44
INNOVATIONS-INKUBATOR » www.leuphana.de/inkubator-stadtquartiere One Lüneburg NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

Nachhaltige Stadtquartiere – One Lüneburg

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Die vorliegende Broschüre wurde im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsprojektes One Lüneburg / Nachhaltige Stadtquartiere an der Leuphana Universität Lüneburg in den Jahren 2013 und 2014 erarbeitet. Das Forschungsprojekt widmete sich der Frage, wie sich Stadtquartiere so planen lassen, dass sie zu einer Nachhaltigkeitstransformation von Städten und Regionen beitragen.

Citation preview

INNOVATIONS-INKUBATOR

» www.leuphana.de/inkubator-stadtquartiere

One Lüneburg

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

IMPRESSUMLeuphana Universität Lüneburg, Innovations-Inkubator, 21335 LüneburgRedaktion: Hans-Dieter SohnVerantwortlich für den Inhalt: Malte Pill, Prof. Dr. Daniel J. Lang. Mit Beiträgen von Anna Frey, Christopher Lüderitz, Vanessa SubkeGestaltung und Satz: Meike WintersFotos: La Citta Vita CC-BY-SA 2.0: Titel; Fotolia/Christian Müller: S. 2; Payton Chung CC-BY 2.0: S.4; Tobias Hannemann: S:13; Malte Pill: S.16; IDB Lüneburg: S.20; Kevin Hackert CC-BY-NC 2.0: S. 24; Tom Chance/Bio Regional, CC-BY-SA 2.0 de: S. 34; Oliver Hamann CC-BY 2.0: S. 36; Tobias Hannemann: S:40;https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/de/legalcode

Auflage: 300 StückDruckerei: Nordlanddruck

1

3 Editorial4 Quartiere müssen zukunftsfähig werden6 Wodurch zeichnen sich nachhaltige Stadtquartiere aus?7 Strategien für eine nachhaltige Quartiersentwicklung 8 Warum kooperative Planung?9 Beispiel einer Workshopreihe zur kooperativen Planung10 Ablauf der Workshopreihe im Projekt One Lüneburg 11 Der Workshopprozess und die Modellplanung 12 Fünf Einzelworkshops 14 Gemeinsames Nachhaltigkeitsverständnis / Anbindung an die Wissenschaft 15 Positionen verdeutlichen 17 Bezugsebenen eines Stadtquartiers 18 Systemanalyse

19 Vorab Leitplanken setzen 20 Das Areal „Schlieffenkaserne“22 Warum ein Denken in Szenarien hilfreich sein kann 25 Wie die Szenarien erstellt wurden 26 Die Szenarien in Kurzform 28 Die Bewertung der Varianten 29 Modellplanung und Umsetzungsstrategie 30 Die Modellplanung in aller Kürze32 Entwicklung von Umsetzungsstrategien 33 Die Dokumentation der Workshops 34 Best Practice-Beispiele nachhaltiger Quartiersentwicklung39 Exkurs: Transdisziplinarität als Forschungsansatz40 Die Forschungsgruppe und ihre Projektpartner

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

2 NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

3

LIEBE LESERIN, LIEBER LESER,die vorliegende Broschüre wurde im Rahmen des Forschungs- und Entwicklungsprojektes One Lüneburg / Nachhaltige Stadtquartiere an der Leuphana Universität Lüneburg in den Jahren 2013 und 2014 erarbeitet. Das Forschungsprojekt widmete sich der Frage, wie sich Stadtquartiere so planen lassen, dass sie zu einer Nachhaltigkeitstransformation von Städten und Regionen beitragen.

Die Broschüre gibt Empfehlungen für die Gestaltung von partizipativen Prozessen zur Unter-stützung der Entwicklung von nachhaltigkeitsorientierten Quartierskonzepten. Der Fokus der Broschüre liegt auf Anregungen zur Workshopgestaltung, wechselseitigen Lernprozessen und verschiedenen Ansätzen zur Entwicklung von nachhaltigkeitsorientierten Quartieren.

Zur Verdeutlichung der zu erwartenden Resultate werden die Schritte eines Workshopprozesses zur Entwicklung einer Modellplanung für die Schlieffenkaserne in Lüneburg kurz vorgestellt (grau hinterlegt). Wissenschaftliche Referenzen bieten zudem die Möglichkeit der Vertiefung.

Die Broschüre ist nicht als Anleitung zur Entwicklung von Quartierskonzepten zu verstehen. Die Anforderungen an Konzepte, die jeweiligen Quartiere und damit auch die beteilig ten Akteure unterscheiden sich von Fall zu Fall, so dass standardisierte Prozesse nur selten zielführend sind. Vielmehr soll die Broschüre Hinweise und Anregungen bieten, um integrierte und konsensfähige Modellplanungen mit hohem Nachhaltigkeitsanspruch in kooperativen Prozessen zu entwickeln. Eine solche Modellplanung profitiert dabei insbesondere von der Motivation der Teilnehmenden hinsichtlich eines nachhaltigeren Quartiers.

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

4 NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

5

Die Urbanisierung schreitet voran und macht die nachhaltige Entwicklung von Städten zu einer der drängendsten Fragen der aktuellen Stadtentwicklung. Die Erarbeitung und Anwendung von Strategien konzentriert sich in den letzten Jahren verstärkt auf die Ebene des Stadtquartiers. „Die zukunftsfähige Entwicklung urbaner wie auch ländlicher Räume ist abhängig von lokalen Akteuren“, sagt Daniel J. Lang, Professor für transdisziplinäre Nachhaltigkeitsforschung an der Leuphana Universität Lüneburg. „Nachhaltige Stadtquartiere können Keimzellen für neue Modelle des Wohnens und Arbeitens sein, die weit über die lokale Ebene hinaus wirken und sowohl regional als auch überregional Transformationsprozesse in Gang bringen.“

„Auf dieser räumlichen Ebene“, heißt es auch in einer Studie des Bonner Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung, „werden Lebens- und Umweltqualität, sozialer Ausgleich und Zusammenhalt, wirtschaftliche Tragfähigkeit und kulturelle Innovationskraft unserer Städte konkret und kontinuierlich erlebbar.“

QUARTIERE MÜSSEN ZUKUNFTSFÄHIG WERDEN

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

6

WODURCH ZEICHNEN SICH NACHHALTIGE STADT QUARTIERE AUS?An Stadtquartiere werden hohe Ansprüche gestellt. Innerhalb von oft sehr heterogenen Städten werden sie als eine überschaubare Ebene wahrgenommen, auf der übergreifende soziale, öko-logische und ökonomische Probleme bearbeitet werden können. So leisten sie einen Beitrag zur Erreichung allgemeiner Nachhaltigkeitsziele. Hierbei ist es jedoch wichtig, Nachhaltigkeit nicht als zu erreichenden Zielzustand, sondern als Orientierung zu verstehen, die jegliches Handeln leiten soll. Zudem gilt es, ein Stadtquartier nicht nur als abgrenzbare administrative Einheit zu definieren, sondern in seinen Kontext eingebettet zu betrachten.

Quartiere, die sich als nachhaltig verstehen oder präsentieren, sind ein derzeit immer stärker diskutiertes Thema. Dafür spricht nicht nur die zunehmende Zahl von Veröffentlichungen, sondern auch die Einführung diverser Zertifizierungssysteme.

