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7. Newe erdrnagnetische I~terzsQt&tsvariometer; vom Adolf Heydwe4ller. . 1. Zwei gleiche ubereinanderliegende Declinationsnadeln mit gemeinsamer Drehungsaxe werden in solchen Abstand ge- bracht, dass sie sich senkrecht kreuzen, jede mit dem magne- tischen Meridian einen Winkel yon 45O bildend; dann bewegt sich, wie aus dem bekannten Kraftlinienverlauf gestreckter Magnete folgt, bei Drehungen der Nadeln jeder der vier Pole in einem nahe homogenen Magnetfelde , und einer Aenderung der ausseren Richtkraft, der Horizontalintensitat des Erd- magnetismus, entspricht eine proportionale Drehung der Nadeln. Dies ist das Grundprincip der nachstehend beschriebenen Constructionen. 2. Beschreihng eines einfachen Lokalvariometers fur die Horizontalintensitat. Zweirhombische Magnetnadeln aus Wolfram- stahl von 5,7 cm Lange und etwa 1,4 g Stahlgewicht, die nach Strouhal und B a r u s behandelt, ein magnetisches Moment von etwa 30 C.G.S. besitzen, schwingen auf Spitzen fiber dampfenden Kupferplatten in einem cylindrischen Gehause in einem Verticalabstand von etwa 6,4 cm, der durch Hebcn und Senken der unteren Spitze mittels einer Schraube mit Gegenmutter geandert und gut fixirt werden kann. Die untere Nadel trligt zwei leichte senkrecht zu ihrer Axe nach oben fuhrende Aluminiumzeiger, die an den Enden der oberen Nadel iiber kleinen an ihr befestigten Gradtheilungen auf versilbertem Glase spielen ; es wird die relative Drehung der Nadeln gegen- einander an verschiedenen Orten bestimmt, und zwar jedes- ma1 der Unterschied der Einstellungen an jeder Theilung f~r die beiden urn 90 O verschiedenen Gleichgewichtslagen der Nadeln. Die Hohe des ganzen Instrumentes, das auf drei Fiissen mit Stellschrauben ruht, betrligt 16 cm, der Durchmesser der Grund- flache 15 cm, sein Gewicht 1,5 kg; es ist also sehr handlich. Vor dem bekannten Lokalvariometer von F. Kohlrausch’) 1) F. Kohlrausch, Wied. Ann. 29. p. 47. 1886.

Neue erdmagnetische Intensitätsvariometer

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7 . Newe erdrnagnetische I~terzsQt&tsvariometer; vom A d o l f Heydwe4l ler .

.

1. Zwei gleiche ubereinanderliegende Declinationsnadeln mit gemeinsamer Drehungsaxe werden in solchen Abstand ge- bracht, dass sie sich senkrecht kreuzen, jede mit dem magne- tischen Meridian einen Winkel yon 45O bildend; dann bewegt sich, wie aus dem bekannten Kraftlinienverlauf gestreckter Magnete folgt, bei Drehungen der Nadeln jeder der vier Pole in einem nahe homogenen Magnetfelde , und einer Aenderung der ausseren Richtkraft, der Horizontalintensitat des Erd- magnetismus, entspricht eine proportionale Drehung der Nadeln. Dies ist das Grundprincip der nachstehend beschriebenen Constructionen.

2. Beschreihng eines einfachen Lokalvariometers f u r die Horizontalintensitat. Zweirhombische Magnetnadeln aus Wolfram- stahl von 5,7 cm Lange und etwa 1,4 g Stahlgewicht, die nach S t r o u h a l und B a r u s behandelt, ein magnetisches Moment von etwa 30 C.G.S. besitzen, schwingen auf Spitzen fiber dampfenden Kupferplatten in einem cylindrischen Gehause in einem Verticalabstand von etwa 6,4 cm, der durch Hebcn und Senken der unteren Spitze mittels einer Schraube mit Gegenmutter geandert und gut fixirt werden kann. Die untere Nadel trligt zwei leichte senkrecht zu ihrer Axe nach oben fuhrende Aluminiumzeiger, die an den Enden der oberen Nadel iiber kleinen an ihr befestigten Gradtheilungen auf versilbertem Glase spielen ; es wird die relative Drehung der Nadeln gegen- einander an verschiedenen Orten bestimmt, und zwar jedes- ma1 der Unterschied der Einstellungen an jeder Theilung f ~ r die beiden urn 90 O verschiedenen Gleichgewichtslagen der Nadeln. Die Hohe des ganzen Instrumentes, das auf drei Fiissen mit Stellschrauben ruht, betrligt 16 cm, der Durchmesser der Grund- flache 15 cm, sein Gewicht 1,5 kg; es ist also sehr handlich.

