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SEITE 2 DIE ZEIT DANACH Ingrid Häußler im Gespräch MITGLIEDERZEITUNG DER SPD HALLE (SAALE) SEITE 10 AUS DER NACHBARSCHAFT Neuer SPD-Stadtverband in Leipzig SEITE 13 BILANZ: WOHNUNGSVERKAUF Erfahrungen der Dresdner SPD INHALT IMPRESSUM EIN.BLICK SEITE 04: Neujahrsempfang der SPD SEITE 04: 20 Jahre friedliche Revolution SEITE 05: Die Arbeiterwohlfahrt SEITE 06: Neuer Vorstand in Neustadt SEITE 06: Tag der Älteren SEITE 07: Friedhof Neustadt SEITE 07: Arbeitsplan AG 60plus SEITE 08: Nein zum Stadionneubau SEITE 08: Internationale Bauausstellung SEITE 09: OV Halle-Süd stellt sich vor RUND.BLICK SEITE 10: Metropolregion Leipzig/Halle SEITE 12: Schwuso-Bundeskonferenz SEITE 12: Bundespolizei verlässt Halle ÜBER.BLICK SEITE 13: Wohnungsverkauf in Dresden SEITE 14: Demokratischer Sozialismus SEITE 14: Zur Bahnprivatisierung SEITE 15: Erneuerbare Energien Gesetz SEITE 16: Tief.punkt - Steuersünder blick.punkt Mitgliederzeitung der SPD Halle (Saale) E-MAIL | [email protected] Herausgeberin SPD Halle (Saale) | Gr. Märkerstr. 6 | 06108 Halle (Saale) V.i.S.d.P. Katja Pähle, Stadtvorsitzende Redaktion Über.Blick: Andrej Stephan | Rund.Blick: Marcus Schlegelmilch Ein.Blick: Katharina Hintz | Kultur: Christopher Kurzke Koordination Finanzen: Christian Weinert | Satz & Layout: Felix Peter Druck Druckerei Teichmann Halle Einschränkungen Die Beiträge geben die private Meinung der Autoren wieder und sind nicht zwangsläufig mit der Meinung der SPD identisch. Die Redaktion behält sich das Recht vor, eingesandte Texte zu bearbeiten und ggf. nur auszugsweise abzudrucken. Die Vervielfältigung ist unter Verwendung eines vollständigen Quellennachweises gestattet. Die Rechte an Wort und Bild liegen beim Stadtverband der SPD Halle (Saale). Jahrgang 2 | I/2008 | 20. 03. 2008 Für Roland Koch war der brutale Überfall auf ei- nen Rentner in München durch zwei jugendliche Täter ein gefundenes Fressen. Sofort sprach er von der Allgegenwärtigkeit der Jugendkriminalität und forderte eine drastische Strafverschärfung der Strafgesetze für Jugendliche. Richtig ist zwar, dass sich die Zahl der durch Jugendliche began- genen Straftaten seit Beginn des Jahrtausends leicht erhöht hat, jedoch sind die wenigsten dieser Straftaten Gewaltverbrechen wie das in München - in der Regel begehen Jugendliche Ladendiebstähle und Leistungserschleichungen. Auch das pauschale Bild des generell krimi- nellen Jugendlichen vermögen die Zahlen der Statistiken nicht zu bestätigen, so bleiben 95 Prozent aller Jugendlichen völlig unauffällig, 75 Prozent der jugendlichen Straftäter haben lediglich einen Eintrag im Bundeszentralregister, wohingegen eine kleine Gruppe von 5-10 Prozent der Täter als so genannte Intensivtäter nahezu 50 Prozent aller begangenen Delikte auf sich vereinigen. Dass Jugendliche auf Grund ihrer star- ken psychischen Anspannung durch die Pubertät, zunehmende Versuchungen in der Werbung und das fortschreitende Versagen von sozialen Stützen anfällig für die Begehung von Straftaten sind, ist nicht erst seit Hessen bekannt. So gaben bei einer Dunkelfelderhebung 90 Prozent aller befragten Jugendlichen zu, schon einmal eine Straftat be- gangen zu haben (leichter Diebstahl, Fahren ohne Führerschein, Leistungserschleichung), nur wur- den die meisten nie erwischt. Jugendkriminalität ist “normal” (Prof. Dr. Kai-D. Bussmann), wie die Zahlen belegen, nur lässt die Begehung von Straftaten für gewöhnlich bei Männern mit dem 20. Lebensjahr nach, bei Frauen eher, und die meisten Jugendlichen werden auch völlig ohne Sanktionen oder Bekanntwerden ihrer Straftat in ihrem späteren Leben zu rechtschaffenen Bürgerinnen und Bürgern. Natürlich regen Straftaten wie die in München zum Nachdenken an, allerdings ist die unüberleg- te Forderung nach härteren Strafen das denkbar falscheste Rezept um Jugendkriminalität zu be- gegnen, denn Jugendstrafrecht ist im Gegensatz BUND. Roland Koch machte das Thema Jugendkriminalität im Wahlkampf zu seinem Top-Thema… und verlor. Was ist dran an den Koch‘schen Theorien, die ganz Deutschland in Aufregung versetzt haben? >> von Ivo Gorisch und Felix Peter, Arbeitsgemeinschaft für Bildung Jugendlich = kriminell? zum Erwachsenenstrafrecht eben gerade kein Tatstrafrecht, in dem die begangene Tat gegen- über der Gesellschaft gesühnt werden soll, es ist Erziehungsstrafrecht, das täterbezogen den de- linquenten Jugendlichen Werte vermitteln und ein Leben innerhalb der gesetzlichen Grenzen aufzeigen, aber auch ermöglichen soll. Wissenschaftliche Studien belegen auch zum Teil recht eindrucksvoll, dass bloße Bestrafungen von Normabweichungen in der Regel nicht zu den gewünschten Konsequenzen führen. Im Gegenteil: In einer Längsschnittstudie von Laub und Sampson aus dem Jahr 1995 konnte sogar gezeigt werden, dass Bestrafung wie z.B. die Inhaftierung von Jugendlichen dazu führt, dass diese im Erwachsenenalter weniger stabile Arbeitsverhältnisse aufweisen und als Erwachsene mehr Straftaten be- gehen (Klinische Psychologie, Davison & Neale, 2002, Beltz PVU). Wenn Strafen nicht helfen, was also dann? Bestes Mittel ist natürlich im- mer noch Prävention, das heißt die Verhinderung davon, dass aus norma- len und für die Entwicklung durchaus wichtigen Regelverstößen in der Jugend kein dauerhaftes Handeln wird. Das Instrument zur Prävention ist die Bildung und die Unterstützung der Familien, denn zwei der stärksten Risikofaktoren für den Beginn einer kriminellen Karriere sind mangeln- de Bildung und niedriger sozioökonomischer Status der Eltern. Bendet sich ein Jugendlicher allerdings bereits auf dem Weg zur Intensivtäterschaft, ist mit Prävention nicht mehr zu helfen. In diesen Fällen muss eine wirkungsvolle Intervention greifen. Das Strafrecht sieht hierfür angemessene Mittel vor, allerdings gibt es hier bei der Umsetzung noch Verbesserungsbedarf. Über diesen und die Verbesserung des Bildungssystems bzw. die Unterstützung benachteiligter Familien wur- de in den letzten Jahren bereits viel diskutiert, nur leider immer wieder ohne wirkungsvolles Ergebnis. Und auch momentan sieht es wie- der ganz danach aus, als würden notwendige Schritte mit Verweis auf den knappen Haushalt nicht in Angriff genommen werden.

Neuer SPD-Stadtverband in Leipzig Erfahrungen der ...Sachsen-Anhalt und nehme an deren Sitzungen teil. Das ist eine Sache, die mir selbst sehr wichtig ist. Was mich persönlich besonders

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DIE ZEIT DANACHIngrid Häußler im Gespräch

MITGLIEDERZEITUNG DER SPD HALLE (SAALE)

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AUS DER NACHBARSCHAFTNeuer SPD-Stadtverband in Leipzig

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BILANZ: WOHNUNGSVERKAUFErfahrungen der Dresdner SPD

INHALT

IMPRESSUM

EIN.BLICK

SEITE 04: Neujahrsempfang der SPD

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SEITE 05: Die Arbeiterwohlfahrt

SEITE 06: Neuer Vorstand in Neustadt

SEITE 06: Tag der Älteren

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SEITE 08: Nein zum Stadionneubau

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RUND.BLICK

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ÜBER.BLICK

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blick.punkt

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SPD Halle (Saale) | Gr. Märkerstr. 6 | 06108 Halle (Saale)

V.i.S.d.P.

