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Nagaya heisst Frieden NAGAYA MAGAZIN 4.10 SCHWERPUNKT 3 DOPPELTE FREUDE ZWILLINGSGEBURT IN GESUNDHEITSZENTRUM 4 BAUER YUSUFS CHANCE EIN FAMILIENVATER DRÜCKT DIE SCHULBANK 8 UMFRAGE WAS SICH ÄTHIOPISCHE KINDER WÜNSCHEN

NAGAYA - menschenfuermenschen.ch · bekämpfen: Die rund 100’000 Einwohner im Distrikt Ginde Beret, 180 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Addis Abeba gelegen, sind fast alle

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Nagaya heisst Frieden

NAGAYAMAGAZIN 4.10

SCHWERPUNKT

3 DOPPELTE FREUDE

ZWILLINGSGEBURT IN GESUNDHEITSZENTRUM4 BAUER YUSUFS CHANCE

EIN FAMILIENVATER DRÜCKT DIE SCHULBANK8 UMFRAGE

WAS SICH ÄTHIOPISCHE KINDER WÜNSCHEN

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SALTO NATALE BENEFIZ-GALA Am 20. Dezember findet bereits zum 5. Maldie Benefiz-Gala von Salto Natale zugunstender Stiftung Menschen für Menschen statt.Der Abend steht ganz im Zeichen von Men-schen für Menschen, denn alle Einnahmenfliessen in die Projektarbeit der Stiftung. Während der Gala verkaufen viele prominenteHelfer attraktive Preise aus der Tombola andie Circus-Gäste, und Rolf Knie, Initiator vonSalto Natale, versteigert eines seiner eindrück -lichen Kunstbilder. Zudem arbeitet das ganzeSalto Natale-Team ohne Lohn oder Gage.Die diesjährige Circus-Show „Wunschwelt“

entführt das Publikum in eine Welt vollerTräume, Kreativität und Fantasie. Lassen auchSie sich verzaubern und unterstützen Sie mitIhrem Ticketkauf die Arbeit von Menschenfür Menschen! Wir danken Ihnen herzlichstfür Ihre Unterstützung.

Datum: Montag, 20. Dezember 2010Spielort: Zürich-KlotenTickets: www.saltonatale.ch oder Tel.0900 66 77 88 (CHF 1.15/Min. aus dem Festnetz)

Liebe Leserin, lieber LeserVor einigen Tagen erreichte mich folgendesMail: „Sehr geehrte Damen und Herren, wirsind eine kleine Familie mit drei Kindern undmöchten übers Jahr auf längere Zeit ein Pro-jekt unterstützen. Es geht uns darum, unserenbescheidenen Wohlstand zu teilen und da-durch auch unseren Kindern ein wertvolles Bewusstsein mitzugeben, was Solidarität inder Welt sein könnte…“Diese Zeilen haben mich sehr berührt, liebe

Leserin, lieber Leser. Denn sie drücken genaudas aus, was heute so wichtig ist: Nämlich,dass wir uns bewusst werden, wie gut es unsdoch geht, trotz all der Herausforderungen, mitdenen auch wir tagtäglich konfrontiert wer-den. Und dass wir etwas tun für jene, die unterArmut und Hoffnungslosigkeit leiden. Dabeikommt es nicht so sehr darauf an, wie viel wirspenden, sondern vielmehr, dass wir über-haupt etwas tun. Und dieses Bewusstsein auchbei unseren Kindern, unserer Familie und un-seren Freunden wecken und fördern.Weihnachten steht vor der Tür, und wir freu-

en uns auf ein paar ruhige und besinnlicheStunden im Kreise unserer Liebsten. Sie, liebeLeserin, lieber Leser, unterstützen unsere Ar-beit in Äthiopien und schenken den Menschenneue Hoffnung. Dafür danke ich Ihnen vonganzem Herzen und wünsche Ihnen ein frohesFest und ein glückliches neues Jahr.

Ihre

Josefine Kamm, Geschäftsführerin Stiftung Menschen für Menschen Schweiz

Stiftung Menschen für Menschen Schweiz Karlheinz Böhms ÄthiopienhilfeStockerstrasse 10, CH-8002 ZürichTel. +41 (0)43 499 10 60Fax +41 (0)43 499 10 61 [email protected] www.menschenfuermenschen.chwww.menschenfuermenschen.dewww.menschenfuermenschen.at

Postkonto: 90-700 000-4 Verantwortlich: Axel Haasis, Josefine Kamm, Rupert Weber, Menschen für MenschenRedaktion: Astrid Merkl, Bernd HauserGrafisches Konzept, Layout: Steven Dohn, Bohm & Nonnen, DarmstadtDruck: Baumer AG, IslikonFotos: Rainer Kwiotek, Peter Rigaud, Nelson Mandela Foundation Titelbild: Rainer Kwiotek

Erscheint 4- bis 5-mal jährlich,Jahresabo CHF 5.00 im Gönnerbeitrag inbegriffen

Nagaya (Frieden) heisst das erste Menschen für Menschen-Dorf in Äthiopien – ein Symbol dafür, dass Menschen für Menschen Hilfe auch als Friedensarbeit versteht.

EDITORIALIMPRESSUM

Die Stiftung Menschen für Menschen ist seit 1999 ZEWO-zertifiziert.

Wir wollen die Wälder unserer Welt erhalten.

Diese Publikation ist auf ökologisch

produziertem FSC-Papier aus nachhaltiger

Waldbewirtschaftung gedruckt.

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Alphabetisierungskurse für 215’910 Teilnehmer –– 8 Polikliniken –– 299 Baumschulen –– 40’308 km Terrassierungen, Stein- und Erdwällegegen Erosion –– 4’184 moderne Bienenstöcke –– 1’504 Pumpbrunnen und Quellfassungen –– 16’272 Kleinkreditnehmerinnen

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SPENDENBAROMETER DAS HABEN SIE BISHER MÖGLICH GEMACHT

Menschen für Menschen will die Armut in einem neuen Projektgebiet bekämpfen: Die rund 100’000 Einwohner im Distrikt Ginde Beret, 180 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Addis Abeba gelegen, sind fast alle von der kargen Landwirtschaft abhängig. Die Ernten sind aufgrundvon Dürren und ausgelaugten Böden zu gering. Dem Vieh fehlt es an

Futter, die Kühe geben nur we-nig Milch. Es fehlt an Schulen,und nur jede vierte Familie hatZugang zu sauberem Wasser. Derzeit baut die Äthiopien -

hilfe ihre Containerbüros auf,um ab Januar 2011 mit dem„integrierten Entwicklungspro-gramm“ zu beginnen. Gleich-zeitig werden die Mitarbeiter dieProbleme angehen, die von derBevölkerung als vordringlich

beschrieben wurden. Brunnen sollen gebohrt und Quellen gefasst werden.Mit verbessertem Saatgut und Kursen für die Bauern sollen die Erträgegesteigert werden. Zunächst müssen mit einem Bulldozer zahlreiche Zu-gangspisten geschaffen werden, damit die Hilfe zur Selbstentwicklungüberhaupt beginnen kann. Momentan führen zu vielen Dörfern lediglichFuss- und Eselpfade.

DAS ZITAT

DOPPELTE FREUDE

Grosse Freude im von Menschen für Men-schen erbauten „Boko Health Center“ beiHarar im Osten Äthiopiens: Zum erstenMal wurden im neuen Gesundheitszen-trum Zwillinge geboren. Hindya Amin Ali, 20, brachte zwei ge-

sunde Mädchen zur Welt. Traditionsge-mäss sind die beiden Babys, die noch diehelle Haut von Neugeborenen haben, inden ersten Tagen ihres Lebens namenlos.In dieser Region geben die Eltern ihremNachwuchs erst nach vier Wochen einen

Namen. „Ich hatte keine Ahnung, zweiKinder in meinem Bauch zu haben“, sagtdie stolze Mutter. „Ich bin froh, dass dieGeburt so gut ging.“Bislang brachten die Mütter ihre Babys

in der heimischen Hütte zur Welt. Ohne jede medizinische Hilfe kam es häufig zuKomplikationen bis zum Tod von Kind undMutter. Im Boko Health Center sorgt jetzteine professionelle Hebamme dafür, dassKinder und Mütter die Geburten gut über-stehen.

Bäuerin schöpft Trinkwasser aus einem Wasserloch

HILFE FÜR GINDE BERET

NACHRICHTEN WAS UNS BEWEGT

„Es gibt keineEntschuldigungdafür, den Kinderneine gute Kindheit vorzuenthalten,in der sie ihre Fähigkeiten voll entfalten können.“NELSON MANDELA

ERLEUCHTETE LEHRERDie Lehrer in Äthiopien arbeiten unter grossen Mühen. In abgelegenen Dörfern müssen sie häu-fig ohne Anschluss an das Stromnetz auskom-men. Sie können abends den Unterricht nur beimSchein einer Kerze vorbereiten. Um ihre Situationund die Qualität des Unterrichts zu steigern, hatdie Äthiopienhilfe die Lehrerunterkünfte an 144 vonder Stiftung gebauten Schulen mit Stromanschlüs -sen für Glühbirnen und Radios ausgestattet. Die

Energie liefern Solarzellen. Es wurden 1’314 Pho-tovoltaik-Systeme installiert. „Jetzt ist der Tag füruns nicht mehr mit dem Einbruch der Dunkelheitzu Ende“, freut sich Fanei Wondemagje, 30, Leh-rerin an der Addis Alem Grundschule unweit derStadt Meranja. „Endlich können wir die Abendezum Lesen nutzen.“

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WIE DER SOHN, SO DER VATERIm Dorf Dengogo im Osten Äthiopiens gibt es zwei ganz besondere Schulkameraden:Yusuf Abdo besucht die gleiche Grundschule wie sein Sohn Aneiso. Erst als Menschenfür Menschen die Schule erweitert hatte, bekam der Bauer seine Chance auf Bildung.

VON BERND HAUSER · FOTOGRAFIE RAINER KWIOTEK

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REPORTAGE BILDUNG BRINGT ENTWICKLUNG

uf dem Schulhof, der eher eine Schulwiese ist, herrschtein lautes Summen wie vor einem Bienenstock. Über tausendKinder in roten Hosen und leuchtend gelben Hemden stellensich auf, klassenweise eines hinter dem anderen, und dannschmettern sie mit ihren hellen Stimmen wie jeden Morgenvor Unterrichtsbeginn die Landeshymne. Aus der Menge ragtein Mann, der sich beim Singen würdig zurückhält. Er ist keinLehrer, denn diese tragen weisse Kittel: Yusuf Abdo ist trotzseiner 31 Jahre Schüler der Grund- und Hauptschule von Den -gogo bei Babile im Osten Äthiopiens. Jeden Morgen machter sich zusammen mit dem neunjährigen Aneiso auf den Wegzur Schule. Sechstklässler Yusuf und Erstklässler Aneiso sindVater und Sohn.

JEDER TRÄGT VERANTWORTUNGAneiso hat in der ersten Stunde Englisch und ruft begeis tertim Chor mit den anderen Kindern immer wieder die Sätze, dieihnen die Lehrerin vorspricht: „Where is the book? The bookis on the table!“ Währenddessen hat sein Vater Yusuf in dersechsten Klasse „civics“, eine Art Gemeinschaftskunde undpraktische Ethik. Das Thema heute: Verantwortung. Der grau-häuptige Lehrer senkt und hebt die Stimme wie ein wortge-waltiger Prediger im Gottesdienst. „Jeder hat Verantwortung,nicht nur für sich, sondern auch für andere!“, ruft er. „Werweiss ein Beispiel?“ Yusuf Abdo meldet sich: „Die Bauern ha-ben nicht nur die Aufgabe, ihre Familien zu ernähren, sondernauch die natürlichen Ressourcen für kommende Generationenzu bewahren.“ Den alten Lehrer befriedigt die Antwort: „Ex-zellent, junger Mann!“Dann ist Pause, und Yusuf Abdo erklärt für das NAGAYA

MAGAZIN, warum er, ein Bauer und Vater von fünf Kindern,die Schulbank drückt. „Als ich ein Kind war, gab es hier nureine Schule bis zur vierten Klasse. Die weiterführende Schulelag zwei Stunden Fussmarsch entfernt.“ Also sagte YusufsVa ter dem damals Elfjährigen, er solle die Schule verlassenund ihm auf dem Feld helfen. Später wurden auch in Dengo-go weiterführende Klassen eingerichtet, aber die Schule warderart überfüllt, dass die Kinder und Jugendlichen dicht ge-drängt auf dem nackten Lehmboden sassen. Yusuf als Schul -ab brecher hatte keine Chance, einen der begehrten Plätze zubekommen.

ÄTHIOPIEN BRAUCHT SCHULENDie Situation änderte sich erst, als Menschen für Menschendie alte Schule von Dengogo im Jahre 2008 renovierte undausbaute. Einer der aktuellen Schwerpunkte der Äthiopienhilfeist das gross angelegte Bildungsprogramm „ABC– 2015“. Ge-mäss der grundlegenden Erkenntnis von Almaz und KarlheinzBöhm „Ohne Bildung kann es keine Entwicklung geben“ sol-len Hunderttausende Kinder in den nächsten Jahren Zugangzu Bildung erhalten. Die Lage in Dengogo vor der Interventionvon Menschen für Menschen ist nämlich mehr Regel als Aus-nahme: Nur sechs von zehn Kindern in Äthiopien haben einen

A

„Durch den Unterricht kann ich das Leben meiner Familie verbessern.“YUSUF ABDO

Der Heimweg führt Vater und Sohn auf Fusspfaden bis zu ihrem Gehöft.

Spiel ohne Grenzen: Aneiso als „Blindekuh“ im Sportunterricht auf der Schulwiese

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REPORTAGE BILDUNG BRINGT ENTWICKLUNG

Zweitens erfahre er in der Schule „vielfältigeDinge, die das Leben meiner Familie verbes-sern“. Er habe gelernt, wie man mit seinemHaushaltsgeld wirtschaftet.

DIE FAMILIE IN BALANCE„Mein Lieblingsfach Gemeinschaftskunde brach -te mir viele wert volle Erkenntnisse, auch fürmeinen Alltag“, sagt Yusuf. Zum Beispiel, wieer seine Ehe in der Balance hält. „Bevor einStreit mit meiner Frau eskaliert, gehe ich aufsFeld. Erst wenn mein Zorn verraucht ist, kehreich zurück“, sagt er mit feinem Lächeln. Under habe gelernt, wie man seine Kinder versorgt,wenn sie krank sind. Mehr noch: „Ich weissjetzt, was sie brauchen an ausgewogener Er-nährung und Hygiene, damit sie gar nicht erstkrank werden.“ Für Europäer mögen Yusufs Erkenntnisse

banal erscheinen, aber in den äthiopischenDörfern, wo es keine Zeitungen, kein Internetund kaum Fernsehen gibt und das Geld für dieBatterien der Transistorradios häufig fehlt, istdie Schule die erste und vielfach einzige Quelle des Wissens. Deshalb saugt Yusuf Abdo allenLernstoff auf wie ein Schwamm. Seine persön-liche Einschätzung, dass seine fünf Kinder undseine Frau Nesra gesünder sind, seit er mehrüber Ernährung und Hygiene weiss, bestätigtdie Statistik. Nach einer jüngst in der britischenMedizinzeitschrift Lancet veröffentlichten Stu-die sinkt die Kindersterblichkeit signifikant mitdem Grad der Erwachsenenbildung. Und YusufAbdo kann seinem Sohn Aneiso nun bei denHausaufgaben helfen. Das ist in Äthiopien nichtanders als in Europa: Kinder, die zuhause Bil-dungsimpulse bekommen, werden es tenden-ziell weiter bringen.

SCHULE ALS EINZIGE CHANCEAneiso rechnet Subtraktions-Aufgaben. Auf die Frage, was ihm das Liebste sei im Leben,kommt die Antwort wie aus der Pistole ge-schossen: „Lernen!“ Es ist eine von Kindern in Äthiopien oft formulierte Antwort auf dieseFrage: Eltern vermitteln ihnen früh, dass dieSchule die einzige Chance ist, der Armut zuentfliehen. Jedoch, nach seinen Mathematikaufgaben

geht Aneiso vor die Hütte und spielt Fussball.Yusuf hat ihm mit Schnüren und Lumpen einenBall gebastelt. Aneisos vergnügtes Gesicht lässtdarauf schliessen, dass er das Spiel mindes-tens genau so mag wie Hausaufgaben.

Die Hausaufgaben werden auf dem Boden sitzend erledigt.

Am Nachmittag arbeitet der Vater auf dem Feld. Aneiso nützt die knappe Freizeit anderweitig.

Platz in einer Schule. Laut UNESCO können nurein Drittel der Erwachsenen und die Hälfte derJugendlichen lesen und schreiben. Hatte es in Dengogo lediglich sechs Klassen -

zimmer in scheunenähnlichen Lehmhäuserngegeben, baute die Äthiopienhilfe nun fünf solide Blocks mit je vier Unterrichtssälen: dieWände aus Mauerwerk, das Dach aus starkemBlech, mit Lamellenfenstern aus Glas und sta-bilen Schulbänken. Seit zwei Jahren ist dieSchule fertig, und so bekamen nicht nur vielehundert Kinder und Jugendliche ihre Chanceauf eine abgeschlossene Schulbildung, son-

dern auch Familienvater Yusuf Abdo. „Esbraucht Mut, als erwachsener Mann zur Schulezu gehen“, sagt Yusuf. „Viele der anderen Bau-ern sagen, ich würde meine Zeit vergeuden.“In der Tat sei sein Leben „wie ein Marathon-lauf“: Morgens Unterricht, nachmittags Feld-arbeit, abends Hausaufgaben, zuerst hilft erAneiso, dann übt er selbst; mangels Möbelnknien Vater und Sohn, die Hefte auf den Bast-matten am Boden. „Aber durch die Schule wirdunser Dasein eine neue Stufe erreichen“, sagtder Bauer: Sein Ziel sei es, selbst Lehrer zuwer den, um ein festes Einkommen zu haben.

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MIT IHRER HILFE BEKÄMPFEN WIR DIE ARMUT

SO EINFACH IST ES ZU HELFEN!

Grundschulbildung für ein Kind 53 Franken

Schulbank mit Tisch für zwei Kinder 75 Franken

Bücher für eine Grundschul-Bibliothek 540 Franken

Schon 1989 erarbeiteten die Vereinten Nationen ein Abkommen: Esbesagt, dass Kinder ein Recht auf Bildung haben – damit sie sich ent-wickeln und ein menschenwürdiges Leben führen können. In den alten Dorf- und Kleinstadtschulen in Äthiopien bemühen sich

schon die Kleinsten mit grosser Ernsthaftigkeit, den Lehrstoff aufzu-nehmen – obwohl Lernen dort nur bedingt möglich scheint. Zu vieleKinder drängen sich in den Räumen in Enge und Dunkelheit. Sie neh-men viel auf sich, denn sie wissen: Wer einen Platz im Klassenzimmerhat, hat Glück! Es stimmt traurig, dass heute noch viele Kinder im ländlichen Äthio-

pien von Schule nur träumen können. Gemeinsam mit Ihnen möchtenwir Lernen möglich machen: Dort, wo es bisher keine Bildungsmög-lichkeiten gibt oder wo die Schule am Ort schon nach der vierten Klasseendet. Ihre Spende für die Bildungsinitiative ABC– 2015 hilft uns, alteSchulen durch zusätzliche Gebäude zu erweitern und neue Grund- undweiterführende Schulen zu bauen. Ihre Türen stehen Kindern und Er-wachsenen offen – denn zum Lernen ist es nie zu spät.

In herzlicher Verbundenheit,

Almaz und Karlheinz Böhm

Lernen können heisst Zukunft haben. Geben wir gemeinsam Kindern in Äthiopien einen Platz im Klassenzimmer – und im Leben.

Spenden:Postkonto 90 – 700 000 – 4

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KINDERWÜNSCHE IN ÄTHIOPIEN

Gesaschi Abebau, 14 Wenn ich von der Schule komme, esse ich Injera,unser äthiopisches Fladenbrot. Das ist meineeinzige Mahlzeit pro Tag. Mein Vater und meineMutter sind geschieden. Mein Vater hat wiedergeheiratet und eine neue Familie gegründet. Ichhabe einen Bruder und zwei Schwestern. Alleinschafft es meine Mutter nicht, uns alle ordentlichzu versorgen. Deshalb ist mein grösster Wunsch:öfter am Tag zu essen.“

„Kinder in der Schweiz schreiben ihreWünsche auf – die Liste ist lang. Sie hel-fen beim Backen, basteln Christbaum-schmuck und freuen sich auf die Ferien,die sie gemeinsam mit ihren Familien mitWintersport oder gemütlich zu Hause, mitihren neuen Spielsachen, Büchern und vordem Fernseher verbringen. Nicht nur in der Vorweihnachtszeit un-

terscheidet sich das Leben der Kinder imländlichen Äthiopien sehr stark von demder Kinder in Europa. Dort wird jede Handfür die Mithilfe in Familie, Haushalt undLandwirtschaft gebraucht. Sie wohnen be-engt und der wenige Besitz der Familiemuss mit vielen geteilt werden. Geschen-ke sind den meisten unbekannt. Auch die-se Kinder haben grosse Träume: Ein Fahr-rad, ein Fernseher oder ein Computer.Doch es gibt auch ganz andere Wünsche:mehr Zeit zum Spielen, öfter am Tag zuEssen, sauberes Wasser zum Trinken,warme Kleidung, oder einfach nur ganznormale Schuhe. „Male deinen grössten Wunsch!“: Die-

se Aufgabe stellte das NAGAYA MAGAZINden Sechstklässlern einer Grundschulebei Ginager. Die kleine Stadt ist der Haupt-ort in Asagirt, einem Projektgebiet, in demsich Menschen für Menschen seit 2007engagiert.Die Malfertigkeit der Schüler dort über-

rascht, wenn man weiss, dass äthiopischeJugendliche auf dem Lande nicht von frü-her Kindheit an die Möglichkeit haben,sich im Zeichnen und Malen zu üben. Inden Familien fehlt das Geld für Papier undFarben. Die Wachsmalstifte für die Bilder brachte das NAGAYA MAGAZIN mit.

David Damde, 12 Mit einem Computer könnte ich so tüchtig arbeiten wie die Menschen in anderen Teilen der Welt.Die Bücher bräuchte ich, um mein Wissen zu mehren. Bei uns zu Hause gibt es nur ein Buch,nämlich ein Wörterbuch für Englisch. Ein Fernseher mit DVD-Spieler, das wäre auch toll. Ich habeso ein Gerät in einem Restaurant in der Stadt gesehen. Zu Hause haben wir nur ein Radio.“

Demeku Negesse, 12 Mein Wunsch ist es, einmal die Chefin von denLehrern und unserem Rektor zu sein. Dannkann ich in einem schönen Haus im Sessel sit-zen und Bücher lesen. Es wird nicht kalt seinin meinem Haus.“

Erinnern Sie sich, wie Sie die Weihnachtszeit als Kind erlebt haben?Auch heute ist sie für viele die schönste Zeit des Jahres.

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BEFRAGUNG MALE DEINEN GRÖSSTEN WUNSCH!

Askale Abate, 14 Es wäre mein grösster Wunsch, Fahrrad zu fahren.Leider gibt bei uns keine asphaltierten Strassen,nur Schotterwege. Deshalb würde ich mir wün-schen, dass wir eine richtige Sporthalle mit glat-tem Boden bekommen, auf dem wir das Fahrrad-fahren lernen. Bisher haben wir ja nur die Wiesevor den Schulgebäuden, um Sport zu treiben.“

Kelemu Mogesse, 13 Ich wünsche mir elektrischen Strom.Unsere Mütter könnten dann Injera ba-cken, ohne ein Feuer zu machen, dasunsere Hütte mit beissendem Rauchfüllt. Und wir könnten abends Freundebesuchen. Momentan ist das unmög-lich. Es ist stockfinster, und die Strassensind so schlecht, dass man stolpernund sich verletzen kann.“

Debebe Letibelu, 13 Neben Kleidern wünsche ich mir ein Mobiltelefon, dann könnte ich immer mit meinenCousins reden, ohne mich auf den langen Weg zu machen. Ausserdem haben wir nur eineneinzigen Fussball an der Schule. Zuhause habe ich einen eigenen Ball, aus Lumpen undSchnüren habe ich ihn zusammengebunden. Aber ein richtiger Lederball: Das wäre was!“

www.menschenfuermenschen.ch

Saudenesh Asefa, 14 Ich wünsche mir gelbe Schuhe aus Leder. Gelbist meine Lieblingsfarbe. Ausserdem wäre esschön, wenn ich öfter mit meinen Freundinnenspielen könnte. Zuhause habe ich viel zu tun undselten freie Zeit.“

Es ist schmerzhaft für Eltern, ihren Kin-dern selbst bescheidene Wünsche nichterfüllen oder sie nicht ausreichend ver-sorgen zu können. Die Hilfe zur Selbst-entwicklung von Menschen für Men-schen stärkt die Einkommen der Bau-ernfamilien – damit auch für sie ausrei-chende Mahlzeiten und warme Kleidungzu einer Selbstverständlichkeit werden.

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ÄTHIOPIEN LAND UND LEUTE

... warum die Arbeit an der Graswurzel so wichtig ist.

ZWISCHEN DEN KULTUREN

WAS ALMAZ BÖHM AUFFÄLLT, ODER ...

GEGEN DENBÖSEN BLICKIn manchen abgelegenen Gebieten Äthiopienslebt ein Aberglaube fort, der einst auch in Europaverbreitet war: Vor allem Weber, Töpfer undSchmiede werden in der bäuerlichen Gesellschaftverdächtigt, mit ihrem Blick Krankheiten sendenzu können. Deshalb sieht man immer wieder Kin-der mit kleinen Beuteln um den Hals. Darin sindPergamentstücke eingewickelt. Auf diese hat ei-ner der zahlreichen „Debteras“, der „weisen Män-ner“, seine Beschwörungsformeln geschrieben,die vor dem „bösen Blick“ schützen sollen. Men-schen für Menschen wendet sich in Kursen undMassenveranstaltungen gegen Aberglauben undschädliche Traditionen. Die Menschen werden auf -geklärt, dass nicht Blicke ihre Kinder töten kön-nen, sondern Bakterien und Viren. Die Stiftungorganisiert immer wieder grosse Impfkampa-gnen, die im Gegensatz zu Amuletten wirkungs-voll gegen die gefährlichsten Kinderkrankheitenschützen. Und die benachteiligten Handwerkerunterstützt die Äthiopienhilfe mit Werkzeugenund Weiterbildungskursen, damit sie ein men-schenwürdiges Auskommen erreichen.

Kürzlich besuchte ich in Addis Abeba ein internatio-nales Symposium über sinnvolle Entwicklungs -konzepte für den afrikanischen Kontinent. Dabeistellte ich mit Befriedigung fest, dass die theo -retischen Ideen und Erkenntnisse, die die Wis -senschaftler und Politiker vorgetragen haben, von

Menschen für Menschen in Äthiopien schon seitJahrzehnten aktiv praktiziert werden: Über 80 % meiner Landsleute leben am Rande des Exis-

tenzminimums von der Landwirtschaft. Nur, wenn auchdiese einfachen Bauern die Chance bekommen, ihre Le-bensweise an den Klimawandel und die Ressourcen-Ver-knappung anzupassen, werden sie und das Land Äthiopienauf lange Sicht ohne fremde Hilfe überleben und den Wegaus der Armut finden können. Da die ländliche Bevölkerung

aber meist weder über Zugang zu Bildung noch über finan-zielle Mittel verfügt, gelingt ihr diese Weiterentwicklungnicht aus eigener Kraft. Deshalb setzt die Arbeit von Menschen für Menschen

stets an der Basis an: Gemeinsam mit der so genanntenGraswurzelbevölkerung erarbeiten wir den Massnahmen-Katalog und binden sie dann ganz eng in die Umsetzungein. Eine besonders wichtige Rolle kommt dabei den zahl-reichen Weiterbildungskursen im Bereich der Land- undViehwirtschaft zu. Diese und viele weitere Aktivitäten schaf-fen die Voraussetzungen dafür, dass sich die Bauern lang-fristig besser ernähren können, dass erzielte Überschüssefür die Entwicklung des eigenen Hofs und der Region zurVerfügung stehen und dass parallel dazu auch andere Wirt-schaftszweige an Bedeutung gewinnen.

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SPENDENAKTION LAUF FÜR ÄTHIOPIEN

Die Landschaft ist berauschend schön, und es lohntsich nur schon deswegen zu laufen. Kilometer umKilometer. Fabio denkt an die Weite Äthiopiens, dieBerge, an die vielen Menschen, die auf neue Perspek-tiven hoffen, Schulbildung, Wiederaufforstung, bes-sere Lebensbedingungen. An die Trockenheit, dieBrunnen und Quellfassungen, Wasserreservoirs undBewässerungsteiche, die Karlheinz Böhms Äthiopien-hilfe in der Nähe der Dörfer errichten lässt, damit dieMenschen nicht so weit gehen müssen. Fabio hat Durst. Der nächste Verpflegungsposten

liegt noch weit weg. Wie weit, das weiss er nicht ge-nau. Seine Beine sind schwer. Manchmal denkt er andie nächste Steigung, manchmal auch nur an dennächsten Schritt. Nach 5 Stunden und 27 Minutenerreicht er den Brünigpass. Er ist erschöpft, und derDurst ist kaum noch auszuhalten. Fabio denkt daran,dass er für einen guten Zweck läuft, und schliesslichkommt der Punkt, wo er nicht mehr mit den Beinenläuft, sondern mit dem Herzen. Ab Kilometer 50 ist es plötzlich ganz leicht. 15 Ki-

lometer lang unbeschwertes Vorbeiziehen an der Natur. Ganz leicht und schmerzfrei, als hätte der Lauferst gerade begonnen. Eigentlich ist so ein Rennennicht viel anders als das Leben selbst: Mal geht eshoch, mal geht es runter. „Du überholst schwächere

Anmerkung der Redaktion: Die Spenden, die auf Fabio Giap-ponis Lauf bei uns eingegangensind, schenken den Dorfbewoh-nern in unseren Projektgebietensauberes Trinkwasser und damiteine bessere Gesundheit. Im Na-men dieser Menschen danken wir Fabio und den Spendern vonganzem Herzen.Wollen auch Sie mit einer eige nenAktion für bedürftige Menschenin Äthiopien Spenden sam meln? Melden Sie sich auf [email protected] oder Tel. 043 499 10 60. Wir unterstützen Sie gerne mitTipps und Material und berichtenüber Ihre Aktion auf unserer Home -page oder im NAGAYA MAGAZIN.

ICH LAUFE NICHT UMSONSTÄmsigen im Kanton Obwalden am 21. August 2010. Fabio Giapponi nimmt am ersten Mountainman teil, einem Ultramarathon von 81 Kilometern Länge bei 4’925Höhenmetern. „Ich nehme die Strapaze für einen guten Zweck auf mich“. Diese Botschaft verbreitete er via Facebook und E-Mail und erhofft sich viele Spenden für Menschen für Menschen.

Den Bericht in voller Länge finden Sie auf www.menschenfuermenschen.ch

Läufer, denen du mit einem kleinen Zeichen Kraft undMut machen kannst.“ Dann kommt das Tief wieder,und kleine Stufen fühlen sich wie Felsklötze an, sindaber jedes Mal ein kleiner Gipfeltriumph. „Du bist mit deinen Problemen beschäftigt, und es

laufen Stärkere an dir vorbei, was dich nicht beein-flussen darf: Es ist nur dein Rennen.“ Es ist keinWettbewerb, sondern ein Kampf mit sich selbst, denman nur ohne Egoismus gewinnen kann. Genau wiedie Anliegen von Menschen für Menschen. Fabiopassiert lächelnd die Ziellinie mit erhobenen Armenund Glück durchströmt nach 10 Stunden 44 Minutenund 22 Sekunden.

Auszug aus einem Bericht von Antonietta Fabrizio

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Mein Tag

Ich fühle eine grosse Verantwortung. G

egenüber den Spendern, die

unserer Stiftung ihr G

eld anvertrauen. Und gegenüber den Menschen

in Äthiopien. Dieser Verantwortung kann ich nicht nachkom

men, in-

dem ich einfach nur in meinem Büro arbeite. Ich muss mit den Men-

schen reden, ich muss mit ihnen fühlen. Ich will mich überzeugen,

welche Unterstützung sie am dringendsten brauchen. Deshalb bin ich

jedes Jahr insgesam

t vier bis fünf Monate lang in unseren Projektge-

bieten unterwegs. Hier in unserem

neuen Projektgebiet Gindo Beret

mit seinen rund 100’000 Einwohnern sehe ich, wie sehr die Menschen

unter verschm

utztem

Wasser leiden. Viele werden immer wieder krank,

vor allem die kleinen Kinder. Der Bau von Brunnen wird deshalb eine

der ersten unserer Massnahmen sein. Jeden Tag mache ich Notizen,

um in Europa unseren Spendern Bericht erstatten zu können, in Vor-

trägen, in Fernseh-Talkshows und im NAGAYA MAGAZIN.

„Ich will den Menschen auf A

ugenhöhe begegnen“

ALMAZ BÖHM

Viermal im

Jahr versorgt das NAG

AYA MAG

AZIN die Leser mit fundierten Berichten zur Arbeit der Äthiopienhilfe.

Wie die Spenderzeitschrift recherchiert w

ird, erfahren Sie unter:

www.m

ensc

henfue

rmen

sche

n.ch

> In

form

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material >

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