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4~o KLINISCHE WOCHENSCH Wer mit uns zu der Auffassung gekommen ist, dab das Herz zur Kompensation der Mitralstenose keine oder keine wesentliche Muskelkraft aufzubieten hat, der wird solche Herzen vor jeder st~rkeren Belastung behtiten wollen. Er wird dies um so mehr wollen, als unsere besten Herzmittel, die Digitalis und das Strophanthin, bei der Mitralstenose ein zweischneidiges Schwert sind. Sie k6nnen ntitzen, solange der linke Vorhof noch eine Muskulatur hat, deren Arbeitsleistung dutch Digitalis oder Strophanthin gehoben werden kann. Sie k6nnen ferner dadurch ntitzen, dab sie bei einer gieichzeitig vorhandenen Mitralinsuffizienz Grad und Sehnelligkeit der Systole und die Wirknng der Diastole steigern nnd auf diesem Wege die rtickl~ufige Ftillung des linken Vorhofs einsehr~nken und seine Entleerung begtinstigen. Sie k6nnen schaden ~, in- dem sie die F6rderleistung des rechten Herzens steiw und dadurch eine Uberftillung des linken Vorhofs und Lungen- kreislaufs und schlieBlich ein Lungen6dem erzeugen. Abb. 15. Derselbe Fall. Schr~igauftlahme. Die verschiedene Wirkung der Digitalis und des Strophan- thins au f dieMitralinsu f fizienz und dieMitralstenose machtjeden Mitralfehler zu einem therapeutischen Problem. Die L6sung die- ses Problems wird zu einem wesentlichen Tell abhgngen yon der Einsicht in die Wirkung der Mitralfehler auf den Kreislauf. Die vorliegende Arbeit m6chte helfen, diese Einsicht zu vertiefen. Literatur: z SAU~RB~UCI~, Die Chirurgie der Brustorgane. Berlin: Julius Springer I925, 2. AuIl., S. 114. -- 2 CORNING, Lehr- buch der topographischen Anatomie. Wiesbaden: Bergmann 1917, S. 323. -- 3 ROMBERG, Lehrbuch der Krankheiten des Herzens und der Blutgefi~Be, S. 182. Stuttgart: Ferdinand Enke I9O6. -- ~LJ UNG- DAI~L, Untersuchungen fiber die Arteriosklerose des kleinen Kreis- laufs. Wiesbaden 1915. -- ~ STRAIJB, Dynamik des S~ugetierherzens. Dtsch. Arch. klin. Med. I22, 2Ol u. 2o2 (1917). -- ~ RO~IBXR~, Lehrbuch der Krankheiten des Herzens und der Gef~ge, S. 323. Stuttgart 1925. -- : En~z~s, Die Krankheiten des tterzens und der Gef~Be, S. 328. Berlin 1929. NEUE ERKENNTNISSE IJBER DEN LEBER- STOFFWECHSEL BEI KONSTITUTIONELLEN UND ZENTRALNERVOSEN KRANKHEITEN*. Won Prof. DIETRICH JAHN, Oberarzt der Medizinischen Klinik. Aus der Medizinischen Klinik (Direktor: Prof. Dr. BOHNENKAMP) und der Psychiatrischen und Nervenklinik (Direktor: Prof. Dr. BERINGER) der Universit~it Freiburg i. Br. Zwischen dem Ergebnis der physiologischen Forschung, dab die Leber als Zentralorgan des Stoffwechsels bei fast * Ftir die flnanzieIIe Unterst/itzung unserer Untersuchungen haben wir der Rocke- feller foundation, New York, zu danken. RZFT. 18. J A H R G A N G . Nr. 12 25. M~RZ I939 allen lebenswichtigen Umsetzungen mitwirkt, und dem Nach- weis ihrer krankhaften St6rungen, klafft eine nicht zu tiber- sehende Ltieke. Augenf~llig ist der Zusammenbruch des ge- ordneten Stoffwechsels in sp~ten Stadien der Lebercirrhose, der tumor6sen Zerst6rung und der akuten gelben Atrophie der Leber. Der grSgere Tell ihrer Erkrankungen, deren wich- tigstes Symptom der Ikterus ist, verl~uft ohne ~nl3erlieh be- merkbare ~nderung des K6rperhaushalts. Wohl gelingt es der klinischen Diagnostik gelegentlich durch Anwendung mehr oder weniger verl~Blicher Funktionsproben auch da StSrungen nachzuweisen, wo sie aus dem klinischen Bild vermutet werden. Aber tells sind diese Proben aus methodi- schen Grtinden noch zu wenig angewandt worden, tells sind sie zum Nachweis einer StSrung ungeeignet. Der pathologische Anatom finder als Zeiehen der Beteili- gung der Leber an Allgemeinkrankheiten in der trtiben SchweUung, der tropfigen Entmischung, der vakuol~ren Degeneration Anderungen im Zustand der EiweiBk6rper. Er schliegt aus der Verfettung der Leberzelle auf einen vorauf- gegangenen Glykogenschwund, aus Kalkniederschl~gen auf das Auftreten von kalkbindenden oder-anlagernden Sub- stanzem Hier werden vor allem EiweiBstoffwechselst6rungen er- kennbar, die dem Arzt v611ig entgehen. Er wird gewGhnlich erst durch das AuKreten yon Leucin und Tyrosin im Harn bei den irreparablen Endstadien der akuten gelben Leber- atrophie au~ sie aufmerksam. Die Pathophysiologie hat zu dieser Frage wichtige, klinisch noeh unausgewertete Beitr~ge geliefert. Sie iinden sich in den ]Ergebnissen der experimentellen Prtifung des Leberstoff- weehsels, die FRANZ FISCI-ILER 1 vor mehr als 20 Jahren ver- 6ffentlicht hat. Hunde mit angelegter Anastomose zwischen Portalvene und Cava inferior (Ecksche Fistel) k6nnen bei ausschliel31icher Fleischftitterung mit zentralnervSsen Sym- ptomen erkranken, die mit Ver~inderungen im ~iul3eren Ver- halten der Tiere beginnen und unter epileptiformen Kr~Lmpfen oder tiefem Korea zum Tode ftihren. Diese Fleischintoxi- kation tritt bei gleiehzeitiger Verminderung des Glykogen- gehaltes der Leber regelm~13ig auf. Hierbei sind Harn und Speichel, gelegentlich sogar das Muskelfleiseh, stark alkalisch. Mit Grafe zeigte FISCHLZR 2, dab gleichzeitig die oxydativen Vorg~inge im EiweiBstoifwechsel verz6gert sind. Dieselben Krankheitserseheinungen lassen sich bei Eck-Tieren aueh ohne Fleisehftitterung, nur durch Hunger und Phlorizin- glykosurie, erzielen, wobei die Glykogenvorr~ite des K6rpers so gut wie vollkommen schwinden. Ebenso ftihren lediglieh Hunger und Phlorizinvergiftung ohne Ecksche Fistel bei entsprechend intensiver Durchftihrung nnter dem Bild der Verelendungshyp0glyk~mie zu den gleichen Erscheinungen. W~hrend im Tall der Fleischintoxikation die Leber ihrer Entgiftungsfunktion nieht gentigt, iritt bei alleiniger Ver- minderung des Glykogenbestandes der Leber eine Abbau- hemmung des Eiweiges ein, die sich an dem Sinken der Harn- stoffproduktion zu erkennen gibt. Die Gewebsalkalose macht eine Verminderung der Harnstoffbildung durch auftretende S~uren unwahrscheinlich, das Fehlen jeder Vermehrung des Harnammoniaks beweist, dab eine AbbaustSrung des EiweiBes vorliegt. Die Obereinstimmung dieser Ergebnisse des Tierexperi- mentes mit denen der ldinischen Forschung tiber die Be- sonderheiten des Stoffwechsels bei konstitutioneller oder nach Infektionskrankheiten auftretender Asthenie (JAI~X 3, ~) ist tiberraschend. Auch hier ist die dauernde: oder nach Be- lastung auftretende Unterzuckerung des Blutes ein ftihrendes Symptom. Der dabei oft zu erhebende Befund starker Keton- anreicherung im Blur, die besonders bei Muskelarbeit in Er- scheinnng tritt, rechtfertigt den Schlul3, dab die Ursache der St6rung des Kohlehydratstoffwechsels eine Glykogen- armut der Leber ist. Mit dieser Auffassung scheinen niedrige Werte der Gesamtketonk6rper, die gelegentlich in der Ruhe zu linden sind, nicht im t~inklang zu stehen. Sie liegen dann um I--2 mg % start des normalen Wertes yon etwa io mg %. Aueh hierin besteht jedoch eine ~bereinstimmung mit den Versuchen FlSC~ILEI~S ~, tier bei Eck-Tieren ohne Belastung