Katja Pähle, Stadtvorsitzende

Redaktion

Über.Blick: Andrej Stephan | Rund.Blick: Marcus SchlegelmilchEin.Blick: Katharina Hintz | Kultur: Christopher Kurzke

Koordination

Finanzen: Christian Weinert | Satz & Layout: Felix Peter

Druck

Druckerei Teichmann Halle

Einschränkungen

Die Beiträge geben die private Meinung der Autoren wieder und sind nicht zwangsläufi g mit der Meinung der SPD identisch. Die Redaktion behält sich das Recht vor, eingesandte Texte zu bearbeiten und ggf. nur auszugsweise abzudrucken. Die Vervielfältigung ist unter Verwendung eines vollständigen Quellennachweises gestattet. Die Rechte an Wort und Bild liegen beim Stadtverband der SPD Halle (Saale).

Jahrgang 2 | I/2008 | 20. 03. 2008

Für Roland Koch war der brutale Überfall auf ei-nen Rentner in München durch zwei jugendliche Täter ein gefundenes Fressen. Sofort sprach er von der Allgegenwärtigkeit der Jugendkriminalität und forderte eine drastische Strafverschärfung der Strafgesetze für Jugendliche. Richtig ist zwar, dass sich die Zahl der durch Jugendliche began-genen Straftaten seit Beginn des Jahrtausends leicht erhöht hat, jedoch sind die wenigsten dieser Straftaten Gewaltverbrechen wie das in München - in der Regel begehen Jugendliche Ladendiebstähle und Leistungserschleichungen.

Auch das pauschale Bild des generell krimi-nellen Jugendlichen vermögen die Zahlen der Statistiken nicht zu bestätigen, so bleiben 95 Prozent aller Jugendlichen völlig unauffällig, 75 Prozent der jugendlichen Straftäter haben lediglich einen Eintrag im Bundeszentralregister, wohingegen eine kleine Gruppe von 5-10 Prozent der Täter als so genannte Intensivtäter nahezu 50 Prozent aller begangenen Delikte auf sich vereinigen.

Dass Jugendliche auf Grund ihrer star-ken psychischen Anspannung durch die Pubertät, zunehmende Versuchungen in der Werbung und das fortschreitende Versagen von sozialen Stützen anfällig für die Begehung von Straftaten sind, ist nicht erst seit Hessen bekannt. So gaben bei einer Dunkelfelderhebung 90 Prozent aller befragten Jugendlichen zu, schon einmal eine Straftat be-gangen zu haben (leichter Diebstahl, Fahren ohne Führerschein, Leistungserschleichung), nur wur-den die meisten nie erwischt. Jugendkriminalität ist “normal” (Prof. Dr. Kai-D. Bussmann), wie die Zahlen belegen, nur lässt die Begehung von Straftaten für gewöhnlich bei Männern mit dem 20. Lebensjahr nach, bei Frauen eher, und die meisten Jugendlichen werden auch völlig ohne Sanktionen oder Bekanntwerden ihrer Straftat in ihrem späteren Leben zu rechtschaffenen Bürgerinnen und Bürgern.

Natürlich regen Straftaten wie die in München zum Nachdenken an, allerdings ist die unüberleg-te Forderung nach härteren Strafen das denkbar falscheste Rezept um Jugendkriminalität zu be-gegnen, denn Jugendstrafrecht ist im Gegensatz

BUND. Roland Koch machte das Thema Jugendkriminalität im Wahlkampf zu seinem Top-Thema… und verlor. Was ist dran an den Koch‘schen Theorien, die ganz Deutschland in Aufregung versetzt haben?

>> von Ivo Gorisch und Felix Peter, Arbeitsgemeinschaft für Bildung

Jugendlich = kriminell?

zum Erwachsenenstrafrecht eben gerade kein Tatstrafrecht, in dem die begangene Tat gegen-über der Gesellschaft gesühnt werden soll, es ist Erziehungsstrafrecht, das täterbezogen den de-linquenten Jugendlichen Werte vermitteln und ein Leben innerhalb der gesetzlichen Grenzen aufzeigen, aber auch ermöglichen soll.

Wissenschaftliche Studien belegen auch zum Teil recht eindrucksvoll, dass bloße Bestrafungen von Normabweichungen in der Regel nicht zu den gewünschten Konsequenzen führen. Im Gegenteil: In einer Längsschnittstudie von Laub und Sampson aus dem Jahr 1995 konnte sogar gezeigt werden, dass Bestrafung wie z.B. die Inhaftierung von Jugendlichen dazu führt, dass diese im Erwachsenenalter weniger stabile

Arbeitsverhältnisse aufweisen und als Erwachsene mehr Straftaten be-gehen (Klinische Psychologie, Davison & Neale, 2002, Beltz PVU).

Wenn Strafen nicht helfen, was also dann? Bestes Mittel ist natürlich im-mer noch Prävention, das heißt die Verhinderung davon, dass aus norma-

len und für die Entwicklung durchaus wichtigen Regelverstößen in der Jugend kein dauerhaftes Handeln wird. Das Instrument zur Prävention ist die Bildung und die Unterstützung der Familien, denn zwei der stärksten Risikofaktoren für den Beginn einer kriminellen Karriere sind mangeln-de Bildung und niedriger sozioökonomischer Status der Eltern.

Befi ndet sich ein Jugendlicher allerdings bereits auf dem Weg zur Intensivtäterschaft, ist mit Prävention nicht mehr zu helfen. In diesen Fällen muss eine wirkungsvolle Intervention greifen. Das Strafrecht sieht hierfür angemessene Mittel vor, allerdings gibt es hier bei der Umsetzung noch Verbesserungsbedarf. Über diesen und die Verbesserung des Bildungssystems bzw. die Unterstützung benachteiligter Familien wur-de in den letzten Jahren bereits viel diskutiert, nur leider immer wieder ohne wirkungsvolles Ergebnis. Und auch momentan sieht es wie-der ganz danach aus, als würden notwendige Schritte mit Verweis auf den knappen Haushalt nicht in Angriff genommen werden.

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blick.punkt Halle | I/2008

Im Blick.punkt

IN EIGENER SACHE...

Liebe Leserin, lieber Leser,

der Frühling naht, die erste Ausga-

be des blick.punkt Halle liegt vor. Wir

gewähren auch in dieser Ausgabe

Ein.Blicke in das Geschehen der hal-

leschen SPD, Rund.Blicke in überre-

gionale Sparten, die eng mit der SPD

verbunden sind, und Über.Blicke über

Themen von bundesweiter Tragweite,

die es auch in Halle zu diskutieren gilt.

Im blick.punkt steht diesmal Ingrid

Häußler, die der Redaktion geduldig

Rede und Antwort gestanden hat.

Auch in dieser Ausgabe haben wir

hoffentlich den Nerv der geneigten

Leserschaft getroffen und eine viel-

fältige Auswahl an Themen aufbe-

reitet. Besonders hingewiesen sei

auf die Artikel der SPD-Stadträtin aus

Dresden, Sabine Friedel, zum dorti-

gen Wohnungsverkauf, den die SPD

sicher aus guten Gründen abgelehnt

hat, sowie den Aufruf des Stadtvor-

sitzenden der – neuen – SPD Leipzig,

Gernot Borriss.

Der blick.punkt etabliert sich zu-

nehmend in der Mitgliedschaft, das

vernehmen wir durchaus mit gewis-

ser Freude. Über die Hälfte der abge-

druckten Artikel stammt von Autoren

„außerhalb“ der Redaktion. Und das

fi nden wir gut so! Der blick.punkt will

aus der Mitgliedschaft für die Mit-

gliedschaft berichten und jeder der

Interesse hat, möge sich aufgerufen

verstanden, seinen Beitrag zu leisten

– auch wenn dieser nicht umgehend

abgedruckt werden kann. In der vor-

liegenden Ausgabe haben wir mehre-

re Beiträge gekürzt und mussten den-

noch einige zurückstellen und in die

kommende Ausgabe verschieben.