Das Ziel einer nachhaltigkeitsorientierten Entwicklung von Quartieren wird auch seitens der Praxis und Zivilgesellschaft immer stärker artikuliert. Die Umsetzung gestaltet sich jedoch häufig als schwierig. So zeigen Nachhaltigkeitsstandards, wie ein nachhaltigkeitsorientiertes Stadtquartier aussehen kann. Wie und wodurch sich Nachhaltigkeit bei der Entwicklung von Standquartieren in der Praxis dauerhaft integrieren lässt, bleibt aber oft unklar.

Während Nachhaltigkeitsstandards beim Neubau einzelner Gebäude zunehmend Berücksichtigung finden, ist ihre Anwendung auf der Ebene des Stadtquartiers noch wenig erforscht und entwickelt.

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

7

GROBE ANSÄTZE NACHHALTIGKEITSORIENTIERTER QUARTIERSENTWICKLUNGEN:

1. Zertifizierung und Bewertung der Nachhaltigkeit durch genaue Zielvorgaben, etwa für die Anzahl von Fahrradstellplätzen: wie bei DGNB, LEED und BREEAM. Angewendet etwa auf der Killesberghöhe in Stuttgart.2. Quartiersentwicklung mit Hilfe offener Prinzipien, die an ein konkretes Quartiersprojekt angepasst werden. Wie bei den OnePlanet Prinzipien von Bio- regional, umgesetzt etwa bei BedZed in London. 3. Quartiersentwicklung in Zusammenarbeit von zivil-gesellschaftlichem Engagement und der öffentlichen Verwaltung. So entstand zum Beispiel der Vauban in Freiburg.

STRATEGIEN FÜR EINE NACHHALTIGE QUARTIERSENTWICKLUNG Hinweise darauf, inwiefern Stadtquartiere in ihrer Gestaltung Nachhaltigkeitszielen gerecht werden, geben Zertifizierungssysteme wie das Siegel der Deutschen Gesellschaft für Nachhalti-ges Bauen (DGNB), das US-amerikanische Zertifikat „Leadership in Energy and Environmental Design“ (LEED) und die britische „BRE Environmental Assessment Method“ (BREEAM).

Eine nachhaltige Gestaltung von Quartieren kann aber auch mit Hilfe recht offen formulierter Kriterien und Prinzipien beschrieben werden. Dies zeigt etwa BioRegional, der Kompetenzpartner des Projekts One Lüneburg, anhand der gemeinsam mit dem WWF entwickelten „One Planet Living“-Prinzipien. Wichtige Grundsätze sind dabei unter anderem „Nachhaltige Mobilität“, „Umgang mit Wasser“ und „Kultur, Tradition und Identität“ (www.bioregional.com/oneplanet- living). Zugleich zeigen sich in der Praxis nachhaltigkeitsorientierte Quartiersentwicklungen, die von zivilgesellschaftlichem Engagement getragen sind und individuelle Werte und Vorstellungen in den Vordergrund stellen.

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

8

DER NUTZEN FÜR PRAXISPARTNER

Die Nachfrage nach nachhaltigkeitsorientiertem Bauen steigt, die politischen Rahmenbedingungen ändern sich, ebenso die Fördermöglichkeiten: Unternehmen der Baubranche wie Bauträger, Ent-wickler, Planungs- und Architektur- oder Ingenieur-büros werden zunehmend mit dem komplexen Thema Nachhaltigkeit konfrontiert. Angesichts der vielseitigen Beziehungen und Abhängigkeiten können sie von einem gegenseitigen Austausch und einer wissenschaftlichen Unterstützung profitieren.

WARUM KOOPERATIVE PLANUNG?Die Planung von Quartieren ist ein aufwändiger Prozess, bei dem im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zahlreiche Akteurinnen und Akteure eingebunden werden müssen. Die Weichen für einen bestimmten Entwicklungspfad werden dabei oft in sehr frühen Planungsschritten gestellt.So können zum Beispiel Rahmenplanungen von Stadtplanungsbüros sowie architektonische oder städtebauliche Wettbewerbe als Grundlage für einen Bebauungsplan dienen. Dieser schreibt schließlich die zentralen Elemente und die Nutzung eines Quartiers verbindlich fest – und prägt damit dessen bauliche und wirtschaftliche Entwicklung sowie den Alltag im Quartier.Um Nachhaltigkeitsanforderungen in solch komplexen Planungen gerecht werden zu können, müssen schon in einer sehr frühen Phase interdisziplinär besetzte Teams eingesetzt und Beteiligungs-prozesse initiiert werden. Je gezielter die relevanten Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungs-träger und andere das Quartier prägende Akteurinnen und Akteure in den Planungsprozess ein-gebunden werden, desto mehr können die Beteiligten gegenseitig von ihrem Wissen profitieren und dieses nutzbar machen. Dies kann den Erfolg eines solchen Prozesses im gesamten Lebenszyklus der Quartiersentwicklung unterstützen.Ein so entstehender Prozess sollte auch Perspektiven und Interessen der späteren Nutzerinnen und Nutzer des Quartiers berücksichtigen und kann mögliche Konflikte bereits früh deutlich machen. Deshalb haben sich in den letzten Jahren vielfältige Beteiligungsformen entwickelt.

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

9

„TRANSDISZIPLINÄRE FORSCHUNG ZEICHNET SICH DADURCH AUS, DASS SIE WISSEN UND METHODEN AUS VERSCHIEDENEN WISSENSCHAFTS-DISZIPLINEN GEZIELT VERKNÜPFT UND DARÜBER HINAUS ERFAHRUNGSWISSEN RELEVANTER PRAXISAKTEURE INTEGRIERT.“

Professor Daniel J. Lang, Leuphana Universität Lüneburg

Um ein nachhaltigkeitsorientiertes Quartiers-Konzept zu entwickeln und dabei einen wechsel- seitigen Lernprozess zwischen verschiedenen Akteurinnen und Akteuren zu ermöglichen, wurde bei „One Lüneburg“ ein Zusammenarbeitsprozess ins Leben gerufen. Die Ziele des Projekts waren: nachhaltige Stadtquartiere umfassend wissenschaftlich betrachten und exemplarisch eine modellhafte Planung für ein Quartier in Lüneburg entwickeln, die auch generelle Aspekte von nachhaltigkeitsorientierter Quartiersentwicklung aufzeigt.Die Workshopreihe des Projekts war angelegt als Prozess des Wissenstransfers und der Wissens-erweiterung, in einem wechselseitigen Lernprozess zwischen Forschungsteam und Kooperations- sowie Kompetenzpartnerinnen und Kompetenzpartnern. Die Projektpartnerinnen und Projektpartner waren dazu eingeladen, ihr jeweiliges Expertinnen- und Expertenwissen zu reflektieren und zu teilen, damit daraus neue projektrelevante Erkenntnisse entstehen. Dieses Wissen sollte in das Projekt einfließen und wichtige Erkenntnisse für andere Projekte liefern. So bestand der Anspruch, in einem konkreten Setting die Anwendung wissenschaftlicher Methoden mit Praxisbezug zu erproben. In der Workshopreihe wurde zudem ein besonderer Fokus auf eine unternehmerische Perspektive in der nachhaltigen Quartiersentwicklung gelegt.Die Partner trafen sich zu fünf Workshops, wo sie Synergien und Herausforderungen in der Planung und Umsetzung nachhaltigkeitsorientierter Stadtquartiere identifizieren, Konzepte ent- wickeln sowie ihr unternehmerisches Profil im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte ergänzen und schärfen konnten.

