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Merkblatt für Mieterinnen und Mieter Seite 1 von 4 Mieterinnen- und Mieterverband www.mieterverband.ch Für Mitglieder: Persönliche Mietrechtsberatung Hilfe bei der Wohnungsabgabe Mängelberatung Vertretung durch Anwalt Nähere Informationen: www.mieterverband.ch Scrollen Sie ganz nach unten und wählen Sie Ihren Kanton Für alle: Hotline des MV Deutschschweiz 0900 900800 Fr. 3.70/Min. für Anrufe vom Festnetz Werktags 9 bis 15 Uhr Rechtsauskünfte durch spezialisierte Juristinnen und Juristen Schlichtungsbehörde Das Verfahren vor Schlichtungsbehörde und Gericht Wollen Mieterinnen und Mieter rechtlich gegen den Vermieter vorgehen, müssen sie an die Schlichtungsbehörde für Mietsachen gelangen. Dieses Merkblatt informiert über die mietrechtlichen Verfahren vor der Schlich- tungsbehörde und dem Mietgericht. Schlichtungsbehörde hat den Auftrag, in einem kostenlosen Verfahren eine Einigung zwischen den Parteien herbeizuführen. Gelingt dies nicht, ist zur Durchsetzung des Anspruchs in den meisten Fällen das Gericht anzurufen. Im Gegensatz zum Gerichtsverfahren entstehen im Schlichtungsverfahren weder Gerichts- noch Parteikosten. Einleitung des Verfahrens Mieterinnen und Mieter können ihr Gesuch für ein Verfahren schriftlich – am besten eingeschrieben, zusammen mit den Kopien aller Unterlagen – bei der Schlichtungsbehörde einreichen. Wenn Sie das vorziehen, können Sie auch persönlich bei der Schlichtungsbehörde vorbeigehen und dort das Verfahren einleiten. Grundsätzlich haben die Verfahrensbeteiligten ihren Standpunkt an- lässlich der Schlichtungsverhandlung mündlich darzulegen. Das Verfahren ist nicht sehr formell, so dass auch juristisch wenig erfahrene Mieter zu- rechtkommen sollten. Die Fachrichter sind zudem verpflichtet, die Verfah- rensbeteiligten zu befragen, bis der Sachverhalt klar ist. Ausnahmsweise kann die Schlichtungsbehörde vor der Verhandlung einen so genannten Schriftenwechsel anordnen, wenn es sich um einen komplizierten Sach- verhalt handelt. Die Schlichtungsverhandlung sollte innerhalb von zwei Monaten nach Einreichung des Gesuchs stattfinden. Die Behörden sollten die Vorladung mindestens 10 Tage vor dem Schlichtungstermin versenden. Es empfiehlt sich, nach Erhalt der Vorladung die Rechtsberatung des Mieterinnen- und Mieterverbands (MV) aufzusuchen, um die Schlichtungsverhandlung vor- zubereiten. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Mieter den im MV- Mitgliederbeitrag inbegriffenen kostenlosen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Erscheinen, Parteivertretung und Zusammensetzung der Behörde Im Schlichtungsverfahren müssen die Parteien persönlich erscheinen. Sie können sich von einer Vertrauensperson oder einem Rechtsbeistand be- gleiten lassen. Der Vermieter kann sich auch durch eine Liegenschaftsver- waltung vertreten lassen, soweit diese zum Abschluss eines Vergleichs mandatiert ist. Ausnahmen vom persönlichen Erscheinen sind möglich bei

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    Mieterinnen- und Mieterverband www.mieterverband.ch

    Fr Mitglieder:

    Persnliche Mietrechtsberatung Hilfe bei der Wohnungsabgabe

    Mngelberatung Vertretung durch Anwalt

    Nhere Informationen: www.mieterverband.ch

    Scrollen Sie ganz nach unten und whlen Sie Ihren Kanton

    Fr alle:

    Hotline des MV Deutschschweiz 0900 900800

    Fr. 3.70/Min. fr Anrufe vom Festnetz Werktags 9 bis 15 Uhr

    Rechtsausknfte durch spezialisierte Juristinnen und Juristen

    Schlichtungsbehrde

    Das Verfahren vor Schlichtungsbehrde und Gericht

    Wollen Mieterinnen und Mieter rechtlich gegen den Vermieter vorgehen, mssen sie an die Schlichtungsbehrde fr Mietsachen gelangen. Dieses Merkblatt informiert ber die mietrechtlichen Verfahren vor der Schlich-tungsbehrde und dem Mietgericht. Schlichtungsbehrde hat den Auftrag, in einem kostenlosen Verfahren eine Einigung zwischen den Parteien herbeizufhren. Gelingt dies nicht, ist zur Durchsetzung des Anspruchs in den meisten Fllen das Gericht anzurufen. Im Gegensatz zum Gerichtsverfahren entstehen im Schlichtungsverfahren weder Gerichts- noch Parteikosten.