Damit können wir jetzt schon span-

nende Beiträge für den nächsten

blick.punkt ankündigen, wünschen

nun aber erstmal informative Gewin-

ne bei der Lektüre dieser Ausgabe.

Die Redaktion

2

HALLE. Seit knapp einem Jahr ist Ingrid Häußler - ehemalige Regierungspräsidentin, Ministerin und Oberbürgermeisterin - im Ruhestand. Von ihrem „neuen Leben“ und ihrem neuen Blick auf das politische Geschehen in der Stadt, im Land und im Bund berichtete die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende im Gespräch mit dem blick.punkt.

>> das Gespräch führten Marcus Schlegelmilch und Felix Peter

Die Zeit danach - Ingrid Häußler im Gespräch

Liebe Ingrid, was würdest Du tun, wenn Du noch einmal für einen Tag Oberbürgermeisterin sein könntest?

Das ist eine ausgesprochen schwere Frage! Was würde ich als Erstes tun? Ich würde versuchen eine Pressekon-ferenz einzuberufen, um noch einmal über die Vorzüge und Stärken der Stadt zu diskutieren. Denn ich stelle fest, dass Halle immer noch zu wenig mit seinen Stärken und Vorzügen in der Öffentlichkeit bekannt ist - bei den Einheimischen, aber vor allen Dingen jedoch überregional. Wir haben uns viel Mühe gegeben ins Gespräch zu kommen, aber man stellt immer wie-der fest, dass das nicht ausreicht, um tatsächlich das, was Halle an Stärken hat, in die Welt zu tragen. Dafür muss weiterhin etwas getan werden.

Wenn Du jetzt zurück schaust: Was war der wichtigste Erfolg bzw. Ent-schluss in deiner Amtszeit?

Was mir wichtig gewesen ist, war zum einen das Thema Bürgerbeteili-gung. Für mich ist damals im Wahl-kampf herausgekommen, dass viele frustriert waren und gesagt haben, DIE wollen von uns nichts hören und wissen und man bekommt kaum Ge-legenheit sich zu beteiligen. Deshalb habe ich überlegt, wie man das ändern kann. Das Thema Stadtteilkonferenzen war ein Erfolg. Das wurde ja auch sehr anerkannt von den Bürgern.

Ein weiter Punkt ist das Thema Stadt-umbau, wo Halle ja auch besondere Probleme hat. Ich denke, dass wir da viel geleistet haben, denn die Stadt Halle ist immer wieder bundesweit genannt worden als Beispiel dafür, wie man mit dem Stadtumbau umgehen kann. Mir war es wichtig von dieser Negativ-Schlagzeile wegzukommen: Halle wird immer kleiner und wir müs-sen nur abreißen; hin zu der Frage: Wie geht man kreativ mit solch einem Pro-blem um?

Du bist stellvertretende Landesvorsit-zende: Welchen Politikfeldern gilt jetzt Dein besonderes Interesse bzw. wofür bist Du zuständig im Landesvorstand?

Meine Zuständigkeiten liegen natür-lich bei der Kommunalpolitik. Aktuell bin ich auch in die anstehende Orts-vereinstour eingebunden, wo es darum geht, dass sich Landesvorstandsmit-glieder und Bundestagsangehörige bei den Ortsvereinen blicken lassen, um die Nähe zwischen Basis und denen, die in Ämtern sind, herzustellen. Das

Kommunale ist dennoch mein Haupt-thema. Ich bin weiterhin zuständig für die Städte- und Gemeindekonferenz in Sachsen-Anhalt und nehme an deren Sitzungen teil. Das ist eine Sache, die mir selbst sehr wichtig ist. Was mich persönlich besonders interessiert, wo ich aber jetzt nicht tätig bin, ist das Thema Bildung. Ich denke, dass wir hierbei eklatanten Nachholbedarf ha-ben, was Veränderung angeht.

Im Jahr 2009 stehen uns gleich drei Wahlen bevor: in Europa, im Bund und auf kommunaler Ebene. Wenn Du Dir die SPD im Land und in der Kommune anschaust, wie schätzt Du ihre Chan-cen ein?

Fangen wir doch mal bei der Kom-munalpolitik an. Man muss ganz offen sagen, dass wir hier in Halle keine all-zu gute Ausgangsposition haben. Wir sind nur dritte Kraft und ich denke, hier haben wir es vor allem nötig, kla-re Themen aufzugreifen und an diesen dran zu bleiben. Ich würde es z. B. be-fürworten, wenn jeder Ortsverein ein Thema aufnehmen könnte und versu-chen würde damit in seinem Stadtteil wahrgenommen zu werden. Denn das ist ja das Problem, woran alle Parteien kranken: die Wahrnehmung durch den Bürger verbunden mit der Besetzung von Themen.

In der Stadt sind das vielleicht nicht einmal so sehr die großen gesellschaft-lichen Polit-Themen, sondern die klei-nen Fragen vor Ort, die im Stadtteil eine Rolle spielen. Denn das ist mir aus meiner Oberbürgermeisterzeit vor allem in Erinnerung geblieben: dass die Menschen sich für ihren Stadtteil interessieren. Wenn die Bürgernähe in

dieser Form geschaffen werden wür-de, dann haben wir Chancen in Halle stärker zu werden als die anderen Par-teien. Aber das kostet natürlich Kraft und Fleiß und fordert ein offensives Zugehen auf die Bürger.

Im Land denke ich, dass das Thema Bildung zentral ist. Die Situation, in der sich unsere Schulen befi nden, kann so nicht bleiben. Die SPD hat ja ganz kla-re Vorstellungen, wie z. B. das längere, gemeinsame Lernen. Mir geht es aber auch darum, die Inhalte der Lehrplä-ne zu ändern. Wir sehen ja, dass viele Menschen im täglichen Leben versa-gen und ich denke weitergehend, dass die Schule zu wenig Praktisches bietet für das später folgende Leben.

In unserer Partnerstadt in Oulu (Finnland) ist mir bei Schulbesichti-gungen aufgefallen, dass die Schüler mehr für das Leben mit auf den Weg bekommen. Auffällig war z.B. die star-ke Bindung der Schüler an ihre Schule. Wir haben uns gewundert, warum die Schulen so sauber sind. Jedes Jahr, wenn das Schuljahr zu Ende ist, wird die Schule gemeinsam von Lehrern, Schülern und Eltern renoviert. Das verbindet alle miteinander! Man kann vieles von Finnland lernen. Aber das sind nur einige Aspekte. Es geht um die Gesamtheit des Themas und vor allem um die Stärkung der sozialen Kompe-tenzen der Schüler.

Ein besonderes Thema für mich als Hallenserin ist das der Stärkung der Oberzentren. Da bin ich sehr frustriert, was unsere SPD angeht. Das Thema kann man zur Zeit gar nicht anspre-chen, weil wir in der Regierung betei-ligt sind und weil die Koalition sich auf ein bestimmtes Vorgehen verständigt hat. Dieses Vorgehen widerspricht im Übrigen - nach meiner Ansicht - dem Koalitionsvertrag. Wir in Halle müssen darauf hin arbeiten, dass das Thema „Stärkung der Oberzentren“ ein zent-rales im Wahlkampf wird. Außerdem fi nde ich, dass man für dieses Ziel auch überparteilich werben kann und soll-te. Alle, die dafür sind, sollten die Kraft aufbringen bei diesem Thema einen Schulterschluss zu wagen.

Bleiben wir in der Kommune. Sollte die Stadt-SPD nicht Wege fi nden, um sich mit weiteren gesellschaftlichen Grup-pen und Vereinen hier vor Ort auszu-tauschen?

Das halte ich durchaus für eine gute Möglichkeit um als SPD wirksamer zu

Kommunalpolitik kostet Kraft und Fleiß und fordert ein offensives

Zugehen auf die Bürger!Ingrid Häußler

ehem. hallesche Oberbürgermeisterin

Ingrid Häußler im Gespräch mit Redakteur Mar-cus Schlegelmilch (Bild: F. Peter).

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blick.punkt Halle | I/2008

Im Blick.punkt 3

sein. Denn wir sind ja an sich nicht so stark und können nur bedingt alleine etwas bewegen. Mit einer uns nahe stehenden Organisation ein Thema zu besetzen und dieses Projekt zu be-fördern, das könnte gut funktionieren. Ein Vorteil dabei ist, dass wir kräf-tiger und wirkungsvoller auftreten könnten, als wir gerade sind. Wir sind zwar, was die Funktionen in der Stadt angeht mit Oberbürgermeisterin und Beigeordneten gut aufgestellt und vertreten, doch dieses eigentlich gute Bild spiegelt sich eben nicht in der Wahrnehmung der SPD in der Stadt wider. Diese Diskrepanz aufzulösen ist nicht einfach, weil es Mitglieder ande-rer Parteien verstanden haben, sich in bestimmte Vereine einzubringen und dort zu etablieren.

In allen Diskussionen kommen wir immer auf das Geld zu sprechen. Ab wann ist aus Deiner Sicht der Punkt überschritten, wo eine „simple“ Kos-ten-Nutzen-Rechnung ein wichtiges Projekt nicht verhindern sollte?

Das ist natürlich eine schwierige Frage an eine ehemalige Oberbürger-meisterin, die es gelernt hat vor allem auf das Geld zu schauen. Ich denke, es ist erstmal wichtig mit dem auszu-kommen, was man hat. Das heißt aber auch, dass man sich entscheiden muss, wofür man das Geld ausgibt. Es gibt Felder, wo man Geld ausgeben muss. In Halle ist ein Schwerpunkt die Kultur und ein weiterer müssen die Familien sein. Das ist für die Kommune Halle ein sehr wichtiges Thema, weil es ver-mehrt Familien gibt, die mit dem Le-ben hier schwer zurecht kommen. Da-raus resultieren Probleme ohne Ende. Weil die Kinder aus diesen Familien uns zumeist auch wieder als Empfän-ger staatlicher Hilfen begegnen. Prä-vention ist hier das Gebot.

Die Folge davon ist jedoch, an einer anderen Stelle zu sparen. Wenn ich z. B. an den Sport denke, und meine Mei-nung hierzu ist sicher nicht allzu popu-lär, dann muss ich gestehen, dass sich auch unter meiner Führung hierbei zu wenig getan hat. Wir haben in Halle zu viele prominente Sportarten, die aus der Historie gewachsen sind! Die Olympia-, Bundes- und Landesstütz-punkte können in dieser Form so nicht erhalten werden, weil das dazu führt, dass wir eine breite Infrastruktur be-zahlen müssen und diese so nicht fi nanzieren und erhalten können. In Halle muss man im Bereich des Sports den „Mut zur Lücke“ haben. Hier sind die großen, halleschen Sportvereine gefragt, denn der Stadtsportbund al-leine kann das nicht leisten.

Insgesamt muss man sich sagen, man macht ein bis zwei Sachen auf hohem Niveau in dem Bewusstsein,

dass man damit bestimmte Anliegen nicht fördert und sich damit auch Kri-tik einhandelt, aber man schafft auf der anderen Seite Dinge von höchster, umfassender Qualität. Dazu benötigt man aber eine Strategiedebatte. Um diese kommt unsere Stadt nicht um-hin, weil man dafür in der Zukunft be-lohnt wird.

Du hast sie schon angesprochen - die Stadtteilkonferenzen. Sind diese ein probates Mittel, um dem Problem der Politikverdrossenheit im Land zu be-gegnen?

Ganz klar: Ich bin überzeugt, dass dies ein Mittel ist. Es erfordert aber eine Menge Sorgfalt. Man darf die Menschen nicht vor den Kopf stoßen und verärgern. Wenn man sich erst anbietet und sagt: „ich biete Euch ein Forum“, dann muss man die Probleme sauber abarbeiten. Die Bürger kontrol-lieren das auch. Ich denke, dass wir da ein gutes System hatten. Wir haben zu Beginn einer solchen Konferenz immer eine Bilanz vorgestellt mit den Punkten, die erledigt bzw. nicht erle-digt werden konnten. Diese Foren sind aber auch dazu da, das zu sagen, was man nicht leisten kann. Solch direkte Ansagen akzeptieren die Menschen besser, als hingehalten zu werden.

Weiterhin muss für die Bürgernähe das Bürgerbüro gut funktionieren und arbeiten. Die Bürger sollen das Gefühl haben, hier ist ein offenes Rathaus mit offenen Ohren der Angestellten. Das in der Stadt schlummernde Krea-tivitätspotenzial wird dadurch unter-stützt und gefördert.

Bundespolitisch gibt es derzeit nur ein Thema: den Umgang mit der Linkspar-tei. Ist die SPD im Umgang mit diesem Thema nicht äußerst ungeschickt?

Dem stimme ich vollkommen zu. Ungeschickt zu sagen, heißt zu unter-treiben. Es lief in letzter Zeit oft genug sehr tapsig. Das hat uns geschadet.

Ich wünsche mir einen offeneren Umgang und mehr offene Diskussionen. Zuletzt habe ich im Fernsehen Klaus Wowe-reit gesehen. Er hat mir ausgesprochen gut gefallen. Er lässt sich hierbei ganz einfach nicht in die Ecke drängen. Oft genug passiert uns aber genau dies. Man könnte fast glauben, dass wir uns für irgendetwas verteidigen müssten. Das ist aber überhaupt nicht der Fall! Wir müssen offener sein nach einer Wahl. Das heißt aber auch, sich im Vorfeld Möglichkeiten offen zu halten. Entscheidend bei Koalitionen müssen immer die Sachfragen sein.

Ich habe immer gesagt, dass ich eine Neuaufl age des Tolerierungsmodells nicht will, weil man da wenig umset-zen kann. Schauen wir zum rot-roten Senat in Berlin: die Linkspartei ist re-gierungsfähig und kann gemeinsam mit der SPD die Finanzen konsolidie-ren. Die Polemik der Linkspartei wird damit demaskiert. Ich sage: Liebe SPD, sei offen und diskutiere offen und ma-che eine Zusammenarbeit immer ab-hängig von den Sachfragen.

Schließen wir den Kreis und kehren noch einmal zu Dir als Privatperson zu-rück. Du bist seit einem Jahr ins Privat-leben entlassen. Was hat sich in Halle und für Dich ganz persönlich verändert seit Deinem Ausscheiden?

In Halle bin ich nun als Privatperson unterwegs. Ich stelle aber fest, dass ich es noch viel zu wenig bin. Denn wenn ich durch die Stadt gehe, bin ich immer noch eine sehr öffentliche Person, jeder erkennt mich. Was ich schön fi nde, ist, dass mich heute mehr Menschen grüßen, als zu Zeiten als ich noch im Amt war. Das strahlt schon eine gewisse Freundlichkeit aus und das tut mir ganz gut. Sagen wir mal so: Ich versuche eine Privatperson zu werden und hoffe, dass mir das mehr und mehr gelingt. Ein Problem habe ich nicht damit, nun nicht mehr in der ersten Reihe zu sitzen, sondern ich ge-nieße es, unbeachtet da zu sitzen und wie ein normaler Bürger Dinge wahr-zunehmen.

Wenn man immer die Nr. 1 ist, nimmt man die Dinge schon ganz anders wahr, weil man weiß, dass man im-mer gleich eine Antwort parat haben muss. In den Ämtern als Oberbürger-meisterin, Regierungspräsidentin und Ministerin musste ich überparteilich handeln - zu Recht, sonst wird man nicht gewählt. Das hat dann auch zu Konfl ikten mit der Partei geführt. Nun kann ich mich politisch klarer positio-nieren, als es vorher der Fall war. Das fi nde ich schön!

Liebe Ingrid! Wir danken Dir vielmals für das Gespräch!

Entscheidend bei Koalitionen müssen immer Sachfragen sein - Ingrid Häußler nimmt Stellung zum Umgang mit der Linkspartei (Bild: F. Peter).

Liebe SPD, sei offen, diskutiereoffen und mache eine Zusammen-arbeit von Sachfragen abhängig.

Ingrid Häußler stellv. SPD-Landesvorsitzende

KALENDERBLATT

Am 26. Juli würde Salvador Allende Goosens

(1908-1973) einhundert Jahre alt. Damit ist der

Anlass benannt, sich dem ehemaligen Staatsprä-

sidenten Chiles in dieser Ausgabe des Kalender-

blattes erinnernd zu widmen.

