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Nachrichten der ARL _ 02 / 2018 _ 48. Jahrgang DIGITALISIERUNG SMART CITY GESTALTEN Jens Libbe DIGITALISIERUNG UND MOBILITÄT Klaus J. Beckmann DIGITALISIERUNG UND ONLINE-HANDEL Frank Osterhage VERNETZTE NACHBARN Anna Becker, Kirsten Krüger, Olaf Schnur ZWISCHEN INFORMATIONSFLUT UND SAMMELWUT? Sarah Ginski DIGITALISIERUNG UND WISSENSGESELLSCHAFT IN DER ARL Martina Hülz, Martin Sondermann

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Nachrichten der ARL _ 02 / 2018 _ 48. Jahrgang

DIGITALISIERUNG

SMART CITY GESTALTEN Jens Libbe

DIGITALISIERUNG UND MOBILITÄTKlaus J. Beckmann

DIGITALISIERUNG UND ONLINE-HANDELFrank Osterhage

VERNETZTE NACHBARN Anna Becker, Kirsten Krüger, Olaf Schnur

ZWISCHEN INFORMATIONSFLUT UND SAMMELWUT? Sarah Ginski

DIGITALISIERUNG UND WISSENSGESELLSCHAFT IN DER ARLMartina Hülz, Martin Sondermann

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Nachrichten der ARL

Herausgeber: ARLAkademie für Raumforschung und Landesplanung Vahrenwalder Straße 247 30179 Hannover Tel. +49 511 34842-0 Fax +49 511 34842-41 [email protected] www.arl-net.de

Redaktion: Prof. Dr. Rainer Danielzyk (v.i.S.d.P.) Sprachliches Lektorat: C. M. Hein

Satz und Layout: G. Rojahn, O. Rose

Cover: © Adobe Stock – metamorworks

Druck:Linden-Druck Verlagsgesellschaft mbH 30453 Hannover

Dies ist das letzte Heft für 2018.Ab 2019 erscheinen die Nachrichten der ARL dreimal im Jahr.Die PDF-Version ist unter shop.arl-net.de frei verfügbar (Open Access).CC-Lizenz BY-ND 3.0 Deutschland

Heft 02/201848. JahrgangAuflage: 2200

ISSN 1612-3891 (Print-Version) ISSN 1612-3905 (PDF-Version)

Inhalt gedruckt auf 100% Recyclingpapier

Bitte beachten Sie:

Die Geschäftsstelle der ARL ist umgezogen!

Seit dem 17.12.2018 sind wir unter neuer Adresse zu erreichen:

Vahrenwalder Straße 247, 30179 Hannover.

Telefon und E-Mail bleiben unverändert.

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102 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L I N H A LT

EDITORIAL Rainer Danielzyk 2

AKTUELL Gemeinsam in sozialer VerantwortungGabriele Schmidt, Rainer Danielzyk 5

THEMA Smart City gestaltenJens Libbe 9

Digitalisierung und Mobilität – Chancen und Risiken für eine VerkehrswendeKlaus J. Beckmann 12 Digitalisierung und Online-Handel – Was verändert sich für die räumliche Planung?Frank Osterhage 17

Vernetzte Nachbarn – Wie wirken digitale Medien auf analoge Nachbarschaft?Anna Becker, Kirsten Krüger, Olaf Schnur 21

Zwischen Informationsflut und Sammelwut? Sarah Ginski 25

Digitalisierung und Wissensgesellschaft in der ARLMartina Hülz, Martin Sondermann 29

AUS DER ARL Digitale Transformation und gleichwertige räumliche EntwicklungChristian Strauß, Julia Diringer 32

UrbanRural SOLUTIONS.Themenschwerpunkt „Mobilität“Bernhard Koldert, Anna Jung, Saskia Reuschel 34

Der DaseinsvorsorgeatlasCharlotte Pusch, Gesine Nitsios 36

Transdisziplinarität in der ARLIna Peters 39

Die Rolle von Klein- und Mittelstädten als „windows of opportunities“Angelina Göb 40

Informations- und Initiativkreis RegionalplanungHans-Jörg Domhardt, Petra Schmidt-Kaden 42

Neuerscheinungen 44

Personen 47

AUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG Transdisziplinäre Forschungskooperationen im globalen MaßstabRunrid Fox-Kämper 49

Volkswagen-Stiftung bewilligt 920.000 Euro für Forschungsprojekt Nadir Kinossian 50

Neue Junior Research Group am IRS Felix Claus Müller 51

Förderkreis für Raum- und Umweltforschung Ausschreibung eines Forschungsauftrags 52

FRU-Infobörse 53

Ausgewählte Zeitschriftenbeiträge 54

Neuerscheinungen aus anderen Verlagen 58

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2 ED ITO RIA L 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

EDITORIAL

Liebe Leserinnen und Leser,

der Schwerpunkt dieses Nachrichten-Heftes ist der „Digita-lisierung“ sowie ihren weitreichenden Auswirkungen auf Raumstrukturen und unsere täglichen Raumnutzungen ge-widmet.

Digitale Anwendungen und Innovationen erzeugen rasant wachsende Datenmengen und immer neue Nut-zungs- und Anwendungsmöglichkeiten. Das erweitert den Wissensbestand zur Nutzung des Raumes, ermöglicht aber auch die digitale Erfassung, die Auswertung und die Kont-rolle sowie das Hacken oder den Missbrauch dieser Daten in einem bisher nicht bekannten Ausmaß.

Ohne die Risiken aus dem Blick zu verlieren, zeigt der Schwerpunkt vor allem Potenziale der Digitalisierung für unterschiedliche Handlungs- und Anwendungsfelder, für tägliche Raumnutzungen und die räumliche Entwicklung insgesamt. Diskutiert wird, welche Auswirkungen Digitali-sierung auf die räumliche Planung hat und wie sich digitale Veränderungsprozesse aktiv im Sinne einer nachhaltigen und sozial inklusiven Entwicklung nutzen lassen bzw. wel-che Rahmenbedingungen dafür notwendig sind.

Dabei bestimmt der Begriff „Smart City“ schon lange die öffentlichen und fachlichen Debatten. Doch welche Konzepte und Ideen werden in Deutschland in der Praxis tatsächlich bereits umgesetzt?

Der Beitrag von Dr. Jens Libbe vom Deutschen Insti-tut für Urbanistik leistet eine Bestandsaufnahme und zeigt aktuelle Anwendungsfelder und Grenzen smarter Vernet-zung in deutschen Städten auf.

Besonders dynamisch entwickeln sich technische In-novationen und digitale Anwendungen zudem im Mobili-tätsbereich. Prof. Dr. Ing. Klaus J. Beckmann, Mobilitätsfor-scher und u. a. ehemals Präsident der ARL, untersucht in seinem Beitrag, ob und wie die Digitalisierung von Fahrzeu-gen, Fahrwegen und Verkehr sowie die neuen Formen der Mobilität, die durch digitale Dienste und Endgeräte ermög-licht werden, die Chancen auf die Um- und Durchsetzung einer Mobilitäts- und Verkehrswende erhöhen und welche (neuen) Herausforderungen damit ggf. auch verbunden sind.

Frank Osterhage vom ILS, einer der Leiter der AG „Onlinehandel und Raumentwicklung“ der LAG NRW der ARL, bestätigt, dass der wachsende Online-Handel sich

räumlich bereits erheblich auswirkt und die städtischen Zentren auch weiter gravierend verändern wird. Er plädiert für neue Ideen und Visionen der Nutzungsmischung, um Innenstädte und Nebenzentren, die jenseits des stationä-ren Handels zugleich wichtige Orte der Begegnung, Kultur und Identifikation, aber auch der Produktion sowie der räumlichen Konzentration von Infrastruktur, Dienstleistun-gen und Verwaltung sind, zukunftsfähig zu gestalten.

Dr. Anna Becker, Kirsten Krüger und Dr. Olaf Schnur stellen die vom vhw e. V. beauftragte Explorationsstudie „Vernetzte Nachbarn“ vor. Die innovative Studie unter-sucht die sozialen Wirkungen digitaler Nachbarschafts-plattformen in Deutschland und belegt das Potenzial für lokale Begegnung, Kommunikation und Identifikation. Sie warnt aber auch vor den Gefahren erhöhter (lokal-)politi-scher Polarisierung. Der Beitrag schließt mit konkreten Handlungsempfehlungen an Politik und Praxis.

Der Beitrag von Sarah Ginski basiert auf den empiri-schen Untersuchungen eines DFG-Projektes an der RWTH Aachen und analysiert die Bedeutung und Reichweite, die Halbwertzeiten und das Zusammenspiel von Online- und Offline-Kommunikation in 50 dialogorientierten Stadtent-wicklungsprozessen.

Abschließend bieten Dr. Martina Hülz und Dr. Martin Sondermann von der ARL-Geschäftsstelle einen Überblick über die laufenden ARL-Aktivitäten zum Themenspektrum „Digitalisierung, Wissensgesellschaft und Raumwirkun-gen“.

Die Rubrik „Aus der ARL“ startet mit einem Beitrag zu digitaler Transformation und gleichwertiger räumlicher Entwicklung. Es folgen Ergebnisse aus dem Drittmittelpro-jekt UrbanRural SOLUTIONS, ein Rückblick auf das Som-merkolloquium zur Transdisziplinarität in der ARL und kur-ze Berichte zum Informations- und Initiativkreis Regional- planung sowie zur Rolle von Klein- und Mittelstädten für die Raumentwicklung.

In der Rubrik „Aus Raumforschung und -planung“ er-warten Sie wie gewohnt Neuigkeiten, Neuerscheinungen und Ausschreibungen.

Ich möchte dieses Editorial gerne nutzen, Dr. Gabrie-le Schmidt sehr herzlich dafür zu danken, dass sie bis zum 30.09.2018 die Stabsstelle Wissenschaftskommunikation

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302 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L ED ITO RIA L

der ARL geleitet und sich in diesem Rahmen ganz beson-ders für die Weiterentwicklung der ARL-Nachrichten einge-setzt hat. Mit Innovationsfreude, Ideenreichtum und Aus-dauer hat sie das Profil der ARL-Nachrichten erheblich geschärft und viele hoch interessante Ausgaben zu einem breiten Spektrum relevanter Fragen der Raumentwicklung realisiert. So sind die Nachrichten ein zentrales Element der Transferstrategie der ARL geworden, eine wichtige Brücke zwischen Forschung und Praxis, auf die wir vielfälti-ge und immer sehr positive Resonanz bekommen.

Mitte Januar 2019 hat Dr. Tanja Ernst, zuvor im ILS tätig, die Stabsstelle Wissenschaftskommunikation und da-mit auch die Redaktion der ARL-Nachrichten übernom-men. Ich begrüße Sie herzlich im Team der ARL-Geschäfts-stelle. Sie ist jetzt für alle redaktionellen Fragen Ihre Ansprechpartnerin.

Wir wünschen Ihnen eine anregende und informative Lektüre!

PRO F. D R . R A I N E R DA N I E L Z Y KGeneralsekretär der ARL

Tel. +49 511 [email protected]

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4 A K T U ELL 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R LAKTUELL

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502 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L A K T U ELL

„Gemeinsam in sozialer Verantwortung für Stadt und Land“ – so lautete der Titel des diesjährigen Stadtentwicklungs-politikkongresses in der Frankfurter Paulskirche. Und der Titel war Programm: Auch wenn wegen des akuten Woh-nungsmangels die Suche nach Möglichkeiten, in wachsen-den Städten schnell und ausreichend bezahlbaren Wohn-raum zu schaffen, im Zentrum stand, wurde vielfach gefordert, die unterschiedlichen Herausforderungen wachsender Städte auf der einen und schrumpfender Ge-meinden auf der anderen Seite nicht isoliert voneinander zu betrachten. Vielmehr gelte es, diese Aspekte als zwei Seiten derselben Medaille zu begreifen und die unter-schiedlich gelagerten Problemstellungen durch den Aus-bau von Stadt-Land-Kooperationen, durch integrierte Handlungsansätze und eine stärkere Verknüpfung der Wohnungs- und Verkehrspolitik zusammenzudenken und auch zusammen zu lösen.

In seiner Eröffnungsrede betonte Gunther Adler, Staatssekretär im Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat, wie wichtig es sei, Wohnungspolitik und Stadtentwicklung miteinander zu verbinden. Mehr bezahl-baren Wohnraum zu schaffen, sei dringend geboten. Den-noch gehe es um eine uneingeschränkte Betrachtungswei-se, denn Menschen wohnen nicht nur in ihren Wohnungen, sondern leben in Quartieren. Adler verwies auf den wenige Tage nach dem NSP-Kongress stattfindenden Wohngipfel im Bundeskanzleramt und hier insbesondere auf die ge-plante Anhebung des Wohngeldes sowie die Entbürokrati-sierung des Wohnungsbaus über eine Vereinheitlichung der Planungsverfahren.

Priska Hinz, Staatsministerin für Umwelt, Klima-schutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Hessen (und in dieser Funktion auch zuständig für Stadtentwick-lung und Wohnungsbau), forderte mehr Unterstützung des Bundes für den Bau bezahlbarer Wohnungen. Im Hin-blick auf das starke Gefälle zwischen der boomenden Rhein-Main-Metropole Frankfurt und dem strukturschwa-chen Nordhessen warb sie dafür, Wohnungsbau und Mobi-lität stärker im regionalen Zusammenhang zu denken und in beiden Bereichen die Städtekooperation weiter zu ver-tiefen. Hessen habe bereits ein eigenes Förderprogramm

für nachhaltige Wohnraumentwicklung aufgelegt und stelle 1,7 Milliarden Euro für die Schaffung von gefördertem Wohnraum bereit. Dennoch seien die Wohnungsnot in Großstädten wie Frankfurt und der Erhalt von lebenswer-ten Dörfern in infrastrukturschwachen Regionen nur in ei-ner gemeinsamen Anstrengung von Bund, Ländern und Kommunen zu bewältigen.

Wie eng die Wohnungsfrage an die Bodenpolitik ge-knüpft ist, machte der Frankfurter Planungsdezernent Mike Josef anhand von zwei Zahlen deutlich: Im Hinblick auf die Einwohnerzahl sei Frankfurt die fünftgrößte deutsche Stadt, im Hinblick auf die Fläche belege die Stadt hingegen

Gabriele Schmidt, Rainer Danielzyk

GEMEINSAM IN SOZIALER VERANTWORTUNG12. Bundeskongress Nationale Stadtentwicklungspolitik (NSP) vom 17. bis 19. September 2018 in Frankfurt am Main

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6 A K T U ELL 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

nur Platz 44 unter Deutschlands Städten. Mit anderen Wor-ten: Frankfurt ist viel dichter bebaut als andere Städte, der Spielraum der Stadtverwaltung, in die Stadtentwicklung und den Wohnungsmarkt einzugreifen, sei wegen des Man-gels an freien Flächen gering und werde durch Finanzspe-kulationen eines globalen Immobilienkapitals herausgefor-dert. „Wohnungspolitik ist die Schwester der Bodenpolitik“, so Josef; Bund, Länder und Kommunen müssten deswegen aufhören, Grundstücke zu Höchstpreisen zu verkaufen und stattdessen Flächen nach dem besten Konzept vergeben. Weiterhin forderte er den Bund auf, Kommunen stärker als bislang dabei zu unterstützen, auch in Gebieten ohne Be-bauungspläne und öffentlichen Grundbesitz soziale Belan-ge durchzusetzen, um kostengünstigen Wohnraum zu schaffen.

Die anschließende Podiumsdiskussion mit den Spre-cherinnen und Sprechern für Wohnen und Stadtentwick-lung der Fraktionen im Bundestag stand dieses Jahr ganz im Zeichen der Landtagswahlen in Bayern und Hessen und machte deutlich, welche gesellschaftspolitische Brisanz das Wohnungsthema mittlerweile entfaltet. So kritisierten die Sprecherinnen und Sprecher der Linken und von Bündnis 90/Die Grünen auch gleich zu Beginn die Zusammenset-zung des Wohnungsgipfels: Während sieben Verbände der Immobilienwirtschaft und vier Verbände der Baubranche eingeladen worden seien, seien Sozial-, Umwelt- oder Woh-nungslosenverbände gar nicht vertreten – noch nicht ein-mal „am Katzentisch“. Die anschließend vorgetragenen Statements spiegelten – wenig überraschend – u. a. die Dif-ferenzen in der aktuellen Bundesregierung wider.

NSP-Kongress im Schatten der RegierungskriseDie Turbulenzen in der Bundesregierung prägten auch den Auftakt des zweiten Tages: Die Rede von Minister Horst Seehofer wurde kurzfristig abgesagt. Stellvertretend eröff-nete der Parlamentarische Staatssekretär Marco Wander-witz den Kongress. Er betonte die Bedeutung der Städte- bauförderung für den sozialen Zusammenhalt und die nachhaltige Entwicklung von Kommunen und sicherte zu, diese auf Rekordniveau zu halten. Weiterhin arbeite das BMI daran, die deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2020 vor-zubereiten, u.  a. mit dem Ziel, eine aktualisierte Leipzig- Charta beschließen zu können.

Wie zuvor bereits Priska Hinz, betonte auch Volker Bouffier, Ministerpräsident von Hessen, in seinem Vortrag die doppelte Herausforderung, vor der das Bundesland ste-he: Wohnungsnot und steigende Mietpreise in boomenden Städten auf der einen, Abwanderung aus den infrastruktur-schwachen ländlichen Gebieten Nordhessens auf der ande-ren Seite. Mit der „Offensive für den ländlichen Raum“ ver-suche man deswegen, Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor bewusst in ländliche Gebiete zu verlegen. Darüber hinaus sei es gelungen, über die „Allianz für Wohnen“ alle wichti-gen Akteure der Wohnungswirtschaft an einem Tisch zu versammeln. Um Bauvorhaben zukünftig zu erleichtern, forderte Bouffier, die Bauverordnungen der Länder über

eine Musterbauordnung einander anzugleichen und die Ge-nehmigungsverfahren insgesamt zu verschlanken. Ferner müsse der Breitbandausbau im ländlichen Raum vorankom-men, damit er attraktiver für Gewerbeansiedlungen wird.

Stadt und GemeinschaftEinen ganz anderen Blick auf die aktuelle Problemlage bot Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin, Professor für Philosophie an der Ludwig-Maximilians-Universität München und ehemali-ger Kulturstaatsminister. In einem historischen Rückblick auf die Stadt der Antike, die Politeia, erläuterte er Platons Verständnis von Stadtentwicklung und (wirtschaftlicher) Gerechtigkeit. Kooperation und Tausch bildeten für Platon gleichsam die Basis für den über die familiäre Hausgemein-schaft hinausgehenden Zusammenschluss der Stadtbür-ger. Anschließend machte Nida-Rümelin unter Rückgriff auf Aristoteles deutlich, dass ein gelingendes soziales Mit- einander damals wie heute nicht voraussetzungslos ist, sondern in regelmäßiger gemeinsamer Praxis erlernt und in Gegensätze überwölbenden Riten und Bräuchen zelebriert werden muss. In Anbetracht der gegenwärtigen Demokra-tiekrise betonte er die integrierende und identitätsstiften-de Funktion von partizipativen Stadtentwicklungsprojekten und die symbolische Bedeutung von niedrigschwelligen Gemeinschaftserlebnissen wie z. B. Nachbarschaftsfesten.

Die Frage, wie Stadtentwicklung den sozialen Zusam-menhalt stärken könne, stand auch im Mittelpunkt der an-schließenden Podiumsdiskussion. Schnell bestand Einigkeit darin, dass angesichts der Größe heutiger Städte nicht die Stadt, sondern das Quartier den Referenzrahmen bilde. Prof. Dr.(I.) Elisabeth Merk, Münchner Stadtbaurätin und Präsidentin der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung (DASL), plädierte diesbezüglich dafür, das Quartier und damit auch die Stadt über einen qualitativ hochwertigen Städtebau „empathischer“ zu machen. Die Stadtpolitik müsse Räume der Begegnung und des gemein-schaftlichen Lebens fördern, z. B. durch die Bereitstellung von Grundstücken für gemeinschaftlichen Wohnungsbau. Markus Lewe, Präsident des Deutschen Städtetags und Oberbürgermeister der Stadt Münster, ergänzte in diesem Zusammenhang die Bedeutung von transformativen Or-ten, wie z.  B. Repair-Cafés und Gemeinschaftsgärten. Hans-Joachim Grote, Minister für Inneres, ländliche Räume und Integration des Landes Schleswig-Holstein und Vorsit-zender der Bauministerkonferenz, betonte die Bedeutung von sogenannten „dritten Orten“ für Begegnungen und ge-meinschaftliche Nutzungen (z. B. Sportvereine, Bücherei-en). Diese gelte es in ausreichendem Maße bereitzustellen – auch in Städten mit steigenden Mieten oder in schrump-fenden Gemeinden. Damit auch „ärmere“ Kommunen die-se Aufgaben wahrnehmen können, müssten sie stärker vom Bund unterstützt werden, so Roland Schäfer, Vizeprä-sident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes und Bürgermeister der Stadt Bergkamen.

Nach einem inspirierenden Einblick in die afrikani-schen Perspektiven der Stadtentwicklung durch Prof. Ed-gar Pieterse, Direktor des African Centre for Cities der Uni-

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702 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L A K T U ELL

versität Capetown, verkündete Marco Wanderwitz die Ergebnisse des Projektaufrufs der Nationalen Stadtent-wicklungspolitik. Anschließend wurden in sechs dezentral stattfindenden Arenen anhand konkreter Projektbeispiele aktuelle Themen der Stadtentwicklung diskutiert. Der zwei-te Kongresstag endete mit internationalem Streetfood im Frankfurter YARD – eine Zwischennutzung in einer Markt-halle in der östlichen Innenstadt Frankfurts.

Insgesamt machte die Veranstaltung deutlich, dass die Herausforderungen in der Wohnungs- und Stadtent-wicklungspolitik nur über ressortübergreifendes Handeln – hier insbesondere über eine stärkere Zusammenführung von Stadtentwicklungs- und Verkehrspolitik – und durch den Ausbau von Stadt-Umland-Kooperationen zu lösen sind. Umso bedauerlicher, dass das Ministerium für Ver-kehr und digitale Infrastruktur beim diesjährigen NSP-Kon-gress nicht anwesend war. Bleibt zu hoffen, dass dies im nächsten Jahr anders sein wird.

D R . G A B R I E LE SCH M I DTSRL – Vereinigung für Stadt-, Regional- und Landesplanung

Tel. +49 30 [email protected]

PRO F. D R . R A I N E R DA N I E L Z Y Kist Generalsekretär der Akademie für Raum-forschung und Landesplanung (ARL) und Hochschullehrer an der Leibniz-Universität Hannover.

Tel. +49 511 [email protected]

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8 TH EM A 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R LTHEMA

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902 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L TH EM A

Diskutiert wird über die „Smart City“ schon lange. Es han-delt sich dabei im Kern um eine Stadt, in der systematisch Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) eingesetzt werden, um neuartige Lösungen für ganz unter-schiedliche Bereiche der Stadtentwicklung bereitzustel-len. Die Intelligenz dieser Lösungen drückt sich nicht allein in der Digitalisierung von Prozessen und Produkten aus, sondern vor allem auch dadurch, dass – so die Erwartung – durch IKT-basierte Angebote die Lebensqualität der Bür-gerinnen und Bürger erhöht, die Energie- und Ressourcen- effizienz verbessert oder auch die Wettbewerbsfähigkeit der Städte gestärkt wird. Smarte Lösungen sollen mithin die Zukunftsfähigkeit der Städte unterstützen und Berei-che wie Gebäude, Energie oder Mobilität enger vernetzen (vgl. Libbe 2018).

Doch welche Konzepte und Ideen der Smart City wer-den in der Praxis tatsächlich realisiert? Nachfolgend wird ein Überblick über die gegenwärtige Umsetzung von Smart-City-Konzepten in deutschen Städten gegeben.

Anwendungsfelder smarter VernetzungDigitale Informations- und Kommunikationstechniken wer-den in ganz unterschiedlichen Bereichen der Stadtentwick-lung angewendet: In der öffentlichen Verwaltung geht es beispielsweise um die Reorganisation von Prozessen in Ver-bindung mit Formen von E-Government. Smarte Lösungen sollen es Bürgerinnen und Bürgern gleichermaßen wie Un-ternehmen ermöglichen, nahezu alle Dienstleistungen on-line abrufen zu können. Die Basis hierfür ist die Verfügbar-keit digitaler Identitäten und Signaturen, die den Zugriff auf miteinander kommunizierende Datenbanken erlauben. Mit Blick auf demokratische Teilhabe geht es zudem um For-men von Echtzeit-Nutzerinformationssystemen oder digi-tale Beteiligungsformate.

Doch nicht nur innerhalb des politisch-administrati-ven Systems, sondern auch weit darüber hinaus zeigen sich Anwendungsfelder. So werden im Bereich der Gebäude-technik und Gebäudeautomation digitale Mess-, Steue-rungs- und Regelsysteme eingesetzt, etwa um die Energie-versorgung oder Innenraumklimatisierung abzustimmen. In Bereichen von technischen Ver- und Entsorgungsinfra-strukturen der öffentlichen Daseinsvorsorge wiederum geht es um die bidirektionale Energiefluss- und Laststeue-rung (Smart Grid, Smart Meter, virtuelle Kraftwerke), die bedarfsgerechte Energiebereitstellung in Verbindung mit Demand-Side-Management, die steuerungstechnische Op-timierung des hydraulischen Systems der Kanalisation, die Erfassung von Umweltdaten und vieles andere mehr. Auch die räumliche Mobilität der in den Städten lebenden Men-

schen lässt sich digital gestützt intelligenter organisieren, wenn beispielsweise multimodales Mobilitätsverhalten er-möglicht, geteilte Mobilität unterstützt oder der öffentli-che Personennahverkehr gestärkt wird. Im Bereich der so-zialen Daseinsvorsorge wiederum sind exemplarisch der verbesserte Zugang zu medizinischer Beratung oder digita-le Bildungsformate zu nennen.

Mit all diesen Lösungen ist die Erwartung eines Aus-baus der digitalen Infrastruktur verknüpft, wobei es nicht nur um den Ausbau von Breitbandnetzen und Funkverbin-dungen geht, sondern auch um die stärkere Verbreitung von Geräten zur Datenerhebung und -übertragung. Ausge-hend von Art. 3 Abs. 1 (Gleichbehandlungsgebot) sowie Art. 20 (Sozialstaatsprinzip) des Grundgesetzes ist zu fra-gen, inwieweit es nicht einen Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf einen flächendeckenden Ausbau der digita-len Infrastruktur gibt, um am digitalen sozialen Leben teil-haben zu können. Derzeit ist mit Blick auf fehlende Netze gleichermaßen ein Markt- wie auch ein Politikversagen fest-zustellen (vgl. Beirat für Raumentwicklung 2017: 19). Die großen Telekommunikationsanbieter sind unwillig, eine flä-chendeckende Versorgung sicherzustellen, der Politik mangelt es an der regulatorischen Durchsetzung.

Jens Libbe

SMART CITY GESTALTEN

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10 TH EM A 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

Die Auseinandersetzung mit dem Smart-City-KonzeptIn einer Umfrage des Deutschen Städte- und Gemeinde-bundes (DStGB) aus dem Jahr 2018 erkennen rund 90 Prozent der Kommunen die Bedeutung des digitalen Wan-dels an, offenbaren aber auch, dass sie derzeit über keine geeignete Umsetzungsstrategie verfügen (Hornbostel et al. 2018). Das Deutsche Institut für Urbanistik hat mit Stand 2017 unter den 200 größten Städten Deutschlands rund ein Drittel identifiziert, die sich gezielt und umfassend mit dem Thema Smart City beschäftigen (vgl. Soike/Libbe 2018). Dies sind in erster Linie Großstädte. In Städten un-ter 100.000 Einwohnern – sie machen immerhin die unte-ren rund 60 Prozent der 200 einwohnerstärksten deut-schen Kommunen aus – lassen sich nur noch vereinzelt Projekte im Sinne der Smart City ausfindig machen.

Gerade weil die Digitalisierung so rasch voranschrei-tet und die Möglichkeiten des Einsatzes intelligenter Steue-rungstechnologien nahezu alle Bereiche des öffentlichen Sektors betreffen, besteht ein großer Bedarf am Austausch über Erwartungen und Erfahrungen. Dies fängt auf der Ebene der einzelnen Kommune an, wo die Relevanz des Themas längst nicht in allen Ressorts bereits voll erkannt ist. Es betrifft aber auch den interkommunalen Erfahrungs-austausch über Projekte, geeignete Kooperationspartner oder gangbare Umsetzungsschritte. Umgekehrt haben auch Telekommunikationsanbieter und Industrie ein star-kes Interesse daran, ihre Dienstleistungen und Produkte noch genauer mit den Anwendern abzustimmen. Hier be-steht Handlungsbedarf für den Bund und die Länder, im Rahmen von Digitalisierungsstrategien geeignete Plattfor-men für smarte Städte und Regionen zu organisieren und dabei eng mit den Kommunen und der Digitalwirtschaft zu-sammenwirken.

Nicht selten werden Projekte auch in Kooperation mit Akteuren aus der privaten Wirtschaft sowie aus dem Bereich von Technologieanbietern und IKT-Dienstleistern realisiert. Für die öffentliche Hand liegt dabei die Heraus-forderung darin, einerseits eine Innovationspartnerschaft einzugehen, sich andererseits aber nicht in die ausschließli-che Abhängigkeit einer spezifischen technischen Lösung zu begeben oder gar technische Lösungen zu installieren, die in ihren möglichen ökonomischen oder auch sozialen oder ökologischen Folgewirkungen nicht wirklich abgeschätzt sind. Zahlreiche Anwendungen der Smart City befinden sich derzeit im Stadium der Erprobung. Vielerorts werden Reallabore und Innovationslabore eingerichtet und geför-dert, um Experimentierräume für Innovation im öffentli-chen Sektor zu schaffen und gemeinschaftlich im Kreis von Wissenschaft, Technologieanbietern und Nutzern passfähi-ge Lösungen zu erkunden.

Die Rolle von Politik und VerwaltungDas Thema Smart City ist mit Blick auf den Kern von Ver-waltungshandeln im Grundsatz nicht neu. Digitale Verwal-tung und E-Government sind keine neuen Themen, bereits 2013 wurde ein „E-Government-Gesetz“ von der Bundes-regierung verabschiedet. Im Vergleich zu anderen europä-ischen Ländern mit einer ausgeprägten Politik der Digitali-

sierung öffentlicher Dienste, liegt Deutschland in der Umsetzung jedoch weit zurück. Eine flächendeckende di-gitale Verwaltungsstruktur ist nicht vorhanden. Bei dem verfügbaren Angebot handelt es sich meist um ein reines Informationsangebot, während die Online-Interaktion zwi-schen Bürgerinnen/Bürgern und Behörden ausbaufähig ist.

Ein Grund für die verzögerte Umsetzung liegt nicht zuletzt darin, dass die Gestaltung der Smart City quer liegt zu klassischen Ressortzuständigkeiten. Die Gestaltung der Smart City ist eine Querschnittsaufgabe über die verschie-denen Politik- und Verwaltungsbereiche hinweg. Zugleich müssen aber auch die einzelnen Ressorts ihre spezifischen Umsetzungsstrategien entwickeln. Damit verbindet sich das bekannte Problem, dass bestehende Strukturen der öf-fentlichen Verwaltung oftmals im Widerspruch zu Innovati-on und Veränderung stehen, da sie hierfür nicht aufgebaut wurden. Fehlende Ressourcen in Form von Know-how, Zeit oder Geld bewirken ein Übriges. Nicht zu unterschätzen ist zudem, dass das Personal zumeist nicht über die nötigen digitalen Kompetenzen verfügt. Nach Jahrzehnten des Per-sonalabbaus ist die Situation in etlichen Verwaltungen an-gespannt; vielerorts ist das Personal überaltert und gehört damit nicht der Generation der „Digital Natives“ an.

Der vielfach zu hörende Ruf nach Installierung von Stabs- und Leitstellen bzw. eines „Digital Officer“ wird das strukturelle Problem nur begrenzt beheben können. Not-wendig ist stattdessen ein kultureller Wandel, der zum ei-nen digitale Kompetenzen zur Selbstverständlichkeit bei Personalrekrutierungen, Karrierewegen usw. werden lässt und zum anderen unproduktive Abgrenzungen von Zustän-digkeiten zwischen Ressorts auflöst. Insbesondere im Um-gang mit Daten wird deutlich, dass Prozesse konsequent von der zu erbringenden Dienstleistung und damit von möglichst einfachen Verfahren her zu denken sind. Die Bür-gerinnen und Bürger dürfen erwarten, künftig mehr oder weniger alle Verwaltungsdienstleistungen online abwickeln zu können, sieht man vielleicht von Eheschließungen oder Immobiliengeschäften ab. Der einfache digitale Zugriff auf öffentliche Dienstleistungen ist dabei nicht mit einer Ver-nachlässigung von Datenschutz und Persönlichkeitsrech-ten zu verwechseln. Vielmehr geht es um sichere Datenaus-tauschsysteme zwischen Verwaltungseinheiten und deren Datenbanken.

Kommunale Unternehmen als Innovatoren der Smart CityDie allermeisten smarten Lösungen im öffentlichen Sektor betreffen die Dienstleistungen von allgemeinem Interesse. Sie sind damit vor allem auch ein Gegenstand der wirt-schaftlichen Betätigung der Kommunen. Kommunale Un-ternehmen erfüllen einen öffentlichen (hoheitlichen) Auf-trag, der gemeinwohlorientiert ist und der Daseinsvorsorge dient. Die öffentliche Wirtschaft ist (im Grundsatz) allein öffentlichen Aufgaben verpflichtet, die sich aus öffentli-chen Interessen von Staat und Gesellschaft ableiten lassen. Sie ist zugleich kommunalwirtschaftlichen Schranken un-terworfen. So bedarf die wirtschaftliche Betätigung eines öffentlichen Zwecks. Dieser kann sich auf soziale oder öko-logische Zwecke, die Erschließung des Gemeindegebiets

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oder die Unterstützung von kommunaler Stadtplanung, Siedlungspolitik und Wirtschaftsförderung beziehen. Grundsätzlich dürfte der öffentliche Zweck einer wirt-schaftlichen Betätigung im Feld neuer IKT-basierter Ange-bote nicht im Wege stehen, da die Kommunen ein Interesse daran haben, ihre Leistungen zeitgemäß bereitzustellen. Grenzen könnten sich vor allem dort ergeben, wo neue An-gebote der Smart-City-Betätigung in unzulässige Konkur-renz zur privaten Wirtschaft treten (Beachtung des Subsi-diaritätsprinzips). Die rechtlichen Schranken der Bundes- länder sind hier unterschiedlich gesetzt. Die Auseinander-setzung um eine Beteiligung des Regionalversorgers Rhein-energie an einem auf Smart Services spezialisierten Dienst-leister zeigt exemplarisch, dass die Grenzen datenbasierter Geschäftsmodelle aktuell neu ausgelotet werden.

Unübersehbar ist jedenfalls, dass sich die Smart City unmittelbar auf die Geschäftsmodelle der kommunalen Un-ternehmen und Betriebe auswirkt, egal ob es sich nun um intelligente Netz- und Systemdienstleistungen im Bereich der Energieversorgung, smarte Services für Gebäude oder auch Angebote smarter Mobilität handelt. Die Digitalisie-rung verändert ganz grundsätzlich existierende Skalenöko-nomien und spaltet Wertschöpfungsketten auf. Zwischen Produktion und Konsum treten zunehmend internetbasier-te Plattformen und wecken aufgrund ihrer andersartigen Dienstleistungen die Aufmerksamkeit der Kunden. Für den öffentlichen Sektor hat dies dort Folgen, wo er in Konkur-renz zu privaten Marktakteuren steht: Strombörsen als Marktplatz dezentraler Energieversorgung oder Mobilitäts-plattformen zur Koordination von Mobilitätsangebot und -nachfrage bewirken einen raschen Wandel traditioneller Geschäftsmodelle. Welche Lösungen dabei auf Dauer pass-fähig sind, lässt sich kaum festlegen. So finden sich heute in der städtischen Energieversorgung zelluläre Lösungen, wie sie noch vor zehn Jahren kaum denkbar schienen. Umge-kehrt zeigt sich etwa im Bereich des plattformgestützten Car-Sharing, dass diese Dienstleistung zumeist erst ab einer Einwohnerzahl von 50.000 Einwohnern aufwärts anzutref-fen ist, da andernfalls die Nachfrage zu gering wäre.

Der Beitrag zur nachhaltigen StadtentwicklungDie möglichen Wirkungen der Smart City in Hinblick auf eine nachhaltige Stadtentwicklung sind bisher wenig unter-sucht. Gerade durch Effizienzgewinne können digitale Lö-sungen helfen, sowohl finanzielle als auch ökologische Res-sourcen zu sparen. Unter Berücksichtigung notwendiger Investitionen für eine optimierte und medienbruchfreie di-gitale Verwaltung sind beispielsweise relative Einsparungen für die Verwaltungen sowie für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen zu erwarten. Ihre tatsächliche Höhe ist indes schwer zu beziffern.

Nur wenig verallgemeinerbare Aussagen lassen sich derzeit auch in Hinblick auf intendierte oder nicht inten-dierte Umweltwirkungen von Ansätzen der Smart City tref-fen. Intelligente Lösungen besitzen vielfältige Potenziale, den Energie- und Ressourcenverbrauch oder auch den Mo-bilitätsaufwand zu minimieren sowie suffiziente Lebensstile und Wirtschaftsformen zu fördern. Bisher werden Umwelt-

ziele allerdings in Smart-City-Konzepten so gut wie nie quantifiziert. Sie lassen sich nur indirekt, beispielsweise über vorhandene Energie-, Klimaschutz- oder auch Mobili-tätskonzepte ableiten. Jedoch wird in der Begründung für einzelne Maßnahmen durchaus auf positive Effekte verwie-sen (etwa auf zu erwartende CO2-Einsparungen infolge ei-ner voll vernetzten LED-Straßenbeleuchtung mit Telema-nagementsystem). Ob diese Effekte sich dann in der längerfristigen Perspektive tatsächlich einstellen, ist eine andere Frage. Hier fehlt es derzeit an entsprechenden Be-wertungen. Aufgrund der Datenlage dürfte ein solcher Nachweis am ehesten bei energiebezogenen Anwendun-gen zu führen sein. Eine wichtige Unterscheidung in Hin-blick auf mögliche Umweltwirkungen ist dabei jene zwi-schen materieller Basis (Effekte durch Einsatz physischer Mittel zur Bereitstellung des Produkts / der Dienstleistung) und den hierauf aufbauenden Anwendungen (und damit den veränderten Nutzungsroutinen, die durch das Produkt bzw. die Dienstleistung ausgelöst werden). Derzeit gilt: Im-mer neue technische Geräte und der exorbitant steigende Datenumsatz bewirken auch größere ökologische Folge-kosten und schaffen immer neue Anreize zur Konsum- steigerung (Rebound-Effekt).

Literatur

Beirat für Raumentwicklung beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (2017): Empfehlung des Beirats für Raum- entwicklung: Smart Cities und Smart Regions für eine nachhaltige Raumentwicklung. 18. Legislaturperiode. Berlin.Hornbostel, Lorenz; Nerger, Michael; Wittpahl, Volker; Handschuh, Alexander; Salden, Janina (2018): Zukunftsradar Digitale Kommune. Ergebnisbericht zur Umfrage 2018. Berlin. https://www.iit-berlin.de/de/publikationen/zukunftsradar-2018 (28.05.2018)Libbe, Jens (2018): Smart City. In: Rink, Dieter; Haase, Annegret (Hrsg.): Handbuch Stadtkonzepte. Analysen, Diagnosen, Kritiken und Visionen. Stuttgart, 429-449.Soike, Roman; Libbe, Jens (2018): Smart Cities in Deutschland – eine Bestandsaufnahme. Berlin.

D R . J E N S LI B B E ist Leiter des Forschungsbereichs Infrastruk-tur, Wirtschaft und Finanzen am Deutschen Institut für Urbanistik (Difu), Berlin.

Tel. +49 30 [email protected]

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Die Digitalisierung von gesellschaftlichen und wirtschaftli-chen Prozessen verändert die Rahmenbedingungen für die Verkehrs- und Raumentwicklung. Es verändern sich Pro-duktionsprozesse („Automatisierung“) und Kommunikati-onsvorgänge. Neben der Ausstattung von Einzelpersonen und Haushalten mit PCs und Smartphones zeigt vor allem deren Einsatz im Verkehrsbereich eine hohe Dynamik: in der Digitalisierung von Fahrzeugen und Fahrwegen, in der Automatisierung von Fahrzeugen wie auch in der Verände-rung der Mobilitäts-/Transportnachfrage. Die möglichen Effekte wie Substitution physischen Verkehrs durch Kom-munikation („virtueller Verkehr“), Induktion zusätzlichen Verkehrs durch Fernkontakte, modale Verlagerung auf an-dere Verkehrsträger und Effizienzsteigerung sind hinsicht-lich der Wirkungsausrichtung und -intensität bisher kaum empirisch belegt. Einflüsse des Einsatzes von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) auf Verkehr – in der Folge auch auf Raumstrukturen, Standortmuster, Um-weltqualitäten und Stadtqualitäten – sind noch offen (vgl. acatech 2015, Beckmann 2019). Für die Wirkungen der digitalen Innovationen spielen gesellschaftliche, politische, rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen eine entscheidende Rolle.

Fahrzeuge, Fahrwege und Verkehr – bewährte Einsatzbereiche der DigitalisierungEs gibt fast keine Fahrzeuge – weder Personen- und Last-kraftwagen noch Busse, U- und S-Bahnen –, die nicht schon heute zu ihrem Betrieb vielfältige Elemente der Digitalisie-rung und Automatisierung einsetzen: die elektronische Steuerung der Zündung und Einspritzung in Verbrennungs-motoren, die Start- und Abschaltautomatik, die Schließ- und Sicherungssysteme, das ABS (Anti-Blocker-System) und das ESC (Electronic Stability Control), zunehmend aber auch Assistenten zur Abstandhaltung, zur Spurhaltung oder zum Einparken. Die notwendigen Informationen wer-den durch Detektion in Echtzeit erhoben und/oder in Echt-zeit bereitgestellt. So können Geschwindigkeitsbegrenzun-gen in Straßenabschnitten automatisch kontrolliert und Überschreitungen vereinfacht sanktioniert werden. Rechtsabbiegehilfen für Fahrer von Lastkraftwagen können zur Vermeidung von Unfällen mit Fahrradfahrern durch elektronische Detektions- und Warnhilfen ebenso einge-setzt werden wie zur Vermeidung von Unfällen mit Fahrrad-fahrern durch das Öffnen von Fahrzeugtüren.

Dies gilt für andere Verkehrsmittel gleichermaßen: Autopiloten in Flugzeugen, Steuerung des hybriden Mus-kel-Elektro-Antriebs von Pedelecs, Strommanagement in U-/S-Bahnen, Stadt- oder Straßenbahnen sowie Elektro-bussen.

Der Verkehrsbereich weist somit schon viele Jahre – auch vor der massenhaften Verbreitung von intelligenten individuellen Kommunikationsgeräten („Smartphone“) – einen hohen Grad an Digitalisierung für Fahrzeuge, Fahrwe-ge und Anlagen auf: adaptive Steuerung von Signalanlagen an Kreuzungen, Steuerung des Betriebs in Verkehrstunneln und Parkhäusern, Zugkontrollsysteme wie ETCS („Europe-an Train Controlling System“), Flugsicherung und Flugfüh-rung, Stau- und Verspätungsmeldungen. Das Smartphone wird zur Informationsplattform und zur individuellen Mobi-litätszentrale.

In großen deutschen und europäischen Forschungs-programmen (z. B. PROMETHEUS 1993, „Mobilität in Bal-lungsräumen“ 1998) standen Möglichkeiten der Digitali-sierung, der Lenkung und Steuerung des Verkehrs – auf der Basis von Echtzeit-Informationen – im Vordergrund: Telematik als Verknüpfung von Telekommunikation und In-formatik. Wesentliche Ziele sind: Erhöhung der Verkehrs-sicherheit, Effizienzsteigerung durch Ausschöpfung der Kapazitätsreserven von Anlagen oder durch zeitliche oder räumliche Verkehrsverlagerung, Umweltschutz durch Har-monisierung des Verkehrsflusses und/oder durch modale Verkehrsverlagerung auf umweltverträgliche(re) Ver-kehrsmittel des Umweltverbundes (ÖPNV, Fuß- und Rad-verkehr).

Informationen über Verkehrszustände und Trans-portangebote, aber auch über Mitfahrgelegenheiten, Sha-ring-Angebote u. a. können zu Veränderungen individuellen Mobilitätsverhaltens genutzt werden (Routenwahl, Ver-kehrsmittelwahl, Wahl der Transportzeitpunkte). Insge-samt werden durch digitale Verkehrsinformationen zeitli-che und räumliche Bindungen gelockert, was zu einer erweiterten Wahlfreiheit führen kann (vgl. auch Konrad/Wittowsky 2016).

Navigation, Verkehrssteuerung, Verkehrstelematik und Vernetzung von Verkehrsmitteln sind die Ziele der Digi-talisierung. Dabei steigt zunehmend die Dichte der verfüg-baren Informationen über Verkehr durch deren Erfassung mithilfe automatisierter – bis hin zu „autonomen“ – Fahr-zeugen, aber auch durch fahrwegseitige und luftseitige Er-

Klaus J. Beckmann

DIGITALISIERUNG UND MOBILITÄT – CHANCEN UND RISIKEN FÜR EINE VERKEHRSWENDE

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fassungen (Drohnen, Satelliten). Insgesamt kommt im Verkehr vermehrt „Künstliche Intelligenz“ (KI) zum Ein-satz, die Erhebungen, Auswertungen, Analysen, Echtzeit-prognosen und Optimierung der Verkehrsvorgänge er-möglicht bzw. erleichtert. Der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) dient auch der Ver-netzung verschiedener Verkehrsmittel und der Automati-sierung von Fahrzeugen und Verkehrsvorgängen.

Der Verkehrsbereich hat auch vielfältige intersektora-le Kooperationen angestoßen bzw. forciert:

> Einsatz von Fahrzeugbatterien in „Smart-Grid-Netzen“ der dezentralen Stromversorgung und -speicherung, in die Batterien als Antriebsaggregate für Fahrzeuge oder auch als Zwischenspeicher zur Rückspeisung ins Netz eingebunden werden

> Verknüpfung von Smart-Home-Systemen (Sicherungs- und Schließanlagen, Haushaltsgeräte, Klimaanlagen usw.) mit Smart-Mobility-Systemen über IKT

> Vernetzung in Smart-Mobility-Systemen zur Prüfung der Verfügbarkeit, zur Reservierung, zur Abrechnung, zu Wartungsüberwachungen von Leih- und Sharing-Fahr-zeugen, aber auch von Parkplätzen usw.

Smart-City-Konzepte (vgl. Libbe in diesem Heft) stellen einen wichtigen Rahmen für Smart-Mobility-Ansät-ze dar. Mobilität ist neben anderen ein zentrales Teilsystem in einer Smart City: Gebäude und Wohnungen, Produkti-on, Ernährung, Ressourcenwirtschaft, Services und Dienstleistungen, Politik und Verwaltung, Energie, Wärme, Gesundheit, Bildung, Umwelt, Sicherheit, Wasser, Abwas-ser, Abfall usw. Smarte Stadtentwicklung dient der Ener-gie- und Ressourceneffizienz, dem Ressourcenschutz und der Klimaneutralität, der Flächeneffizienz und der Sicher-heit. Voraussetzungen sind ubiquitäre Informationssyste-me, hochwertige Informationsübertragungen, Vernetzun-gen öffentlicher und privater Angebote, intra- und inter- sektorale Vernetzungen. Dezentrale Infrastrukturen und dezentrale Verantwortung und Steuerung setzen informa-tionsgestützte Vernetzungen voraus.

Elemente einer „Smart Mobility“ sind:

> Echtzeit-Verkehrs(angebots/zustands)-Informationen

> nachfragegesteuerte Verkehrsangebote und -dienste

> Mobilitätspunkte zur intermodalen physischen Verknüp-fung von Verkehrsmitteln

> Sharing-Angebote

> (teil-)individualisierte öffentliche Verkehrsmittel

> automatisierte bis autonome Fahrzeuge

> neue Antriebsformen (Elektro, Hybrid usw.)

Digitale Dienste und Endgeräte als Basis für neue Formen der MobilitätZunehmend werden Verkehrsangebote einzelner Verkehrs-mittel intramodal wie auch intermodal/multimodal (ver-kehrsmittelübergreifend) daten-und informationsgestützt vorbereitet, abgewickelt, begleitet wie auch nachbereitet. Dazu werden Vorgänge und Zustände von Fahrzeugen und Fahrwegen durch Sensorik der Fahrzeuge detektiert (Inf-rarot, Radar, Lidar, Ultraschall usw.). Hinzu kommen fahr-wegseitige Detektionsanlagen (Schleifen, Infrarot, Video- Aufnahmen, GPS usw.). Zur Einordnung und Interpretati-on der Informationen bedarf es einer digitalen Abbildung der Verkehrsräume/-anlagen und vor allem einer Interpre-tationslogik („Künstliche Intelligenz“) zur Identifikation von Fahrzeugen, Fahrrädern, Fußgängern, spielenden Kin-dern, Anlageelementen, Hindernissen usw., aber auch von deren Bewegungen nach Richtung, Geschwindigkeiten und Verläufen, um Reaktionen wie Abbremsen, Ausweichen, Abgabe von Warnsignalen zu ermöglichen.

Die über Smartphone als „individuelle Mobilitätszent-ralen“ vermittelten Informationen beziehen sich vor allem auf

> Verkehrs-/Transportangebote (Wege/Routen, Bedie-nungshäufigkeiten, Kapazitäten/Staus, Preise, Kosten, Qualitätsmerkmale (z. B. Gepäckbeförderung) …) sowie

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> Bestell- und Koordinationsfunktionen (Taxi, Anruf Sam-meltaxi, Car-Sharing-Fahrzeug, Leih-Fahrrad, Leih-Pe-delec, Parkraum …).

Die bislang weitgehendste Form der Digitalisierung und der Nutzung künstlicher Intelligenz sind Fahrzeuge un-terschiedlicher Automatisierungsstufen und letztlich „au-tonome“ Fahrzeuge, in denen Fahrer schrittweise die Len-kungs- und Überwachungsaufgaben an die künstliche Intelligenz im Fahrzeug und/oder im Fahrweg abgeben. Au-tonome Fahrzeuge setzen keine Rückfallebenen durch Ein-griff des „Fahrers“ bei den Bewegungsvorgängen voraus, sondern schließen diese sogar aus. Dies ermöglicht allen Fahrzeuginsassen während des Transportvorganges ande-re Aktivitäten wie Kommunikation, Nutzung von Funk und Fernsehen, Nutzung von Internetdiensten, also auch Arbeit u.  Ä. Diese Fahrzeuge können von einem Parkplatz kom-mend die Fahrgäste abholen, zu einem Ziel transportieren und sich evtl. ohne Fahrgäste zu einem geeigneten Park-platz bewegen oder auch andere Fahrgäste abholen. Dies erscheint für den Transport von Personen ebenso möglich wie für den Transport von Gütern.

Der Aufwand für das Lenken und Abstellen von Fahr-zeugen kann „objektiv“ und vor allem „subjektiv“ stark re-duziert werden, sodass sich die Attraktivitätsrelationen zwischen Personenkraftwagen, Taxis, ÖPNV oder auch nichtmotorisierten Fahrzeugen stark verschieben können, was im Personenverkehr zu (unerwünschten) Rückverla-gerungen vom Umweltverbund (ÖPNV, Fahrradverkehr, Fußgängerverkehr) zum motorisierten Straßenverkehr führen kann. Dies hätte erhebliche negative bzw. kontra-produktive Auswirkungen auf Straßenraum- und Stadt-qualitäten, auf verkehrsverursachte Umweltbelastungen. Mögliche Erleichterungen der Erreichbarkeit peripherer und suburbaner Siedlungsstandorte können unerwünsch-te Siedlungsformen stärken oder diese stabilisieren wie Suburbanisierung, Siedlung in Achsen-Zwischenräumen. Dies gilt für Wohngebiete wie auch für Gewerbegebiete und Standorte von Großeinrichtungen des Handels und der Freizeit (vgl. Beckmann 2019; Beckmann/Sammer 2016).

Veränderungen des Mobilitätsverhaltens – Substitution, Induktion oder Neutralität?Die Möglichkeiten des Ersatzes physischer Mobilität durch virtuelle Mobilität lassen Mutmaßungen über Veränderun-gen des Mobilitätsverhaltens zu. Ursachen sind auch verän-derte Arbeitsformen wie Home-Office, wodurch Arbeits- pendlerwege verändert oder verringert, aber auch Dienst-reisen ersetzt werden können (Arbeit im Internet, Tele-fon-/Video-Konferenzen). Der physische Besuch von Schu-len und Ausbildungswege können gegebenenfalls durch Einsatz von Lehr- und Lern-Software, durch Video-Teilnah-me an Unterrichtseinheiten ersetzt werden. Einkäufe wer-den mit einem steigenden Anteil – je nach Warengruppe 15–20 % – online getätigt (e-commerce). Sie werden durch Lieferungen nach Hause (Kurier-, Express-, Postdienste KEP) umgesetzt. Soziale Kontakte erfolgen zum Teil per

Telefon (Festnetz, Mobilnetz) oder per Internet und erset-zen physische Wege. Aktionsräume mit Arbeits- und Aus-bildungsplätzen, Einkaufs- und Freizeitgelegenheiten und Orten sozialer Kontrolle werden flexibler und größer.

Bisher gibt es unterschiedliche – jedoch allenfalls an-satzweise empirisch überprüfte – Hypothesen zu den Mo-bilitätswirkungen:

> Ersatz physischer Wege durch virtuelle Wege wegen der Möglichkeit einer Reduktion von Kosten- und Zeitbelas-tungen („Substitutions-Hypothese“)

> Anstoß bzw. Verursachung von zusätzlichen Wegen und vor allem Wegen über größere Entfernungen durch IKT-gestützte Kontakte zu Menschen, Organisationen, Einrichtungen und Orten in großer Entfernung („Induk-tions-Hypothese“)

> Umstrukturierung des Mobilitätsverhaltens mit Substi-tutions- und Induktionseffekten bei annähender Kons-tanz des Wege- und Zeitaufwands und Wechsel der Ver-kehrsmittel („Modifizierungs- und Neutralitäts-Hypo- these“)

Dazu kann auf ausgewählte Arbeiten verwiesen wer-den von Lenz/Fraedrich (2015), Boesch et al. (2015), Mokhtarian (1991; 2009), Heinrichs (2015), Friedrich (2015), Wehner (2017), Konrad/Wittowsky (2016), Reutter/Wittowsky (2018). Zur Prüfung der Hypothesen bedarf es einer Erweiterung bisheriger Mobilitätserhebun-gen (SrV System repräsentativer Verkehrserhebungen; MiD Mobilität in Deutschland) durch Erhebung und Analy-se der Ausstattung von Haushalten mit IKT-Geräten und -Diensten und deren Nutzung im Zuge von Arbeits-, Aus-bildungs-, Einkaufs-, Freizeit- und Kontaktaktivitäten.

Mit diesen veränderten Optionen für Kontakte und Aktivitäten können sich auch die Attraktivität von Standor-ten und damit Siedlungs- und Raumordnungsmuster verän-dern. Insgesamt deuten sich eine Lockerung von individuel-len Standortbindungen physischer Art und eine Aus- dehnung von Aktionsräumen an. Raumnutzungen und Ver-kehrsverhalten können individuell erweitert, effizienter ge-staltet und vor allem durch vorbereitende bzw. begleitende Informationsketten erleichtert werden. Unter der Annah-me modaler Verlagerungen zum Umweltverbund und/oder zu umweltverträglichen Betriebsformen durch Elektro-/Hy-brid-Antriebe und Mitfahr-, Pooling-/Sharing-Angebote können Beiträge zur Förderung der Umweltverträglichkeit und der Ressourcensparsamkeit von Verkehrsvorgängen geleistet werden (Reduktion von CO2-, NOx-, Lärm-Emissi-onen).

Wie die Effekte von Internet-Bestellungen („On-line-Handel“) zeigen, können parallel kontraproduktive Wirkungen entstehen. Personenmobilität zu Einkaufsgele-genheiten – zum Teil mit Käufen mehrerer Güter („multi- funktionale Einkaufswege“) – wird nicht nur zunehmend ersetzt durch Paketlieferungen mit zum Teil nur einer Ware, sondern ist auch noch verbunden mit hohen „Re-

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toure-Anteilen“ (bis zu 60 % in Abhängigkeit vom erwor-benen Gut) und damit mit hohem Güterverkehrsaufkom-men und hohen Güterverkehrsleistungen.

Erweiterte Wirkungen der automatisierten Verkehre können sich vor allem in verdichteten Räumen der Metro-polen oder Großstädte – bei Vielfalt der Transport- und Vernetzungsangebote – ergeben. In dünn besiedelten ländlichen Räumen, in denen seltene Verkehrsangebote verschiedener Verkehrsträger bedarfsgerecht verknüpft werden (müssen), können durch Einsatz von IKT Trans-portangebote sichergestellt werden, die für die Bewohner eine Teilnahme und für Unternehmen Austauschprozesse sicherstellen. In ländlichen Räumen können digitale Ange-bote im Versorgungsbereich (Bestellen von Waren im On-line-Handel …), im Gesundheitsbereich (Gesundheits-überwachung, Notrufsysteme, Bestellung/Lieferung von Medikamenten …) oder im Bildungsbereich (Tele-Lear-ning, Online-Übertragung von Lehrveranstaltungen …) ganzheitlich Lebensqualitäten sicherstellen oder verbes-sern. Diese digitalen Dienste und Leistungen können zu-meist sehr viel kurzfristiger und schneller angepasst wer-den als bauliche Anlagen der Infrastrukturen und der Fahrzeugbereitstellung.

So wird der Online-Handel dramatisch wachsen mit reduzierten Bedarfsfahrten, aber steigenden Lieferfahrten und einhergehen mit Leerstand und Aufgabe von Geschäf-ten (vgl. auch Osterhage in diesem Heft).

Datenschutz und DatensicherheitMit der Nutzung von Internet-Optionen zum Kauf und/oder zur Information wie auch mit dem Einsatz von Apps zur Or-ganisation von Verkehrsvorgängen (Verbindungs-Apps, Car-Sharing-Apps, Einkaufs-Apps …) wird häufig durch den Nutzer die Bereitschaft erklärt, die Buchungen o. Ä. aus-werten zu lassen, sodass Käufer- und Kunden-Profile er-stellt werden können. Dies bedeutet, dass Handlungen/Be-dürfnisse/Präferenzen von Käufern und Kunden „trans- parent“ werden und auch für andere Leistungen „adres-siert“ werden können. Außerdem können Profile der Ver-kehrsabläufe, Wege, Aktionsräume – möglicherweise auch Orte und Arten der Aktivitäten – erstellt werden. Hier be-steht die Gefahr einer Fehlnutzung.

Die Gewinnung und Verwertung von Daten und Infor-mationen sowie deren Speicherung (Big Data, Crowd Sourcing, Clouds …) eröffnet Optionen für neue Dienste, für innovative Produkte. So wird die Art des Unterwegsseins ebenso beeinflusst wie die Erreichbarkeiten und die zeitli-chen Bindungen für Aktivitäten. Systemgrenzen der Ver-kehrsmittel – öffentlicher Verkehr und Individualverkehr, nichtmotorisierter Individualverkehr – werden permeabel bzw. vernetzt. Es entsteht ein Interesse an einem zuneh-menden Austausch personenbezogener Daten, der Daten privater und der Daten öffentlicher Dienste. So stellt die Bundesanstalt für Straßenwesen BAST einen „Marktplatz für Verkehrsdaten MDV“ bereit. Gerade öffentliche Träger stehen der Bereitstellung von Daten – z. B. Verkehrszählun-gen, Daten von Signalanlagen und Verkehrszuständen, Mo-bilitätsdaten – jedoch skeptisch gegenüber, insbesondere

wenn Private/Kommerzielle diese Daten zu Diensten „vere-deln“ und nur gegen Entgelte den Verkehrsteilnehmern zur Verfügung stellen.

Die Verstärkung der Prozesse elektronischer Steue-rung und Information ermöglicht vermehrte Eingriffe (durch „Hacker“) in diese Vorgänge. Begründete Beden-ken bestehen derzeit beispielsweise beim verstärkten Ein-satz von „automatisierten Fahrzeugen“, sodass Anforde-rungen des Datenschutzes und der Datensicherheit zunehmen (vgl. Rannenberg 2015; Beirat für Raument-wicklung 2017). Dies gilt insbesondere für Anbieter von In-formationsdiensten (z. B. Google, Apple) und von Mobili-tätsdiensten (z. B. Uber, Flinck). Zur Gewährleistung der Datensicherheit – z. B. gegen „Hacken“ von Informationen und Transportsteuerungen – wie auch des individuellen Da-tenschutzes sind Anstrengungen auf unterschiedlichsten Ebenen erforderlich.

Fazit: Chancen und Risiken, neue Treiber von InnovationenDie Erweiterung des „intelligenten“ und „vernetzten“ Ein-satzes von IKT im Verkehrsbereich, d.  h. die Verschmel-zung von physischer und virtueller Mobilität, wird in den nächsten Jahren weiter stark zunehmen und kann – bei entsprechenden flankierenden Rahmenbedingungen im Raumordnungs- und Städtebaurecht, Verkehrswege- und Verkehrsrecht, im Recht der Verkehrsfinanzierung, aber auch im Umweltrecht – wichtige Beiträge leisten zur Effizi-enzsteigerung des Verkehrs, zur Erweiterung der Trans-portoptionen und zur Verbesserung der Umweltverträg-lichkeit und Ressourcensparsamkeit des Verkehrs.

„Smarte Mobilität der Zukunft“ wird vermehrt infor-mierend (über Mobilitätsoptionen und -angebote, Ver-kehrszustände, Verkehrswirkungen), intelligent und ver-netzt erfolgen. Ihre Chancen liegen in verbesserter Zu- verlässigkeit der Verkehrsangebote durch geringere Stör-anfälligkeit, im Ersatz eines Ausbaus von Infrastrukturen durch intelligentes Nutzungsmanagement (mit den ent-sprechenden freiwerdenden finanziellen Kapazitäten) so-wie in einer verbesserten Umfeld- und Umweltverträglich-keit.

Die technologischen Entwicklungen zum (teil-)auto-matisierten oder sogar autonomen Fahren werden sich al-lenfalls mittelfristig, wohl eher langfristig durchsetzen. Der zukünftige Einsatz bedarf einer Einbindung in integrierte Gesamtverkehrskonzepte und der Vermeidung kontrapro-duktiver Effekte wie Rückverlagerungen vom „Umweltver-bund“ auf den motorisierten Straßenverkehr oder Seg-mentierung von Straßenräumen durch bauliche Ab- grenzung der Fahrstreifen (vgl. Beckmann 2019). Die er-warteten Vorteile bzw. Chancen wie Verbesserung der Ver-kehrssicherheit, Reduktion von Stellplätzen/Parkplatzbe-darf, Erhöhung der Leistungsfähigkeit von Verkehrsanlagen, Bequemlichkeit der Nutzung etc. müssen gegen die poten-ziellen Nachteile abgewogen werden. Der Einsatz automati-sierter Fahrzeuge wird sich vor allem auf monofunktiona-len Verkehrswegen (z.  B. Autobahnen, Fern- und Hoch- geschwindigkeitsstrecken der Züge) und in Metropolregio-

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Reutter, Ulrike; Wittowsky, Dirk (2019): Technologische Neuerungen und mögliche Folgen für Raum und Verkehr. In: Albrecht, J.; Holz-Rau, C.; Hülz, M; Reutter, U. (Hrsg.): Mobilität und Raumentwicklung im Kontext gesellschaftlichen Wandels. = Forschungsberichte der ARL. Im Erscheinen.Wehner, Peter (2017): Autonomes Fahren – Auswirkungen auf Ver-kehrs-, Stadt- und Infrastrukturentwicklung. Masterarbeit Bergische Universität Wuppertal.

U N I V.- PRO F. D R .- I N G . K L AU S J . B ECK M A N N führt das Büro „KJB.Kom Prof. Dr. Klaus J. Beckmann – Kommunalforschung, Beratung, Moderation und Kommunikation“, war wissen-schaftlicher und kaufmännischer Geschäfts-führer des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu, 2006 – 2013) und Präsident sowie Vizepräsident der ARL. Zurzeit verfolgt er ins-besondere die Themen Wohnungspolitik so-wie Mobilitätswende in Städten.

Tel. +49 1577 [email protected]

nen durchsetzen. Er entfaltet aber auch Potenziale in länd-lichen, dünn besiedelten Räumen, indem autonome Pkw das ÖPNV-Angebot ergänzen. Folge könnte jedoch mögli-cherweise eine unerwünschte Verstärkung suburbaner Siedlungsformen sein.

Erforderlich ist die Unterstützung aller erwünschten Wirkungen und eine frühzeitige Identifizierung und Vermei-dung (potenzieller) unerwünschter Wirkungen, um die Chancen für eine Mobilitäts- und Verkehrswende zu nut-zen. Dazu müssen die Ziele einer Verbesserung der Stadt- und Stadtraumqualitäten im Vordergrund stehen.

Literatur

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1702 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L TH EM A

Der Einzelhandel hat seit jeher eine große Bedeutung für die Raumentwicklung. Die Gründung und der Aufstieg vie-ler Städte ist auf ihre Handelsfunktion zurückzuführen. Und bis heute spielt der Einzelhandel eine wichtige Rolle für die Herausbildung und Vitalität von Zentren, die oft das Bild von Städten, Stadtteilen und Dörfern wesentlich prägen. Vor diesem Hintergrund ist es gut nachvollziehbar, dass die räumliche Planung seit mehreren Jahrzehnten große An-strengungen unternimmt, um die Einzelhandelsentwick-lung zu steuern. Im Laufe der Zeit ist ein umfangreiches In-strumentarium entstanden, mit dem integrierte Standorte vor schädlichen Auswirkungen durch neue Vorhaben auf der „grünen Wiese“ und in peripheren Lagen geschützt werden sollen.

Mit dem Online-Handel ist in den letzten Jahren ge-wissermaßen eine weitere Standortkategorie im virtuellen Raum hinzugekommen. Große Teile der Bevölkerung nut-zen mittlerweile regelmäßig das Internet für ihren Einkauf, wobei die Verwendung von mobilen internetfähigen End-geräten immer bedeutsamer wird (Wiegandt et al. 2018).

Kundinnen und Kunden schätzen häufig Vorteile wie Zeiter-sparnis und Unabhängigkeit, Produktauswahl und Preis- transparenz. Es stellt sich jedoch die Frage, welche Folgen diese Entwicklung aus Sicht der räumlichen Planung hat.

Wachstum des Online-Handels – kein Ende in Sicht? Der im Online-Handel erzielte Umsatz steigt in Deutsch-land seit vielen Jahren kontinuierlich an. Laut Handelsver-band Deutschland (HDE) wird er 2018 erstmals die Marke von 50 Milliarden Euro überschreiten (HDE 2018: 4). Ge-genüber dem Vorjahr ergibt sich hierbei erneut ein Wachs-tum von fast zehn Prozent. Dank günstiger wirtschaftli-cher Rahmenbedingungen konnte der stationäre Einzel- handel zuletzt zwar auch ein leichtes Umsatzplus erzielen, der Zuwachs bewegt sich mit rund einem Prozent aller-dings auf einem im Vergleich niedrigen Niveau. Damit ent-fällt gegenwärtig mehr als ein Zehntel des gesamten Ein-zelhandelsumsatzes im Bundesgebiet auf den Online- Handel. Wenn der Bereich der Lebensmittel ausgeklam-

Frank Osterhage

DIGITALISIERUNG UND ONLINE- HANDEL – WAS VERÄNDERT SICH FÜR DIE RÄUMLICHE PLANUNG?

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18 TH EM A 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

mert wird, ist der Anteil noch einmal weitaus größer und erreicht in einzelnen Branchen schon heute Werte von mehr als 25  Prozent (z.  B. CE/Elektro oder Fashion & Accessoires) (HDE 2018: 10).

Vorhersagen zur weiteren Entwicklung des On-line-Handels und zu möglichen Grenzen des Wachstums sind außerordentlich schwierig. Es gilt jedoch als sicher, dass der Umsatz noch über mehrere Jahre hinweg zuneh-men wird. Allerdings gehen Fachleute mehrheitlich von ei-ner abflachenden Wachstumskurve aus, was allein auf-grund der bereits erreichten Dimension plausibel erscheint. Wichtig ist in diesem Zusammenhang wiederum der Hin-weis, dass sich heutige Umsatzanteile und zukünftige Pers-pektiven je nach Warengruppe erheblich unterscheiden. Während die Verbreitung des Online-Handels etwa bei Me-dien, Büchern oder Spielwaren weit vorangeschritten ist, steht sie in Bereichen wie z. B. Möbel oder Heimwerkerbe-darf vermutlich erst am Anfang (GfK 2015).

In einer besonderen Situation befindet sich der On-line-Handel mit Lebensmitteln (Hahn Gruppe 2018: 20 f.). Gegenwärtig werden in diesem Bereich hierzulande kaum mehr als ein Prozent des Umsatzes über das Internet er-zielt. Das enorme Volumen dieser Warengruppe verspricht jedoch ein großes Potenzial für den Online-Handel. Hohe Erwartungen werden zudem durch einen Blick ins Ausland geweckt, wo der Anteil des online realisierten Umsatzes im Bereich Lebensmittel teilweise deutlich höher liegt. Im Mo-ment ist wieder spürbare Bewegung in den deutschen Markt gekommen: Neben dem Einstieg von Amazon Fresh versuchen auch kleinere ausländische Unternehmen wie das niederländische Start-up Picnic ihr Glück, woraufhin die hiesigen Branchengrößen wie Rewe ihre Online-Aktivi-täten ebenfalls weiter forcieren. Skeptische Stimmen ver-weisen indessen auf die schwierigen Rahmenbedingungen, die einen Durchbruch des Online-Handels mit Lebensmit-teln in der Vergangenheit verhindert haben. Dazu zählt eine im internationalen Vergleich hohe Preissensibilität, verbun-den mit einer geringen Bereitschaft unter den Kundinnen und Kunden, einen Beitrag für die (noch) sehr teure Logis-tik im Bereich Lebensmittel zu zahlen.

Beschleunigung des Strukturwandels Die mit dem Wachstum des Online-Handels verbundenen Umsatzverschiebungen führen zu einer Verschärfung der Wettbewerbssituation. Für stationäre Händler bieten sich zwei grundsätzliche Ansatzpunkte, um auf die veränderte Situation zu reagieren und im Wettbewerb zu bestehen. Sie können selbst den Sprung in den Online-Handel vollziehen, mehrere Vertriebswege nutzen und miteinander verknüp-fen bzw. verschmelzen. Gleichzeitig sind sie dazu aufgefor-dert, das eigene Geschäftsmodell weiterzuentwickeln und hierbei ihre originären Stärken zu betonen.

Es sind in jedem Fall immense Anstrengungen erfor-derlich. Heinemann (2017) macht dies deutlich und for-dert nichts weniger als eine „Neuerfindung des stationären Einzelhandels“. Es zeichnet sich ab, dass diese Herausfor-derungen für eine größere Zahl an Betrieben eine Überfor-derung darstellt und in vielen Fällen eine Geschäftsaufgabe

nicht verhindert werden kann. Der im Handel fortlaufend stattfindende Strukturwandel erfährt somit eine starke Be-schleunigung.

Auch wenn in Deutschland die insgesamt vorhandene Verkaufsfläche bislang noch stabil bleibt, ist bei einigen Wa-rengruppen bereits eine deutliche Reduktion und ein Trend zu kleineren Flächen zu beobachten (BBSR 2017: 22 f.). Es muss damit gerechnet werden, dass in wenigen Jahren vie-le altbekannte Geschäfte verschwunden sind. Aber es ent-steht auch Neues: So drängen immer mehr Online-Händler (z. B. myToys, Mister Spex, Zalando) in den nichtvirtuellen Raum und eröffnen stationäre Niederlassungen. Bei Ein-schätzungen zur quantitativen Bedeutung dieses Trends ist allerdings noch Vorsicht geboten.

Erhebliche räumliche Auswirkungen An manchen Orten lässt sich inzwischen zumindest erah-nen, was für gravierende Folgen die Verbreitung des On-line-Handels für die Innenstädte und Nebenzentren haben kann. Dieser Eindruck wird von den Einschätzungen ver-schiedener Handelsexperten bestätigt: Reink (2016: 3) macht anhand der vorliegenden Zahlen zur Umsatzent-wicklung deutlich, dass die zu erwartenden Verschiebun-gen bestehende Handelslagen beeinträchtigen werden. In Bezug auf die Auswirkungen auf Städte und Gemeinden spricht Heinemann (2017: 27) von einem beträchtlichen Bedrohungspotenzial. Und der Handelsverband Deutsch-land (HDE) hat in seinem Branchenreport bereits vor eini-gen Jahren festgestellt, dass sich das Gesicht der Städte grundlegend verändert (HDE 2014: 17).

Doch offensichtlich sind nicht alle Standorte des sta-tionären Einzelhandels gleichermaßen gefährdet. Zualler-erst dürften die schon heute schwachen Lagen, die eine geringe Attraktivität ausstrahlen, zu den Verlierern im ver-schärften Wettbewerb gehören. In diesem Zusammenhang werden vornehmlich Klein- und Mittelstädte genannt, die über einen begrenzten Einzugsbereich verfügen und sich in demografisch schrumpfenden Regionen befinden. Zu den besonders bedrohten Standorten werden aber auch Ne-benzentren und Nebenlagen in Großstädten gezählt, so-fern sie den heutigen Erwartungen vieler Kundinnen und Kunden nicht mehr gerecht werden. Im Gegensatz dazu können die zentralen Lagen in einigen großen Städten und in dynamischen Mittelstädten möglicherweise sogar einen Bedeutungsgewinn erfahren. Sie profitieren voraussicht-lich vom Wegfall der Angebote an weniger attraktiven Standorten. Darüber hinaus werden solche Lagen von gro-ßen Unternehmen gesucht, um im realen Raum Präsenz zu zeigen und mit auffälligen Formaten zur Markenbildung beizutragen. Im Ergebnis führen die aktuellen Entwicklun-gen zu einer weiteren Polarisierung der bestehenden Han-delslandschaft. Diese Einschätzung gilt auch für die vielen Einkaufszentren an integrierten und nicht integrierten Standorten, welche ebenfalls die Umsatzverschiebungen in Richtung Online-Handel zu spüren bekommen. Aufgrund des zentralen Managements haben sie aber zumindest ver-gleichsweise gute Möglichkeiten, schnell und umfassend auf die neuen Herausforderungen zu reagieren.

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1902 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L TH EM A

Um über generalisierte Einschätzungen hinaus Aussa-gen zu den Entwicklungsperspektiven einzelner Standorte treffen zu können, muss die Situation vor Ort genauer be-trachtet werden. In diesem Sinne werden in einer vom Bun-desinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) veröffentlichten Studie stabilisierende Faktoren aufgelis-tet, die zu einer erhöhten Widerstandsfähigkeit von Städ-ten beitragen (BBSR 2017: 67 f.). Hierbei handelt es sich zum einen um Rahmenbedingungen, die weiterhin für ein ausreichendes Umsatzpotenzial für den stationären Einzel-handel sorgen (große Einwohnerzahl, überdurchschnittli-che Kaufkraft, Bevölkerungswachstum, hohe Tourismusin-tensität). Zum anderen werden aber auch Punkte angeführt, die eine engagierte lokale Einzelhandelspolitik ausmachen (Unterstützung von Multi- und Cross-Chan-nel-Ansätzen, aktives Standortmanagement).

Besonders ambivalent erscheinen die Auswirkungen des Online-Handels für ländliche Räume. Einerseits dürfte das noch vorhandene Angebot des stationären Einzelhan-dels dort häufig nur eine geringe Widerstandsfähigkeit auf-weisen. Deshalb ist nach Experteneinschätzung zu befürch-ten, dass sich der Strukturwandel stark auswirken und das Ausdünnen in der Fläche weiter voranschreiten wird (BBSR 2017: 64). Andererseits wird der Online-Handel nicht sel-ten als eine große Chance gesehen, um die Versorgung in ländlichen Räumen zu sichern und somit einen wesentli-chen Beitrag zur Stärkung der Lebensqualität zu leisten. Hierbei bieten digitale Lösungsansätze auch neue Möglich-keiten, um alternative Nahversorgungskonzepte zeitgemäß als Multi-Channel-Ansätze weiterzuentwickeln. Bei ver-gleichsweise geringer Bevölkerungsdichte und daraus re-sultierend langen Wegen zu den Kundinnen und Kunden müssen allerdings Konzepte realisiert werden, die eine wirtschaftliche Lieferung der Waren ermöglichen.

Zukunft von Innenstädten und Nebenzentren Trotz der vielerorts bestehenden Herausforderungen gibt es gute Gründe dafür, Zentren keineswegs als Auslaufmo-dell oder als Relikt aus einer analogen Vergangenheit zu be-trachten. Auch in einer digitalen Welt braucht es Orte der Begegnung, an denen sich Menschen treffen, austauschen und Dinge gemeinsam unternehmen können. Zentren bie-ten hierfür Möglichkeiten und Gelegenheiten. Darüber hin-aus ergeben sich aus der räumlichen Konzentration von Nutzungen an einem Standort weitere Vorteile, wie etwa die effiziente Bereitstellung von Infrastrukturen: So ist die Ausrichtung auf Zentren und damit auf Schwerpunkte der Nachfrage eine wichtige Grundlage, um ein leistungsfähi-ges ÖPNV-System zu betreiben. Und nicht zuletzt sind Zen-tren für viele Bewohnerinnen und Bewohner Orte der Iden-tifikation.

Es ist im Moment jedoch nicht sicher, welche Rolle dem Einzelhandel in diesem Zusammenhang zukünftig zu-kommt. Die sich abzeichnenden räumlichen Auswirkungen des Online-Handels lassen erwarten, dass die Bedeutung des Einzelhandels, gemessen an der Zahl der Geschäfte und am Umfang der Verkaufsflächen, in vielen Innenstädten und Nebenzentren abnehmen wird. Damit stellt sich die

Frage, welche anderen Nutzungen die entstehenden Lü-cken schließen können. Hier fallen einem an erster Stelle gastronomische Angebote ein, die gegenwärtig in zahlrei-chen Zentren für Neuansiedlungen verantwortlich sind. Weiterhin ist an klassische Funktionen von Zentren wie Dienstleistungen und Verwaltung, Kunst und Kultur zu den-ken, aber vor allem auch an neue Angebote aus den Berei-chen Sport, Bildung und Wohnen – oder etwa an innovative Formen urbaner Produktion. Eine auf den Standort abge-stimmte Mischung von unterschiedlichen Nutzungen kann wesentlich zur Vitalität von Zentren beitragen, was wieder-um Innenstädte und Nebenzentren für den Handel attraktiv macht. Die räumliche Planung ist in der Lage, in Zusam-menarbeit mit anderen Akteuren der Stadtentwicklung wichtige Impulse für solche Veränderungsprozesse zu set-zen. Heute bereits in den Kommunen weit verbreitete Ein-zelhandelskonzepte können als Grundlage für entspre-chende Aktivitäten dienen, wenn sie durch inhaltliche Überlegungen zur Zentrenentwicklung angereichert und mit integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepten verknüpft werden.

In einigen Zentren besteht ein weiterer strategischer Ansatzpunkt darin, die bestehenden Einzelhandelslagen ge-zielt zu verdichten. Geschäftsaufgaben führen in der Regel zu größeren Abständen zwischen den einzelnen Ladenloka-len, wodurch Agglomerationsvorteile entfallen und die At-traktivität eines Standortes insgesamt abnimmt. Eine sach-gerechte Anpassung zentraler Versorgungsbereiche und die Lenkung öffentlicher Investitionen auf ausgewählte Teilbereiche können in dieser Situation dazu beitragen, auf eine räumliche Konzentration des Einzelhandelsbesatzes hinzuwirken und auf diesem Weg die Zukunftsfähigkeit ei-nes solchen Zentrums zu erhalten. Eine wirkungsvolle Un-terstützung der räumlichen Konzentration würde zudem darin bestehen, für Einzelhandelsbetriebe auf der „grünen Wiese“ Anreize zu schaffen, an integrierte Standorte zu-rückzukehren. So ist es durchaus vorstellbar, dass zum Bei-spiel Möbelgeschäfte oder Autohäuser dank neu entwickel-ter Formate auch in den Innenstädten wieder Platz finden.

Fazit: Neue Ideen für alte Zentren! Es spricht vieles dafür, dass die weitere Verbreitung des Online-Handels die Handelslandschaft nachhaltig erschüt-tern und damit auch Innenstädte sowie Nebenzentren ver-ändern wird. Spannend ist die Frage, wie die beteiligten Akteure vor Ort auf diese Aussichten reagieren. Aktuell sind vielerorts Bemühungen zu beobachten, den stationä-ren Einzelhandel auf dem Weg in das digitale Zeitalter zu unterstützen (z. B. im Rahmen des Projektaufrufs „Digita-len und stationären Einzelhandel zusammendenken“ des Landes Nordrhein-Westfalen). Insgesamt erscheint es je-doch nicht immer zielführend, angesichts bereits deutlich sichtbarer Veränderungen die lange Zeit gewohnte Leit-funktion des stationären Einzelhandels in den Zentren zu beschwören. Aus Sicht der räumlichen Planung ist es drin-gend geboten, wieder eine engagierte Debatte über die Zu-kunft von Zentren zu führen. Es geht darum, Ideen für eine neue Nutzungsmischung zu diskutieren, zu erproben und weiterzuentwickeln.

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20 TH EM A 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

Literatur

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FR A N K OS TE R H AG EDipl.-Ing., ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im ILS – Institut für Landes- und Stadtentwick-lungsforschung (Dortmund). Zusammen mit Nina Hangebruch leitet er die AG „Online- handel und Raumentwicklung“ der Landes- arbeitsgemeinschaft NRW der ARL.

Tel. +49 231 [email protected]

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2102 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L TH EM A

Renaissance von Nachbarschaft?Die Bedeutung des Lokalen verändert sich zunehmend. Nachbarschaften werden einerseits beeinflusst durch Glo-balisierung, gesteigerte Mobilität und neue Kommunika-tions- und Interaktionsmöglichkeiten. Damit scheinen sie an Gewicht für das Beziehungsnetzwerk der Einzelnen zu verlieren. Im Kontrast dazu gewinnt andererseits die Nach-barschaft im Zuge des demografischen Wandels und der Zunahme von Alleinerziehenden- und Single-Haushalten als Unterstützungsnetzwerk vor Ort an Bedeutung. Auch las-sen sich Unsicherheiten in Bezug auf den globalisierten All-tag erkennen, die zu einer verstärkten Sehnsucht nach Ver-ortung, Vertrauen und Stabilität führen. Dem unmittelbaren Sozialraum wird deshalb wieder mehr Wert beigemessen. Insofern verwundert es nicht, wenn inzwischen vielfältige digitale Angebote wie Nachbarschaftsplattformen, Tausch-börsen oder Facebook-Gruppen existieren, die explizit auf Sozialräume ausgerichtet sind und eine neue Form von Nachbarschaft schaffen. Diese digitalen Quartierszugänge werden mitunter sogar gezielt durch den öffentlichen Sek-tor gefördert, immer verbunden mit der Hoffnung auf eine positive Wirkung für das Zusammenleben vor Ort sowie mit der politischen Beteiligung im Quartier. Die tatsächli-che soziale Wirkung von digitalen Nachbarschaftsplattfor-men ist in Deutschland jedoch noch weitestgehend uner-forscht.

Forschung in hybriden Räumen Mit der Explorationsstudie „Vernetzte Nachbarn“ wurde deshalb zunächst die Landschaft digitaler Plattformen für die Nachbarschaft erschlossen und darüber hinaus den of-fenen Fragen rund um Nachbarschaft, Digitalisierung und lokale Demokratie auf den Grund gegangen: Ergeben sich über digitale, sozialraumbezogene Netzwerke Potenziale für das Zusammenleben vor Ort und für lokale Demokratie und Vergemeinschaftung? Welches Bedürfnis nach „Nach-barschaftlichkeit“ steht eigentlich hinter der Nutzung die-ser Plattformen? Welchem Zweck dient der digitale Aus-tausch und kann er Begegnungen vor Ort erleichtern?

Adelphi und Zebralog haben daher im Auftrag des vhw Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung e. V. über eineinhalb Jahre hinweg ein mehrstufiges Pro-jekt durchgeführt: Neben einer Literatur- und Medienana-

lyse wurde eine bundesweite Bestandsaufnahme digitaler Nachbarschaftsplattformen vorgenommen, bei der insge-samt acht überregionale und 13 lokale Nachbarschafts-plattformen identifiziert werden konnten. Aufgrund des hohen Wettbewerbs- und Konkurrenzdrucks unterliegen

Anna Becker, Kirsten Krüger, Olaf Schnur

VERNETZTE NACHBARN – WIE WIRKEN DIGITALE MEDIEN AUF ANALOGE NACHBARSCHAFT?

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Neugierige Nachbarin

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22 TH EM A 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

diese Zahlen jedoch einem ständigen Wandel, sodass eini-ge der identifizierten Plattformen mittlerweile eingestellt wurden und neue Angebote am Markt erschienen sind. Zur Vertiefung der Erkenntnisse wurde eine standardisierte zweimonatige Online-Umfrage unter den Betreiberinnen/ Betreibern und Nutzerinnen/Nutzern der identifizierten Plattformen durchgeführt, an der 217 Nachbarschaften teilgenommen haben.

Auf dieser Basis konnten schließlich vier kontrastie-rende Nachbarschaften mit aktiven digitalen Nachbar-schaftsplattformen identifiziert und für Fallstudien ausge-wählt werden: Berlin-Wedding, München-Neuperlach, Paderborn-Elsen und als kleinstädtischer Kontext die Stadt Meißen.

Einem hybriden Forschungsansatz folgend wurden in diesen Gebieten sowohl die analogen als auch die digitalen Strukturen der Sozialräume untersucht: Neben einer klassi-schen Sozialraumanalyse und der Auswertung der media-len Berichterstattung lag der Fokus auf digitalen Medien mit lokalem Bezug, in denen Anwohner/Anwohnerinnen miteinander interagieren. Über einen längeren Zeitraum wurden verdeckte Beobachtungen in der digitalen Sphäre und teilnehmende Beobachtungen vor Ort vorgenommen. Pro Fallstudie wurden außerdem fünf bis sieben kommuna-le, zivilgesellschaftliche und soziale Akteure/Akteurinnen mit Expertise zum jeweiligen Sozialraum sowie Betreiber/Betreiberinnen lokaler Blogs und Facebook-Gruppen für die „digitale“ Sphäre interviewt. Je nach theoretischer Sät-tigung wurden zusätzlich in jeder Fallstudie 15 bis 20 quali-tative Interviews mit Nutzern/Nutzerinnen der Plattform durchgeführt.

Digitale Medien und lokales ZusammenlebenSchon die Voruntersuchungen haben gezeigt, dass eine große Vielfalt digitaler Nachbarschaftsplattformen in Deutschland existiert: von vor Ort initiiert und ehrenamt-lich bis zu hochprofessionell und gewinnorientiert, von lo-kal betrieben bis bundesweit aktiv. Derartige Anwendun-gen erfreuen sich wachsender Beliebtheit – bei Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft –, unterliegen allerdings einem steten Wandel. Dieser mag mit der Entwicklung techni-scher Errungenschaften zusammenhängen, liegt aber wohl auch in dem starken untereinander herrschenden Konkur-renzdruck innerhalb des neuen Marktsegments begründet.

Vom Nutzen und den NutzendenDie Anliegen der einzelnen Plattformen ähneln sich stark. In der Regel steht die Vernetzung innerhalb der Nachbar-schaft sowie die Stärkung der sozialen Integration vor Ort im Vordergrund. Zum Teil gibt es in diesem Rahmen spezi-elle Angebote für einzelne Zielgruppen wie etwa Menschen, deren Teilhabe vor Ort erschwert ist (z. B. weniger mobile Personen, Ältere, Geflüchtete …).

Diesem Grundanliegen entsprechend gestaltet sich auch die tatsächliche Nutzung digitaler Nachbarschafts-plattformen: etwa 75 % der Befragten nutzen sie im Sinne der Sharing Economy (Tauschen und Teilen, Hilfsleistun-gen), etwa 70 % für gemeinschaftliche Zwecke (Austausch

über das Leben vor Ort, lokale Angebote und Veranstal-tungshinweise) und etwa 37,5  % für konkrete politische Diskussionen und Aktivitäten. In der Praxis wurde darüber hinaus deutlich, wie stark inzwischen digitale und analoge Interaktionsformen in Sozialräumen miteinander verwo-ben sind. Lokale Akteure/Akteurinnen kommunizieren und organisieren sich digital, während online initiierte Bezie-hungen in der Nachbarschaft die analoge Begegnung brau-chen.

Die Bestandsaufnahme digitaler Nachbarschafts-plattformen in Deutschland hat gezeigt, dass diese in ganz unterschiedlichen Quartierszusammenhängen existieren. Zum einen handelt es sich um Quartiere, die eine große Bandbreite in Bezug auf Bevölkerungs- und Sozialstruktur, Lage und politische Orientierung aufweisen, zum anderen lässt sich aber auch erkennen, dass auf solchen digitalen Portalen die gesellschaftlichen Milieus nicht in gleichem Maße vertreten sind. Gerade in den großstädtischen Quar-tieren zählen v.  a. Mittelschichtsangehörige mit höherem Bildungsniveau zu den Nutzenden. Es gibt also eine gewisse Tendenz zur sozialen Homophilie und damit auch die Ge-fahr der Entstehung von Exklusion. Denn wenn in erster Li-nie Personen mit ähnlichen Vorlieben, ähnlichem Hinter-grund und ähnlichen Einstellungen in einem Netzwerk zusammenfinden, kann das dazu führen, dass die „ande-ren“ ausgeschlossen werden.

Digitale Medien als Spiegel analoger Nachbarschaften Die Nutzung digitaler Nachbarschaftsplattformen ist bis-lang vor allem ein großstädtisches Phänomen und auch die Berichterstattung konzentriert sich primär auf urbane Räu-me, obwohl im Zuge des demografischen Wandels und des Aufstrebens populistischer Parteien gerade in ländlich ge-prägten Gebieten interessante Entwicklungen zu verfolgen sind. Deshalb berücksichtigte das Fallstudiendesign explizit unterschiedlich geprägte Nachbarschaften und konnte deutliche Differenzen aufzeigen. In urban geprägten Räu-men können digitale Medien der gefühlten Anonymität der Großstadt entgegenwirken. Dementsprechend ergaben die Untersuchungen vor Ort, dass hier gerade Menschen mit geringem Sozialkapital das Angebot nutzten, also z. B. Alleinstehende, Neuzugezogene oder Ältere. Darüber hin-aus wurde deutlich, dass digitale Medien mit sozialräumli-chem Bezug vor allem von Erwachsenen zwischen 25 und 70 Jahren genutzt werden, sodass der Altersdurchschnitt hier höher ist als bei den Nutzern/Nutzerinnen digitaler Me-dien insgesamt. In großstädtischen Quartieren sind zudem Mittelschichtsangehörige mit hohem Bildungsniveau und moderner Grundorientierung im Vergleich zum Quartiers- durchschnitt deutlich überrepräsentiert. Allerdings etab-lieren sich digitale Nachbarschaftsangebote zunehmend auch in ländlich geprägten Regionen und Kleinstädten. An-ders als in der Großstadt wird der Nachbarschaftsbegriff hier eher im Sinne einer „local area“ (Wellman 1979: 1225) verwendet, in der weniger die räumliche Nähe als die Ver-netzung gleichgesinnter, lokaler Akteure/Akteurinnen über digitale Plattformen von Relevanz ist. Darüber hinaus wer-den über digitale Angebote bedarfsorientierte Informatio-nen gebündelt und so wird dazu beigetragen, die Lebens-

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2302 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L TH EM A

qualität in infrastrukturschwachen Regionen zu verbessern. Es hat sich gezeigt, dass das Interesse an solchen Angebo-ten groß ist. Das bedeutet also, dass gerade in ländlich ge-prägten Räumen auch das Potenzial für die Erneuerung von Kommunikations-, Interaktions- und Beteiligungswegen groß ist.

Es ist kompliziert: Politisches Engagement Unsere Studie hat gezeigt, dass lokale digitale Medien den Aufbau von persönlichen Beziehungen und Begegnungen vor Ort befördern können. Insofern besteht hier Potenzial für die Initiierung und Mobilisierung von bürgerschaftli-chem und politischem Engagement, was sich auch gezielt von kommunaler Seite nutzen ließe. Die Fallstudien haben hier konkret gezeigt, dass die bestehenden Möglichkeiten zum Engagement im unmittelbaren Umfeld durch die digi-talen Plattformen sichtbarer und leichter zugänglich wer-den. Allerdings waren die Nutzer/Nutzerinnen in erster Li-nie bereits Engagierte und nutzten die digitalen Angebote v. a. für die Vernetzung mit Gleichgesinnten oder die Akti-vierung von Mitstreitern/Mitstreiterinnen. Gerade anlass-bezogene oder lockere Unterstützungsstrukturen profi-tierten von den digitalen Möglichkeiten, aber auch klassische Vereine konnten sich auf diese Weise verjüngen.

Im Kontrast zu lokalen Facebook-Gruppen, die zum Teil sehr politisiert sind, werden vergleichbare Themen auf Nachbarschaftsplattformen kaum verhandelt. In Mün-chen-Neuperlach wird die lokale Politik bewusst aus der Nachbarschaftsplattform herausgehalten, um den Bezie-hungsaufbau nicht durch Kontroversen zu gefährden. Demgegenüber konnte das Beispiel Meißen zeigen, dass die provokanten, oftmals rechtspopulistischen Diskussio-nen in den lokalen Facebook-Gruppen politische Einstel-lungen durchaus transparenter werden lassen und gerade im kleinstädtischen Kontext zu einer Verstärkung beste-hender Konflikte beitragen.

Fazit: Digitale Vernetzung und lokale BegegnungInsgesamt hat sich gezeigt, dass digitale Medien mit sozial-räumlichem Bezug durchaus das Potenzial bieten, lokale Begegnungen zu initiieren und lokale Kommunikation in Gang zu bringen. Sie können die Hemmschwelle zu analo-gem Kontakt deutlich senken und auf diese Weise soziales Kapital erhöhen sowie Defizite in der sozialen Infrastruktur zumindest partiell ausgleichen. Schon durch passives Nut-zungsverhalten lässt sich eine Identifikation mit der Nach-barschaft steigern, insofern können hier bereits einige we-nige, digital aktive Nutzer/Nutzerinnen positiven Einfluss haben. Genauso haben schon kurze Begegnungen, wie z. B. bei Tauschgeschäften, Einfluss auf das Gefühl von gegen-seitiger Hilfsbereitschaft und lokalem Zusammenhalt in der eigenen Nachbarschaft.

Aus unserer Studie geht außerdem hervor, dass sich für lokaldemokratische Anliegen digitale Medien mit sozial-räumlichen Bezug v. a. eignen, um existierende Möglichkei-ten zum Engagement stärker sichtbar und leichter zugäng-lich zu machen. Gleichzeitig besteht aber auch auf digitalem Wege die Gefahr der Exklusion. Politische und soziale Spal-

tung kann noch verstärkt werden, da politische Kontrover-sen durch soziale Medien deutlicher zu Tage treten. Dies wirkt sich insbesondere im kleinstädtischen Kontext auf die persönlichen und gemeinschaftlichen Bindungen aus, da sich dort die analogen und digitalen Bekanntschaften häu-fig überschneiden. Damit digitale Plattformen vor Ort tat-sächlich positive Effekte für eine Nachbarschaft entfalten und für einen konstruktiven Austausch selbst über kontro-verse politische Themen genutzt werden können, ist eine angemessene Moderation von digitalen Diskussionsräu-men notwendig.

Es existiert also über die lokalen digitalen Angebote ein durchaus gewichtiges Potenzial für die Ausgestaltung des Lebens in der Nachbarschaft und die lokale Demokra-tie. Es ist jedoch auch deutlich geworden, dass digitale Kommunikation weder einen Selbstläufer noch ein Allheil-mittel darstellt.

Handlungsempfehlungen für Politik und PraxisEs ist davon auszugehen, dass sich im Zuge der fortschrei-tenden Digitalisierung auch digitale Nachbarschaftsange-bote in Zukunft noch stärker durchsetzen werden. Gleich-zeitig sind Kommunen in Zeiten von Politikverdrossenheit, der Legitimations- und Vertrauenskrise der repräsentati-ven Demokratie sowie des Erstarkens rechtsnationaler Par-teien gut beraten, neue Teilhabe-Zugänge und -Angebote für die Bürgerinnen/Bürger und mit ihnen zu entwickeln. Auch wenn weitere Forschung unerlässlich ist, können für Politik, Verwaltung und lokale Einrichtungen aus den bishe-rigen Projekterkenntnissen bereits einige Empfehlungen abgeleitet werden:

> Für kommunale Institutionen ist es wichtig, die gängig- sten, am meisten genutzten Plattformen zu kennen und deren Funktionsweise (auch in sozialer Hinsicht) zu ver-stehen.

> Sie sollten auf diesen Plattformen selbst zumindest an-sprechbar sein oder sogar durch aktive Nutzung das Po-tenzial für die Kommunikation mit den Anwendern/An-wenderinnen nutzen.

> Es zahlt sich aus, für lokale digitale Kommunikation und politische Bildungsarbeit nennenswerte Ressourcen auf-zuwenden (d. h. Mitarbeitende einzusetzen oder zu schulen, die mit den Funktions- und Verhaltensweisen sowie den Kommunikationstrends im digitalen Sozial-raum vertraut sind).

> Es ist hilfreich, eine moderierende Rolle einzunehmen, um Fake News, populistischen Haltungen oder radikalen Kommentaren entgegenzuwirken.

> Strategisch relevant ist zudem, sich bewusst zu machen, dass es sich bei den Plattformen in der Regel um private Betreiber handelt, d. h. dass Themen wie Datenschutz und eine dauerhaft gesicherte Nutzbarkeit zu regeln sind.

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24 TH EM A 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

Literatur

Becker, Anna; Göppert, Hannah; Schnur, Olaf; Schreiber, Franziska (2018): Die digitale Renaissance der Nachbarschaft – Soziale Medien als Instrument postmoderner Nachbarschaftsbildung. In: Forum Woh-nen und Stadtentwicklung (4), 206-210. Schreiber, Franziska; Göppert, Hannah (2018): Endbericht. Wandel von Nachbarschaft in Zeiten digitaler Vernetzung. Berlin. = vhw – Schriftenreihe 9.Schreiber, Franziska; Becker, Anna; Göppert, Hannah; Schnur, Olaf (2017): Digital vernetzt und lokal verbunden? – Nachbarschaftsplatt-formen als Potenziale für sozialen Zusammenhalt und Engagement. In: Forum Wohnen und Stadtentwicklung (4), 211-216.Wellman, Barry (1979): The Community Question: The Intimate Net-works of East Yorkers. In: American Journal of Sociology, 84 (5), 1201-1231.

D R . A N N A B ECK E RWissenschaftlerin beim vhw e. V., BerlinTel. +49 30 [email protected]

K I R S TE N K RÜ G E RForschungsassistentin beim vhw e. V., BerlinTel. +49 30 [email protected]

D R . O L A F SCH N U RWissenschaftlicher Leiter beim vhw e. V., BerlinTel. +49 30 [email protected]

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2502 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L TH EM A

Eine Homepage, darauf ein Film, ein Anmeldelink für einen Newsletter, darunter geht’s zu einem Chat in einem Blog, daneben eine interaktive Karte. Online-Angebote sind für die Kommunikation in der Stadtentwicklung inzwischen eine Selbstverständlichkeit. Doch auf welche Weise und über welche Inhalte wird im Netz diskutiert? Und an welche Akteursgruppen richten sich die Angebote mit welcher Reichweite?

Die Selbstverständlichkeit von Online-Informationen Um diesen Fragen nachzugehen, wurden 50 Beispiele für dialogorientierte Stadtentwicklungsprozesse im Quer-schnitt untersucht, die allesamt durch eine Kommune ver-antwortet wurden und in die zumindest offline gezielt un-terschiedliche Akteure aus Verwaltung, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft einbezogen wurden (Fugmann et al. 2018a/b). Doch welche Rolle nimmt das Internet in diesen Stadtentwicklungsprozessen ein?

Alle 50 untersuchten Fälle verfügen ergänzend zur Offline-Beteiligung über Online-Angebote. Im Vordergrund dabei steht – so zeigt die Querauswertung – das Informie-ren. Bei mehr als der Hälfte der 50 untersuchten Fälle infor-mieren die Städte auf ihren kommunalen Websites über die Prozesse. In Ausnahmefällen legt die Stadt (mit Unterstüt-zung beauftragter Dienstleister) ergänzende Websites an und verlinkt sie miteinander.

Zu den auf den Websites abrufbaren Informationen gehört die Beschreibung der planerischen Aufgabe sowie des Verfahrens und seiner Mitwirkungsmöglichkeiten inklu-sive Projektchronologien, Terminankündigungen, Kontakt-daten und Ansprechpartnern. Üblich ist ein wachsender Dokumentenfundus, in dem alle Informationen zusammen-laufen. Mitunter werden sogar Inhalte aus geschützten Räumen (z. B. Runden Tischen) öffentlich. Die verantwort-lichen Akteure ergänzen diese Basisinformationen vielfach durch erklärendes Material, um Abstraktes zu veranschauli-chen. Sie erläutern z. B. komplizierte Sachfragen oder be-antworten diese als FAQs (frequently asked questions) oder in Filmen. Ist ein Verfahren abgeschlossen, erscheint meist ein knapper Sachstandsbericht, z. B. mit dem Hinweis auf einen politischen Beschluss. Werden Inhalte in anderen Verfahren weiterbearbeitet oder gibt es ergänzende Pro-zesse, finden sich häufig Querverweise über Links.

Die Kommunikation findet bei den informierenden Online-Angeboten einseitig statt: Die Stadt bietet Informa-tionen an, die Nutzer rufen sie ab – zu einem unmittelbaren Austausch kommt es dabei nicht.

Wünsch dir was: Die Inhalte der Online-KonsultationEtwas mehr als die Hälfte der untersuchten Beispiele arbei-ten über informierende Online-Angebote hinaus mit inter-aktiven und dialogischen Online-Elementen, wodurch vor allem Anregungen, Ideen und Wünsche gesammelt wer-den. Dementsprechend offen oder vage werden online Fra-gen gestellt – etwa: „Wie wollen wir in Zukunft leben?“ oder „Was sind Ihre Wünsche?“

Dazu ein Beispiel: Für das Stadtentwicklungskonzept Frankfurt2030, in dem gesamtstädtische Entwicklungsop-tionen für das Wohnen und Gewerbe entwickelt werden sollten, bat die Stadt Frankfurt auf Facebook um Anregun-gen. Einige Antworten (Rechtschreibung und Grammatik aller zitierten Online-Kommentare und Posts wurden korri-giert) könnten tatsächlich Relevanz für ein Stadtentwick-lungskonzept entfalten. Dazu gehören zum Beispiel die An-regungen, die Nachnutzung des alten Polizeipräsidiums in Gang zu bringen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, Neubauten mit genügend Parkplätzen zu versehen oder keine weitere Nachverdichtung in den nördlichen Stadttei-len zuzulassen (vgl. Stadt Frankfurt 2016a). Ebenso häufig

Sarah Ginski

ZWISCHEN INFORMATIONSFLUT UND SAMMELWUT?Die Rolle des Internets in dialogischen Prozessen der Stadtentwicklung

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26 TH EM A 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

gab es Hinweise, die auf der gesamtstädtischen Ebene kei-ne Rolle spielen dürften, zum Beispiel „Toilettenhäuschen auf allen großen Spielplätzen“, „Kein Flohmarkt am Muse-umsufer [...], ein Badeschiff am Main“ oder gar „free lau-genpretzels!“ (Stadt Frankfurt 2016a/b). Solche Wunsch-listen, die die Handlungsspielräume der Stadt ausblenden, sind keine Seltenheit. Für die Alanbrooke-Kaserne in Pader-born wünschten sich Facebook-User Nutzungen wie einen „Wave Garden“, eine „Indoor Wake-Anlage“, einen Freizeit-park, ein Spaßbad oder einen Zoo (Stadtplanungsamt Pa-derborn 2014).

Um die Länge der Wunschlisten zu minimieren und den Anteil der für die Planung hilfreichen Hinweise zu erhö-hen, wurde in mehreren der untersuchten Beispiele ver-sucht, die Handlungsfelder konkreter einzugrenzen, zu de-nen Beiträge eingereicht werden können. Projekte bewegen sich ja häufig nicht nur auf einer Planebene. Die meisten gesamtstädtischen Konzepte umfassen teilräumliche Be-trachtungen von Quartieren oder (Schlüssel-)Projekten. Platzumgestaltungen können wiederum Teil eines Innen-stadtkonzepts sein. Eine Strategie ist daher auch, die Frage-stellungen im Laufe des Prozesses zu konkretisieren.

Im weiteren Verlauf werden die gesammelten Ideen dokumentiert und ausgewertet. In einigen Fällen werden die Aussagen zur Weiterverwendung der Ergebnisse und ihre Bedeutung für die jeweiligen Konzepte an die Bürge-rinnen und Bürger zurückgespielt. Für ein Stadtentwick-lungskonzept einer Großstadt hieß es z.  B., dass knapp 10 % der Beiträge keine Relevanz für die Strategiediskussi-on hätten, im Umkehrschluss also 90 % der Anregungen Eingang fanden (IMORDE Projekt- und Kulturberatung GmbH 2016). In einer anderen Großstadt stimmten 46 % der Anregungen zu einem Masterplan bereits mit der da-maligen Fassung des Planwerks überein. 18  % der Anre-gungen lieferten laut Unterlagen neue Hinweise (BKR Aa-chen & netzwerk@pt 2011). In einer dritten Stadt hieß es, dass „85 Prozent (1.201) der Beiträge [...] in die Bearbei-tung des Stadtentwicklungskonzeptes eingeflossen seien. Die übrigen Beiträge haben entweder keinen Empfeh-lungscharakter (105 Beiträge) oder wurden nicht berück-sichtigt (107 Beiträge)“ (LHH 2015).

Liken und Voten: Die Reichweite der Online-KommunikationObwohl die Entscheidungshoheit formal stets bei den zu-ständigen politischen Gremien liegt, stellt das Voting gera-de im Internet eine Sonderform der Konsultation dar. Bei einer Platzumgestaltung in Neukirchen-Vluyn stimmten Bürgerinnen/Bürger anhand von drei konkreten Vorschlä-gen online über einen Oberflächenbelag und seine Materia-lisierung ab – der Platzbelag ist inzwischen entsprechend umgesetzt (Fugmann et al. 2018b: 161). In Bamberg ließ eine Tageszeitung ihre Leserinnen/Leser im Vorfeld einer Jurysitzung aus sechs Entwürfen einen „Sieger der Herzen“ (Wehner 2015) wählen – die Jury empfahl ihn daraufhin für einen Teilbereich der zu entwickelnden Kaserne zur Um-setzung.

Natürlich gibt es solche Formen der quantitativen Meinungsbildung auch offline, sei es als Punktebewertung oder durch klassisches Handzeichen. Doch gerade online stehen Positionen, Konzepte oder Entwürfe häufiger zur Abstimmung, indem vereinfachende Ja-Nein-Fragen ge-stellt oder simple „Likes“ vergeben werden. Grundlage für ein Voting im Netz oder andere Formen der Mitwirkung im Internet sind möglichst viele Klicks. Ihre Anzahl scheint in vielen Fällen als Erfolgskriterium für die Online-Beteiligung zu gelten. Nicht nur Facebook zählt, wie viele User ein Post erreicht, wie oft ein Beitrag kommentiert oder geteilt wur-de. Viele Ergebnisdarstellungen der Städte sind ebenfalls quantitativ angelegt. Sie zählen alle eingegangenen Anre-gungen, Hinweise und Diskussionsbeiträge – die meisten davon stammen aus Online-Befragungen. In Frankfurt gin-gen zum Beispiel in einer Beteiligungsphase zum Stadtent-wicklungskonzept insgesamt 1.455 Ideen ein, 647 davon online (Stadt Frankfurt 2016b). Offline eingegangene Bei-träge werden in einigen Fällen zusätzlich digitalisiert ins Netz hochgeladen. Solche Zahlen sollen vermutlich so et-was wie Repräsentativität nachweisen. Allerdings bilden auch 6.500 erreichte Online-Nutzer zum Paderborner Kon-versionsprozess nur einen Bruchteil der 145.000 Einwoh-ner umfassenden Stadtgesellschaft ab. Von Repräsentativi-tät kann also keine Rede sein. Mangelnde Repräsentativität, im Sinne von Selektivität, ist in der Beteiligung ein wichtiges Thema. Schnell wird von den Bürgern gesprochen, gemeint sind aber die wenigen, die an einer Veranstaltung teilge-nommen haben. Online mögen nun quantitativ mehr Anre-gungen eingehen, doch Studien zeigen, dass durch On-line-Formate kaum neue Zielgruppen angesprochen werden. Im Gegenteil, es beteiligen sich diejenigen, die schon wählen waren und an einer Beteiligungsveranstal-tung teilgenommen haben.

Dennoch kann ein quantitativer Ansatz die Auswer-tung der Dialoge erleichtern: Projektteam und Expertin-nen/Experten diskutierten im Prozess zu „Essen.2030“ über die beliebtesten zehn der 1.200 eingegangenen Bei-träge. Was mit den 1.190 weiteren Beiträgen geschah, bleibt indes unklar.

Bürger versus Stadt: Zurück zur zweipoligen KommunikationDie Frage, an wen sich die Online-Angebote richten, ist schnell beantwortet: fast ausschließlich an die breite Öf-fentlichkeit. Die Liste der Beispiele, bei denen die Öffent-lichkeit zu Online-Aktivitäten eingeladen wird, ist lang. Hin-gegen ist die Liste der Beispiele kurz, bei denen versucht wurde, über Online-Angebote spezifische Zielgruppen zu erreichen: Lediglich in zwei von 50 untersuchten Fällen wurde explizit versucht, Kinder und Jugendliche anzuspre-chen – zum Beispiel über einen YouTube-Filmwettbewerb und einen Jugendcheck-Blog, in dem Jugendliche Stärken und Schwächen ihres Stadtbezirks benennen konnten.

Wer genau Konsultationsangebote nutzt, wird nur in-direkt „sichtbar“. Manche User geben sich in den On-line-Chats mit ihrem richtigen Vor- und Nachnamen zu er-kennen, im Bonner Masterplanprozess nannten sich die

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2702 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L TH EM A

Teilnehmenden schlicht „Bürger“ oder „begeisterte Be-wohnerin“. In anderen Beispielen sind weitere Pseudony-me, Spitznamen oder Abkürzungen wie „Urmel“, „Pendler“ oder „Herbergeur“ zu finden. In einem Frage-Antwort-Chat zur Alanbrooke-Kaserne in Paderborn heißen alle Fragen-den „Gast“ und bleiben anonym. Aus den Kommentaren und Fragen lässt sich trotz aller Anonymität und Pseudo- nymität allerdings schließen, dass die aktive Kommunikati-on im Netz überwiegend zwischen Anbietern – also der Ver-waltung oder von ihr beauftragten Dienstleistern – und Bürgerinnen/Bürgern verläuft. Während offline zuneh-mend zielgruppenspezifische Formate für ganz unter-schiedliche Akteursgruppen entwickelt werden, die Kom-munikation also multilateral ist, kehrt man online zurück zu einem zweipoligen Dialog: Die Stadt fragt, die Bürgerschaft antwortet.

Wo in der Online-Kommunikation Fachmeinungen zum Tragen kommen, wo und wie politische und administ-rative Akteure sich einmischen, bleibt häufig unklar. Glei-ches gilt für die Belange und Interessen von Marktakteuren. Dabei nutzen nicht nur öffentliche Akteure das Internet: Grundstückseigentümer, Projektentwickler oder Makler greifen ebenfalls auf Online-Angebote zurück, um weitere Akteure über die Entwicklung von Projekten zu informieren – oder um sie zu vermarkten. Natürlich sind auch (Bürger-)Initiativen und ihre Verbündeten im Internet aktiv. Sie kom-munizieren über eigene Websites, Blogs oder die sozialen Medien, um aus ihrer Perspektive zu informieren, ihre An-liegen zu vertreten, eigene Aktivitäten sichtbar zu machen und Kontakt zu Gleichgesinnten herzustellen. Auch die Presse schreibt heutzutage nicht mehr ausschließlich in Printmedien über Stadtentwicklungsprozesse, sondern nutzt dazu ihre jeweiligen Webpräsenzen. Vernetzt sind diese vielfältigen Online-Angebote in der Regel nicht. Die Multilateralität, die offline inzwischen selbstverständlich ist, konnten wir in der digitalen Welt nicht finden. Im Netz scheint nur ein kleiner Ausschnitt der an Stadtentwicklung beteiligten Akteure aktiv mitzuwirken.

Halbwertszeiten: Online und Offline im ZusammenspielWurden Online-Angebote einmal angestoßen, wollen sie auch (weiter-)entwickelt und gepflegt werden. Dazu ge-hört nicht nur die Auswahl von Inhalten, sondern auch die Moderation, Sichtung und Auswertung von Online-Beiträ-gen. In einigen Beispielen übernehmen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltungen diese Aufgaben (so Per-sonalressourcen vorhanden sind), in den meisten Fällen kümmern sich externe Dienstleister darum.

Bei der Aus- und Bewertung der vielzähligen Anre-gungen zeigte die Querauswertung, dass online zwar viele Argumente und Informationen gesammelt werden, deren Erörterung, Zusammenführung und (inhaltliche) Einord-nung dann aber offline erfolgt – in Form von Workshops, bilateralen Gesprächen oder internen Abstimmungsrun-den. Dies ist nicht zuletzt deshalb notwendig, weil viele Hin-weise redundant, unrealistisch und vorhersehbar sind. Be-zahlbarer Wohnraum, ein lebenswertes Wohnumfeld,

stadtverträglicher Verkehr sowie der Erhalt und die Pflege von Grünflächen scheint die Bürgerinnen und Bürger in al-len Städten zu bewegen. Um die jeweiligen ortsspezifischen Handlungsbedarfe und -optionen auszuloten, bedarf es of-fenbar eines unmittelbaren Austausches zwischen den Ak-teuren. Hintergrundgespräche mit Fachexperten bestäti-gen diese Erkenntnis: Einem halbstündigen Gespräch „Face-to-Face“ messen viele von ihnen deutlich mehr Ge-wicht bei als einem Vierzeiler im Internet. Und: „[...] man-che Dinge sind so komplex, dass ich sie auch mal in Ruhe erläutern muss. Das geht nicht in einem 100-Zeilen-Bericht und auch nicht in einer E-Mail. Das persönliche Gespräch ist da schon ganz wichtig“ (Ginski et al. 201: 30).

Nach Abschluss eines Prozesses haben die jeweiligen Informationskanäle und Formen sehr unterschiedliche Halbwertszeiten. In fast keinem der 50 untersuchten Bei-spiele sind Prozessphasen oder Zeiträume der Informati-onsformate und Dokumentationen klar. Über kommunale Websites lässt sich vermutlich eine höhere Dauerhaftigkeit herstellen. Bei im Auftrag von externen Dienstleistern er-stellten Websites bleibt überwiegend ungeklärt, wer sie nach Abschluss des Auftrags weiterpflegt – oder ob und wann sie abgeschaltet werden. Zudem gehen in der Infor-mationsflut der sozialen Medien Basisinformationen schnell unter. Somit wird deutlich, dass Online-Kommunikation nur ergänzend zu Offline-Angeboten zu verstehen ist.

Anmerkungen

Die Querauswertung, auf der dieser Beitrag beruht, erfolgte im von der DFG geförderten Forschungsprojekt „Multilaterale Kommunikation in Prozessen der Stadtentwicklung“ (Projektlaufzeit: 2015–2018) am Lehrstuhl für Planungstheorie und Stadtentwicklung der RWTH Aachen University. Weitere Informationen unter: http://www.pt.rwth-aachen.de/index.php?option=com_content&view=article&id=898:multilaterale- kommunikation-in-prozessen-der-stadtentwicklung&catid=39:laufende- projekte-stand-okt-2016&Itemid=44Der Beitrag basiert auf dem Artikel Ginski, Sarah; Thissen, Fee (2017): Digital multilateral? Die Rolle des Internets in dialogischen Prozessen der Stadtentwicklung. In: Informationen zur Raumentwicklung 6, 24-37.

Literatur

BKR Aachen & netzwerk@pt (2011): AACHEN*2030. Perspektiven und Impulse für die Räumliche Entwicklung der Stadt. Präsentation beim Bezirksforum am 12. Oktober 2011 in Aachen. Fugmann, Friederike; Ginski, Sarah; Selle, Klaus; Thissen, Fee (2018a): Multilaterale Kommunikation in Prozessen der Stadtentwick-lung. Querauswertung von 50 Praxisbeispielen. Aachen. = PT_Materia-lien 40|1.Fugmann, Friederike; Ginski, Sarah; Selle, Klaus; Thissen, Fee (2018b): Multilaterale Kommunikation in Prozessen der Stadtentwick-lung. Katalog von Praxisbeispielen. Aachen. = PT_Materialien 40|2.Ginski, Sarah; Selle, Klaus; Thissen, Fee; Zalas, Lucyna (2017): Multi-laterale Kommunikation: Die Perspektiven der Fachleute. Ergebnisse einer Interviewserie. Teil der Berichterstattung zum Forschungspro-jekt multi|kom. Aachen. = PT_Materialien 39. http://www.pt.rwth-aachen.de/files/dokumente/pt_materialien/pt_ materialien_39.pdf.IMORDE Projekt- und Kulturberatung GmbH (2016): Stadtdialog „Frankfurt Deine Stadt“. Ergebnisse und Schlussfolgerungen der Be-teiligung der 1. Phase. Frankfurt/Main, 4.

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28 TH EM A 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

LHH – Landeshauptstadt Hannover (2015): Stadtentwicklungskon-zept „Mein Hannover 2030“. Die Ergebnisse des Stadtdialogs – Matrix. Alle Beiträge: gesammelt, gebündelt, ausgewertet. S. 2.https://wasserstadt-dialog.info/welchen-mehrwert-soll-das-neubau gebiet-dem-alten-stadtteil-bringen/#comment-764 (16.10.2017).Stadt Frankfurt (2016a): Unser Stadtentwicklungskonzept „#Frank-furt2030“. Ein Diskussionsfaden der Stadt Frankfurt auf Facebook vom 13.06.2016. https://www.facebook.com/hashtag/frankfurt2030?source=feed_text (16.10.2017).Stadt Frankfurt (2016b): 1.455 Ideen für #Frankfurt2030 habt Ihr in den Stadtdialog eingebracht ... In: Ein Diskussionsfaden der Stadt Frankfurt auf Facebook vom 20.09.2017. https://www.facebook.com/search/top/?q=Frankfurt%202030 (16.10.2017).Stadtplanungsamt Paderborn (2014): Paderborner Konversion. „Im.Dialog.“ Vorstellung des Gesamtprozesses. https://paderborner-konversion.de/bibliothek?page=3. (16.10.2017).Wehner, Michael (2015): Wer darf das US-Areal überplanen? Der Sie-ger der Herzen steht bereits fest. In: Fränkischer Tag vom 21.01.2015, S. 12/13.

SA R A H G I N S K IDipl.-Ing., studierte an der RWTH Aachen Ar-chitektur und Stadtplanung und arbeitete da-nach am Lehrstuhl für Planungstheorie und Stadtentwicklung. Seit 2018 ist sie bei zebralog tätig. Ihre Schwerpunkte sind Kommunikation und Partizipation in Quartiers- und Stadtent-wicklungsprozessen. Sie begleitet und gestal-tet Praxisprojekte in verschiedenen Kommu-nen (u. a. in Bamberg und Münster) und forscht zu multilateralen Kommunikationspro-zessen.

[email protected]

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2902 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L TH EM A

Die zunehmende Digitalisierung aller Lebensbereiche hat weitreichende, jedoch noch nicht gänzlich abzusehende Auswirkungen auf Räume und deren gesellschaftliche und wirtschaftliche Funktionen und Nutzungen. Dies korres-pondiert mit einem wirtschaftlichen Wandel hin zu einer Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft und birgt zahlrei-che Chancen, Herausforderungen und Risiken. Um neuen Entwicklungen in den verschiedenen gesellschaftlichen und planerischen Handlungsbereichen zu begegnen und diese mitzugestalten, sind transdisziplinäre Denkweisen und konkrete (planerische) Ansätze notwendig, die auf das Gemeinwohl, auf soziale Gerechtigkeit und ökologische

Tragfähigkeit gerichtet sind. Verschiedene Gremien der ARL haben sich dem Thema mit unterschiedlichen Schwer-punkten gewidmet, wie (Wissens-)Ökonomien (z.  B. In-dustrie 4.0, digitale Dienstleistungen, Standortfaktoren), Gesellschaft (z.  B. Bildung, Gesundheit, Alltagswelt, Le-bensstile und Freizeitverhalten) sowie technische Infra-strukturen.

In drei Landesarbeitsgemeinschaften (LAG) wurden Arbeitsgruppen eingerichtet, die sich innerhalb eines the-matischen Korridors mit Aspekten der Digitalisierung und räumlicher Entwicklung beschäftigen. Sie gehen u. a. den folgenden Leitfragen nach:

Martina Hülz, Martin Sondermann

DIGITALISIERUNG UND WISSENSGESELLSCHAFT IN DER ARLEin Überblick

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30 TH EM A 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

> Welche Potenziale, Herausforderungen und Risiken er-geben sich in den Handlungsfeldern der Digitalisierung?

> Welche raumwirksamen Effekte lassen sich beobachten bzw. steuernd beeinflussen?

> Was ist die Rolle planerischer Institutionen (Stadt-, Re-gional- und Landesplanung sowie Fachplanungen) und „neuer“ Akteursgruppen hinsichtlich der Gestaltung räumlicher Entwicklungsprozesse im digitalen Zeitalter?

> Inwieweit eignen sich planerische Theorien, Ansätze, In-strumente und Praktiken zum Verstehen und Steuern dieser Phänomene bzw. bedürfen sie einer Weiterent-wicklung?

Diese Fragen werden aktuell in den drei Arbeitsgrup-pen mit unterschiedlichen Schwerpunkten bearbeitet:

> Die AG „Onlinehandel und Raumentwicklung“ der LAG Nordrhein-Westfalen befasst sich u. a. mit dem Online- Handel und der Nahversorgung sowie den damit ver-bundenen Auswirkungen auf Siedlungsstrukturen und die Versorgungssicherheit (vgl. Osterhage in diesem Heft).

> In der AG „Raumwirksamkeit der Digitalisierung“ der LAG Baden-Württemberg geht es darum, die Raumwirk-samkeit der Digitalisierung zu identifizieren und den Handlungsbedarf für die regionale Ebene aufzuzeigen, insbesondere für die Regionalplanung in Baden-Würt-temberg.

> Die AG „Digitalisierung in ländlichen und verdichteten Räumen“ der LAG Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland un-tersucht räumliche Ungleichheiten sowie spezifische Herausforderungen und Handlungsmöglichkeiten in ländlichen und verdichteten Räumen des LAG-Gebietes.

Die LAG Bremen/Hamburg/Niedersachsen/Schleswig- Holstein plant, eine weitere Digitalisierungs-AG mit dem Ti-tel „Digitaler Wandel und Regionalentwicklung“ einzurich-ten. Hier sollen regionale Steuerungen und Kooperationen sowie integrierte Ansätze zum Umgang mit der digitalen Wende analysiert werden.

In zwei Landesarbeitsgemeinschaften war in diesem Jahr das Thema Digitalisierung Inhalt der LAG-Sitzungen (LAG Berlin/Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern: „Di-gitalisierung: Der Nordosten ist flach? Digitale Transforma-tion und gleichwertige räumliche Entwicklung“ sowie LAG Hessen/Rheinlad-Pfalz/Saarland: „Was bedeuten Digitalisie-rung und Industrie 4.0 für die räumliche Entwicklung?“). Außerdem plant die LAG Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland für das Frühjahr 2019 eine öffentliche Fachveranstaltung (Planerforum) zu diesem Thema.

Die starke Präsenz des Themas in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft spiegelt dessen Bedeutung wider und zeigt sich auch an der Vielzahl von Aktivitäten innerhalb der

ARL, in denen vor allem die gesellschaftliche Bedeutung und Raumrelevanz hervorgehoben wird. Um die hohen Er-wartungen an die Digitalisierung bezüglich des positiven Einflusses auf den gesellschaftlichen Wandel durch die Raumplanung und die Raumentwicklung zu erfüllen, bedarf es weiterhin kritischer transdisziplinärer Forschung. Nicht zuletzt durch die räumliche Planung hat sich das Thema, ausgehend von einem technikorientierten Blickwinkel, zu einer gesellschaftliche Aspekte mitberücksichtigenden Perspektive weiterentwickelt. Damit begleitet die Digitali-sierung nicht nur den Wandel von der Dienstleistungs- zur Wissensgesellschaft, sondern ist auch als ein Transformati-onsprozess zu verstehen, der in zeitlichen Schüben und räumlich unterschiedlich verläuft. Die Möglichkeiten und Potenziale dieses Transformationsprozesses sind längst noch nicht ausgeschöpft, geschweige denn bekannt.

D R . M A R TI N A H Ü L ZTel. +49 511 [email protected]

D R . M A R TI N SO N D E R M A N NTel. +49 511 [email protected]

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3102 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L AU S D ER A R LAUS DER ARL

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32 AU S D ER A R L 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

Inwieweit leistet die Digitalisierung einen Beitrag zur Gleich-wertigkeit der Lebensverhältnisse von Stadt und Land? Die-se Frage diskutierten die rund 30 Teilnehmenden der Früh-jahrstagung 2018 der Landesarbeitsgemeinschaft Berlin/Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern in Cottbus.

Digitalisierung ist allgegenwärtig. Die digitale Trans-formation, also die Zunahme von digitaler Infrastruktur und digitalen Technologien, führt zu tiefgreifenden Verän-derungsprozessen, die sich spürbar auf sämtliche Lebens- und Arbeitsbereiche auswirken werden. Dieser Wandel fin-det in der Arbeitswelt, im Verkehr, bei Bildungsangeboten, im Handel und in anderen Bereichen des täglichen Lebens statt. Analoge Handlungen werden durch digitale ersetzt und das Leben findet häufiger in virtuellen Räumen statt. Digitale Lebens- und Arbeitsformen werden physische Prä-senz zunehmend ersetzen und verändern somit auch räum-liche Bezüge und Distanzen. Die Betrachtung der räumli-chen Auswirkungen der Digitalisierung – in Stadt und Land – und ihrer Gestaltungs- und Steuerungsmöglichkeiten ge-winnt an Bedeutung. Ansätze wie die jüngst gestartete „Smart Village Bad Belzig“, der Test des autonomen Nah-verkehrs in der Ostprignitz oder die Zukunftsstrategie Brandenburg sind beispielhafte digitale Projekte und Stra-tegien, die die Potenziale der Digitalisierung im Kontext ländlicher Räume betrachten. Die Frühjahrstagung 2018 der LAG Berlin/Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern setzte bei der Diskussion um die Potenziale der Digitalisie-rung für eine gleichwertige räumliche Entwicklung an.

Dr.-Ing. Christian Strauß eröffnete gemeinsam mit Prof. Dr. Antje Matern die Tagung. In seiner Einführung be-leuchtete Strauß den derzeitigen Stand der Digitalisierung in der räumlichen Entwicklung und Planung. Strategien auf unterschiedlichen räumlichen und politischen Ebenen wür-den Digitalisierung aufgreifen, die Umsetzung dieser Strate-gien bleibe aber bisher weitestgehend aus. Dabei seien viele Aspekte in Hinblick auf die Digitalisierung und die räumliche Entwicklung bisher unklar. Es gehe um die potenziellen Aus-wirkungen der Digitalisierung auf den Raum sowie um das Verhältnis zwischen analogen und digitalen Räumen.

Wie steuert die Raumplanung die Digitalisierung?Welche Zusammenhänge bestehen zwischen Digitalisie-rung und Raumentwicklung? Welche Instrumente der

Raumentwicklung sind geeignet und zukünftig erforderlich, um die Auswirkungen der Digitalisierung auf den Raum auf-zugreifen? Vier Impulse boten Antworten auf diese Fragen und nahmen dabei unterschiedliche Facetten der Digitali-sierung und deren räumliche Auswirkungen in den Blick. Im Fokus standen räumliche Entwicklung, Bildung, Einzelhan-del und Planungsprozesse.

Dr.-Ing. Carolin Schröder (Brandenburgische Techni-sche Universität Cottbus-Senftenberg) widmete sich in ih-rem Beitrag den Chancen und Herausforderungen der Digi-talisierung für die räumliche Entwicklung. Sie hob die Bedeutung des Breitbandausbaus – bundesweit verfügba-re, schnelle Internetanschlüsse – hervor. Dieser sei Grund-voraussetzung für die Umsetzung technologischer Neue-rungen. Darüber hinaus sollten aber auch gesellschaftliche Aspekte näher betrachtet werden. Schließlich unterschie-den sich die Nutzergruppen stark im Zugang zu Informa-tions- und Kommunikationstechnologien und ihrem Um-gang damit.

Dr. Beate Hollbach-Grömig (Deutsches Institut für Urbanistik) nahm in ihrem Vortrag den Strukturwandel im Einzelhandel in den Blick. Treiber für einen Strukturwandel im Einzelhandel seien derzeit der demografische Wandel und die Zunahme des Online-Handels. Der Umsatz im On-line-Handel hat sich im Zeitraum von 2005 bis 2018 beina-he verzehnfacht. Dennoch böten Einzelhandelslagen mehr als nur Einkaufsvielfalt, sie seien auch Orte für soziale Inter-aktionen – eine Funktion, die vom wachsenden Online-Han-del nicht übernommen werden könne. Daher wirke sich der Strukturwandel im Einzelhandel auf verschiedene Einzel-handelslagen unterschiedlich aus. Es sei davon auszuge-hen, dass attraktive Innenstadtlagen in Großstädten auch weiterhin stabile Einzelhandelsstandorte sein werden. Kleinstädte im ländlichen Raum stünden hingegen durch steigende Leerstände vor gravierenden Umbrüchen.

Im Vortrag von Dr. Jens Schulz (Arbeitskreis E-Lear-ning der Landesrektorenkonferenz Sachsen) standen Digi-talisierungsprozesse in der Bildung im Fokus. Neue Medi-enformate, wie Webinare, Live-Abstimmungen oder Wikis, ermöglichten orts- und zeitunabhängig Lehr- und Lernfor-men. Dies könne zu einem Wandel der physischen Lernor-te, insbesondere der Schulen, führen. In seinem Ausblick wies Schulz auf die Bedeutung der Integration und Vernet-

DIGITALE TRANSFORMATION UND GLEICHWERTIGE RÄUMLICHE ENTWICKLUNGFrühjahrstagung 2018 und Mitgliederversammlung der LAG Berlin/Brandenburg/Mecklenburg-Vorpommern

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zung zu multifacettierten Bildungsräumen hin und betonte die anzustrebende Konvergenz von physischen und digita-len Bildungsräumen.

Zuletzt widmete sich Dr.-Ing. Stefan Höffken (Stadt Hamburg) digitalen Planungsprozessen am Beispiel aktuel-ler Projekte in Hamburg. Digitalisierung habe enorme Aus-wirkungen auf die Planung – Raumbezüge und -nutzungen veränderten sich stark. Er hielt fest, dass verbesserte Ange-bote und Dienstleitungen bisher eher in den Städten zu fin-den seien (z. B. Coworking Spaces oder Sharing-Dienste). Abschließend hob Höffken die Potenziale digitaler Infra-strukturen in der Planung hervor: Digitale Planungsprozes-se schafften eine Vereinfachung und Beschleunigung von Prozessen, ermöglichten neue Formate der Kollaboration und Beteiligung, brächten neue Erkenntnisse und böten letztlich sowohl bessere als auch schnellere und qualifizier-te Entscheidungsgrundlagen.

Potenziale und Grenzen der DigitalisierungIn der Diskussion wurden vielfältige Perspektiven einge-nommen und diskutiert. Ein Bild der Diskussion zeichnen die folgenden Schlaglichter:

GesellschaftDigitalisierung sollte als Prozess begriffen werden, der mehr umfasst als technologieorientierte Innovationen und dabei vielseitige gesellschaftliche Aspekte berührt. In der Gesellschaft gibt es unterschiedliche digitale Kulturen. Beim Ausbau und bei der Gestaltung IKT-basierter Angebo-te ist zu berücksichtigen, wie variierende Nutzergruppen mit neuen Technologien umgehen.

Digitale TransformationsprozesseDigitalisierung ist ein Transformationsprozess, der in zeitli-chen Schüben, räumlich unterschiedlich und häufig auch sektoral fragmentiert verläuft. Digitalisierungsprozesse werden als Verstärker für den Wandel in anderen Berei-chen (z. B. Strukturwandel im Einzelhandel oder demogra-fischer Wandel) verstanden. Digitalisierung ermöglicht, bisherige Vorgehensweisen und Strukturen neu zu denken.

DezentralisierungDie Digitalisierung ermöglicht im Grundsatz eine Dezentra-lisierung im Raum. Es können orts- und zeitunabhängige Angebote entstehen (z. B. entlegene Klein-Uni-Standorte, Arbeitsplätze im ländlichen Raum). Allerdings erfolgt der Ausbau der digitalen Infrastruktur bisher vornehmlich an zentralen Standorten, und die Peripherie wird vernachläs-sigt. Die Gründe dafür liegen sowohl in den Investitionsent-scheidungen digitaler Anbieter als auch in der politischen Steuerung der digitalen Entwicklung. Es ist anzunehmen, dass digitale Innovationen in den Städten im Laufe der Zeit in die ländlichen Räume diffundieren werden.

Ländliche RäumeLändliche Räume können als Testort für neue Technologien (z. B. autonomes Fahren) fungieren. Modellvorhaben der Raumordnung (MORO) bieten sich als Rahmen für den

Test digitaler Prozesse und Angebote in ländlichen Räumen an. Die Teilnehmenden der Tagung gehen davon aus, dass über Ankerpunkte in Klein- und Mittelstädten in ländlichen Räumen die Digitalisierung vorangetrieben werden kann. Diese Ankerstädte können Anbieter digitaler Angebote und Dienstleistungen in die Regionen locken. Es stellt sich die Frage, ob bestimmte Einrichtungen (z.  B. Hochschulen oder Bibliotheken) zukünftig an peripheren Standorten be-stehen bleiben.

GovernanceUm die Prozesse der Digitalisierung zu steuern, braucht es eine Governance der Digitalisierung – diese bedarf neuen Wissens, neuer Zuständigkeiten und neuer Strukturen. Di-gitale Technologie und mobile Anwendung generieren Da-ten und somit neue Erkenntnisse und Grundlagen über die Raumnutzung. Unklar ist bislang, wie das neugewonnene Wissen für die Planung sinnvoll nutzbar gemacht werden kann.

RaumordnungMit neuen technologischen Entwicklungen entstehen neue Raummuster. Hierfür gilt es Leitbilder zu entwickeln. Offen ist, wie die Raumordnung Digitalisierung steuern kann, wenn in ländlichen Räumen der erforderliche infrastruktu-relle Ausbau nicht vorhanden ist. Dabei sollte auch die Fra-ge beantwortet werden, wie der Staat für Angebote der Daseinsvorsorge Sorge tragen kann. Dies erfordert über die Raumordnung hinaus ressortübergreifende Maßnahmen.

Im Kern der Diskussion im Rahmen der Frühjahrstagung stellten die Teilnehmenden fest, dass die Chance der Digita-lisierung darin besteht, orts- und zeitunabhängig Zugang zu Dienstleistungen, Arbeit, Bildung und anderen Angeboten zu schaffen und damit insbesondere in ländlichen Räumen Lebensqualität zu erhalten. Voraussetzung dafür ist der Netzausbau in ländlichen Räumen. Kritisch wurde disku-tiert, inwieweit zeitintensive Planungsprozesse und vorlie-gende Planungsinstrumente mit der Geschwindigkeit der Digitalisierung umgehen können. Es wurden auch Fragen nach den Grenzen der Digitalisierung aufgeworfen. Aspek-te wie die gesundheitlichen Auswirkungen, der mögliche Verlust des sozialen Zusammenhalts, aber auch die Kosten für den Ausbau digitaler Infrastrukturen bedürfen einer in-tensiveren Betrachtung.

Neue Lenkungsgruppe und Geschäftsführung Die anschließende Mitgliederversammlung fand zum ers-ten Mal unter Leitung der neuen Lenkungsgruppe (Dr.-Ing. Christian Strauß, Dr.-Ing. Jens Hoffmann und Prof. Dr. Ant-je Matern) und der neuen Geschäftsführerin Julia Diringer statt.

D R .- I N G . CH R I S TI A N S TR AU S [email protected]

J U LI A D I R I N G E [email protected]

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Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Innovationsgruppe UrbanRural SOLU-TIONS hat zum Ziel, in drei Praxisregionen – in der Region Köln, im Landkreis Göttingen und im Erweiterten Wirt-schaftsraum Hannover – regionale Kooperationen in der wohnstandortbezogenen Daseinsvorsorge zu unterstüt-zen. Schwerpunktthemen in der Region Köln sind die The-men Bildung1 und Mobilität in enger Verzahnung mit dem Thema Wohnen. Die Prozesse werden primär durch eine regionale Koordinatorin beim Dezernat Finanzen der Stadt Köln und durch das Finanzwissenschaftliche Forschungsin-stitut an der Universität zu Köln begleitet. In der wachsen-den Metropolregion ergeben sich aus dem Spannungsfeld von starkem Bevölkerungswachstum und zunehmender Flächenkonkurrenz in Kombination mit einer angespannten Haushaltslage komplexe Herausforderungen für die Bereit-stellung der Daseinsvorsorge. Interkommunale Kooperati-onen und eine frühzeitige Integration von Fach- und Fi-nanzplanung können neue Möglichkeiten zu einer effizienteren Bereitstellung von Leistungen der Daseinsvor-sorge eröffnen. Die Stärkung der regionalen Perspektive ist Baustein der langfristigen finanzstrategischen Ausrichtung der Stadt Köln, die die Sicherstellung der Daseinsvorsorge im Konzern Stadt bei generationengerechten, materiell nachhaltigen Finanzen ermöglichen soll.

Die Entstehung der Arbeitsgruppe MobilstationenWie viele wachsende Großstadtregionen ist auch die Regi-on Köln bereits heute mit einer zunehmend überlasteten Verkehrsinfrastruktur konfrontiert. Insbesondere durch steigende Bevölkerungszahlen und zunehmende Pendler-ströme wird sich diese Situation künftig noch weiter ver-schärfen.

Die Landesinitiative StadtUmland.NRW war im Jahr 2016 der Auslöser für die Gründung eines neuen interkom-munalen Netzwerks, des Stadt-Umland-Netzwerks (S.U.N.), welches es sich auch zum Ziel gesetzt hat, den skizzierten Herausforderungen kooperativ und grenzüberschreitend zu begegnen und innovative Lösungsansätze zu entwickeln. Im S.U.N. haben sich die Stadt Köln, der Rhein-Erft-Kreis, die kreisangehörigen Städte Bedburg, Bergheim, Brühl, Els-dorf, Erftstadt, Frechen, Hürth, Kerpen, Pulheim, Wesse-ling sowie die Stadt Dormagen und die Gemeinde Rom-merskirchen aus dem Rhein-Kreis Neuss zusammen- geschlossen.

1 Für eine kurze Beschreibung des Prozesses im Bereich der weiter-führenden Schulen sei auf Jung/Koldert (2017) verwiesen.

Im Frühjahr 2017 wurde für das S.U.N. ein Zukunfts-konzept als Beitrag für den Landeswettbewerb „StadtUm-land.NRW“ eingereicht, welches von der Wettbewerbsjury als Konzept „mit besonderem Vorbildcharakter“ ausge-zeichnet wurde. Das Zukunftskonzept benennt in den vier Handlungsfeldern Mobilität, Siedlungsentwicklung und Wohnen, Freiraum sowie Wirtschaftsentwicklung Ziele, Strategien und Schlüsselprojekte für die Stadtregion. Schlüsselprojekt im Bereich Mobilität ist die Erarbeitung eines regionalen Mobilitäts- und Verkehrsinfrastrukturkon-zeptes für die S.U.N.-Region, wobei die Entwicklung eines regionalen Netzes an Mobilstationen eine zentrale Rolle spielt.

Im Rahmen des Zukunftskonzeptes wurde auch die Kooperation mit der Innovationsgruppe UrbanRural SOLU-TIONS im Themenfeld Mobilität verankert. Im Sommer 2017 folgte die Gründung einer Arbeitsgruppe zum Thema Mobilstationen unter der Federführung der Innovations-gruppe. Teilnehmer der Arbeitsgruppe sind neben Stadt- und Verkehrsplanern aus der S.U.N.-Region sowie aus den regionalen Verkehrsverbünden auch Mitglieder der Innova-tionsgruppe, die eine (kommunal-)finanzielle Perspektive einbringen.

Inhaltliche Schwerpunkte der ArbeitsgruppeIn der konstituierenden Sitzung haben die Teilnehmer ihre Erwartungen an die Arbeitsgruppe formuliert. Diese lassen sich in drei Kategorien zusammenfassen:

1. Erarbeitung von Kriterien für die Beurteilung von Mobilstationen

Im Rahmen der Arbeitsgruppe sollte eine gemeinsame Verständigung auf Qualitätskriterien zu Ausstattungs-merkmalen und Lageanforderungen der verschiedenen Typen von Mobilstationen erfolgen. Ziel war ein Gestal-tungsbaukasten, der Einheitlichkeit und Wiedererkenn-barkeit gewährleistet, aber gleichzeitig eine unterschied-liche Ausstattung von Mobilstationen erlaubt.

2. Identifizierung und Begleitung von Pilotprojekten Aufbauend auf den erarbeiteten Mindestkriterien sollten

geeignete Standorte für Mobilstationen identifiziert werden. Erklärtes Ziel war es, ein abgestimmtes Netz an Mobilstationen zu erarbeiten, um auch übergeordneten Ebenen ein regionales Gesamtkonzept vorlegen zu kön-nen. In einem nächsten Schritt sollten dann Pilotprojek-te ausgewählt und bei der Umsetzung begleitet werden.

URBANRURAL SOLUTIONS. THEMENSCHWERPUNKT „MOBILITÄT“Ein Zwischenstand aus der Praxisregion Köln

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3. Information und Austausch Neben dem Dialog der Teilnehmer untereinander sollte

auch ein Austausch mit Anbietern für verschiedene Leis-tungen wie Car- und Bike-Sharing oder E-Ladesäulen er-folgen, um über deren Standortkriterien informiert zu sein. Zudem bestand der Wunsch, einen Gesamtüber-blick über relevante Fördermöglichkeiten zu erhalten. Des Weiteren sollten auch Informationen über die Er-wartungen der Nutzer an Mobilstationen beispielsweise über eine Nutzerbefragung erfasst werden.

Der bisherige Prozess, erreichte Ziele und AusblickDie Arbeitsgruppensitzungen finden seitdem in einem Rhythmus von etwa sechs bis acht Wochen statt und wer-den von UrbanRural SOLUTIONS nicht nur organisatorisch, sondern auch inhaltlich z. B. durch Analysen zu Erreichbar-keiten und Pendlerverflechtungen begleitet. Dabei erfolgt eine integrierte Betrachtung von fachlichen Bedarfen, fi-nanziellen Rahmenbedingungen und Kosten-Nutzen-Di-mensionen. Eine Auswahl der Analysen findet sich bei Kol-dert/Müller/Reuschel (2018).

In den ersten Sitzungen standen die interkommunale Vernetzung, Informationsaustausch und Expertenwissen sowie die Erarbeitung von Mindestausstattungskriterien im Vordergrund. Unter anderem wurden die Ausbau- und Pla-nungsstände in den Gemeinden vorgestellt sowie externe Experten zu verschiedenen Themen eingeladen. Aufbau-end auf Erkenntnissen aus den Sitzungen wurde unter Be-rücksichtigung bereits bestehender Literatur (insbesonde-re dem Handbuch Mobilstationen NRW) ein Arbeitspapier zur Systematisierung von Mobilstationen verfasst (Jung/Koldert (2019)).

Zu Beginn des Jahres 2018 hat die Arbeitsgruppe Pi-lotprojekte im Raum ausgewählt, um nächste Schritte in Richtung Umsetzung zu gehen. Als Grundlage für deren Identifizierung aus regionaler Gesamtsicht haben die S.U.N.-Geschäftsstelle und UrbanRural SOLUTIONS eine Checkliste entwickelt, die bestehende und geplante Aus-stattungselemente sowie relevante Kriterien hinsichtlich der Umsetzbarkeit erfasst. Dazu gehören unter anderem Angaben zu Beschlusslage, Flächenverfügbarkeit und Fi-nanzierung. Die Auswertung der insgesamt 20 Checklisten hat gezeigt, dass einzelne Verkehrsknotenpunkte, in der Regel an SPNV-Stationen, schon eine sehr hohe Ausstat-tung aufweisen und teils auch kurz vor der Erweiterung zu einer „Mobilstation“ stehen, während für andere Stationen umfassende Ausstattungserweiterungen kurz- bis mittel-fristig in Planung sind. Die Arbeitsgruppe arbeitet nun an einem gemeinsamen Vorgehen, um die entwickelten Pro-jekte zeitnah umsetzen zu können.

Gleichzeitig werden die Ergebnisse aus der Diskussi-on über Pilotstandorte auch von der S.U.N.-Geschäftsstelle regelmäßig in einen gesamtregionalen Austausch einge-bracht und in der Kommunikation mit dem Land bezüglich Umsetzungsschritten und Fördermöglichkeiten genutzt.

Nach wie vor stehen noch Punkte auf der Agenda. Dazu gehören die Erarbeitung des regionalen Gesamtkon-zeptes, die weitere Begleitung der Pilotstationen, der Aus-

tausch mit anderen Städten und Regionen oder auch die Erarbeitung von Konzepten für Mobilstationen in Wohn- und Gewerbegebieten.

Bewertung der ErfahrungenAus Sicht der Innovationsgruppe UrbanRural SOLUTIONS ist eine solche Arbeitsgruppe gut geeignet, um einen ver-tieften regionalen Austausch im Themenfeld Mobilität zu forcieren. Sie ermöglicht eine regionale Vernetzung, einen regelmäßigen Informationsaustausch sowie den Aufbau von Expertenwissen und stärkt die Entwicklung einer regio-nalen Perspektive und Herangehensweise. Insbesondere können Finanz- und Fachplanungen bewusst integriert be-trachtet werden. Dies ist deshalb von Bedeutung, weil in solchen Prozessen oftmals eine Tendenz dazu besteht, die Finanzplanung nicht frühzeitig und in ausreichendem Maße zu integrieren. Gleichzeitig ist eine recht flexible Gestaltung und Anpassung der Inhalte, der Taktungshäufigkeit und der Teilnehmerstruktur möglich. So kann eine zunehmende Konkretisierung der Inhalte und Diskussionen erfolgen, so-dass im Idealfall spezifische Maßnahmen und Projekte um-gesetzt werden. Der Erfolg der Arbeitsgruppe im S.U.N.-Raum und der Mehrwert für die Praktiker zeigen sich auch darin, dass die Arbeitsgruppe über die Projektlaufzeit von UrbanRural SOLUTIONS hinaus fortgesetzt werden soll. Zudem können so regional abgestimmte Ergebnisse in überregionale Gesamtstrategien eingebracht werden. Grundsätzlich lässt sich solch ein Prozess auch gut auf an-dere Regionen übertragen. Ein entscheidender Erfolgsfak-tor ist die Festlegung eines engagierten „Kümmerers“, der den Prozess organisiert und unterstützt.

Literatur

Koldert, B.; Müller, T.; Reuschel, S. (2018): Räumliche Darstellungen im Kontext wohnstandortbezogener Daseinsvorsorge – der Raum Köln/Bonn. FiFo-Berichte Nr. 26.Jung, A.; Koldert, B. (2017): UrbanRural SOLUTIONS. The-menschwerpunkt „Weiterführende Schulen“ – Ein Zwischenstand aus der Praxisregion Köln. In: Newsletter Innovationsgruppen für ein nach-haltiges Landmanagement (2/2017), 9–10.Jung, A.; Koldert, B. (2019): Mobilstationen im Stadt.Umland.Netzwerk – eine Begriffseinordnung. (Wird zur Veröffentlichung vorbereitet.)

D R . B E R N H A R D KO LD E R T Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitut an der Universität zu Köln (FiFo Köln).Tel. +49 221 [email protected]

A N N A J U N G Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Dezernat Finanzen der Stadt Köln, ehemalige regionale Koordinatorin UrbanRural SOLUTIONS.Tel. +49 221 [email protected]

SA S K I A R EU SCH E L Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Dezernat Finanzen der Stadt Köln. Regionale Koordinatorin UrbanRural SOLUTIONS.Tel. +49 221 [email protected]

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36 AU S D ER A R L 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

Seit einigen Jahren wird in der Regionalentwicklung und Raumplanung viel über die Herausforderungen der kom-munalen Daseinsvorsorge und über die „[...] Gewährleis-tung eines qualitativ und quantitativ ausreichenden Ange-bots an Gütern und Dienstleistungen zu sozial verträglichen Preisen in zumutbarer Entfernung [...]“ diskutiert (BMVI 2015: 2). Würden von kommunaler Seite keine Gegenmaß-nahmen ergriffen – so liest man oft –, drohe ein (zuneh-mender) Verlust kommunaler Standortqualitäten und eine „Abwärtsspirale von Schrumpfungsprozessen“ (Milbert 2015: 3). Die vom Bundesministerium für Bildung und For-schung geförderte Innovationsgruppe UrbanRural SOLU-TIONS greift diese Thematik auf: Das interdisziplinäre For-schungsprojekt hat in Kooperation mit dem Land Niedersachsen ein räumliches Planungstool entwickelt, das Fachplanungen dabei unterstützen soll, sich den Heraus-forderungen der Daseinsvorsorge zu stellen. Dabei wird der Begriff der Daseinsvorsorge eher weit ausgelegt. Es geht grundsätzlich um Einrichtungen, die notwendig sind, um sich im alltäglichen Leben vom Wohnstandort aus zu versorgen (oder versorgt zu werden).

Mithilfe eines digitalen Planungstools, dem soge-nannten Daseinsvorsorgeatlas (kurz: DV-Atlas), kann die Versorgung der Bevölkerung mit Einrichtungen der Da-seinsvorsorge in Form von Karten und anderen Darstel-lungsoptionen kleinräumig abgebildet werden. Zudem kön-nen Erreichbarkeiten mit allen Verkehrsmitteln (öffentlicher Personennahverkehr, motorisierter Individu-alverkehr, Fuß- und Radverkehr) berechnet und dargestellt werden. Räumlich relevanten Fachplanungen wird es so möglich, mit wenigen Mausklicks Bevölkerungsdaten klein-räumig darzustellen, Einrichtungen der Daseinsvorsorge adressgenau abzubilden und Erreichbarkeiten (in Minuten oder Distanz) zu berechnen. Auf diese Weise können unter anderem Versorgungslücken aufgedeckt werden. Durch eine Szenario-Funktion soll es zudem möglich sein, Stand-ortschließungen und -neueröffnungen „durchzuspielen“.

Der DV-Atlas ist grundsätzlich so angelegt, dass er thematisch erweiterbar ist. Für die erste Version des Atlas werden die Strukturen geschaffen, um folgende Datensät-ze einpflegen zu können:

> Schulen (Differenzierungsmöglichkeit nach Schulform, Trägerschaft und Schülerzahl)

> Medizinische Grundversorgung (Ärzte und Krankenhäu-ser nach Fachrichtung)

> Einrichtungen der Kindertagesbetreuung (Differenzie-rungsmöglichkeit nach Träger, Betreuungsangebot, Aus-lastung)

> Einzelhandel (Nahversorgung)

Als Ausgabemöglichkeiten für den DV-Atlas sind ne-ben einer Bildschirm-Ansicht (siehe Abbildung) druckfähi-ge Karten, Diagramme (PDF) oder Tabellen (z.  B. Excel, CSV) vorgesehen.

Anwender und Anwenderinnen im FokusEs gibt bereits ein breites Angebot an GIS-gestützten Pla-nungstools, insbesondere für die Verkehrs- und Raumpla-nung, doch finden diese Tools nur schwer Eingang in die Planungspraxis. Als Gründe für dieses Dilemma werden un-ter anderem die mangelnde Verfügbarkeit von Geodaten, fehlende personelle Ressourcen und fehlendes fachliches Know-how zur Bedienung von (Fach-)Software genannt. Zudem sind Planungstools sehr komplex und oft nicht an die Bedürfnisse der tatsächlichen Fragestellungen ange-passt (te Brömmelstroet 2013; Silva/Bertolini/te Brömmel-stroet et al. 2017).

Nicht zuletzt deshalb sollte bei der Entwicklung unse-res Planungstools der nutzerorientierte Ansatz im Fokus stehen. So wurden seit Projektbeginn Praktiker und Prakti-kerinnen in die Entwicklung des DV-Atlas eingebunden und fortlaufend beteiligt, um die Bedürfnisse und Praxisanfor-derungen der potenziellen Nutzer in der Daseinsvorsorge-planung aufzudecken. Ziel ist es, den DV-Atlas so nah wie möglich an der Praxis zu entwickeln und ihn einfach und verständlich in der Bedienung zu halten, damit er als nied-rigschwellige Software auch von GIS-Laien benutzt werden kann. Ganz bewusst wurde der Daseinsvorsorgeatlas daher auch als Open-Source-Software entwickelt, die über einen Internetbrowser aufgerufen werden kann, ohne dass eine teure Software installiert werden muss.

Damit das angestrebte Ziel der Praxisnähe erreicht werden kann, wurden in einem ersten Schritt die zukünfti-gen potenziellen Nutzenden des Planungstools ermittelt. In der Daseinsvorsorge gibt es nicht den einen kommuna-len „Daseinsvorsorgeplaner“, sondern eine interdisziplinä-re Zielgruppe aus verschiedenen Institutionen und Fach-planungen. Neben Stadt- und Regionalplanenden be- schäftigen sich auch die Sozial-, die Schul- oder die Ki-ta-Bedarfsplanung mit wohnstandortbezogener Daseins-vorsorge. Der DV-Atlas bewegt sich also in einem Span-

DER DASEINSVORSORGEATLASVon der Idee zum digitalen Planungstool

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nungsfeld: Er wird sowohl von Planenden genutzt, die es gewohnt sind, mit räumlichen Informationen zu arbeiten, als auch von denen, die sich räumliche Fragen stellen, die-se aber (bisher) aus verschiedenen Gründen (mangelnde Software, fehlendes Know-how, fehlende Geodaten etc.) nicht raumbezogen analysiert haben. Das erklärte Ziel für den DV-Atlas ist es, die Anforderungen der unterschiedli-chen Fachdisziplinen bzw. Zielgruppen unabhängig von deren Erfahrung mit räumlichen Analysen zu ermitteln und in ein Planungstool zu übersetzen. Auf diese Weise soll das Nutzerpotenzial voll ausgeschöpft und das neue Tool einer möglichst breiten Anzahl an Fachplanenden zugänglich ge-macht werden.

Man redet drüber! Vom Interview zum PrototypenAber wie ermittelt man die Anforderungen an ein solches Tool? Man redet darüber! Dies haben wir in Workshops mit Regional-, Stadt- und Sozialplanenden sowie in Einzel- und Gruppeninterviews mit Sozial-, Schul- und Gesundheits-planenden getan. Die zentrale Fragestellung war nicht: „Was brauchen Sie?“, sondern: „Was machen Sie?“. Ziel der Gespräche war es, die inhaltlichen Anforderungen an ein räumliches Planungstool zu erheben und gleichzeitig Hemmnisse aufzudecken, die die Nutzung und Implemen-tierung eines (neuen) Planungstools erschweren. Die zen-trale Frage der Interviews war: „Welche Fragen tauchen in Ihrem Arbeitsalltag immer wieder auf, die mit einem räum-lichen Planungstool beantwortet werden könnten?“ Die Interviewten skizzierten, wie wiederkehrende Aufgaben im Arbeitsalltag erledigt werden, welche Fragen sie sich wa- rum stellen und wo sie aktuell noch Verbesserungspoten-

ziale in ihrer Aufgabenwahrnehmung sehen. So beschränkt sich die kommunale Kitabedarfsplanung häufig auf eine reine Tabellenkalkulation. Für räumliche Analysen zur Si-cherstellung einer wohnortnahen Versorgung wird häufig beispielsweise auf Google Maps zurückgegriffen. Die Be-rechnung von Erreichbarkeiten der nächstgelegenen Kin-dertageseinrichtung, wie sie zukünftig mit dem DV-Atlas möglich sein wird, stellt hierfür nicht nur eine Alternative dar, sondern bietet weitere Kennzahlen zur Analyse. Eine Visualisierung der Angebotslandschaft mit Daseinsvor-sorgeinfrastrukturen in Karten oder die Berechnung von Erreichbarkeiten kann zudem den formalen Planungspro-zess unterstützen und politische Entscheidungen durch die Aufbereitung von Sachverhalten wie Standortverlage-rungen, -schließungen und -eröffnungen mit vorbereiten.

Die Entwicklung der PlanungssoftwareUnsere Aufgabe als Entwicklungsteam war es, die inhaltli-chen und organisatorischen Anforderungen der verschie-denen Fachbereiche und Nutzerkreise auszuwerten. Dabei erwies es sich als Herausforderung, aus einer Vielzahl indi-vidueller Praxisanforderungen unterschiedlicher Themen-gebiete den gemeinsamen Nenner, sprich die Funktionen des Planungstools herauszuarbeiten. Zum einen sollte der DV-Atlas so gestaltet werden, dass er für die Analysen der verschiedenen Fachplanungen ausreichend angepasst ist, zum anderen sollte er die entscheidenden, allgemeingülti-gen Fragen für alle Themengebiete der Daseinsvorsorge gleichermaßen beantworten. Zusammengefasst sind fol-gende Fragen für die Daseinsvorsorgeplanung aller The-menbereiche als relevant identifiziert worden:

Oberfläche des Prototypen Daseinsvorsorgeatlas im Eingabemodus

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38 AU S D ER A R L 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

> Wie sind Daseinsvorsorgeeinrichtungen im Raum ver-teilt?

> Wie ist die Bevölkerung altersdifferenziert im Raum ver-teilt?

> Wie sind die Kapazitäten von Daseinsvorsorgeeinrich-tungen? (Wie viele freie Plätze gibt es beispielsweise ak-tuell in der Gemeinde X in Kindertagesstätten?)

> Wie kann die Bevölkerung diese Einrichtungen mit ver-schiedenen Verkehrsmitteln (ÖPNV, Pkw, mit dem Fahr-rad oder zu Fuß) erreichen?

> Was verändert sich, wenn eine Einrichtung schließt oder eine neue Einrichtung eröffnet wird?

Auf Basis des generierten Wissens wurde ein Proto-typ entwickelt. Die Anwendung teilt sich in ein „Eingabe- und Aktualisierungsmodul“ und ein „Ausgabemodul“ auf. Das Konzept besteht zusammengefasst aus folgenden Komponenten:

> Oberfläche, die per Browser geöffnet werden kann

> Eingabe- und Aktualisierungsmodul zur Dateneingabe, -pflege und -aktualisierung

> Ausgabemodul zur Berechnung einfacher räumlicher Kennzahlen und Erreichbarkeiten

Aktuell befassen wir uns mit der Programmierung des Eingabe- und Aktualisierungsmoduls für den Themen- schwerpunkt „Kindertagesbetreuung“. Dabei wird der An-satz des sogenannten Design Thinking (Erprobung eines Prototyps in mehreren Testschleifen) verfolgt. Durch die Auswertung und direkte Einarbeitung des Testfeedbacks sowohl innerhalb der Projektgruppe als auch durch externe Fachplanende wird das Planungstool so noch während sei-ner Entstehung fortlaufend verbessert. In iterativen Schlei-fen zwischen der TU Hamburg und den Partnern aus dem Land Niedersachsen werden auf diese Weise nach und nach alle vorgesehenen Themen wohnstandortbezogener Daseinsvorsorge (Kindertagesbetreuung, Einzelhandel, Schulen, medizinische Grundversorgung) in den DV-Atlas eingefügt. Nach Abschluss der Testphase des Eingabe- und Aktualisierungsmoduls wird mit der Programmierung und Erprobung des Ausgabemoduls begonnen. Auch für diese Prototypentestphase wird das Modul sowohl intern als auch mit Fachplanenden in der Praxis getestet werden. Eine Freischaltung der ersten Version des neuen Planungs-tools „Daseinsvorsorgeatlas Niedersachsen“ ist im ersten Quartal 2019 auf der Abschlusskonferenz der Innovations-gruppe UrbanRural SOLUTIONS vorgesehen.

Literatur

BMVI – Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (Hrsg.) (2015): Aktionsprogramm regionale Daseinsvorsorge. Bilanz des Aktionsprogramms. MORO-Informationen 10/6.Milbert, A. (2015): Wachsen oder schrumpfen? BBSR-Analysen KOM-PAKT 12/2015.Silva, C.; Bertolini, L.; te Brömmelstroet, M.; Milakis, D.; Papa, E. (2017): Accessibility instruments in planning practice: Bridging the implementation gap. In: Transport Policy, 53, 135–145.te Brömmelstroet, M. (2013): Performance of planning support sys-tems: What is it, and how do we report on it? In: Computers, Environ-ment and Urban Systems, 41, 299–308.

CH A R LOT TE PU SCH Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Verkehrsplanung und Logistik der Technischen Universität HamburgTel. +49 40 [email protected]

G E S I N E N IT S I OS Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Verkehrsplanung und Logistik der Technischen Universität HamburgTel. +49 40 [email protected]

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Die Tätigkeit der ARL wird maßgeblich durch ihr personel-les Netzwerk definiert und getragen. Das enge Zusammen-wirken von Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftlern und Praktikerinnen/Praktikern in zumeist zeitlich befristeten Arbeitsgremien ist nicht nur konstitutives Merkmal der ARL, sondern auch ein besonderes Anliegen. Die damit ver-bundenen Ziele gewinnen in Forschungspolitik und metho-dischen Diskursen gegenwärtig an Bedeutung. Denn der transdisziplinäre Arbeitsansatz – gekennzeichnet durch die Orientierung an konkreten gesellschaftlichen Problemen und die Integration unterschiedlicher Wissensbestände – hat sich seit den 1990er Jahren etabliert. Doch was bedeu-tet das konkret für die Arbeitsgremien der ARL?

Über diese Frage diskutierten die gut 30 Teilnehmen-den des ARL-Sommerkolloquiums am 31. August 2018 in Hannover. Ziel der Veranstaltung war es, den transdiszipli-nären Arbeitsansatz der ARL zu reflektieren und weiterzu-entwickeln. Denn auch etablierte Arbeitsweisen bergen bisweilen Herausforderungen und Erklärungsbedarf. Unter den Teilnehmenden waren Mitglieder und Mitwirkende der ARL sowie Personen, die sich in den relevanten Themenbe-reichen engagieren, die Akademie aber nur vage kennen und somit neue Impulse liefern konnten.

Inspirierend war der Vortrag von Dr. Dagmar Simon, Geschäftsführerin von „EVACONSULT – Evaluierung, For-schung, Beratung“, die mit besonderem Fokus auf der Nachwuchsförderung über den Wandel im Verhältnis von Wissenschaft und Gesellschaft sprach. Eine prägnante Zu-sammenfassung von Kriterien für nachhaltige und gesell-schaftlich verantwortungsvolle Forschungsprozesse (ent-standen im BMBF-Verbundprojekt „LeNa – Nachhaltig- keitsmanagement in außeruniversitären Forschungsorga-nisationen“, an dem Einrichtungen der Fraunhofer-Gesell-schaft, der Helmholtz-Gesellschaft und der Leibniz-Ge-meinschaft beteiligt waren) lieferte Prof. Dr. Katharina Helming vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsfor-schung (ZALF).

Im Mittelpunkt des Sommerkolloquiums stand die Ar-beit in drei Kleingruppen zu folgenden Themen:

> Transdisziplinarität und ihre Ausgestaltung in der ARL

> Qualitätsstandards, Monitoring und Evaluierung

> Societal Impact

Hier wurden die Formate der Themenfindung, Wis-sensgenerierung und Ergebnisvermittlung hinterfragt. Die Qualität der Arbeitsgremien wurde reflektiert und die mög-lichen Wirkungen der Akademiearbeit in der Gesellschaft wurden abgeschätzt. Für eine pointierte Zusammenfas-sung der Ergebnisse aus den Kleingruppen sorgte Prof. Dr. Matthias Bergmann vom Institut für sozial-ökologische For-schung (ISOE), der seit vielen Jahren zu transdisziplinären Arbeitsmethoden forscht und lehrt und u.  a. Mitglied im Nutzerbeirat der ARL ist.

Neben Lob und Kritik gab es in den Kleingruppen und im Plenum viele hilfreiche Anregungen, die nun in der ARL-Geschäftsstelle ausgewertet werden. Dabei wird es nicht nur um die interne Weiterentwicklung der Arbeits-prozesse gehen, sondern auch um die Außendarstellung der vielfältigen Tätigkeiten sowie der Arbeitsweise der Aka-demie.

D R . I N A PE TE R SStabsstelle WissenschaftsmanagementTel. +49 511 [email protected]

TRANSDISZIPLINARITÄT IN DER ARLRückblick auf das ARL-Sommerkolloquium am 31. August 2018 in Hannover

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Unter dem Titel „Small and medium-sized cities: New deal, new ways of dialogue?” veranstaltete die ARL mit dem Ins-titut für Geographie und Raumplanung der Universität Lille die diesjährige Summer School. Gemeinsam mit dem Insti-tutsleiter, Prof. Didier Paris, führte Prof. Dr. Rainer Daniel-zyk, Generalsekretär der ARL, durch das viertägige Pro-gramm zu den Fragen: Was zeichnet Klein- und Mittelstädte aus? Wie lassen sie sich differenzieren? Welche Entwick-lungsoptionen bestehen vor dem Hintergrund räumlicher, sozialer und ökonomischer Diversifizierungstendenzen?

Die Veranstaltung auf dem Campus Cité Scientifique in Lille startete mit einer öffentlichen Einführungsvorle-sung von Dr hab. inż. arch. Izabella Mironowicz (Wrocław University of Science and Technology), die Reflektionen über Narrative von Klein- und Mittelstädten vorstellte. Um eine gemeinsame Sprache unter den internationalen Teil-nehmenden der Summer School zu finden, wurde intensiv über Definitionsmöglichkeiten und Betrachtungskontexte diskutiert. Unter Einbeziehung politisch-planerischer Zu-sammenhänge referierten Prof. Didier Paris und Prof.

DIE ROLLE VON KLEIN- UND MITTELSTÄDTEN ALS „WINDOWS OF OPPORTUNITIES“8. ARL International Summer School vom 5. bis 8. September 2018 in Lille

Teilnehmer an der Exkursion nach Dunkerque

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4102 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L AU S D ER A R L

Christophe Demazière (Universität Tours) über aktuelle Entwicklungen in Frankreich. Daneben stellten sie Regiona-lisierungs- und Vernetzungsansätze vor, während Dr. Oli-vier Sykes (Universität Liverpool) eine Verbindung zwi-schen (medialen) Bildern, Realitäten und dem Brexit für unterschiedliche Stadttypen in England zog. Die Promovie-renden gewährten in ihren Beiträgen spannende Einblicke in nordafrikanische, pakistanische, polnische, französische und deutsche Problemstellungen, aber auch Lösungsansät-ze im Umgang mit Klein- und Mittelstädten.

Die Frage, wie und wohin sich Klein- und Mittelstädte entwickeln können, wurde anhand von Fallbeispielen mit dem Fokus auf Revitalisierungsmaßnahmen erläutert. Prof. Dr. Sabine Baumgart, Vizepräsidentin der ARL und ehema-lige Professorin der TU Dortmund, ging in ihrem Vortrag u. a. auf deutsche Förderprogramme und Erneuerungsstra-tegien ein. Auch Beteiligungsformate und das Zusammen-spiel vielfältiger Akteure wurden in den Blick genommen, um nicht nur den Status quo zu verstehen, sondern auf dessen Grundlage auch die Zukunft besser planen zu kön-nen. Change Management, Government und Partizipation waren daher Themen, die in den Ausführungen von Prof. Dr. Peter Dehne (Hochschule Neubrandenburg) über vier „Zukunftsstädte“ zur Sprache kamen. Mit Klein- und Mittel-städten als Experimentierfeldern und unterschiedlichen „windows of opportunities“ sowie mit den damit einherge-henden (Un-)Sicherheiten beim Finden des „richtigen Wegs“ zu einer nachhaltigen Entwicklung zwischen Wachs-tum und Schrumpfung setzten sich auch Promovierende auseinander.

Wie Entwicklungschancen genutzt und umgesetzt werden können, konnten die Promovierenden und die Do-zentinnen/Dozenten bei der Exkursion nach Dunkerque, einer französischen Hafenstadt an der Kanalküste, sehen und erleben. Im Prozess der Revitalisierung wurden in die-ser Mittelstadt in den letzten Jahren nicht nur bauliche und gestalterische Aufwertungsmaßnahmen in der Innenstadt durchgeführt, sondern auch Investitionen in das lokale und regionale Verkehrsnetz sowie den Handel getätigt. Die Ex-kursion führte u. a. zu zwei neu entstandenen Museen und dem „Working Co“ als Leuchtturmprojekt für die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen und -formen. Zudem konnten Zukunftsvisionen mit lokalen Experten diskutiert werden.

Die ARL International Summer School ist fester Be-standteil des Förderprogramms für den wissenschaftlichen Nachwuchs und wird jährlich von der ARL-Geschäftsstelle in Kooperation mit wechselnden Partnern veranstaltet. Ziel ist es, den Promovierenden Gelegenheit zu geben, ihre For-schungsansätze und erste Ergebnisse mit ausgewiesenen Expertinnen/Experten und anderen Promovierenden zu diskutieren sowie neue Ansätze und Fragestellungen zu entwickeln. Sie können außerdem ihr professionelles Netz-werk erweitern und erste Erfahrungen in der Publikation wissenschaftlicher Arbeiten sammeln. Darüber hinaus möchte die ARL durch die Summer School das Interesse des wissenschaftlichen Nachwuchses an der Akademiear-beit wecken und die Zusammenarbeit mit internationalen Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftlern und Praktikerin-nen/Praktikern stärken.

Das Fazit der zehn Promovierenden: Die ARL Interna-tional Summer School 2018 mit interessanten Themen im heterogenen Untersuchungsfeld der Klein- und Mittelstäd-te war eine gelungene Veranstaltung, geprägt durch einen intensiven, engagierten Austausch in familiärer Atmosphä-re. Sie hat die Promovierenden persönlich und wissen-schaftlich stark vorangebracht. Aus Sicht der ARL ist die Veranstaltung zudem ein weiteres erfolgreiches Element der vor kurzem neu belebten deutsch-französischen Zu-sammenarbeit.

A N G E LI N A G Ö BWissenschaftliche MitarbeiterinTel. +49 511 [email protected]

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42 AU S D ER A R L 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

Nach den Sitzungen des IIK Regionalplanung im Jahre 2017 in Fulda bzw. Berlin hat sich dieses Gremium personell er-weitert und verjüngt. Insgesamt sieben neue Mitglieder wurden nach einem Call for Membership im Sommer 2017 durch das Präsidium der ARL berufen. Somit umfasst der IIK Regionalplanung nun, nach dem Ausscheiden einzelner Personen, insgesamt 24 Akteure aus Praxis und Wissen-schaft. Hierbei wurde angestrebt, die gesamte Breite der bundesdeutschen Regionalplanung in Praxis und Wissen-schaft abzubilden.

Die Sitzung am 5./6 Mai 2017 in Fulda wurde über-schattet vom plötzlichen und für alle Mitglieder kaum fass-baren Tode unseres langjährigen Mitglieds Prof. Dr. Dirk Vallée aus Aachen. Nicht nur fachlich hat er eine kaum zu schließende Lücke hinterlassen. Wir haben mit Dirk Vallée auch einen offenen, angenehmen und sympathischen Kol-legen, der für unsere Themen höchst engagiert war, verlo-ren. Dieser menschliche Verlust ist für alle, die ihn gekannt haben, nur schwer zu verschmerzen.

Thematische Schwerpunkte der letzten Sitzungen

> Ein Erfahrungsbericht mit Diskussion zum Modellvorha-ben „Regionaler Flächennutzungsplan (RFNP) in Meck-lenburg-Vorpommern“: Im Unterschied zur ursprüngli-chen Intention dieses raumordnerischen Instruments stehen hierbei landesplanerische Ansätze zur Entwick-lung ländlicher Räume im Vordergrund, wie z. B. das We-cken endogener Potenziale, die Erhöhung von Förder-mitteln und die Erleichterung einzelner Fördervoraus- setzungen sowie eine Stärkung der Zusammenarbeit der Nahbereiche (Grundzentrum und Versorgungsbereich). Hintergrund der Überlegungen waren die spezifische Gemeindestruktur mit Kleinstgemeinden (durchschnitt-lich 500 Einwohner) in diesem Bundesland, die in der Regel keinen Flächennutzungsplan haben. Ziel ist, über konkrete Sachthemen vor Ort zu künftigen Inhalten ei-nes RFNP als Mittel der Verbindlichkeit und der Kon-

fliktlösung zu kommen. Nach weiterer Diskussion befür-wortete der IIK Regionalplanung, einen fachlichen Workshop zum RFNP zu einem späteren Zeitpunkt durchzuführen.

> Unter dem Titel „Wirkungen des § 13b BauGB – Konse-quenzen für die Regionalplanung“ wurden aus den ver-schiedenen Bundesländern erste Erfahrungen aufgrund der Anwendung dieses neuen Paragraphen dargelegt. Da bisher nur recht wenige Anwendungsfälle und somit Erfahrungen vorliegen und die Einschätzungen seitens der Regionalplanung noch sehr ambivalent sind, wurde beschlossen, sich dieser Thematik noch einmal zu wid-men.

> Zur Thematik „Klagen Privater gegen Regionalpläne!?“ gab es eine Präsentation mit anschließender Diskussion. Thomas Kiwitt und Frank Reitzig berichteten über aktu-elle Entwicklungen aus der Praxis und der laufenden Rechtsprechung. Dabei wurde deutlich, dass sich die Anforderungen an rechtssichere Regionalpläne erheb-lich steigern werden. Der IIK wird sich auch zukünftig dieser Thematik widmen und anhand von Praxisfällen aktuelle Fragen diskutieren.

> Mit einer Präsentation zur Umsetzung des Nachhaltig-keits-/Flächensparziels (30-ha-Ziel) machte Prof. Dr.-Ing. Christian Jacoby einen Aufschlag zur weiteren ver-tiefenden Befassung mit dem Thema.

Diesjährige Sitzungen mit neuen MitgliedernDas erste Treffen mit den neuen Mitgliedern fand am 16./17. März 2018 in Hannover statt. Hier wurden die the-matischen Schwerpunkte der weiteren Arbeit beschlossen:

> Was kann/soll Raumordnung spezifisch festlegen? Was kann und muss Raumordnung koordinieren? (Weiter-entwicklung Schlanker Regionalplan, Strategische Regio-nalplanung etc.)

INFORMATIONS- UNDINITIATIVKREIS REGIONALPLANUNG Bearbeitung aktueller regionalplanerischer Themenfelder mit neuen Mitgliedern

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4302 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L AU S D ER A R L

> Steuerung des großflächigen Einzelhandels (aktiver/pas-siver Bestandsschutz)

> Regionaler Flächennutzungsplan für Nahbereiche in strukturschwachen, ländlichen Räumen, auch als Instru-ment der Regionalentwicklung, speziell zur Bewältigung des demografischen Wandels

> Neue Akteure im Bereich der Stadtentwicklung bzgl. „Smart Cities“ – Chance für „Smart Regions“

> Umsetzung des Nachhaltigkeits-/Flächensparziels (30 ha-Ziel) im Spannungsverhältnis zu Anreizen für Wohn-bauflächenentwicklung in Kommunen

Die zweite Sitzung im Jahr 2018 fand auf Einladung von Museumsdirektor Jens Scheller im Freilichtmuseum Hessenpark am 28./29. September 2018 statt. Es wurde ne-ben aktuellen Berichten aus den Aufgabenbereichen der anwesenden Mitglieder vor allem ein erstes Papier zum Themenfeld „Was kann/soll Raumordnung spezifisch festle-gen? Was kann und muss Raumordnung koordinieren?“ dis-kutiert.

Der IIK strebt an, ein Positionspapier unter dem Ar-beitstitel „Zukunftsgestaltung durch Landes- und Regional-planung“ zu erarbeiten. Hierzu wird ein kleines Arbeitsteam die vorliegenden Überlegungen weiterentwickeln und ei-nen ersten Entwurf formulieren. Dieser Entwurf soll beim nächsten Treffen des IIK Regionalplanung am 15. und 16. März 2019 beim Regionalverband Ruhr in Essen diskutiert werden.

PRO F. D R .- I N G . H A N S -J Ö RG D O M H A R [email protected]

PE TR A SCH M I DT- K A D E [email protected]

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44 AU S D ER A R L 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

NEUERSCHEINUNGEN

WOHNEN IN STÄDTISCHEN R ÄUMEN – ANSÄT ZE FÜR EINE INTEGRIERTE ENT WICKLUNG

Mei-Ing Ruprecht, Judith Marie Böttcher (Hrsg.

Die Bereitstellung einer angemessenen und ausreichenden Wohnraumversorgung in Städten und Verdichtungsräu-men stellt angesichts der globalen, regionalen und lokalen Transformationsprozesse eine besondere Herausforde-rung für eine nachhaltige Stadt- und Regionalentwicklung dar.

Die Arbeitsgruppe „Neue Wege für die integrierte Entwicklung des Wohnens in städtischen Räumen“ des Jun-gen Forums versteht eine integrierte Entwicklung des Wohnens als einen Prozess, der im Idealfall die vier Dimen-sionen „Räumliche Ebenen“, „Akteure“, „Ressourcen“ und „Handlungsfelder“ gleichzeitig berücksichtigt. Bei der Aus-einandersetzung ging es den Teilnehmenden um die Suche nach „neuen Wegen“, um diese vier Dimensionen in Ein-klang zu bringen. Im Rahmen der Arbeitsgruppe wurden zum einen Handlungslogiken von Akteuren nachvollzogen, unterschiedliche Kooperationsformen untersucht sowie Hemmnisse und Erfolgsfaktoren der Zusammenarbeit her-ausgearbeitet. Damit konnte der Beitrag, den kooperative Ansätze für eine integrierte Entwicklung des Wohnens bie-ten, dargestellt werden. Mit zwei vergleichenden Fallstudi-en wurde zum anderen ein stadtregionaler Planungsinfor-mationsaustausch als weiterer „neuer Weg“ betrachtet. Die beiden Arbeitsschwerpunkte zeigten, dass ein wesentli-cher Erfolgsfaktor für die Umsetzung einer integrierten Entwicklung des Wohnens der Steuerungsmix aus infor-mellen und formellen Instrumenten ist. Für den Wissens- transfer wurden spielerische Ansätze in Form eines Wis-senschaftscomics und eines Planspiels genutzt, um jüngere Zielgruppen anzusprechen und die Komplexität des The-mas „integrierte Entwicklung des Wohnens“ begreifbarer zu machen.

Dieses Positionspapier wurde von Mitgliedern der Arbeits-gruppe „Einfamilienhausgebiete im Umbruch“ der Landes-arbeitsgemeinschaft Nordrhein-Westfalen der Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL) erarbeitet.

Das Thema „Einfamilienhausgebiete im Umbruch“ ist eine unterschätzte Herausforderung für viele Kommunen. Derzeit steht es noch nicht im Fokus politischer, planeri-scher und wissenschaftlicher Debatten. Insbesondere die Flüchtlingszuwanderung in den letzten Jahren hat die Dis-kussion um die Gestaltung von Raumentwicklung unter Schrumpfungsbedingungen in vielen Regionen ausgesetzt. Dabei werden die grundsätzlichen demografischen und ge-sellschaftlichen Megatrends von Schrumpfung, Alterung und Metropolisierung durch kurzfristige demografische Trendänderungen in der langfristigen Entwicklungspers-pektive nicht merklich verändert werden.

Die Auswirkungen des demografischen und gesell-schaftlichen Wandels und die damit verbundene veränder-te Marktsituation führen zu einer Umbruchsituation in im-mer mehr Einfamilienhausgebieten (kurz: EFH-Gebiete) der 1950er bis 1970er Jahre. Es lassen sich regional unter-schiedliche Betroffenheiten älterer EFH-Gebiete identifi-zieren. Dementsprechend lassen sich für unterschiedliche Raumkategorien verschiedene städtebauliche Ziele und Handlungsbedarfe mit unterschiedlichen Prioritäten hin-sichtlich des Umgangs mit älteren Einfamilienhausbestän-den ableiten.

Der fortschreitende bauliche wie demografische Al-terungsprozess der EFH-Gebiete und die damit verbunde-nen Entwicklungsrisiken und Herausforderungen machen einen Perspektivwechsel hin zu mehr integrierter Quar- tiersentwicklung notwendig, die in eine gesamtstädtische Entwicklungsstrategie eingebettet sein sollte.

ÄLTERE EINFA MILIENHAUSGEBIE TE IM UMBRUCH Eine unterschätzte planerische Herausforderung – Zur Situation in Nordrhein-Westfalen

Arbeitsberichte der ARL 24Hannover 2018, 96 S., Abb.ISBN 978-3-88838-417-2 (PDF-Version)ISBN 978-3-88838-418-9 (Print-Version)

Positionspapier aus der ARL 109Hannover 2018, 28 S., Abb.ISSN 1611-9983

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4502 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L AU S D ER A R L

Grundlage dieses Positionspapiers sind die Beiträge der Mitglieder und Gäste einer Arbeitsgruppe der Landesar-beitsgemeinschaft Bremen / Hamburg / Niedersachsen / Schleswig-Holstein der ARL. Die Untersuchungen zu ausge-wählten Städten und Regionen in Nordwestdeutschland ergeben ein mannigfaltiges Bild zu Reurbanisierungsten-denzen und deren Folgen. So haben nahezu alle untersuch-ten Städte in den letzten Jahren teilweise deutliche Ein-wohnerzuwächse zu verzeichnen und weisen einen klaren Reurbanisierungstrend auf, bei gleichzeitig gestiegener Ab-wanderungen ins Umland der großen Zentren Hamburg, Bremen und Hannover. Die Autoren treffen Aussagen zu den Trägern der Reurbanisierung und deren Beweggrün-den sowie zu aktuellen Tendenzen von Wohnstandortent-scheidungen im Untersuchungsgebiet.

Nach zusammenfassenden Befunden zur Reurbani-sierung in Nordwestdeutschland stehen Handlungsemp-fehlungen für die raumbezogene Politik und Planung in Städten und Stadtregionen zum Umgang mit Reurbanisie-rung im Zentrum. Die Autoren zeigen ebenso Forschungs-bedarfe auf und bieten viel Diskussionsstoff für die raum-wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema.

Die Ergebnisse werden in der Reihe Arbeitsberichte der ARL unter dem Titel „Reurbanisierung zwischen Wunsch und Wirklichkeit – Ein Blick auf nordwestdeutsche Städte und Regionen“ veröffentlicht.

REURBANISIERUNG IN NORDWEST- DEUTSCHEN STÄDTEN UND REGIONENBefunde, Handlungsempfehlungen, Forschungsbedarf

Dieses Positionspapier wurde von Mitgliedern der Landes-arbeitsgemeinschaft Bayern der Akademie für Raumfor-schung und Landesplanung (ARL) erarbeitet.

Es werden Vorschläge entwickelt und zur Diskussion gestellt, die dazu beitragen können, den anhaltend hohen ‚Flächenverbrauch‘ in Bayern – also den Zuwachs an Sied-lungs- und Verkehrsfläche – zu begrenzen. Eine wirksame Begrenzung ist erforderlich, weil Fläche, wie auch der Bo-den, eine endliche Ressource darstellt, und weil insbeson-dere naturnahe Flächen zurückgedrängt werden, was unter anderem Folgen für die Biodiversität und den Artenschutz hat. Zudem widerspricht die anhaltend hohe Flächenneu- inanspruchnahme in Bayern sowohl den Geboten des Bau-gesetzbuchs als auch den Zielsetzungen der Landesplanung und den Nachhaltigkeitszielen der Bundesregierung. Die bestehenden Instrumente der Raumordnung und Landes-planung sind jedoch offensichtlich nicht wirksam genug, um der Entwicklung gegenzusteuern.

BEGRENZUNG DER FL ÄCHENNEUINANSPRUCHNAHME IN BAYERN

Positionspapier aus der ARL 111Hannover 2018, 15 S.ISSN 1611-9983

Positionspapier aus der ARL 110Hannover 2018, 13 S.ISSN 1611-9983

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46 AU S D ER A R L 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

An international working group of the Academy for Spatial Research and Planning (ARL) chaired by Prof. Dr. Bernd Scholl, ETH Zurich from 2015 until 2018 addressed open questions and challenges regarding the spatial and railway development of the TEN-T Orient/East-Mediterranean Corridor (OEM) Hamburg – Athens. Recently, important insights were published by the ARL as position paper.

From the working group`s point of view, the Orient/East-Med Corridor is of utmost importance for the future cohesion of Europe. With its length of more than 2`000 km it connects the strong economic zones of the western EU member states to the prospering capital regions of the southeastern EU member states. The position paper in-cludes the “Assessment positions” of four years of inten-sive work as well as a draft for the future actions (“posi-tions and recommendations”). According to the experts, the further development of the corridor is of strategic im-portance:

1. The Orient/East-Med Corridor can contribute to pro-mote social cohesion of the population along the corri-dor. The shortfall in economic development could be decreased, especially in southeast Europe. This could also collectively strengthen the economic competitive-ness of Europe in general.

2. The transfer of freight transport from road to rail, called for by the EU, especially in the case of the OEM Corri-dor, would contribute to balancing hinterland transport from the maritime harbours. The overloaded hinterland corridors in northwest Europe could be relieved of con-siderable traffic if the harbours of Piraeus and Thessa-loniki and the Adriatic harbours played a stronger role.

3. Appropriately integrated development of the Corridor enables promising opportunities for sustainable settle-ment and spatial development in the catchment areas of railway stations and in hub areas of public transport.

SPATIAL AND TR ANSPORT DE VELOPMENT IN EUROPE AN CORRIDORS – E X A MPLE CORRIDOR: ORIENT/ E A ST- MEDConnecting and Competing in Spaces of European Importance

Der vorliegende Sammelband befasst sich mit einem be-deutsamen Instrument des deutschen Raumplanungssys-tems: dem Raumordnungsverfahren. Dieses Verfahren kommt dann zum Einsatz, wenn größere, raumbedeutsame Projekte geplant sind – etwa eine neue Bundesfernstraße oder ein Factory-Outlet-Center. Bevor es in die Detail- planung des jeweiligen Projekts geht, prüft das Raumord-nungsverfahren, ob und inwieweit der geplante Vorhaben-standort bzw. die Vorhabentrasse raum- und umwelt- verträglich ist. Oft werden zudem verschiedene Standort- oder Trassenalternativen miteinander verglichen und mit-hilfe des Raumordnungsverfahrens wird die raum- und um-weltverträglichste Alternative bestimmt.

Der Sammelband bietet sowohl „Einsteigern“ als auch fortgeschrittenen Kennern und Anwendern in Behör-den und Planungsbüros Einblicke in die Arbeitsweise von Raumordnungsverfahren. Im ersten Abschnitt werden Grundlagen, Zielsetzung und Funktionsweise dieses Ver-fahrenstyps vorgestellt. Der zweite Abschnitt öffnet den Blick für die Einsatzbereiche von Raumordnungsverfahren und präsentiert unterschiedliche Praxisbeispiele – von der Netzanbindung für einen Offshore-Windpark über Pump-speicherkraftwerk, Bundesstraße und Freiflächen-Photo-voltaikanlage bis zu Höchstspannungsfreileitung, Factory- Outlet-Center, Kabinen-Seilbahn und Schieneninfrastruk-tur. Wer sich vertiefend mit diesem Planungsinstrument beschäftigen möchte, findet hierfür im dritten Teil des Ban-des Anregungen. Die Autoren verschiedener Beiträge re-flektieren hier u. a. die Frage, wann es eines vorhabenbezo-genen Raumordnungsverfahrens bedarf, und wann eine Planänderung das bessere Instrument ist. Weitere Betrach-tungsgegenstände sind der Vergleich mit der Bundesfach-planung, die Einbeziehung der Öffentlichkeit und die Wei-terentwicklung des Rechtsrahmens für Raumordnungs- verfahren. Abgerundet wird der Sammelband durch kon-krete Erfahrungswerte und Hinweise zur Gestaltung von Raumordnungsverfahren und ein abschließendes Empfeh-lungskapitel.

R AUMORDNUNGS VERFAHRENGrundlagen, Beispiele, EmpfehlungenStefano Panebianco, Frank Reitzig, Hans-Jörg Domhardt, Dirk Vallée (Hrsg.)

Arbeitsberichte der ARL 25Hannover 2019, 217 S., Abb.ISBN 978-3-88838-419-6 (PDF-Version)ISBN 978-3-88838-420-2 (Print-Version)

Position Paper of the ARL 112Hanover 2019, 12 P.ISSN 1611-9983

SPATIAL AND TRANSPORT DEVELOPMENT IN EUROPEAN CORRIDORS – EXAMPLE CORRIDOR: ORIENT/EAST-MEDConnecting and Competing in Spaces of European Importance

Position Paper of the ARL 112

Die ARL ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft

Akademie für Raumforschung und Landesplanung · [email protected] · www.arl-net.deISBN 978-3-88838-419-6 (PDF-Version) · ISBN 978-3-88838-420-2 (Print-Version)

RAUMORDNUNGSVERFAHRENGrundlagen, Beispiele, EmpfehlungenStefano Panebianco, Frank Reitzig, Hans-Jörg Domhardt, Dirk Vallée (Hrsg.)

Arbeitsberichte der ARL 25

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Der vorliegende Sammelband befasst sich mit einem bedeutsamen Instrument des deutschen Raumplanungssystems: dem Raumordnungsverfahren. Dieses Verfahren kommt dann zum Ein-satz, wenn größere, raumbedeutsame Projekte geplant sind – etwa eine neue Bundesfern- straße oder ein Factory-Outlet-Center. Bevor es in die Detailplanung des jeweiligen Projekts geht, prüft das Raumordnungsverfahren, ob und inwieweit der geplante Vorhabenstandort bzw. die Vorhabentrasse raum- und umweltverträglich ist. Oft werden zudem verschiedene Standort- oder Trassenalternativen miteinander verglichen und mithilfe des Raumordnungsver-fahrens wird die raum- und umweltverträglichste Alternative bestimmt.

Der Sammelband bietet sowohl „Einsteigern“ als auch fortgeschrittenen Kennern und Anwen-dern in Behörden und Planungsbüros Einblicke in die Arbeitsweise von Raumordnungsverfah-ren. Im ersten Abschnitt werden Grundlagen, Zielsetzung und Funktionsweise dieses Verfah-renstyps vorgestellt. Der zweite Abschnitt öffnet den Blick für die Einsatzbereiche von Raumordnungsverfahren und präsentiert unterschiedliche Praxisbeispiele – von der Netzan-bindung für einen Offshore-Windpark über Pumpspeicherkraftwerk, Bundesstraße und Freiflä-chen-Photovoltaikanlage bis zu Höchstspannungsfreileitung, Factory-Outlet-Center, Kabinen-Seilbahn und Schieneninfrastruktur. Wer sich vertiefend mit diesem Planungsinstrument beschäftigen möchte, findet hierfür im dritten Teil des Bandes Anregungen. Die Autoren ver-schiedener Beiträge reflektieren hier u. a. die Frage, wann es eines vorhabenbezogenen Raum-ordnungsverfahrens bedarf, und wann eine Planänderung das bessere Instrument ist. Weitere Betrachtungsgegenstände sind der Vergleich mit der Bundesfachplanung, die Einbeziehung der Öffentlichkeit und die Weiterentwicklung des Rechtsrahmens für Raumordnungsverfahren. Ab-gerundet wird der Sammelband durch konkrete Erfahrungswerte und Hinweise zur Gestaltung von Raumordnungsverfahren und ein abschließendes Empfehlungskapitel.

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4702 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L AU S D ER A R L

PERSONEN

Prof. em. Dr. iur. Martin Lendi, ETH Zürich und Mitglied der ARL, wurde am 6. Dezember 2018 der Röpke-Preis für Zivil-gesellschaft verliehen. Damit wurden Lendis Verdienste zu-gunsten einer lebendigen Kultur des Rechts als Grundsatz des friedlichen und prosperierenden Zusammenlebens ge-

VERLEIHUNG DES RÖPKE-PREISES FÜR ZIVILGESELLSCHAFT

würdigt. Die Preisverleihung erfolgte im Rahmen der Frei-heitsfeier des „Liberalen Instituts im Dienst der Freiheit“ in Zürich, die unter dem Titel „Das Recht als Garant für die Freiheit“ stattfand.

† DIETMAR K ANSYAm 10. September 2018 verstarb im Alter von 80 Jah-ren Dr. Dietmar Kansy. Durch seine beruflichen Tätig-keiten beim Lippeverband Dortmund, bei der Stadt Hannover, insbesondere aber durch seine Mitglied-schaft im Deutschen Bundestag und im dortigen Aus-schuss für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau war er der Akademie über mehrere Jahrzehnte eng verbunden. Sein Engagement für die inhaltlichen Anlie-gen der ARL und seine Unterstützung der Akademiear-

beit wurden durch seine Berufung zum Korrespondie-renden Mitglied im Jahr 1987 gewürdigt. Er hat immer zu den wenigen Abgeordneten gehört, die sich im Bun-destag engagiert für Fragen der Raumentwicklung und Raumplanung interessiert haben.

Die Akademie wird Dietmar Kansy ein ehrendes Anden-ken bewahren.

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48 AU S R AU M FO R SCH U N G U N D - PL A N U N G 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R LAUS RAUMFORSCHUNG UND -PLANUNG

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4902 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L AU S R AU M FO R SCH U N G U N D - PL A N U N G

Die Sustainable Urbanization Global Initiative (SUGI) bietet einen neuen, einzigartigen Kooperationsrahmen für inter- und transdisziplinäre Forschungsvorhaben. Sie vereint 134 Forschende und Praxispartner wie Unternehmen, Städte und Nichtregierungsorganisationen aus 20 Ländern. Im wechselseitigen Austausch werden nachhaltige Lösungen für die Nahrungsmittelproduktion, den Energieverbrauch und den Wasserkonsum in den Städten der Zukunft erar-beitet. Vertreter der 15 Projekte, die das erste hochkompe-titive Wettbewerbsverfahren erfolgreich durchlaufen ha-ben, trafen sich im Juni zu einem ersten Kick-off-Meeting in London.

Zu diesen Projekten gehört auch das ILS-Projekt „FEW-meter – an integrative model to measure and impro-ve urban agriculture, shifting it towards circular urban me-tabolism”. Mit 11 Projektpartnern aus Frankreich, Großbri-tannien, Polen, den USA und Deutschland untersucht das ILS – Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung das Zusammenspiel von Nahrungsmittelproduktion und Energie- und Wasserverbrauch im Kontext der weltweit wachsenden urbanen Landwirtschaft.

TRANSDISZIPLINÄRE FORSCHUNGSKOOPERATIONEN IM GLOBALEN MASSSTAB

Ziel der international vergleichenden Perspektive ist die Entwicklung eines umfassenden Systems, mit dem der Beitrag bestehender Formen urbaner Landwirtschaft zur nachhaltigen Entwicklung von Städten verstanden und die Menge der produzierten Lebensmittel sowie die damit ver-bundenen Energie- und Wasserverbräuche erfasst werden können. Im Ergebnis soll eine Onlineplattform für urbane Lebensmittelproduktion entstehen, über die im Projekt ge-neriertes Wissen geteilt und Methoden vermittelt werden, mit denen sich die Ressourceneffizienz der urbanen Land-wirtschaft erhöhen lässt.

Innerhalb des internationalen Forschungsverbundes übernimmt Runrid Fox-Kämper die nationale Konsortiums-leitung.

RU N R I D FOX- K Ä M PE RILS – Institut für Landes- und StadtentwicklungsforschungTel. +49 241 4099 [email protected]

SUGI Kick-Off-Meeting am 11. und 12. Juni 2018 in London

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50 AU S R AU M FO R SCH U N G U N D - PL A N U N G 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

Experten sind sich einig: Die wachsende Kluft zwischen wirtschaftsstarken Metropolregionen und strukturschwa-chen Räumen abseits der Ballungsgebiete gefährdet die Stabilität Europas und den sozialen Zusammenhalt in der Europäischen Union. Wie es peripheren Räumen trotz un-günstiger Bedingungen und Trends dennoch gelingen kann, den Wohlstand zu fördern und das Miteinander in der Ge-sellschaft zu stärken, wollen Wissenschaftler in den kom-menden drei Jahren in Altindustrieregionen in Deutsch-land, Großbritannien, Schweden, Tschechien und Ungarn untersuchen. Für das internationale Forschungsprojekt „Agents of change in old-industrial regions in Europe“ un-ter der Leitung des IfL stellt die Volkswagen-Stiftung insge-samt 920.000 Euro zur Verfügung.

„Wir wollen besser verstehen, wie neue Entwick-lungspfade auch unter schwierigen Voraussetzungen in Altindustrieregionen entstehen können“, erklärt IfL-Wis-senschaftler und Projektkoordinator Nadir Kinossian. Ge-meinsam mit Leipziger Kollegen und Forschern aus Lund, Budapest, Ústi nad Labem und Cardiff wird er sich haupt-sächlich mit diesen Fragen befassen: Wer sind die Initiato-ren neuer Entwicklungspfade und wie sind sie regional und überregional vernetzt? Wie erkennen und nutzen die Ak-teure geeignete Zeitfenster? Welche Rolle spielen das poli-tische Umfeld, institutionelle Einstellungen und Organisa-tionskulturen? Und: Welche Hindernisse und Konflikte erschweren neue Entwicklungen?

VOLKSWAGEN-STIFTUNG BEWILLIGT 920.000 EURO FÜR FORSCHUNGSPROJEKTInternationales Vorhaben unter Leitung des Leibniz-Instituts für Länderkunde (IfL) befasst sich mit neuen Ansätzen für wirtschaftliche Entwicklung in Europas Altindustrieregionen

Die Studie untersucht erstmals neue Entwicklungs-wege in strukturschwachen Räumen Europas im transnati-onalen Vergleich. Die Wissenschaftlerinnen und Wissen-schaftler versprechen sich von dem breit angelegten Vorhaben einen differenzierteren Blick auf die unter-schiedlichen Entwicklungspotenziale altindustrialisierter Regionen, die bisher oft pauschal betrachtet wurden. Die Ergebnisse sollen dazu beitragen, regionsspezifische För-derinstrumente zu entwickeln und einzusetzen. Um die Erkenntnisse bekannt zu machen, sind mehrere Veranstal-tungen mit politischen Entscheidungsträgern vor Ort so-wie mit EU-weit operierenden Entwicklungsagenturen wie ERRIN und EURADA geplant. Das Projekt startet Anfang 2019.

Das Vorhaben wird aus dem Förderangebot „Heraus-forderungen für Europa“ der Volkswagen-Stiftung finan-ziert. Das Programm wurde angesichts zahlreicher Krisen innerhalb Europas in den vergangenen Jahren im Sommer 2017 eingerichtet und soll Erkenntnisgewinne zu grundle-genden Fragen in Bezug auf die EU-Mitgliedstaaten ermög-lichen.

D R . N A D I R K I N OS S I A NLeibniz-Institut für Lä[email protected]

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5102 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L AU S R AU M FO R SCH U N G U N D - PL A N U N G

In den vergangenen 20 Jahren ist die Zahl der Studieren-den, die ein Hochschulstudium im Ausland absolvieren, stetig gestiegen. Zudem investieren viele Hochschulen in internationale Campi (International Branch Campuses, IBC) im Ausland. Dies sind erste Indizien für eine parallele Globalisierung wissensintensiver Wirtschaftszweige und der Universitätslandschaft. Die am 1. April 2018 am Leib-niz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung (IRS) ge-startete Leibniz Junior Research Group „Constructing Transnational Spaces of Higher Education“ (TRANSEDU) befasst sich mit diesem Zusammenhang von globalisierten ökonomischen Prozessen und der Internationalisierung der Wissenschafts- und Forschungslandschaft.

Im Rahmen ihres Wettbewerbsverfahrens fördert die Leibniz-Gemeinschaft im Programm „Leibniz – Beste Köp-fe“ sogenannte Junior Research Groups, die vielverspre-chenden jungen Wissenschaftlern/Wissenschaftlerinnen die Möglichkeit geben, eigene Forschungen zu realisieren und sich damit in ihrem Forschungsfeld weiter zu etablie-ren. Die Nachwuchswissenschaftler/-innen leiten über ei-nen Zeitraum von fünf Jahren eine Nachwuchsgruppe, be-stehend aus zwei bis drei Doktoranden/Doktorandinnen. Im Winter 2017 warb Dr. Jana Kleibert vom Leibniz-Institut für Raumbezogene Sozialforschung (IRS) in Erkner die Ju-nior Research Group „TRANSEDU“ ein, die sich zum Ziel gesetzt hat, die besondere Entwicklungsdynamik der Glo-balisierung der Universitätslandschaft zu erforschen. Diese betrifft beispielsweise die neuartigen räumlichen Formen der IBCs von einem einzelnen Campus hin zu integrierten Bildungsstädten, die als „Education Cities“ vermarket wer-den. Darüber hinaus sind eine Reihe neuer Akteure und re-gionaler Fokusräume sichtbar geworden. So werden immer stärker auch europäische Universitäten in diesem Feld ak-tiv, und der Schwerpunkt verlagert sich derzeit vom Nahen Osten nach Asien. Weder die politischen und wirtschaftli-chen Hintergründe dieser Entwicklungen noch deren Impli-kationen sind bisher systematisch erforscht worden.

Drei Doktoranden, Alice Bobée, Tim Rottleb und Marc Schulz, begannen im Sommer 2018 die Arbeit in der Forschungsgruppe am IRS. In ihren humangeographisch ausgerichteten Promotionsarbeiten werden IBCs auf un-terschiedlichen Ebenen untersucht. Es werden sowohl die entstehenden globalen Universitätsnetzwerke als auch de-ren territoriale Einbettung an konkreten Orten in den Blick genommen. Prof. Dr. Neil Coe von der National University of Singapore und Prof. Dr. Bas van Heur vom Brussels Cen-tre for Urban Studies der Vrije Universiteit Brussel unter-stützen die Junior Research Group als externe Projektpart-ner.

Infos unter: www.ibc-spaces.org

D R . FE LI X CL AU S M Ü LLE RIRS – Leibniz-Institut für Raumbezogene [email protected]

NEUE JUNIOR RESEARCH GROUP AM IRS Die Globalisierung der Hochschulbildung im Fokus

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52 AU S R AU M FO R SCH U N G U N D - PL A N U N G 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

Der Förderkreis für Raum- und Umweltforschung (FRU) vergibt einen Forschungsauftrag zum Thema:

Evaluierung der Mentoring- Programme von ARL und FRU

Hintergrund des ForschungsauftragsSeit 2005 bieten ARL und FRU ein Mentoring-Programm zur Förderung weiblicher Nachwuchskräfte durch erfah-rene Wissenschaftlerinnen oder Praktikerinnen in Raum- und Umweltwissenschaften und -planung an. Erste Be-richterstattungen über das Mentoring-Programm1 ergaben überwiegend positive Beurteilungen. Inzwischen wurden kleinere Änderungen vorgenommen, wie z.  B. eine Laufzeitverlängerung auf zwei Jahre. Im Jahr 2015 wurde dieses Programm um ein Programm zur Förde-rung von jungen Frauen und Männern ergänzt. Beide Programme starten nun abwechselnd jedes zweite Jahr.

Ziele des ForschungsauftragsNach nunmehr dreizehn Jahren Laufzeit soll evaluiert werden, welche Auswirkungen die Programme für Men-tees und Mentor*innen zeigen bzw. ob Ergebnisse im Sinne der Programme feststellbar sind, welche Elemente der Mentoring-Programme als bewährt zu beurteilen sind und erhalten bleiben sollen, und ob es ggf. Weiter-entwicklungs- bzw. Veränderungsbedarf gibt.

1 Weiland, U.; Klee, A.; Knieling, J.; Scholich, D. (2012): Mentoring in der Raum- und Umweltplanung – eine Zwischenbilanz des Mento-ring-Programms von ARL und FRU. Raumforschung und Raumord-nung 70: 65-72. DOI 10.1007/s13147-011-0141-z. Weiland, U.; Klee, A.; Knieling, J. (2015): Mentoring for young Fe-male Practitioners and Scientists in Spatial and Environmental Plan-ning in Germany – Experiences of the joint Mentoring Program of the Academy for Spatial Research and Planning and the Association for Spatial and Environmental Research. International Journal of Humanities and Social Science Vol. 5 No. 4; April 2015, pp. 129-138.

Im Ergebnis möchten ARL und FRU Hinweise erhal-ten, welche Charakteristika und Elemente der Program-me von den Befragten positiv beurteilt werden und bei-behalten werden sollten, und welche modifiziert bzw. weiterentwickelt werden sollten.

Inhalte des Forschungsauftrags> Auswirkungen der Mentoring-Programme für Mentees

und Mentor*innen: Die jeweiligen Auswirkungen sol-len anhand der eigenen Einschätzungen der Befragten (Mentees und Mentor*innen) ermittelt werden, da eine quantitative Erhebung z. B. von Karrierefort-schritten, Publikationen etc. eine nicht absicherbare Ursache-Wirkungs-Beziehung voraussetzt. Mögliche Auswirkungen betreffen nicht nur berufliche Aspekte, sondern auch die Persönlichkeitsentwicklung; erfragt werden soll auch die Beurteilung des „Aufwand-Er-trags-Verhältnisses“. Faktische Karrierefortschritte können jedoch auch ohne kausalen Bezug zum Mento-ring ermittelt werden. Zum Fortbestand der Program-me ist von Bedeutung, dass auch die Mentor*innen eine positive Bilanz ihres Einsatzes in den Programmen ziehen können; insofern interessiert insbesondere auch die Beurteilung der Programme durch die Men-tor*innen. Interessant sind auch Vergleiche der ver-schiedenen Jahrgänge sowie zwischen rein weiblichen und gemischtgeschlechtlichen Programmen.

> Beurteilung der Elemente der Mentoring-Programme: Die Programmelemente können der Internetpräsenta-tion der Mentoring-Programme (https://www.arl-net.de/de/projekte/mentoring-der-raum-und-umwelt planung; http://www.fru-online.de/mentoring.shtml), den Programmflyern und den o. g. Aufsätzen entnom-men werden. Die Programmelemente wurden über die Jahre nur geringfügig geändert.

AUSSCHREIBUNG EINES FORSCHUNGSAUFTRAGS

Förderkreis für Raum- und Umweltforschung e. V.

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5302 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L AU S R AU M FO R SCH U N G U N D - PL A N U N G

Zur Methodik der Untersuchung Die Studie soll auf dem aktuellen Stand der Evaluie-rungsforschung durchgeführt werden und mit einem Mix aus qualitativen und quantitativen Methoden bear-beitet werden. Sie muss eine Zusammenfassung ent-halten.

Interessenbekundung und AusschreibungsbedingungenInteressierte Wissenschaftler*innen werden gebeten, mit einem etwa zweiseitigen Schreiben ihr Interesse an der Übernahme des Forschungsauftrags sowie ihre Überlegungen zur Methodik der Untersuchung darzu-legen. Diese Interessenbekundung soll auch einen kur-zen Überblick über den bisherigen wissenschaftlichen Werdegang sowie über die fachlichen Kompetenzen im Themengebiet der Ausschreibung enthalten. Es gelten folgende Ausschreibungsbedingungen:

> Das Höchstalter der Antragsteller*innen beträgt 40 Jahre (Stichtag 31.12.2018).

> Zugelassen werden auch Anträge von Teams aus bis zu drei Personen.

> Der Forschungsauftrag ist in deutscher Sprache an-zufertigen.

Unter dieser Rubrik erscheinen Hinweise auf kürzlich abge-schlossene Bachelorarbeiten, Masterarbeiten und Dissertati-onen. Der Förderkreis möchte auf diese Weise auf Leistungen des wissenschaftlichen Nachwuchses aufmerksam machen. Interessenten können die Adressen, an die Anfragen zu den gemeldeten Arbeiten zu richten sind, über den Förderkreis erhalten.Diese Rubrik steht allen inner- und außerhalb des personalen Netzwerks der ARL zur Verfügung; eine Auswahl ist vorbehal-ten. Informationen über Arbeiten (nicht älter als sechs Mona-te), die in den folgenden Heften der ARL-Nachrichten veröf-fentlicht werden können, werden an obige Adresse erbeten.

nfobörse

FRU c/o ARL Vahrenwalder St. 247

30179 Hannover Fax: 0511 34842-41

[email protected]

Abschlussarbeiten, Dissertationen etc.Kürzlich abgeschlossene Arbeiten

Universität Bern, Geographisches Institut & Zentrum für Regionalentwicklung

> Meili, RahelThe charms of smallness: Economic dynamics and innovation mechasnisms in small and medium-sized towns (Dissertation, abgeschl. 9/2018)

> Ein Zwischenbericht soll bis sechs Monate nach Auf-tragsvergabe, der Abschlussbericht bis neun Mona-te nach Auftragsvergabe in elektronischer Form bei der Geschäftsstelle des FRU eingereicht werden.

> Beratung hinsichtlich Antragstellung und Erstellung der Studie erfolgt durch Prof. Dr.-Ing. Ulrike Wei-land als Vertreterin des FRU ([email protected]).

> Die Studie wird aus Mitteln der Christel und Klaus Wolf-Stiftung finanziert. Alle Berichte sollen auf dem Deckblatt diesen Hinweis enthalten. Für die Be-arbeitung der Studie stehen bis zu 8.000 Euro (net-to) zur Verfügung.

> Der Auftrag wird im Rahmen eines Werkvertrags vergeben. Für die Versteuerung der Einnahmen sind die Auftragnehmer selbst verantwortlich.

Bitte senden Sie Ihre Interessenbekundung bis zum 30. April 2019 an die Geschäftsstelle des FRU, c/o Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL), Vahrenwalder Straße 247, 30179 Hannover, oder an [email protected]. Für inhaltliche Rückfragen steht Prof. Weiland zur Verfügung.

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54 AU S R AU M FO R SCH U N G U N D - PL A N U N G 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

AUSGEWÄHLTE ZEITSCHRIFTENBEITRÄGE

Als Informationsservice für die For-schung und zur Förderung des Trans-fers raumwissenschaftlicher For-schungsergebnisse in die Praxis wird in den ARL-Nachrichten in jedem Heft auf raumrelevante Bei träge aus national und international bedeutsamen Zeit-schriften hingewiesen. Vollständigkeit wird nicht angestrebt. Autoren und Le-ser werden gebeten, die Redaktion auf erwähnenswerte Arbeiten aufmerk-sam zu machen.Die Aufsätze werden nur einmal – nach ihrem inhaltlichen Schwerpunkt – einer Rubrik zugeordnet. Die Zeitschriftenschau ist wie folgt ge-gliedert:

1. Theoretische und methodische Grundlagen

2. Raumplanung und -entwicklung

3. Umwelt

4. Wirtschaft

5. Soziales

6. Infrastruktur

1. THEORE TISCHE UND ME THODISCHE GRUNDL AGENAllen, N.; Davey, M. (2018): The Value of

Constructivist Grounded Theory for Built Environment Researchers. In: Journal of Planning Education and Re-search 38 (2), 222-232.

Caird, S. (2018): City approaches to smart city evaluation and reporting: case stud-ies in the United Kingdom. In: Urban Re-search & Practice 11 (2), 159-179.

Davy, B. (2018): Is Hayek vs Kelsen helpful for planning theory? – A comment on Slaev’s types of planning and property rights by Benjamin Davy. In: Planning Theory 17 (2), 296-300.

Dehmer, D. (2018): Zeit für Tacheles. Kli-maberichterstattung. In: Politische Ökologie 36 (152), 63-69.

Erbguth, W. (2018): Zur Fortentwicklung der Öffentlichkeitsbeteiligung im räumlichen Planungs- und Zulassungs-recht. In: Umwelt- und Planungsrecht 38 (4), 121-127.

Ferdman, A. (2018): Should we care about neutrality in the city? In: Urban Re-search & Practice 11 (1), 1-18.

Fricke, C. (2018): Methoden der Wissens-generierung in der Stadtpolitik. Aktuel-le Tendenzen der Quantifizierung und Best-Practice in der europäischen Stadtentwicklungspolitik. In: RaumPla-nung (196/2-3), 14-19.

Gans, P. (2018): Die Bevölkerungsprog-nose. Gedanken zu Methodik, Anwen-dung und Aussagekraft. In: Informatio-nen zur Raumentwicklung (1), 10-19.

Gans, P.; Hemmer, I.; Hemmer, M.; Miener, K. (2018): The perception of geogra-phy among the German population. Findings of a representative survey. In: Erdkunde – Archive for Scientific Geog-raphy 72 (1), 23-39.

Ginski, S.; Thissen, F. (2017): Digital multi-laterial? Die Rolle des Internets in dialo-gischen Prozessen der Stadtentwick-lung. In: Informationen zur Raument- wicklung (6), 24-37.

Grandjot, R. (2018): Grenzüberschreiten-de Umweltprüfungen – Änderungen durch das Gesetz zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeits-prüfung. In: Deutsches Verwaltungs-blatt 133 (3), 161-164.

Hatuka, T.; Rosen-Zvi, I.; Birnhack, M.; Toch, E.; Zur, H. (2018): The Political Premises of Contemporary Urban Con-cepts: The Global City, the Sustainable City, the Resilient City, the Creative City, and the Smart City. In: Planning Theory & Practice 19 (2), 160-179.

Huber, E.; Reitan, C. (2018): Kurs auf Nachhaltigkeit nehmen! Medien in der Verantwortung. In: Politische Ökologie 36 (152), 96-101.

Husseini de Araújo, S. (2018): Theories from the South in leading international geography journals? Geographies and geographical thought from Brazil. In: Geographische Zeitschrift 106 (1), 50-60.

Jones, R.; Whitehead, M. (2018): ‘Politics done like science’: Critical perspectives on psychological governance and the experimental state. In: Environment and Planning D: Society and Space 36 (2), 313-330.

Jöns, H. (2018): The international trans-fer of human geographical knowledge in the context of shifting academic he-gemonies. In: Geographische Zeit-schrift 106 (1), 27-37.

Mäding, A.; Schmitz-Veltin, A. (2018): Kommunale Bevölkerungsvorausbe-rechnungen. Grundlage für Planungs- und Entscheidungsprozesse. In: Infor-mationen zur Raumentwicklung (1), 50-59.

McClure, L.; Baker, D. (2018): How do planners deal with barriers to climate change adaptation? A case study in Queensland, Australia. In: Landscape and Urban Planning 173, 81-88.

Minca, C. (2018): The cosmopolitan geo-grapher‘s dilemma: Or, will national geographies survive neo-liberalism? In: Geographische Zeitschrift 106 (1), 4-15.

Mitschang, S. (2018): Neue Anforderun-gen an die Umweltprüfung in der Bau-leitplanung. In: Umwelt- und Planungs-recht 38 (2), 41-51.

Petitdemange, E. (2018): Das Städtebau-recht. In: NVwZ – Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 37 (7), 462-471.

Schiappacasse, P.; Müller, B. (2018): One fits all? Resilience as a Multipurpose Concept in Regional and Environmental Development. In: Raumforschung und Raumordnung | Spatial Research and Planning 76 (1), 51-64.

Schmidt, V.; Gärtner, M. (2018): Hoch-wasserschutz im Baugenehmigungs-verfahren. In: NVwZ – Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 37 (8), 534-538.

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5502 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L AU S R AU M FO R SCH U N G U N D - PL A N U N G

Scholte, S. S. K.; Daams, M.; Farjon, H.; Sijtsma, F. J.; van Teeffelen, A. J. A.; Ver-burg, P. H. (2018): Mapping recreation as an ecosystem service: Considering scale, interregional differences and the influence of physical attributes. In: Landscape and Urban Planning 175, 149-160.

Schröter-Schlaack, C.; Lienhoop, N.; Fer-ber, U.; Hansjürgens, B.; Stöcker, U.; Suntken, S. (2018): Förderung von Stadtnatur: Ergebnisse eines Stakehol-der-Workshops. In: Natur und Land-schaft 93 (3), 114-119.

van der Meer, M.; Meissner, F.; Merten, M.; Münderlein, D. (2018): Entwicklung und Potentiale digitaler Raumfor-schung. Ethische Fragestellungen und Impulse für die Hochschullehre. In: RaumPlanung (196/2-3), 20-27.

Waack, C. (2017): Die Critical-Mass-Be-wegung in Deutschland. Welche Be-deutung haben soziale Medien für die Mobilisierung? In: Informationen zur Raumentwicklung (6), 84-93.

2. R AUMPL ANUNG UND - ENT WICKLUNGAdam, B.; Berndgen-Kaiser, A.; Jochimsen,

K.; Münter, A.; Zakrzewski, P. (2018): Ältere Ein- und Zweifamilienhausbe-stände im Umbruch. Eine Clusteranaly-se zur Identifizierung regionaler Betrof-fenheiten in Nordrhein-Westfalen. In: Raumforschung und Raumordnung | Spatial Research and Planning 76 (1), 3-17.

Bachtler, J.; Begg, I. (2018): Beyond Bre-xit: Reshaping policies for regional de-velopment in Europe. In: Papers in Regi-onal Science 97 (1), 151-170.

Baumgart, S. (2017): Die bauliche Gestal-tung von Klein- und Mittelstädten. In: Neues Archiv für Niedersachsen (2), 96-110.

Bock, E. (2018): Landesplanung Ber-lin-Brandenburg. Richard Florida: „So war das doch NICHT gemeint“. In: Pla-nerin (1), 59-61.

Carr, C.; McDonough, E. (2018): Integrati-ve Planning of Post-suburban Growth in the Glatt Valley (Switzerland). In: Raumforschung und Raumordnung | Spatial Research and Planning 76 (2), 109-122.

Cheng, H.; Shaw, D. (2018): Polycentric development practice in master plan-ning: the case of China. In: International Planning Studies 23 (2), 163-179.

Danielzyk, R. (2017): Klein- und Mittel-städte als Ankerpunkte in ländlichen Räumen – Definitionen, Funktionen, Strategien. In: Neues Archiv für Nieder-sachsen (2), 11-15.

Ferretti, F. (2018): Geographies of inter-nationalism: Radical development and critical geopolitics from the Northeast of Brazil. In: Political Geography 63, 10-19.

Fiaschi, D.; Lavezzi, A. M.; Parenti, A. (2018): Does EU cohesion policy work? Theory and evidence. In: Journal of Regional Science 58 (2), 386-423.

Frank, S. (2018): Inner-City Suburbaniza-tion – no Contradiction in Terms. Midd-le-Class Family Enclaves are Spreading in the Cities. In: Raumforschung und Raumordnung | Spatial Research and Planning 76 (2), 123-132.

Freestone, R.; Goodman, R.; Burton, P. (2018): The State of the Art of Plan-ning and Planning Education in Austra-lia and New Zealand. In: disP – The Plan-ning Review 54 (212/1), 55-65.

Galland, D.; Elinbaum, P. (2018): A “Field” Under Construction: The State of Plan-ning in Latin America and the Southern Turn in Planning. Introduction to the Special Issue on Latin America. In: disP – The Planning Review 54 (212/1), 18-24.

Goppel, K. (2018): Der bayerische Alpen-plan – sein Erfolg und seine Anfechtun-gen. In: Geographische Rundschau 70 (5), 44-47.

Gruber, E.; Kobras, M.; Kordel, S. (2016) [2017]: Lifestyle Migration als Potenzi-al für ländlich-periphere Gebiete Euro-pas? Die Bewertung wirtschaftlicher und sozialer Auswirkungen aus der Per-spektive von Zuwanderern und lokalen Akteuren in Frankreich, Österreich und Spanien. In: Europa Regional 24 (3-4), 16-28.

Hesse, M.; Polívka, J.; Reicher, C. (2018): Spatially Differentiated, Temporally Va-riegated: The Study of Life Cycles for a Better Understanding of Suburbia in German City Regions. In: Raumfor-schung und Raumordnung | Spatial Re-search and Planning 76 (2), 149-163.

Hesse, M.; Siedentop, S. (2018): Suburba-nisation and Suburbanisms – Making Sense of Continental European De-velopments. In: Raumforschung und Raumordnung | Spatial Research and Planning 76 (2), 97-108.

Hilal, M.; Legras, S.; Cavailhès, J. (2018): Peri-Urbanisation: Between Residential Preferences and Job Opportunities. In: Raumforschung und Raumordnung | Spatial Research and Planning 76 (2), 133-147.

Kaufmann, M.; Hartmann, T. (2018): Die Niederlande und Wasser? Vom techni-schen Küstenschutz zum Deltapro-gramm im Hinterland. In: Geographi-sche Rundschau 70 (3), 20-25.

Kilper, H. (2018): Suburbanisation and Suburbanisms. In: Raumforschung und Raumordnung | Spatial Research and Planning 76 (2), 95-96.

Kordel, S. (2016) [2017]: Zuwanderung in ländliche Räume Europas: zur Diver-sität von rural mobilities. In: Europa Re-gional 24 (3-4), 3-15.

Kuthe, C. (2017): Bauliche, funktionale und gestalterische Aufwertung der Stadt- und Ortszentren – Die Arbeitser-gebnisse und Handlungsempfehlungen des Zukunftsforums für die Gestaltung der Stadt- und Ortszentren im demo-grafischen Wandel. In: Neues Archiv für Niedersachsen (2), 34-47.

Plummer, P.; Tonts, M.; Argent, N. (2018): Sustainable rural economies, evolutio-nary dynamics and regional policy: In: Applied Geography 90, 308-320.

Priebs, A. (2017): Klein- und Mittelstädte – Leistungsträger der Regionalentwick-lung. In: Neues Archiv für Niedersach-sen (2), 18-31.

Purkarthofer, E. (2018): Diminishing bor-ders and conflating spaces: a storyline to promote soft planning scales. In: Eu-ropean Planning Studies 26 (5), 1008-1027.

Seifert, P. (2018): Weniger Schutz, mehr Anpassung? Vorsorge für extreme Flusshochwasser in der räumlichen Pla-nung. In: Natur und Landschaft 93 (2), 76-81.

Sezgin, E. (2018): New regionalism in Tur-key: questioning the ‘new’ and the ‘regi-onal’. In: European Planning Studies 26 (4), 653-669.

Vallecillo, S.; Polce, C.; Barbosa, A.; Castil-lo, C. P.; Vandecasteele, I.; Rusch, G. M.; Maes, J. (2018): Spatial alternatives for Green Infrastructure planning across the EU: An ecosystem service perspective. In: Landscape and Urban Planning 174, 41-54.

Weißenberg, K. G. (2018): Siedlungs-schwerpunkte im Land Brandenburg. Anregungen zur Landesentwicklungs-

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56 AU S R AU M FO R SCH U N G U N D - PL A N U N G 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

planung Hauptstadtregion Berlin-Bran-denburg (LEP HR). In: Planerin (1), 62.

Wiegandt, C.-C.; Lobeck, M. (2017): Die Umgestaltung des Bonner Viktoria-karrees. Vertrauensverlust und Ver-trauensbildung bei Planungs- und Bau-vorhaben. In: Informationen zur Raumentwicklung (6), 100-111.

Zepp, H. (2018): Regional green belts in the Ruhr region. A planning concept re-visited in view of ecosystem services. In: Erdkunde – Archive for Scientific Geography 72 (1), 1-21.

3. UMWELTAuer, A.; Nahuelhual, L.; Maceira, N.

(2018): Cultural ecosystem services trade-offs arising from agriculturizati-on in Argentina: A case study in Mar Chi-quita Basin. In: Applied Geography 91, 45-54.

Curran, D. (2018): Environmental Justice Meets Risk-Class: The Relational Distri-bution of Environmental Bads. In: Anti-pode 50 (2), 298-318.

Moczek, N. (2018): Motivationen für frei-williges Engagement im Citizen-Scien-ce-Projekt „Wildkatzensprung“. In: Na-tur und Landschaft 93 (4), 176-181.

Mudu, P.; Marini, A. (2018): Radical Urban Horticulture for Food Autonomy: Beyond the Community Gardens Expe-rience. In: Antipode 50 (2), 549-573.

4. WIRTSCHAF TAmmermann, K. (2018): Das Erneuerba-

re-Energien-Gesetz 2017 – Was ist neu? Eine erste kritische Einschätzung aus Naturschutzsicht. In: Natur und Land-schaft 93 (5), 208-214.

Axelrad, H.; Malul, M.; Luski, I. (2018): Un-employment among younger and older individuals: does conventional data about unemployment tell us the whole story? In: Journal for Labour Market Re-search 52 (1), Article:3.

Bjørgo, F.; Røiseland, A. (2018): Taming wickedness: industrial megaprojects and local governance strategies. In: Ur-ban Research & Practice 11 (1), 37-52.

Degl‘Innocenti, M.; Matousek, R.; Tzere-mes, N. G. (2018): Financial centres‘ competitiveness and economic con-vergence: Evidence from the European Union regions. In: Environment and Planning A: Economy and Space 50 (1), 133-156.

Deschermeier, P.; Voigtländer, M. (2017): Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Büroimmobilienmärk-te in Deutschland. In: IW-Trends 44 (4), 39-55.

Dörr, A.; Dell, A.; Linke, H. J.; Pfnür, A. (2018): Deutsche Industriestandorte – eine Untersuchung von branchenspe-zifischen Standortfaktoren. In: fub – Flächenmanagement und Bodenord-nung 80 (1), 1-6.

Fritsch, M.; Obschonka, M.; Wyrwich, M.; Gosling, S. D.; Rentfrow, P. J.; Potter, J. (2018): In: Raumforschung und Raum-ordnung | Spatial Research and Plan-ning 76 (1), 65-81.

Østbye, S.; Moilanen, M.; Tervo, H.; Wes-terlund, O. (2018): The creative class: do jobs follow people or do people fol-low jobs? In: Regional Studies 52 (6), 745-755.

Qashgish, M.; Gelisken, D.: (2018): Stand-ortfaktoren der Automobilindustrie in Deutschland im internationalen Ver-gleich. In: fub – Flächenmanagement und Bodenordnung 80 (1), 7-14.

Rigby, D. (2018): You have to (Br)enter to (Br)exit: The EU collaboration space. In: Environment and Planning A: Eco-nomy and Space 50 (3), 493-496.

Schüttemeyer, A. (2018): Rotterdam als Innovationsstandort für nachhaltige Entwicklung. In: Geographische Rund-schau 70 (3), 30-33.

5. SOZIALESBrombach, K.; Jessen, J.; Siedentop, S.; Za-

krzewski, P. (2017): Demographic Pat-terns of Reurbanisation and Housing in Metropolitan Regions in the US and Germany. In: Comparative Population Studies 42, 281-317.

Cuttitta, P. (2018): Delocalization, Huma-nitarianism, and Human Rights: The Mediterranean Border Between Exclu-sion and Inclusion. In: Antipode 50 (3), 783-803.

Eckardt, F. (2018): Ist die Smarte Stadt eine soziale Stadt. Hacking the Smart City. In: Planerin (2), 11-12.

Engfer, U. (2018): Ruhestandsmigration und Reurbanisierung. Trends in Deutschland 1995 – 2012. In: Raumfor-schung und Raumordnung | Spatial Re-search and Planning 76 (1), 35-49.

Gans, P. (2017): Urban Population De-velopment in Germany (2000 – 2014): The Contribution of Migration by Age

and Citizenship to Reurbanisation. In: Comparative Population Studies 42, 319-351.

Haase, A.; Wolff, M; Špačková, P.; Rad-zimski, A. (2017): Reurbanisation in Postsocialist Europe – A Comparative View of Eastern Germany, Poland, and the Czech Republic. In: Comparative Population Studies 42, 353-389.

Hilligardt, J. (2018): Träger der sozialen Infrastruktur im ländlichen Raum. Landkreise und Landes-/Regionalpla-nung in den Blick genommen. In: Plane-rin (2), 65-66.

Hillmann F.; Spaan, E. (2017): On the Regi-onal Rootedness of Population Mobility and Environmental Change. In: Compa-rative Population Studies 42, 25-54.

Jürgens, U. (2018): ‘Real’ versus ‘mental’ food deserts from the consumer per-spective – concepts and quantitative methods applied to rural areas of Ger-many. In: DIE ERDE – Journal of the Geographical Society of Berlin 149 (1), 25-43.

Larson, S. M. (2018): Imagining social ju-stice and the false promise of urban park design. In: Environment and Plan-ning A: Economy and Space 50 (2), 391-406.

Mantel, A.; Engel, S.; Nuissl, H. (2018): Zu-wanderung und Integration als strategi-scher Ansatzpunkt städtischer Regene-rierung. Das Beispiel der westfälischen Stadt Altena. In: Standort – Zeitschrift für Angewandte Geographie 42 (1), 42-46.

Masuda, J. R.; Bookman, S. (2018): Neigh-bourhood branding and the right to the city. In: Progress in Human Geography 42 (2), 165-182.

Pott, P.; Schmiz, A. (2018): Migration und Flucht als Forschungsthemen der Geo-graphie. Eine Standortbestimmung. In: Standort – Zeitschrift für Angewandte Geographie 42 (1), 3-9.

Sehtman, A. (2018): From Contention to Co-governance: The Case of the Right to Inhabit Movement in Rome (2000 – 2013). In: Antipode 50 (2), 456-477.

6. INFR A STRUK TURBalke, J; Reuber, P.; Wood, G. (2018): Ico-

nic architecture and place-specific neo-liberal governmentality: Insights from Hamburg’s Elbe Philharmonic Hall. In: Urban Studies 55 (5), 997-1012.

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5702 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L AU S R AU M FO R SCH U N G U N D - PL A N U N G

Bunge, T. (2017): Rechtliche Anforderun-gen und Ziele der Öffentlichkeitsbeteili-gung bei der Planung und Genehmi-gung von Windenergieprojekten. In: UVP-report 31 (4), 261-268.

Buthe, B.; Jakubowski, P. (2018): Kein Ende des Verkehrswachstums in Sicht. Prognose der deutschlandweiten Ver-kehrsverflechtungen bis 2030. In: Infor-mationen zur Raumentwicklung (1), 60-75.

Fastenrath, S.; Braun, B. (2018): Sustaina-bility transition pathways in the building sector: Energy-efficient building in Frei-burg (Germany). In: Applied Geogra-phy 90, 339-349.

Heckert, M.; Kondo, M. (2018): Can “Cle-aned and Greened” Lots Take on the Role of Public Greenspace? In: Journal of Planning Education and Research 38 (2), 211-221.

Lee, J.; Miller, H. J. (2018): Measuring the impacts of new public transit services on space-time accessibility: An analysis of transit system redesign and new bus rapid transit in Columbus, Ohio, USA. In: Applied Geography 93, 47-63.

Longo, F. (2018): Klimaschutz im Städte-baurecht – Globaler Anspruch und kommunale Wirklichkeit der Energie-wende durch Bauleitplanung. In: Die Öffentliche Verwaltung 71 (3), 107-116.

Meister, T. (2018): Der Ausbau von Offshore-Windparks in Deutschland aus einer Innovationsperspektive. In: Raumforschung und Raumordnung | Spatial Research and Planning 76 (1), 19-33.

Picon, A. (2018): Urban Infrastructure, Imagination and Politics: from the Net-worked Metropolis to the Smart City. In: International Journal of Urban and Regional Research 42 (2), 263-275.

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58 AU S R AU M FO R SCH U N G U N D - PL A N U N G 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

NEUERSCHEINUNGEN AUS ANDEREN VERLAGEN

IN S TRUM ENTE ZUR REDUZIERUNG DER FL ÄCHENINANSPRUCHN AH M EAktionsplan FlächensparenUmweltbundesamt (Hrsg.)

Bis zum Jahr 2030 soll der Flächenver-brauch bundesweit auf weniger als 30 Hektar pro Tag gesenkt werden. In dem Forschungsbericht werden Forschungs-ergebnisse, Praxiserfahrungen und politi-sche Initiativen zum Flächensparen zu-sammengestellt und analysiert. Vorhan- dene aber auch neue Instrumente zur Re-duzierung der Flächeninanspruchnahme aus den Bereichen Umweltrecht, Pla-nungsrecht, Kooperation, Steuerrecht, Förderung und Subventionen sowie Öf-fentlichkeitsarbeit werden klassifiziert und bewertet. Aus den Erkenntnissen ha-ben die Autoren einen an Bund und Länder adressierten Aktionsplan Flächensparen entwickelt. Mit ihm soll es möglich sein, die flächenpolitischen Ziele zu erreichen.https://www.umweltbundesamt.de/ publikationen/instrumente-zur- reduzierung-der

S TRESS TES T S TADT – WIE RESILIENT S IND UN SERE S TÄ DTE?Unsicherheiten der Stadtentwicklung identifizieren, analysieren und bewertenBundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) (Hrsg.)

Ziel des hier vorgelegten Konzeptes für ei-nen „Stresstest für Städte“ ist es, die Kom-munikation in den Städten und Gemeinden über Risiken für die Stadtentwicklung und die städtische Resilienz zu initiieren und nicht, einen empirisch abgesicherten Be-richt über die Resilienz deutscher Städte vorzulegen.Das Konzept des Stresstests ist als Hilfe-stellung für Städte und Gemeinden zu ver-stehen, die sich aus strategischen Gründen mit Fragen der Resilienz auseinanderset-zen möchten.Der Stresstest greift zur Operationalisie-rung des Resilienzbegriffs auf die Robust-heit städtischer Systeme gegenüber exter-nen Schocks sowie auf die Anpassungs- fähigkeit von Städten als lernende Reakti-on auf solche Schocks zurück.Während die Robustheit einer Stadt ge-genüber verschiedenen Stressen mit Hilfe von Indikatoren aus der für kreisfreie Städ-te vorliegenden amtlichen Statistik abge-bildet werden kann, wurde zur Einschät-zung der Anpassungsfähigkeit einer Stadt auf einen speziell entwickelten Fragebo-gen zurückgegriffen.ISBN 978-3-87994-224-4

DA S G ESICHT DEUT SCHL ANDSUnsere Landschaften und ihre Geschichte Bernd-Jürgen Seitz

Vom Trockenrasen zur Alm, vom Torfmoor zum Kiefernwald, von der Heide zur Acker-fläche: Heute zeigt sich unser Land als viel-fältiges Mosaik unterschiedlichster Land-schaften. Doch eines ist klar: Ohne menschliches Zutun wäre Deutschland weit überwiegend von Wald bedeckt. Denn all die Landschaften, die wir heute sehen, sind vom Menschen beeinflusst – auch wenn sie uns noch so natürlich erscheinen mögen.In diesem reich bebilderten und verständ-lich geschriebenen Werk führt uns Bernd Seitz durch die Geschichte unserer Land-schaften. Er zeigt uns, warum unsere Land-schaften so aussehen, wie sie aussehen, und was sie dabei geprägt hat, er erklärt, wie, wann und warum der Mensch in die Natur eingegriffen hat, und macht deut-lich, dass Naturschutz in erster Linie den Schutz und die Erhaltung historisch ge-wachsener Kulturlandschaften bedeutet.Daneben bietet er Landschaftsgeschichte zum Anfassen und gibt viele Hinweise, wo wir die Geschichte unserer Landschaften vor Ort erleben können.ISBN 978-3-8062-3582-1

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5902 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L AU S R AU M FO R SCH U N G U N D - PL A N U N G

M E TALLE AUF DER BÜHNE DER M EN SCHHEITVon Ötzis Kupferbeil zum Smartphone im All Metals AgeMartin Held, Reto D. Jenny, Maximilian Hempel (Hrsg.)

Der Umgang mit natürlichen Ressourcen ist eine Schlüsselfrage der Menschheit. Das bisher vorherrschende lineare System – Produkte werden hergestellt, genutzt und entsorgt – ist überholt. Eine zukunftsfähige Ressourcenstrategie muss vielmehr eine zirkuläre Wirtschaft zum Ziel haben. Metalle spielen dabei eine herausragende Rolle. Der heutige Umgang mit Rohstoffen und insbesondere mit Metallen ist nicht nachhaltig, er ist vielmehr gekennzeichnet durch deren Zerstreuung und Feinvertei-lung in der Techno- und Ökosphäre. Diese Verschwendung oder Dissipation von Me-tallen hat seit Mitte des 20. Jahrhunderts rasant zugenommen. Die 22 Autorinnen und Autoren dieses Buches schlagen einen Bogen vom »Ötzi«, dem Mann im Eis, und seinem Kupferbeil aus der frühen Kupfer-zeit bis hin zum Smartphone und zu den vierzig verschiedenen Metallen, die in ihm verbaut sind. Dabei beleuchten sie ver-schiedene Aspekte wie Macht, Raubbau und Menschenrechte in der Geschichte des europäischen Metallbergbaus sowie die Metallverschwendung und -dissipation im Anthropozän. Aber auch künstlerische und handwerkliche Zugänge zu Metallen und die von ihnen ausgehende Faszination wer-den thematisiert. Metalle sind eine der ma-teriellen Voraussetzungen unserer Zivilisa-tion. Der derzeit stattfindende Übergang in das »All Metals Age« ist von vergleichbarer Tragweite wie der Übergang zur Kupfer- oder Eisenzeit. Es gilt das Leitmotiv: Me- talle wertschätzen und klug nutzen!ISBN 978-3-96238-072-4

UMWELTB E ZOG ENE G ERECHTIG KEIT Anforderungen an eine zukunfts- weisende StadtplanungHeike Köckler

Dieser Band präsentiert eine theoretische und empirische Analyse zu umweltbezoge-ner Gerechtigkeit, aus der Anforderungen an eine zukunftsweisende Stadtplanung abgleitet werden. Die Grundlage für die empirische Analyse zum Umgang von Haushalten mit Luft- und Lärmbelastun-gen im Wohnumfeld bietet das MOVE-Mo-dell, welches zwei psychologische Theori-en vereint. Mit Hilfe dieses umwelt- psychologischen Zugangs gelingt es, De-terminanten für umweltbezogene Verfah-rensgerechtigkeit herauszuarbeiten. Hier-bei wird die Situation von Menschen in belasteten Wohngebieten und von Men-schen mit einem türkischen Migrationshin-tergrund im Besonderen betrachtet. Als Schlussfolgerung für die Planung fordert die Autorin, die Vulnerabilität von Bevölke-rung in der Stadtplanung systematisch zu verfolgen.ISBN 978-3-631-73318-9

GENTRIFIZIERUNGSFORSCHUNG IN DEUT SCHL AND Eine systematische Forschungs- synthese der empirischen Befunde zur Aufwertung von WohngebietenJan Üblacker

Anhand einer systematischen Forschungs-synthese der empirischen Studien zur Gentrifizierung in deutschen Städten ar-beitet Jan Üblacker die Entwicklung des Forschungszweigs auf. Dabei bezieht er auch eine Vielzahl bisher unberücksichtig-ter Qualifikationsarbeiten ein, deren Me-thoden und Befunde zu einem umfassen-deren Verständnis von Gentrifizierung beitragen. Die erstmalige Verknüpfung zahlreicher Einzelfallstudien der vergangenen 25 Jah-ren demonstriert die weitreichende Rele-vanz von Gentrifizierung für die deutsche Stadtentwicklung. Es wird deutlich, dass Bevölkerungsaustausch und Verdrängung, bauliche Aufwertung, gewerbliche Umnut-zung und Imagewandel von städtischen Teilgebieten nicht allein durch lokale Ursa-chen zu erklären sind, sondern immer vor dem Hintergrund übergeordneter gesell-schaftlicher Entwicklungen betrachtet und eingeordnet werden müssen. ISBN 978-3-86388-783-4

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60 AU S R AU M FO R SCH U N G U N D - PL A N U N G 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

S TEUERUNGSWIRKUNG DER KOM MUNALEN L ANDSCHAF T S -PL ANUNGAusgewählte Aspekte der Qualität und Struktur der Landschaft sowie des LandschaftswandelsChristian Stein

Christian Stein untersucht anhand einer deutschlandweiten repräsentativen Stich-probe von 600 Gemeinden, ob das Vorlie-gen eines Landschaftsplans einen positi-ven, d. h. steuernden Einfluss auf Land- schaftszustand und -wandel innerhalb der Kommune hat. Mit Hilfe von Indikatoren zur Flächennutzung aus dem IÖR-Monitor, welche auf geotopographischen Daten ba-sieren, werden statistische Zusammen-hänge zur Struktur und Qualität der Land-schaft ermittelt. Zudem wird geprüft, inwieweit die kommunale Landschaftspla-nung den Landschaftswandel im Sinne ei-ner ökologisch nachhaltigen Entwicklung positiv beeinflusst. Die Ergebnisse der Ar-beit bestätigen, dass die kommunale Land-schaftsplanung zu einer Verbesserung vor allem von Struktur und Qualität der Land-schaft beiträgt. Bedeutsam sind dafür ins-besondere deren Qualität und Wirkungs-dauer sowie konkrete Umsetzungsvor- schläge.ISBN 978-3-658-21884-3

HA NDBUCH KRITISCHE S TADTG EOG R APHIE3. korrigierte und erweiterte AuflageBernd Belina, Matthias Naumann, Anke Strüver (Hrsg.)

Weltweit sind Städte Schauplatz vielfälti-ger gesellschaftlicher Auseinandersetzun-gen. Angesichts der städtischen Konflikte um Mietsteigerungen, der Vertreibung marginalisierter Bevölkerungsgruppen, der Überwachung öffentlicher Räume und der Privatisierung von Infrastruktur ist auch das Interesse der Sozialwissenschaf-ten am Thema „Stadt“ gewachsen. Vor al-lem im angloamerikanischen Raum hat sich eine Kritische Stadtgeographie entwickelt, die inzwischen auf umfangreiche theoreti-sche wie auch empirische Arbeiten zurück-blicken kann. Ausgangspunkt der – mittler-weile stark ausdifferenzierten – Kritischen Stadtgeographie ist es, städtische Verhält-nisse nicht als gegeben, sondern als histo-risch und veränderbar zu begreifen. An dieses Verständnis anknüpfend möchte der Band Studierenden zentrale Konzepte und empirische Anwendungen der Kriti-schen Stadtgeographie in einer über- blicksartigen deutschsprachigen Darstel-lung näherbringen. Damit übernimmt das Buch nicht nur eine Brückenfunktion zwi-schen angloamerikanischer und deutsch-sprachiger Stadtgeographie, sondern auch zwischen der Stadtgeographie und weiteren akademischen Disziplinen wie Stadtsoziologie, Stadt- und Regionalpla-nung, Ethnologie oder Politikwissenschaf-ten. ISBN 978-3-89691-955-7

POLITIKRELE VANTES WISSEN IN DER R AUM PL ANUNGGrenzarbeit zwischen Wissenschaft und Politik in Deutschland, den Niederlanden und der SchweizPatricia Feiertag

Politikrelevantes Wissen wird von vielfälti-gen Organisationen erzeugt und in Bera-tungsprozesse eingebracht: sie reichen von verwaltungseigenen Wissensinfra-strukturen über Expertengremien sowie wissenschaftliche Forschungs- und Bera-tungseinrichtungen bis hin zu Think Tanks und gewinnorientierten Anbietern.In einer umfassenden Bestandsaufnahme werden die politikberatenden Einrichtun-gen im Politikfeld der Raumplanung für drei Länder mit ähnlichem Planungssys-tem und ähnlicher Expertenkultur – Deutschland, die Niederlande und die Schweiz –, typisiert und beschrieben, um darauf aufbauend Besonderheiten des Po-litikfelds sowie Veränderungsprozesse und Rollenverschiebungen zu reflektieren.Anhand der Ressortforschungseinrich-tung BBSR wird gezeigt, wie es Grenzorga-nisationen an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik gelingt, mit diver-gierenden Anforderungen umzugehen und sowohl Politikrelevanz als auch wis-senschaftliche Qualität ihrer Expertise zu gewährleisten.ISBN 978-3-946319-20-7

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6102 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L AU S R AU M FO R SCH U N G U N D - PL A N U N G

KONZENTR ATION SFL ÄCHEN FÜR WINDENERG IE ANL AG EN IN FL ÄCHENNUT ZUNGS - PL ÄNENBeiträge zum Raumplanungsrecht 256Hermann Samuel Thomann

Dem Ausbau der Windenergie kommt für die Wende hin zu einer überwiegend auf erneuerbaren Energieträgern basieren-den Energieversorgung eine entscheiden-de Bedeutung zu. Die Windenergie an Land ist – stärker als andere erneuerbare Energieträger – auf in der Fläche verteilte Anlagen angewiesen. Die Standortpla-nung gestaltet sich mit zunehmender An-lagendichte aufgrund zahlreicher Nut-zungskonflikte schwierig. Die vorliegende Untersuchung setzt sich mit den sog. Kon-zentrationsflächen für Windenergieanla-gen in Flächennutzungsplänen gem. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB auseinander und gibt einen umfassenden Überblick über die mit diesem städtebaulichen Planungsinstru-ment verbundenen Rechtsfragen inner-halb der gestuften Raumplanung. Hierzu wird zunächst die Steuerungswirkung der Konzentrationsflächenplanung auf die Vorhabenzulassung untersucht, um so-dann die materiellen Anforderungen an die Konzentrationsflächenplanung und die Sicherung und Folgen der Konzentrati-onsflächenplanung in den Blick zu neh-men. ISBN 978-3-86965-318-1

FL ÄCHENINANSPRUCHNAH M E IN DEUT SCHL ANDAuf dem Wege zu einem besseren Verständnis der Siedlungs- und VerkehrsflächenentwicklungMartin Behnisch, Odette Kretschmer, Gotthard Meinel (Hrsg.)

Dieses Buch behandelt konzeptionelle und methodische Grundlagen zur Be-schreibung und Erklärung der Flächennut-zung und Flächenentwicklung. Ausge-wählte Autorinnen und Autoren aus verschiedensten Forschungs- und Pla-nungsinstitutionen stellen eine breite Viel-falt an aktuellen Forschungsansätzen zur Umwidmung von Freiflächen in Siedlungs- und Verkehrsflächen (Flächeninan-spruchnahme) in Deutschland vor.In den einzelnen Kapiteln wird auf wichtige Fragen eingegangen: Wie messen und er-klären wir Zustand und Struktur der Flä-chennutzung? Welche Instrumente kön-nen langfristig eine nachhaltige Flächen- entwicklung unterstützen? Welche Her-ausforderungen bestehen für das Flä-chenmanagement im ländlichen Raum? Welche Einflussgrößen prägen die Sied-lungsstruktur und Siedlungsentwicklung in Deutschland? Das Buch richtet sich an alle, die sich für den schonenden Umgang mit der be-grenzten Ressource Boden, die räumliche Struktur und Entwicklung der Flächenin-anspruchnahme, das komplexe Ursachen-bündel der Siedlungs- und Verkehrsflä-chenentwicklung und die Instrumente einer nachhaltigen und klimagerechten Flächennutzungsentwicklung interessie-ren.ISBN 978-3-662-50304-1

LEITB ILDWECH SELDynamiken und Charakteristika städtebaulicher InnovationsprozesseDaniela Zupan

Am Beispiel des Leitbildwechsels von der Siedlung der Moderne zum kompakten nutzungsgemischten Quartier geht die Au-torin der Frage nach, wie sich substanzielle Erneuerungen in Städtebau und Stadtpla-nung vollziehen. Untersucht wird dies an-hand jener Veränderungen, die in der Kon-zipierung und Planung großflächiger Stadtteile seit den 1960er Jahren bis heute in der Bundesrepublik Deutschland und in Österreich stattgefunden haben.Als theoretisch-analytisches Gerüst dient die sozialwissenschaftliche Innovations-forschung. Diese eröffnet eine komple-mentäre Perspektive auf den Gegenstand, die das Akteurshandeln und die Phasierung des Prozesses in den Vordergrund rückt. Aus Perspektive einer sozialen Innovation – dem Leitbild der kompakten mischge-nutzten Stadt – wird rekonstruiert, wie die-se über eine Vielzahl von Schritten und ei-nen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten von Akteuren hervorgebracht, entfaltet, verbreitet und in formellen wie informel-len Institutionen verankert worden ist.ISBN 978-3-946319-21-4

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62 AU S R AU M FO R SCH U N G U N D - PL A N U N G 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

Band 76Heft 3Juni 2018

Papierausgabe:

ISSN 0034-0111Elektronische Ausgabe: ISSN 1869-4179

ZUR DISKUSSION

Christian DillerDie Dritte und die Vierte Gewalt in Raumplanungs-prozessen. Zum wechselseitigen Verhältnis von Medien, Justiz und Politik

BEITRAG

Stefan Greiving / Florian Hurth / Christina Gollmann / Madeleine Kirstein / Mark Fleischhauer / Andrea Hartz / Sascha SaadSiedlungsrückzug als planerische Strategie zur Reduzierung von Hochwasserrisiken

Viola Schulze Dieckhoff / Dennis Becker / Thorsten Wiechmann / Stefan GreivingRaummuster: Demographischer Wandel und Klima-wandel in deutschen Städten

Patrick Küpper / Tobias MettenbergerBerufliche und private Standortfaktoren für die Niederlassung von Hausärzten in ländlichen Räumen

Claus-C. Wiegandt / Sabine Baumgart / Nina Hangebruch / Linus Holtermann / Christian Krajewski / Matthias Mensing / Cordula Neiberger / Frank Osterhage / Verena Texier-Ast / Klaus Zehner / Björn ZucknikDeterminanten des Online-Einkaufs – eine empirische Studie in sechs nordrhein-westfälischen Stadtregionen

Bestellungen nimmt der Verlag entgegen: Springer Customer Service Center GmbHHaberstraße 7, 69126 HeidelbergTel. +49 6221 3454303Fax +49 6221 3454229E-Mail: [email protected]/geography/human+geography/ journal/13147

Band 76Heft 4August 2018

Papierausgabe:

ISSN 0034-0111Elektronische Ausgabe: ISSN 1869-4179

BEITRAG

Philipp Gareis / Christian Diller / Henning HuchthausenBraindrain und Bologna-Drain – Räumliche Impli-kationen der Bologna-Reform und Auswirkungen auf ländliche Räume. Eine Analyse am Beispiel der Justus-Liebig-Universität Gießen

Sascha AndersStandortkonkurrenz von Lebensmittelmärkten. Frühzeitige Abschätzung und Bewertung der Aus- wirkungen neuer Märkte

Katia Delbiaggio / Gabrielle Wanzenried / Anthony MowersSubjektiver Überkonsum von Wohnraum: Empirische Evidenz für die Schweiz

BERICHT AUS DER PRAXIS

Jakob Eder / Elisabeth Gruber / Peter Görgl / Markus HemetsbergerWie Wien wächst: Monitoring aktueller Trends hinsichtlich Bevölkerungs- und Siedlungsentwicklung in der Stadtregion Wien

Andrea Hartz / Sascha Saad / Lydia Schnieder- meier / Mark Fleischhauer / Stefan GreivingRohstoffsicherung in der Landes- und Regional- planung

Bestellungen nimmt der Verlag entgegen: Springer Customer Service Center GmbHHaberstraße 7, 69126 HeidelbergTel. +49 6221 3454303Fax +49 6221 3454229E-Mail: [email protected]/geography/human+geography/ journal/13147

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6302 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L AU S R AU M FO R SCH U N G U N D - PL A N U N G

Band 76Heft 5Oktober 2018Schwerpunktheft : Land- und Immobilienmanagement

Papierausgabe:

ISSN 0034-0111Elektronische Ausgabe: ISSN 1869-4179

BEITRAG

Walter Timo de Vries / Winrich VoßEconomic Versus Social Values in Land and Property Management: Two Sides of the Same Coin?

Anne RitzingerFlächensparen zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Zur Rolle von Akteuren und Steuerungsinstrumenten in Dorferneuerungsprozessen

Romy BrödnerDie Bodenrichtwertentwicklung bebauter Grund- stücke in Überschwemmungsgebieten. Eine volks-wirtschaftliche Betrachtung

Markus Schaffert / Volker HöchtGeokodierte Meldedaten als Basis bedarfsgerechter Planungen in ländlichen Gemeinden und Regionen

Michael Nadler / Florian Spieß / Georg MüllerLandeignungsprüfung in prosperierenden Groß- städten. Ein GIS-basiertes Entscheidungsunter- stützungssystem für Unternehmensimmobilien- entwicklungen in der Stadt Düsseldorf

Georg Schiller / Andreas Blum / Holger OertelDie Relevanz kleiner Gemeinden und kleinteiliger Flächen für die Innenentwicklung. Ein quantitatives Monitoring am Beispiel Deutschlands

Bestellungen nimmt der Verlag entgegen: Springer Customer Service Center GmbHHaberstraße 7, 69126 HeidelbergTel. +49 6221 3454303Fax +49 6221 3454229E-Mail: [email protected]/geography/human+geography/journal/13147

Band 76Heft 6Dezember 2018

Papierausgabe:

ISSN 0034-0111Elektronische Ausgabe: ISSN 1869-4179

EDITORIAL

Heiderose Kilper / Andreas KleeÜber soziale Verwundbarkeit, Planungsmethoden und Arbeitskräftemobilität

BEITRAG

Mark Kammerbauer / Christine WamslerRisikomanagement ohne Risikominderung? Soziale Verwundbarkeit im Wiederaufbau nach Hochwasser in Deutschland

Franziska GaneschRegional mobility and spatial inequality: Determinants of spatial labor market behavior considering firm- and region-specific factors

Christian Diller / Sarah Oberding„Rationale“ vs. (?) „kommunikative“ Planungsme-thoden: Theoretische Ausgangspunkte, empirische Befunde aus Experimenten und Überlegungen zur Weiterentwicklung am Beispiel der NutzwertanalyseBERICHT AUS DER PRAXIS

Florian Ahlmeyer / Dirk WittowskyWas brauchen wir in ländlichen Räumen? Erreichbarkeitsmodellierung als strategischer Ansatz der regionalen Standort- und Verkehrsplanung

Bestellungen nimmt der Verlag entgegen: Springer Customer Service Center GmbHHaberstraße 7, 69126 HeidelbergTel. +49 6221 3454303Fax +49 6221 3454229E-Mail: [email protected]/geography/human+geography/journal/13147

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64 AU S R AU M FO R SCH U N G U N D - PL A N U N G 02 / 2018 _ N ACH RI CHTEN D ER A R L

DAS GRUNDLAGENWERK FÜR WISSENSCHAFT UND PRAXISVollständige Neufassung in 4 Bänden

284 Begriffe 3.024 Seiten rund 300 überwiegend farbige Abbildungenüber 100 Tabellen

Hannover 2018ISBN 978-3-88838-560-5

Die Neufassung des „Handwörterbuchs der Stadt- und Raumentwicklung“ rückt die Gestaltung von Entwicklungsprozessen in den Fokus und wurde thematisch um neue Begriffe der lokalen Ebene erweitert.

Akademie für Raumforschung und Landesplanung • Vahrenwalder Straße 247 • 30179 Hannover Tel. +49 511 348420 • Fax +49 511 3484241 • [email protected] • www.arl-net.de

Bestellen: shop.arl-net.de

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Akademie für Raumforschung und Landesplanung · [email protected] · www.arl-net.deISSN 1612-3891 (Print-Version)· ISSN 1612-3905 (PDF-Version)

Die ARL ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft