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SEPTEMBER / OKTOBER 10 AUSGABE 27 - JAHRGANG 4 T HE BIRTHDAY MASSACRE LETZTE INSTANZ DEINE LAKAIEN AND ONE ANGELZOOM FAITH AND THE MUSE RAGGEDY ANGRY JESUS ON EXTASY BLIND PASSENGER CANTUS BURANUS TRISTANIA DEINE LAKAIEN TEUFEL TRISTANIA + BARCELONA SPECIAL

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Interviews & Storys: The Birthday Massacre, Letzte Instanz, Deine Lakaien, And One, Angelzoom, Faith and the Muse, Raggedy Angry, Jesus on Extasy, Blind Passenger, Cantus Buranus, Tristania, Atrocity, Berliner Bomben Chor, Bloody Mary, Delica-M, Extinction Front, Iris, Love Amongst Ruin, Omnia, Shadow Minds, Shirayas Dream, Stahlmann, Teufel, The In Public Project, Essen Originell, Barcelona Special

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SEPTEMBER / OKTOBER 10AUSGABE 27 - JAHRGANG 4

THE BIRTHDAY MASSACRE

LETZTE INSTANZ

DEINE LAKAIEN

AND ONE

ANGELZOOM

FAITH AND THE MUSE

RAGGEDY ANGRY

JESUS ON EXTASY

BLIND PASSENGER

CANTUS BURANUS

TRISTANIADEINE LAKAIEN TEUFEL

TRISTANIA

+ BARCELONA

SPECIAL

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EDITORIAL INHALT

..in diesen Clubs und Shops gibt es das NEGAtief: 7Sins (CH), Aladin, Alchimistenfalle, Archiv, Bar Issix, Beatclub, Black Inn, Black Painting, Bloodline, Boiler Room, Bunker Strasse E, Canossa, Capitol, Centrum, Club Caesar, Club From Hell, Club Pavillon, Club Tra-fo, Club ZV Bunker, Codex, Colours, Come-In, Crash, Cult, Dark Dance, Dark Flower, Dark Area, Darkstar, Dominion Factory, Druckluftkammer, Eleganz/ Bigs-tone, Elvish Dreams (CH), Eventruine, Extrem & Tanzbar, Final Destination, Final, Flamingo, Forellen-hof, Freeze Frame, From Hell, Gag18, Hades, Ju- & Kuz Radhaus, K17, Kir, Kitu-Klub, Koma, Komplex, Kufa / SB, RPL, Kulthallen, Kultkeller, Kulturbahnhof Kato, Kuz, Labor, Locco Barocco / Kulturruine, Loop, Markthalle, Matrix, Mau Club, Meier Music Hall, Me-lodrom, Monitionsdepot, Muc-Kantine, Musikbunker Nightlife, Musiktheater, Mystic Shop, Nachtcantine, Nachtwerk e.V., Nerodom, Nirvana, Panoptikum, Plan B Zweibrücken, Radar, Ringlokschuppen, Rock-fabrik, Sächsischer Bahnhof, Schaubude, Schützen-parkbunker, Shadow, Sonic, Sound Saarland, Südbahnhof, Underground, Uni1, Unikum, Unix, Vier Linden, Vortex, Witchcraft, Zentrum Zoooder per Abonnement beiwww.NEGAtief.de

Vorbei ist der Sommer und mit ihm die Mehrheit der Festivals des Jahres. Viele von euch dürften ein paar Tage im Zelt verbracht haben und wenn man sich so ansieht, wie manches „bunte“ Open Air buchstäblich weggeschwemmt wurde, so hat-ten die schwarzen Events doch richtig Glück. Der Herbst ist nun erfahrungsgemäß die Periode der Neuerscheinungen und Touren, in diesem Jahr u.a. mit And One, Letzte Instanz und Deine La-kaien. Wenn ihr zu Gast bei einer eurer Lieblings-bands sein wollt, so schaut doch in nächster Zeit öfter auf unsere Homepage www.negatief.de, denn dort werden wir eine größere Anzahl Tickets verlosen. In diesem Sinne: Party On!

eUre reDaKtIOn

Herausgeber: Danse Macabre, Inh.: Bruno Kramm, Schloss Cottenau, 95339 Wirsberg Chefredaktion: Peter Heymann (V.i.S.d.P.)Redaktion: Cordula Abston, Sven Bauer, Gert Drexl, Frank „Otti“ van Düren, Daniel Friedrich, Eranie Funderburk, Peter Heymann, Norma Hillemann, Peter Istuk, Freya Kettner, Poloni Melnikov, Ringo Müller, Luke J.B. Rafka, Marzia Rangels, Birgit Riedmüller, Yvonne StasiusLayout: inachis design & productions Lektorat: Ringo Müller

Vervielfältigung oder auszugsweise Verwendung benötigt der schriftlichen Genehmigung. Keine Haftung für unverlangt ein-gesandte Informations- und Datenträger. Die Artikel geben nur die Meinung der jeweiligen Verfasser wieder. Nach dem deut-schen Pressegesetz Art.9 sind wir verpflichtet, darauf aufmerk-sam zu machen, dass für sämtliche redaktionellen Beiträge in unserem Heft eine Unkostenpauschale für Vertrieb an den Auftraggeber berechnet wurde. Trotz dieses Geschäftsverhält-nisses entsprechen jedoch sämtliche Textbeiträge der persön-lichen Meinung des jeweiligen, unentgeltlichen Verfassers und seiner Interviewpartner. Das NEGAtief versteht sich als eine, im Sinne der allgemeinen Verbreitung der alternativen Musiks-zene dienenden Publikation, die gerade kleinere Firmen durch eine preisbewusste aber alternative und flächendeckende Pu-blikation ihrer vertriebenen Künstler unterstützt.

Schloss Cottenau – 95339 Wirsberg Tel. 09227/940000

[email protected] www.negatief.de

5 Soundcheck22 Barcelona Special37 Tooltalk44 Festival Essen Originell

14 And One28 Angelzoom34 Atrocity13 Berliner Bomben Chor6 Blind Passenger12 Bloody Mary31 Cantus Buranus24 Deine Lakaien27 Delica-M23 Extinction Front37 Faith and the Muse46 Iris36 Jesus On Extasy40 Letzte Instanz38 Love Amongst Ruin33 Omnia7 Raggedy Angry20 Shadow Minds30 Shirayas Dream45 Stahlmann16 Teufel8 The Birthday Massacre29 The in Public Project18 Tristania

Radio HaZZard of DarknessHörercharts – August 2010Electronic-Top301. Megaherz – Miststück (Performed by Grendel)02. Lost Area – Lies (Radio Vers.)03. Future Trail - PanicNewcomer-Top301. Elandor - Märchenwelt02. Herzfeind - Aufstehn03. [de:ad:cibel] – Architecture (Album Mix)Open Style-Top301. Pain Management - I Disagree02. Eisbrecher – Heilig03. Schandmaul – Trinklied

Alben – KW 3401. Front Line Assembly - Improvised Electronic

Device02. Tanzlabor - 5 Year Anniversary Compilation03. Sam - Brainwasher04. Leaether Strip - Mental Slavery05. Ashbury Heights - Take Cair Paramour06. Project Pitchfork - Continuum Ride07. X-RX - Update 3.008. Agrezzior - Domination09. Spectra Paris - License To Kill10. Various Artists - Electrostorm Vol.2

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TIPP DER REDAKTION

The Birthday Massacre„Pins And Needles“Es ist nicht nur die feinsin-nige Stimme von Front-frau Chibi, welche das Phänomen The Birthday Massacre ausmacht. Gut zehn Jahre ist die Band nun aktiv, und in dieser Zeit konnte eine weltweite Fangemeinde aufgebaut werden. „Pins And Needles“, das neueste Album der Kanadier, wird diesen Trend sicher noch einmal verstär-ken: Ob nun der Gänsehaut erzeugende Titeltrack, das samtweiche „Secret“ oder die Rockhymne „Control“, in jedem Song steckt jene Leidenschaft, die The Birthday Massacre seit jeher ausmacht. Bizarre Ästhetik, Dunkel-heit und stechende Gefühle bilden hier die Eckpfeiler für das mannigfaltige Songwriting. „Pins And Needles“ ist dabei mehr als nur eine neue Scheibe. Hier wird das Gesamtkunstwerk der Band konzeptionell und emotio-nal um einen wichtigen Schritt ergänzt. Nicht nur alt-eingesessene Fans werden hieran Gefallen finden, auch neue Hörer werden diesem Zauber in Scharen erliegen.

FranK „OttI“ Van DÜren

Tristania „Rubicon“Was die sympathischen Norweger uns mit dem neuen Silberling „Rubi-con“ präsentieren, lässt noch auf viele weitere Al-ben von Tristania hoffen. Ein absolut stimmiges, abgerundetes Werk, das mit harten Gitarrenwän-den aufwartet und mit eingängigen Gesängen glänzt. Die Songs haben trotz ihrer Härte einen einwandfreien Ohrwurmcharakter, bei dem auch der Einsatz von Synthesizern nicht negativ auffällt – aber auch nicht zu kurz kommt. Songs wie etwa „Year Of The Rat“ oder „Patriot Games“ sowie „Illumination“ sind absolute Highlights des Albums. Nach nunmehr zwölf Jahren in der kreativen Schaffens-geschichte von Tristania, haben sich die selbigen wieder

Deutschen Härte nahestehenden Stücken wie „Tick Tick Tack“. Einen absoluten auditiven Volltreffer hat Teufel auch mit „Die Morität von Mackie Messer“ gelandet: Diese Adaption des Brecht-Klassikers fühlt sich so inten-siv an wie sonst keine andere. „Absinth“ ist hörbar ge-wordene Verführung zu Sünde, Lust und Lasterhaftigkeit.

FranK „¬OttI“ Van DÜren

Raggedy Angry„How I Learned To Love Our Robot Overlords“Der neueste Stern am Sze-ne-Himmel kommt wieder einmal aus Kanada. Nach innovativen Bands wie Left Spine Down oder Defence Mechanism und „alten Hasen“ wie The Birthday Massacre kommen nun Raggedy Angry, um in die Fußstapfen ihrer Kollegen aus Toronto zu treten. Denn außer der Heimatstadt haben sie noch mehr gemeinsam: Produzent Dave Ogilvie, der schon The Birthday Massacre den entschei-denden Schub verpasste und für Größen wie Marilyn Manson und Skinny Puppy an den Reglern saß, hat auch maßgeblichen Anteil an „How I Learned To Love Our Robot Overlords“, einem für eine junge Band sehr beachtlichen und ausgereiften Album, das auf unkon-ventionelle Art und Weise Electropop, Düsterpunk und Industrial Rock vereint und einen Riesenspaß macht.

rInGO mÜLLer

Deine Lakaien „Indicator“Fünf Jahre mussten die Fans darben, bevor mit „Indicator“ Ernst Horn und Alexander Veljanov alias Deine Lakaien ihren kreativen Fokus wieder auf neue Songs verlegten. Gelohnt hat sich diese Wartezeit ohne Zweifel, denn was das Dark Wave Duo auf ihrem jüngsten Longpla-yer bietet, gehört erneut zu den absoluten Highlights der Schwarzen Szene. In klarer Fortsetzung der bisher in ihren Stücken verwendeten Klangfarben und teils auch der unverwechselbaren elektronischen Details, zeigen die frischen Kompositionen, wie perfekt Me-lancholie, Ausdrucksstärke und Facettenreichtum ohne Pathos miteinander verbunden werden können. Alexanders Stimme steht dabei wie immer im Zen-trum der Songs, ohne jedoch aufdringlich zu wirken. Kurzum: Deine Lakaien wie man sie sich wünscht!

SVen BaUer

neu entdeckt und machen damit Spaß wie am ersten Tag der Karriere! Man darf hoffen, dass Tristania sich weiter in diese Richtung entwickeln und uns fortan noch häufig mit solchen Perlen für unsere Ohren versorgen.

DanIeL FrIeDrICH

Letzte Instanz „Heilig“Mit ihrem letzten Album machten sich die glor-reichen Sieben „Schul-dig“ und infizierten ihre Hörerschaft mit unver-gänglichen Hymnen wie „Flucht ins Glück“, „Dein Licht“, „Der Garten“ und dem balladesken Song „Wann“. Nun sprechen sie sich auf ihrem jüngsten Studioalbum selbst „Heilig“. Das neue Werk stellt dabei den zweiten Teil einer Trilo-gie dar und bildet lyrisch das Gegenstück zu „Schuldig“. So spiegelt sich auch das „heilige“ Konzept in verschie-densten Formen in den Liedtexten wider. Musikalisch knüpfen die Goth’n’Roller ebenfalls an ihren letzten Output an und liefern erneut gekonnt starke Wogen aus rockigen Gitarrenwänden, treibender Percussion, zarten Geigenklängen und mitreißenden Synthie-Akkorden. Abermals verzaubert Sänger Holly dabei mit seiner kla-ren Stimme und lässt den Zuhörer in seine Geschichten eintauchen. So durchlebt man förmlich Songs wie „Un-sterblich“ und die erste Single „Schau in mein Gesicht“, die nur Teile eines eingängigen Ganzen darstellen.

yVOnne StaSIUS

Teufel „Absinth“Als Frontmann von Cor-vus Corax und Tanzwut hat er sich längst einen Namen gemacht, nun wandelt Teufel auch auf Solo-Pfaden. „Absinth“ heißt sein erster ureige-ner Longplayer, welcher nun Mitte September auf den Markt kommt. Und wie der Titel schon andeutet, bietet uns der Teufel süßliche Verlockungen, welche mal die Sinne benebeln, dann wieder Verstand und Kreativi-tät auf Hochtouren bringen. Kreativ gibt sich Teufel auf „Absinth“ in jedem Fall. Die Bandbreite der Songs reicht von Mittelalterrock (beim Titelsong) über dunkel-elek-tronische Elemente („Schwefel“) bis hin zu der Neuen

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Nik Page auf Zeitreise

Ursprünglich sollten die Blind Passengers mit der Veröffentlichung der Kompilati-on „Timemachine“ vor gut einem halben Jahrzehnt zu Grabe getragen werden. Kürzlich dann die große Überraschung, eine neue MySpace-Präsenz und die An-kündigung des neuen Albums „Next Flight To Planet Earth“ im Spätsommer dieses Jahres. Doch von einer echten Re-Union kann man nicht direkt reden, denn von der ehemaligen Besetzung kehrt nur ein blin-der Passagier zurück, Nik Page.

Wie und wann kam dir in den Sinn, die Ver-gangenheit auch ohne Rayner wieder aufle-ben zu lassen?

Nik: Nachdem ich mich in den letzten Jahren größtenteils wesentlich rockigeren Klängen ge-widmet hatte, juckte es mir eines Tages in den Fingern, mal wieder zu meinen musikalischen Wurzeln zurückzukehren und Songs im Stile der alten Blind Passengers-Zeiten zu produzieren. Dabei hatte ich soviel Spaß, dass ich schließlich beschloss, ein gesamtes Album aufzunehmen, das sich stilistisch an der frühen Passengers-Phase orientiert und somit vor allem Synthpop- und Sci-Fi-Fans gefal-len dürfte. Von einer Re-Union kann in der Tat nicht die Rede sein, da Rayner leider nicht mit an Bord ist.

Wie würdest du die Unter-schiede zu früheren Passen-gers-Produktionen beschreiben, was ver-anlasste dich dazu, dieses Mal gänzlich auf metallisch wirkende Gitarrenriffs zu verzich-ten?Nik: Ich wollte mich ausschließlich von der elek-tronischen Bandepoche inspirieren lassen, vor allem von unserem Debütalbum „The Glamour Of Darkness“. Das bedeutete, dass Gitarren zum Beispiel nur sparsam eingesetzt sind, und auf kei-nen Fall metallisch, sondern eher halbakustisch oder mit Chorus und Delayeffekten, so wie bei-spielsweise auch Depeche Mode Gitarren in ihren Songs verwenden.

Das futuristische Cover-Artwork, die Betite-lung des neuen Werkes sowie einige Tracks lassen unweigerlich ein Konzept erahnen. Auch die musikalische Umschreibung Sci-Fi-

Synth-Pop nährt die Vermutung nach einem roten Faden. Eher Zufall oder hast du dich auf diesem Album bewusst einer bestimm-ten Thematik zugewandt?Ich finde Science-Fiction ist gut geeignet, um sich einen etwas schärferen Blick auf die Absurditäten unserer realen Welt zu verschaffen, auch wenn Letzteres vielleicht etwas frustrierend sein kann. Ich liebe aber auch schon immer Sci-Fi-Entertain-ment mit einer gesunden Portion Humor und woll-te mich diesmal genau mit dieser Attitüde dem Thema nähern. Ich denke, bereits der Albumname „Next Flight To Planet Earth“ lässt erahnen, dass es der Platte nicht an Selbstironie und Entertain-ment-Spirit fehlt. Auch wenn die Sehnsucht nach den Sternen sicher als Grundstimmung auf dem gesamten Album mitschwingt, gibt es aber den-noch einige Titel mit irdischen Themen. „Riding On My Rocking Horse“ symbolisiert zum Beispiel perfekt den Projektnamen Blind Passenger. Es geht um den blinden Passagier, der bequem mit dem Strom der Gesellschaft schwimmt, sich in sein Kämmerlein einschließt und dabei nichts sehen und

nichts hören will, in einer Welt, die von Tag zu Tag absurder wird. Ich finde es schon erschreckend, dass die Massenverblö-dung durch das Reality-Proll-Fernsehen und die bunten Zeitungen mit den 20 Zentimeter gro-ßen Headlines immer schlimmere Ausmaße annehmen. Da kommt

einem der gewöhnliche deutsche Bürger manchmal schon wie eine ferngesteuerte Drohne vor, deren Meinung und Geschmack durch Werbestrategen und Medienmogule direkt ins Volks-Hirn gespritzt wurde.

Wie bereits von dir gewohnt, verleihen auch dieses Mal einige namhafte Gastsänger wie beispielsweise Joke Jay (Ex-And One) dieser Scheibe eine besondere Note. Wie verlief die Zusammenarbeit?Duette fand ich schon immer spannend. Es gibt nichts Besseres, um immer wieder neue Ideen und Impulse für die eigenen Songs zu bekom-men. Kooperationen mit anderen Musikern sind deshalb jedes Mal eine Frischzellenkur für die eigene Kreativität. Joke Jay ist außer-dem nicht nur ein guter Sänger und Gute-

VÖ: „Next Flight To Planet Earth“27. August 2010

„Ich fi nde es schon er-schreckend, dass die mas-senverblödung durch das

reality-Proll-Fernsehen und die bunten Zeitungen mit den 20 Zentimeter großen Headlines immer schlimme-re ausmaße annehmen.“

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Laune-Faktor, sondern auch noch ein großar-tiger Schauspieler, wovon man sich im Clip zu „Don‘t Drag Me Down“ überzeugen kann. Die Duettsongs schreibe ich meistens vorab, da-mit wir dann gemeinsam daran weiterarbeiten können. Beim Songwriting versuche ich darauf zu achten, dass das Stück auch zum jeweiligen Künstler passt.

Neben vielen neuen Ohrwürmern wie „Don’t Drag Me Down“, der beatgelade-nen Nummer „Sincity“ oder der tanzbaren Kampfansage „Fight“ erfreuen sich auch gefeierte Klassiker einer Auffrischung. Wie sind die Ideen zu den „Retro meets Future“ Anpassungen entstanden?Es ging mir darum, eine gute Balance zwischen dem Retro-Charme der guten alten Zeiten und fri-schen modernen Electro-Pop-Tracks zu finden. Ich denke, es ist ein Werk entstanden, das Nik Page- und alten Blind Passengers-Fans gleichermaßen gefallen wird.

Für den Herbst wurde eine Clubtour ange-

kündigt, um diese Sci-Fi-Synth-Rakete auch live zu zünden. Wirst du auch ei-nige Klassiker zum Besten geben? Worauf dürfen sich die Fans freuen?Natürlich werden wir vie-le Klassiker aus den frü-hen Passengers-Jahren live spielen, aber auch ein paar Nik Page-Songs in neuem, elektronischerem Gewand. Die Konzerte werden extrem unterhaltsame Sci-Fi-Pop-Shows, wofür ja auch die Blind Passengers-Shows in den 90ern bereits bekannt waren.

yVOnne StaSIUS

www.blindpassengers.dewww.myspace.com/blindpas-sengerofficial

Kanadische Bands und Dave Ogilvie schei-nen ein Blankoscheck für kommerziellen Erfolg zu sein. Der Produzent und Musiker arbeitete lange Zeit für Skinny Puppy und verhalf nicht zuletzt The Birthday Massacre zum kommerziellen Erfolg. Nun steht die nächste vielversprechende Mainstream-Rakete auch endlich in den europäischen Startlöchern, ein rockiges Düsterpunk-Elek-tropop-Album einer jungen Band mit viel Potenzial, die es durchaus zu einer Karriere wie The Birthday Massacre bringen könnte.

Warum habt ihr Raggedy Angry als Band-namen gewählt?Paul Roussel: Als ich 2005 die Band gründete, wollte ich einen Namen, der sowohl aggressiv als auch kindisch ist. Außerdem wollte ich, dass bei der Online-Suche nur unsere Band gefundenwird. „Raggedy Angry” erfüllte beide Vorraus-setzungen.

„How I Learned To Love Our Robot Over-lords” ist sehr energetisch und druckvoll ge-worden. Inwiefern war Dave Ogilvie daran beteiligt?Wir haben innerhalb eines Jahres eine ganze Menge an Songs vorproduziert und am Ende 13 davon ausgewählt. Dave war von Anfang an da-bei und hat fünf Songs mit uns geschrieben, die auch alle auf dem Album sind. Er ist ein brillanter Musiker und es war großartig, mit ihm zusammen arbeiten zu können.

Was steht hinter dem Albumnamen?Es ist ein Konzeptalbum mit dem Titel als Über-schrift. Es handelt von einem Mann namens Atom und wie er die Roboter-Oberherren lieben lernt. Ob-wohl die Roboter eigentlich nur eine Erfindung sei-nes von Drogen verzerrten Geistes sind. Die Story ist eine Mischung aus „A.I.“ und „Naked Lunch“.

Was hat der Labeldeal mit Danse Macabre für euch verändert?Der Labeldeal macht es möglich, dass man unser neues Album endlich im Laden kaufen kann, was uns sehr glücklich macht. Bisher konnten wir un-

sere Musik nur online verkaufen.

Wann kann man euch wieder in Deutschland sehen? Das ist noch nicht sicher. Als wir das letzte Mal in Deutschland gespielt haben, hatten wir eine großartige und schweißtreibende Show. Wir hat-ten eine Menge Spaß und die Fans waren super. Wir sind sehr heiß darauf, so schnell wie möglich wieder bei euch zu spielen.

rInGO mÜLLer

www.myspace.com/raggedyangryVÖ: „How I Learned To Love Our Robot Over-lords” 1. Oktober 2010

Zwischen „A.I.“ und „Naked Lunch“

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Wut und Euphorie

The Birthday Massacre haben das geschafft, wovon viele träumen: In kurzer Zeit wurde aus dem Hobby Musik einer erfolgreiche Band, die trotz zahlreicher Hindernisse auf ih-rem Weg internationale Anerkennung fand. Aktuell sind die Kanadier wieder schwer be-schäftigt, ihr neues Album „Pins And Need-les“ erscheint in Kürze, zudem sind sie der-zeit auf ausgedehnter Tour durch Amerika. Dennoch fanden Sängerin Chibi und Gitarrist Michael Falcore Zeit, uns nicht nur zu erzäh-len, was wir von der aktuellen Veröffentli-chung erwarten dürfen, sondern auch ein wenig aus dem Nähkästchen zu plaudern.

Chibi: Ich bin sicher, die Leute werden ihren Spaß am neuen Album haben. Es enthält viele sehr

klassische Birthday Massacre Songs, mit jenem Kontrast, den wir immer erarbeiten. Gleichzeitig aber sind wir wieder einmal gewachsen. Ich glau-be, auf dem Album sind einige unserer stärksten Songs bis heute. Darauf bin ich wirklich stolz.

Während der Arbeiten am Album, musstet ihr euch da mit irgendwelchen Schwierig-keiten plagen?C: Wir mussten gegen eine Deadline arbeiten, und das ist nie lustig. Es gab Momente, da war ich ge-stresst und ideenlos, wir haben uns untereinander gezankt und ich hatte die Befürchtung, wir würden es nicht schaffen fertig zu werden. Ein Freund sagte mir aber, dass stressige Situationen und Deadlines manchmal zu außergewöhnlichen Ergebnissen füh-ren, und das ist in diesem Fall definitiv geschehen.

Gibt es auch irgendeine lustige Geschichte aus dieser Zeit, die du erzählen kannst?C: Ich radelte oft durch die Stadt zu den Aufnah-men. Radfahren in Toronto kann sehr schrecklich sein. Es ist keine besonders Fahrrad-freundliche Stadt. Dadurch hatte ich oft Auseinandersetzun-gen mit Autofahrern, hatte gelegentlich beina-he einen Unfall und kam bei den Gesangsauf-nahmen total genervt an, richtig wütend. Dann musste ich aber diese aggressive Stimmung los-werden, um jene lieblichen und süßen Melodien einzusingen. Das war manchmal echt schwierig.

Wie immer bei euch ist das Cover Artwork wunderschön und makaber gleichzeitig. Wer ist dafür verantwortlich?C: Unser Konzept war, dass wir verschiedene

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„Wenn ich mir einige sehr alte Demosongs anhöre, erinne-re ich mich, dass ich damals

schüchtern und nicht selbstbe-wusst gewesen bin.“

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Szenen, Teile einer Stadt, benutzen wollten, als wir die Website erarbeiteten. Natalie Shau, eine Künstlerin, hat diese unterschiedlichen Schau-plätze entworfen und sie hatte dieses Bild einer Witwe auf einem Friedhofsweg darunter. Ich wollte auf jeden Fall einen Freizeitpark mit einem Riesenrad im Hintergrund haben. Also begann Vincent Marone, ein ande-rer Künstler, das Artwork fürs Album zusammenzu-stellen und nahm diese Ideen und das besagte Bild und fügte sie in einer eige-nen Zeichnung zusammen.

Die (un)tote Lady auf dem Cover, für wen oder was steht sie?C: Sie befindet sich in einem Stadium des Über-gangs, bewegt sich den Pfad entlang. Es bleibt of-fen, ob sie eine gute Zeit hinter sich lässt, angeneh-me Erinnerungen, bereuend, dass sie gehen muss, oder eine schreckliche Zeit, die sie am liebsten so schnell wie möglich hinter sich lassen würde.

Bei eurem letzten Studioalbum „Walking With Strangers“ hattet ihr Dave Oglivie als Produzenten. Habt ihr auch dieses Mal wie-

der mit ihm zusammengearbeitet?M. Falcore: Dave ist ein exzellenter Soundtech-niker und wir liebten seine Arbeit bei der letzten Aufnahme und wir baten ihn, auch die aktuelle abzumischen, obwohl Rainbow und ich dieses Mal die Produktion übernahmen. Wir verbrachten einige Monate eingesperrt in einem Keller, dort entstand der Sound des Albums. Wir sind wirklich glücklich mit dem Endergebnis.

„Pins And Needles“ scheint eine sehr star-ke Kombination aus Aggression, Schmerz und irgendwie hoffnungsvollen Gefühlen zu sein. Wie seht ihr den Track und warum wurde er zum Titelsong?C: Der Ausdruck „Pins And Needles“ beschreibt unseren Gemütszustand während des letzten Jah-res, als wir das Album schrieben. Es ist ein sehr starker Song, die Leute scheinen ihn zu mögen. Wir haben ihn auf der aktuellen Tour live gespielt und er ist wirklich gut angekommen.

Eure Intention ist es, eure Musik mit Kunst und Performance zu kombinieren. Wenn ihr Songs für ein neues Album schreibt, habt ihr dann ein Konzept, in das die Texte und der Sound passen müssen? C: Während des Songwritings probieren wir ver-schiedene Ideen aus. Letztlich kann sogar die Struktur eines Stückes sich komplett wandeln. Mir fallen mehrere Songs ein, die anfangs kom-plett anders waren, inklusive der Texte, die dann aus verschiedenen Gründen einer dramatischen

Veränderung unterzogen wurden. Irgendwie ist es lustig, sich solche Demos im Nachhinein noch einmal anzuhören, es ist interes-sant, dich wieder auf Songs einzulassen, die bereits fertig aufgenommen sind, aber eben verändert.

Wenn ihr das neue Album mit früheren Ver-öffentlichungen vergleicht, inwiefern seht ihr da Fortschritte in eurer Art, Kunst und Musik zu machen?C: Persönlich spüre ich, dass ich als Sängerin mit jedem Album gewachsen bin, was aus den Touren und verschiedensten Herangehensweisen bei den Gesangsaufnahmen resultiert. Wenn ich mir einige sehr alte Demosongs anhöre, erinnere ich mich, dass ich damals schüchtern und nicht selbstbewusst

gewesen bin. Zu dieser Perspektive habe ich kaum noch Bezug. Wenn du einmal live vor tausenden von Leuten gespielt hast, das Verlangen entwickelt hast, Leute zu unterhalten und getourt bist, bis dir der Hals weh tut und du dich krank und ausgelaugt fühlst, verlierst du diese Art von Schüchternheit.

Ihr habt ein Video zum Song „In The Dark“ gedreht. Was könnt ihr uns über die Arbeit daran erzählen und wie wird das Video aus-sehen?M: Das neue Video ist ein traumartiger Horror/Fantasy-Film. Chibi befindet sich in einem Wald, wo sich ihr Selbst in einem Spiegel reflektiert. Ihr Spiegelbild manifestiert sich in einer Puppe aus ihrer Kindheit, nur dass die Puppe abgenutzt und verwahrlost ist. Sie versuchen sich ob ihrer gemeinsamen Vergangenheit auszusöhnen, aber alte Wunden reißen auf und die Puppe sucht Ver-geltung. Es ist eine Hommage an die alten 80er-Horrorfilme, mit denen ich aufgewachsen bin.

Ihr seid momentan auf einer wirklich aus-gedehnten US-Tour. So viele Termine, soviel Reisen – ist das nicht manchmal eher Stress als Spaß?

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„manche Shows sind atem-beraubend und großartig,

dann hast du eine gute Zeit, andere verlaufen schrecklich und traurig, danach fühlst

du dich furchtbar.“

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C: Ja, Touren können sehr ermüdend, stressig und fordernd sein, und sind es meist auch. Aber wir sind mittlerweile daran gewöhnt. Wir halten uns geistig fit, indem wir so gut es geht unseren Sinn für Humor behalten. Wir lachen gerne und versuchen negative Situationen positiv zu betrachten. Du entwickelst eine tägliche Routine und lässt die Dinge laufen, die du eh nicht kontrollieren kannst. Manche

Shows sind atemberaubend und großartig, dann hast du eine gute Zeit, andere ver-laufen schrecklich und trau-rig, danach fühlst du dich furchtbar. Zudem trägst du manchmal Klamotten meh-rere Tage und kommst nicht oft dazu, dich zu waschen, wodurch dieses romanti-sche Image, welches du darstellen willst, zu einer Herausforderung wird. Aber natürlich macht es auch Spaß. Ich habe mitt-lerweile richtig Freude am Touren gefunden.

Während all dieser Jahre auf Tournee habt ihr sicher viele besondere Situation erlebt. Was war die Peinlichste, an die du dich erinnern kannst?C: Ich könnte wahr-scheinlich ein Buch schreiben über mei-ne peinlichen Erfahrungen, davon gibt es einfach zu viele. Jeden Tag auf Tour passiert irgendetwas, was mich dazu bringt, mich wie ein Idiot zu fühlen. Auf dieser Tour hatten wir einen Gig, bei dem wir „Goodnight“ spielten, und nach dem Song herrsch-te Totenstille. Niemand jubelte. Da war dieser

Raum voller Stille und diese Gesichter, die mich anstarr-ten. Ich konnte das nicht fassen und ich sagte: „An

dieser Stelle solltet ihr klatschen.“ Also applaudier-ten sie, aber es war richtig unangenehm. Das steht natürlich noch hinter all den ganzen Situationen in den letzten Jahren, wo ich mich übergab, hin-fiel, Texte vergaß, Sachen von Fans bekritzelte, die sie gar nicht signiert haben wollten und mich zum

kompletten Idioten gemacht habe.

Für viele Leute ist Musik ein Lebensstil oder eine Form, sich selbst auszudrücken. Was denkst du über Musik als eines der Hauptthemen dieser Welt?C: Kunst und kreativer Ausdruck durch Sachen wie Musik sind sehr essenziell, finde ich. Da-durch bleiben Menschen kreativ, sie bleiben emotional, es kann mit wichtigen Erinnerungen verbunden, der Soundtrack für einen bestimm-ten Moment sein. Selbst so was wie die Musik, die ein kleiner Vogel trällert, kann eine Person

beruhigen. Darum ist es auch wichtig, die Musik-industrie zu unterstützen. Wenn niemand mehr davon leben kann, ehrliche Musik zu machen, wird diese ver-schwinden und durch eine Art oberflächliche und dahin gekotzte Musik er-setzt, die keiner mag.

In kurzer Zeit wuchs The Birthday Massac-re von einem kleinen Hobby zu einer welt-weit bekannten und geliebten Band. Das ist der Traum vieler junger Musiker. Wel-che Tipps könnt ihr geben?C: Ich würde sagen, es ist ein harter Kampf. Abgesehen von dem, was du hier ange-sprochen hast und trotz der tollen Er-fahrungen auf Tour ist es eine Heraus-

forderung. Du musst dich mit Leuten umgeben, denen du vertraust und du musst dir selbst treu bleiben. Dafür respektieren einen die Leute. Wenn du dumme Sachen machst, nur um ein bestimmtes „Image“ zu erreichen oder wenn du Leute schlecht behandelst, wird dich niemand mögen und du er-reichst gar nichts.

FranK „OttI“ Van DÜren

www.thebirthdaymassacre.comVÖ „Pins And Needles“ 14. September 2010

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„Ich würde mich über eine zügellose Orgie auf der

Spitze meines Grabsteins freuen. Vielleicht würde mich das ja überzeugen

zurückzukommen?“

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„Party Music for Graveyards“ ist erst euer zweites Werk. Warum benötigt ihr für eure Veröffentlichungen so viel Zeit?A.: Die Recherchen für dieses Album waren sehr umfangreich und wir haben viel experimentiert. Wir haben uns sehr umfassend von Filmen ins-pirieren lassen und uns lange in dunkle Räume eingeschlossen, um uns ganze Filmografien von unbekannten Filmemachern anzusehen. Letzt-endlich haben wir das Studio mit 30 Songs be-

treten. Es war ein langer und schmerzhafter Weg, bis wir endlich die passenden zwölf Songs für das Album gefunden hatten.

Wie sieht es mit einem dritten Album aus? Wird es bis dahin wieder einige Jahre dauern?LaMountain: Nein, wir planen es

schon und wenn die Arbeiten an der aktuellen Scheibe monumental waren, dann werden die beim dritten Album apokalyptisch sein.

Aldebran, du bist der alleinige Sänger der Band. Auf eurem neuen Album kann man eine große Auswahl an verschiedenen Stim-men hören. Hast du die alle selber eingesun-gen?A.: Ja, ich habe alle gegenläufigen Stimmen, Ar-rangements und Overlays selber gesungen. Die Technik macht es möglich. In machen Stücken nutze ich bis zu zwölf verschiedene Stimmen auf einmal, die sich über vier Oktaven erstrecken.

Sie sollen tanzen auch auf Gräbern

Pizza, Pasta, Rotwein – das sind wohl die ersten platten Einfälle eines Jeden zu Itali-en. Dass von dort aus auch durchaus Gothic-Rock kommen könnte, liegt dabei eigentlich auf der Hand. Schließlich gibt es in Italien einiges an gotischen Kirchen, Denkmälern und Gebäuden. Nicht zu vergessen: Der Mai-länder Dom. Aus Mailand stammen auch die fünf Jungs von Bloody Mary. Vielleicht um zumindest ein italienisches Klischee zu er-füllen, gaben Jürgen (Drums), LaMountain (Gitarre) und Sänger Aldebran sehr redse-lig und blumig Auskunft zum neuen Album „Party Music for Graveyards“.

Der Titel „Party Music for Graveyards“ klingt eigentlich ganz witzig im Vergleich zu den Texten der einzelnen Songs, die teilwei-se recht ernsthaft gehalten sind. So handelt „Sobibor“ von einem Überlebenden eines Konzentrationslagers. Wie passt das zusam-men?Aldebran: Der italienische Autor Dante Alighieri hat „Die Göttliche Komödie“ geschrieben. Viele haben sich gefragt, warum er für die tragische Geschichte über das Leben eines Man-nes nach seinem Tod so einen Titel gewählt hat. Er antwortete, dass er die Welt in ihren tragischen Momenten darstellen wollte – grotesk, lächer-lich, ernsthaft und komisch. All das gibt es in unserer Welt. Die Ernsthaftigkeit und das Lächer-liche halten sich in einer merkwürdigen Balance. In „Sobibor“ geht es um einen KZ-Häftling, der während eines Unwetters den Kopf hebt, den Regen von seinen Lippen ableckt und verzweifelt versucht, sich an den Geschmack seiner geliebten Frau zu erinnern. Sie wurde exekutiert und ver-brannt. Der Regen wäscht nun die Asche aus der Luft. Dieses Bild stammt aus Dantes „Inferno“ und es beschreibt für uns am besten den Horror, der im letzten Jahrhundert passiert ist.

Gibt es in eurer Heimatstadt Mailand eigent-lich eine größere Gothic-Szene?Jürgen: Italien hat eine lange Geschichte und könnte sozusagen als Wiege der Gotik bezeichnet werden. Bezogen auf das, was Gothic heute im 21. Jahrhundert bedeutet, ist allerdings klar, dass Mailand nicht unbedingt ein Zentrum dessen ist. Es gibt aber viele aktive Zentren hier, auch in Städten wie Florenz oder Turin.

Es gibt euch als Band schon seit zehn Jah-ren. Würdet ihr euch als Freunde bezeichnen oder habt ihr die Zeit nur zusammen über-standen, indem ihr außerhalb der musikali-schen Belange auf Abstand geht?A.: Wir sind nicht nur Freunde, wir sind wie Brü-der. Als wir Bloody Mary ins Leben gerufen ha-ben, haben wir Blutsbrüderschaft geschlossen. Das sollte die Einigkeit unserer Kreativität aus-drücken. Blut ist für uns etwas sehr Intimes. Für uns wird es Bloody Mary immer geben.

Wollt ihr, dass die Leute später einmal auf euren Gräbern tanzen?A.: Ich würde mich über eine zügellose Orgie auf der Spitze meines Grabsteins freuen. Vielleicht würde mich das ja überzeugen zurückzukommen?

Freya Kettner

www.myspace.com/bloodymaryVÖ: „Party Music For Graveyards“ 17. September 2010

Bloody Mary

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„Wir machen enter-tainment. Wir wollen die Leute unterhalten und ihnen einen schö-nen abend bereiten.“

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Danzig on my backUrsprünglich hatte es sich der Berliner Bom-ben Chor auf die Fahnen geschrieben, Danzig zu covern. Doch daraus wurde schnell mehr. Im Oktober veröffentlichen die fünf Berli-ner nun ihr erstes Album „With Greetings From Hell“. Dass die gesamte Besetzung schon reichlich musikalische Erfahrungen sammeln konnte, hört man dem Erstlings-werk an. Fetter Goth’n’Roll ganz im Stil der frühen Danzig-Scheiben brettert einem von der ersten bis zu letzten Sekunde gewaltig um die Ohren. Wir trafen uns mit Sänger Ulf, Sängerin Chrissie und Bassist Ben in einem Café in Prenzlauer Berg zu einem launigen Gespräch. Ganz Bandchef, beantwortete Ulf unsere Fragen.

Warum war es euch ein Bedürfnis, den Berli-ner Bomben Chor zu gründen?Wir ärgerten uns darüber, dass Danzig seit 1987 ausschließlich beschissene Scheiben raus-gebracht hat. Da der alte Sack es offensichtlich selber nicht mehr hinbekommen hat, mussten wir das in die Hand nehmen. Alles, was nach den ersten drei Alben kam, war nur noch aufge-wärmter kalter Kaffee, Techno und Mist.

Wie findest du das neue Danzig-Album?Beiläufig. Das ist wie die Salatbeilage zu einem Schnitzel.

Dann ist euer Album viel besser geworden?Ja, das ist das Schnitzel zur Salatbeilage.

Glaubst du, dass euer doch etwas provokan-ter Bandname dabei helfen wird, aus der Masse herauszustechen?Nein, wir wollten auch eher unsere Verbun-denheit mit Berlin zum Ausdruck bringen. Wir sind stolz darauf, dass wir in einer Stadt leben dürfen, in der es eine solche Vielfalt gibt. Das darf man auch gerne mal in einem Bandna-men verewigen. Da unsere Musik einschlagen wird wie eine Bombe, war es für uns auch klar, dass das enthalten sein musste. Chrissie und ich haben teilweise sechsstimmige Satzgesän-ge aufgenommen, was sich stellenweise nach einem Chor anhört. Damit haben wir die Be-standteile des Bandnamens schon erklärt.

Aber kann der Name nicht auch verschre-cken? Gerade, weil auf eurem MySpace-Profil noch der Untertitel „Trümmerfrauen From Hell“ steht.Dazu sei noch ergänzt, dass wir für unseren ersten Auftritt Pos-ter gedruckt haben, auf denen stand „Wir bauen Danzig wie-der auf.“ Dazu haben wir natür-lich gleich einen Anruf von der Antifa bekommen, die besorgt nachgefragt hat, ob wir das wirklich ernst meinen würden. Natürlich bewegt man sich mit so einem Namen auf einem schma-len Grat, aber wir sind eindeutig antifaschistisch, antinazistisch, antirassistisch und gegen alles, was sonst noch mit Idiotentum zu tun hat.

Jetzt muss ich natürlich noch wissen, worum es in dem Song „Danzig On My Back“ geht.Alle unsere Texte entspringen der Fantasie. Wir sind nicht tagesaktuell, wir sind auch nicht po-litisch und wir wollen auch keine Botschaften mit unseren Texten verbreiten. Bei „Danzig On My Back“ geht es einfach nur darum, dass ich die göttliche Größe von 1,92 Metern habe und Herr Danzig sich auf der Höhe meiner Gürtel-schnalle befindet. Ich habe mir vorgestellt, wie es wäre, wenn ich morgens zum Urinieren ins Bad gehen würde und einen Tagtraum hätte, in dem Glenn Danzig auf meiner Schulter sitzt.

Ihr macht also Musik zu albernen Texten?Nein, wir machen Entertainment. Wir wollen die Leute unterhalten und ihnen einen schönen Abend bereiten.

Eure ersten Konzerte waren, wie die eigentlich aller New-comer in Berlin, nicht so gut besucht. Ist das nicht frustrie-rend? Überhaupt nicht. Dazu fällt mir der Spruch eines französischen

Schauspielers ein: „Wer sich zu groß fühlt für kleine Aufgaben, ist meist zu klein für große Aufgaben.“ Auch die zehn Leute, die den Ein-tritt für unser Konzert bezahlt haben, haben es verdient, dass wir uns den Arsch für sie auf-reißen.

Du bist ja ein sehr großer Fan von Dan-zig. Wie weit geht dieses F an-Sein bei dir?Mein Sohn, der in diesem Jahr geboren wurde, heißt Glenn und wir wohnen in der Danziger Stra-ße. Muss ich dazu noch mehr sagen?

Freya Kettner

www.bombenchor.dewww.myspace.com/berlinerbombenchorVÖ: „With Greetings From Hell“ 8. Oktober 2010

BERLINER BOMBEN CHOR

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AND ONE

„Die Zeit bleibt stehen und du ver-lierst dein Gefühl fürs Wesentliche.

Du lebst!“

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Willkommen zur „Tanzomat Fulltimeshow 2“Ab dem 3. September 2010 ist es endlich so-weit, dann kommen alle Elektro-Anhänger wieder voll auf ihre Kosten, denn And One laden zur „Tanzomat Fulltimeshow 2“ ein. Der Mastermind Steve Naghavi und seine Bandkollegen Chris Ruiz und Gio van Oli haben sich viele musikalische Überraschun-gen ausgedacht und werden die Hallen zum Kochen bringen. Los geht es in Nürnberg, gefolgt von München, Rostock, Hamburg, Düsseldorf, Dresden, Berlin, Frankfurt und Magdeburg. Das Abschlusskonzert findet am 27. November im Haus Auensee in Leip-zig statt. Vor allem Steve verbindet mit die-ser Location ganz viele Erinnerungen. Hier wurde nämlich die Live-Version des Stücks „Techno Man“ aufgezeichnet. Seitdem ist dieser Song bei jeder Elektro-Veranstaltung der absolute Tanzflächen-Füller. Doch bevor die neue Reise startet, nahm sich der Sän-ger noch ein bisschen Zeit und plauderte aus dem Nähkästchen.

Im Juli waren And One Headli-ner auf dem Amphi Festival in Köln. Wie ist denn das Gefühl, die ersten Minuten auf der Büh-ne zu stehen?Steve Naghavi: Du bekommst einen Tunnelblick und du spürst wie dei-ne Batterien anfangen zu glühen. Du hast eine gleichbleibende Energie, die dich wie von selbst über die Bühne trägt. Die Zeit bleibt stehen und du verlierst dein Gefühl fürs Wesentliche. Du lebst!

Was macht für dich ein geiles Konzert aus?Die Resonanz und die Fähigkeit der Fans, dich auch in tiefen Momenten wieder hoch zu holen. Es muss laut sein. Im Saal und auf der Bühne. Doch das Wichtigste ist, die Menschen mit einem zufriedenen Lächeln nach Hause zu schicken.

Gibt es eine Konzertsituation, die für dich besonders beeindruckend oder lustig war?Ja, M‘era Luna 2007. Es läuft einen schon eis-kalt den Rücken runter, wenn 20.000 Leute im Rhythmus zu „Bodynerv“ klatschen.

Wie bereitet sich And One auf ein Konzert vor? Habt ihr einen besonderen Tagesablauf an einem Konzerttag?Das Wichtigste ist vor allem Ruhe. Kein Stress, kein unnötiges Rumfahren und schön entspannen.

Ab dem 3. September ist es soweit und die „Tanzomat Fulltimeshow“ Tour geht end-lich los. Start ist in Nürnberg. Lange seid ihr nicht mehr im fränkischen Raum Live unter-wegs gewesen. Wie kam es dazu, dass ihr beschlossen habt, die Tournee in Nürnberg zu beginnen?Wir haben noch nie ein Konzert in Nürnberg ge-geben und dachten uns, es wäre mal an der Zeit. Nürnberg wird das kleinste Konzert von allen und damit das persönlichste mit „nur“ einigen hundert Leuten. Ein sanfter Tourstart mit neuen Freunden!

Können sich die Fans auf ganz besondere Highlights freuen? Also zum Beispiel völlig neue Versionen von bekannten Songs?Überraschungen gibt es ja fast immer bei And One. Und natürlich spielen wir auch völlig neue Versionen sowie Songs, die wir noch nie zuvor gespielt haben.

Gerade mit Leipzig verbindet euch sehr viel. Im Haus Auen-see findet euer Abschluss-Kon-zert statt. Freust du dich schon auf euren dortigen Auftritt?Leipzig hatten wir schon lange nicht mehr als Finalstadt auf dem

Speiseplan. Nachdem wir 2006 in so einer mie-sen Halle gespielt haben (Sound und Laune wa-ren so lala …) wollten wir den Leuten mit dem Haus Auensee eine Freude bereiten.

Kannst du beschreiben, wie es damals war, als ihr zum allerersten Mal dort aufgetreten seid? Wie viele Menschen waren damals dort und gab es einen ganz besonderen Mo-ment, den du nie wieder vergessen konn-test?Die Hütte war damals schon sehr voll. Ganz be-sonders in Erinnerung ist mir meine Latexhose geblieben, die mir mitten beim Auftritt beim Ho-cken im Schritt handgroß aufgerissen ist. Wäre ja alles nicht so schlimm gewesen, wenn ich nicht einen weißen Slip drunter getragen hätte.

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Für die diesjährige Tour gibt es VIP-Tribünen und Universal-Backstage Pässe. Was ist der Unterschied zwischen diesen beiden Pässen und was können die Fans genau tun, die solch einen Pass ihr Eigen nennen?Ui, das sind unzählige Unterschiede, die man sich am besten auf www.bodypop-shop.de direkt ansieht, damit ich jetzt nichts Falsches erzähle.

Besonders genial ist die Tatsache, dass alle Fans, die am Tag des Konzertes noch nicht 18 sind, freien Eintritt haben. Wer kam denn auf diese Idee?Das war meine Idee. Ich setze als Veranstalter im Prinzip nur das durch, was ich mir als Jugendli-cher damals selbst gewünscht habe.

Werdet ihr nach den Konzerten noch ein we-nig mit den Fans feiern? Fast in jeder Stadt. Da wir ja meist am nächsten Tag kein Konzert mehr haben, werden wir uns wohl regelmäßig gemeinsam mit den Fans ab-schießen.

Wie sieht denn ein lustiger Party-Abend mit And One aus? Auf jeden Fall fast so lustig wie ein Party Abend mit uns privat.

Was ist der Unterschied zwischen der „Bo-dypop Fulltimeshow“-Tour und der jetzigen „Tanzomat Fulltimeshow“-Tour?Die Songauswahl. Die Energie ist dieselbe. Mehr wird nicht verraten.

Wie war es für And One zu wissen, dass die Live-DVD Platz zwei der Deutschen Charts geschafft hat? Macht es euch nicht ein biss-chen stolz? Klar, aber nur ein bisschen. Die Charts von heu-te sind nicht mehr das, was sie mal waren. Stol-zer macht uns das, was wir auf den Konzerten erleben dürfen.

Wird es von And One dieses Jahr noch ein Album geben? Wenn ja, wie wird der Titel heißen und wann kommt das Album raus?

Es heißt „Tanzomat“, ist ein reinrassiges EBM-Album und kommt im Laufe der Tour in die Läden.

Jeder, der auf eure Homepage www.ando-ne.de kommt, der bekommt gleich das Vi-deo „Military Fashion Show (Original Ver-sion)“ zu sehen. Wer kam auf die Idee, den Song so zu präsentieren?Das war mehr so eine spontane Idee, die sich ge-steigert hat. Vom bloßen Rumklimpern bis zum Abdrehen des Videos vergingen gerade mal drei Tage! Ich glaub, mir war mal kurz langweilig.

Gibt es noch etwas, was du im Namen von And One den NEGAtief-Lesern unbedingt noch mitteilen möchtest? Vielleicht ein kleiner Anheizer zur bevorstehenden Tour?Ein Fernbleiben von unseren Konzerten ist ein Vergehen!

eranIe FUnDerBUrK

www.andone.de VÖ: „Tanzomat“ während der „Tanzomat Full-time Show 2“-Tour

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„absinth ist ja nicht nur ein Getränk

sondern auch eine Philosophie.“

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Der Teufel und die grüne Fee

Teufel ist uns allen bekannt als Sänger und Dudelsackspieler bei Tanzwut und Corvus Corax. Letztere haben zuletzt das orchest-rale Werk „Cantus Buranus“ auf die Bühne gebracht. Jetzt will der charismatische Sän-ger mal wieder kleinere Brötchen backen. So hat er sich ins stille Kämmerlein zurückge-zogen, um sein erstes Soloalbum aufzuneh-men. „Absinth“ heißt das Werk, das am 17. September 2010 das Licht der Welt erblicken wird. Der Teufel höchstpersönlich gab Aus-kunft.

Dein erstes Soloalbum trägt den Namen „Absinth“. Ist es im Absinth-Rausch ent-standen oder soll es den Hörer eher dabei begleiten?Naja, Absinth ist ja nicht nur ein Getränk sondern auch eine Philosophie. In der Vergangenheit gab es viele wahnsinnige Künstler, die Absinth ge-trunken haben und dadurch sind auch viele tolle Sachen entstanden. Es ist aber natürlich nicht so, dass ich ständig im Absinth-Rausch bin. Sonst wäre ich wahrscheinlich schon wie van Gogh ohne Ohr geendet.

Aber du würdest dein Album schon als ein bisschen wahnsinnig bezeichnen?Ich würde eher sagen, dass es eine gute Mischung aus Wahnsinn, Absinth-Getränk und dem mehr oder weniger normalen Musiker-Leben widerspie-gelt. Ganz so wahnsinnig ist meine Musik dann doch nicht. Man kann sie schon noch verstehen.

Wieso war es gerade jetzt für dich an der Zeit, ein Soloalbum zu veröffentlichen?Das ist nicht von heute auf morgen entstanden. Ich habe mich in den vergangenen vier bis fünf Jahren immer wieder damit beschäftigt. Wir wa-ren viel mit Cantus Buranus unterwegs und ha-ben sehr viel mit Orchestern gearbeitet. Da ist so viel Zeit draufgegangen, dass ich kaum Zeit dafür hatte, zum Beispiel Songs für Tanzwut zu schrei-ben. Über die ganze Zeit hinweg habe ich aber ständig Ideen für das Soloprojekt gesammelt und so hat sich „Absinth“ langsam entwickelt.

Wer wird es sich deiner Meinung nach anhö-ren? Sind das deine Fans, die du von Corvus Corax oder Tanzwut mitbringst?Eigentlich weiß ich gar nicht so genau, was mei-ne Zielgruppe ist. Tanzwut und Corvus Corax wer-den ja auch von ganz verschiedenen Menschen gehört. Da gibt es die Mittelalter-Fans, Gothics, Metaller oder eben auch „normale“ Menschen. Das Album ist aber schon ziemlich düster gewor-den und daher glaube ich, dass es für Gothic-Fans auf jeden Fall interessant sein wird.

Woher hast du die Inspirationen für deine Musik genommen? Gerade die elektroni-schen Elemente, die manchmal schon in Bereiche des Industrial-Noise gehen, haben wenig mit deiner bisherigen musikalischen Laufbahn zu tun.Bei Tanzwut hatten wir schon immer elektroni-sche Einflüsse, aber auf „Absinth“ geht es in der Tat noch ein Stück weiter. Wenn wir unterwegs sind, dann ziehe ich mich gerne mal zurück und schrau-be an Sounds. Gerade so schräge und abgefahrene Sounds finde ich immer sehr cool.

Wie sind die Texte und die Musik entstan-

den? Hast du alle Arbeiten ganz alleine ge-macht oder hattest du an manchen Stellen Unterstützung?Die Texte und die Musik habe ich komplett selber geschrieben. Bei den Aufnahmen im Studio wurde ich allerdings von einem Gitarristen unterstützt. Da hat mir Patrick (heute bei Schelmish, Anm. d. Red.) geholfen, der früher auch bei Corvus Corax und Tanzwut dabei war. Ansonsten habe ich so-gar die Grafik vom CD-Cover selber gemacht. Da hat mich der Sportsgeist gepackt und ich wollte das einfach von vorne bis hinten alleine stem-men. Klar, gerade in Berlin kennt man immer viele Musiker und denen habe ich das eine oder andere

schon mal vorgespielt. Aber prin-zipiell habe ich tatsächlich alles alleine gemacht.

Haben dir deine Kollegen dann auch ihre Meinung zu deiner Arbeit gesagt oder

wolltest du gar keine Einmischung haben?Bei meinen direkten Kollegen ist das ein bisschen schwierig. Langjährige Weggefährten sind doch meistens sehr voreingenommen. Daher bin ich eher zu anderen Leuten gegangen, mit denen ich noch nicht so viel zu tun hatte. So habe ich mich eher mit Leuten, die man in Berlin eben so kennt, zusammengesetzt. Darunter war zum Beispiel Lars Rudell, der früher Gitarrist bei den Blind Pas-sengers war.

Und wie läuft so ein „Reinhören lassen“ ab? Gibt es dann auch Kritik oder Beratung?Na klar. Da ist man ganz offen und sagt, wenn man etwas nicht so cool findet. Dann probiert man auch mal zusammen was im Studio aus. Prinzipiell redet man schon viel über so ein Pro-jekt und lässt sich dann natürlich auch das eine oder andere sagen.

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„Ganz so wahnsinnig ist meine musik dann

doch nicht. man kann sie schon noch

verstehen.“

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Eigentlich arbeitest du ja an richtig großen musikalischen Projekten, wie zum Beispiel „Cantus Buranus“. Waren die Arbeiten an „Absinth“ da nicht ziemlich einsam?Naja, es kann ja auch cool sein, wenn man mal alleine für sich ist und an Sachen basteln kann. Die Texte schreibe ich sowieso meistens, wenn ich auf Tour bin. Da sitzt man immer ewig lan-ge im Bus und ist viele Stunden unterwegs bis zu einem Auftritt. Dann habe ich den Kopf frei und kann mich um solche Dinge kümmern. Man unterhält sich auch nicht stundenlang mit seinen Kollegen. Da muss man sich irgendwann mal den Kopfhörer aufsetzen. (lacht)

Die Texte von „Absinth“ sollen die Lücke zwischen deiner Vergangenheit und dem Jetzt schließen. Was ist damit gemeint?Ich bin ja nicht nur als Musiker im klassischen Sinne unterwegs gewesen. Ich war schon immer Straßenmusiker, Spielmann und fahrender Vaga-bund. Und das steckt auch heute noch in mir. Auch wenn ich vor 5000 Leuten auf einer Rock-musik-Bühne stehe, spüre ich in mir immer noch das Spielmännische. Das möchte ich in Songs und Melodien auch immer ausdrücken. Meine Musik soll immer noch mit dem Unterwegs-sein zu tun haben und mit dem, was man dann erlebt. Ich bin immer noch der, der vor vielen Jahren auf der Straße oder in Kneipen Dudelsack gespielt hat und das möchte ich auch nicht vergessen.

Dann sind deine Songs auch alle mittelalter-lich beeinflusst?Ja, natürlich. Das werde ich auch nicht ablegen können. Wie gesagt, den Spielmann in mir wird man immer durchhören können. Manchmal juckt es mich auch heute noch in den Fingern und dann stelle ich mich mit dem Dudelsack an die nächste Straßenecke und spiele.

Ist das nicht sogar streng ge-nommen verboten?Mittlerweile nicht mehr, aber man braucht in vielen Städten eine Straßenspiel-Genehmigung. Gerade mit den Krach-Instrumenten ist das so eine Sache. In München sind die Dudelsäcke zum Beispiel seit dem Mittelalter verboten, weil sie einfach nerven. (lacht)

„Phantasien“ heißt der Bonustrack auf „Ab-sinth“. Dort liest du ein vertontes Gedicht, das du selber verfasst hast. Wird in der Rich-

tung zukünftig noch mehr von dir zu erwarten sein?Ja, ich habe über die letzten drei Jahre hinweg einen ganzen Ge-dichtband geschrieben. Der geht in die Richtung von Christian Morgen-stern und enthält dementsprechend makaber-spaßige Gedichte. Momen-tan bin ich noch dabei, das alles zu

ordnen und die 60 bis 70 Texte werden dann aller Wahrscheinlichkeit nach als Buch erscheinen. Vielleicht werden sie auch musikalisch untermalt auf CD erscheinen. Bis Ende des Jahres wird man davon auf jeden Fall etwas hören.

Was sind deine weiteren Pläne für die Zu-kunft?Im Herbst werden wir mit Tanzwut wieder ins Studio gehen und ein neues Album aufneh-men. Mit meinem Solomaterial werde ich im kommenden Jahr auf Festivals spielen. Das Zita Rock in Berlin ist sogar schon bestätigt. Dafür wird es dann auch eine Band geben, die mich live unterstützt. Wer das genau ist, ver-rate ich aber heute noch nicht.

Freya Kettner

www.teufel-music.dewww.myspace.com/teufeltvVÖ: „Absinth“ 17. September 2010

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„Wir überqueren nun also auch den „rubicon“ und möch-ten den Zuhörer in eine etwas andere musiklandschaft

bringen, nehmen ihn mit auf eine intensive, aufregende und vielleicht sogar beängstigende reise.“

„Wir überqueren nun also auch den „rubicon“ und möch-ten den Zuhörer in eine etwas andere musiklandschaft

bringen, nehmen ihn mit auf eine intensive, aufregende und vielleicht sogar beängstigende reise.“

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Aus Norwegen haben sich schon viele Bands erfolgreich auf dem Musikmarkt etablieren können. Zumeist ist deren musikalisches Metier allerdings eher dem düsteren Metal zuzuordnen. Aber natürlich gibt es nicht nur Black- oder Death Metal in diesem skandina-vischen Land, sondern auch die etwas ande-ren Formationen, unter ihnen Tristania. Eher dem Gothic Metal verschreiben, stellen die

Jungs und Mädels mit „Rubicon“ gerade ein neues Album vor, das es wahrlich

in sich hat. Grund genug, sich etwas mit Drummer Tarald über diese Pro-

duktion und die bisherigen zwölf Schaffensjahre zu unterhalten.

Was bedeutet für euch „Ru-bicon“?Tarald: Der Ausdruck „Crossing the Rubicon“ ist etwas wie ein Punkt ohne Wiederkehr und bezieht sich auf das Über-schreiten eines kleinen Flus-ses im Nordosten von Italien durch Julius Cäsar im Jahr 49 vor Christus. Das Ganze wurde als Akt des Krieges dargestellt und daraus entsprang das Römische Reich und die moderne europäische Kultur. Wir überqueren nun also auch den „Rubicon“ und möch-ten den Zuhörer in eine etwas andere Musikland-

schaft bringen, nehmen ihn mit auf eine inten-sive, aufregende und vielleicht sogar beängs-tigende Reise. Darüber hinaus ist unsere neue Sängerin Mariangela Demurtas aus Sardinien, Italien und wir fanden es durchaus angemessen als eine Art Einführung für sie.

Wie war die Arbeit an eurem neuen Album „Rubicon“? Wie lange hat es gedauert, um ein so großartiges Album aufzunehmen? Vielen Dank! Viel Zeit wurde auf das Komponie-ren und die Pre-Produktion verwendet. Die end-gültigen Aufnahmen wurden in drei verschiedenen Studios gemacht: Schlagzeug und Gesang in der Region Oslo (Tanken Studio in Sandvika und Ama-deus Studio in Oslo), Gitarren, Bass, Keyboards in Stavanger (K-Lab Studio). Wir brauchten alles in allem etwa zwei Monate für die Aufnahmen.

Was ist der Unterschied zu euren älteren Al-ben? Der größte Unterschied zwischen diesem Album und dem Rest ist wahrscheinlich, dass die allge-meine Stimmung etwas heller ist. Es gibt Lieder, die sehr melodisch und eingängig sind, zusätz-lich zu den eher schnelleren Songs. Allerdings liegt dennoch ein Leichentuch der Dunkelheit und Schwermut auf den meisten Stücken. Jeder unserer Titel hat seine eigene Stimmung und Atmosphäre – da bleiben wir uns auch auf „Rubicon“ treu.

Seid ihr zufrieden mit dem Ergebnis oder würdet ihr im Nachhinein etwas ändern?Wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Klar, es gibt immer wieder Ideen, wenn du eine neue CD aufnimmst. Es bieten sich immer neue Alternati-ven an und andere Lösungen, die funktionieren können – oder eben nicht. Wir haben alle unser Bestes gegeben und an einem Strang gezogen und jetzt können wir es nicht erwarten, das neue Material endlich live zu spielen.

Und wie werdet ihr es Live umsetzen? Live haben wir jetzt viel mehr Energie als mit unseren früheren Line-ups. Wir sind eine hungri-ge und äußerst konzentrierte Band. Wir arbeiten hart und proben viel an den neuen Songs wie auch an unseren „Oldies“.

Was braucht ihr in eurem Backstageraum? Och, da gibt es immer eine ordentliche Menge Bier. Nur hält das meist nie sehr lange vor.

Norwegen und das Römische Reich

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präsentieren

Angelzoom in concertSupport Show - In The Nursery ... 04.09. Hamburg - Markthalle ... Angelzoom auf Tour mit Blind Passenger ... 10.09. Luckenwalde - Wunderbar ... 11.09. Lübbenau - Kulturhof... 17.09. Magdeburg - Sackfabrik ... 18.09. Annaberg-Buchholz - Alte Brauerei ... 24.09. Leipzig - Werk II... 08.10. Brandenburg - Haus der Offiziere ... 16.10. Schwedt - Exit ... 23.10. Hoyerswerda - Pitchers ... Angelzoom & Songs Of Lemuria ... 03.12. Berlin - UFA Fabrik KARTENSERVICE: WWW.TICKET69.DE

INFOS: WWW.ANGELZOOM.DE

Angelz_AZ_NegaTief_Halb.qxp:Layout 1 10.08.2010 16:52 Uhr Seite 1

Was war euer bestes Konzert und warum? Schwierige Frage! Unser letztes Konzert der la-teinamerikanischen Tour vor zwei Jahren war schwer zu vergessen. Es war im Hard Rock Cafe in Mexico Stadt, dort herrschte eine unvergleich-liche emotionale Atmosphäre. Menschen weinten bei bestimmten Songs, aber ich glaube, dass die besten Auftritte erst noch folgen werden.

Tristania gibt es ja nun auch schon seit zwölf Jahren. Was werden die nächsten zwölf Jah-re bringen?Wir hoffen natürlich, dass die nächsten zwölf Jahre ungeheuer kreativ werden und keiner aus der Band krank wird – oder bei einem Gartenun-fall stirbt und so weiter. Wir werden weiter an neuen Alben arbeiten und live spielen, solange es uns und unser Publikum glücklich macht. Es ist einfach die schönste Sache, Tristania Songs für Tristania Fans zu spielen.

Gab es in den letzten zwölf Jahren irgend-welche kuriosen Geschichten aus dem Hause Tristania?

Da gibt es viele! Allerdings sollten die meisten davon auch innerhalb der Band bleiben – leider! Aber auf Tournee, im Proberaum oder auch in ei-nem Supermarkt ist es mit Tristania immer sehr unterhaltsam. Tourbusse sind da zum Beispiel auch ein Hort für Geschichten aller Art. 1998 waren wir mit der Band Solefald auf Tour, die Stimmung im Tourbus war überragend und es

machte viel Freude zu sehen, wie der anfangs komfortable Tourbus mit der Länge der Tour und der Menge des Alkohols immer unbequemer wurde.

DanIeL FrIeDrICH

www.tristania.comwww.myspace.com/tristaniaVÖ: „Rubicon“ 27. August 2010

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Der Wahrheit auf der Spur „The Arc of Truth“ ist das bisher ausgereif-teste Album der beiden Nordlichter. Der einschmeichelnde Synthpop mit drama-turgisch geschickt inszenierten Wechselbä-dern großer Gefühle schlägt eine Bresche zwischen Depeche Mode, VNV Nation und Diary of Dreams. Der große Durch-bruch dürfte nicht lange auf sich warten lassen, denn mit dem Ticket als Vorgruppe der kommenden And One Tournee in der Tasche und einem Laptop voller Hits ist das Dreamteam bestens ge-wappnet, zumal die Arche der Wahrheit auch inhalt-lich einiges zu bieten hat.

Schon im Vorfeld gab es vie-le Vorschußlorbeeren zum neuen Album. Diesmal wol-len wir uns besonders den Konzertvorbereitungen zu eurer Tournee mit And One widmen. Wie werdet ihr live auftreten?Charly: Zukünftig werden Sha-dow Minds wieder zu dritt auf der Bühne zu sehen sein. Mit Esche haben wir einen erfahrenden Keyboarder gefunden. Wir freuen sehr auf die bevorstehende Tour und werden mit sehr viel Elan unsere neuen Songs zum Besten geben.

Wie habt ihr eure Playlist zusammenge-stellt? Als Vorband sollte man ja sicher etwas straffen?Wir haben bei der Zusammenstellung vornehm-

lich darauf geachtet, viele Songs vom neuen Al-bum in unsere Playlist aufzunehmen. Natürlich werden wir auch ältere Stücke spielen. Im Großen und Ganzen lässt sich sagen, dass unser Live-Set nun progressiver ist.

Wie kam es zum Deal mit And One? Der Deal kam über Steven von Massmovement zustande. Vor etwa einem halben Jahr hat er bei uns angefragt, ob wir Interesse hätten, mit And One auf Tour zu gehen. Wir haben direkt zugesagt, denn Support-Auftritte haben uns bis-her immer sehr viel Spaß gemacht und auch in nächster Zukunft sind wir nicht abgeneigt, als Support für andere Bands auf Tour zu gehen.

Gefällt Steven euer Album?Da er bei uns angefragt hat, ob wir Lust hätten mit And One zu touren, gehen wir stark davon aus, dass Steven unser Album gefällt.

Konntet ihr euch bereits kennenlernen?Ja, wir haben uns bereits vor einigen Jahren in Berlin getroffen bzw. kennengelernt, als wir zu-sammen mit Blutengel aufgetreten sind.

Gesanglich hast du seit dem ersten Album gewaltig zugelegt. Können wir diese Inten-sität auch live erwarten?Definitiv, denn wir haben uns musikalisch weiter-entwickelt und wirklich knapp zwei Jahre an dem neuen Album gearbeitet. Und nun sind wir wirk-lich heiß darauf, die neuen Songs live zum Besten zu geben. Wer uns in den letzten Jahren live ge-

sehen hat, kann sich sicher sein, dass Shadow Minds live viel mehr zu bieten haben, als in der Vergangenheit.

Habt ihr schon mal darüber nachge-dacht einen Drummer live dabei zu haben?Klar, wir haben schon des Öfteren dar-über nachgedacht, einen Live Drummer einzusetzen, aber es ist wahrlich sehr schwer, einen Live Drummer zu finden. Für die Zukunft werden wir aber nicht locker lassen und weiterhin Ausschau halten.

Wie wichtig ist euch eigentlich das Livespielen? Verändern sich die Songs durch die Konzertauftritte?Jedes Live-Event ist für uns das größte. Es macht einfach unheimlich viel Spaß, vor einer Audience live zu performen. Man kann es kaum in Worte fassen, wenn man förmlich spürt, wie der Funke auf das Pu-blikum überspringt und man hinterher er-fährt, dass der Auftritt der Shadow Minds einfach genial war. Für uns als Band ist es

einfach undenkbar, nicht auf die Bühne zu ge-hen. Es ist der größte Lohn, den eine Band be-kommen kann, wenn das Publikum applaudiert und wirklich begeistert ist.

Peter IStUK

www.shadow-minds.deVÖ: „The Arc of Truth” 28. August 2010

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After Dark in

barcelona

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Ein Wochenende mit Extinction Front

Wer gerade in Barcelona gelandet ist und sich verloren fühlt, der sollte sich beeilen, denn es ist Freitag und an einem Wochenen-de hat man gerade einmal drei Tage zur Ver-fügung. Extinction Front nimmt euch nun mit auf eine Tour durch die interessantesten dunklen Plätze der Stadt.

Am Freitag geht es in die Tallers Straße, eine berühmte Straße im Stadtzentrum von Barcelo-na. Man kennt diese Straße als eine Art Begeg-nungsplatz für alternative Leute aller Couleur. Hier gibt es eine Vielzahl an Musik- und Beklei-dungs-Shops. Finden kann man hier alles von Classic Metal über Gothic bis hin zu Industrial. Sobald man Hunger hat, gibt es viele Bars und Restaurants, in denen man kurz vorbeischauen und etwas zu Essen bekommen kann. Eine der Lieblings-Locations von Extinction Front ist die Trallers Bar. Hier kann man zu einem echt gu-ten Preis und der besten Qualität richtig große Mahlzeiten, wie zum Beispiel à la carte oder verschiedene Kombinationen mehrerer Gerich-te, genießen. Man kann essen und gleichzeitig Leute beobachten, die an einem riesigen Fenster vorbeispazieren, während man selbst den Klän-gen guter internationaler und der besten spani-schen Musik zuhören kann.

Nach einem vorzüglichen Essen, einem gut ge-füllten Magen und dem Genuss von köstlichem Bier, ist es dann an der Zeit, einkaufen zu ge-hen. In der Tallers Straße befinden sich nämlich die meisten Shops weit und breit. Zunächst wird Halt gemacht im „Revolver Records“-Shop. Di-rekt an der Tür kann man Informationen über die Konzerte lesen, die im Laufe des Jahres in

der Stadt stattfinden werden. Vielleicht hat man Glück und kann einige Gruppen auf den Konzer-ten, die in Barcelona stattfinden werden, sehen. Im September kommen VNV Nation und Fader-head, Peter Hook kommt im Oktober und Apo-ptygma Berzerk sind im Dezember zu Gast. Im Laden findet man Metal, Alternative, Electro und Hip-Hop Musik, aber Extinction Front empfehlen tiefer in den Laden hineinzugehen, bis man die gut ausgestattete Gothic-Abteilung findet.

Später wird der Spaziergang in der Tallers Straße fortgesetzt, denn hier gibt es auch einige Shops mit Accessoires. Der Pimp Shop in der Sitges Stra-ße vertreibt abgefahrene T-Shirts mit lustigen Lo-gos und alle möglichen Klamotten (Hosen, Röcke, Gürtel, …). Es ist zwar ein echt kleiner Shop, aber dennoch ist die Auswahl groß. Camden Shop und Camden Shoes sind die nächsten Highlights der Tour. Hier findet man zum Einen einen Laden, der sich den Hosen, den T-Shirts, Röcken und vielen

anderen Bekleidungsstücken aus dem Gothic und Alternative Bereich verschrieben hat, sowie einen anderen Shop, der Merchandising Artikel vertreibt. Camden Shoes ist, wie der Name schon sagt, ein Schuhgeschäft. Aber es ist nicht ein normaler Schuhladen, sondern ein echtes Alter-native-Geschäft. Man findet hier eine riesige Aus-wahl an New Rock Schuhen und auch viele Sport-schuhe. Außerdem ist ein Besuch des Bibian Blue Shop, einer der besten Gothic Shops der Stadt, ein absolutes Muss. Wenn man vor dem Laden steht, dann sieht man Wände in der Farbe pink. Kaum

zu glauben, dass sich hier ein Gothic Shop befin-det. Trotzdem ist dies einer der besten Läden der ganzen Stadt. Man kann hier maßgeschneiderte Kleider kaufen und auch originelle T-Shirts.

Sobald die Sonne untergeht, wird es Zeit die U-Bahn zur Plaça de Sants zu nehmen, um zur La Tapadera zu kommen. Es handelt sich hier nicht um eine Gothic Bar oder ein Restaurant, aber die meisten Menschen, die man hier treffen wird, sind die Leute, die man später in den Gothic Clubs wie-dersehen wird. Dekoriert ist die La Tapadera in ei-ner ungewöhnlichen und doch originellen Weise. Die Deko ist den 80er Jahren gewidmet und man sollte sich wirklich sehr aufmerksam umsehen, denn man findet viele Schätzchen, Malereien an den Wänden und viele weitere Details aus dieser Zeit. Auch sollte man die Speisekarte sorgfältig durchlesen, hier kann man nämlich nationale und internationale Namen lesen, nach denen die Sandwiches, die Pizzen, die Burger und die Salate benannt sind. An den Wochenenden stellt das La Tapadera einen Platz zur Verfügung, auf dem man tanzen und Musik auflegen kann. Hier spielen die Freunde und die Kunden des La Tapadera dann so oft es geht ihre Musik. Nach dem Essen kann man dort auch einen Drink zu einem angemessenen Preis zu sich nehmen und dann zieht man weiter zum Undead Dark Club. Man läuft nur etwa fünf Minuten dorthin. Je nachdem, welcher Tag ist, wechselt das Musikprogramm und man kann zu Gothic-Rock, Deathrock, Batcave, Postpunk, 80er, Wave, EBM, Electro-Dark, Synth-Pop, Industrial, Metal, Medieval oder Dark Folk tanzen.

Bis etwa 6 Uhr in der Früh wird dann mit Ex-tinction Front gefeiert. Danach heißt es schlafen

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und so gegen 13 Uhr gibt es dann das Mittag-essen. Hierfür eignet sich das Crama Dracula, ein rumänisches Restaurant. Hier wird man von Igor an der Tür begrüßt. Während der Bestellung sollte man vorsichtig sein und wirklich nur das bestellen, was auf der Speisekarte steht. Bei Extrawünschen kann das Essen sonst sehr teuer werden. Auf jeden Fall ist es ein echt gutes Res-taurant, denn man kann hier zu einem akzepta-blen Preis lecker essen.

Später geht es dann zum Zero Shop, welcher sich im El Raval befindet. Dies ist ein kleiner Shop auf der Riera Baixa Straße. Man findet hier Fetisch-, Gothic- und Industrial-Bekleidung. Auch gibt es eine große Auswahl an T-Shirts internationaler Musikgruppen. Für diejenigen, die Military Fa-shion (und die Show) bevorzugen, ist G.I. Joe in der Hospital Straße Pflicht. Dies ist der bekann-teste Military Shop der Stadt. Hier kann man seine Liebling-Army-Outfits, Camouflage Beklei-dung, Caps, alte Masken, Stiefel, Sonnenbrillen und vieles mehr finden.

Danach geht es mi t Ext inct ion Front zum l’Hospitalet. Hier gibt es ein typisch mediterranes Restaurant, welches Tragaldabas heißt. Diese Wegzehrung ist notwendig, denn man braucht genug Energie für den Tanz in der nächsten Loca-tion, dem Demonix Club. Hier gibt es eine breite Auswahl an Musik, wie zum Beispiel Technopop, Futurepop, Electroclash, Indietrónica, Electrodark, Industrial, Gothic Metal, Rock Industrial, EBM und viele noch viele andere Hard Gothic Styles.

Danach wird es leider Zeit, wieder nach Hause zu fliegen. Wir hoffen, dieser Besuch hat Lust auf mehr gemacht und man trifft sich vielleicht in der schönen spanischen Metropole Barcelona.

teXt: eXtInCtIOn FrOnt

ÜBerSetZUnG: eranIe FUnDerBUrK

www.myspace.com/extintionfront

Adressen:Trallers Restaurant - Tallers, 39-41Revolver Records - Tallers, 11Camden Shoes - Tallers, 30Candem Tienda Gótica (Gothic Store) - Tallers, 27Bibian Blue - Torres i Amat, 13La Tapadera Bar - Finlandia, 18Undead Dark Club - Violant d‘Hongria, 128Crama Dracula Rumanian Restaurant - Provença, 18Zero Shop - Riera Baixa, 12G.I. Joe Surplus - Carrer de l‘Hospital, 82Tragaldabas - Barcelona, 19Demonix Club - Avda. Fabregada, 91

Spanischer ZerstörerExtinction Front kommen aus Barcelona und haben sich der Zerstörung verschrieben. Im Industrial/Hellectro-Genre angesiedelt, sind sie mit harschen Beats und apokalyptischen Texten zum führenden Vertreter dieser Stil-richtung in ihrer Heimat geworden und ha-ben mit „Shut The Fuck Up“ auch schon ei-nen Tanzflächenkracher im Gepäck, der nach großem Erfolg in Spanien auch in Deutsch-land zünden sollte.

Euer Bandname und der Titel „Destruc-tion Show“ lässt kaum Fragen nach eurer Marschrichtung offen. Wie seid ihr zu die-sem kompromisslosen Sound gekommen? Und wie viel an eurem Output ist echt bzw. Show?Blackout: „Motherview“, unser erstes Album, war eine sehr experimentelle und eklektische Arbeit. Es ist möglich, dass die Resonanz deswegen nicht

wie erwünscht ausfiel. Beim „Destruction Show“-Album haben wir versucht, ein Gleichgewicht zwi-schen der musikalischen Klasse auf „Motherview“ und der musikalischen Klasse, die eine Tanzflä-che zum Beben bringt, herzustellen. „Destruction Show“ kommt genau da-her, da das Album einfach einen zerstörerischen Cha-rakter hat und wir es vermieden haben, erneut ein Konzeptalbum zu schreiben oder uns nach einem bestimmten Stil zu richten. Die Show fin-den wir sehr wichtig für eine Band und nehmen sie sehr ernst.

Wie schreibt und produziert ihr Musik?Der kreative Prozess läuft bei uns über die „Try-and-Error-Methode“. Ich erstelle tausende von Spuren, Basslinien und Drum-Beats, bis ich das für mich perfekte Stück zusammengestellt habe.

I c h v e r b r i n g e m i t j e d e m Th e m a v i e l Zeit und ich bin der Meinung, dass man das auf „Destruction Show“ auch bemerkt.

Kollaboriert ihr mit anderen spani-schen Bands? Wie steht es um die Industrial-Szene in Barcelona?

Wir haben mit Bands wie Terrolokaust, Larva oder auch Utero zusammengearbeitet. Die Sze-ne in Barcelona hält sich aufrecht, sie ist jedoch immer etwas schwach gewesen. Die etablier-ten Bands füllen die Hallen, aber das Publikum schenkt den Newcomer-Bands nicht die nötige Aufmerksamkeit.

COrDULa aBStOn / POLOnI meLnIKOV

www.myspace.com/extintionfrontVÖ: „Destruction Show“ 3. September 2010

wie erwünscht ausfiel.

Album haben wir versucht,

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Die Zeichen der Zeit

Knöpfe, Regler und Synthesizer, das ist die Welt von Ernst Horn. Voller Hingabe versteht es der Soundingenieur von Deine Lakaien auch das kleinste Detail perfekt auszuarbei-ten, um so den unnachahmlichen Sound der Dark Wave Institution zum Leben zu erwe-cken. So richtig Zeit hatte der Münchner fürs „Schrauben“, wie er es nennt, in den letzten Jahren zunächst nicht. Neben der Orches-tertour zum 20-jährigen Bandjubiläum und zuletzt zwei kleinen Akustik-Touren stand eine Helium Vola Solo-Scheibe auf dem Pro-gramm. Auch sein Kollege Alexander Velja-nov am Mikrophon nutzte neben den Live-Aktivitäten der Lakaien die Zeit seit „April Skies“ für ein weiteres Solo-Album. Erfrischt und mit neuem Schwung ging das Duo nun allerdings gemeinsam zu Werke, um mit „In-dicator“ einmal mehr ihre Ausnahmestel-lung unter Beweis zu stellen.

Kannst du gedanklich mit dem kreativen Prozess von „Indicator“ bereits abschließen und dich auf die reine Veröffentlichung kon-zentrieren?Ernst Horn: Für mich persönlich wäre es eigent-lich am allerschönsten, wenn ein Album fertig ist und abgegeben wird, dass man direkt mit neu-en Sachen beginnen könnte. Dieses Ideal findet man leider nicht im Musikgeschäft. Ganz im Ge-genteil, nach dem kreativen Prozess geht vieles erst richtig los. Ein Album schwebt einem damit permanent im Kopf herum, mehr als Objekt und nicht mehr als der Inhalt. Es dauert ohnehin eine ganze Zeit, bis man eine Scheibe so weit verdaut hat, dass man sie halbwegs objektiv hören kann. Wirklich objektiv wird man es aber nie hören.

Was war die Kernarbeitsphase der neuen CD?

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E.: Angefangen haben wir im Mai 2009. Dann kamen aber zunächst andere Aufgaben wie die Akustiktour und auch eine Kompositionstätigkeit für mich dazwischen. Ganz intensiv liefen dann die Arbeiten zwischen November 2009 und Juni 2010. Es war damit etwas länger als sonst. Weil es einerseits ziemlich viele Songs sind und andererseits alles doch auf-wendiger wird.

Wie verlief der Entstehungspro-zess der Songs?E.: Das war eine bunte Mischung. An ein oder zwei Songs haben wir durch-aus gemeinsam gearbeitet. Ansonsten war es mehr so, dass ich Stücke fertig hatte und Alexander sich dann dazu Texte überlegt hat. Früher war es hin-gegen oft so, dass Alexander Texte ge-bracht hat, die ich dann vertonte. Teils habe ich aber auch Stücke ge-schr ieben und habe selbst die Texte dazu entworfen.

Wie würdest du „Indicator“ musi-kalisch beschreiben?E.: Nachdem wir mit der O rches te rp roduk t ion so in die Vollen gegan-gen sind, war es unser Wunsch, dies wieder zu reduzieren. Zu Beginn waren wir auch etwas unsicher, was und ob wir etwas zusammenbrin-gen. Wir haben uns deshalb anfangs so verstän-digt, dass wir komplett ohne Druck und Zwang loslegen wollten. Mir persönlich hat es einfach Spaß gemacht, an der Elektronik mal wieder rumzuschrauben. Dieses Experimentieren war für mich ein ganz guter Start, um in diese Produktion reinzukommen. Wir haben uns für das Songwriting viel Zeit gelassen, um die Texte auch entsprechend ausfeilen zu können. Die-ses Album ist in der Arbeit gewachsen. Für mich persönlich war ein großer Anreiz, die Songs im

Aufbau etwas anders zu gestalten, mal neue Sa-chen auszuprobieren und beispielsweise die Über-gänge anders zu formen. Das Ergebnis kann man selbst natürlich noch sehr schwer beurteilen, dafür steckt man noch viel zu sehr in der Arbeit drin.

Ihr hattet also kurz wirk-lich darüber nachgedacht, kein neues Album mehr zu machen?E.: Ja, durchaus. Uns hatten auch so viele Leute darauf angesprochen, dass unser

Orchesterprojekt doch eigentlich ein schöner Ab-schluss für die Karriere wäre. Wir wollten aber dann schon irgendwie was machen und haben deshalb einfach angefangen. Ein wirklich aus-

gezeichneter Motivat ions-schub waren allerdings die zwei kleinen Akustiktouren. Die Reaktionen, die wir hier e r f u h r e n , h a b e n m e i n e n Glauben an Deine Lakaien sehr bekräftigt. Die Atmo-sphäre des intensiven Zu-hörens, die wir hier erleben

konnten, ist man gar nicht mehr gewöhnt. Konzertbesucher sind heute oft mehr mit ihren Handys beschäftigt als mit irgendetwas ande-

rem. Die Aufmerksamkeitsspanne ist bei vielen heute sehr kurz, da war die Konzentration, die man uns entgegengebracht hat, etwas ganz Besonderes. Das hat uns beiden einen echten Schub gegeben, dass an diesem Projekt doch

so einiges dran ist.

Und wie ging die Ar-beit selbst vor sich?E. : P lanungstech-nisch hat alles sehr gut geklappt. Wenn wir an einem Album arbeiten, bin ich qua-si wie ein Beamter. Ich arbeite nach ei-nem festen Zeitplan und das bringt sehr viel Intensität in die Abläufe.

Wie gehst du nach fünf Jahren Alben-Pause mit den enor-men Erwartungen eures Publikums um?E.: Teilweise bekom-men wir die Erwar-

tungen schon mit, aber das hält sich insgesamt in Grenzen. Die Studioroutine ist davon nicht betroffen. In dem Moment, wenn wir an ei-nem Song arbeiten, spielt das alles keine Rolle mehr. Da steckt man so stark in der Materie, dass man an so etwas gar n icht mehr denkt .

Nach so langer Zeit als Duo wäre es doch vielleicht auch eine Idee gewesen, jemand anderen noch mit ins Boot zu holen. E.: Eine Idee wäre es sicher, einen Produzenten zu nehmen. Das ist aber schwierig, denn wir sind schon ziemlich speziell. Natürlich wäre es aber gerade für mich auch schön, wenn mir jemand Arbeit abnehmen würde. Gerade für das Mixing gibt es vielleicht auch Leute, die das besser kön-nen. Ergeben hat es sich für „Indicator“ jedoch nicht. Stinkig und eifersüchtig werde ich dann natürlich schon sein, aber das müssen die an-deren dann einfach ignorieren und irgendwann lege ich das auch ab. Mit der Zeit gewöhne ich mich dann schon an eine andere Rolle und wenn ich sage, dass ich damit einverstanden war, dann

„Wenn wir an einem album arbeiten, bin ich quasi wie

ein Beamter. Ich arbeite nach einem festen Zeitplan und

das bringt sehr viel Intensität in die abläufe.“

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kann ich auch nicht hinterher meckern. Es ist aber einfach auch unser Markenzeichen, dass wir ei-genständiger klingen als andere Bands und deshalb auch nicht so viele Nachahmer haben.

Also gar keine verkrampfte und angespannte Situation aufgrund der langen Pause, sondern eine motivierte?Alexander Veljanov: Ich glau-be, wir waren so locker wie noch nie. Die vielen Erfahrungen der letzten Jahre führten zu echter Gelassenheit. Der ganze Druck ist weg. Wer will denn uns schon noch erzählen, was wir machen sollen? Wir wissen, worauf wir uns einlassen wollen und können. Durch unsere Solo-Arbeiten überraschen wir uns gegenseitig immer wieder, sodass von Album zu Album auch neue Aspekte auftauchen. Selbst der eingefleischteste Lakai-en-Kenner dürfte an einigen Stellen überrascht sein, obwohl natürlich auch wieder klassische Basiselemente mit dabei sind.

Wofür steht „Indicator“ als Anzeichen?A.: Der Albumtitel ist für uns immer eine Ent-scheidung, die erst am Ende fällt. Der Titel sollte einen Kontrast zu all den aufwühlenden Themen, die in den Songs vorkommen, darstellen und eher einen nüchternen, technischen Begriff bieten. Ein Indikator ist eine Anzeige. Er soll unseren Zustand nach so vielen Jahren Deine Lakaien beschreiben.

Auch geschäftlich hat sich wieder einiges getan, so bringt ihr „Indicator“ nicht mehr bei einem großen Major-Label heraus, son-dern habt einen anderen Weg gewählt.E.: Ja, wir haben einen Vertriebsdeal zwischen unserer Heimat Chrom Records und Ministry Of Sound geschlossen. Das hat für uns den Vorteil, dass die normale Labelarbeit, die ich für Helium Vola gerade so bewältigen kann, uns bei Deine Lakaien abgenommen wird. Ich denke, das ist eine gute Lösung. Mit wenigen Ausnahmen hat-ten wir bei den Majors aber gar keine so schlechte Position. Es wird ja viel bei anderen Bands gejam-mert, dass man als Künstler in dieser Situation zum Dienstleister verkommt und ständig versucht würde, dass etwas kommerzieller wird und ein optimales Marketingprodukt entsteht. Mit Deine Lakaien hatten wir es aber immer recht gut und es wurde akzeptiert, dass wir unsere Musik so

produzieren, wie sie uns gefällt. Wie gut das neue Konstrukt für uns ist, wird sich mit der Zeit zeigen.

Sind Deine Lakaien mit diesem Album noch weiter gereift?E.: Eines kann man schon deutlich feststellen, wir „schei…“ uns um vieles nicht mehr. Wir haben mit Orchester und Akustik alles gege-ben und müssen daher nichts mehr

beweisen. Das ist damit eine ganz luxuriöse Positi-on. Speziell bei Alexander finde ich außerdem, dass er besser als je zuvor klingt. Woran genau das liegt, kann ich nicht sagen, aber es ist klasse geworden. Es kann durchaus sein, dass ihn seine Solo-Sachen hier deutlich voran gebracht haben.

Peter Heymann

www.deine-lakaien.comwww.myspace.com/deinelakaienVÖ: Indicator, 17. September 2010

„Die vielen erfahrun-gen der letzten Jahre führten zu echter Ge-lassenheit. Der ganze

Druck ist weg.“

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Hardware und andereDelikatessen

Kanada. Unendlicher Naturreichtum für die einen, Wiege des Undergrounds für die an-deren. Denn mit Skinny Puppy, Front Line Assembly in den frühen 80ern und The Birth-day Massacre und Left Spine Down im Jetzt hat das so andere Nordamerika schon so ei-niges zu bieten. Delica-M sind ein weiterer Vertreter der elektronischen Zunft, die aber weniger dem industriellen Elektro fröhnen, sich stattdessen dem frühen Synthpop ver-schrieben haben. Das jedoch in einer wahr-haften Konsequenz, denn die Instrumenten-liste der Gruppe liest sich wie Inventarium eines Synthesizermuseums.

Seit wann sammelt ihr so begeistert Instru-mente und wie kam es zu Delica-M? Herm: Rich und ich kennen uns bereits seit der Highschool. Musikalisch haben wir uns seit da-mals in verschiedensten Projekten rumgetrieben. Als dann Steve dazustieß, war Delica-M gebo-ren. Vor fünf Jahren kam dann auch noch unse-re Sängerin Emm dazu, die zwar ursprünglich eher als Gast angedacht war, aber dank ihrer vielen guten Ide-en und großartigen Energie ein festes Mitglied wurde. Steve: Was die Synthesizer betrifft, hält das so mancher für eine Sammelsucht. Wir mischen trotzdem gerne alte Geräte und neue Technologie. Die Synthesizer der letzten Produk-tionen sind Oberheim Matrix, DSI PolyEvolver, Moog Voyager, Korg, dazu dann noch ein großes Eurorack Modular.

Der Bandname klingt delikat, wofür steht das „M“? Herm: Natürlich wollten wir einen abstrakten, fu-turistischen Bandnamen, das „M“ kam aber eher aus praktischen Gründen hinzu. Einmal wegen unserer alten Internetadresse, die als Delica-Music quasi das „M“ automatisch intus hatte, aber dann auch, um uns einfacher im Netz finden zu können.

Woher kommt dieser immense Musikoutput Kanadas? Steve: Ich denke, das trifft auch noch heute zu. Es gibt eine Menge interessanter und inspirierender Elektrobands, wie z.B. Deadmau5, Holy Fuck, Crys-

tal Castles, Download und Richie Hawtin (aka Plastik-man). Herm: Glücklicherweise ist es für kanadische Bands mit t le rwei le auch ver -gleichsweise einfach, ein Podium in Europa, Asien und dem Rest der Welt zu finden.

Lasst uns auf euer Album zu sprechen kommen. Ihr klingt wie direkt aus den 80ern gebeamt. Was sind eure maßgeblichen Ein-flüsse? Herm: Wenn ich Songs schreibe, ist immer die harmonische und melodische Komponente im Vordergrund, weniger Klangexperimente und reine Rhythmus-Loops. Vielleicht ist das der Hauptgrund, warum man uns schnell in die 80er Richtung abschiebt. Aber natürlich mag das auch an meinen musikalischen Vorlieben wie Depeche Mode, New Order, NIN und Nitzer Ebb liegen. Moderne Bands wie Apoptygma Berzerk, And

One und De/Vision spielen sicher auch eine Rolle. Steve: Für mich waren die 80er auch eine sehr wichtige Dekade. Bands wie Skinny Puppy, Front 242, Depeche Mode, Killing Joke, Joy Division, Clan of Xymox, Nitzer Ebb, Psychic TV, Einstür-zende Neubauten, The Residents, Alien Sex Fiend, und Bauhaus haben mich sehr beeinflusst.

Unterscheidet sich „Driftbetween“ von der Us-amerikanischen Version und was steht für die Zukunft an? Herm: Nach unseren Signings in den USA und Europa wollen wir doch sehr regelmäßig kürzere Alben und EPs veröffentlichen. Dieser Workflow passt einfach besser zur schnelllebigen Zeit. Un-sere europäische Version enthält übrigens noch drei Bonusstücke unserer vorherigen Veröffentli-chung, die leider noch nicht in Europa erhältlich war.

Peter IStUK

www.myspace.com/delicaVÖ: „Driftbetween“ 3. September 2010

„Glücklicherweise ist es für kanadische Bands mittlerwei-le auch vergleichsweise ein-fach, ein Podium in europa,

asien und dem rest der Welt zu fi nden?“

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Endlich zurückSechs Jahre können im harten Musikge-schäft eine wahre Ewigkeit sein. Während beständig Superstars geboren werden und ein Chartstürmer nach dem anderen in den Himmel gelobt wird, fallen Projekte, die sich für längere Zeit zurückziehen, ger-ne komplett durchs Raster. 2004 von Clau-dia Uhle, der ehemaligen Frontfrau von X-Perience ins Leben gerufen, wurde es nach der Veröffentlichung des Angelzoom Debütalbums für recht schnell wieder ru-hig um die traumhaften Dark-Pop-Klänge. Die Ankündigung des zweiten Longplay-ers „Nothing Is Infinite“ für den Septem-ber 2010 war deshalb zunächst eine echte Überraschung. Für Claudia und ihren Pro-

duzenten Bernd Wendlandt (u.a. Silber-mond, Cinema Bizarre) waren die vergan-genen Jahre aber durchaus ereignisreich.

Vom Debüt zum zweiten Album sechs Jahre. Was ist alles in dieser Zeit pas-siert?Claudia: Eine ganze Menge. 2005 waren wir mit Apocalyp-tica auf Tour und wir spielten diverse Festivals. Ebenfalls begannen die Arbei-ten am zweiten Album. 2006 veröffentlichte ich dann mit meiner damaligen Band X-Perience zum zehnjährigen Jubiläum das Album „Lost In Paradise“ und beendete meine Zugehörigkeit

zur Band nach der Tour 2007, um mich voll auf Angelzoom zu konzentrieren. Im April 2008 kam mein Sohn William zur Welt und ich machte mein

Elternjahr. Nach einer gefühl-ten Ewigkeit begann dann langsam 2009 wieder die akti-ve Arbeit am nächsten Album. Sich wieder reinzukämpfen in die Studioarbeit und mit dem Texten zu beginnen, hat mir unheimlich Auftrieb gegeben

und ich bin sehr froh, dass wir das geschafft ha-ben. Das zweite Album ist das schwerste, sagt man immer. Von uns aus gesehen stimmt das.

Wie fällt euer Rückblick aufs Debüt aus? Welche Reaktionen habt ihr erhalten? Seid ihr damit zufrieden?Wir sind sehr zufrieden, auch heute noch. Wir ha-ben unheimlich viele gute Reaktionen aus dem In- und Ausland bekommen und haben immer noch hohes Feedback durch die Downloadabrech-nungen und merken, dass es den Musikfans auch heute immer noch gefällt. Das hat uns doch schon sehr erstaunt, gefreut und motiviert. Ich habe mir nach sehr langer Pause das Album wieder ange-hört und sofort kamen viele Erinnerungen an die Produktion und die Begebenheiten rund um die Veröffentlichung zurück. Die tollen Konzerte mit Witt, Page und Apocalyptica, die Videodrehs, die Produktion, das Texten und Singen usw. Eine tolle Zeit, aber dann doch schon eine Weile her.

Würdet ihr sagen, dass ihr mit eurem zweiten Album euren Stil verfeinert oder neu definiert?Es ist authentischer und intensiver. Ganz neu definiert nicht, verfeinert auf jeden Fall. Es ist immer noch Musik zu einem Film mit Stimmun-gen und Farben, wie beim ersten Album. Nur der Film ist jetzt länger und hat weit mehr Facetten. Es ist insgesamt einheitlicher, ernster, druckvol-ler aber auch zerbrechlicher und kontroverser, so wie auch das Leben.

Worum geht es in den neuen Stücken in-

„Das zweite album ist das schwerste, sagt man immer. Von uns aus gese-

hen stimmt das.“

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The in Public Projectfeat. Rick Smitt

Musik kennt keine GrenzenIns Leben gerufen von Musikern aus den verschiedensten musikalischen Richtungen, bietet The In Public Project feat. Rick Smitt auf ihrem Debütwerk „Prima“ ein stilistisch beeindruckend vielfältiges Musikerlebnis. Zusammengesetzt aus Gothic, Pop, Rap und Klassik liefern die Songs Abwechslung von der ersten bis zur letzten Minute.

Die Idee zum Projekt entwickelte sich zunächst schleichend. Keiner der Musiker, die sich schon lange kennen und zusammen auf den unter-schiedlichsten Bühnen standen, ging am An-fang davon aus, dass diese Geschichte solch ein Ausmaß annimmt, wie es auf der CD zu hören ist. Steve hatte eines Tages den Wunsch einer eigenwilligen Coverversion des alten NDW-Hits „Codo“, die Rick daraufhin mit allen

Musikern des Projekts entsprechend arrangiert und produziert hat. Heraus kam eine interes-sante Version im Rap/Crossover Stil. Die Idee reifte weiter und so entstanden mehr Songs, bei denen sich diese Stilistiken vermischten und bei denen jeder Sänger eine solistische

Rolle spielt. Da jeder Musiker aus einem anderen Genre kommt, gibt es so keine klaren Grenzen mehr zwischen femininen Rock-Gesängen, Go-thic, Alternative Rock, Pop und Rap.

Das Album „Prima“ erinnert zudem durch seine Zwischenteile sehr an ein Musical oder an Filmmu-sik. Zum einen sollen so dem Zuhörer noch weite-re musikalische Facetten aufgezeigt werden, zum anderen wurde das gesamte Album so zum Kon-zeptalbum und ist bis zum Schluss in einem Stück durchhörbar. Man merkt, dass es in der Musik keine Grenzen gibt, auch wenn von den Medien alles in Schubladen verpackt wird. Das komplette Werk „Prima“ ist nur auf der CD zu hören. Als Download sind nur die Songs ohne Übergänge erhältlich. Kur-ze Previews kann man auf dem Portal www.smitt.de anhören, downloaden oder die CD bestellen. Ein Debüt-Konzert ist für November geplant, das abge-sehen von den Album-Songs ca. zehn weitere neue Titel enthalten wird.

BIrGIt rIeDmÜLLer

www.myspace.com/inpublicprojectVÖ: „Prima“ 21. Mai 2010

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haltlich? Wie seid ihr zu diesen Themen gekommen?Es sind beispielsweise Themen, die sich mit Zu-kunft, Leben und auch Tod beschäftigen. Wie wird mein Sohn leben? Was wird die Erde in 30 Jahren zu bieten haben? Ist jeglicher Fortschritt wirklich gut? Brauchen wir Genmanipulation und Klone wirklich? Ich wollte mich unbedingt mehr komplexeren Themen widmen und auch ungewöhnlichere Dinge angehen.

Wie schwer fällt es euch, eure Ideen in Texte zu verpacken bzw. aus einer an-fänglichen musikalischen Idee, einen ganzen Song zu entwickeln?Wir probieren unglaublich viel aus. Probieren geht über studieren, sagt Bernd immer. Wir haben über 30 Songs für dieses Album geschrieben, an denen wir mehr oder weniger intensiv gearbei-tet haben. Es gibt Songs oder Songskizzen, bei denen ich die inhaltliche Idee hatte, die Formu-lierung mir aber nicht einfallen wollte. Die haben wir dann z.B. an Nik Page weitergegeben, um

auszuprobieren, ob er ausdrücken kann, was ich meine. Manchmal fällt mir spontan etwas ein und ich schreibe innerhalb von ein paar Stunden den ganzen Text und manchmal eben nicht.

Gibt es nach der Fertigstellung eines Al-bums einen Moment der Leere und Unsi-cherheit im Hinblick auf das nächste Werk?Nach der Fertigstellung geht es doch erst los. Ich stehe sehr gern mit meinen neuen Songs auf der Bühne. Wir planen gerade die kommenden Touren und feilen an der Ausstattung des Live-Auftrittes. Das ist alles sehr aufregend und hält mich un-ter Strom. Ich bin noch ganz in diesem Werk ge-fangen. Vor allem bei Interviews, wo man alles noch einmal reflektiert. Also von Leere überhaupt keine Spur. Ich bin sehr aufgeregt, was die nahe Zukunft betrifft.

Coverversionen sind ein wichtiger Be-standteil von Angelzoom. Warum wählt ihr so häufig den Weg, euch über die Songs anderer Musiker auszudrücken?

Der Reiz an Coverversionen wie wir sie angehen, besteht darin, den Song inhaltlich bestehen zu lassen, ihn aber neu zu interpretieren. So als wenn er ein Angelzoom-Song wäre. Es gibt einfach so viele großartige Songs, die das ausdrücken, was ich selber denke, warum sie also nicht neu inter-pretieren und dem Publikum präsentieren, damit sie diese neu entdecken oder die Originale erst dadurch kennenlernen?

Peter Heymann

www.angelzoom.dewww.myspace.com/angelzoommusicVÖ: „Nothing Is Infinite“ 24. September 2010

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News von der VenusSteht die Invasion der Außerirdischen bereits im Herbst 2010 bevor? Wir hoffen nicht, aber sicher ist, dass Anfang Herbst das neue Album von ShirayasDream das Licht der Erde erreichen wird. Anna Aliena und Oliver Höhne veröffentlichen nach „Ma-gic Carpet Nights“ und „Floating In Space“ bereits ihr drittes Album „Venus Calls“.

Ursprünglich wurde im Spätsommer 2008 das Instrumentalprojekt Shira-yasDream zum Leben erweckt. Oliver Höhne produzierte erste instru-mentale Stücke, bis er Anna Aliena über die Internetplattform MySpace kennenlernte. Beide Musiker stellten fest, dass ihre Mischung aus vielsei-tigen Arrangements und unverwechselbaren Mezzosopran mit Alien-Pop ein ganz eigenes Genre einnehmen kann.

Das Berliner Duo hat nun erneut ein buntes Potpourri gestreut und Annas Stimme passt sich wie-der einmal den Synthieklängen gekonnt an. Diese Art von Pop, denn nichts anderes ist der Groß-teil ihrer Stücke, fügt sich aller-dings nicht direkt in ein bestimm-tes Muster ein, weshalb sich die beiden Künstler auch als „Ali-ens der Musikszene“ ansehen. Während auf den Alben „Magic Carpet Nights“ und „Floating in Space“ die Texte viele Fantasien und Reisen in irdische und außer-irdische Traumwelten aufzeigen, geht es bei „Venus Calls“ deut-lich realistischer zu. Dabei spielt Annas Privatleben eine große Rolle. „Beispielsweise die Tren-

nung von meinem langjährigen Freund, unter der ich sehr gelitten habe“, offenbart die Stimmakrobatin. Bei „Venus Calls“ wird auch der Spaß an verschiedenen Sprachen bei-spielsweise bei „Lights Go Out“ deutlich hervorgehoben. Musik und Text sind immer Ausdruck ihrer miteinander verknüpften, künstlerischen Per-sönlichkeiten, der Hörer merkt schnell, darin steckt sehr viel Seele der Künstler und eine gewisse Form von Selbstverwirklichung.

LUKe J.B. raFKa

www.myspace.com/shirayasdreamVÖ: „Venus Calls“ Herbst 2010

News von der Venus

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Tradition weltweit Am 28. März 2009 spielte sich ein großes Spektakel in der Olympiahalle in München ab. Ein riesiges Orchester war auf der Büh-ne platziert. Als die „Könige der Spielleute“ erschienen, erschallte tosender Applaus. Zu Beginn des Intro hörte man nur den tragen-den Klang von Cellos. Teufel und Co. bega-ben sich an ihre Instrumente und das Publi-kum wurde still, gespannt auf das, was nun kommen sollte. Erst setzten Blechblasinstru-mente ein und dann die drei Trommler von Corvus Corax…

Trommler Norri beschreibt dieses Szenario als sein persönliches Highlight der Show. Auch Laien erkennen beim Zuschauen und -hören, welcher hohe, künstlerische Anspruch hinter diesem ge-waltigen und epischen Sound steckt. Und deshalb steht seit 6. August dieses Jahres die DVD/ CD „Cantus Buranus live in München“ in die Läden.

Obwohl Corvus Corax nach ihren eigenen An-sichten keine Wiederholungstäter sind, die ein Konzept mehrfach verwenden, haben sie bei der Carmina Burana eine Ausnahme gemacht.„Bei der ersten Cantus Buranus haben wir schon während der Produktion so viele Sachen gelernt und so viel Inspiration bekommen und einfach festgestellt, was kann ein Orchester gut spielen, wo haben wir vielleicht Sachen geschrieben, die ein bisschen zu kompliziert sind. Wie kann man das einfach noch besser zusammenbringen?“ Und da muss natürlich eine zweite Veröffent-

lichung her! Die Chance zur Perfektionierung nutzten die Spielleute und Norri verrät auch, dass eventuell ein dritter Teil in Überlegung ist.

Doch wie entstand eigentlich die Idee, das Hand-schriften-Sammelwerk aus dem Mittelalter verto-nen zu wollen? „Prinzipiell sind wir als Mittelalter-band auf alte Schriften angewiesen“, erklärt Norri. Bei der Camina Burana kommt man bei über 300 Texten aus früheren Zeiten nicht drum herum. Da Corvus Corax in ihrer bisherigen Bandgeschichte schon öfters auf das mittelalterliche Sammelwerk zurückgriffen, beschlossen sie, ein Konzeptalbum daraus zu machen, mit einer dreijährigen Vorbe-reitungsphase. Doch mit der Carmina Burana von Carl Orff hat es nach Angaben der Spielleute nicht viel gemeinsam. Während Corvus Corax sich di-

rekt an einzelnen Werken aus der Carmina Burana bedienen, hatte Orff seine eigene Visionen. „Wenn wir jetzt was von Carl Orff genommen hätten, um daraus nochmals eine andere Version zu machen, dann wäre das eine Cover-Version von ei-nem modernen Künstler gewesen.“ Ein weiterer Punkt der gegen ein „covern“ von Orff spricht, sind die wenigen Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Interpretationen. Bis auf die Tatsache, dass beide Seiten auf ein Orchester zurückgreifen und sich bei der Carmina Burana als Quelle

für die Lyrik bedienen, sieht Norri keinen Grund, Vergleiche zu ziehen. Orff fehlt schlicht der „mit-telalterliche Background“, um diese alten Texte und deren Zeit wieder lebendig werden zu lassen.

Ein Highlight der Tournee war der Auftritt im chi-nesischen Guangzhou oder Kanton im Rahmen der Deutschland Promenade, ein musikalisch-kulturel-ler Austausch. Die Grundidee ist, dass deutsche Musiker ihre Kultur zeigen. Offen für viele Formen von Traditionen, sah die Band in dem Auftritt nicht nur die Chance, im asiatischen Raum bekannt zu werden, sondern auch etwas von der dortigen Kul-tur anzunehmen. Es entstand eine Neu-Interpreta-tion des „Chou Chou Sheng“, einem 3000 Jahre alten Kaisermarsch aus China. Das Konzert wurde

mit einem chinesischen Chor und Musikern aufge-führt, welche sogar auf ein Instrumentarium aus dieser Zeit zurückgriffen. Das asiatische Publikum reagierte mit Standing Ovations.

Welches Land werden die Spiel-Könige als nächs-tes bereisen? Norri verrät, dass Corvus Corax’ nächstes Projekt voraussichtlich „Berlinski Beat“ heißt und sich mit Tanzmusik aus dem arabischen Raum beschäftigen soll.

nOrma HILLemann

www.cantusburanus.netwww.myspace.com/cantusburanus

VÖ: „Cantus Buranus – Live in München“06. August 2010

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„Die Songs sind es, die vorgeben, was zum einsatz

kommt und nicht unser Streben nach möglichst

diverser Instrumentierung oder ähnliches.“

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Dem Wandel verschrieben

„Omnia ist nicht nur unsere Band, sondern unser Leben!“ Viel treffender als mit die-sen Worten aus dem Munde von Frontmann Steve Evans-van der Harten lässt sich kaum beschreiben, mit welcher Hingabe die Musi-ker von Omnia zu Werke gehen. Gestartet als Vertreter des Pagan-Folk, lieferten die Niederländer Album für Album eine Er-weiterung ihres Stiles. Als Konsequenz des kontinuierlichen Veränderungsprozesses erscheint dieser Tage „Wolf Love“, dessen Songs nun auch die letzten Genre-Gren-zen einzureißen vermag. Ein Album voller Spannung, das zu cha-rakterisieren selbst dem Urheber schwer fällt.

Steve: Unsere Mus ik i s t b iswei len etwas schwier ig für d ie Leute einzuordnen, da wir nicht einem bestimmten Genre entsprechen. E ine der am schwersten zu beantwortenden Fragen für mich ist deshalb, welche A r t von Musik wir machen. Ich weiß nie, was ich da-rauf sagen soll. Ich mache schlicht Musik, die mir gefällt.

Auffällig an „Wolf Love“ ist, dass al-les akustisch eingespielt wurde. War dem-entsprechend eine größere Anzahl an Musikern beteiligt?Jenni und ich spielen wirklich eine Menge In-strumente, die ich aus dem Stegreif gar nicht alle benennen kann. Die meisten von uns auf dem Album eingesetz-ten Instrumente können wir deshalb selbst spielen. Insbesondere für die Live-Auftritte haben wir den Rest der Band, die dann natürlich auch bei den Auf-nahmen bisweilen aushelfen. Wenn das dann noch nicht reicht, nehmen wir auch schon mal externe Musiker mit hinzu, aber das ist eher die Ausnahme.

Viele andere Acts bringen insbesondere dann, wenn sie ihren Sound weiterentwi-ckeln wollen, andere Künstler mit ein. Ihr lernt die Instrumente jedoch lieber selbst?

Ja, weitgehend stimmt das. Meist neh-men wir nur dann fremde Musiker mit hinzu, wenn wir der Atmosphäre eines Songs noch einen bestimmten Touch geben wollen. Beispiele dafür wären eine Violine oder eine Nykelharpa, die wir beide nicht spielen können.

Die Songs sind es, die vorgeben, was zum Ein-satz kommt und nicht unser Streben nach mög-lichst diverser Instrumentierung oder ähnliches. Ich denke, das ist alles eine Frage der Heran-gehensweise. Für uns ist es wichtig, ein Stück sich ganz wie von selbst entwickeln zu lassen.

„Wolf Love“ ist nochmals vielfältiger ausge-fallen als die Vorgänger. Kannst du selbst in deiner Musik Veränderungen feststellen, die mit dem Älterwerden zusammenhängen?Das kann man schon so sagen. Als ich damals an-fing Musik zu machen, war ich vor allem auf der Suche nach neuen Sounds und wollte mit mei-ner Musik auch einen gewissen Erfolg erzielen. Ich schrieb also irgendwie die Musik, von der ich das Gefühl hatte, dass sie „gebraucht“ werden würde. Mich beschäftigten viele Gedanken, was den Leuten gefallen könnte oder welches Genre

gefragt sein würde. Mit den Jahren kümme-re ich mich um diese Dinge aber nicht

mehr. Selbst wenn eine Idee im ersten Moment verrückt klingt,

warum sollten wir sie nicht ausprobieren?

Und wie steht es mit den Inhalten der Songs? Gab es hier auch einen Wandel?In gewissem Sinne kann man das durch-aus bejahen. Ich star-tete als Jugendlicher,

der von Zuhause und sogar aus seinem Land

weglief und nach Holland gezogen ist. Ich war bei vie-

len Demonst rat ionen oder Hausbesetzungen dabei und

schlief teils auf der Straße. Mit der Zeit wurde ich jedoch deutlich ruhiger.

Ich denke, das geht wohl vielen Leuten so. Die Mehrheit will schließlich einfach ihre Ruhe haben und nicht mehr länger auffallen. Ich persönlich denke noch immer, dass es viel gibt, was gesagt werden muss und bin über viele Dinge sehr verär-gert. Warum das so ist, kann ich gar nicht genau sagen. Es gibt so vieles an der Gesellschaft, das man bemängeln sollte. Die Leute werden immer häufiger zu reinen Konsumenten abgestempelt. Keiner denkt mehr selbst nach oder ist kreativ. Eine der Botschaften unserer Musik ist, dass die Menschen frei und kreativ sein sollen und jeder sich seine eigenen Gedanken machen sollte.

SVen BaUer

www.worldofomnia.commyspace.com/worldofomniaVÖ: „Wolf Love“ 10. September 2010

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„yasmin und ich sind ein interessantes Geschwis-

terpaar. Beide haben wir völlig eigene ansichten

und Lebensphilosophien, und doch haben wir viele

Gemeinsamkeiten.“

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Atrocity sind aus der Metal-Szene Deutsch-lands gar nicht wegzudenken. Jetzt, im 25. Jahr des Bestehens, gibt es wieder ein neues Album, allerdings eines, das die Band sich selbst wieder neu erfinden lässt. Zusammen mit seiner Schwester Yasmin haben Alex Krull und seine Mannen das Album „After The Storm“ aufgenommen, eine Vermi-schung aus Ethno und Metal.

Erinnert man sich an die letzten Werke, so ist das neue Album vielschichtiger und na-türlich anders. Wie seid ihr an das neue Al-bum herangegangen?Tosso: Ausgehend von der Zusammenarbeit mit Yasmin auf den „Blut“- und „Calling The Rain“-Platten wollten wir dieses Mal noch einen Schritt weiter gehen. Während bei „Calling The Rain“ der Fokus mehr auf Ethno-Musik lag, sind bei „After The Storm“ Metalmusik und Ethnomusik gleichberechtigt auf Augenhöhe zueinander und verschmelzen zu etwas Neuem. Man könnte es Ethno-Metal oder World-Metal nennen. Das ist die musikalische Vision des Albums. Yasmin ver-körpert mit ihrer Stimme zudem diesen Brücken-schlag unterschiedlicher Musik aus unterschiedli-

chen Kulturen. Sie kann durch ihre Wurzeln sehr europäisch aber auch arabisch-asiatisch klingen und betont und unterstreicht somit perfekt die Songs mit ihren verschiedenen Einflüssen.

Die Vermischung von Eth-no und Metal ist euch ver-dammt gut gelungen. Wie war die Aufgabenverteilung untereinander in der Band?Alex: Tosso und ich sind ein sehr gut funktionierendes Songwri-ter-Team und ergänzen uns prima, teilen so ziemlich den gleichen Musikgeschmack und haben eine eingespielte Arbeitsweise. So hatten wir auch eine gemeinsame Vision von der mu-sikalischen Ausrichtung von „After The Storm“.

T.: Ich habe einfach begonnen, Songs zu schrei-ben. Einer der ersten Songs war „Transilvania“. Dieses Stück erinnert mich sehr stark an meine Anfangszeit bei Atrocity, die witzigerweise mit

„Calling The Rain“ begann. Mit Alex zusammen habe ich die Songs dann arrangiert und er hat sich vor allem um die Percussion und Drum-Arrangements, das mythologische textliche Kon-zept, die Gesangslinien und später um den Mix gekümmert.

„Transilvania“ geht direkt beim ersten Hören ins Ohr – episch und eingängig – im krassen Gegensatz zu „The Flight Of Abbas Ibn Firnas“ – instrumental und so ganz an-ders. Was bewog euch, Herrn Firnas einen Song zu widmen, kennen ihn doch wohl die Wenigsten?T.: Ich war schon immer ein großer Fan von spa-nischer und Flamenco-Gitarre. Zum Relaxen und fast schon Meditieren Zuhause gibt es nichts Besseres, da man nur eine akustische Gitarre und Konzentration dazu braucht. Ich finde, dieses klei-ne Solostück passt auch prima auf diese Scheibe, die eine Verschmelzung verschiedener Musikstile dokumentiert. Auch der Flamenco ist ja einst aus verschiedenen Einflüssen entstanden. Dazu passt auch die Geschichte von Abbas Firnas, der bereits im 9.Jahrhundert in Cordoba eine funktionsfähi-ge Flugmaschine konstruierte. Cordoba wiederum kann ich jedem nur empfehlen, der seinen Geist frei machen möchte, weil in Cordoba auf einzigar-tige Weise Juden, Christen und Moslems viele Jah-re in der Zeit von Firnas gemeinsam lebten. Fried-

lich und sich kulturell gegenseitig befruchtend.

Wie schon damals bei „Calling The Rain“ wirkt Yasmin auf dem Album mit. Bruder-Schwester-Zusammenarbeit? Ist das nicht

manchmal etwas schwierig oder arbeitet ihr auf gleicher Linie?A.: Yasmin und ich sind ein in-teressantes Geschwisterpaar. Beide haben wir völlig eigene Ansichten und Lebensphiloso-phien, und doch haben wir vie-le Gemeinsamkeiten. Gerade was die künstlerische Arbeit

für das „After The Storm“ Album angeht, war uns allen klar, wie die Musik klingen muss. Es ist eine schöne Sache, wie wir bei der musika-lischen Zusammenarbeit immer wieder unsere Gemeinsamkeiten herausfinden, obwohl meine Schwester eine sehr spirituelle Weise hat, mit dem Leben umzugehen, und wir uns darin et-was unterscheiden. Musikalisch haben wir uns

VÖ: „After The Storm“ 27. August 2010

atr ocit yWerk:Sturm

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top aufeinander eingestimmt. Von der Herange-hensweise war das also eine vertraute Sache, obwohl meine Schwester natürlich etwas nervös war, nach so langer Zeit wieder mit uns etwas im

Studio aufzunehmen. Besonders schön war es, am Ort unserer gemeinsamen Kindheit das Al-bum aufzunehmen. Dort steht mittlerweile das Mastersound Studio.

Euch gibt es ja nun auch 25 Jahre. Eine lange Zeit mit großem Output eurerseits, doch mal Hand aufs Herz – gab es nicht auch schwieri-ge Zeiten im Hause Atrocity?A.: Na klar! Wir haben schon manche schwie-rige Zeit mit der Band überstehen müssen. Als unangepasste Genre-Band, die gegen den Strom schwimmt und ständig neue Ideen bringt, macht man es sich halt nicht einfach. Und unsere welt-weiten Tourabenteuer inklusive Bombenanschlä-gen und waghalsigen Reisen On The Road sind jedenfalls filmreif.T.: Nicht zu vergessen, Besetzungswechsel, Wech-sel von Plattenfirmen und ähnlich unangenehme Dinge kosten viel Zeit und Energie und manchmal auch Geld. Ich persönlich hatte mich 2001 schon einmal aus der Band für ein Jahr zurückgezogen, gerade dadurch aber gemerkt, wie viel Spaß und Persönliches doch letzten Endes von mir in dieser ganzen Sache drinsteckt. Hauptantriebsgrund ist für mich nach wie vor das Schreiben von Musik und Livespielen. Solange das Spaß macht, geht es auch weiter.

DanIeL FrIeDrICH

www.atrocity.dewww.myspace.com/atrocitypage

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Brauchen keine falschen Götter!

Mit „No Gods“ melden sich die In-dustrial Ruhr-Rock Cowboys nach zwei Jahren Kreativpause und mit einigen personellen Veränderun-gen, imposant zurück. Dabei bestü-cken die Brüder Deveraux den Lauf ihrer Flinte mit hochexplosiver musikalischer Munition. Harte Gi-tarrenwände, eingängige Me-lodien und die emotional geladene Stimme von Sänger Dorian warten darauf abgefeuert zu werden. Chai Deveraux verriet uns ein paar De-tails zum Release.

Sorgten auf eurem Erstling „Holy Beauty“ noch überwiegend Elec-tro/ Synth Pop artige Klänge für Furore, so gewannen auf dem Nachfolgewerk von 2008 „Belo-ved Enemy“ rockbandtypische Aspekte die Oberhand. Mit eurem nun erscheinenden dritten Studio-album „No Gods“ wird dieser Kurs fortgesetzt und mehr Gewichtung auf ein ausgereiftes Gitarrenriffing gelegt. Wolltet ihr auf diesem Al-bum von vornherein eine durchweg härtere Gangart fahren?Chai: Das ist einfach eine Entwicklung gewesen, die sich aus unzähligen Ereignissen ergeben hat. Ich denke, jede Band macht so was durch. Wenn man nicht grad AC/DC ist, bei denen Soundent-wicklungen tödlich wären, sollte man sich auch dar-auf einlassen. Anderenfalls läuft man Gefahr, sich zu verstellen und nur noch Zielgruppen orientiert zu arbeiten, was auf jeden Fall in die Hose geht. Ich kann ehrlich sagen, dass ich 100% hinter dieser Entwicklung stehe, OK ich bin ja auch nicht ganz unbeteiligt an der Sound-änderung.

Wie seid ihr dieses Mal bei der kreativen Ent-

stehung vorgegangen, wie viele Ideen hat jeder Einzel-ne von euch mit einfließen lassen?Es lief dieses Mal etwas anders

als sonst. Ich habe nach viel hin und her beschlossen, die Produktion selbst zu machen. Norma-lerweise mache ich so was ungern mit meiner eigenen Band, weil ich am Ende mehr Techniker als Musiker bin. Aber durch dieses intensive Arbeiten mit allen Bandmitgliedern kam schließlich

dieses Rockbrett zustande. Am Ende wurde die Scheibe von Tim Schuldt gemixt und fertig ist das Album Nummer Drei. Da Dino das erste Mal mit uns zu diesem Album im Studio war, hat auch er den Sound ziemlich nach vorne geholt.

Das düster gestaltete Comic-Co-ver-Artwork der neuen Scheibe verbirgt sicherlich ebenso eine Botschaft, wie die Geschichten die auf „No Gods“ erstaunlich au-tobiografisch erzählt werden. Ob nun Angst vor dem älter werden, in dem Song „Transitoriness“ oder dem Entsagen falscher Hel-den in „Riot“, ihr lasst nicht nur musikalisch, sondern auch lyrisch eine große Portion Seelenfrust ab. Wie viel von eurer Persön-lichkeit steckt in jedem einzelnen Song und welche selbst durchleb-ten Geschichten verraten sie?Es ist genau so wie du sagst, eigentlich ist es auch sehr unverblümt geschrie-ben und gesungen. Diese Scheibe ist bisher unsere direkteste in jeder Hin-sicht. Da Dorian die Texte schreibt, kann ich, was die Musik angeht nur sagen, in meiner Musik steckt eine Menge Persönlichkeit und manchmal bedarf es halt keiner Worte, um Emo-tionen auszudrücken. Das ergänzt sich alles sehr gut, wie ich finde.

Demnächst ist auch eine Deutschlandtournee ge-plant. Neben dem Präsen-tieren der neuen Songs, worauf dürfen sich die eingefleischten JOE-Fans freuen?Wir wollen so viel wie möglich unser Album live präsentieren. Das heißt nicht, dass wir nur neue Songs performen, ob-wohl ich gestehen muss, dass ich doch sehr scharf darauf

bin, endlich mal wieder neue Sachen spielen zu dürfen. Ich meine, ein 100044. Mal „Assassinate Me“ macht zwar immer noch Laune, aber den-noch... es weht ein frischer Wind durch unsere Songlandschaften. Wie es weiter geht... Macht Euch auf einiges gefasst.

yVOnne StaSIUS

www.jesusonextasy.comwww.myspace.com/jesusonextasy VÖ: „No Gods“ 27. August 2010

ich 100% hinter dieser Entwicklung stehe, OK ich

als sonst. Ich habe nach viel hin und her beschlossen, die Produktion selbst zu machen. Norma-lerweise mache ich so was ungern mit meiner eigenen Band, weil ich am Ende mehr Techniker als Musiker bin. Aber durch dieses intensive Arbeiten mit allen Bandmitgliedern kam schließlich

dieses Rockbrett zustande. Am Ende wurde die

„Wenn man nicht grad aC/DC ist, bei denen Soundentwicklungen tödlich wären, sollte man sich auch darauf

einlassen.“

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Erleuchtende Momente

„:ankoku butoh:“, das lang erwartete Le-benszeichen der US-amerikanischen Urge-steine Faith and the Muse schlug ein wie eine Bombe. Wochenlange Spitzenposition in den DAC und eine gefeierte Europatour-nee inklusive M’era Luna und Wave Gotik Treffen katapultierten Monica Richards und William Faith wieder an die Spitze des hand-gemachten Gothic-Rocks zurück.

Neben der vorzüglichen musikalischen Neuinter-pretation alter Stücke aus zwei Dekaden konnte das Line-up auch mit seiner außerordentlichen visuellen Inszenierung überzeugen. Jeder der be-teiligten Musiker ist mit diversen eigenen Bands eine Größe für sich, die jetzt erschienene DVD „:shoumei:“ damit ein absolutes Muss für all die Besucher der großen Tournee, aber sicher auch für all jene, die sich über das langjährige Schaf-fen der Gruppe einen umfassenden Überblick ver-schaffen wollen.

Aufgenommen wurde die DVD im legendären Numbers in Houston, Texas während der aktuellen US-Tour. Das Numbers ist seit Ende der 70er einer der bekanntesten Liveclubs, der bereits durch die Performances von Lene Lovich, The Damned, Iggy Pop, REM, The Cure, Janes Addiction und vielen anderen geadelt wurde. Marc Moorash, der be-reits für den Videoclip „Battle Hymn“ Pate stand, konnte seine Fähigkeiten als vielbeachteter Video-regisseur und visueller Künstler bei der Aufnahme und dem Schnitt der DVD einbringen. Gemischt wurden die Liveaufnahmen wieder durch den langjährigen Techniker und Freund der Band Chad Blinman, der auch als Dozent für Musikproduktion am berühmten MIT Boston arbeitet. Gert DreXL

Marzia RangelsCellistin Faith and the Muse

Die Multiinstrumentalistin von Faith and the Muse hat sich auch als Bassistin von Christ vs. Warhol und The Deadfly Ensem-ble verdient gemacht. Beeindruckend sind besonders ihre Einlagen als Cellistin auf der Bühne mit Faith and the Muse, denn neben der ausgezeichneten musikalischen Performance hat sowohl Marzia, als auch ihr Cello visuell einiges zu bieten. Marzi-as Wahl fiel im Rahmen der Tournee auf das neue Gothic Cello von Thomann.de. Sie fasst ihre Erfahrungen mit dem neuen Instrument so zusammen:

Das solide laminierte Cello hat ein Rosenholz-griffbrett und ein wunderschönes schwarz glän-zendes Finish. Während der Tournee konnte ich es sowohl mit Tonabnehmern als auch akustisch intensiv ausprobieren. Live habe ich das Cello mit einem Barcus Berry Pickup über einen Apo-

gee Ensemble abgenommen und mit meinen App-le Laptop Effektsettings verfeinert. Meine erste und überwältigende Reaktion auf das Gothic Cello war das Preis-Leistungs-Verhältnis. Natür-

lich entspricht der akustische Klang allen laminierten Instrumententen, ist aber warm, ohne wahrnehmbare Wolfstöne aber auch eher verinner-lichten Klangcharakters.

Elektrisch hat es sich nicht wirklich zu meinem deutlich teueren alten Cello unterschieden, mit einem kla-ren Vorteil: Durch die laminierte Oberfläche ist das Cello für Feed-backs weit weniger anfällig und produziert einen kräftigen, über Tonabnehmer gut abzunehmenden Ton. Der Steg, die Seitenlage und das Tuning waren einfach zu bewäl-tigen. Um den laminierten Charakter des Instrumentes sowie seine ge-dämpfte Obertonstruktur etwas zu relativieren, würde ich Nylonsaiten empfehlen.

Zusammenfassend ist es ein tolles Instrument für Anfänger sowie für Fortgeschrittene, die eine Alterna-tive für den verschleißenden Road-betrieb suchen. Und der Preis ist absolut einmalig, weshalb ich dieses Instrument uneingeschränkt emp-fehlen kann.

marZIa ranGeLS

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Hinaus ins Rampenlicht

Seit gut zehn Jahren gehört Steve Hewitt zum internationalen Musikzirkus. Auf Mil-lionen von Tonträgern findet sich sein Kön-nen als Schlagzeuger und Songwriter und doch, mit Love Amongst Ruin beginnt für das ehemalige Mitglied von Placebo eine ganz neue Zeitrechnung. Als Frontmann seiner neuen Band steht er nun erstmals man Mikrophon und alles blickt auf ihn. Musikalisch hat sich der 39-jährige Brite da-bei so einiges vorgenommen. Im Crossover zwischen Linkin Park, den Foo Fighters, De-peche Mode und Hewitts früheren Bands, den Boo Radleys und Breed, führt der Weg aktuell zurück in Richtung erdigem Rock. Nach der Single „So Sad (Fade)“ erscheint im September das selbstbetitelte Debütal-bum, anschließend geht es auf ausgedehn-te Tourneereise durch Deutschland, worauf sich Steve schon sichtlich freut.

Als ihr begonnen habt, in der neuen Bandkon-stellation zu arbeiten, hat da von Beginn an alles gepasst oder gab es erst Abstimmungs-probleme, die geklärt werden mussten?Es hat alles gut zusammengepasst und ganz ohne Anfangsschwierigkeiten und persönliche Differenzen ging es los. Ich denke, jeder von uns hat großen Respekt vor dem Können der anderen Bandmitglieder und wir alle wissen, dass jeder ei-nen wichtigen Teil am gesam-ten Love Amongst Ruin Pro-jekt hat. Wenn einer von uns fehlen würde, wären der ge-samte Sound und die Dynamik der Band eine ganz andere.

Bitte beschreibe etwas die Art und Weise, wie ihr als Band zusammenarbeitet.Das ist ein sich ständig verändernder Prozess. Von der Band, wie sie sich heute zusammen-setzt, waren nur Donald Ross Skinner und ich an der Entstehung des ersten Albums beteiligt. Was den nächsten Longplayer angeht, möch-

te ich jedoch, dass wirklich jeder seinen Teil dazu beiträgt. Es sind so viele Talente dabei und ich möchte, dass jeder seinen Input bringt.

Wie würdest du den Aufnahmeprozess cha-rakterisieren? Hat alles immer perfekt ge-klappt?Als ich erst beschlossen hatte, dass ich weiterhin Musik machen wollte, lief der Aufnahmeprozess eigentlich ganz von selbst. Ich liebe es, Songs aufzunehmen und könnte mich Jahre lang im Studio aufhalten, um neue Musik zu erschaffen. Dass ich dieses Mal auch die endgültigen Ent-scheidungen treffen konnte, war außerdem sehr befreiend. Ich liebe es, partnerschaftlich mit an-deren zusammenzuarbeiten, aber es ist auch gut, am Ende einer Diskussion sagen zu können, wie wir etwas machen. Man macht sich keine Vor-stellungen darüber, wie viel Zeit eine Band damit verschwenden kann, die Feinheiten des Gitar-rensounds während des Refrains zu diskutieren, wenn man dies nur zulässt.

Gibt es inhaltlich einen roten Faden, der sich durch das Album zieht?Ja, es gibt durchaus einen gewissen Zusam-menhang zwischen den Stücken. Zerbrochene Beziehungen, Unehrlichkeit, Feigheit, Gier und Hass. All diese negativen menschlichen Eigen-arten machen wohl 90% des Inhalts des Albums aus. Der Rest handelt von der wahren Liebe.

Wie viel von dieser Platte hat mit deiner Vergangen-heit bei Placebo zu tun? Ist Placebo ein Einfluss, eine Bürde, etwas was du ver-gessen möchtest oder ein großartiger Startpunkt?

Ich bin sehr stolz darauf, was ich mit Place-bo erreicht habe. Ich denke, mein Einfluss auf Placebo war größer als der von Placebo auf mich. Ich werde diese Zeit sicher nie verges-sen und will es auch gar nicht. Die neue Plat-te ist mehr von den Umständen beeinflusst, die mit meiner Trennung von Placebo zu tun haben, als von meiner Zeit in der Band.

Hast du ein bisschen Angst, dass potentiel-le Hörer von Love Amongst Ruin diese neue Band nur als Seitenprodukt von Placebo an-sehen könnten, anstatt darin eine lebendige Band zu sehen?Ich glaube, wenn die Leute uns nur eine Chan-ce geben und das Album kaufen oder zu einer unserer Shows kommen, werden sie sofort er-kennen, das Love Amongst Ruin eine komplett neue Sache ist, die auf ihren eigenen Füßen steht. Wir sind etwas anderes und haben unser ganz eigenes Leben.

Welcher Aspekt des Musikmachens kann dich immer noch richtig begeistern?Im Augenblick ist das ganz sicher das Song-schreiben und Aufnehmen, denn das ist es,

„Wenn einer von uns fehlen würde, wären der gesamte Sound und die Dynamik der Band eine

ganz andere.“

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was ich am meisten tue. Schon bald wird mein Fokus jedoch auf unseren Live-Auftritten und der Tour liegen. Wenn ich auf der Bühne stehe, geht es um die Interaktion mit dem Pub-likum, das ist dann ganz si-cher wieder das Element, das mich am meisten begeistert.

Was hat dich zuletzt am Mu-sikgeschäft am stärksten genervt?Alles, und ich meine wirklich alles, was mit X-Factor zu tun hat. Wir sollten Originalität, Kreativität und Hingabe zu schätzen wissen, doch stattdes-sen wird die Öffentlichkeit zwangsernährt mit

diesen Zuckerguss-Acts, die all ihre Songs für sie geschrieben bekommen. Ich habe meinen

Teil dazu beigetragen, dass Rage Against the Machine mit „Killing in the Name“ im letzten Jahr zur Nummer Eins wurde und wenn es eine neue Kampagne gibt, um Simon Cowell in diesem Jahr wieder zu schlagen, werde ich ganz sicher auch wieder mit dabei sein, so-fern wir damit Musiker mit Originalität und Können

unterstützen. (Anm. d. Red.: Um zu verhin-dern, dass die X-Faktor Castinggewinner einen Nummer-Eins-Hit landen, wurde im Web eine

Aktion angezettelt, die Rage Against the Ma-chine erfolgreich an die Chart-Spitze brachte.)

Wie sieht also der perfekte Song für dich aus?Das ist dann so gut wie jedes Stück, das Radio-head oder The Cure je geschrieben haben. Nimm irgendetwas, was diese beiden Band gemacht haben und die Chance, dass es perfekt ist, ist ziemlich groß.

Was war die größte Herausforderung, der du dich als Musiker bislang stellen musstest? Hast du es geschafft oder bist du daran ge-scheitert?Das ist ganz sicher die Tatsache, dass ich hinter dem Schlagzeug hervorgetreten bin und zum Mi-krofon gewechselt habe. Ich denke, inzwischen ist es mir ganz gut gelungen, die anfängliche Nervosität zu überwinden und jetzt will ich auf Tour einfach nur noch mit jedem Auftritt besser werden.

Was steht als nächstes an? Wie sehen deine Pläne für den Rest des Jahres aus?Von September bis November touren in Europa, um unser Album unters Volk zu bringen. Danach wollen wir möglichst schnell ins Studio und mit den Aufnahmen für neue Songs beginnen, an de-nen wir tatsächlich schon arbeiten.

Peter Heymann

www.loveamongstruin.comwww.myspace.com/loveamongstruinVÖ: „Love Amongst Ruin“ 10. September 2010

„man macht sich keine Vorstellungen darüber, wie viel Zeit eine Band damit verschwenden kann, die Feinheiten des Gitarren-sounds während des ref-

rains zu diskutieren, wenn man dies nur zulässt.“

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Führe mich nicht in Versuchung

Vom Schuldspruch direkt in den Heiligen-stand. Wenn es doch im Leben auch immer so einfach wäre, wie es die Titel der letzten beiden Alben von Letzte Instanz nahelegen. Nachdem 2009 die glorreichen Sieben mit „Schuldig“ nicht nur einen weiteren Charter-folg landen konnten, sondern auch den ers-

ten Teil einer Trilogie vorgelegt haben, folgt nun 2010 mit „Heilig“ der zweite Streich. Zarte Geigen, kraftvolle Gitarren und schwe-re Beats prägen auch dieses Mal die Songs, die inhaltlich das Gegenstück zum Vorgän-geralbum bilden. Im kurzweiligen Interview stand uns Sänger Holly Rede und Antwort.

Warum Trilogie? Wie hängen „Schuldig“ und „Heilig“ zusammen? Als wir uns daran machten, das Album „Schul-dig“ zu mischen, stellten wir ziemlich schnell fest, das wir wohl angekommen waren. Ich glau-be, zum ersten Mal in der Geschichte der Letzten Instanz waren sich Produzent und alle Musiker

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„Ich glaube, zum ersten mal in der Geschichte der Letzten Instanz waren sich Produzent und alle musiker der Band ei-

nig, das da etwas ganz Großes, etwas in sich total Stimmiges

geschaffen wurde.“

„Wir nehmen uns selbst nicht zu ernst und verlangen auch von anderen, sich nicht zu

ernst zu nehmen.“

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der Band einig, dass da etwas ganz Großes, et-was in sich total Stimmiges geschaffen wurde. Schon in der Vorbereitung gab es viele Lieder, die zwar gut waren, jedoch vom Kontext her nicht auf das Album passten. Mir wurde im Nachhinein er-zählt, die Idee zur Trilogie griff schon bei einem Konzert in Holland um sich, davon weiß ich nichts mehr. Bei mir kam die Idee bewusst kurz nach Fertigstellung des Albums „Schuldig“ an und ab da reifte sie in uns. Wir haben dementsprechend den zweiten Teil auch unter ein Motto, nämlich „Heilig“ gestellt, ein paar schon vor-handene Werke mit bedacht und die noch fehlen-den nach der Prämisse und dem dazu gehörenden Kontext komponiert und getextet, mit dem klaren Ziel, ein ebenso spannendes Werk wie dessen Vorgänger zu schaffen, und noch darüber hinaus zu gehen. Nun saßen wir neulich wieder zusam-men und hörten uns den Endmix an und waren verblüfft. Wir haben geschafft, was wir wollten und die Messlatte für den Abschluss der Trilogie ziemlich hoch gelegt.

Wie fällt der Rückblick auf die Zeit der Pro-duktion aus?Momentan ist alles still. Es gibt wenig Erinne-rung. So ein Prozess hat – zumindest für mich – immer etwas Leerendes, Reinigendes. Das Gefäß gießt alles Schaffbare aus und zurück bleibt nur die Hülle, die jetzt wieder gefüllt werden möch-te. Die Erinnerung kehrt erst langsam wieder. Im Prinzip läuft eine Album-Produktion der Letzten Instanz mit wenigen Ausnahmen nach demsel-ben gut erprobten Schema ab: Oli und M.Stolz komponieren Instrumentalstücke, schicken mir diese und Benni Cellini und ich schreiben dazu aus vorhandenen, übers Jahr gesammelten Frag-menten Texte, die ich dann zu Hause bei mir grob einsinge. Alles wandert dann in eine Schublade, die erst geöffnet wird, wenn wir mei-nen, dass wir nun genügend gute Lieder für ein neues Album am Start haben. Er-fahrungsgemäß geht das im-mer relativ fix. Dann treffen wir uns in Hannover, schließen uns für ein paar Tage ein und probieren, wie die Stücke live klingen, schleifen und feilen

an ihnen herum, bis das nächste Album im Prinzip geboren wurde. Ab da gehen wir in die Studios und nehmen jeden Ton auf, mischen sie zusam-men und fertig ist das neue Album. Mehr kann ich dazu erst einmal nicht sagen, außer vielleicht noch, dass meine Zeit im Studio sehr emotional

und aufgewühlt war, da ich, um ins Studio zu kommen, nicht – wie sonst – geflo-gen bin, sondern mit dem Bus über Balkan und Alpen reiste, um dann schlussend-lich superübermüdet und total fertig mit den Nerven ins Münsteraner Studio zu fallen und die Lieder einzu-

singen. Danach habe ich, glaub ich erstmal vier Tage durchgeschlafen.

„Heilig“ hat auf den ersten Blick nur verhält-nismäßig wenig mit Kirche/ etablierter Reli-gion zu tun. Ist diese Beobachtung richtig? Ist dies eine bewusst gewählte Distanz, dass ihr anderen Aspekten eine große Rolle ein-geräumt habt?

Ich würde das Thema „Re-ligion“ nur am Rande an-schneiden wollen, denn „Heilig“ ist kein religiöses Album, es hat viel mehr mit Glauben zu tun. Glauben an sich, Glauben an das Gute.

Glauben an Andere. Aber auch – denn das gehört auch zur Letzten Instanz – der ironische Ansatz. Wir nehmen uns selbst nicht zu ernst und ver-

langen auch von anderen, sich nicht zu ernst zu nehmen. Pieken den kleinen Finger in die Wun-den, die manch Selbstverherrlichung überdecken versucht. Wollen eigentlich wie immer und auf je-dem Album zum Nachdenken und vor allem zum „Selberdenken“ anregen.

Vielleicht ist es mir entgangen, aber die Ehr-furcht vor der Natur als etwas „Heiliges“ bleibt ausgespart. Habt ihr euch bewusst auf den Menschen konzentriert?Wir, Benni und ich, konzentrieren uns natürlich auf den Menschen. Die Natur braucht keine Lie-der, sie macht selber welche. Wir wollen im bes-ten Falle darauf aufmerksam machen. Eine gute Idee, übrigens. Wir werden sie im Abschluss der Trilogie sicher bedenken, denn zu diesem Kon-text passt sie noch viel besser.

Was sind für euch Gründe, dass etwas als heilig angesehen werden sollte?Da kann ich jetzt natürlich nur für mich sprechen, obwohl ich denke, dass Oli seine Gitarren und Benni Cellini sein Cello schon als heilig erach-ten. Ich entdecke manchmal in Menschen engel-hafte Heiligkeit. Sie brauchen keinen Kranz um den Kopf und kein Kreuz um den Hals. Heiligkeit erwächst für mich unter anderem aus Taten, die uneigennützig sind; aus bestimmten Momenten, in denen das Leben förmlich knistert. Momente, in denen alles intensiv erlebt wird. Das kann Sex sein oder einfach nur aus dem Fenster schau-en. Um es vielleicht auf einen kurzen Punkt zu bringen, ist für mich alles heilig, was mich zu einem kleinen Kind werden lässt, welches sich staunend und geborgen die Welt anschaut und Momente erlebt, die manch anderer ungesehen an sich vorbeiziehen lässt.

Wie veränderte sich eure Arbeitsweise durch den Einstieg von David Pätsch am Schlag-zeug? Wie erfolgte der Weggang von Specki zu In Extremo?David bringt natürlich neuen Schwung in die Bude. Alles ist wieder anders interessant. In dem Moment, wo wir mit ihm die Zukunft pla-nen, verarbeiten wir gleichzeitig unsere Ver-gangenheit. Die Zeit mit Specki war schön und ebenso lehr- und arbeitsreich, wie die Zeit, die mit David kommen wird. Beide sind sehr kommunikative Menschen, mit denen eine Zu-sammenarbeit leicht und gut ist. Wir wünschen

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„Die natur braucht keine Lieder, sie macht

selber welche.“

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Specki bei In Ex viel Erfolg, möge er sich bei unseren Kollegen genauso wohl fühlen, wie bei uns. David nimmt in der Band, wie jeder von uns, auch andere, logistische Aufgaben wahr. Auch Specki hat das getan. Die kleine Aufgabe war, nun die Aufgabenfelder in der Band wie-der so zu verteilen, dass jeder seine gut erfül-len und meistern kann. Ich rede jetzt natürlich nicht von den Instrumenten, die werden von jedem nach wie vor bedient. Ich rede von dem organisatorischen Rattenschwanz, den es zu bewältigen gilt. Gute Musik zu machen ist da fast die kleinste Aufgabe.

Gab es nach der Fertigstellung dieses Al-bums einen Moment der Leere und Unsicher-heit, wie es denn nun mit Teil 3 der Trilogie weitergehen soll? Angst, euch könnte nichts Passendes einfallen?Nein, die Angst gibt es nicht. Wir haben lange und ausführlich über Sinn und Unsinn einer Trilogie ge-redet und das Grundmuster für das Abschlusswerk

schon gezeichnet. Erfahrungsgemäß geht dann das Schreiben der Stücke relativ schnell, allerdings wollen wir uns diesmal tatsächlich etwas mehr Zeit lassen als sonst. Aber die Lee-re nach einer Produktion gibt es wirklich. Ich habe es ja schon vor-hin angedeutet. Momentan ist in mir alles leer. Aber es wird die Zeit kommen, da sich mein Geist wieder füllen und in Hinsicht auf das Thema des Abschlusswerkes der Trilogie wirken wird. Da bin und bleibe ich ganz entspannt.

Euer Produzent Henning Verlage versucht sich gerade an der Quadratur des Kreises: Riesiger Erfolg mit „Unheilig“ und jetzt er-scheint euer Album ausgerechnet mit dem Titel „Heilig“. Schon ein seltsamer Zufall, oder?Tatsächlich ein Zufall. Wie gesagt, kam die Dis-kussion zur Trilogie noch während der Produktion zu „Schuldig“ auf, zu diesem Zeitpunkt war der

Graf noch ein ebenbürtiger Kollege, der mit uns dieselben Bühnen rockte. Zu diesem Zeitpunkt hat niemand ahnen können, dass so etwas einmal zu

einem Aufhänger für Spekulatio-nen werden könnte. Denn erstens sehe ich uns überhaupt nicht im Fahrwasser des Grafen, noch sehe ich uns als Gegenstück. Wir

sind einfach nur Kollegen. Mit dem Unterschied, dass er momentan ein wenig höher fliegt als wir. Dafür weht ihm auch mehr Wind entgegen.

Und zum Schluss: Wie sehen eure Pläne für die nächste Zeit aus?Wir bereiten uns auf die HEILIGe Tour vor, freuen uns wie Bolle auf die Veröffentlichung des Albums und spinnen schon weitere Fäden für die Zukunft. Wir glauben, sie wird gut!

Peter Heymann

www.letzte-instanz.dewww.myspace.com/letzteinstanzVÖ: „Heilig“ 01. Oktober 2010

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Das Subkulturenfestivalbeim Essen Original Essen Original gehört mit jährlich ca. 250.000 Besuchern zu den größten Stadtfestivals in Deutschland. Das Festival wurde während seines Bestehens bereits mehrfach in Größe und Ausrichtung bezüglich der vertretenen Musikstile verändert. Im Jahr 2009 kam es zu einer grundlegenden Neuausrichtung des Festivals. Musikrichtungen wie z.B. Metal, Gothic oder andere progressive Musikrich-tungen sollten nicht mehr präsentiert wer-den. Stattdessen sollte das Angebot stärker an einem angepassten Publikum 30 Plus ausgerichtet werden. Als Folge bildete sich das Kulturprotestbündnis Essen Originell bestehend aus zahlreichen Künstlern, Privat-personen, Organisationen und Firmen. Da das Bündnis nicht mit der Neuausrichtung des Festivals einverstanden war, veranstal-tete es während des Essen Originals 2009 gegen den Willen der EMG ein alternatives Musikfestival mit dem Namen Essen Origi-nell in der Essener Innenstadt.

Im Schaufenster des Leo Store spielten an diesem Wochenende 14 Bands vor mehreren hundert be-geisterten Fans. Eine im Anschluss stattfindende Demonstration offenbarte die ganze Breite des Wi-derstandes. Unmittelbar nach dem Essen Original 2009 ließ die EMG verlauten, dass zukünftig auch wieder progressivere Musikrichtungen ihren Platz beim Essen Original haben.

Vom 10. bis zum 12. September ist es dann end-lich wieder soweit. Erstmals wird es neben einer Metalbühne auch die Schwarze Leo Store Bühne geben. Aus Dankbarkeit gegenüber den Bands, die den Protest im letzten Jahr unterstützt haben, wird die Bühne 2010 keine reine Schwarze Bühne sein. Den damals teilnehmenden Bands wurde verspro-chen, dass sie 2010 einen festen Platz auf der hart erkämpften Bühne bekommen werden. Darüber hi-naus gelang es dem Leo Store als Veranstalter des Essen Originell, ein auch nach Schwarzen Maßstä-ben hochkarätiges Programm zusammenzustellen.

Als Headliner konnten Leichenwetter und Extize aus Deutschland sowie V2A und Lahannya aus Großbritannien verpflichtet werden. Als Hommage an die beiden Kulturhauptstädte Europas Istan-bul und Essen hat der Veranstalter die türkische Mädchen-Metalband The Pigskins für ihr erstes europäisches Konzert gewinnen können. Die Me-talmiezen aus Istanbul stehen für harten, lauten Metal und haben sich damit in ihrer Heimat bereits eine große Fangemeinde erspielt. Der Veranstalter rechnet mit mehreren tausend Besuchern an die-sem Wochenende. Diese können sich neben den 23 Bands auch über die zahlreichen Shows freu-en. Besondere Beachtung werden dabei wohl die beiden Finalisten des New Comer Contest finden.

Der vom NEGAtief und dem Inhaber des Essener Tonstudios Sinustal Chai Deveraux organisierte Contest wurde in der Schwarzen Musikszene groß-artig angenommen. Obwohl Chai Deveraux als Kopf der Band Jesus on Extasy über langjährige Er-fahrung im Musikbusiness verfügt, fiel ihm und sei-nen Jurymitgliedern Ian Deveraux vom Gravelstone Mastering und Nico F. vom Echosphere Studio die Entscheidung nicht leicht. Bei Redaktionsschluss standen die beiden Finalisten leider noch nicht fest. Fest steht jedoch, dass sich die beiden auf der Leo Store Bühne ein musikalisches Duell der Ext-raklasse liefern werden. Dem Gewinner winkt ne-ben der

Aufnahme eines Tracks im Tonstudio Sinustal dann auch noch die Veröffentlichung auf dem nächsten Dark Alliance Sampler. Dass ein solches Projekt nur möglich wird, wenn sich viele Menschen engagie-ren, ist klar, dennoch sollte dem Engagement von Rainer Götz, dem Inhaber des Leo Store Essen, an dieser Stelle besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Dadurch dass der Freiburger Geschäfts-mann neben seiner Zeit auch einen größeren Be-trag zu Verfügung gestellt hat, konnte das Essen Originell überhaupt erst umgesetzt werden.

www.essen-originell.de

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Aus Göttingen hinaus in die Welt

Gerade einmal zwei Jahre treiben Stahl-mann bislang ihr musikalisches „Unwesen“ und doch, hört man sich nun das gleichnami-ge Debütalbum an, so kann man nur festhal-ten, dass die Songs alle wie aus einem Guss erscheinen. Nach der Veröffentlichung der EP „Herzschlag“ 2009 und Touren mit Doro, In Extremo und Saltatio Mortis knüpfen die Göttinger mit ihrem ersten Longplayer musikalisch genau dort an, wo die EP Halt machte. Gnadenlos harter Industrial mit Metal- und Gothic-Einflüssen, knackige Gi-tarrenwände und kraftvoller Gesang bilden eine Mischung, die ihresgleichen sucht. Sän-ger Mart ließ uns einen Blick in die Welt der harten Jungs werfen.

Bitte schildert euren mu-sikalischen Hintergrund. Was habt ihr vor Stahl-mann gemacht?Wir kommen alle aus den verschiedensten Musikbereichen. Rock, Electro, Punk, alles ist dabei. Alex und ich haben irgend-wann zusammen gesessen und angefangen, die Ideen für Stahlmann zu entwickeln. Da wir schon immer auf Industrial, NDH und tanzbaren Sound standen, war eigentlich sofort klar, wohin die Reise geht. Wir haben alle vorher in deutschspra-chigen Bands gespielt. O-Lee beispielweise hat

zuvor bei den Schröders gerockt, Fire-abend bei Engelhai und ich bei Reizwolf. Die Gemeinde der deutschsprachigen Bands damals war klein und so kannten wir uns alle irgendwie.

Wie und mit welcher Zielsetzung ging es mit Stahlmann los?Das Ganze startete vor ca. zwei bis drei Jahren. Alex und ich wollten unseren Sound finden. Wir rockten schon eine Weile zusammen, schrieben Songs wie die Verrückten, probierten aus, wie wir wirklich klingen wollten. Dann saßen wir eines Tages vor einem Dönerladen und wir suchten nach einer Möglichkeit, das Ganze optisch zu verpacken. Wir wollten was Besonderes machen, ein Konzept, das sich auf der Bühne und in der

Musik wiederfindet, das war das Ziel! An Deal oder Erfolg war damals noch nicht zu den-ken, im Gegenteil, ich weiß gar nicht, wie oft ich gehört habe: Neue Deutsche Härte? Das ist

doch seit den 90ern tot! Uns war es egal, wir lie-ben diesen Sound, er war schon immer ein Teil von uns.

Eure Musik wird etwas blumig als die Wei-terentwicklung des Neue Deutsche Härte Genres angekündigt. Fühlt ihr euch mit die-ser Bezeichnung überhaupt wohl?

Nenn es NDH oder sonst wie. Aber in der Essenz geht es darum, einen Song zu schreiben, der eine gewisse Tiefe und eine Aussage hat und wenn dich dieser Song dann auch noch berührt, ist es eigentlich scheißegal, wie du es nennst. Ein gu-ter Song muss dich einfach an den Eiern packen, dann ist alles gut! Ob wir das Genre weiterent-wickeln, sollen andere beurteilen. Ich denke aber schon, dass wir darin unseren Platz gefunden und unsere Songs ihren eigenen Charme haben.

Was bringt ihr neues in das Genre ein?Zu allererst versuchen wir unseren eigenen Weg zu gehen. Es ging irgendwie in letzter Zeit nur noch darum, mehr zu schocken und krasser zu sein. Mehr Blut auf der Bühne zu haben, noch abgefahrenere Masken zu tragen und möglichst viele verbale Ausbrüche in die Texte zu packen. Wir versuchen einfach nur, wir selber zu sein. Ich sag immer liebevoll, wir sind Gentlemenarschlö-cher und das verpacken wir auch in unsere Songs und in die Liveshows. Stahlmann ist wie eine Blue Man Group in silber mit Charme und Tiefe und einer gehörigen Portion Energie und Brutalität.

Peter Heymann

www.myspace.com/stahlmannmusikVÖ: „Stahlmann“ 19. September 2010

„ein guter Song muss dich einfach an den eiern pa-cken, dann ist alles gut!“

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Die Götterbotin Iris ist zurück und liefert neue Befehle der griechischen Gotthei-ten. „Sie ist die Personifikation des Re-genbogens und kann nach der physika-lischen Vorstellung die Griechen Winde erzeugen. In der Mythologie hat sie meist die Funktion einer Götterbotin, deren Befehle sie den Menschen überbringt.“

Diese und noch mehr Zeilen findet man im World Wide Web über Iris. Allerdings gibt es nicht wirk-lich Neuigkeiten aus der griechischen Mythologie zu verkünden, sondern das vierte Studioalbum „Blacklight“ der US-Band mit dem Namen Iris. Mit dieser Fantasie aus der Geschichte Griechen-lands könnte man sich unter anderem auch eine in klischeehafter Manier geführte Werbetrommel bei den uns bekannten „trivialen“ TV-Sendern für diesen neuen Longplayer vorstellen.

„Blacklight“ ist allerdings nicht der einzige Tonträger der US-Elektropopper, der im September erscheinen wird. Vor-ab gibt es, nur in Europa und nicht bei den weltweiten Lizenzpartnern des La-bels, eine limitierte 1000er Auflage der Singlauskoppelung „Closer To Real“. Hierauf finden sich einige kraftvolle neue Tracks, die sicherlich bald in den Clubs rauf und runter gespielt werden, denn ihr Sound ist geradezu als Ver-pflichtung zum Tanzflächeneinsatz zu verstehen. Außerdem wird das Duo wie-der einige Gigs gemeinsam mit namhaf-ten Acts bestreiten. In Deutschland be-

gleiten sie zum Beispiel erneut De/ Vision und in Moskau stehen sie sogar mit And One auf der Bühne.

Mit Elementen aus Rock und retro-elektronischen Klängen melden sich Andrew Sega & Reagan Jones nach langer Wartezeit aus ihrem Studio in Chicago zurück und klettern immer weiter die Leiter zu den Headlinern des Elektropop Genres höher. Wenn sie diese nicht sogar schon überholt haben. Seit Jahren zählt das Duo zum Besten, was die USA in diesem Genre hervorgebracht haben. Das mag vielleicht daran liegen, dass sie gerne ihre Arbeitsweise wechselhaft beleben und so die viel beachteten Vorgängeralben „Disconnect“,

„Awakening“, und „Wrath“ und die Doppel EP „Hydra“ (CD + DVD) Iris vom Geheimtipp zum absoluten Aushängeschild in Sachen elektroni-scher Popklänge katapultierten. Durch ihre Tour-neen mit De/Vision oder Mesh festigten sie eine immer größer werdende Fanschar, die sicherlich mit „Blacklight“ noch anwachsen dürfte. Immer wie-der die gleiche Arbeitsweise wäre ein Stillstand, den das US-Duo für die Zukunft nicht geplant hat.

Iris gehen ihren musikalischen Weg gekonnt und experimentierfreudig weiter, kopieren nicht und klingen auf jeder neuen Produktion frisch und unverbraucht. Ihre Melodieführung, gepaart mit den Gesangslinien von Sänger und Frontmann Reagan Jones, weiß zu begeistern. Auch wenn auf dem neuen Silberling nur insgesamt neun Songs zu hören sind, so ist „Blacklight“ ein Kunstwerk der Extraklasse, das durch wundervolle elektro-nische Klangwelten besticht. Keineswegs stehen sie namhaften Künstlern wie Depeche Mode in puncto Qualität nach, und wie es der Zufall so will, veröffentlichten auch diese Pioniere mit „Vi-olator“ ein Album mit derselben Anzahl an Songs.

LUKe J.B. raFKa

www.Irismusic.comwww.myspace.com/Iris2 VÖ: „Blacklight“ 03. September 2010

IRISBlacklight

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SEPTEMBER / OKTOBER 10AUSGABE 27 - JAHRGANG 4

LETZTE INSTANZTHE BIRTHDAY MASSACRE

DEINE LAKAIEN

AND ONE

ANGELZOOM

FAITH AND THE MUSE

RAGGEDY ANGRY

JESUS ON EXTASY

BLIND PASSENGER

CANTUS BURANUS

TRISTANIA FRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYJESUS ON EXTASY FRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYFRONT LINE ASSEMBLYAND ONE

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