BEISPIEL EINER WORKSHOPREIHE ZUR KOOPERATIVEN PLANUNG

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

Ablauf der Workshopreihe im Projekt One LüneburgDie fünf Workshops des Projekts teilten sich auf in einen Auftaktworkshop, bei dem ein gemeinsames Nachhaltig-keitsverständnis erarbeitet wurde, zwei Szenarioworkshops, in welchen fünf qualitative Szenarien entwickelt wurden, einen weiteren Workshop, in dem in fünf thematischen Gruppen eine Modellplanung ausgearbeitet wurde, sowie einen Prozessworkshop, in dem – basierend auf den Vorarbeiten – konkrete Ansätze zur Umsetzung entstanden.

10 NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

t

2013

Auftaktworkshop

GemeinsamesNachhaltigkeitsverständnis

16 Einflussfaktoren

Zukunft der A

rbeit

lokalpolitische Rahmenbedingungen

Alles Neu StädtebaulicheZiele

Energien und Ressourcen

Freiraum undÖkologie

Wohnen und Leben im Quartier

MobilitätIdeenpool

Anforderungen

One for All

Bullerbü 2.0

Gute Energien

LernendeGesellschaft

Mobilitätsverhalten

6 Schlüsselfaktoren mit unterschiedlichen

Ausprägungen

5 qualitativeSzenarien

5 thematische Fachgruppen

integrierte Modellplanung

abgestimmte Modellplanung

Modellplanungen

Szenarioworkshop I Szenarioworkshop II Modellplanungsworkshop Prozessworkshop

2014

11

Neben der reinen Wissensvermittlung ermöglichen kooperative Planungen von Stadtquartieren das wechselseitige Lernen der Akteurinnen und Akteure voneinander und die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses der Beteiligten von den relevanten Aufgaben und den damit verbun-denen Herausforderungen. Die Akteurinnen und Akteure können ihre Ideen einbringen, sich an der Entwicklung und den Planungen beteiligen und ihr jeweiliges Wissen einfließen lassen.

Im Unterschied zu einer isolierten Betrachtung, etwa aus Perspektive von Politik, Verwaltung, Investoren oder Fachplanungsbüros, ergibt sich so die Chance, Prozesse aufeinander abzustim-men und eventuelle Unklarheiten zu klären. Potenzielle Interessenskonflikte können in Workshops transparent dargestellt werden, was wiederum die Chance eröffnet, gemeinsam mit den Betroffe-nen mögliche Lösungen zu entwickeln.

DER WORK SHOPPROZESS UND DIE MODELL PLANUNG

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

12

Die „10 Bausteine für die partizipative Gestaltung von Kooperationssystemen“ der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit bieten eine gute Hilfestellung. www2.gtz.de

Im Projekt One Lüneburg fanden in den Jahren 2013 und 2014 insgesamt fünf Workshops statt. Daran nahmen jeweils rund 15 Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Bereiche teil: Archi-tektur, Hersteller von Dach- und Abdichtungssystemen, Handwerksunternehmen, Immobilien- und Liegenschaftsentwicklung, Ingenieurswesen, Internet-Start-ups, Kommunal- und Stadtverwal-tung, öffentliche Planungsbüros, sowie Verkehrsplanung.

In Quartiersplanungsprozessen bleiben häufig nur wenig Zeit und Ressourcen, um umfassende Beteiligungsprozesse durchzuführen. Im Prozess One Lüneburg wurde deshalb darauf geachtet, einen möglichst schlanken Prozess zu entwickeln, welcher es dennoch ermöglicht, mit strukturier-ten und wissenschaftlich fundierten Methoden zu arbeiten.

Die beteiligten Praxispartnerinnen und Praxispartner sollten im Idealfall für jeden Quartiers- planungsprozess individuell zusammengestellt werden. Als Hilfestellung können hier die von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit zusammengestellten „10 Bausteine für die partizipative Gestaltung von Kooperationssystemen“ dienen. Sie wurden als ein Werkzeug entwickelt, das dabei helfen soll, Akteursbeziehungen in einem komplexen System der Zusammen-arbeit zu analysieren und handhabbar zu machen.

FÜNF EINZELWORKSHOPS

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

13

Die fünf Workshops orientierten sich an den Grundideen eines szenariobasierten Planungs-prozesses, bei dem Handlungsorien tierungen entwickelt werden, wie sie unter anderem von Lang et al. 2014 beschrieben werden. Grundlegende Schritte eines solchen Prozesses sind

— Definition der Ziele des Prozesses sowie der Systemgrenzen (hier: S. 14 –15); — Analyse des gegenwärtigen Zustandes des betrachteten Systems und dessen Kontext, unter Berücksichtigung von historischen Entwicklungen (hier: S. 18 – 21);

— Entwicklung von möglichen Zukunftszuständen des Systems im Rahmen einer Szenario-analyse, um den „Möglichkeitsraum“ abzustecken (hier: S. 22– 27);

— eine Bewertung der Szenarien im Hinblick auf deren Nachhaltigkeit und deren Nutzen aus verschiedenen Perspektiven (hier: S. 28), sowie

— die gemeinsame Entwicklung von Handlungsorientierungen basierend auf den vorhergehenden Schritten (hier: S. 29– 32).

WEITERE INFORMATIONEN ZUM SZENARIOBASIERTEN PLANUNGSPROZESS:Lang, D. J., Rode, H., von Wehrden, H. (2014): Methoden und Methodologie in den Nachhaltigkeits-wissenschaften. In: Heinrichs, H. und Michelsen, G. (Hrsg.)(2014): Nachhaltigkeitswissenschaften. Berlin, Heidelberg: Springer Spektrum. S. 115-144

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

14

In verschiedenen Berufswelten sprechen Menschen nicht nur unterschiedlich geprägte Fach-sprachen, sondern haben oft auch ein völlig anderes Verständnis von Begriffen. Zudem verfolgen unterschiedliche Akteurinnen und Akteure in ihren jeweiligen Rollen häufig verschiedene Ziele. So werden sich zum Beispiel Denkmalpflegerinnen und Denkmalpfleger mit Expertinnen und Experten für die energetische Sanierung schnell auf das generelle Ziel einigen können, Ressourcen scho-nend einzusetzen. Über den besten Weg, dieses Ziel zu erreichen, sowie über die Relevanz dieses Ziels im Vergleich zu anderen Zielen, wie beispielsweise den Beitrag eines Gebäudes zur Identität des Ortes, können sie sich jedoch trefflich streiten. Etwa weil sie den Wert des „Erscheinungsbil-des“ eines Gebäudes unterschiedlich beurteilen.

ANBINDUNG AN DIE WISSENSCHAFTDie Entwicklung eines gemeinsamen Nachhaltigkeitsverständnisses bildet die Grundlage für die gemeinsame Erarbeitung von Konzepten und Planungen für eine nachhaltigkeitsorientierte Quartiersentwicklung. Unterschiedliche Begrifflichkeiten und Wahrnehmungen werden geklärt, Kompetenzen sowie Einflussbereiche der beteiligten Akteurinnen und Akteure strukturiert und In-teressenskonflikte sowie Synergiepotenziale offengelegt. Dieser Prozess trägt zudem dazu bei, die Herausforderungen aus der Praxis in einen Forschungsgegenstand zu übersetzen, der von einem Forschungsteam bearbeitet werden kann. Das Ziel ist es, die unterschiedlichen Werteorientierun-gen deutlich zu machen und zu berücksichtigen, um zu praxisrelevanten Lösungen zu gelangen.

GEMEINSAMES NACHHALTIGKEITS VERSTÄNDNIS

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

15

Der Auftaktworkshop im Projekt One Lüneburg verfolgte daher das Ziel, ein gemeinsames Verständnis von nachhaltigkeitsorientierten Stadtquartieren zu erarbeiten.

Im Projekt One Lüneburg wurde als Hilfsmittel ein visuelles Brainstorming genutzt, um den Handlungsrahmen bezüglich einer nachhaltigkeitsorientierten Quartiersentwicklung sichtbar zu machen und erste potenzielle Synergien und Hindernisse bei der Planung und der Umsetzung zu erkennen. Als Orientierungspunkt im Hinblick auf Nachhaltigkeit wurde hierbei auf die Prinzipien der „One Planet Communities“ zurückgegriffen.

Dabei standen die Praxispartnerinnen und Praxispartner mit ihrem unternehmerischen und persönlichen Verständnis von Nachhaltigkeit in Stadtquartieren im Vordergrund. Es ging darum, zu erkennen auf welchen räumlichen Ebenen und zu welchen Planungs- und Nutzungsphasen das unterschiedliche Wirken der Praxispartnerinnen und Praxispartner aufeinandertrifft, und mit welchen Begriffen und welchem Verständnis von Nachhaltigkeit sie arbeiten. Dazu wurden zwei Plakate vorbereitet.

POSITIONEN VERDEUTLICHEN

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE16

BEZUGSEBENEN EINES STADTQUARTIERS Das erste Plakat fokussierte auf die verschiedenen Bezugsebenen eines Stadquartiers. Dazu zäh-len: Gesamtstadt, Gebäude, Gebäude detail. Den Praxispartnerinnen und Praxispartnern wurden dazu zwei Fragen gestellt, die sie mittels Fähnchen auf den Plakaten verorten und beantworten sollten. Anschließend konnten sie diskutieren: „Wo lassen sich Ihre Arbeitsbereiche im Stadt-quartier verorten?“ und „Welche weiteren im Stadtraum erlebbaren Qualitäten sind Ihnen für ein Nachhaltiges Stadtquartier wichtig?“. Die Fähnchen machen so nicht nur die einzelnen Arbeits- und Interessenschwerpunkte, sondern auch die räumlichen und funktionalen Zusammenhänge sichtbar.

Das zweite Plakat zeigte einen idealisierten Zeitstrahl, der den Lebenszyklus in den verschiede-nen Nutzungsphasen eines Stadtquartiers abbildet, von Planung über Bau und Bezug bis hin zur Nutzung.

Auch hier wurden zwei Fragen gestellt: „In welchen Phasen wird Ihr Unternehmen im Lebenszyklus eines Stadtquartiers tätig?“ und „Welche Ereignisse, Entscheidungen, Meilensteine prägen im zeitlichen Verlauf die Entwicklung eines nachhaltigen Stadtquartiers?“.

17NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

18

Wenn Forschende gemeinsam mit Praxispartnerinnen und Praxispartnern Szenarien für zukunfts-fähige Stadtquartiere entwickeln, sollten die Szenarien und Modellplanungen möglichst konkret sein. Es geht darum, Lösungen für Nachhaltigkeitsaspekte eines Quartiers im jeweiligen Kontext einer bestimmten Fläche zu finden. Je konkreter die gemeinsam erarbeiteten Ergebnisse ausfal-len, desto höher sind die Chancen, dass sie auch umgesetzt werden. Konzepte, die an einem Ort entwickelt wurden, können nur teilweise an eine andere Stelle übertragen werden.

Um die Teilnehmenden an eine zu beplanende Fläche heranzuführen, benötigen sie Informationen über die Rahmenbedingungen und die Ausgangssituation des künftigen Quartiers. Etwa über Be-sitzverhältnisse, Lage, Anbindung und Verkehr, gesamtstädtische Planungen und Entwicklungen, aktuelle Nutzungen, Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung, Informationen zur sozialen Infra-struktur, benachbarten Quartieren und zum lokalen Planungsrecht. Eine fundierte Systemanalyse ist generell für die Erstellung von Szenarien und darauf aufbauenden Handlungsorientierungen von zentraler Bedeutung.

Diese Übersicht über die Rahmenbedingungen kann entweder durch die städtische Planungs- abteilung oder durch andere Expertinnen und Experten bereitgestellt und gegebenenfalls auch präsentiert werden. Die Workshop-Teilnehmenden können diese Informationen mit ihrem jeweiligen fachspezifischen und lokalen Wissen ergänzen und hinterfragen. Im Projekt One Lüneburg wurden die Informationen vorab zusammengestellt, von Vertretern der Hansestadt Lüneburg, Bereich 61 Stadtplanung, vorgestellt und den Teilnehmern zur Verfügung gestellt.

SYSTEM ANALYSE

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

19

Ergänzend kann es in diesem frühen Schritt sinnvoll sein, sogenannte Umfeld- oder Rahmen- szenarien zu erarbeiten. Diese Szenarien können unter anderem die globale, regionale oder gesamtstädtische „Großwetterlage“ beschreiben, unter der sich ein Quartier entwickeln kann.In einem Projekt der ETH Zürich zur zukünftigen Landschaftsnutzung des schweizerischen Halb-kantons Appenzell Ausserrhoden etwa wurden vier solche Szenarien entwickelt.

Das erste Szenario beschreibt eine „Soziale Polarisierung“, in der die Zahl der Einwohner sowie der Migranten zunimmt, die Regeln für die Wirtschaft radikal liberalisiert werden und der Res-sourcenverbrauch ungebremst voranschreitet, wie auch die Klimaveränderung. Die Globalisierung wird vorangetrieben, die Situation auf dem Arbeitsmarkt ist angespannt.

Das zweite Szenario beschreibt eine „Nachhaltige Entwicklung“ und ist gekennzeichnet durch eine stabile Bevölkerungsentwicklung, eine regulierte Weltwirtschaft und einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen, der zu lediglich schwachen Klimaänderungen führt. Die Menschen versorgen sich mit regionalen Lebensmitteln und der Arbeitsmarkt ist entspannt.

Zwei weitere Szenarien werden „Ökologische und soziale Prävention“ sowie „Business as usual“ genannt. Ersteres ähnelt der „Nachhaltigen Entwicklung“, setzt jedoch mehr auf die Produktion als auf Dienstleistungen. Letzteres lehnt sich wiederum an die „Soziale Polarisierung“ an, be-schreibt aber eine stabile Bevölkerungsentwicklung und einen weniger angespannten Arbeitsmarkt.