Neue Erkenntnisse über den Leberstoffwechsel bei Konstitutionellen und Zentralnervösen Krankheiten

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Page 1: Neue Erkenntnisse über den Leberstoffwechsel bei Konstitutionellen und Zentralnervösen Krankheiten

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Wer mit uns zu der Auffassung gekommen ist, dab das Herz zur Kompensation der Mitralstenose keine oder keine wesentliche Muskelkraft aufzubieten hat, der wird solche Herzen vor jeder st~rkeren Belastung behtiten wollen. Er wird dies um so mehr wollen, als unsere besten Herzmittel, die Digitalis und das Strophanthin, bei der Mitralstenose ein zweischneidiges Schwert sind. Sie k6nnen ntitzen, solange der linke Vorhof noch eine Muskulatur hat, deren Arbeitsleistung dutch Digitalis oder Strophanthin gehoben werden kann. Sie k6nnen ferner dadurch ntitzen, dab sie bei einer gieichzeitig vorhandenen Mitralinsuffizienz Grad und Sehnelligkeit der Systole und die Wirknng der Diastole steigern nnd auf diesem Wege die rtickl~ufige Ftillung des linken Vorhofs einsehr~nken und seine Entleerung begtinstigen. Sie k6nnen schaden ~, in- dem sie die F6rderleistung des rechten Herzens steiw und dadurch eine Uberftillung des linken Vorhofs und Lungen- kreislaufs und schlieBlich ein Lungen6dem erzeugen.

Abb. 15. Derselbe Fall. Schr~igauftlahme.

Die verschiedene Wirkung der Digitalis und des Strophan- thins au f dieMitralinsu f fizienz und dieMitralstenose macht jeden Mitralfehler zu einem therapeutischen Problem. Die L6sung die- ses Problems wird zu einem wesentlichen Tell abhgngen yon der Einsicht in die Wirkung der Mitralfehler auf den Kreislauf. Die vorliegende Arbeit m6chte helfen, diese Einsicht zu vertiefen.

L i t e r a t u r : z SAU~RB~UCI~, Die Chirurgie der Brustorgane. Berlin: Julius Springer I925, 2. AuIl., S. 114. -- 2 CORNING, Lehr- buch der topographischen Anatomie. Wiesbaden: Bergmann 1917, S. 323. -- 3 ROMBERG, Lehrbuch der Krankheiten des Herzens und der Blutgefi~Be, S. 182. Stuttgart: Ferdinand Enke I9O6. -- ~ LJ UNG- DAI~L, Untersuchungen fiber die Arteriosklerose des kleinen Kreis- laufs. Wiesbaden 1915. -- ~ STRAIJB, Dynamik des S~ugetierherzens. Dtsch. Arch. klin. Med. I22 , 2Ol u. 2o2 (1917). -- ~ RO~IBXR~, Lehrbuch der Krankheiten des Herzens und der Gef~ge, S. 323. Stuttgart 1925. -- : En~z~s, Die Krankheiten des tterzens und der Gef~Be, S. 328. Berlin 1929.

NEUE ERKENNTNISSE IJBER DEN LEBER- STOFFWECHSEL BEI KONSTITUTIONELLEN

UND ZENTRALNERVOSEN KRANKHEITEN*. W o n

Prof. DIETRICH JAHN, Oberarzt der Medizinischen Klinik.

Aus der Medizinischen Klinik (Direktor: Prof. Dr. BOHNENKAMP) und der Psychiatrischen und Nervenklinik (Direktor: Prof. Dr. BERINGER)

der Universit~it Freiburg i. Br.

Zwischen dem Ergebnis der physiologischen Forschung, dab die Leber als Zentralorgan des Stoffwechsels bei fast

* Ftir die flnanzieIIe Unterst/itzung unserer Untersuchungen haben wir der Rocke- feller foundation, New York, zu danken.

R Z F T . 18. J A H R G A N G . Nr. 12 25. M~RZ I939

allen lebenswichtigen Umsetzungen mitwirkt, und dem Nach- weis ihrer krankhaften St6rungen, klafft eine nicht zu tiber- sehende Ltieke. Augenf~llig ist der Zusammenbruch des ge- ordneten Stoffwechsels in sp~ten Stadien der Lebercirrhose, der tumor6sen Zerst6rung und der akuten gelben Atrophie der Leber. Der grSgere Tell ihrer Erkrankungen, deren wich- tigstes Symptom der Ikterus ist, verl~uft ohne ~nl3erlieh be- merkbare ~nderung des K6rperhaushalts. Wohl gelingt es der klinischen Diagnostik gelegentlich durch Anwendung mehr oder weniger verl~Blicher Funktionsproben auch da StSrungen nachzuweisen, wo sie aus dem klinischen Bild vermutet werden. Aber tells sind diese Proben aus methodi- schen Grtinden noch zu wenig angewandt worden, tells sind sie zum Nachweis einer StSrung ungeeignet.

Der pathologische Anatom finder als Zeiehen der Beteili- gung der Leber an Allgemeinkrankheiten in der trtiben SchweUung, der tropfigen Entmischung, der vakuol~ren Degeneration Anderungen im Zustand der EiweiBk6rper. Er schliegt aus der Verfettung der Leberzelle auf einen vorauf- gegangenen Glykogenschwund, aus Kalkniederschl~gen auf das Auftreten von kalkbindenden oder -an lagernden Sub- stanzem

Hier werden vor allem EiweiBstoffwechselst6rungen er- kennbar, die dem Arzt v611ig entgehen. Er wird gewGhnlich erst durch das AuKreten yon Leucin und Tyrosin im Harn bei den irreparablen Endstadien der akuten gelben Leber- atrophie au~ sie aufmerksam.

Die Pathophysiologie hat zu dieser Frage wichtige, klinisch noeh unausgewertete Beitr~ge geliefert. Sie iinden sich in den ]Ergebnissen der experimentellen Prtifung des Leberstoff- weehsels, die FRANZ FISCI-ILER 1 vor mehr als 20 Jahren ver- 6ffentlicht hat. Hunde mit angelegter Anastomose zwischen Portalvene und Cava inferior (Ecksche Fistel) k6nnen bei ausschliel31icher Fleischftitterung mit zentralnervSsen Sym- ptomen erkranken, die mit Ver~inderungen im ~iul3eren Ver- halten der Tiere beginnen und unter epileptiformen Kr~Lmpfen oder tiefem Korea zum Tode ftihren. Diese Fleischintoxi- kation t r i t t bei gleiehzeitiger Verminderung des Glykogen- gehaltes der Leber regelm~13ig auf. Hierbei sind Harn und Speichel, gelegentlich sogar das Muskelfleiseh, stark alkalisch. Mit Grafe zeigte FISCHLZR 2, dab gleichzeitig die oxydativen Vorg~inge im EiweiBstoifwechsel verz6gert sind. Dieselben Krankheitserseheinungen lassen sich bei Eck-Tieren aueh ohne Fleisehftitterung, nur durch Hunger und Phlorizin- glykosurie, erzielen, wobei die Glykogenvorr~ite des K6rpers so gut wie vollkommen schwinden. Ebenso ftihren lediglieh Hunger und Phlorizinvergiftung ohne Ecksche Fistel bei entsprechend intensiver Durchftihrung nnter dem Bild der Verelendungshyp0glyk~mie zu den gleichen Erscheinungen. W~hrend im Tall der Fleischintoxikation die Leber ihrer Entgiftungsfunktion nieht gentigt, i r i t t bei alleiniger Ver- minderung des Glykogenbestandes der Leber eine Abbau- hemmung des Eiweiges ein, die sich an dem Sinken der Harn- stoffproduktion zu erkennen gibt. Die Gewebsalkalose macht eine Verminderung der Harnstoffbildung durch auftretende S~uren unwahrscheinlich, das Fehlen jeder Vermehrung des Harnammoniaks beweist, dab eine AbbaustSrung des EiweiBes vorliegt.

Die Obereinstimmung dieser Ergebnisse des Tierexperi- mentes mit denen der ldinischen Forschung tiber die Be- sonderheiten des Stoffwechsels bei konstitutioneller oder nach Infektionskrankheiten auftretender Asthenie (JAI~X 3, ~) ist tiberraschend. Auch hier ist die dauernde: oder nach Be- lastung auftretende Unterzuckerung des Blutes ein ftihrendes Symptom. Der dabei oft zu erhebende Befund starker Keton- anreicherung i m Blur, die besonders bei Muskelarbeit in Er- scheinnng tri t t , rechtfert igt den Schlul3, dab die Ursache der St6rung des Kohlehydratstoffwechsels eine Glykogen- armut der Leber ist. Mit dieser Auffassung scheinen niedrige Werte der Gesamtketonk6rper, die gelegentlich in der Ruhe zu linden sind, nicht im t~inklang zu stehen. Sie liegen dann um I - - 2 mg % start des normalen Wertes yon etwa io mg %. Aueh hierin besteht jedoch eine ~bereinst immung mit den Versuchen FlSC~ILEI~S ~, tier bei Eck-Tieren ohne Belastung

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des Stoffwechsels sehr geringe Ketonk6rperbitdung sah und sic anf eine Beeintr~ichtigung des dafiir verantwortlichen Fermentsystems der Leber zuriickfiihrte. Seine Ergebnisse sprechen dafiir, dab hierbei dem Blutzuflul3 zUr Leber eine wichtige Rolte zukommt, da Tiere mit umgekehrter Eckscher Fistel, dutch die das gesamte Blut der Vena cava inferior die Leber passieren mug, eine mn mehrere hundert Prozent ge- steigerte Ketonk6rperbildung zeigen. Die weitere ktinische Untersuchung des asthenischen Stoffwechsels ergibt eine starke Alkalianreieherung des IZ6rpers (JA~N 1. e.) als zweites Hauptsymptom, das ebenfalls mit den Tierversuchen FISCH- LE~S (1. C.) fibereinstimmt. Er ist geneigt, diese Alkalose dem Auftreten alkalisch reagierender Eiweigspaltprodukte zu- zusehreiben. Unsere Minischen Untersuchungen ergaben, dab neben einem Ausbleiben der Milchs~nreaeidose naeh Muskelarbeit, ja sogar der weitgehenden Verminderung der Milehs~iurekonzentration im Blut, fiberschieBende Kohlen- s~ureausscheidung nnd starke Salzsiureproduktion im Magen zur Alkalose des K6rpers fiihren, die am deuttichsten an der Ausscheidung yon alkalischem Phosphat im Urin erkannt wird. Diese Ents~iuerungsvorg~nge haben zu dem Vergleich mit der Histaminwirkung geffihrt, die auf demselben Wege einen Alkali~berschuB ira KSrper bewirkt. Da das I-Iistamin selbst ein EiweiBabbauprodukt ist, lag es nahe, die Alkalose nicht wie FlSC~ILER auf die basische Natur der Spaltprodukte des Eiweil3, sondern auf diesen zum S~iurevertust des K6rpers ii ihrenden EinfluB zu beziehen. V~esentlich aber ist das Er- gebnis, dab experimentelle nnd klinische Untersuchungen zu der Annahme des Einflusses yon EiweiBspaltprodukten ftihren, die dutch eine Glykogenarmut der Leber gebildet werden. Unter diesem Gesichtspunkt erh/~lt auch die ~irztliche Er- fahrung Bedeutung, dal3 gerade Astheniker zu allergischen t~eaktionen in Form yon Urticaria, Ekzemen, Asthma bronehiale, Colitis mncosa nnd Heufieber neigen; denn der Zusammenhang anaphylaktischer Erscheinungen mit einem Eiweigzerfall ist er~Sesen.

Der asthenische Stoffwechsel ihnelt in mancher HIinsicht den Stoffwechselumstellungen im I.iunger. Hierffir kann vor allem die in beiden F~illen kennzeichnende Erniedrigung des Energiestoffwechsels sprechen. Sie geht der Verarmung der Leber an I~ohlehydrat parallel. Es liegt nahe, diese Ver- brennungsherabsetzung auf eine UmsatzbeschrXnkung der Leber zuriiekzufiihren, wenn man bedenkt, dab GRAVE und FlSCHLER ~ dutch weitgehende Ausschaltung dieses Organs aus dem Stoffwechsel durch Unterbindnng der Leberarterie bei Eck-Tieren eine Senkung des Energieumsatzes his zu 7 o % gefunden haben. Als Zeichen der Zuckerverarmnng der Leber treten nach einigen I.iungertagen IZetonkSrper im Harn auf, die auf eine Abbaust6rung sowohl der Fette wie auch bestimmter Aminos~iuren bezogen werdell miissen. Astheniker scheiden unter gewShnliehen Umstiinden kein Aceton im Harn aus, wohl aber kSnnen besonders bei Muskelarbeit, wie erw~ihnt, ausgiebige Ketonk6rpersteigerun- gen im Blur beobachtet werden, Besonderes Interesse ver- dient der E~weiBstoffwechsel. Der Iiir die Asthmde angenom- menen Abbauhemmung entspricht die Feststeltung, dab zwar im Beginn des Hungers eine Mehrausscheidung yon Stick- stoff im Harn als Zeichen vermehrten EiweiBumsatzes, danach aber eine zunehmende Verringerung gefunden wird. Das er- scheint im Hinblick auf eine Einsparung des wertvollsten t~e- standteils des K6rpers zweckvoll, ist abet auffallend bei Be- trachtung des Leberstoffwechsels, dem EiweiB zur Zucker- neubildung zur Verfiigung steht, ohne dab er, wie GRAFE ~ best~tigt, yon dieser M6glichkeit Gebrauch macht. Auch im Hunger besteht demnach eine Abbauhemmung des Eiweil3es bei gleichzeitiger I42ohlehydratverarmung. 13ei der Verfolgung dieser Gedankeng~inge muB auch der beim Tier beobachtete pr~mortale Eiweil3zerfall am Ende einer Hungerperiode in die ]?;r6rterung einbezogen werden. MANSF2ELD und HHAI~- BIJRGER s haben ihn auf eine Steigerung der Schilddriisen- t~tigkeit bezogen, da er beim sehilddri~senlosen Tier ausblieb. 'Wenn auch HH~RIS dieser Folgerung in ihrer AusschlieBlichkeit widersprochen hat, so ist fiir diesen Vergleich doch sehr be- achtenswert, dab Astheniker gelegentlich eine deutliche Vet-

gr6gerung ihrer ~Schilddrfise mit Steigerung des Blutjod- gehaltes aufweisen, der dem bei schwerer t~asedowscher Er- krankung gleichkomm f (JAItNI~ Wir haben diese Funktions- steigerung als einen Kompensationsvorgang zur Mobilisierung des angestauten Eiweil3depots der Leber anfgefaBt. Er ver- nrsacht die so oft zur Diagnose einer Thyreotoxikose ver- leitenden thv~reotoxischen Zeichen der Astheniker, die sich durch eine inst inktive Abneigung vor FleischgenuB gegen eine sehwer zu verarbeitende EiweiBzufuhr schfitzen.

Unterschiedlich. ist das Verhalten der t(ohtens~ureaus- scheidung, die bei den Asthenikern gesteigert, im Hunger jedoch nach allen vorliegenden Untersuehungen verringert ist. Das unterstreicht den EinfluB der im asthenisehen Stoff- wechsel vermuteten histamin~ihnlich wirkenden toxischen Produkte des EiweiBabbaues.

Eine Erweiterung dieser Untersuchungen brachte die yon BusI~zE 11 ires fibertragene Anwendung dieser Grundlagen auf die in ihrem somatischen Verhalten ungeMirten P s y - chosen nnd die yon B~t~ING~R gegebene NISglichkeit der Fort- fiihrung dieser Arbeiten. Es ergab sich, dab die asthenische Stoffwechselst6rung die konstitutionelle Grundlage der kSrper- lichen Vergnderungen der Schizophrenic ist. Rfickblickend kommt dadurch den h~ufig zu beobachtenden psychopathi- schen Besonderheiten der Astheniker Bedeutung zu. Mein Mitarbeiter G~EVlNG 1~ hat sic yore psychiatrischen Stand- punkt nntersucht und gefunden, dab die mit der asthenischen Stoffwechselst6rung verbundenen Psychopathien eine ein- heitliche Pr~gung haben, die mi t dem 33egriff der Dystonie am besten nmrissen werden kann. Damit ist eine t~eziehung dieser kSrperlichen Eigenarten zu psychischen Vorg~ngen fest- gelegt worden.

In Besti t igung zahlreicher bereits vorliegender Unter- suchungen land sich bei Schizophrenen eine Tendenz zu niedrigen Blutzuckerwerten und eine weir fiber das bei Asthenikern ohne psychische Krankhei t gefundene MaB yon Ents~uerungsvorg~ngen (JA~IN13).

Es war vordringtich, auch bier Anhaltspunkte fiber dell Gtykogengehalt der Leber zu gewinnen. I)er Vergteich der Ketonk6rperausscheidung im Urin dutch Zuckerberaubung des KSrpers mit Hilfe yon Phlorizin hat hier ein ein- wandfreies Urteil ermfglicht. Untersnchungen, die ich mit meinem Mitarbeiter HHI~BERT JANTZ (JAtlN t4) durchffihrte, zeigten, dab bei asthenischen Schizophrenen fast regelmiBig mit der ersten Phlorizininjektion reichlich Ketonk6rper im H a r n a u ftreten, wfihrend Pykniker bei derselben Ern~hrung erst nach ~Vochen trotz gleicher Zuckerverluste Ketonurie zeigten. Es war eindrueksvoll zu sehen, dab der Pykniker bei reiner Gemfisefettkost trotz groBer Zuckerverluste in der Lage war, den Blutzucker auf normaler HShe zu halten. Erst nach Abschmelzung der eigenen Fettdepots und bei Verabreichnng einer fettlosen Gemfisekost setzt nnmit te lbar eine zu bedroh- lichen Werten ffihrende HypoglyMimie ein. Diese Yersuche lassen erkennen, dab hier eine bisher immer noch umstr i t tene Zuckerneubildung aus Fet t vorliegt, und dab dadnrch die Leber instandgesetzt ~drd, normale Stoffweehsetleistungen beiznbehalten. Die Fettreserven des Asthenikers sind gering, und die bereits bestehende Zuckerarmut der Leber Iiihrt im Gegensatz dazu unmit te lbar zur Abbaust6rung, die an der Acetonausscheidung erkennbar wird. Denselben Zusammen- h~ngen scheint auch FlSCI~LER ~ begegnet zu sein, wenn er feststellte, dab fette Tiere weniger leicht der Fleischintoxi- kation verfallen als yon vornherein magere.

GjESSlNG~, i~, 18 hat als erster den in manchen Verl~ufen das Krankheitsbild der Schizophrenie beherrschenden Phasen- wechsel znr Untersuchung der Sto~fwechselvorg~nge heran- gezogen. Der Wechsel zwischen Wachsein und Stupor wird yon einer ganzen Reihe k6rperlicher Vorginge begleitet. In der Wachperiode ist die asthenische Stoffwechseliinderung erkennbar. Er land Grundumsatzerniedrigung, HHHypoglykiimie, geringe LeukocTctenzahl, herabgesetzte Diurese und Alkalose. Mit denl Beginn des Stupors sind die Verbrennungsvorg~inge gesteigert, der ]~lutzucker ist erh6ht, es bestehen Leukocytose, vermehrte Diurese und Acidose. Ffir nnsere 13etrachtung am wichtigsten ist die Feststellung, dab w~ihrend der Wach-

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periode Stickstoff retiniert wird bis mit dem Eint r i t t des Stupors in welligen Tagen der zurflckgehaltene Stickstoff wieder ausgeschiedeI1 wird. Gleichsillnig verh~lt sich die Ammoniakausscheidung im Harm Die beobachtete Retention betr~gt im Durchschnitt 15--2o g Stickstoff. GJESSING (1. C.) schlieBt aus, dab es sich hier um Allfbau ulld Abbau voll K6rpersubstanz handelt, l l immt vielmehr an, dab eille Ver- mehrullg und Vermillderung des EiweiBdepots der Leber vorliegt. Es ist yon groBem Interesse, dab die genauen Ullter- suchungell GJESSINGS einen illdividuell verschiedenen Grad voll Retention aufdeckten, so dab der Ein t r i t t des Stupors ffir den einzelllen Krankell bis auf wellige Tage gellau voraus- zusageI1 ist. Wir konnten zeigen, dab dieses allff~llige Ver- halten der Stickstoffbilanz nicht nur auf das roll GJESSING untersuchte Krankheitsbild der periodischen Katatonie be- schr~nkt ist, sondern dab allgemein aktive Phasell der Schizo- phrenie durch eine voraufgehellde Stickstoffretention ge- kenllzeichnet sind (JAI~N19). Aber bet diesen niehtperiodischell Krankheitsschiiben eriolgt die kompensatorische Stickstolf- ausscheidung nicht so prompt wie bet den roll GJESSING untersuchten Krankell. In progllostisch guten Phasell, zu denen vor allem die paranoiden Schiibe geh6ren, scheillt sich die Stickstoffbilanz mit der klinischen Besserung auszu- gleichen, monatelang hillziehende Stuporen zeigen indessen eille ebenso langdauernde Neigung zur Retention yon Stick- stoff. Dieser Unterschied kann durch den Phlorizinversuch deutlich erkannt werden (JAHN19). Man sieht bet paranoiden Formen durch den Kohlenhydratentzug sofort einsetzende starke Mehrausscheidungen voll Stickstoff, die t~glich mehr als das Doppelte der Stickstoffeinfuhr betragell, w~hrend bet !dinisch sich nicht ~ndernden stupor6sell Zust~ndell trotz reich- licher Zuckerverluste durch den H a m kaum eine Mehraus- scheidung yon StickstofI herbeigeft~hrt werden kallll. Der w~hrend der Stickstoffausscheidung kontrollierte Harnsgure- gehalt des Urins gibt Aufschlug, ob es sich um dell Verlust yon nichtorgallisiertem Depoteiweil3 oder die Einsehmelzllng roll K6rpersubstanz durch den herbeigeffihrtell Hllnger- zustand handelt. Diese Untersuchungen haben das Vor- handellsein yon abnormen EiweiBdepots unzweifelhaft ge- macht und gezeigt, dab je schwerer die psychische Erkrallkullg ist, um so geringer die F~higkeit der Leber zu sein scheint, dieses EiweiB abzubauell.

Wie bet der Asthellie ohne psychische Begleiterscheillull- gen erhebt sich auch hier die Frage nach der Bedeutung der Anstauullg des Eiweil3 ill der Leber. Ist sie fiir dell Gesamt- orgallismus gleichgiiltig oder ergeben sich Allhaltspunkte ffir eine toxische Beeinflussung des K6rpers, wie sie yon FISCI-ILER ~~ ffir die glykoprive Intoxikation seiner Versuchs- tiere angenommen wordell ist ? Ffir die Schizophrenie haben sich nun toxische Wirkungell besollders Mar nachweisell lassen. Neben der stets vorhandellen Hypotonie des Gef~13- systems, aus der sich ein lebensbedrohender Kollaps ent- wickelll kanll, sind hier Ver~nderungen des Blutes besonders hervorzuheben. Es ist bet eillem Tell der Katatonell nlld im Stadium der t6dlichen Katatollie durch Plasmaverlust ein- gediekt. Die bis zu Wertell roll 8 und 9 Millionell an- steigellden Zahlen der roten Blutk6rperchell fiberschreiten jedoeh weft die am Eiweil3gehalt des Plasmas ablesbare Konzentrationssteigerullg des Blutes. Hierffir k611nen ver- schiedelle Grfinde angegebell werden. Nach EPPINGeR 2~ kalln mit dem Fliissigkeitsverlust auch eill EiweiBflbertritt aus dem Blut in das Gewebe stattfinden, so dab die EiweiB- best immung im Serum keinen Magstab fflr die Bluteindickung bietet. W~hrend uns diese M6glichkeit spXter lloch beschM- tigen muB, ist bier die Tatsache hervorzuheben, dab das rote Blur eine ausgesprochene Mikrocytose mit einer Abnahme des F~rbeindex aufweist, die llach iNXGELI 2~ auf Abschnflrungs- prozesse der rotell Blutzellen dutch die Allisotollie des Se- rums zurfickzuffihren ist. Aber diese Erkl~rung trifft nieht allein zu, delln man finder eine deutliche Vermehrullg der Reticulocyten im str6menden Blur und gelegentlich bet tier Sektion eille rote Metaplasie des Knochellmarks, indem bet der mikroskopischen Untersuchung Mikrocyten vorherrschen (JAHN~a). Neben der Eindickung ulld ihren Folgen ent-

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wiekelt sich eille Blutneubildung. Unsere darauf gerichteten Versuche legen llahe, diese Vorg~nge als Folge einer EiweiB- zerfallstoxikose aufzufassen, denn derartige Ver~nderullgen lassell sich im Versuch am Schweill durch Histamin und Histidin erzellgen (JAHN und GREVlNG ~4, JAHN~5'~6). Wir haben auch den EinfluB des Tryptophalls untersucht, das je- doch keine Bluteindickung und keille Steigerung der Erythro- poese, wohl aber eillen starken Allstieg der Leukocytenwerte bewirkte (JAHN27). Das l~Bt daran denkell, dab auch die his zu Werten roll 35ooo ansteigenden Leukocytosen bet schweren F~llen von Sehizophrenie durch EiweiBzerfalls- produkte bedingt silld.

SCHEID ~8 erkl~rt das Eintreten von Blutneubildullgs- vorg~llgell mit eillem Blutuntergang, den er aus dem Farbe- indexsturz und der Zullahme des Stuhlurobilinogens schlieBt. Die yon ibm angenommellell Steigerungen des BIutunter- gallgs w~hrend der fieberhaftell Schfibe der Schizophrellie liegen jedoch im Bereich des Einflusses anderer, zum 13eispiel dutch Illfekte hervorgerufeller Ver~nderungen, bet denen nie- reals derartige Eindickungs- und Neubildungsvorg~nge zur Beobachtung kommell. Wir ullterstreichen deshalb auch auf Grund seiner Untersuchungen die Besonderheit des Verhaltens des Blutes bet Schizophrenie und die Beziehnng zu den beob- achteten Abweichungen des Leberstoffweehsels. Eine weft- voile Stfitze unserer Ansicht ist die t~eobachtung LIEBE- aOTTS ~7~, der bei krankhafter Glykogenspeicherung in der ~ Leber und dadurch verursaehter Ausschaltung des Kohle- hydrats aus dem Stoffwechsel hochgradige Myelo- und Ery- thropoese land.

Das bereits yon GJESSINO am Beginll der Stuporphasen der periodischell Katatonie besonders beachtete Fieber, das SCHEID "0 zum Hauptsymptom der Ver~nderungell im akuten Schub ill der Bellennung dieses Stadiums als febrile Episode machte, zeigt ebenfalls eine Beteiligullg des Gesamtorganis- mus an den VorgXngen im Leberstoffweehsel all. Er zeigt in diesen F~llen weitere wichtige Fullktiollsst6rullgen. LING- GAERDE S~ land in 8o% Urobilinogellurie, GREYING 81 einell regelm~LBigell Sturz der Cholesterillester, der nach THANN- I~AIJSER a2 mit grof3er Sicherheit eine Funktionsst6rung der Leber erkenllell l~gt, lllld in ~bereins t immnng mit dell Fiscttlerschell Tierexperimenten eine wesentliche. Herab- setzullg der Harnstoffproduktion. Es kann ferner gelegellt- lich zu Ikterlls kommen. Wir haben dabei niemals eine Gallen- farbstoffausscheidung im Urin feststellen k611nen. Der im Blur angesammelte Farbstoff erweist sich, da nu t die indirekte Diazoprobe posit ivist , als Bilirubilloglobill, das normalerweise durch die fermentative T~tigkeit der Leber in seine EiweiB- komponente llnd Bilirllbin gespaltell wird. Wir sehen des- halb auch hierin eille unverkellnbare Seh~digung der Leber (JAH~").

Hier mul3 die Frage aufgeworfell werden, ob das Fieber als zentralllerv6se W~rmeregulationsst6rung llicht bereits dell Ausgang der Ver~llderung roll den vegetativen Zelltren des Zwischellhirns beweist. Aber die Temperaturerh6hung ist keill regelm~Big auftretendes Symptom bet den geschildertell St6rullgen der Leber, und unsere t~eobachtullgen zeigen, dab insbesondere die Stickstoffretentioll dem Auftreten des Fiebers tagelang voraufgehell kallll. Wir k6nllen es deshalb nur als Folge bereits im Gallg befilldlicher peripherer Um- stellungell werten. Trotzdem klliipfen sieh an das Fieber wichtige klinisehe Uberlegungen, denn es ist bekannt, dab sieh w~hrelld eines mit Fieber verbundenell Illfektes Stuporen weitgehend authellen, und dab alldererseits illfekti6se Fieber- zust~nde den Ausbruch eille Schizophrenie herbeiffihren k6nllen. GREVlNC ~ hat bet einer periodischen Katatollie im Pyriferfieber dell Stupor vorzeitig eilltretell sehen. Es liegt im Gedankellgange ullserer Ulltersuchungell, auch hier den EiweiBstoffwechsel verantwortlich zu machell, dellll Fieber verursacht dutch vermehrte Kohlehydratverbrellnung eine Zuckerverarmung der Leber. Dadurch wird ihr EiweiBdepot zur Zuckerneubildung angegriffell llnd der freigewordelle Stiekstoff im Urin ausgeschiedell. Dieser Vorgang kann die fermentative Abbauhemmung durchbrechen oder sie bet be- reits bestehender Leberseh~digllllg dutch weiterell Glykogen-

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entzug vertiefen. Bestgtigt sich auch yon anderen Gesichts- punkten aus diese Annahme, so ist sie ein unwiderlegbarer Beweis f~r die Bedeutung des Leberstoflwechsels beim Zu- standekommen der Psychose. Hier tiegt nach unserer l~;ber- zeugung auch der Ankniipfungspunk&, yon dem aus die innere Beziehung der endogenen und der symptomatischen Psy- chosen, die sich zum groBen Tell bei schweren fieberhaften Erkrankungen entwickeln, anfgeldfixt werden mug.

Die Art der krankhaften Ablagerung yon EiweiB in der Leber beansprueht das gr6Bte Interesse. Im allgemeinen ist die Leber bei der Autopsie yon Schizophrenen nicht be- argw6hnt worden. Bei der Geringffigigkeit der zu erwartenden Nnderungen k6nnen gerade im Hinblick auf die Art der EiweiBablagerung postmortale Veriinderungen die 13enrtei- lung erschweren. Deshalb sind die Befuilde PEXACHIET'rlS ~, der yon Katatonen int ra vitam Lebergewebe gewonnen nnd untersucht hat, wichtig. Er land Hyper~imie, Fett infi l trat ion der zentralen L~ppehenabschnitte, vakuolgre Degeneration des k011agenen Bindegewebes. Wir haben unter Berfick- sichtigung dieser Feststellung aus dem klinischen Bild auI eine ser6se Entzfindung im Sinile EI'PINGERS geschlossen. Um die Frage des Zusammenhangs psychischer St6rungen mit derartigen Ver~tnderungen der Leber zu priifen, babe ieh mit meinem Mitarbeiter HUBERT JANTZ Versuche mit Mescalin an Menschen und Tieren angestellt, die sich mit den k6rper- lichen Vergnderungen unter dem EinfluB dieses Alkaloids beschSdtigten. \~'ir verdanken diesen Weg der Zusammen- arbeit mi t I3:ERING]~R, der die schizophrenieartigen psychi- schen Verfizlderungen nach subcntaner Applikation sowohl yon Haschisch als auch yon Mescalin einer genanen Analyse unterzogen hat (BERtNOERa~).)/IARK a~ hatte unter Haschisch- wirknng am Mensctlen Hypoglykgmie, Bluteindickung nnd das Ausbleiben einer Iviilchsguremeba'bildung bei Muskel- arbeit gefuildeil. Die {3bereinstimmung mit unseren Fest- stellungen bei Schizophrenen war auffalleild. Unter Mescalin war die Neigung zu Blutzuckersenkung bei 3/ienschen eben- falls deutlich. Im Versuch am Hunde mit Steigerung der 3zIescalinmenge bis zum Tode des Versuchstieres zeigten sieh ferner eine einwandfreie Eiildiekung des Blutes und eine dentliehe Retention yon Stickstoff. Beim Aussetzen der Mescalingaben t rat mit RegelmgBigkeit eine kompensatorische ?r yon Stiekstoff ein. Hier bildete sich also unter den Bedingungen des Experimentes ein EiweiBdepot, das als k6rpertiche Veriinderung den bekannten psychischen Abweichungen gegenfibersteht. Die Leber der Tiere zeigte makroskopisch auBer zahllosen Meinsteil Hgmorrhagien keine Vergnderung. Mikroskopisch fanden sich nach Fixation in Carnoyscher L6sung und entsprechender Fgrbung eine weit- gehende Aufhebung der normaleil Leberbgtkchenstruktur und eine Ausffillnng der deutlich erkennbaren Disseschen Rgume mit EiweiBsubstanzen. Der t3efund stellt sich demnach als serSse Entzfindung im Silme EPPINGERS oder, da eigentliche entzfindtiehe Zeiehen Iehlen, ats eine Albuminose des Leber- gewebes dar. Es ist im Hinblick auI die Entwicklnng unserer Versuche yon grol3em Interesse, dab EPPINGER den Zustand der ser6sen Entzfindung der Leber gleichsam im Modell- versueh aueh unter Zuhilfeilahme des Histamins darstellte, Weder EPPINGER noeh wir haben daraus den SchluB gezogen, dab den krankhaften Vergnderungen eine Histaminvergiftung zugrunde liegeil mfisse. EPPINGER 38 hat vielmehr seine Ver- suche mit Stoffen ungesgttigten Charakters fortgesetzt und die Wahrscheinlichkeit einer Histaminvergiftung gering ver- anschlagt, t3edeutsam aber ist, daB, wie in uilseren 3/Iesealin- versuchen, Bluteindiekung, Stickstoffretention und Mehr- ausscheidung mit den ldinischen Beobachtungen an Schizo- phrenen fibereinstimmen. Im Hinblick auI die wghrend der EiweiBretention yon Kranken Ieststellbaren Senkungen des Sauerstoffverbranchs ist die Anschauuilg ElaPINGERS (I. C.) hervorzuheben, dab im Zustand der ser6sen Entzt indung die Sauerstoffversorgung der Gewebe verschlechtert ist. Bei dem fiberragenden AnteiI der Leber an den Gesamtverbren- nungen im ruhenden Zustand des K6rpers erseheint die Obertragung dieser Erkenntnis auf die ]3eurteitung klinischer Vorggnge anfschlnBreich.

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Die Fischlerschen Untersuehungen.~9 haben nun vor Jahren sozusagen schon die Fortsetzung dieser Versuehe er- bracht. Schaltet man beim Eck-Tier die Leber dutch Unter- bindung der Leberarterie weitgehend aus der normalen t31ut- versorgung aus, so schwinden die Glykogenvorr~te, nnd die EiweiBsubstanzen verfallen einer autolytischen Zerst6rung. Anatomisch entwickelt sich das Bild der zentralen L~ppchen- nekrose. Als unverkennbares Zeichen gleichzeitig vor sich gehender autolytischer Fet tspal tung fallen unl6sliche fett- saure KalksMze aus, die sich mit der yon FZSCHLER angegebe- hen F~irbemethode mikroskopisch leicht nachweisen lassen. Stellt man die Durchblutung der Leber wieder her, so werden die gebildeten Zerfallsprodukte ausgeschwemmt, und die Leber n immt nach einer Reparationsphase ihre normale Stoffweehselt~tigkeit wieder auf. Kennzeichnenderweise ent- wickeln sieh im Krankheitsbild des Tieres wAhrend dieser \u der Leber Vergiftungserscheinungen des Zentralnervensystems.

f3berblicken wir das Ergebnis dieser zusammenfassenden DarsteIlung, so kann an der 13edeutung bisher klinisch nicht beachteter St6rungen des Leberstoffwechsels nicht gezweifelt werden. Sie zeigen zu Erkrankungen des Zentralnerven- systems eine so enge Beziehnng, dab ihre urs~chliche Rolle oder ihre maBgebende Mitwirkung heute zur Disknssion ge- stellt werden kann. Hierbei sind auch die Ents tehung des epileptischen Anfalls, dem ebenfalls eine Stiekstoffretention mit Bluteindickung voraufgeht, und die Degeneratio hepato- lenticularis in die Er6rterung einzubeziehen. Gerade die Prfifung der Leberfunkfionen bei rol l a usgepr~gter ~u scher Krankhei t haben uns gelehrt, dab bei einer pathologisch- anatomisch gekl~rten Krankheit des Zentralnervensystems eine klinisch ganz nnverd~chtige Leber fiberraschende Funk- tionsausf~tIle bieten kann. Dabei stellen sich so enge ]3eziehun- gen des Zwischenhirns und der Leber dar, dab der Ausgangs- punkt in dem einen oder anderen Organ nicht festgelegt werden kann. Die Stoffwechselst6ruilg der Schizophrenie 1ABt sich jedoch bis zu den Unterschiedeil der Konst i tut ionen im t3e- reich des Normalen verfolgen. Die I3esonderheiten des asthenischeil Stoffwechsels fiilden sich bier auch ohne jede psychische Anomalie und sind dann, wie uns jahrelange tgr- Iahrung gelehrt hat, ausgesprochen erblich. Wir haben sie bei psychisch Normalen gefunden, in deren Familie Schizo- phrene sind. Derartige Beobachtungen legen den Gedanken nahe, dab die somatische St6rung die Grundlage ist, dutch die bei besonderer, oft erblich gebundener Veranlagung des Ge- hirns die Psychose entsteht.

Mit der Frage nach der Ursache der ffir die Asthenie so kennzeichnenden Glykogenarmut der Leber reicht das Pro- blem weir in das Gebiet der inneren Medizin hinein, yon der sie ausgegangen ist. Die Einsicht, dab das Leberglykogen durch das Insulin nicht vermehrt, bei entspreehender Dosie- rung vielmehr vermindert wird, hat das gleichzeitige Bestehen yon Hypoglyk~mie und Keton~mie als Zeichen der Zucker- verarmung der Leber dem Verst~indnis n~hergebracht (JAH~#~ ]3eides finder sich auch bei nebennierenlosen Tieren (v. BER~MANN4~). Zu diesen experimenfellen Bei- trAgen kommen ldinische Beobachtungen, die die M6glich- keit einer innersekretorischen Ursache unterstreichen. Die Erfahrung, dab asthenische Stoffwechselver~inderungen sich an Infektionskrankheiten anschlieBen und Jahre hindurch aildauern k6nnen, mahnt jedoch wenigstens fiir die er- worbenen St6rungen auch andere Ursachen in Betraeht zu ziehen.

Wenn auch auf Gruild einer bewul3t auf das pathophy- siologische Geschehen abgestellten Betrachtung klinische Riickschlfisse nu t mit Zurfickhaltung zu ziehen sind, darf doeh der Nachweis yon St6rungen in der fermentativen T~tigkeit der Leber bei Krankheiten, deren Symptomatologie bisher weder Minisch noch pathologisch-anatomiseh eine Be- teiligung der Leber enthiett, in den Vordergrund aueh des ~rztliehen Interesses gestellt werden.

L i t e r a t u r : ~ Physiologie und Pathologie der Leber. ]Berlin: Julius Springer 1925. -- 2 Dtseh. Arch. klin. Med. Io4, 321 (I911).

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R I F T . 18. J A H R G A N G . Nr . 12 25. M~RZ ~939

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ORIGINALIEN.

A R B E I T E N A U S D E R I. M E D I Z I N I S C H E N K L I N I K D E R U N I V E R S I T A T M O N C H E N .

C - V I T A M I N B E D A R F U N D C - H Y P O V I T A M I N O S E . Eine grundsgtz l i che S t e l l u n g n a h m e z u dem Problem

und zu der g l e i c h n a m i g e n Arbei t des Herrn Rietsche l Jg. I938 , S. 1787 dieser Wochenschr i f t .

Von

Prof. W. STEPt" und Dozent H. SCI{I~OEDZI~ Direktor Assistenzarzt

der I. Medizinischen Klinik der Universit~t Miinchem

W e n n es gilt ein neues Wissensgebie t zu erschlieBen, so wird es gu t sein, s te t s d a r a n zu denken , d a b uns die Saturn- lung y o n E inze te rkenn tn i s sen , die du rch die Auf f indnng hen e rdach t e r M e thoden mSglich geworden ist, n iemals den Blick n e h m e n dar f ftir die groBen a l lgemeinen Z u s a m m e n - h~nge. Die Gefahr , du rch einzelne Tei lergebnisse zu gekiin- s t e l t en ScMul3folgerungen gedr~ngt zu werden , die im ~Wider- spruch s t ehen zu dem, was ftir uns als Ergebn i s sorgfXltiger wissenschaf t l icher F o r s c h u n g ebenso s icher s t e h t wie nach den E r f a h r u n g e n des t~gl ichen Lebens, ist groB und e r fo rder t W a c b s a m k e i t .

~u RIETSCtlEL aus diesen oder ~hnl ichen Gedanken he raus geglaubt ha t , das P r o b l e m des V i t amin C-Bedarfs be im Menschen im groBen noch e inmal aufwerfen und prt ifen zu mtissen, well i h m die eine oder andere Teilfrage noch n i ch t gent igend gekt~rt erschien, so m S c h t e n wir i hm hierin volI und ganz be i s t immen . Je sch~rfer die Kr i t i k in die - - wie so oft, so auch bier - - r e c h t ve rwicke l ten Zusammenh~nge h ine in leueh te t , u m so sch~rfer wird die Beweisf t ihrung sein mtissen, d a m i t eine E r k e n n t n i s als ges icher t gel ten kann . Insofe rn begrtiBen wi t es, dat3 wit du rch die Arbe i t RIET- SCHELS veranlaBt wurden , das Prob lem, um das es geht , noch e inmal yon allen Seiten zu be t r ach t en , um zu sehen, ob die yon uns v e r t r e t e n e Anschauung wirklich jeder Kr i t ik s t a n d h a t t e n kann . L e t z t e n E n d e s i s t es j a an sich ganz un- wichtig, ob diese oder jene Meinung r ech t beh~tlt, wirklich wicht ig is t nur die Sache selbst . U n d die Frage, welches die Menge an Vitamin C ist, deren wit bedi~r/en, um vollkommen gesund u~d leistungs~hig zu sein, ist sieherlich, eine Frage, an deren Kla'rung mitzuarbeiten sieh lohnt.

In der Folge sollen nun die Bedenken RIBTSCH~LS gegen die yon der Mehrzah l der Fo r sche r und auch yon uns an- gegebenen Zahlen fiir den Vi t amin C-]3edarI mSgl ichs t ein- gehend b e t r a c h t e t und e rSr t e r t werden .

V o r w e g g e n o m m e n sei, daft der Bedar] an Vitamin U (eben- so wie an den t ibrigen u keine konstante, somlern eine variable Gr6fie ist. Von uns wurde alas i m m e r wieder in Aufs~tzen n n d Vor t r~gen b e t o n t und gleichzeit ig da rau f h ingewiesen, dab es auBerordent l ich schwier ig sei, die F rage des Bedarfs k u r z e r h a n d durch Angabe einer Zahl zu be- a n t w o r t e n ; weiB m a n doch, wie auBerordent l ich grog die Zahl der F a k t o r e n ist, die ihn b e s t i m m t . VCenn m a n sich t r o t z aller Bedenken dazu entschliel3t, summar i sch yon Be- da r f zu sprechen und ihn in Mi l l igrammen auszudr t icken, so deswegen, well i rgendeine Richt l in ie e rwt inscht e r sche in t , die

wenigs tens ann~thernd den mi t t l e ren Verh~l tn issen des Lebens R e c h n u n g t r~gt . Es er t ibr ig t sich, noch besonders da r au f h inzuweisen , dab bei Vera~zschlagung des mittleren Vitamin C- Bedar]s mit 50 mg nicht der unterste Grenzwert gemeint sein kann, der un te r besonders gtinstfgen Verh/ i l tn issen viel le icht e imnal Itir beschr~nk te Zei t gerade ausre ichend ist . Unwil l - kfirlich d e n k t m a n b ier an die Frage des Eiweiflminimums. U n t e r b e s t i m m t e n op t ima len Bed ingungen des Lebens geni igt ein verh~ltnism~LBig Meiner ]3etrag yon biologisch hoch- wer t igem EiweiB bei reiehl icher K o h l e h y d r a t z u f u h r , urn uns im St ieks toffgIe ichgewicht zu e rha l t en ; d ieser Be t r ag l iegt bei e twa 17- -19 g. N i eman d wird auf den G ed an k en kommen , diese Menge yon k n a p p 2o g Eiweifl auf die Dauer ftir aus- re ichend zu ha l ten . Nach l~ngerem St re i t t iber das EiweiB- m i n i m u m is t m a n heu te dazu gekommen, das hygienische Eiweifl.minimum (T~o~As) auf e twa 80--90 g zu veranschlagen, w~hrend das theoretische Eiweifiminimum (das u n t e r ganz b e s t i m m t e n op t ima len Bed ingungen e inmal ausre ichend sein kann) a u f 17--19 g angegeben wird. Zwar kann m a n auch mi t k le ineren Mengen als de r ffir das hyg ien i sche Eiweil3- m i n i m u m gefo rde r t en Zahl (yon 8 o - -9 0 g) a u s k o m m e n - - eine Menge yon 3 o - - 4 o g gent igt bei re ichl icher K o h l e h y d r a t - zufuhr of t (sofern nur das Eiweig hoehwer t i g ist) - - , und doch wird auf Grund zahl loser wissenschaf t l icher U n t e r s u c h u n g e n in allen LXndern der ~Velt den Menschen gera ten , e t w a 80 - -9o g Eiweig au fzunehmen . Man weiB zur Genfige, dab die kleinste Unp~Blichkeit , ein ha rmlose r Schnupfen u. dgl., zu Zerfall yon KSrperweiweiB ffihrt . ])as wurde tibrigens auch schon in den b e k a n n t e n Versuchen yon HtNDHEDF. vor einigen J a h r z e h n t e n nachgewiesen . Das Pri~zip der Sicherung verlangt also, daft man seine ~iweifizu/uhr so hoeh wghlt, daft nicht ]ede kteine, unerhebliehe St6rung im AblauJ der Lebensvorg(~.nge Verlust yon K6rpereiweifi zur .Folge hat. Es is t n u n yon h o h e m Interesse , d a b die yon der \ u ge fundenen Zahlen (8o--9o g EiweiB pro Tag als angemessenes E iweiBquantum) als r ich t ig best~ttigt werden durch die be- k an n t e umfassende s ta t i s t i sche Un te r suchung , die se inerzei t ~ I A X t~UBN]ER v o r g e n o m m e n ha t . RIJBN~;R h a t aus d e m N a h r u n g s m i t t e l v e r b r a u c h yon 50o Miltionen Menschen aus- gerechnet , dab in der ganzen W e l t im D u r c b s c h n i t t pro K o p f 28oo Calorien und 84 g Eiweil3 a u f g e n o m m e n werden . Dabei sei be ton t , dab diese Zahl sich i m m e r wieder ergibt , so auBer- o rden t t i ch groB auch sons t die Un te r sch i ede in der A r t d e r VerkSs t igung bei den e inzelnen V6ikern der E rde s ind ; yon den E x t r e m e n nach oben und u n t e n sei h ier n ich t gesprochen. Man mul3 also eine erstauntiche ~bereinstimmung ]eststellen zwischen dem, was die Wissenscha]t au] Grund unzdihliger Ver- suche als das fi4r den Tag empfehlenswerte Eiweifiquantum an- sieht und dem, was sich ergibt, wenn man die tatsdchlichen Er- niitvrungsverh~ttnisse in den versehiedensten Teilen der Erde berfteksichtigt; bier hat sieherlich der menschliche Instinkt richtig gewghlt. \Vir s ind der Meinung, dab ein Ergebnis , zu d e m m a n auf so versch iedene Weise g ek o mmen ist, g rebe ~ b e r z e u g u n g s k r a f t in sich birgt .