Vor dem bekannten Lokalvariometer von F. Kohlrausch’)

1) F. Kohlrausch, Wied. Ann. 29. p. 47. 1886.

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736 A. Heydweiller.

hat es die Vorziige einer einfacheren Construction bei nahe gleicher Empfindlichkeit und einer leichteren Orientirung - annahernde Horizontalstellung der Deckplatte genugt ; ins- besondere bleibt eu noch in Ftlllen verwendbar, wo jenes ver- sagt, wenn namlich die Orientirung der Aufstellung wechselt, wie auf Schiffen und im Luftballon. Auch Temperaturein- fliisse sind wohl sicherer in Rechnung zu setzen, da die Tem- peratur der Nadeln sich bei ihrer geringen Masse nie wesent- lich von der Temperatur eines in das Gehtiuse eingesetzten Thermometers unterscheiden wird, und eine Beriihrung des Apparates wahrend der Beobachtungen nicht erforderlich ist; das Umlegen der Nadeln geschieht durch NBhern eines kleinen Magneten (Taschenmesser oder dgl.).

3. Thaorie des Tnstrumentes. Es sei H die Horizontal- componente des Erdmagnetismus fur die Normalstellung der Wadeln bei senkrechter Kreuzung der Axen; H’ ein mit jenem zu vergleichender Werth, bei dem jede der als gleich angenom- menen Nadeln urn den Winkel E in absolutem Bogenmaass aus der Normalstellung abgelenkt ist; es sei ferner M das magnetische Moment der Nadeln, il ihr halber Polabstand, a ihr verticaler Abstsnd und c 2 = aa+ 2?,a- Dann erfahrt in der Normalstellung jede der Nadeln durch den Erdmagnetis- mus ein Drehungsmoment H . M / @ , und durch die andere Nadel ein solches gleich - W / c 9 und es ist mithin

Fur die abgelenkte Stellung sind die beiden Drehungsmomente

M g COB 2 8 1

- ~ - ( ( l +

wofiir man bei der Kleinheit von E unter Vernachlassigung von e4 setzen kann

z’ COS 2 E - CS

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Erdmagnetische Intensitatsvariometer. 731

sodass man erhalt

oder

(2)

(3)

H'= - M 1/2 (1 & E - eee(T 1 - 3 0 F ) ) . I' c3

Aus (1) und (2) folgt HI- H - & s - E ~ ( ~ 1 - 3 0 2 ) . --

H c4

Es sei ferner 6 der gemessene Einstellungsunterschied beim Umlegen der Nadeln urn 90° in Bogengraden, derselbe ist gleich der doppelten relativen Drehung der Nadeln gegen- einander oder gleich dem vierfachen Gradwerth von E, also

d E = 0,01745. z= 0,00436.6

und

- & 0,00436 S - 1,9.lO-5 (4) H - H H

Bei meinem Apparat ist 1 I' 1

-2- - 30- c4 = - 6

und das Correctionsglied in der Klammer liegt noch fur d'= loo innerhalb der Beobachtungsfehler ; natiirlich genugt es auf alle Falle h gleich der halben Nadellange zu setzen. Bei etwas schwacheren Magneten wiirde die Correction iiberhaupt unmerklich.