Der promovierte Arzt Allende, seit 1937 Be-

rufspolitiker und vor seiner Wahl zum Präsiden-

ten 1970 auch schon Parlamentsabgeordneter,

Senator und Minister, wurde in der DDR gern

als das erste sozialistische Staatsoberhaupt der

westlichen Hemisphäre bezeichnet. Mit Recht?

Sicher, aber ganz gewiss nicht im staatssoziali-

stischen Sinne, was die Rolle der DDR als Exilland

für viele Chilenen nach dem mutmaßlich von

der CIA koordinierten Militärputsch Pinochets

am 11.09.1973, bei dem Salvador Allende Selbst-

mord beging, aber keineswegs schmälern soll.

Allende war ein Schwärmer und Träumer, der

beim Gedanken, dass Kleinkinder hungerten

und an mangelnder medizinischer Versorgung

litten, während Großkonzerne die Gewinne chi-

lenischer Bodenschätze abgriffen, nur schlecht

schlafen konnte. Allende deshalb in der Rück-

schau als großen Kämpfer für Frieden und So-

zialismus zu preisen und zu verklären, ist sicher

fragwürdig – Widerstand gegen seine Politik

war auch vor dem September 1973 nicht nur von

rechts, sondern auch unter denen laut gewor-

den, denen er eigentlich Wohltaten bescheren

wollte. Allende war ein Humanist und ein Linker.

Seine Wirtschaftspolitik zielte in erster Linie

auf die Verstaatlichung chilenischer Schlüssel-

industrien, die sich noch in post-kolonialer Ab-

hängigkeit von US-amerikanischen Konzernen

befanden – und stürzte am Ende auch über die

Wirtschafts- und Handelsembargos der Verei-

nigten Staaten. Seine Sozialpolitik, mit den aus

der Verstaatlichung etwa des Kupferbergbaus

resultierenden Erlösen fi nanziert, beweist letzt-

lich in erster Linie das erschreckend erbärmliche

Niveau Chiles vor 1970.

Warum taucht Allende darüber hinaus an

dieser Stelle auf, vom runden Geburtstag abge-

sehen? Weil ihm das Schmieden einer Volksfront

zuzuschreiben ist, gegen die auch in diesen Ta-

gen – etwa seitens der CSU – so gern gepoltert

wird: In einem sehr abstrakten Sinne also die

Schaffung einer Mehrheit „jenseits der Union“.

Und in diesem Sinne können wir von Allende

lernen, dass eine Kooperation über bekannte

Koalitionen hinweg nicht nur das schlagzei-

lentaugliche Spekulieren als Basis haben darf,

sondern ein defi niertes Set gemeinsamer Ziele

in einem zeitlich überschaubaren Rahmen ein-

fordert – ein „Venceremos“, wie Allende selbst es

wohl genannt hätte.

von Andrej Stephan

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blick.punkt Halle | I/2008

Ein.Blick

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VORSTANDFelix Peter (Vors.)

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[email protected]

0163 2824943

AG SOZIALDEMOKRATISCHER JURISTEN SACHSEN-ANHALT-SÜD

SPRECHERThomas Wünsch

[email protected]

ARBEITSKREIS KULTURDER STADTRATSFRAKTION

VORSITZENDERGünter Kraus

[email protected]

AK STADTENTWICKLUNGDER STADTRATSFRAKTION

VORSITZENDERRalf Müller-Gerberding

[email protected]

4

HALLE. In diesem Jahr mit etwas Verspätung fand der Neujahrsempfang der SPD Halle im Christian-Wolff-Haus statt. Die Einladung ging in diesem Jahr nicht nur an Gäste, sondern an alle Mitglieder der halleschen SPD und es folgte eine große Zahl der Einladung.

>> von Katharina Hintz, Redaktion blick.punkt Halle

Alle Jahre wieder - Neujahrsempfang der SPD

Am 01. Februar 2008 lud die Halle-sche SPD in das Stadtmuseum ein. Ein Neujahrsempfang mit ein biss-chen Verspätung, mögen viele ge-dacht haben, aber Gottfried Koehn begründete dies in seiner Rede da-mit, dass wir nicht mehr in das alte Jahr zurückblicken müssen, sondern schon auf den guten Start ins Jahr 2008 zurückschauen können. Wie es für einen Neujahrsempfang üblich ist, waren nicht nur Mitglieder un-serer Partei zu Gast, in diesem Jahr wurde die gesamte Mitgliedschaft eingeladen, sondern auch Gäste aus anderen Parteien, dem Stadtrat, Ge-werkschaften und viele mehr. Die Stadtvorsitzende Katja Pähle ließ es sich nicht nehmen, die Gäste zu begrüßen. Dabei blickte sie kurz zu-rück auf das ruhige vergangene Jahr, ließ aber bei der Vorschau erkennen, dass die Verschnaufpause vorbei ist. Das Jahr 2008 sieht zwar aller Wahr-scheinlichkeit auch keine Wahlkämp-fe vor, aber es ist das wichtige Jahr zur Vorbereitung des Wahljahres 2009. Das 2020-Papier wird fertig gestellt werden und in der Mitglied-

schaft diskutiert werden. Das Jahr 2008 soll ein Jahr der Kommunikati-on werden, wobei nicht nur geredet, sondern auch gestritten und disku-tiert werden darf. Der Dialog liegt im Vordergrund. Nicht zu vergessen, der Blick.punkt als „das“ Kommunikati-onsmittel, welcher 2007 erstmalig erschien.

Auf die Stadtvorsitzende folgt der Fraktionsvorsitzende Gottfried Koehn, der darauf hinweist, dass sich die Riege der Dezernenten immer mehr vervollständigt, der Haushalt steht und die Neugestaltung der Kul-turlandschaft in Angriff genommen wurde. Er lässt es sich auch nicht nehmen, dem Stadtmuseum ein Ge-schenk für die Gastfreundschaft zu überreichen, einen Pokal, mit dem 1899 Radsportler geehrt wurden. Dagmar Szabados fordert alle Stadt-räte die gleichzeitig Landtagsab-geordnete sind auf, sich stärker für Halle in Magdeburg einzusetzen und mehr für Halle zu sprechen.

Aber warum wird jedes Jahr dieser Aufwand betrieben, damit sich „Neu-jahrsempfangshopper“ mehrmals an

üppigen Buffets bedienen? Natürlich nicht nur das. Ein Neujahrsempfang ist nötig, denn dadurch sagt man schon am Anfang des Jahres, dass man noch da ist und vor allem, dass man als Partei auch in diesem Jahr auf die Geschicke der Stadt wirken möchte.

Wie das Wort Neujahrsempfang aber sagt, fi ndet der Empfang zu Be-ginn des Jahres statt, was passiert aber darüber hinaus? Wann sind von der SPD Pressemitteilungen zu lesen, wann wird über Anfragen der Frak-tion im Stadtrat berichtet und wann wird die SPD in der Öffentlichkeit wahrgenommen, der Öffentlichkeit, die bei uns in 2009 bei wichtigen Wahlen ihr Kreuz machen soll? Wir dürfen nicht erst wieder zu Beginn 2009 damit anfangen, in der Stadt sichtbarer zu werden, wenn jeder schon das laue Lüftchen des Wahl-kampfes spürt. Also vielleicht star-ten wir wieder beim Herz-Kreislauf, beim Schlauchbootrennen, beim Drachenbootrennen, gestalten En-ten beim Entenrennen oder, oder, oder.

Ein nachhaltiges Erinnern muss gut

vorbereitet werden. Deswegen ha-

ben sich bereits vor mehreren Mona-

ten Menschen in Halle zusammen-

gefunden, um darauf hin zu arbei-

ten. Es handelt sich um rein bürger-

schaftliches Engagement. Wir sind

von niemandem eingesetzt worden

und keinem Rechenschaft schuldig,

auch nicht abhängig von einzelnen

Institutionen, erhalten aber vielfäl-

tige Unterstützungen und Zuspruch:

Das reicht vom Ministerpräsidenten

des Landes Sachsen-Anhalt über un-

sere Oberbürgermeisterin Dagmar

Szabados, der Stiftung Aufarbei-

tung mit Sitz in Berlin, der Gedenk-

stättenstiftung Sachsen-Anhalt, der

Stasi-Behörde, den städtischen Ein-

HALLE. Im Herbst 2009 jährt sich bereits zum 20. Mal alles, was wir als „friedliche Revolution“ zusammenfassen. Das soll gefeiert werden! Waren es doch großartige Ereignisse, die niemand vergisst, der mitgewirkt hat oder in irgendeiner anderen Weise mittendrin steckte. Und war es doch der Ausgangspunkt für alles, was nachher kam, uns Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit brachte, also den meisten Menschen großartige neue Möglichkeiten eröffnete.

