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Deutsches Volksliedarchiv Musikalischer Alltag im 15. und 16. Jahrhundert by Nicole Schwindt Review by: Nils Grosch Lied und populäre Kultur / Song and Popular Culture, 48. Jahrg. (2003), pp. 349-351 Published by: Deutsches Volksliedarchiv Stable URL: http://www.jstor.org/stable/4147863 . Accessed: 12/06/2014 15:03 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Deutsches Volksliedarchiv is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Lied und populäre Kultur / Song and Popular Culture. http://www.jstor.org This content downloaded from 185.44.77.82 on Thu, 12 Jun 2014 15:03:12 PM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Musikalischer Alltag im 15. und 16. Jahrhundertby Nicole Schwindt

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Musikalischer Alltag im 15. und 16. Jahrhundert by Nicole SchwindtReview by: Nils GroschLied und populäre Kultur / Song and Popular Culture, 48. Jahrg. (2003), pp. 349-351Published by: Deutsches VolksliedarchivStable URL: http://www.jstor.org/stable/4147863 .

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schottischen und walisischen Volksliedern erschienen, aber dennoch hat das Volkslied- studium in seinem kompositorischen Schaffen tiefe Spuren hinterlassen.

Fritz Kross macht in seinem Beitrag Zur Frage einer deutschen Nationalhymne nach dem Zweiten Weltkrieg (S. 240-250) darauf aufmerksam, dass neben der Hymne Hoffmanns von Fallersleben und einer Neudichtung Rudolf Alexander Schr6ders (Land des Glaubens, deutsches Land) wihrend einer kurzen Zeit auch eine Adaptation des Dankgebetsfiir die niederldndischen Siege 1597 (Wir treten zum Beten vor Gott, den Gerechten) als Ersatz fiir eine deutsche Nationalhymne zur Diskussion stand und an- lisslich des ersten Besuchs des Bundespriisidenten Theodor Heuss 1949 in Berlin bei einer Kundgebung von 200 000 Menschen gesungen wurde.

Im umfangreichsten Aufsatz der Festschrift informiert Thomas Nuifbaumer (Innsbruck) kenntnisreich fiber Politische Lieder aus Siidtirol zur Zeit der Option und

Umsiedlung (1939-43) und verdeutlicht, dass der geplante Umsiedlungsprozess in der Liedkultur der damaligen Zeit seinen Niederschlag gefunden hat und zudem sehr gut die Polarisierung der Meinungen von >Optanten<< und >>Dableiblern<< spiegelt (S. 306-346). Nu8baumer gewinnt dabei der im Auftrag der Stiftung Deutsches Ahnenerbe und der Siidtiroler Kulturkommission entstandenen Volksliedsammlung Alfred Quellmalz ganz neue, naimlich politische Dimensionen ab, die er durch eigene Feldforschungen in Siidtirol zusatzlich untermauern kann. - Gisela Probst-Effah

(K6ln) gibt mit Lieder politisch oppositioneller Kreise gegen den Nationalsozialismus (S. 347-372) einen willkommenen Einblick in eines der zentralen Forschungsgebiete des Kdilner Instituts und prisentiert Funde oppositionellen Liedgutes, deren Multi-

plikatoren nach Ausweis von Gestapo-Akten oft im Konzentrationslager endeten.

Insgesamt liegt mit den 26 Beitraigen eine Geburtstagsgabe vor, die nicht nur dem Jubilar, sondern auch vielen Leserinnen und Lesern Freude bereiten wird, zumal der Band auch visuell und akustisch mit einigen zusaitzlichen Leckerbissen aufwartet: So sind z.B. die die hervorragende Studie Georg Maas' (Leipzig) iiber Musikalische Themen und Motive in Werbeanzeigen (S. 251-283) begleitenden, ausgezeichnet interpretierten 28 Abbildungen auch auf der beigegebenen CD abrufbar, ebenso wie die Musikbeispiele zu dem Aufsatz Giinther Massenkeils (S. 284-296) iiber Das

Siebengebirge in der Musik und die historischen Tonaufnahmen zu Thomas Nuf3- baumers Aufsatz. Astrid Reimers ist fiir diese Beigabe besonderer Dank zu sagen. Wie so oft bei der Besprechung deutscher Festschriften und Sammelbainde muss ich aber zum Schluss mein Bedauern dariiber ausdriicken, dass die Herausgeber auf ein Namen- und Sachregister verzichtet haben und damit den Zugang zu dem hier mit-

geteilten Forschungsmaterial erschweren. Rolf Wilhelm Brednich, Wellington (New Zealand)

Musikalischer Alltag im 15. und 16. Jahrhundert. Hg. von Nicole Schwindt. Kassel u.a.: Birenreiter, 2001 (Trossinger Jahrbuch ffir Renaissancemusik 1). 204 S., Abb. mus. Not., ISBN 3-7618-1512-3.

Die Forderung nach Alltagsgeschichtsschreibung wurde in der Historiografie in den

1970er-Jahren aufgestellt; seither ist der alltagshistorische Aspekt eine nicht mehr

wegzudenkende Komponente der historischen Disziplinen. Dass indes von einer

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musikwissenschaftlichen Alltagsgeschichtsschreibung in der Tat >keine Rede sein kanno, stellt Nicole Schwindt in ihrer konzeptionellen Einleitung des vorliegenden Tagungsbandes ebenso kategorisch fest, wie sie niichtern und klug nach Ursachen und

Auswegen sucht. Mit dem Ziel, einen Impuls in jenen bislang von der Musikwissen- schaft striflich vernachliissigten Bereich zu geben, setzt das neue Trossinger Jahrbuch fiir Renaissancemusik mit seinem ersten Band ein gutes und mutiges Zeichen for eine neue Tagungs- und Publikationsreihe, die ein methodisch offenes und innovatives Forum verspricht. Dies liisst sich bereits jetzt fur den ersten Band unterstreichen, des- sen Beitrdige iiberwiegend von Autor(inn)en stammen, die aus aktuellen und um- fassenden Forschungsprojekten heraus ihren Blick auf unterschiedliche Aspekte des musikalischen Alltags richten. So finden sich unter den acht Beitrdigen des Jahrbuchs insgesamt vier, die fir die Liedforschung von unmittelbarem Interesse sind.

Reinhard Strohm gibt - ankniipfend vor allem an Arbeiten Walter Salmens sowie an eigene Forschungen zur Musik des Mittelalters - einen vielschichtigen, kenntnis- und quellenreichen Einblick in die spitmittelalterliche Liedpraxis. Die Fragen nach Zweck und Funktion, nach dem Repertoire dessen, was fur jene Epoche unter >>Lied<< zu verstehen sei, nach den Personen, die dieses auffiihrten und h6rten, sowie nach der

Entstehung sind richtig gestellt, und die vielen Einzelaspekte, die Strohm anfiihrt, sind

gut ausgewiihlt. Gerade im ersten Abschnitt hitte indes eine schiirfere Biindelung der

Ergebnisse, etwa unter dem Aspekt der Funktion des Liedes in mittelalterlichen Teil-

6ffentlichkeiten bzw. Privatsphiiren, im Hinblick auf ihre Aussagefihigkeit ffir die

soziologische Gattungsbestimmung gut getan. Strohms Pointierung und Aufwertung des Aspekts von Komposition und Autorschaft ist originell und bedenkenswert.

Ein exzellentes Beispiel einer sozialgeschichtlichen Liedmonografie gelingt Birgit Lodes in ihrer Studie iiber das um 1500 ungeheuer populire geistliche Lied Maria zart: Die starke OIberlieferung in Liedflugschriften und mehrstimmigen Quellen - bis hin zu Messen iiber Maria zart - berechtigt die Frage nach der Ursache eines solchen Be- fundes. Frappierend dokumentiert Lodes mit zahlreichen Details, dass es zwei ganz konkrete Griinde ffir die Verbreitung des Liedes, vor allem im Siiddeutschen, gab: Mit dem Singen, Beten, H6ren, ja schon mit dem Mitsichfiihren des Liedes war Siinden- ablass sowie der Schutz vor der sich in jenen Jahren in Europa ausbreitenden Syphilis (in der damaligen Begrifflichkeit: >,,Malafrantzos") verbunden - Aspekte, die um 1500 von schichteniibergreifendem Interesse gewesen sein diirften und die Verbreitung des Liedes plausibel erkliren. Indes betont Lodes zu Recht, dass es sich >>um eine recht

spezifische Assoziation handelte,,

die sicher allenfalls indirekt Riickschliisse auf all-

gemeine Fragen der Verbreitung populirer Lieder in der friihen Neuzeit zulisst. Nicole Schwindt widmet sich in ihrem Beitrag Lassos Nasenlied, einem Werk, das

aufgrund seines angeblich abgeschmackten Textes von der Lasso-Forschung zumeist kopfschrittelnd als aisthetische Entgleisung abgetan wurde. Angesichts einer solchen Bewertung konnte man allenfalls die Qualitiit der musikalischen Faktur zur Ehren-

rettung des Komponisten heranziehen. Vorliegender Essay tritt derartigen Argumenta- tionen vor allem mit einer kulturgeschichtlichen Neubewertung des Textes entgegen. Schwindt interpretiert diesen iiberzeugend als Ausdruck ))der Verunsicherung inner- halb eines [...]

Umbruchprozessese, der Kbrperwahrnehmung vom Spditmittelalter zur

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friihen Neuzeit: Die Darstellung der Nase zugleich als Potenzsymbol und als >>kontrol- lierter Eingriff in die Natur< birgt in sich die Spannung zwischen der iilteren Auf-

fassung von einer symbolhaften Kbrperfunktion und der neueren von der selbst- verantwortlichen Modellierbarkeit des K6rpers. Vor diesem Hintergrund kommt Schwindt auch der musikalischen Gestaltung, die weitgehend auf bildliche Text-

ausdeutungen verzichtet, auf die Spur: Fiir das Nasenlied, das in seiner formal relativ freien Anlage auf die Gattung der Priamel rekurriert und gerade in seiner Banalitait des Textes >,ungeschbnt siiddeutscher Mentalitdit< entsprang, musste Lasso, da er hier kaum auf Vertonungsmodelle zuriickgreifen konnte, einen neuen und durchaus origi- nellen Weg gehen, indem er auf den abstrakteren Ebenen des Tonsatzes und der

rhythmischen Gestaltung (Permutation der rhythmischen Bausteine) die M6glich- keiten des Textes und seine mentalitiitsgeschichtliche Spannung transformierte.

Einen wichtigen, wenngleich bislang von der Forschung arg vernachlissigten As-

pekt musikalischer Performanz in der friihen Neuzeit stellen die fahrenden Hiindler dar, die in den Stiidten Waren medizinischer und anderer Art verkauften, ihre Heil- kunst anboten und zugleich mit musikalischen Darbietungen kombinierten. Maren Goltz' Studie richtet den Blick auf die >Ciarlatani< aus medizin-, theater- und musik-

geschichtlicher Perspektive. Durch Auswertung von Berichten und Bildquellen kommt sie zu dem Schluss, dass der Anteil der Musik an den Darbietungen der >Ciarlatani<<

bislang unterschditzt wurde: Diese begleitete und strukturierte nicht nur die Auftritte, sondern bildete - nicht zuletzt aufgrund ihres hohen Unterhaltungswertes - selbst ein wesentliches Heilmittel. Dieser Befund zieht natiirlich die - von Goltz nicht beant- wortete - Frage nach sich, wie dann das Medikament Musik den fahrenden Hindlern, zu deren Truppen zumeist immerhin mehrere Musiker geh6rten, finanziert wurde, sprich: wie sich hier Musik als Marktsegment etablierte.

Neben den vier skizzierten Beitriigen enthdilt der erste Band des Trossinger Jahr- buchs vier weitere lesenswerte Texte von Franz K6rndle, Jeanice Brooks, Christian

Meyer und Joachim Liitge, auf die ich hier nicht eingehen m6chte, da sie allenfalls indirekt for den Bereich des populdiren Liedes bedeutsam werden. Bleibt dem neuen Periodikum zu wiinschen, dass es gelingt, den hier gesetzten hohen und innovativen

Anspruch zu halten. Nils Grosch, Freiburg i.Br.

Pfeiffer, Katrin: Sprache und Musik in Mandinka-Erz'hlungen. Diss. Univ. Ham-

burg 2000. K61n: Kdppe, 2001 (Wortkunst und Dokumentartexte in afrikanischen

Sprachen 10). 378 S., engl. Zusammenfassungen, mus. Not., 2 Kten., Tab., CD mit 13 Musikbsp., ISBN 3-89645-265-7.

Die ethnologische Reihe Wortkunst und Dokumentartexte in afrikanischen Sprachen des

K6ppe-Verlages in K61n richtet sich hauptsdichlich an Linguisten der Afrikanistik bzw. an die vergleichende Sprachforschung, bringt aber auch musikethnologisch relevante Titel heraus wie den vorliegenden Bd. 10. Katrin Pfeiffer hat sich hier mit Liedtexten und Musik der Mandinka beschiiftigt, der zahlenmdifgig grd6ften in Gambia lebenden

Volksgruppe. Mit >>Mandinka<< wird auch die Sprache bezeichnet, die in Gambia am

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