    Einleitung des Verfahrens

    Mieterinnen und Mieter knnen ihr Gesuch fr ein Verfahren schriftlich am besten eingeschrieben, zusammen mit den Kopien aller Unterlagen bei der Schlichtungsbehrde einreichen. Wenn Sie das vorziehen, knnen Sie auch persnlich bei der Schlichtungsbehrde vorbeigehen und dort das Verfahren einleiten.

    Grundstzlich haben die Verfahrensbeteiligten ihren Standpunkt an-lsslich der Schlichtungsverhandlung mndlich darzulegen. Das Verfahren ist nicht sehr formell, so dass auch juristisch wenig erfahrene Mieter zu-rechtkommen sollten. Die Fachrichter sind zudem verpflichtet, die Verfah-rensbeteiligten zu befragen, bis der Sachverhalt klar ist. Ausnahmsweise kann die Schlichtungsbehrde vor der Verhandlung einen so genannten Schriftenwechsel anordnen, wenn es sich um einen komplizierten Sach-verhalt handelt.

    Die Schlichtungsverhandlung sollte innerhalb von zwei Monaten nach Einreichung des Gesuchs stattfinden. Die Behrden sollten die Vorladung mindestens 10 Tage vor dem Schlichtungstermin versenden. Es empfiehlt sich, nach Erhalt der Vorladung die Rechtsberatung des Mieterinnen- und Mieterverbands (MV) aufzusuchen, um die Schlichtungsverhandlung vor-zubereiten. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Mieter den im MV-Mitgliederbeitrag inbegriffenen kostenlosen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will.

    Erscheinen, Parteivertretung und Zusammensetzung der Behrde

    Im Schlichtungsverfahren mssen die Parteien persnlich erscheinen. Sie knnen sich von einer Vertrauensperson oder einem Rechtsbeistand be-gleiten lassen. Der Vermieter kann sich auch durch eine Liegenschaftsver-waltung vertreten lassen, soweit diese zum Abschluss eines Vergleichs mandatiert ist. Ausnahmen vom persnlichen Erscheinen sind mglich bei

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    ausserkantonalem oder auslndischem Wohnsitz, Krankheit oder aus an-deren wichtigen Grnden.

    Die Schlichtungsbehrde setzt sich parittisch aus einer oder einem Vorsitzenden und je einem Fachrichter des MV sowie der Hauseigentmer-verbnde zusammen. Zudem ist in der Regel ein Protokollfhrer anwesend.

    Die Funktionen der Schlichtungsbehrde

    Vergleich Hauptaufgabe der Schlichtungsbehrde ist, eine gtliche Einigung (Ver-gleich) zwischen den Parteien zu erzielen. Ein solcher Kompromiss wird schriftlich festgehalten und von beiden Seiten unterzeichnet. Grundstz-lich ist damit das Verfahren abgeschlossen. Dieselbe Rechtsfrage kann nicht mehr neu aufgerollt werden. Wer unsicher ist, ob ihm der Vergleich wirklich entspricht, kann eine Bedenkfrist (auch Widerrufsfrist) verlangen.

    Klagebewilligung im Fall einer Nicht-Einigung Konnte vor der Schlichtungsbehrde keine Einigung erzielt werden, so wird die sogenannte Klagebewilligung ausgestellt. Grundstzlich erhlt die kla-gende Partei diese. Sie hat dann innert 30 Tagen das Gericht anzurufen. Bei der Anfechtung von Mietzinserhhungen ist es jedoch der Vermieter, der das Gericht anrufen muss, wenn er an seiner Forderung festhalten will.

    Urteilsvorschlag Das Gesetz sieht vor, dass die Schlichtungsbehrde den Parteien in gewis-sen Fllen einen Urteilsvorschlag unterbreiten kann, der eigentlich einen verbindlichen Entscheid darstellt. Dies ist der Fall: bei der Hinterlegung des Mietzinses infolge von Mngeln an der Miet-

    sache bei der Anfechtung von Kndigungen bei Begehren um Erstreckung des Mietverhltnisses nach einer Kndi-

    gung bei der Anfechtung des Mietzinses.

    Lehnt keine Verfahrenspartei den Urteilsvorschlag innert 20 Tagen ab, wird er rechtskrftig. Erfolgt innert dieser Frist hingegen eine Ablehnung, stellt die Schlichtungsbehrde der ablehnenden Verfahrenspartei die Klagebe-willigung fr die Anrufung des Gerichts zu. Ruft diese das Gericht dann nicht innert 30 Tagen an, tritt der Urteilsvorschlag dennoch in Kraft. Ein Ur-teilsvorschlag luft somit auf das Gleiche hinaus wie ein anfechtbarer Ent-scheid.

    Ebenfalls mglich ist ein Urteilsvorschlag bei Streitigkeiten um Geld-forderungen von nicht mehr als 5'000 Franken. In diesen Fllen muss im Falle der Ablehnung aber diejenige Partei das Gericht anrufen, die das Ver-fahren eingeleitet hat. Somit weist diese Art von Urteilsvorschlgen gegen-ber einem Vergleichsvorschlag kaum einen Mehrwert auf.