>> von Rüdiger Fikentscher, Arbeitsgruppe 20 Jahre „friedliche Revolution“

Schritte zur Freiheit – Herbst ´89 in Halle

richtungen wie Stadtmuseum und

-archiv, natürlich auch dem Mittel-

deutschen Rundfunk und der Mittel-

deutschen Zeitung.

Doch wie erinnert man angemes-

sen und nachhaltig? Unsere Zielgrup-

pe sind nur zum Teil diejenigen, die

dabei gewesen sind, sondern beson-

ders jene, die während der letzten 20

Jahre nach Halle kamen, und die un-

ter 30-Jährigen, denen logischerwei-

se die eigene Erinnerung fehlt.

Unser Ausgangspunkt ist die Fest-

stellung, dass es in Halle viele Orte

und Daten gibt, die im Herbst 1989

wichtige Teile der „friedlichen Revo-

lution“ waren. Mit ihnen verbunden

sind die Namen von Personen und

Gruppen, die den Prozess aus un-

terschiedlichen Positionen heraus

und auf verschiedene Weise voran-

gebracht haben. Daran soll an ver-

schiedenen Orten ganz speziell erin-

nert werden. Es bedarf aber zugleich

einer Konzentration, um den gesam-

ten Vorgang möglichst geschlossen

darzustellen. Dazu eignet sich der

26. Oktober 1989 im Volkspark be-

sonders gut, denn an diesem Tage

trat erstmals das Volk in einer grö-

ßeren Versammlung den Machtha-

bern gegenüber und meldete seine

Ansprüche an. Dies ist ein spezielles

hallesches Datum und war offenbar

auch DDR-weit ein sehr früher Ter-

min für dergleichen. Deshalb soll an

diesem Montag im Oktober 2009 im

Volkspark eine Jubiläumsveranstal-

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blick.punkt Halle | I/2008

Ein.Blick

ARBEITSGEMEINSCHAFTJUSOS IN DER SPD

VORSTANDAndrej Stephan (Vors.)Stefan LehmannFelix Peter

[email protected] 22858340

ARBEITSKREISSCHWUSOS IN DER SPD

VORSTANDMarcel DörrerJens AbendrothChristian Weinert

KONTAKTwww.schwusos-sachsen-anhalt.blogspot.comschwusos-halle@arcor.de

ARBEITSGEMEINSCHAFT60PLUS IN DER SPD

VORSTANDNorwin Dorn (Vors.)Hannelore SchneiderJürgen RichterKlaus HopfgartenWolfgang WilleGerhard VoigtKlaus-Dieter Weißenborn

[email protected]

SOZIALDEMOKRATISCHEHOCHSCHULGRUPPE

SPRECHERSebastian Wornien

[email protected]

5

In den neuen Bundesländern kennt

man die Arbeiterwohlfahrt vor al-

lem als Träger von Einrichtungen

und sozialer Dienste, wo vielfältige

soziale Dienstleistungen insbeson-

dere im Bereich der Altenhilfe und

Kinder- und Jugendhilfe professio-

nell angeboten werden. Weniger

verankert im Bewusstsein der Öf-

fentlichkeit und auch im Verband

selbst ist die Arbeiterwohlfahrt als

politischer Mitgliederverband, der

den Anspruch erhebt, die Interessen

benachteiligter Bürger zu vertreten,

die ansonsten im System der Inter-

essenvertretung kein Gehör fi nden

und dem sich Einzelmitglieder an-

schließen, weil sie sich den wertebe-

zogenen Vorstellungen verbunden

fühlen. Dass der Aufbau der Arbei-

terwohlfahrt hier weitgehend unab-

hängig von sozialen, politischen und

verbandlichen Traditionen erfolgte,

hat eine Orientierung an betriebs-

wirtschaftlichen und effi zienzori-

entierten Organisationsvorstellun-

gen begünstigt. Dabei ist die Inte-

ressenvertretungsfunktion und die

Förderung des Ehrenamtes, sowohl

das traditionelle in den Ortsvereinen

der AWO als auch das bürgerliche

Engagement in den Hintergrund ge-

rückt bzw. hat sich nur rudimentär

entwickelt. Aber auch in den alten

Bundesländern hat die Entwicklung

im Sozialsektor zu „mehr Markt und

Wettbewerb“ dazu geführt, dass die

sozialen Dienstleistungsunterneh-

men gegenüber dem Idealverein an

Bedeutung gewonnen haben.

In den Grundsätzen und Eckpunk-

Die AWO - ein (sozial-)politischer MitgliederverbandAWO. „Unser Problem ist nicht unsere Vergangenheit. Zu der können wir stehen. Unser Problem ist unsere Zukunft. Werden wir ihr gewachsen sein?“ (C. Wolfgang Müller zum 75. Geburtstag der AWO).

>> von Barbara Höckmann, Vorsitzende AWO-OV Halle Nord

ten zur Verbandsentwicklung, die

auf der Sonderkonferenz in Magde-

burg 2007 verabschiedet wurden,

hat die Arbeiterwohlfahrt erkannt,

dass sie sich zukünftig wieder stär-

ker als sozialpolitischer Akteur und

anwaltschaftlicher Vertreter für

sozial benachteiligte Bevölkerungs-

gruppen in unserer Gesellschaft pro-

fi lieren muss.

Derzeit erleben sozialpolitische

Themen bedauerlicher Weise eine

Renaissance. Unsere Gesellschaft

wird immer ungleicher, die Kluft

zwischen arm und reich immer grö-

ßer. Angesichts einer Sozialpolitik,

deren Wirkungen die Substanz der

Menschenwürde angreift, hat die

Arbeiterwohlfahrt, nimmt sie ihr

Leitbild ernst, diese zu schützen.

Und da stellvertretende Interessen-

vertretung immer nur die zweitbes-

te Lösung ist, sollte dies möglichst

mit den Betroffenen gemeinsam

passieren. Einen kleinen Schritt in

diese Richtung haben wir mit unse-

rer „unabhängigen Sozialberatung“

in Halle getan.

Im Oktober 2004 haben wir als

Ortsverein Halle-Nord mit dem Pro-

jekt „unabhängige Sozialberatung“

zu Fragen zum SGB-II-Grundsiche-

rung für Arbeitssuchende - besser

bekannt als Hartz IV - begonnen,

welches am 01.01.2005 in Kraft ge-

treten ist. Hier arbeiten 20 bis 25

StudentInnen, Berufstätige, Rentne-

rInnen, ALG-I- und ALG-II-BezieherIn-

nen ehrenamtlich im Projekt und be-

raten BürgerInnen im Café 22 in der

August-Bebelstr. 22 donnerstags von

9 -13 Uhr bei der Antragstellung von

Leistungen, überprüfen Leistungs-

bescheide und unterstützen bei der

Durchsetzung der Rechtsansprüche,

die den Leistungsberechtigten all

zu oft verwehrt werden. Unsere Be-

fürchtungen, die mit der Einführung

des Gesetzes verbunden waren,

haben sich bestätigt. Nicht nur das

SGB II selbst in seiner Ausgestaltung,

sondern gerade auch seine Umset-

zung sind mehr als fragwürdig.

Begleitet war die Einführung des

SGB II von einer Diffamierungskam-

pagne gegen arbeitslose Menschen,

die immer wieder neu entfacht

wird. Bezeichnungen wie Sozialsch-

marotzer, arbeitsscheues Gesindel,

Abstauber u. ä. sind an der Tagesord-

nung und werden von den Medien

öffentlichkeitswirksam aufgegrif-

fen. Auch hier ist eine Unterstützung

der Betroffenen notwendig und gilt

es anwaltlich Positionen zu bezie-

hen. Trotz unseres niedrigschwelli-

gen Angebotes erreichen wir noch

immer zu wenige Menschen. Scham,

Unsicherheit und Resignation spie-

len dabei eine wesentliche Rolle.

Die Ergebnisse nach mehr als drei

Jahren Beratungsarbeit und rund

3000 Beratungen zeigen jedoch ein

anderes Bild als uns von den Medien

suggeriert wird: Leistungen werden

verweigert, in unzureichender Höhe

bewilligt, Ansprüche ohne Prüfung

abgewiesen bzw. über Rechtsan-

sprüche bzw. Rechtsbehelfe nicht

informiert. Die Bearbeitung von An-

trägen und Widersprüchen dauert

nach wie vor zu lange und von den

tung größeren Umfangs als Auftakt

zu mehreren Erinnerungstagen – es

wird sich wohl um zwei Wochen

handeln – stattfi nden und mehrere

weitere Projekte daran angeschlos-

sen werden. Als Festredner konnten

wir unseren Freund Richard Schrö-

der gewinnen. Es wird Theater und

Diskussionen, Musik, Ausstellungen

und vieles andere mehr geben.

Gearbeitet wird außerdem an ei-

nem Buch, in dem die Geschichte

jener Monate von der Kommunal-

wahl im Mai 1989 bis zur Volkskam-

merwahl am 18. März 1990 im grö-

ßeren Zusammenhang dargestellt

wird, darin eingeblendet die jeweils

wichtigsten Ereignisse in Halle. Na-

türlich ist es auch notwendig, dass

sich unser SPD-Stadtverband in die-

sem Zusam-

menhang als

selbstbewusste

Neugründung präsentiert, so wie

wir es auch anderen umgeänderten

Parteien und Neugründungen nahe

legen. Kurzum: Eine große Aufgabe

steht vor uns. Jeder, der sich in der

Lage sieht mitzuhelfen, ist herzlich

dazu eingeladen.

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blick.punkt Halle | I/2008

Ein.Blick

ORTSVEREINE

HALLE-MITTEVorsitzender:

Andreas [email protected]

HALLE-NEUSTADTVorsitzender:

Klaus-Dieter Weiß[email protected]

HALLE-NORDOSTVorsitzender:

Mario [email protected]

HALLE-NORDWESTVorsitzender:

Walter [email protected]

HALLE-OSTVorsitzende:

Katharina [email protected]

HALLE-SÜDVorsitzender:

Burkhard Feiß[email protected]

6

viel gepriese-

nen Förderinst-

rumenten par-

tizipieren die Betroffenen kaum.

Aus dem Beratungsprojekt heraus

ist ein weiteres Projekt entstanden,

die „Aktion Zuckertüte“. Hier haben

in den letzten beiden Jahren jeweils

60 Kinder von ALG-II-BezieherInnen,

die AWO-Kindertagestätten besu-

chen, ihre Erstausstattung für die

Einschulung erhalten. Während das

alte Bundessozialhilfegesetz (BSHG)

eine einmalige Beihilfe für die Ein-

schulung noch kannte, ist dies im

SGB II nicht mehr vorgesehen. Die

Regelleistung für die Kinder dieser

Altersgruppe beträgt 208 ₠. Damit

soll alles bestritten werden, was

Kinder benötigen. Allein die Erstaus-

stattung für die Einschulung beträgt

in der billigsten Variante rund 130 ₠.

Da wird viel geredet von der Zukunft

unserer Kinder, von Bildungs- und

Entwicklungschancen. Aber eben

nicht für alle. Kindern aus SGB-II-Fa-

milien wird ein Ganztagsplatz in der

Kinderbetreuung versagt und weder

für die Einschulung noch für die Kos-

ten des jährlichen Klassenwechsels

werden die notwendigen Leistun-

gen gewährt und damit Bildungs-

chancen von Beginn an beschnitten.

Mit den jährlich 60 Kindern, welche

die Ausstattung von uns erhalten ha-

ben, erreichen wir in der Stadt Halle,

in der 34,5 % der Kinder in Armut auf-

wachsen, nur die Spitze des Eisbergs

- nicht mehr. Und es kann auch nicht

Aufgabe der Arbeiterwohlfahrt sein,

staatliche Aufgaben zu überneh-

men. Unserer Tradition verpfl ichtet,

leisten wir Nothilfe, aber immer ver-

bunden mit der anwaltschaftlichen

Tätigkeit für die Anliegen und Inte-

ressen von Benachteiligten und der

Skandalierung sozialer Probleme, für

deren Abhilfe der Sozialstaat und die

gewählten Vertreter der politischen

Parteien, die ihn repräsentieren, Ver-

antwortung zu tragen haben.

Für größere Schritte brauchen wir

mehr aktive und neue Mitglieder in

den Ortsvereinen und ehrenamtli-

che MitstreiterInnen, die Lust und

Spaß an der Entwicklung politischer

Aktivitäten vor Ort haben, neue Pro-

jekte mitgestalten und sich an deren

Umsetzung beteiligen wollen. Die

Themen liegen auf der Straße, man

muss nur hinschauen und sie auf-

greifen. Gemeinsam könnte es dann

gelingen, dass wir nicht nur im Liede

„Seit an Seit schreiten und fühlen,

sondern auch glauben es muss ge-

lingen. Dann zieht mit uns die neue

Zeit und auch der neue Geist“ - so

Paul Saatkamp 1998 auf der Sonder-

konferenz der AWO in Düsseldorf.

NEUSTADT. Der SPD-Ortsverein Halle-Neustadt, der in den letzten Monaten einen leichten Mitgliederzuwachs verzeichnen konnte, hat am 14. Februar 2008 turnusgemäß seinen Vorstand neu gewählt.

>> von Klaus-Dieter Weißenborn, Vorsitzender OV Halle-Neustadt

Vorstandswahlen in Halle-Neustadt

Der bisherige Vorsitzende Klaus-

Dieter Weißenborn wurde wieder-

gewählt. Neuer Stellvertreter ist, ne-

ben dem ebenfalls wiedergewählten

Klaus Hüsing, nun auch Wolfgang

Christ. Außerdem gehören dem Vor-

stand Vera Thomas (Schriftführerin)

und Bernd Scheidat (Kassierer) an,

die beide ebenfalls bereits in der ver-

gangenen Wahlperiode diese Funk-

tionen ausübten. Die neue Revisions-

kommission setzt sich aus den Ge-

nossen Bernd Bahn, Matthias Heck-

lau und Jörg Hellwig zusammen.

Auf der Mitgliederversammlung

im Februar hat der Ortsverein Neu-

stadt außerdem mit Vertretern des

Fachbereichs Stadtentwicklung und

Stadtplanung und dem Projektleiter

Herrn Aldag eine sehr gute, sachlich-

kritische Diskussion über das IBA-

Projekt „Zentrum Neustadt“ mit der

umstrittenen Skaterbahn geführt.

Die Vertreter der Stadt wurden ge-

beten, bei künftigen Projekten die

Bürger früher einzubeziehen und

längerfristig auch an Projekten zu

arbeiten, die das Umfeld im Bereich

der Verbindungen von Altstadt und

Neustadt attraktiver werden lassen.

Die Bewegung Lebensabend wollte

mit dem Tag allen Ehrenamtlichen,

Helfern und unterstützenden Kom-

munen danken und zugleich wei-

tere Initiativen anregen. Für die AG

60plus steht der Tag in diesem Jahr

unter dem Motto „Demokratie und

Toleranz stärken - gemeinsam gegen

rechts“.

Wir werden mit der „Initiative Zivil-

courage Halle im Friedenskreis Hal-

le e.V.“ einen historisch-kritischen

AG 60plus. Die 1958 gegründete überparteiliche und überkonfessionelle Lebensabendbewegung führte den Tag der älteren Generation ein, der traditionsgemäß am 1. Mittwoch im April bundesweit in vielen Städten begangen wird.

>> von Norwin Dorn, Vorsitzender AG 60plus Halle

Tag der Älteren der AG 60plus Halle/Saal(e)kreis

Stadtrundgang unter sachkundiger

Führung zu Stätten und Zeugnissen

der Nazi-Diktatur organisieren. An

folgenden Stationen machen wir mit

folgenden Themen Halt: dem Cam-

pus der Uni zum Thema „Bücherver-

brennung“, am Händeldenkmal zur

Geschichte des ersten Händeldenk-

mals in Deutschland von 1912 bis zu

seiner Zerstörung 1933, enteigneten

SPD-Immobilien wie der Druckerei,

dem Volkspark und der Großen Mär-

kerstrasse und der Hochschule für

Kunst und Design Burg Giebichen-

stein, an der die Grafi k- und Malklas-

se von Charles Crode im Mai 1933

zerstört wurde.