VORAB LEITPLANKEN SETZEN

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

KURZLINK Studie „Umfeld- und Systemszenarien für die Entwicklung der Landschaftsnutzung im Kanton Appenzell Ausserrhoden“ von Arnim Wiek aus dem Jahr 2011: » goo.gl/kLPNtn

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE20

DAS AREAL „SCHLIEFFENKASERNE“ Die Fläche, die dem Projekt One Lüneburg als Modellfläche diente, umfasst einen Teil der 1936 erbauten Schlieffenkaserne. Dieser dritte Bauabschnitt „Hanseviertel-Ost“ ist rund 22 ha groß und verfügt über 28 Bestandsgebäude. Er liegt rund einen Kilometer vom Lüneburger Bahnhof und anderthalb Kilometer vom Stadtzentrum entfernt.

Bereits seit dem Jahr 2000 wird ein Teil des Geländes als Behördenzentrum genutzt. Bis Ende 2014 war die Bundespolizei zeitweise in den Mannschaftsgebäuden untergebracht. Weitere Gebäude und Fahrzeughallen stehen leer oder sind mit Zwischennutzungen belegt.

Die Hansestadt Lüneburg hatte im Jahr 2014 rund 74.000 Einwohner, der umliegende Landkreis 178.000. Dies entspricht einer Bevölkerungsdichte von 1.000 Einwohnern pro Quadratkilometer. Als Oberzentrum mit historisch bedeutsamer Altstadt, Hochschulstandort und Teil der Metropol- region Hamburg wird der Hansestadt ein relativ starkes Bevölkerungswachstum prognostiziert. Derzeit pendeln rund 5.100 mehr Menschen von Lüneburg aus täglich zu ihrem Arbeitsplatz als umgekehrt nach Lüneburg.

21NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

22

WARUM EIN DENKEN IN SZENARIEN HILFREICH SEIN KANN Die wirtschaftliche Entwicklung, die gesellschaftlichen Lebenszusammenhänge sowie die drän-genden ökologischen und sozialen Fragen sind komplex und weisen zahlreiche Wechselwirkungen auf. Dies stellt Planung, Politik und Zivilgesellschaft vor neue Herausforderungen. Da zukünftige Entwicklungen von zunehmender Unsicherheit geprägt sind, stoßen einfache Prognosen und Trends häufig an Grenzen. Daher kommen Szenarien auch in der strategischen Stadtentwicklung eine immer größere Bedeutung zu. Szenarioentwicklung wurde in den letzten Jahrzehnten als Methode vielfältig in unterschiedlichen Anwendungsfeldern und inhaltlichen Kontexten genutzt.

Szenarien können als mögliche Zukunftszustände verstanden werden. Sie können daher als Hilfe bei der Entscheidungsfindung dienen, unter anderem weil sich alle Beteiligten bei ihrer Erarbei-tung gemeinsam mit erwünschten und unerwünschten zukünftigen Entwicklungen und Störer-eignissen beschäftigen. Dies ermöglicht neben dem konkreten Entwickeln von Szenarien einen gemeinsamen Lernprozess.

Szenarien stellen mögliche Bilder zukünf tiger Zustände eines betrachteten Systems dar. Sie dienen dazu, basierend auf fundierten Erkenntnissen über System zusammenhänge und -dynamiken, unterschiedliche Vorstellungen der beteiligten Akteure bezüglich zukünftiger Entwick-lungen zu bündeln. Die vielfältigen Faktoren und Beziehungen, die darin berücksichtigt werden müssen, gehen dabei über das rein planerisches Verständnis eines Quartiers hinaus und beziehen einen bunten Strauß an gesellschaftlichen Aktivitäten ein. Um einen strukturierten und zielfüh-renden Prozess zu ermöglichen, werden Eckpfeiler festgelegt. Eine Definition des Betrachtungs-

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

23

raums ist wichtig, in diesem Fall das Gelände der Schlieffenkaserne in Lüneburg. Der betrachtete Zeithorizont muss ebenfalls festgelegt werden, beispielsweise „Lüneburg im Jahr 2030“. Daneben sollten sich alle Beteiligten an dem zentralen Thema der Szenarioentwicklung orientieren, etwa: „Nachhaltigkeit im Quartierskontext“.

Die skizzierten Zukunftsbilder lassen sich anschließend mit raumplanerischen Instrumenten wie der Szenario-Kartographie bildlich darstellen.

Es gibt verschiedene Arten von Szenarien. In explorativen Szenarien werden mögliche Entwicklun-gen von Schlüsselfaktoren und Rahmenbedingungen analysiert. Bei normativen Szenarien werden dagegen wünschenswerte Zustände in der Zukunft beschrieben, die durch unterschiedliche gesellschaftliche Zielvorstellungen bestimmt werden. Szenarien orientieren sich zudem an einem vorab festgelegten Zeithorizont, der mittel- oder langfristig gewählt sein kann.

GegenwartStartpunkt derSzenario-entwicklung

Szenario 1

Szenario 2

Szenario 3

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE24

WIE DIE SZENARIEN ERSTELLT WURDEN Im Projekt One Lüneburg wurde eine Methode zur Konstruktion qualitativer Szenarien gewählt, die normative und explorative Aspekte kombiniert. Im Rahmen eines Workshops wurden als Basis für die Szenarien durch die Teilnehmer zunächst drei zentrale, übergreifende Schlüsselfaktoren für die Entwicklung des betrachteten Systems „Schlieffenkaserne“ aus einer Auswahl möglicher Faktoren ausgewählt: „Zukunft der Arbeit“, „Zusammensetzung der Bewohnerschaft“ und „lokale Rahmenbedingungen“. Die in fünf Gruppen eingeteilten Teilnehmerinnen und Teilnehmer wählten in einem nächsten Schritt jeweils noch bis zu fünf weitere Faktoren aus. Für die Erstellung der ersten Grobszenarien mussten die Gruppen eine mögliche Zukunftsaus-prägung eines Schlüsselfaktors als „Anker“ wählen und anhand dessen die möglichen Zukunfts-ausprägungen der weiteren Faktoren bestimmen. Als Hilfestellung dienten vier Fragen: Was folgt aus dieser Ausprägung für die anderen Schlüsselfaktoren? Wie hängen die Schlüsselfaktoren zusammen? Welche Wechselwirkungen bestehen zwischen ihnen? Wie wirkt sich dies auf die Entwicklung des Stadtquartiers aus?Anschließend erarbeiteten die Arbeitsgruppen eine genauere Beschreibung des jeweiligen Szena-rios, sodass sich ein Gesamtbild für das Quartier Schlieffenkaserne im Jahr 2030 ergab. Hier ging es vor allem darum, mögliche Auswirkungen der Schüsselfaktoren auf die Entwicklung des Stadt-quartiers herauszuarbeiten. Am Ende erhielt jedes Szenario einen aussagekräftigen Titel. Diese Szenarien wurden im Folgenden durch das Forschungsteam weiter ausgearbeitet, visualisiert und durch ein Szenario ergänzt, das sich aus weiteren Analysen ergeben hatte.

25NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

26

„Alles Neu“ Das Gelände der Schlieffenkaserne wurde radikal neu bebaut, um mit veralteten Konzepten des Wohnens zu brechen. In den futuristisch anmutenden Mehrfamilien- häusern ist Wohnen und Arbeiten unter einem Dach zur Normalität geworden. Der ökologische Fußabdruck der Bewohner entscheidet mit über die Mietpreise.

One for All Auf dem Gelände wurden die älteren Bestandsgebäude im Quartier größtenteils erhalten und Gebäude jüngerer Bauart durch Neubauten ersetzt. Als Lärmriegel zur Autobahn wurden Gewerbebauten und Quartierswerkstätten gebaut. In das Quar-tier ist außerdem eine inklusive Wohn- gruppe integriert. Das Quartier wird kom-plett mit regenerativen Energien versorgt und zur Vermeidung von Transportwegen gibt es eine Kooperation zwischen dem nahegelegenen Kleingartenverein und dem Quartiersladen.

DIE SZENARIEN IN KURZFORM

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

27

Bullerbü 2.0 Die Schlieffenkaserne ist im Jahr 2030 ein weitläufiges nachhaltigkeitsorientier-tes Stadtquartier, das von ehemaligen Kasernengebäuden und von Obstbaum bestandenen Grünflächen geprägt ist. Der extensive Obstanbau ist unter anderem eine Reaktion auf die Klimaveränderung. Hierdurch haben sich auch Joint-Ventures zwischen regionalen Bio-Bauernhöfen, Urban Gardening Initiativen und dem Lebensmittelladen im genossenschaft-lich organsierten Quartier entwickelt. Ein Fitnessstudio trägt zur Energieversorgung des Gewächshauses bei und stärkt die gewachsene Gemeinschaft.

Lernende Gesellschaft Der gesellschaftliche Wandel hin zu einem nachhaltigeren, bewussteren Leben ist ein gutes Stück vorangekommen. Lebensmittel stammen wieder vor allem aus der Region. Kollektive und Synergien fördernde Mobi-litätsformen, wie etwa Carsharing, sind zur Normalität geworden. Das lebenslange Wohnen an einem Ort gehört der Vergan-genheit an. Dementsprechend haben sich auch flexiblere Vermietungs- und Eigen-tumskonzepte entwickelt. Die Gebäude wer-den als Materialressourcen verstanden, bei denen An-, Um- oder teilweise Rückbauten problemlos möglich sind. Arbeiten und Leben vor Ort ohne feste Grenzen zwischen beidem ist hier möglich und alternative Erwerbsformen, im Sinne einer Sharing- Economy, werden gefördert.

Gute Energien Die Nullenergiehaussiedlung auf dem Gelände umfasst auch eine große Zahl an Sozialwohnungen, wodurch die gesamte Breite der Bevölkerung angesprochen wird. Das Quartier zeichnet sich durch veränderbare Wohnstrukturen mit flexiblen Grundrissen für verschiedene Nutzungen aus, etwa für die Aufnahme von Großeltern oder die Einrichtung eines Home-Office. Die Nutzung von privaten PKWs wird durch extrem hohe Kosten für private Stellplätze und eine autofreie Innenstadt erschwert, der Fahrradverkehr und ÖPNV hingegen werden stark gefördert. Die Einführung von privaten CO2-Konten nach dem Prinzip des lange bekannten Emissionshandelns steht 2030 in Lüneburg kurz bevor.

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

28

DIE BEWERTUNG DER VARIANTEN Nachdem die Szenarien erstellt sind, können die darin beschriebenen Planungsvarianten ver-glichen und deren Nutzen mit Blick auf eine nachhaltige Quartiersplanung bewertet werden. Dazu dient etwa eine Multikriterienbewertung basierend auf bestehenden Nachhaltigkeitskriterien sowie anhand einer Literaturrecherche.

Ergänzend oder alternativ können auch die Akteurinnen und Akteure selbst oder externe Exper-tinnen und Experten eine Bewertung vornehmen. Dies kann zum einen intuitiv geschehen. Zum anderen kann auch hier eine kriteriengestützte Bewertung erfolgen, in der die Kriterien nach den jeweiligen Präferenzen/Interessen/Werthaltungen gewichtet werden können. So lassen sich der Nutzen und die Wünschbarkeit von Szenarien aus der Perspektive Einzelner oder von Gruppen erschließen und diskutieren.

Eine Bewertung könnte zum Beispiel hinsichtlich der Reduktion der Zahl privater PKW im Quartier in verschiedenen Szenarien erfolgen. Hierbei gibt es mehrere Varianten mit unterschiedlichen Vor- und Nachteilen, etwa ein Verbot von PKWs im Quartier, hohe Stellplatzkosten, kostenfreie E-Bikes oder der Ausbau des ÖPNVs. Welche Variante den Bedürfnissen der Stakeholder am besten entspricht, kann dann etwa mittels der Bewertung von Kriterien wie „Kosten“, „Akzeptanz“, „Ver-träglichkeit“ oder „tatsächliche Reduktion der PKWs“ ermittelt werden. Im Projekt One Lüneburg wurde dieser Schritt dadurch ersetzt, dass die Szenarien bereits bei der Erstellung und Nachbereitung mit den Prinzipien einer nachhaltigkeitsorientierten Quartiersent-wicklung abgeglichen wurden (Kombination aus normativer und explorativer Szenarioentwicklung).

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

29

WEITERE INFORMATIONEN ZUR METHODE DER PLANUNGSCHARETTE:

Holman, P., Devane, T., und Candy, S., 2007. The Change Handbook: The Definitive Resource on Today‘s Best Methods for Engaging Whole Systems. San Francisco: Berrett-Koehler Publishers

MODELL PLANUNG UND UMSETZUNGSSTRATEGIEBasierend auf den Ergebnissen der vorhergehenden Schritte lassen sich in einem diskursiven Prozess eine Modellplanungen sowie Umsetzungsstrategien ableiten. Hierzu gibt es auch hilfrei-che Methoden wie beispielsweise das Back-Casting, bei dem Akteure von einem wünschenswerten Zustand ausgehen und diskutieren, welche Entscheidungsketten notwendig sind, um – von der Gegenwart beginnend – diesen Zustand zu erreichen.Um die Szenarien zu konkretisieren, wurden in One Lüneburg die am Workshop Teilnehmenden nach ihren Professionen und Arbeitsschwerpunkten in thematische Gruppen aufgeteilt. Die Er- stellung der Modellplanung wurde dabei durch gezielte Fragen unterstützt, etwa nach dem Quar-tierskontext, bereits vorhandenen materiellen und immateriellen Ressourcen oder den räumlichen Auswirkungen von einzelnen Ideen. Die Ergebnisse der einzelnen Gruppen wurden im Sinne einer Planungscharette immer wieder mit den anderen Gruppen rückgekoppelt. So werden Konflikte sichtbar und können gemeinsam bearbeitet werden. Die parallele Entwicklung von Ideen kann dabei helfen die Planungen einzelner Fachdisziplinen proaktiv abzustimmen. Im Unterschied zum isolierteren Vorgehen in anderen Planungsprozessen können somit die verschiedenen Ansprüche an Flächen, Gestaltung oder Technologien harmoni-siert werden.

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

30

Energie und RessourcenDas Energiekonzept der Modellplanung setzt daran an, Energieverbräuche möglichst zu vermeiden. Photovoltaik ist in die Gebäude integriert und kann eine Grundlast erzeugen. Möglich wäre auch der Einsatz von Speichertechnologien wie Bat-terien oder eine elektrische Quartiersflotte. Energiegenossenschaften oder Monitoring Systeme sollen für ein höheres Bewusstsein für Energieverbräuche sorgen – ein weite-res Einsparpotenzial. Zur Wärmeversorgung können verfügbare Potenziale vorhandener Blockheizkraftwerke genutzt werden.

Wohnen und Leben im Quartier„Wir wohnen bunt“ ist die zentrale Idee des Quartiers. Bunt bedeutet dabei vielfältig, flexibel, gemeinsam und anpassungsfähig. Ein Quartier wandelt sich ständig, der Wandel ist geprägt von den Bewohnern. Um sich daran anzupassen, können einige Flächen flexibel genutzt werden, um Raum für Experimente und Unvorhergesehenes zu schaffen. Autos und andere Güter können geteilt werden. Der Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln, gemeinsam nutzbaren Freiräumen, Sozialwohnungen, barriere-freien Gebäuden und Außenräumen sowie ein Verkehrssicherheitskonzept spielen hier eine wichtige Rolle.

DIE MODELL PLANUNG IN ALLER KÜRZE

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

31

MobilitätZiel der Modellplanung ist es, ein auto-armes oder partiell autofreies Quartier zu ermöglichen. Deshalb sollen über das Gebiet verteilt Parkgaragen entstehen. Im Gebiet kann zudem das Konzept einer Quartiersflotte erprobt werden. Die Flotte bietet verschiedene Autos, Räder und Transporter, welche gegebenenfalls als Elektroautos geplant werden. Das durchgrünte Quartier bietet zudem gute Voraussetzungen für Fußgänger und Fahrradfahrer. Ebenerdige, abschließbare Fahrradgaragen und Unterstände, bei denen ein Ausbau zur Ladestation für Pedelecs vorgesehen ist, soll das Konzept vervollständigen.

StädtebauAus städtebaulicher Sicht verfolgt die Modellplanung das Ziel, die bestehen-den Kasernengebäude weitestgehend zu erhalten. Bei einem Abriss sollte sich eine Neubebauung an den historischen Struk-turen orientieren. Wichtig ist, ein gutes Verhältnis zwischen Bebauung und Frei-raum zu definieren. Im Sinne des flächen-schonenden Bauens und dem Ziel eines gemischten Quartiers soll vornehmlich eine verdichtete Wohnbebauung entstehen, die Reihenhäuser und freistehende Stadthäu-ser ergänzen. Für die Bestandsgebäude ist es essentiell, die Umnutzungspotenziale in Wohnraum zu prüfen. Auch Optionen wie Mehrgenerationenwohnen, Studierenden-wohnungen, Kitas und Schulen sollten als Ergänzung der bestehenden Infrastruktur in Betracht gezogen werden.

Freiraum und ÖkologieDer Freiraum dient im Quartier nicht als Platzhalter zwischen einzelnen Gebäuden, sondern wird in vielerlei Hinsicht zum produktiven und multifunktionalem Raum. Freiräume sollen hier im ökologischen und sozialen Sinne effizient nutzbar gemacht werden. Eine moderate Nachverdichtung der Bebauung soll nicht zu zusätzlicher Versiegelung führen. Ein Teil der Flächen wird von den Bewohnern im Quartier gärtnerisch genutzt. Ein weitgehender Erhalt des Baumbestands ist selbstver-ständlich. Das anfallende Regenwasser wird als Gestaltungselement des Freiraums verstanden.

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

32

ENTWICKLUNG VON UMSETZUNGSSTRATEGIEN Nach der Modellplanung folgte im Projekt One Lüneburg ein weiterer Workshop mit dem Ziel, den Umsetzungsbezug der Planungen zu schärfen und mögliche Hindernisse aufzuzeigen. Hierzu arbeiteten die Teilnehmenden wiederum in vier Gruppen, die verschiedene Phasen einer Quartiers- planung repräsentierten: vorbereitende Planung, vertiefende Planung, Ausführung sowie Nutzung und Bürgervertretung.

Dieser Schritt trägt der Tatsache Rechnung, dass starke Interdependenzen zwischen den unter-schiedlichen Handlungsfeldern (räumlich) und Akteurshandlungen (zeitlich) im Lebenszyklus einer Quartiersentwicklung bestehen. Die Reflektion über Herausforderungen, welche in frühen Phasen des Planungsprozesses entstehen, aber deren Auswirkungen sich erst in späteren Arbeitsprozes-sen manifestieren, sollte hier durch gestärkt werden.

Die Gruppen entwickelten Anforderungen an die jeweils anderen Gruppen, um einen harmonisier-ten Planungsablauf zu ermöglichen und frühzeitig Herausforderungen bei der Implementierung von Nachhaltigkeitsaspekten zu begegnen. Dazu zählte etwa eine transparente Darstellung der Kosten.

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

33

DIE DOKU MENTATION DER WORKSHOPSIn den fünf Workshops im Projekt One Lüneburg wurde der gegenseitige Wissenstransfer zwischen den Projektpartnerinnen und Projektpartnern intensiviert. Sie haben auf den Veranstaltungen ein Nachhaltigkeitsverständnis erarbeitet und Synergien sowie Herausforderungen in der Planung und Umsetzung nachhaltigkeitsorientierter Stadtquartiere identifiziert.

Um die Ergebnisse der Workshops bestmöglich zu verbreiten und die Zusammenarbeit auch über den Projektzeitraum hinaus zu fördern, empfiehlt sich eine Dokumentation, die über ein Ergeb-nisprotokoll hinausgeht. In einer solchen Dokumentation sollten zum Beispiel die Ergebnisse der Szenarioanalyse zusammengefasst und durch die Organisatorinnen und Organisatoren der Workshops ausgewertet werden. Das Ziel ist dabei, die zentralen Aussagen der Szenarien zu identifizieren und darauf aufbauende Schlussfolgerungen zu formulieren.

Mögliche Fragen, an denen sich die Auswertung orientieren kann: — Welche Faktoren werden für die künftige Entwicklung als besonders wichtig eingeschätzt? — Welche Faktoren haben einen direkten Einfluss, welche einen indirekten? — Welche Akteure spielen in den Szenarien eine Rolle, welche nicht? — Welche Zusammenhänge werden in den Szenarien deutlich? — Was kann aus den erarbeiteten Szenarien für das diskutierte Thema gelernt werden? — Wie tragen die Szenarien jeweils zu einer Nachhaltigen Entwicklung bei?“

Auf ähnliche Weise können auch die andere Schritte/Workshops ausgewertet werden.

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE34

35

BEST PRACTICE-BEISPIELE NACHHALTIGER QUARTIERS ENTWICKLUNGIm Forschungsprojekt One Lüneburg wurden Referenz-Beispiele genutzt, um den Szenarioent-wicklungsprozess mit konkreten Ideen zu bereichern. Zudem dienten die Beispiele dazu, konkrete Umsetzungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Dabei sollte weniger die vorliegende Referenz kopiert, als vielmehr das zugrundeliegende Prinzip im Kontext einer nachhaltigkeitsorientierten Quar-tiersentwicklung verstanden werden. Auch die folgenden exemplarischen Einzelmaßnahmen aus Quartieren sollen die Potenziale nachhaltigkeitsorientierter Stadtquartiere verdeutlichen und sind als Anregungen zur Konzeptentwicklung zu verstehen.