    Problematisch ist aus Sicht des MV, dass die Schlichtungsbehrden nicht verpflichtet sind, einen Urteilsvorschlag vorzulegen, sondern nach freiem Ermessen darber entscheiden knnen. Beschrnkt sich eine Schlichtungsbehrde im Falle einer Kndigungsanfechtung oder eines Be-

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    gehrens um Mieterstreckung auf einen Vergleichsvorschlag, und der Ver-mieter lehnt diesen ab, muss der Mieter ans Gericht gelangen. Sonst erhlt er nicht die geringste Mieterstreckung. Damit wird sein Recht auf Kndi-gungsschutz weitgehend ausgehebelt, denn fr ein Gerichtsverfahren muss er Kosten vorschiessen und trgt dabei ein erhebliches finanzielles Risiko.

    Entscheid Bei einem Streitwert bis 2000 Franken kann die Schlichtungsbehrde einen Entscheid fllen, wenn die klagende Partei einen entsprechenden Antrag stellt. Die Schlichtungsbehrde ist jedoch frei, dem Antrag zu folgen. Ohne Antrag kann sie den Parteien einen Vergleich oder einen Urteilsvorschlag unterbreiten.

    Gerichtsverfahren

    Vereinfachtes Verfahren Ist vor der Schlichtungsbehrde keine Einigung zustande gekommen, kann mit der Klagebewilligung bei einem Streitwert von unter 30000 Franken sowie bei Streitigkeiten bei Hinterlegung des Mietzinses, bei Miet-zinsanfechtungen, Kndigungen oder Erstreckungen beim (Miet-)Gericht1 ein vereinfachtes Verfahren eingeleitet werden. Der Vorteil fr den Mieter liegt dabei darin, dass der Sachverhalt von Amtes wegen festgestellt wird. Im Verfahren fallen jedoch Gerichts- und Anwaltskosten an. Deren Hhe hngt vom sogenannten Streitwert ab, wobei die klagende Partei einen Vorschuss leisten muss.

    Sehr oft wird vor Gericht nicht einer Partei zu 100% Recht gegeben, sondern der Entscheid liegt in der Mitte. In diesem Fall werden die Kosten halbiert. Ein richterliches Urteil kann meist noch innert kurzer Zeit an eine weitere kantonale Instanz, unter Umstnden sogar an das Bundesgericht, weitergezogen werden.

    Es empfiehlt sich, fr diese Schritte einen auf das Mietrecht speziali-sierten Anwalt zuzuziehen. Ist der Mieter MV-Mitglied, bernimmt in der Regel der Rechtsschutz des MV bis auf einen kleinen Selbstbehalt dessen Kosten. Dazu ist jedoch unbedingt eine Absprache mit der zustndigen MV-Sektion erforderlich.

    Ordentliches Verfahren Liegt ein Streitwert von ber 30000 Franken vor, kommt das sogenannte or-dentliche Verfahren zum Zug. Dabei ist nach Erteilung der Klagebewilligung eine schriftliche, begrndete Klage einzureichen, die insbesondere alle Tat-sachen und Beweismittel zu erwhnen hat. Neue Tatsachen und Beweismittel werden nur noch ausnahmsweise bercksichtigt.

    1 In einigen Kantonen wie Zrich, Genf, Waadt und Neuenburg bestehen spezialisierte Mietgerichte

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    Anwaltliche Vertretung

    Muss fr eine mietrechtliche Streitigkeit ein Anwalt zugezogen werden, empfiehlt sich einer, der auf das Mietrecht spezialisiert ist. Eine Liste von Fachanwlten ist beim MV erhltlich.

    Anwaltskosten

    Die Anwaltskosten sind von Kanton zu Kanton verschieden. Sie werden aufgrund des Streitwertes festgelegt. Das heisst, je hher die umstritte-ne Forderung ist, umso hher sind die Anwaltskosten. Der Anwalt kann be-reits am Anfang seiner Ttigkeit die ungefhren Kosten berechnen. An-waltskosten lassen sich verringern, wenn beispielsweise alle Mieter einer Liegenschaft bei einer Mietzinsanfechtung gemeinsam denselben Anwalt beauftragen und sich bei diesem durch eine Person vertreten lassen. Die-ser Sprecher kann dann auch die Aufgabe bernehmen, alle notwendi-gen Unterlagen zusammenzutragen.

    (Mrz 2015)

    Das Verfahren vor Schlichtungsbehrde und GerichtEinleitung des VerfahrensErscheinen, Parteivertretung und Zusammensetzung der BehrdeDie Funktionen der SchlichtungsbehrdeVergleichKlagebewilligung im Fall einer Nicht-EinigungUrteilsvorschlagEntscheid

    GerichtsverfahrenVereinfachtes VerfahrenOrdentliches Verfahren

    Anwaltliche VertretungAnwaltskosten