrome and die Chondrosarkome. Er ~rennte aul~er- dem die inneren Chondrome yon den KuBeren, je naehdem sieh die Tu- moren mehr in das Larynxinnere oder nach auf~en entwickelten. Infolge dieses Wandels der Anschauungen k6nnen Schwierigkeiten bei der Be- urteilung der im glteren Schrift tum niedergelegten Befunde und bei deren s~atistisehen Erfassung auftreten. �9

~berbl ickt man die Weltl i teratur fiber die Knorpelgeschwfilste im Kehlkopf, so ist festzustellen, dab fast durchweg soliti~re Gesehwiilste be-

* Herrn Prof. Hv.G~]~R zum 801 Geburtstag.

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schrieben wurden, l jber multiples Auftreten finden sich nur ganz verein- zelte Angaben. In dieser Hinsicht sind zu erwi~hnen die Falle yon ROSEN- ]~ERO, TRAVERS, FROI~I~P und Hi~TTNER, wenn man davon absieht, dai~ ALEXANDEIr die Fglle yon IZOSENBEI~G and T~AVEI~S in die Rubrik der Hypertrophien einreiht. Bei ROSENBEI~G handelt es sich um knorplige Ver~nderungen an Schild-, Ring- und Aryknorpel samt Zungenbein (nur klinisch diagnostiziert) und bei T~AVEI~S um solche an Schild- und Aryknorpel, wobei auch die fibrigen Larynx- und Trachealknorpel ver- grSl~ert waren (Sektionsbefund). FI~OlClE]: schildert 2 getrennte Tumoren am Schildknorpel und einen am Ringknorpel (Sektionsbefund mit histo- logischem Ergebnis). Hervorzuheben ist jedoeh der Fall yon Hf3TT~S,I~. Im Verlauf einer ]~ngeren Beobachtungszeit entfernte er bei einem ~lteren Mann mehrere Chondrome. Zuerst t ra t an der l%ingknorpelplatte eine sehr grol~e Geschwulst auf. Fiinf Jahre nach deren Entfernung mu~te der Mann wegen eines RezidJvs an demselben Knorpel operiert werden. •ach weiteren 7 Jahren stellte er ein Chondrom an der rechten Schildknorpelplatte lest, das er gleiehfMls aussehMte. S~mtliche Tu- moren waren typisehe, histologisch gesicherte Chondrome ohne maligno Entartung. Nicht angeffihrt wnrden die Fglle, bei welehen auf Grand der Besehreibnng zu vermuten ist, dal~ es sieh um sehr ansgedehnte solitgre Geschwiilste mit Durehwachsung mehrerer Knorpel ge- handelt hat.

Die VerSffentliehungen iiber bSsartige Knorpelgeschwiilste des Larynx sind noeh spgrlicher nnd noeh liickenhafter. HAJEK erwghnt einen Fall yon einem Chondrom in einem Tagungsbericht. Bei dem Mann wurde 11 Jahre vorher schon einmal eine Kehlkopfgesehwulst mi~ der histologischen Diagnose 8pindelzellensarkom entfernt. Es ist aber unwahrscheinlieh, dal~ es sieh hierbei um ein Chondrosarkom ge- handelt haben kann ; denn GROSSMASN besehreibt denselben Fall 5 Jahre spi~ter ausfahrlich als mikroskopisch eindeutig festgestelltes Chondrom. Auch M6ZCCKEB~G sehildert nur km'z den Sektionsbericht eines Falles yon einem diffus in die Halsweiehteile und in den 0sophagus einwachsen- den malignen Knorpeltumor. SOE~ENSEN weist in seiner Monographie darauf tdn, dal~ er ein Chondrosarkom der Ringknorpelplatte mittels Exstirpation des Xehlkopfes erfolgreich behandelt habe. H. G~mF fiihrt schliel~lich in einer Diskussionsbemerkung an, dal~ er einen histologisch gesicherten Fall yon Chondro-myxo-osteosarkom des Larynx beobachtet habe. M. R. L r s x besehrieb in jiingster Zeit ausfiihrlieh ein Chondro- sarkom des Ringknorpels bei einer r Negerin. Zweifelhaft beziiglieh ihrer Malignitgt sind die Fglle von LEnnOX BI~OW~E, MAss- FELD, HAI~TLEIB und ~ERTRAN Y CASTILLO.

B6sartige Knorpelgesehwiilste des Larynx sind demnaeh eine grol~e Rarit~t. Es verdient daher jeder FalI ein besonderes Interesse. Aus diesem

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160 K. U~G~REC~T:

G r u n d sei die K r a n k e n g e s c h i c h t e e ines in m e h r f a c h e r H i n s i c h t b e a c h t -

l i c h e n l%l les e twas aus f f ih r l i che r w i e d e r g e g e b e n . :Ende Oktober 1948 bemerkte der bi's dahin immer gssunde und sich in einem

guten Allgemeinzustand befindliche 41 j~thrige Patient zum ersten Male sine leichts Heiserkeit, welche in den folgenden Wochen immer stgrker wurde. Anfangs 1949 sprach er mit vSllig tonloser Stimme. Etwa um dieselbe Zeit stellte sich auch sine Kurzatmigkeit bei k6rperlichen Anstrengungen ein. Am 26.1. 1949 diagnostizierte der einweisende Arzt eine rechtsseitige Recurrensparese. Eine Ursache konnte er weder klinisch noeh r6ntgenologisch finden. Die Wa.R. war negativ.

Am 2: 2. 1949 erfolgte die Klinikaufnahme. Der Mann spricht mit tonloser Stimme. In der l~uhe hat er keinen Stridor nnd ksine Atemnot. Die re. Stimm- lippe steh~ unbeweglieh in der Intermedi~rstellung; im vorderen Bereieh ist diese leicht 6dematSs gesshwollen. Die li. Stimmlippe wird noch bewegt. Man sieht uubglgttisch an der Vorderwand eine mit gtatter Sshleimhaut bodeekte Vor- wSlbung, die his zur re.Wand des subglottisehen Raumes reicht. Die ~iuBeren Konturen des Kehlkopfgeriistes sind auf der re. Seite undeutlieher als aufder liuken. VergrSBerte region~re Drtisen sind nicht tastbar. Der iibrige Faehbefund ist unauff~llig.

Noch an demselben Tag wird operiert. Nach Mediansehnitt, Durehtrennen der Faseien und nach Beiseiteziehen der Muskulatur stSBt man auf der re. Seite auf einen gegen die Umgebung scharf abgegrenzten Tumor, welcher yon einer kapsel- artigen Bindegewebsschicht umgeben ist. Das Tumorgewebe ist ziemlich lest, grau- r6tlich aussehend. Es wird mit dem LSffel entfernt. Der Tumor geht yore re. Ring- knorpelbogen und -platte aus, dessen urspriingliehes Knorpelgewebe an dieser S~elle zerstSrt und yore Tumorgewebe eingenommen wird. In diesen YrozeB ist auch die untere I-Ialfte der re. Schfldknorpelplatte mit einbezogen. Es gelingt, den Tumor ganz zu entfernen, ohne die Sehleimhaut zu verletzen und das Larynx- ]umen dadurch zu erSffnen. Die histologisehe Sehnelldiagnose ergab: , ,Aufbau aus unregelmatlig gestalteten knorpeligen Komplexen, die yon einem Perichondrium umgeben sind. Das Gewebe der Komplexe ist jugendliehes 5demat6ses Knorpel- gewebe, dasselbe zum Tell auch in 5dematSser Erweichung. Es handelt sieh urn ein Chondrom - - chondroplastisehes Sarkom - - das Gesehwulstgewebe differenziert sich weitgehend aus. Mit einer Rezidivbildung ist zu reehnen. Gez. Prof. SCK~I~r Path. Inst i tut Heidelberg. Einlauf 566/49."

Noeh vor der Naht bekam der Patient w~hrend eines Hustenanfalles pl6tz- ]ich Atemnot, da die ihrer festen Unterlage beraubte Sehleimhaut dem inspira- tSrisehen Sog nachgab und so das Lumen verlegte. Sicherheitshalber wurde eine Kanfile einge!egt, welche 4 Wochen SPgter naeh glattem Heilungsverlauf wieder entfernt werden konnte. Bei der Entlassung war die Atmung nieht behindert.

Dis Herbst 1949 ~nderte sich das Befinden nieht. Dann bekam er wieder eine langsam zunehmende Atemnot. Am 7.9. 1949 muBte der Patient retracheotomiert werden, da sich ein Rezidiv gsbildet hatte. Er wurde am 13.9. 1949 mit einer Sprechkantile nach Hause entlassen. Ab Dezember 1949 war das Traehealsekret gelegentlieh blutig. Eine fortschreitende Verschlechterung des Zustandes machte am 11.1. 1950 wiederum eine Klinikaufnahme erforderlich.

In das Tracheostoma ragten yon oben her granulationsartige Gewebsmassen hinein. Die Umgebung des ersteren war auf der li. Seite vorgewSlbt, derb. Die I.iaut war in diesem Bezirk nieht ver~ndert. Keine Druckempfindlichkeit. Der Patient hatte viel Auswurf mit Blutbeimengungen. Das Lumen des subglottisehen Raumes war fast vollkommen durch rStliehe Tumormassen verlegt, wie sich bei der direkten Untersuchung herausstellte. Die Larynxschleimhaut war auf der li. Seite zerst5rt und die Stimmlippen in Intermedigrstellung fixiert. Die ulcerierte Tumorober- fli~che blutete bei der geringsten Beriihrung. Nur im vordersten Bereieh des verengten

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Larynxlumens gelang es, mit einem Wattetrager die Enge zu passieren. Auf der li. Seite waren gesehwollene Driisen palpabel.

Die interne Untersuchung ergab eine An~mie. Das weiBe Blutbild war nicht krankhaft verandert. Die BKS war erhSht (136/140 ram), Lungenmetastasen waren nicht nachweisbar. Aueh im fibrigen KSrper, vor allem am Skelet, keine Ver- anderungen, die auf Allgemeinmetastasen oder weitere Tumoren hingewiesen h~tten.

Naehoperation am 21. 1. 1950: Sehnitt am Vorderrand des li. M. sterno- cleidomastoideus, so dab unter Umst~nden sparer eine Laryngektomie ange- schlossen werden konnte. Die erw~hnte Schwellung neben dem Tracheostoma riihrte yon einer Geschwulst her, welche 'yon der li. Sehildknorpelplatte ihren Ursprung nahm und diesen Knorpel bis auf den oberen Rand zerstSrte und sieh expansiv waehsendin die links- seitige Halsmuskulatur aus- breitete. Um sehon wahrend des Eingriffes fiber den wahren Charakter der Gesehwulst ori- entiert zu sein, wurde eine Schnelldiagnose gemaeht: ,,Es handelt sich um einen lapp- ehenfSrmig gebauten ehondro- plastischen Tumor, der zwar in den einzelnen Knorpellapp- chen eine gewisse Unausgereift- heir der Knorpelzellen er- kennen last, aber deshalb doeh nicht als bSsartig angesproehen werden kann. Am Rand ist ein verdrangendes Waehstum gegen Muskulatur zu erkennen. J:ch habe naeh dem fiberwiese- nen Gewebsmaterial nieht den Eindruek einer Metastase, son- dern mehr den Eindruck eines Abb. 1. Der en~fernte Kehlkopf mit oberstem Teil der Tra- 5 r t l i e h e n R e z i d i v s , e i n e s C h o n - chea yon hinten betrachtet . Epiglottis und Aryknorpel d r o m s . G e z . P r o f . RA~DERATH, sind nicht ver~ndert. Auger den knolligen Tumoren er- P a t h . I n s t i t u t H e i d e l b e r g . E i m kennt man an der l inkea Schildknorpelplatte den operativ lauf: 282/50." gesetzten Defekt.

Sicherheitshalber wurden s~mtliche erreiehbaren Drfisen auf der li. Halsseite ausgeraumt und bistologiseh untersucht. Es fand sieh lediglieh ein subakuter ent- zfindlicher Reizzustand yore Typus des sogenannten Sinuskatarrhs. Metastasen waren nieht naehweisbar. Die Operation wurde abgebroehen und in einer zweiten Sitzung einige Tage sparer die Exstirpation vorgenommen. Hierbei muB auch der oberste Teil der Trachea mitentfernt werden, da an deren Rfiekwand noch Tumorgewebe saB.

Das Opera t ionspr~para t zeigte folgendes Aussehen (siehe Abb. 1):

Die Epig lo t t i s und die Arynknorpe l sind makroskopisch n ich t ver-

~ndert . Der rechte Ringknorpe lbogen wurde schon bei der ersten

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162 K. UNGERECttT :

Operation entfernt. Im Bereich der Rtiekfl/~ehe der Ringkn0rpelplatte ragt ein etwa walnuggroBer Tumor naeh hinten (Oberfl~iehenausdehnung: 2,2 cm hoch - - 2 },~--3 em breit). Er ist seharf gegen die Umgebung ab- gegrenzt. ,,~ikroskopisch handelt es sich um 1/ippchenfSrmig gebautes Knorpelgewebe, in dem die Knorpelzellen verh/iltnism/~gig regelm~gig zu mehr oder weniger grol3en Komplexen zusammengelagert sind und in dem aueh eine reiehliche Grundsubstanz gebildet wird. Die Knorpel- zellen weisen auch eine Ausreifung in der I-Iinsieht auf, als sie in typischen Knorpelkapseln liegen. In diesem Stiiekchen besteht kein Anhalt fiir XV[Mignit/~t im Sinne eines metastasierenden Chondroms. Gez. Prof. RAND~ATm Einlauf 1950/50."

An der linken Schildknorpelplatte finder sich, yon dem Eingriff herriihrend, ein groBer Defekt. Der untere Teil der rechten Schild- knorpelplatte ist durch einen weiteren isoliert stehenden Tumor knollig aufgetrieben (GrSl3e: 3 cm hoch - - 3 cm breit). ,,Es handelt sich wieder um Knorpelgewebe, das in diesen Tei len Mlerdings wesentlich zell- reicher ist und in dem auch die Knorpelzellen unregelm~Big gelagert sind und insofern mehr embryonMen Knorpelzellen gleichen, Ms Knorpel- kapseln im Bereich der meisten Knorpelzellen noch nicht vorhanden sind. In diesen Gewebsteilchen wiirde ich eher an das Vorliegen eines Chondro- sarkoms denken, obwohl auch aus diesem Befund nicht mit Sicherheit auf eine ~Ietastasierungsf~thigkeit geschlossen werden kann. Gez. Prof. RAND~AT~. Einlauf 1950/50."

Unmittelbar unter diesem Tumor befindet sieh eine weitere etwa pflaumengro6e, gelappte Neubildung (Gr58e: 4 cm hoch - - 5 em breit). Diese winder sich um den rechten Umfang der Trachea herum und reicht bis zu deren ]~iickfl~che. Histologiseh: , ,In diesem Stfickchen ist der ZellgehMt fleckweise stark verschieden. Die Knorpelzellen sind im ganzen ziemlich einheitlich gebaut. Knorpelkapseln sind in der Um- gebung der meisten Zellen vorhanden. Knorpelgrundsubstanz wird vet- h~ltnism~Big reichlich gebildet. Ein sicherer AnhMt fiir metastasierendes bSsartiges Chondrom ]iegt. auch hier nicht vor. Gez. Prof. RA~D~nTIt. Einlauf 1950/50."

Der zuletzt genannte Tumor ist oberfl~chlich gelappt; er hat aber eine gemeinsame Basis, die schon der Trachea aufsitzt. Es wird aus der unteren Partie eine zweite Gewebsprobe entnommen. Ihre Untersuehung hat folgendes t~esultat: ,,Dieses ~ater ia l f~llt nun Mlerdings durch seinen augerordentliehen ZellgehMt, durch starken Wechsel der GrSBe der Knorpelzellen und durch Mlerdings nur sp~rliche ~i tosen bei einer ausgesprochen embryonMen Struktur der Knorpelzellen, besonders an den Randpartien auf. An manchen S~ellen dieses Gewebes tr~gt der Tumor einen reinzelligen Charakter, wobei die embryonMen Knorpel- zellen so dicht liegen, dab Knorpelgrundsubstanz dazwisehen vSllig

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fehl t . Auch die Abgrenzung der K n o r p e l n e u b i l d u n g gegen das Peri- chondr ium ist unscharf . Bei d iesem Mate r i a l mn• m a n wohl die Diagnose eines Chondrosarkoms stellen. Gez. Prof . RA~TDERATtt. E i n l a u f 1950/50."

E t w a a u f derse lben HShe e rkenn t m a n a u f der ] inken Seite de r T r a c h e a h i n t e r w a n d einen wei te ren vere inze l t s tehenden, k i r s thgroBen T u m o r m i t g l a t t e r Oberfl~che (1 em hoch - - 1 t m brei t ) . I-Iistologisch: , ,Es h a n d e l t s i th auch bier u m einen sehr zel lreichen u n d verh~l tn i smg~ig g r u n d s u b s t a n z a r m e n Tumor , der n i t h t nur wegen seines Zel l re ichtums, sonde rn a u t h wegen der s t a rken Ze l l a typ ien und der e m b r y o n a l e n S t r u k t u r der Knorpe lze l l en als Chondrosa rkom bezeiehnet werden muB. Prof . ]:~ANDEI~ATIt. :Einlauf 1950/50."

Das Inhe re des L a r y n x zeigt abgesehen yon den s thon oben erw/~hn- t en Defek ten aus der l inken Seite keine wei te ren Ver~nderungen. Da- gegen r ag t im obers ten Be re i t h der T rachea eine Gewebspar t i e biirzel- a r t ig in das Lumen. Die S t h l e i m h a u t e rschein t au f der e twa erbsen- groBen VorwSlbung makroskop i sch unver/~ndert . E in d a r a u s exzidier tes S t i i t k e rgab fo lgenden Befund : , ,Mikroskopis th hande l t es s i th auch hier u m sehr ze]lrei thes, ausgesprochen embryona les und an sehr v ie len Stel[en yon Grundsubs t anz fas t freies Chondrom, das an der Oberfl~ehe umfangre iche zum Teil h~morrhagische Nekrosen aufweist . A u t h bei d iesem Gewebss t i ick m u g die Diagnose t ines Chondrosa rkoms ges te l l t werden . Gez. Prof . I{ANDE~ATtt. E i n l a u f 1950/50."

Wiederholt durchgeftihrte Bronchoskopien lieBen keine weiteren Gesehwiilste am Tracheobronehialbaum erkennen. Der Mann erhielt noch 12 l~Sntgenbestrah- lungen des Halses yon insgesamt 2400 r. Es fehlten Anzeichen yon Lungenmeta. stasen. Nach internistischer Behandlung wegen der An/~mie war der Allgemein- :zustand soweit gebessert, dab der Mann ~m 6.4. 1950 naeh gauss entlassen werden konnte, wo er wieder seinen Beruf als B~cker ausiibte. Die Hypopharynxspraehe beherrschte er sehr gut.

Etwa igitte August trat auf der li. Seite ein neues t~ezidiv auf, d~s st~ndig gr5Ber wurde. Im September nahmen die Tumormassen die ganze Region zwisehen Traeheostoma und Jugularisgrube ein. Der Internist stellte zu diesem Zeit- punkt erstmals Lungenmetastasen fest. Angesiehts dieses Befundes erschien ein weiterer Eingriff zweeklos. Es muBte abet bei dem Umfang des Tumors sehon binnen kurzer Zeit wegen dessen sehnellen Waehstums damit gereehnet werden, �9 cI~B es immer sehwieriger wiirde, die Atmung trotz Kanttle unbehindert zu er- halten. AuBerdem drohten reeht bald aueh zunehmende Sehluekst5rungen. Diese Umst~nde bewogen doeh, noehmals operativ einzugreifen, um m5gliehst viel Tumor, gewebe zu entfernen. Am 15. 9. 1950 erfolgte die Operation in Narkose. Das krank- hafte Gewebe hatte die Hypopharynxmuskulatur infiltriert und reiehte um die ganze Hinterwand herum. Naeh Entfernung des Tumorgewebes war in 10 em L~ngenausdehnung nur noeh die Sehleimhaut iibrig. Aus den Tumoren entleerte ~sieh wahrend der Operation st/~ndig eine groBe Menge von schleimiger Fltissigkeit. Die Geschwfilste selbst waren teilweise erweieht uncl sahen wie Cysten aus. Das Ergebnis der histologischen Untersuehung l~utete: ,,Ein in Bindegewebe und Fettgewebe infiltrierend wachsender Tumor, der zum grSBten Tefl aus l~ppehen-

:fSrmig angeordneten Anteflen embryonalen Knorpelgewebes besteht. Die Knorpel-

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164 K. U~GERECHT:

zellen weisen an sehr vielen Stellen ~berg~tnge .zu sternfSrmig verzweigten Zellen auf, die in ihrer Form nach den bindegewebigen Schleimzellen entsprechen. Diese Zellen liegen nicht in Knorpelkapseln. Sic weisen zwischen den Zellen grSftere Liicken auf, die mit einer schleimigen Masse angeffillt sind. Der Tumor zeigt jetzt somit Differenzierungen nach der Richtung eines Myxoms, so daft jetz~ vom hisbo- logisehen Standpnnkt die Diagnose eines Chondro-myxo-s~rkoms gestellt werden muft. In diesem Gewebsstiick ist am Rande ein kleiner Lymphknoten en~haltcn, in dem jedoch eine Metastase des beschriebenen Tumors nichb nachweisbar ist. Gez. Prof. I~ANDERATtt. Einlauf 3676/50."

Anschlieftend warden I4~ls (2. Serie insgesamb 2400r) und Lunge (1. Serie 800 r) bestrahlb. Wghrend der Bestrahlung wurden nochmals ein Knoten aus der Narbe - - histologisch nur Granulationsgewebe - - und ein ldeines Rezidiv aus der Muskulatur des seitlichen Halsdreieckes entfernt.

Am 28.10. 1950 ging der Mann wieder nach Hausc. Mitre ganuar 1951 er- krankte er dort mit hohem Fieber und den Symp~omen einer Bronchopneumonie - - wie uns der I-Iausarzt berichtete. Fiinf Tage naeh B.eginn dieser Erscheinungen stellte sich pl6tzlich eine linksseitige Hemiparese ein, die sich in den folgenden Tagen etwas zuriickbildete. Aufterdem wurde die li. Halsseite infolge eines neuen Rezidivs wieder dicker. Bevor der Patient in die Klinik transportiert werden konnte, sbarb or am 29.1, 1951 plStzlieh mit den Zeichen einer Embolie. Eine Sektion fand nich~ start.

In der Ascendenz ist eine derartige Erkrankung unbekannt.

Epikrise: Es handel t sich um multiple Knorpelgeschwfilste, welche anscheinend gleichzeitig bei einem bisher gesunden 41jghrigen Mann an Schild-, Ring- and Tracheaknorpel sich entwickelten. Die E r k r a n k u n g setzte bei dem sich in einem guten Allgemeinzustand befindlichen Mann mit Heiserkeit und Atemno t sowie lokal mit einer rechtsseitigen Re- currensparese und einer subglotgschen Schwe]lung e in . Der ProzeB konnte zu jenem Zei tpunkt durch Ent fe rnung eines Tumors am Ring- knorpel noch beherrscht werden. Histologisch land man ein wei tgehend ausdifferenziertes Chondrom. Ein raseh wachsendes Rezidiv erweckte den Verdacht auf maligne Enta r tung . Wegen weitgehender ZerstSrung des Kehlkopfgerfistes muftte der L a r y n x exstirpiert werden. Wghrend der Ent fe rnung stellte es sich heraus, daf~ am Kehlkopfgerfist und an der Trachea noch weitere Tumoren saBen. Histologisch konnte bei einem Tell der Geschwfilste eine sarkomatSse E n t a r t u n g best~tigt werden. Sparer steltten sich t rotz Bestrahlung weitere infiltrativ wachsende und schleimig ver~nderte Rezidive ein. Der Mann erlag einer im Terminal- s tadium erfolgten Allgemeinmetastasierung. Ein Sektionsbefund liegt nicht vor.

Die klinischen Erscheinungen zeigten anfangs das typische Bild eines subglott ischen Tumors. I n den kasuistischen Mitteilungen fiber Ring- knorpelchondrome wurde schon so oft aus jene eingegangen, daft es sich erfibrigt, nochmals Einzelheiten zu bringen.

Erw~hnenswert erscheint jedoch die bei diesen F~llen oft beobachte te Diskrepanz zwischen den Klagen fiber A temno t und dem einer Re- currensparese entsprechenden Kehlkopfbefund. Bekannt l ich m a c h t

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eine Recurrensparese mit Intermedi/irstellung der Stimmlippe keine Atemnot. Man wird daher bei Atemnot in Verbindung mit dem er- w/ihnten lokalen Befund sein besonderes Augenmerk auf den sub- glottisehen l~aum richten.

Die Ursache der bei diesem Fall beobaehteten Recurrensparese der reehten Stimmlippe dfirfte in einer Sch/~digung des Nerven dutch Tumor- gewebe an der Stelle, wo er in den Larynx eintrit~, zu suchen sein. Eine meehanische Fixation kann zus/itzlich die Bewegungen einschr/~nken. Bei den Ringknorpelchondromen gehSrt die BewegungstSrung der Stimm- lippen zu den Initialsymlotomen.

Die bei diesem Fall gemachten Erfahrungen lassen es ratsam er- scheinen, bei Larynxehondromen den ganzen Kehlkopf und die Trachea nach weiteren Tumoren abzusuchen. Die RSntgenaufnahme gibt eine genaue Orientierung fiber den Umfung der Gesehwulst und differential- diagnostische Hinweise, da fleekfSrmige diehtere Verschattungen infolge Verkalkungen oder VerknScherungen pathognomisch ffir Chondrome sind. W/ihrend eines Eingriffes verschafft man sich einfach durch Ab- tasten des Kehlkopf- und Tracheagerfistes mit dem F~nger Gewi~heit. Besondere Beaehtung verdient die Rfickwand, da glatte, unauff~llige Konturen des Larynxinneren ,Tumoren an der l~fiekfi/iche nieht aus- schliel3en.

Der Verlauf erregte wegen des rasehen Wachstums des Tumor- gewebes sehon frfihzeitig den Verdaeht auf Vor]iegen einer malignen Entartung. Die fortlaufenden histologisehen Untersuchungen deckten dann auch eine immer weiterschreitende Entdifferenzierung des Ge- webes auf. Diese Untersuehungsergebnisse stehen mit den yon anderer Seite gemaehten Beobachtungen im Einklang, nach denen einzelne Chon- drome eine Neigung besitzen sollen, yon Rezidiv zu Rezidiv eine zu- nehmende Anaplasie zu zeigen.

Wegen der Polymorphie des Gewebes yon an sich noeh gutartigen Knorloelgeschwfilsten und wegen der fliei]enden ~berg~nge zu den malignen Tumoren ist es oft nieht einfaeh, allein auf Grund des vor- lJegenden histologischen Befundes ein endgfiltiges Urteil fiber Gut- oder BSsartigkeit abzugeben. Mit Recht wird daher darauf hingewiesen, dab bei zweifelhaften F~llen auch der klinische Ver]auf als KrJterium der Malignit/i~ einer Knorloe]gesehwulst herangezogen werden kann.

Die unregelm/~Big begrenzten Zellkomplexe mit Zellatypien, das em- bryonale Knorpelgewebe und das mikroskopisehfestgestellte infiltrative Wachstum beweisen eindeutig die ~alignit/~t bei dem bier besehriebenen Fall.

In der Litera~ur werden als feinere eytologische Kennzeichen in dieser Hinsieht noeh angeffihrt: das Vorhandensein yon Zellen mit plumpen Kernen, mehr als eine gelegentliche Zelle mit 2 so]it/~ren Ze]]kernen und

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~r allem Riesenknorpelzellen mit groBen einzelnen oder multiplen I~ernen oder verklumptem Chromatin (LIcItTE~CST~I~ und JAFFa).

Letzten Endes muB daran gedaeht werden, dab aueh einmal das 'zur mikroskopischen Untersuchung beniitzte Gewebsstiickchen ge- rade die Partien nicht enthiilt, die aus maligne entartetem Chondrom- gewebe bestehen und den klinisehen Verlauf bestimmen. Es ist daher empfehlenswert, wenn sich klinischer Verlauf und histologischer Befund zu widersprechen scheiuen, nochmals reiehlich Gewebe zu entnehmen und eine grSSere Anzahl you Sehnit~en anzufertigen.

Am bekanntesten sind die Knorpelgesehwiilste des Skeletsystems. :Pri~dilektionsorte sind die RShrenknoehen, das Becken, die Phalangen usw, An der Hand treten die Geschwiilste nieht selten mul~ipel auf. Diese werden mi~ En~wicklungsstSrungen w/ihrend der embryonalen Waehs- ~umsperiode in Zusammenhang gebracht. Herediti~t war nicht selten naehzuweisen.

Als weiteres Krankheitsbild mit multiplen Knorpelbildungen sei die Tracheopathia ehondro-osteoplastica genannt. Dieser Proze$ beschr/~nkt sich fast aussehlie$1ieh auf die LuftrShre und ruff dort typische Ver- ~nderungen hervor, welche dadurch gekennzeichnet sind, dal] in der ~ukosa und Submukos~ tier Tracheasehieimhaut - - iiuSerst selten auch einmal im Kehlkopf--kleine multiple Knorpelbildungen auftreten, die der Schleimhau~oberfli~che ein reibeisenartiges Aussehen verleihen. Diese Knorpelgebilde werden yon versehiedener Seite auf metaplastische Vorg/inge zuriickgefiihrt und nicht mehr zu den Geschwiilsten gerechnet.

Diese Erkrankung liegt in diesem Fall nicht vor. Es handelt sich vielmehr um Geschwiilste, deren Matrix der Kehlkopf- und Trachea- knorpel ist. Die makroskopische Untersuehung lieB erkennen, da$ die Geschw/ilste multizentrisch und nieht als Tochtergeschwiilste einer primiir solit~r am Kehlkopf sitzenden Muttergesehwulst entstanden sind. AuSerdem lassen die histologisehen Untersuehungsergebnisse den Schluft zu, dal] die Chondrosarkome als mahgne entartete Chondrome aufzu- fassen sind, Die fortsehrei~ende Anaplasie des anfangs weitgehend aus- differenzierten Chondromgewebes weist darauf him

Im Sehrifttum finder man einen i~hnlichen Befund nur bei dem Patienten I-IffTTN~RS. Die Fiille stimmen darin fiberein, da$ multiple solitiire Knorpelgesehwiilste an versehiedenen Stellen des Kehlkopfes auftraten. Diese entwickelten sich jedoch bei diesem Fall gleichzeitig, w/~hrend sie im 1%11 Hi2~T~CERS in gr513eren Zeitabs~nden naeh und naeh zur Beobachtung kamen und in ihrem Gewebsaufbau unveri~ndert blieben.

Die Xtiologie der Chondrome ist ungekl~r~. I h r e Entstehung wird auf Entzfindungen (Sc~STTr~, G~HA~D~, ]3IERMER), StSrungen des an sich physiologischen VerknSeherungsprozesses der Kehlkopfknorpel

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(BERTOYE, DREYFUSS), Unregelm~l]igkeiten wghrend des physiologischen Waehstums der Kehlkopfknorpel z. B. w~hrend des ~ut ierens, welche zur Aussehaltung yon Geschwulstkeimen fiihren sollen, die dana aus irgend einem AnlaB zu wachsen beginnen (ALExANDEI~) znrtickgefiihrt. E~GELI-IAX~DT denkt an die Entstehung aus bindegewebigen indifferenten Gewebskeimen mit weitgehenden Differenzierungsf~higkeiten. KvRz- hAnS erw~hnt schlieftlich die MSglichkeit einer branchiogenen Herkunft .

Branchiogene Chondrome konnten wiederholt beobachtet Werden (RICHTer, H. u. a.). Diese Genese ist bei diesem Fall auszuschlieften.

Der Gedanke, die Knorpelgeschwfilste mit dem Verkn5cherungs- prozeB der Kehlkopfknorpel oder dem Mutieren in Verbindung zu bringen ist nicht so abwegig, wenn man die Verteilung der Chondrome auf die einzelnen Kehlkopfknorpel bzw. auf die Gesehlechter in Be- t racht zieht.

I m Weltschrif t tum konnten 111 F~lle yon Larynxknorpelgesehwtil- sten --- einschliel~lieh des hier besehriebenen Falles - - erfa[~t werden. Sieht man yon der eingangs erw~hnten, im Laufe der Zeit sich ergebenen Einsehr~nkung in der Einteitung der Knorpelgesehwiflste ab und berfick- siehtigt nur die Lokalisation, dann finder man 6 F~lle = 5,40~o mit einem Tumor an der Epiglottis. Bei den restlichen 105 F~tllen verteilten sich die Tumoren auf einen oder mehrere der iibrigen Kehlkopfknorpel. Allein am t~ingknorpel sal~en 45 Chondrome ~ 4=0,54~o der F~lle.

Aus dieser Zusammenstellung ist zu ersehen, da[~ fast aussehliel~lich die hyalinen Knorpel Tumorsitz sind. Es hat sich seit der Statistik DoN ~A~SFS~LDS (1909) an diesem Verhalten also nichts ge~ndert.

Die Epiglottis n immt gegenfiber den anderen Kehlkopfknorpeln insofern eine Sonderstellung ein, a]s sie nieht mit zunehmendem Alter verknSchert, wie dies bei den hyalinen Knorpeln geschieht.

Diese Feststel]ungen beweisen aber noch nieht, dal~ in dem Ver- knSeherungsprozel~ an sieh der An]a[~ ftir die Ents tehung der Chon- drome zu suehen sei. Gegen diese Hypothese spricht das ~Jberwiegen der M~nner (M~nner: 69 F~lle; Frauen: 15 F~lle; unbekannt : 27 F~]le}. Der VerknSeherungsproze[3 geht bei den Frauen in demselben Ausma~ vor sieh wie bei den M~nnern. Es besteht nur der Untersehied, da[~ er bei den M~nnern kurz nach der Pubert~t und bei den Frauen etwas sp~ter um das 20. Lebensjahr einsetzt (DREYFUSS). Demnaeh miiftten die Frauen doch h~ufiger erkranken als dies der Fall ist. Aul~erdem miil~te man erwarten, da6 bei dieser Verbreitung der VerknSeherung an den Kehlkopfknorpeln die Chondrome h~ufiger angetroffen werden. Ein Beweis fiir den Einflul~ des Mutierens auf die Ents tehung der Chondrome ist bis jetzt nicht erbraeht worden.