Wasser als GestaltungselementIm Stadtteil Hannover Kronsberg dient eine naturnahe Regenwasserbewirtschaftung als wesent-liches Gestaltungselement des öffentlichen und privaten Freiraums. Anfallendes Regenwasser wird nicht möglichst schnell der Kanalisation zugeführt, sondern versickert vor Ort oder fließt in Rückhaltebecken. Der Umgang mit Wasser folgt strengen ökologischen Kriterien und trägt zur Verbesserung des Mikroklimas bei. Zugleich ist der Umgang mit Wasser ein Teil des Umwelt- bildungskonzepts für den Stadtteil.

Auf dem ehemaligen Flughafen Bonames in Frankfurt wurde ein kreativer Umgang mit der Ent-siegelung der ehemaligen Landebahn gewählt. Das Aufbrechen des Betons hat hier in Verbindung mit dem Aufsteigen des Grundwassers ein urbanes Biotop entstehen lassen.

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE36

37

Neue Wohnformen Das Konzept des One Lüneburg-Kompetenzpartners LivingHub (www.livinghub.de) steht für eine attraktive urbane Wohnkultur mit geringem Ressourcenverbrauch, in der auf die menschlichen Grundbedürfnisse nach Individualität und Gemeinschaft gleichermaßen eingegangen wird. Das Konzept ermöglicht nachhaltigkeitsorientiertes Wohnen mit vielfältigen Raumangeboten in Gemeinschaftsflächen – wodurch sich der Wohnflächenverbrauch pro Person reduzieren lässt. Ähnliche Ansätze bieten die Wohn-Base in Wien oder der QBUS in Düsseldorf.

Produktiver Freiraum„Pflücken erlaubt“ statt „Betreten verboten“ heißt es in Andernach im nördlichen Rheinland- Pfalz. Die Stadtverwaltung lässt seit einiger Zeit in öffentlichen Parkanlagen Gemüse, Obst und Kräuter anbauen – Bürgerinnen und Bürger dürfen sich an diesem Angebot bedienen. Der Anbau von Nutzpflanzen soll Wege zur gesünderen Ernährung aufzeigen und die Wertschätzung für regionale Lebensmittel steigern. Ein im Vergleich höherer Pflegeaufwand und damit verbundene weitere öffentliche Ausgaben entstehen nicht. Aber ein Mehrwert für Bürgerinnen und Bürger sowie Besuchende der „essbaren“ Stadt.

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

38

Soziale DurchmischungIm Freiburger Stadtteil Rieselfeld entstanden in vier nacheinander vermarkteten Bauabschnitten vielfältige Bauformen, bei denen auf eine soziale Durchmischung geachtet wurde. Damit die Grundstücksvergabe gesteuert werden konnte, wurde die Fläche kleinteilig parzelliert. Je Parzelle kamen fünf bis zehn Investoren zum Zug, darunter neben kommerziellen Bauträgern auch private Bauherren und Baugruppen. Im ersten und zweiten Bauabschnitt wurden zwei Drittel der Wohnungen nach sozialen Kriterien gebaut. Ein Drittel der Wohnungen wurde im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus finanziert, ein weiteres Drittel mithilfe von Sonderförderprogrammen im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus. Letzterer ist für Mieter reserviert, deren Einkommen bis zu 60 Prozent über der für Sozialwohnungen definierten Grenze liegt. Damit ist es der Stadt gelun-gen, preiswerten Wohnraum für sozial Schwächere zu schaffen – bei einer gleichzeitigen sozialen Durchmischung.

CO2-freie EnergieversorgungIm bayerischen Bad Aibling wurde ein ehemaliger Militärstützpunkt zu einem energieeffizienten Quartier mit Wohnen, Gewerbe und Dienstleistung umgebaut. Dabei wurden unterschiedliche Sanierungsstandards verwirklicht, vom Neu- bis hin zum Passivhausstandard. Auch das Nah- wärmenetz wurde modernisiert, hier stellen neben einer Holzhackschnitzelheizung auch Solar- kollektoren regenerative Wärme bereit, um den sommerlichen Wärmebedarf komplett solar zu decken.

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

39

EXKURS: TRANSDISZIPLINARITÄT ALS FORSCHUNGSANSATZNachhaltigkeitsprobleme sind in der Regel sehr komplex. Das gilt auch für die Frage, wie sich urbane Räume gestalten lassen, damit sie zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen. Bei Forschungsvorhaben, die zur Lösung dieser Probleme beitragen wollen, stoßen rein akademische Analysen teilweise an ihre Grenzen – vor allem wenn sie sich nur an einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen orientieren.

Transdisziplinäre Forschung nimmt daher die betrachteten Probleme als Ausgangspunkt und ver-knüpft zu deren Bearbeitung Wissen und Methoden aus verschiedenen Disziplinen und integriert das Erfahrungswissen relevanter Praxisakteure.

Bei der Erforschung des komplexen Themas „Nachhaltigkeitsorientierte Stadtquartiere“ be-rücksichtigten die Forscherinnen und Forscher im Projekt One Lüneburg daher unter anderem Erkenntnisse aus Architektur, Bauphysik, Landschaftsplanung, Ökologie, Soziologie und Stadt- planung. So generierten Forschung und Praxis im Rahmen eines wechselseitigen Lernprozesses Wissen zur nachhaltigen Quartiersentwicklung.

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE40

41

DIE FORSCHUNGSGRUPPE UND IHRE PARTNERINNEN UND PARTNERWie lassen sich Stadtquartiere planen, errichten und nutzen, sodass sie zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen? Das Forschungsprojekt „One Lüneburg – Nach-haltige Stadtquartiere“ um den Professor für transdisziplinäre Nachhaltigkeits- forschung Daniel J. Lang untersuchte dies von Januar 2013 bis Dezember 2014 an der Leuphana Universität Lüneburg.

PARTNERINNEN UND PARTNER SOWIE GÄSTE:

In der Region — Hansestadt Lüneburg — Ilmenaugarten GmbH & Co. KG, Lüneburg — Architekt Wolfgang Dimke, Lüneburg — C. Hasse & Sohn Inh. E. Rädecke GmbH & Co. KG, Lüneburg

— esyoil GmbH, Lüneburg — Niedersächsische Landgesellschaft m.b.H. (NLG), Geschäftstelle Lüneburg

— Ingenieursgesellschaft für Bau- und Vermessungswesen W. Odermann – H. Krause, Lüneburg

— Planungsbüro Holzbau + Zimmerei GmbH, Barnstedt

— Architektin Susanne Puschmann, Lüneburg — Immobilien Development und Beteili-gungsgesellschaft Niedersachsen mbH IDB & Co., Lüneburg

Überregional — BioRegional Development Group, London — coonet.me, Hamburg — enercity Contracting, Hamburg — LivingHub, Darmstadt

NACHHALTIGE STADTQUARTIERE

2015

04 ·

gedr

uckt

auf

Rec

yclin

gpap

ier

www.leuphana.de/inkubator-stadtquartiere

Leuphana Universität Lüneburg Forschungsprojekt „One Lüneburg – Nachhaltige Stadtquartiere“Innovations-Inkubator LüneburgScharnhorststr. 1 21335 Lüneburg

[email protected]

Das Projekt wird über den Innovations-Inkubator gefördert von: