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2r0 ANALYTICA CEIIMICA ACTA VOL. 13 (r955) NACHWEIS VON CHLORANIL IN DER TtiPFELANALYSE VOX Das sog. .GhIoranil (Tetrachlor-+benzochinon) ist ein starkes durch den Ubergang in Tetrachlorhydrochinon : Oxydationsmittcl I)emgem~ss bewirkt Zusatz einer wiisserig-alkoholischen I&sung van Chloranil zu angc- sKuerten Lijsungen von All~alibromid oder jodid die sofortigc Abscheidung van l3rorn bzw. Joel, die Oxydation von Sulfit zu Sulfat elc. Da Chloranil in Athcr ausgezcichnet liislich ist, wurde vcrsucht, durch einc charak- teristische Redoxreaktion mit einer !Ltherliislichen organischcn Vcrbindung zu eincm sclektivcn Nachwcis von Chloranil zu gelangen. Als Partner wurde die farblosc ,,Tetra- base” (~-Dimethylaminodipl~c~~ylme~han I) gewghlt, die bekanntlich zu dem ticfblaucn chinoiden Di~~~~enylmetbanfarbstoff 11 oxydierbar ist 1. Obcrraschcnderweise tritt die Cl Cl (CI-I,) ,N - + Cl Cl (CH,),N -(_>- Cl-1 -,_=/=-=\= i&l,), + I-IO -<r>- 0. (If) ‘=’ (I) G-3, erwartcte Redosreaktion r in Stherischcr I-iisung nicht ein. Bringt man jedoch einen Tropfen der farblosen oder schwach gelb-hellgriinen L6sung auf Filterpapier oder au1 eine Tiipfelplatte, so hinterbleiht nach Verdunsten des &hers ein tiefblauer Riickstand, Das gleiche Verhalten wurde beobachtet, wenn Chloroform, Benz01 etc. als gemeinsamez Liisungsmittel verwendct wird. Liternitrr S. aq

Nachweis von chloranil in der tüpfelanalyse

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2r0 ANALYTICA CEIIMICA ACTA VOL. 13 (r955)

NACHWEIS VON CHLORANIL IN DER TtiPFELANALYSE

VOX

Das sog. .GhIoranil (Tetrachlor-+benzochinon) ist ein starkes durch den Ubergang in Tetrachlorhydrochinon :

Oxydationsmittcl

I)emgem~ss bewirkt Zusatz einer wiisserig-alkoholischen I&sung van Chloranil zu angc- sKuerten Lijsungen von All~alibromid oder jodid die sofortigc Abscheidung van l3rorn bzw. Joel, die Oxydation von Sulfit zu Sulfat elc.

Da Chloranil in Athcr ausgezcichnet liislich ist, wurde vcrsucht, durch einc charak- teristische Redoxreaktion mit einer !Ltherliislichen organischcn Vcrbindung zu eincm sclektivcn Nachwcis von Chloranil zu gelangen. Als Partner wurde die farblosc ,,Tetra- base” (~-Dimethylaminodipl~c~~ylme~han I) gewghlt, die bekanntlich zu dem ticfblaucn chinoiden Di~~~~enylmetbanfarbstoff 11 oxydierbar ist 1. Obcrraschcnderweise tritt die

Cl Cl

(CI-I,) ,N - +

Cl Cl

(CH,),N -(_>- Cl-1 -,_=/=-=\= i&l,), + I-IO -<r>- 0. ’ (If) ‘=’

(I)

G-3,

erwartcte Redosreaktion r in Stherischcr I-iisung nicht ein. Bringt man jedoch einen Tropfen der farblosen oder schwach gelb-hellgriinen L6sung auf Filterpapier oder au1 eine Tiipfelplatte, so hinterbleiht nach Verdunsten des &hers ein tiefblauer Riickstand, Das gleiche Verhalten wurde beobachtet, wenn Chloroform, Benz01 etc. als gemeinsamez Liisungsmittel verwendct wird.

Liternitrr S. aq

VOL. 1s (rg55) NAGHWBIS VON CHLORANIL 2xX

Es l%sst sich noch nicht mit Sicherhcit angeben, worauf die hie; be‘obachtete Reak- tionslosigkeit des Chloranils in organischen Liisungsmitteln zurtickzuftihren ist: Die - Abwescnheit von Wasser dtirfte nicht die Ursache sein, weil Schiitteln der Zither&hen Lijsung mit N:asser keine Vergndcrung herbeifiihrt, trots der merklichen I.iislichkeit von Wasser in Ather. Wahrscheinlicher ist die Annahme, dass Chloranil odcr Tetrabase (oder beide Verbindungen) in Ather, Chloroform elc. stabile Solvate bilden, die nicht i.n die oben angefiihrte Redoxreaktion I eintreten. Falls diese Annahme zutrifft, dann h%tten wir es hier mit einer bisher einzig dastehenden , ,Maskierungdurch Solvatbildung” zu tun, die bei Verdunstung des Liisungsmittels durch den Zerfall der Solvate aufge- hoben wird. Damit steht in cbereinstimmung, dass I als Festktirperreaktion durch blosses Vcrreiben von trockenen Chloranil und Tetrabase sofort zustande kommt.

Die Redoxreaktion von Chloranil und Tetrabase bci Anwesenheit von fltichtigen organischcn Liisungsmitteln ermiiglicht einen selektiven Nachweis von Chloranil in Form einer Tropfenreaktion. Chinon zeigt die Reaktion nicht, hingegen diirfte das gleiche Verhalten bei Bromanil und organischen Perverbindungen zu crwartcn sein.

Arbeilsweise

Einc geringe Menge dcr fcstcn Probe oder ein Tropfcn ihrcr L&sung in Ather, Benz01 etc. wird in die Vcrtiefung eincr TClpfelplatte gebracht. Ein Tropfen, ciner iitherischcn Ltisung von Tetrabasc wird zugesettt und mit einem Glasstab vcrrllhrt. Nnch Verdunsten dcs LBsungsmittels hinter- bleibt ein blauer Nicclerschlag. Es kann such ein Tropfcn der Mxrischen ProbcMsung auf Filter- papicr gebracht wcrden. das vorhcr mit tin bis zwei Tropfcn dcr Rcngensliisung angettipfclt worden ist. Jc nach der Menge dcs anwesendcn Chlornnils hintcrblcibt nach Verdunsten des &hers cm dunkelblauer bis hellblauer Fleck. Anblasen mit hciUer Luft (FCihn) ist cmpfehlcnswcrt.

Erfnssudgsgrenze : Verri iinnungsgrenzc :

0.25 y Chloranil *J:250,000

ltengens. xo/&igc Z&sung von Tctr.?b;lsc in Athcr.

VERWENDUNG DES NACliWEISES VON CHLORANIL FiiR VORPROBEN

In der qualitativen organischen Analyse sind schnell ausfiihrbare Vorproben sehr niitzlich, die Hinweise tiber An-oder Abwesenheit bestimmter Verbindungsklassen geben, wodurch fiir weitere Priifungen oft wichtige Anhaltspunkte gewonncn wcrdcn. Da bekanntlich verschiedene aromatische Verbindungen bei ErwBrmung mit Kalium- chlorat und kon’z. SalzsYure als stabile Endpradukte Chloranil bildenW, das wie obcn bcschrieben mit T&-abase nachweisbar ist, so wurde versucht, darauf einc Vorprobe zu begriinden, die in der Arbeitsweise der Tiipfelanalyse ausfiihrbar ist.

Die Bildung von Chloranil aus aromatischen Verbindungen bcruht auf Chlorierung. Oxydation, mitunter such oxyclativcr Aufspaltung, die zweifellos nicht direkt, sondem fiber noch unbekannte Zwischenstufcn verlaufen. An diesen Teilprozessen sind die gasfiirmigen Reaktionsprodukte beteiligt, die bei Erwsrmung von Kaliumchlorat mit konz. SalzGure entstehen :

HClO, + 5HCl + 3H10 + KC1 + 3C1, (2)

4HCl0, --> &lo4 + O. + 2H,O (3)

Da durch den Ablauf von 2 und 3 Chlorat bzw. ChlorsZure vollst%ndig zersetzt wird, so kann etwa gebildetes Chloranil ,durch Zusatz von Kaliumjodid (Jodbildung) oder nach Extraktion mit Ather durch die Redoxreaktion mit Tetrabase nachgewiesen wcrden. Nach unseren Beobachtungen ist der zweite Weg zuverltissiger.

WLiferalur S. 2x3

212 F. FEIGL, V. CENTIL, J. E. R. MARINS VOL. 13 (1955)

Aubeikwcisa. In ciner Mikrocprouvette wird ein Tropfen der Probclbsung ocler tine klcinc %fcnSc dcr fcstcn Substanz mit eincm Tropfen Kaliumchloratldsung und cincm Tropfen Salss%ure vcrsetst und solangc erwarmt, his kcin Chlor entweicht. Nach Erkalten werclcn 2-3 Tropfen Wasser zugcsetzt und mit s-10 l’ropfcn Ather ausgeschtittelt. Nach Trennung der Ather-Wasscr-Schichten wcrdcn tin bis zwci Tropfcn tier Bthcrischcn Lcisung auf Filtcrpapier gcbracht und der Tlipfelfleck mit eincm Tropfcn cincr Mrerischcn L8sung der Tctrabasc angcttipfelt. Nach Vcrdunstcn des Athcrs (Fohn\ hinterbleibt ein blnucr Fleck bci Anwesenhcit solcher aromatischcr Verbindungcn, die zu Chloranil oxydativ aufspaltbar sind. Il?ngem?ilJn. r. Gcsattigtc wiisscrigc LOsung von Kaliumclilcrat

2. Xonz. SalzsYure -3. I:&-@ iithcrischc LOsung von TctrabaHc

Das Verfahrcn wurde bei nachfolgendcn Verhindungen in Milligramm-Mengen tiber- prtift. Bci starkem Ausfall der Chloranilrcaktion wurdc in vielen Fallen die Erfassungs- grenzc crmittelt.

I. Starker A&all der Chloranil-Reaklion

Acetanilid; 13enzidin (0.5 y) ; +Chloranilin (0.5 y) ; Cumarin; Diphenylamin (0.25 y) ;

Emetin ; ?lr-Hydroxybcnznlclehyd; p-Hydroxybcnzaldchyd (0.25 r) ; GHydroxychino- lin ; +-‘H.ydrosydiphenyl; Isatin (I y) ; Methylenblau (I y ) ; Mercaptobenzthiazol (IO y) ;

u-Naplrtol (IO y) ; P-Naphtol (IO y) ; rr-Naphtylanrin (5 y) ; rl-Naphtylaminchlorhydrat ; Natrium-dihydroxybenzolsulfonat ; +Nitrophcnol (0.5 y) ; Papavcrinchlorhydrat ; Pentachlorphcnol; Phenolphtalein (I y) ; Phenylharnstoff (IO y) ; Pikrins:iure (5 y) ;

Chinon ; Tryptophan ; Salicin (3.5 y) ; Salicylstiure (1 JJ) ; Sulfametazin ; Sulfanils!iurc (0.5 7) ; Sulfapyridin ; Sulfathiazol ; SulfosalicylsBurc (I y).

II. Schwaclter AusfaZl clcr Chloranil-Redion (in mg-Mengen)

Azobenzol ; Ephedrin ; Isochinolin ; Kongorot ; Nitrobcnzol ; o-Nitrobenzoes;\urc; Chinolin ; Tetrdbnse ; Toluol.

III. Keine ChZoraniZ-Xenktion

Alizarin ; Anthrachinon ; Anthracen ; Benzoes!iure ; Chromotropstiure ; Codein ; Curcu- min ; Ellagsaure ; Hesachlorbenzol ; Morin ; Morphinchlorhydrat ; Naphtalin ; a-Nitroso- naphtol; Phtalstiurc ; Pyrogallol ; Chinalizarin ; Chininchlorhydrat ; Saccharin ; Sudan III.

Wie die lmter I-III angegebenen Befundc zeigcn, erfolgt bei Erwsrmung mit Kalium- chlorat und konz. SalzsYure zwar bei sehr viclcn, abcr, wie bereits von COLORANTS beobachtet worden ist, keineswegs bei allcn aromatischcn Verbindungen die Bildung von Chloranil. Das hier bcschricbcnc Verfahrcn crmijglicht daher keine cntscheidende Vorprobe auf aron-ratische Verbindungen. Indcssen lassen sick die Resultate der Chloranilprobe verwerten bci Vergleich mit der Vorprtifung auf nromatischc Vcrbindungen nach La KosEh *4, Bemerkcnswcrt ist die Tatsache, dass Polyphenole, Hydrosyanthrachinon und Flavanole, aber such so einfach gebaute Verbindungen wit BenzoesSure und Phtalsaure bei ErwZrmung mit Kaliumchlorat und konz. Salzstiure kein Chloranil bilden. Es dfirften daher wohl bestimmte Atom- gruppen und Strukturmomente fiir die Bildung von Chloranil verantwortlich sein. Dies zeigt sich sehr deutlich im Verhalten von Naphtol- und Naphtylaminsulfonstiuren. wie nachfolgende Daten zeigen :

Litcrntzrr S. 213

VOL. 13 (rg55) NACHWEIS VON CHLORANIL

1, 4 1, 5 2, 6 2, 7 1. 3 2, 6

=9 4 2, 6, S

I, 8. 3, 6 2, 3, 6

Naphtolsulfonsaure Naphtolsulfonsaure Naphtolsulfonsaure NaphtllsulfonsYure Naphtylaminsulfonsaure Naphtylaminsulfonsaurc Naphtylaminsulfonsaure Naphtoldisulfonsiiure Dioxynaphtalindisulfonsaure Naphtylamindisulfonstiurc

starke Chloranilreaktion (5 JJ) keine ,, ,,

positive ,, ,, (so Y) schwachc , , ,, kw Y) keine ,, ,, schwache , , P,

positive , , ,, (50 Y) keinc ,, ,, keinc ,, ,, keine ,, ,,

213

Nach obigcn Daten kann demnach die Chloranilreaktion bei Naphtol- und Naphtyl- aminsulfons:iure zur Charaktcrisicrung- bestimmter hicrhergchijriger Vcrbindungen herangezogen werden.

M’ir danken an dieser Stellc clem Cons&o National de Pesquisas fur die Untersttit- zung bei der Durchfiihrung dieser Arbeit.

% L’SAMJII’NFASSUBG

Bei Vereinigung von Chloranil untl Tetrabaae in Ztherischcr LCIsung crfolgt kcine Roaktion. Die Redoxreaktion, unter Rildung cincs blaucn Diphcnylmcthanfarbstoffcs. tritt erst tin nach Ver- clunstcn ties Athers. Auf diescm Effckt I!isst sich ein sclektiver Nachwcis von Chlornnil bcgrilntlcn. dcr als Tupfelrcaktion ausftihrbar ist, wobei tine Erfassungsgrcnze von 0.25 y Chloranil crrcicht werdcn kann. Es wirti tine Voryrobe auf aromntischc Verbindungen beschrieben, tlic darin best&t, das Probcmaterial mit Kaliumchlorat und konz. Salzstiure zu erwiirmen untl hierbei gcbiltlctes Chloranil durch Tctrabase nachzuwciscn. Die ubcrpriifung von 71 Verbindungen hat gezcigt, class nicht silmlichte aromatischc Vcrbindungen in Chloranil ilbcrfiihrbar sincl. sondern dass charnkteristischt Ausnahmcn bcstehcn.

Nixing chloronil with tetrabasc in ether solution gives no reaction. The redox rcnction, with formation of a blue diphenylmcthanc dye, occurs only after evaporation of the ether. On this effect can bc based a sclcctivc identification of chloranil. It can be carried out as a spot test showing an identification limit of 0.35 y of chlornnil. The authors describe a preliminary test for aromatic compounds, which consists in heating the test material with potassium chlorate and cont. hydrochloric acid and identifying the hereby formed chloranil by means of tctrabasc. The investigation of 71 compounds has shown that not all aromatic compounds can bc converted to chloranil. but that there exist characteristic excepticns.

Rl%UMti

Le melange dc chloranile et de tCtram&hyldiarnino-diph&nylm&lrane, cn solution 6thbree nc donne pas de rbaction. La reaction redos, avcc formation cl’un colorant bleu, se produit aprb &a- poration de l’ether; ellc peut Otrc utilisbe pour l’identification sGlectivc du chloranilc. par reaction B la touchc; on peut arriver B une limito de scnsibilite de 0.25 y dc chlornnilc. 1~s auteurs ddcrivcnt unc recherchc preliminaire de composes aromatiques consistant a challffer le matGrie1 d’essai avec du chlorate de potassium et dc l’acitle chlorhyclrique concentrd et h idcntificr le cliloranile form& par la tbtrabase. L’examen de 71 composGs a montr6 que pas tous les compos&s aromatiques peuvcnt Ctre transform&s en chloranile. mais qu’il y a des exceptions caract&istiques.

LITERATUR

1 W. PRODINGER, Mikrochcttiis 11cr. ,‘Mikroclri)n. Actn, 36/37 (19.51) 580. s P. KAHRER, Orcnnic Crrctnaslry, 4th English ccl., Elsevrer Pub. Co., Inc., New York, 1950, p. 580. a R. P. Pr. CoLnsANT. Chem. Zcntr.. x931, 1. 3705. 4 A. L. LE ROSEN, R. T. NOVARISK UND J. I<. CAHLTON, Anal. Clion.. 24 (rgsz) 1335; Vgl. I?. FEICL,

Spol ‘IL&s, Vol. II, Elsevicr Pub. Co., Inc., New York 1954, page 104.

Eingegangcn den z I. Februar 1955