Auf genaue Gleichheit der Nadeln kommt wenig an, selbst Ungleichheit his zu 5 Proc. bedingt noch kaum einen merk- lichen Fehler ; sind namlich die ungleichen Nadelmomente N, und M,, so tritt auf der rechten Seite von (4) noch das Cirrectioniglied

_ . MI + M2 0,0044 B (--) MI - Ms 2

hinzu. 4. Dasselbe Prinzip llsst sich auch bei feineren Instru-

menten mit Spiegelablesung verwerthen, wie ich mich an einem vorlaufigen Modell iiberzeugt habe. Mit jeder der an Quarz- faden aufgehangenen Nadeln wird ein Spiegel verbunden, die an der oberen unterhalb, an der unteren oberhalb so an-

Ann. d. Phys. u. Chem. N. P. 64. 41

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gebracht sind, dass sie unter rechtem Winkel nahe zwammen- stossen; giebt man dem einen eine leichte Verticalneigung, so erhllt man von einer senkrecht zur Halbirungslinie des Spiegel- winkels liegenden Scala zwei durch doppelte Reflexion an beiden Spiegeln entstandene ubereinanderliegende Bilder, deren relative Verschiebung gemessen wird.

Endlich lasst sich, wie ich glaube, die entsprechende Einrichtung auch fur erdmay netische Yerticalvariometer mit Vor- theil anwenden und diirfte vor den bisher gebrauchlichen Apparaten, wie dern Erdinductor mit Galvanometer l), der Inductioriswaage von Hrn. C. L. Webera) und dem Gebirgs- magnetometer von Hrn. 0. E. me ye^-3) manche Vorziige nament- lich in der einfncheren Aufstellung und Handhabung besitzen, wenn es auf die ausserste Genauigkeit nicht ankommt. 1st doch nur eine annahernde Orientirung der Axe in die Rich- tung der Declinationsnadel erforderlich, wobei Abweichungen von einigen Graden erlaubt sind.

Die Hauptschwierigkeit liegt dabei in der guten Cen- trirung des Schwerpunktes der Nadeln , da eine Excentricitat sich nicht durch Ummagnetisiren der Nadeln wahrend der Beobachtungen , wie bei Inclinatorien , unschadlich machen lasst. Man kann ihre Grosse aber so ermitteln und in Rech- nung setzen oder corrigiren, dass man vor Fertigstellung des Instrumentes zum Gebrauch die Wirkung einer bestimmten Intensitatsanderung (durch eine Stromspule oder einen kleinen Magneten in gegebenem Abstand) vor und nach Ummagneti- siren feststellt.

Ich hoffe auch ein solches Instrument noch praktisch er- proben zu konnen.

6. Zum Schluss gebe ich noch einige Beobachtungsbelege mit dem im zweiten Abschnitt beschriebenen Instrumente.

Allgemein ist dazu folgendes zu bemerken. Es ist durch- aus nothig, immer beide Theilungen abzulesen, da nur so eine Unsymmetrie der Ausschlage, wie sie durch nicht genaue Horizontalstellung oder kleine Versetzungen der Nadeln leicht

5.

1) Vgl. K. Schering, Verhandl. d. Naturf.-Vers. Niirnberg 1893. 1) C. L. Weber, Wied. Ann. 36. p. 810. 1888; 43. p. 654. 1891. 3) 0. E. Meyer, Wied. Ann. 40. p. 489. 1890.

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vorkommt , unschadlich wird. Man nimmt den Unterschied zwischen den beiden Einstellungen ostlich und denen westlich (oder auch den nordlichen und den sudlichen) und setzt den Mittelwerth far S in Formel (4) ein.

Es wurde die Horizontalintensitiit an verschiedenen Stellen dee hiesigen physikalischen Instituts bestimmt ; die Vergiei- chungen sind weniger genau als unter normalen Verhaltnissen, wegen der starken Storungen der electrischen Strassenbahn, die bis zu 0,6 Proc. der normalen Intensitat betragen. Die Beobachtungen wurden abwechselnd an einem, an einem zweiten und wieder an dem ersten Platze angestellt, sowohl mit meinem, wie mit Kohlrausch’s Lokalvariometer. Die kleinen Tem-: peraturiinderungen waren zu vernachlassigen.

Nachstehend werden die Werthe von S aus je einem Beobachtungssatz mit jedem Instrument vollstiindig mitgetheilt.

Vaiiometer H, Platz 1. Platz 2.

w e d we& 3stk - 6,2 - 5,7 + 9,0 + 8,0 - 6,2 - 5,s + 9,l + 8,3 - 6,l -5,5 + 8,9 + 8,l - 5,9 - 5,3 + 8,9 + 8,l - 5,7 - 5,4 + 8,s + 7,6 - 5,7 - 5,6 + 8,s + 7,6 - 6,O - 5,7 + 8,9 + 7,9 - 5,s - 5,6 + 8,9 + 7,9

-.-___-

Mittel - 5,95 - 5,57 + 8,91 + 7,94 - - - 3,75 + 8,42

Variometer K. Platz 1.

westl. iistl. - 13,O - 13,O - 12,s - 12,9 - 13,l - 13,O - 13,3 - 13,l - 12,s - 12,7 - 12,9 - 12,9 -12,9 - 12,9 - 13,O - 12,9 -12,97 - 12,92

- 12,94

__.

-

Platz 2. westl. 6stl. - 1,9 - 1,9 - 1,8 - 1,s - 1,6 - 1,6 - 1,5 - 1,4 - 1,7 - 1,6 - 1,9 - 1,7 - 1,8 - 1,6 - 1,7 - 1,6

~ - 1,74 - 1,65 - 1,69 -

Fur das erste Variometer ergiebt Formel (4) unter Ver- nachlssigung des zweiten Gliedes

5 = 1 - 0,00436 + 5,75 = 0,9749 , H

5 = 1 + 0,00436.8,42 = 1,0367, H also

= 0,9404. B2- Das vernachlbssigte zweite Glied giebt eine Correction

+ 0,0001, dam kommt noch eine zweite wegen Verschieden- 47*

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7 40 A. Hey dweiUer . heit der Nadelmagnetismen, die, urspriinglich gleich gemacht, in den Handen des Mechanikers einen Unterschied von 7 Proc. angenommen hatten, diese Correction betragt + 0,0007, sodass schliesslich

5 = 0,9412. HZ

Zwei andere Bestimmungen mit demselben Variometer am vorhergehenden Tage ergaben

5 = 0,9419 und 0,9424. HZ

Die Beobachtungen mit K o h l r ausch’s Variometer ergeben

Hierzu kommt ebenfalls noch eine kleine Correction wegen der Inhomogenitiit des Richtmagnetfeldes und zwar ist der vorstehende Werth zu multipliciren mit J I / J a , wenn J1 und Ja die Richtkraft des Magneten auf die Nadel in der ersten und in der zweiten Stellung ist. Es berechnet sich

15 1/3 L Z P - J1 - - I - - - - 4 4 (a* 4- I S + Py g7

worin il und h’ die halben Polabstande von Magnetnadel und Richtmagnet, a ihre senkrechte Entfernung voneinander, und 6 die Ablenkung der Nadel in der zweiten gegen die erste Stellung in absolutem Bog enmaass. Einsetzen der Werthe ergiebt

sodass corrigirt 5 = 0,99924, J2

_ _ = 0,9419 H2

in guter Uebereinstimmung mit den Angaben des anderen Instrumentes folgt.

An zwei anderen Stellen ergab sich

3 = 1,0156 und 1,0157 mit Variometer H H4

und _ - Bs - 1,0159 rnit Variometer K. H4

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Der Temperaturcoefficient meines Instrumentes wurde zu 0,00052 zwischen 13,6 und 36,3O aufsteigend und zu 0,00055 zwischen 36,2 nnd 18,9O absteigend, im Mittel zu 0,000535 bestimmt ; die hShere Temperatur wurde einfach dadurch er- halten, dass unter das Instrument eine kleine Spiritusflamme gestellt und nach einiger Zeit fortgenommen wurde. Die Temperatur steigt langsam zu einem Maximum, um dann wieder zu sinken; diese Zeit wurde zur Beobachtung benutzt.

Das Instrument ist yon Hrn. Mechaniker F. Tiessen hier aus eisenfreien Idaterialen hergestellt worden.

Breslau, Januar 1898.

(Eingegangen 21. Januar 1898.)