Bei dem oben beschriebenen Fall ist als besonderes ~e rkma l die !V[ultiplizit~t der Geschwiilste hervorgehoben worden. Der Verlauf der

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Erkrankung und die histologischen Untersuchungsergebnisse berechtigen zu der Annahme, dab die Chondrosarkome aus Chondromen sich entwickelt haben. Treten nun an einem Organ oder an einem bestimmten System eine Reihe yon gleichartigen Geschwfilsten auf, dann k6nnen diese auf lokale Entwicklungsst6rungen w~hrend der embryonalen Waehstums- periode zurfickgeffihrt werden, welche die Ausschaltung yon Gewebs- keimen zur Folge haben. Die ttypothese, dab es sich bei dem oben geschilderten Fall um dysgenetische Geschwiilste handeln kann, er- f~hrt dutch die Tatsache eine weitere Sttitze, dab der Knorpel des Kehl- kopfger/istes zu den sogenannten Primgr- oder Euhyalinknorpeln zi~hlt, d. h. zu dem Knorpelgewebe, das schon wi~hrend der Embryonalperiode angelegt wurde und nicht sekund/~ren Umbildungsprozessen seine Ent- stehung verdankt. Wenn man dem Verkn6cherungsprozeB schon eine Bedeutung beimessen will, dann w/~re es denkbar, dab durch ihn vielleicht das autonome Wachstum ausgel6st werde. Erw/~hnenswert erscheint in diesem Zusammenhang die Beobachtung, dab die Tumoren gerade an den Stellen lokalisiert sind, an denen der Verkn6cherungsprozeB beginnt. Diese sind am Ringknorpel: die Mitre der Ringknorpelplatte und die Region unterhalb des Crieo-arytiinoidgelenkes, am Schild- knorpel: die Umgebung des Unterhornes und an den Traehealknorpeln: die Stellen, wo die als Kreise gedachten Traehealknorpel am weitesten naeh lateral reiehen (DaErFVSS).

Ungekl~rt ist auch, ob das Perichondrium einen Faktor darstellt, welcher bei der Genese der Chondrome zu beachten ist. In der Ge- schwulstpathologie nehmen die sogenannten physiologischen Pro- liferationszentren eine besondere Stellung ein, und das Perichondrium besitzt bekanntlieh bedeutende chondr0plastische Fi~higkeiten.

Hinzuweisen ist noeh auf das Fehlen yon Tumorgewebe in den regio- n/iren Drfisen. Selbst in unmittelbarer N/ihe des schon weitgehend maligne entarteten Tumors konnten histologisch keine 1Ketastasen nachgewiesen werden. Es scheint bei der 1Ketastasierung in diesem Falle der Blut- weg bevorzugt worden zu sein.

Die Therapie wird yon den Erfahrungstatsachen bestimmt, dab die Chondrome leicht rezidivieren und maligne entarten k6nnen, l~an wird daher sich yon vornherein wie bei einer bSsartigen Geschwulst verhalten. Da yon einer Bestrahlung nicht viol erwartet werden darf, so ist die Excision im Gesunden das Mittel der Wahl.

Zusammenfassung. Es wird die Krankengeschichte eines 41 j/ihrigen Mannes, welcher am

Schild- und Ringknorpel sowie an der Trachea gleichzeitig solit/ire Knorpelgeschwiilste hatte, wiedergegeben. Ein Teil der Tumoren war sarkomat6s entartet. Trotz mehrerer radikaler Eingriffe am Kehlkopf

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n n d t r o t z e iner B e s t r a h l u n g s t e ] l t en s ich w e i t e r e r a s c h w a c h s e n d e

c h o n d r o m y x o - s a r k o m a t 6 s e R e z i d i v e u n d A l l g e m e i n m e t a s t a s e n ein,

d e n e n de r M a n n er lag. E s wi rd k u r z a u f die i m S c h r f f t t u m v e r t r e t e n e n

A n s i e h t e n f iber die Xt io log ie der L a r y n x c h o n d r o m e e i n g e g a n g e n u n d

a u f G r u n d e iner Z u s a m m e n s t e l l u n g de r b i she r p u b l i z i e r t e n t~i~lle h i e r z u

S t e l l u n g g e n o m m e n .

D i e o b e n b e s c h r i e b e n e n K n o r p e l g e s e h w f i l s t e w e r d e n / i t io logiseh a u f

v e r s p r e n g t e e m b r y o n a l e G e w e b s k e i m e zur f iekgef f ih r t . D ie F r a g e , ob die

V e r k n 5 c h e r u n g de r K e h l k o p f k n o r p e l v i e l l e i eh t das W a c h s t u m dieser

d y s g e n e t i s e h e n Gesehwf i l s t e beeinf luB habe , w i r d of ten ge]assen; des-

g l e i c h e n die F r a g e , ob d e m P e r i c h o n d r i u m eine b e s o n d e r e lgol le zu-

k o m m t .

E r f o l g v e r s p r e c h e n d i s t n u r die o p e r a t i v e B e h a n d l u n g , wobe i n a c h

d e n Grunds/~tzen der B e h a n d l u n g m a l i g n e r Gesehwf i l s t e zu v e r f a h r e n ist .

L i t e ra tu r .

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Dr. K. UNGEREC~T, Heidelberg, Hl~O-Klinik der Universit~it.