Wir bitten auch auf diesem Wege

um Teilnahmen nicht nur aus den

Reihen der AG 60plus, sondern auch

aus anderen Gliederungen der Hal-

leschen SPD. Treffpunkt und Zeit

werden noch bekannt gegeben. Wir

sehen uns am 2. April!

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blick.punkt Halle | I/2008

Ein.Blick

DER NEUESPD-STADTVORSTANDHALLE (SAALE)

VORSITZENDEKatja Pähle

STELLVERTRETERHannelore SchneiderThomas Wünsch

SCHATZMEISTERKlaus Hüsing

BEISITZERWolf-Michael GroßSibylle ReinhardtKatharina HintzSebastian WornienChristopher Kurzke

ADRESSEAdolf-Reichwein-HausGroße Märkerstraße 606108 Halle (Saale)

[email protected]

STADTRATSFRAKTIONDER SPD HALLE (SAALE)

VORSTANDGottfried Koehn (Vors.)Gertrud EwertJohannes Krause

GESCHÄFTSFÜHRERBurkhard FeißelTechnisches Rathaus1.Etage, Zimmer 101-103

ADRESSETechnisches RathausHansering 1506108 Halle (Saale)

[email protected]

7

Sollte der Stadtrat- nach der mehr als erforderlichen Diskussion! - die Vorlage der Verwaltung mittragen, wird die letzte Bestattung auf dem Friedhof Neustadt 2018 stattfi nden und im Jahr 2038 wird der Friedhof dann endgültig geschlossen. Die Übergangsfristen sind notwendig und zwangsläufi g: dreißig Jahre kann das Nutzungsrecht für ein Wahlgrab erworben werden, die Mindestruhe-zeit für eine Erdbestattung beträgt zwanzig, für eine Urnenbestattung zehn Jahre.

Sollte der Friedhof Neustadt und die weiteren fünf (neben den bis 2034 schon geschlossenen oben genannten fünf Friedhöfen) per Be-schluss diesen Jahres im Jahr 2038 geschlossen werden, unterhielte die Stadt nur noch die drei denkmal-geschützten Nord-, Süd- und Ger-traudenfriedhof. Die drei Friedhöfe weiter zu unterhalten ist angesichts des Denkmalschutzes und der schon investierten Gelder durchaus konse-quent und nachvollziehbar.

Was spricht für Neustadt: der Friedhof liegt als einziger im Westen

HALLE. Die Stadt Halle unterhält derzeit 14 Friedhöfe. Davon werden bis zum Jahr 2034, das ist schon beschlossen, die Friedhöfe Giebichenstein, Seeben, Diemitz, Dölau und Wörmlitz geschlossen. Laut Mitteldeutscher Zeitung Halle vom 23. Februar, erwägt die Stadtverwaltung im Zuge dieses Prozesses neben weiteren Friedhöfen im Semizentrum und der Pe-ripherie Halles von den vier großen Friedhöfen (Nord-, Süd-, Gertrauden- und Neustadt-Friedhof) einen zu schließen. Die Stadtverwaltung hat sich auf den Friedhof Neustadt festgelegt. Die Beschlussvorlage soll dem Stadtrat zur Diskussion im März (26. März 2008, 14 Uhr, Stadthaus) vorgelegt werden.

>> von Marcus Schlegelmilch, OV Halle-Nordwest

Für den Erhalt des Friedhofs Neustadt

der Stadt, in der ehemals eigenstän-digen Neustadt. Zugegeben, seine Lage ist nicht zentral in Neustadt und dennoch ist er mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu erreichen. Vor allem: für jeden Neustädter ist er damit so gut und schnell zu er-reichen wie kein anderer der drei weiteren Groß-Friedhöfe in Halle, und immerhin stellt Halle-Neustadt trotz des Schrumpfungsprozesses ein Fünftel der gesamten Einwoh-nerzahl Halles!

Vergleicht man die Anzahl der Be-stattungen auf den vier (großen) Friedhöfen, so ist der Neustädter Friedhof der einzige, der eine nahezu gleich bleibende Anzahl an (Erd- und Urnen-) Bestattungen aufweist. Der Nordfriedhof zum Beispiel hat mehr als die Hälfte weniger Bestattungen im Vergleich von 1991 zu 2006. Dies ist kein (direktes) Argument gegen den Nordfriedhof, denn ich wünsch-te mir weiterhin eine dezentrale Friedhofsstruktur, sondern eines - unter diesen Umständen - für vier Großfriedhöfe - und auch für kleine-re Friedhöfe im Semizentrum und in

der Peripherie Halles, in den ehemals eigenständigen Orten - in Halle in der Zukunft.

Generell und zusammenfassend: eine Konzentration auf drei Friedhöfe in Halle ist für mich nicht vorstellbar. Die Bündelung und Zentrierung von Energien, sonst der „Goldene Weg“ in einer Stadt mit leeren Kassen, sind in diesem Fall nicht der „Königsweg“, dieser scheint mir in diesem Fall: die Erhaltung der (eingeschränkten) De-zentralisierung.

Ich verstehe ganz gewiss den Anlass der Überlegungen der Verwaltung - sie sind berechtigt und nachvollzieh-bar - zu stark zehrt die veränderte Einwohnerzahl an der bestehenden Infrastruktur der Friedhöfe.

Aber: Klamme Kassen können nicht immer ein und vor allem das ent-scheidende Argument sein. Bei die-sem Thema erst recht nicht, deshalb möge die Stadtratsfraktion (und der Stadtrat) sorgsam beraten, zuhören und dann entscheiden. Wenn sie dies tut, kann sie der Diskussions-grundlage der Verwaltung so nicht zustimmen - meine ich!

AG 60plus. Die Mitglieder unserer Vorstände Halle/Saal(e)kreis berieten Mitte Januar einen Arbeitsplan für das Jahr 2008 mit welchem versucht werden soll, die zur AG 60plus gehörenden Genossinnen und Genossen anzusprechen und eine noch stärkere Mitarbeit in unserer Partei zu erreichen.

>> von Norwin Dorn, Vorsitzender AG 60plus Halle

Arbeitsplan der AG 60plus Halle/Saal(e)kreis

Wir verständigten uns auf eine

Vielzahl von Vorhaben, als da wären

(1) Vorbereitung des bundesweiten

Aktionstages „Demografi scher Wan-

del“ (ARD und Deutscher Städtetag)

am 19.04.2008 in Halle mit der Se-

niorenberatungsstelle der Stadt

Halle durch Organisierung eines of-

fenen Stadtseniorengesprächs zum

Thema „Selbstbestimmtes Leben

- auch in der letzten Lebensphase“

mit der Justizministerin des Landes

Angela Kolb und dem Direktor des

German Center for Evidence-based

Nursing der MLU, (2) aus Anlass der

90sten Wiederkehr der Ernennung

von Friedrich Ebert als ersten Präsi-

denten der Weimarer Republik wol-

len wir eine eintägige Busreise nach

Thüringen organisieren. Dabei wird

es ein Treffen mit Vertretern der

AG60plus Thüringen in dem Hotel

geben, in dem Friedrich Ebert vor 89

Jahren die Weimarer Verfassung un-

terschrieb, (3) am 18.03.2008 wird es

im Rahmen der „Dieskauer Schloss-

gespräche“ eine Lesung mit Reinhard

Höppner geben, die von Dr. Franz

Gerth organisiert wird, (4) zu Be-

ginn des Monats April, genauer am

02.04.2008 wird es den bundeswei-

ten Aktionstag der AG 60plus zum

Thema „Demokratie und Toleranz“

geben, der durch unsere AG organi-

siert wird, (5) am 13.04.2008 wird es

eine gemeinsame Wanderung mit

den Jusos nach Ferropolis geben,

(6) Mitte September wollen wir er-

neut das Geiseltal besichtigen und

den Fortgang der Flutung in Augen-

schein nehmen und es soll (7) einen

„Politischen Stammtisch“ mit einem

Bundespolitiker zum Thema „Soziale

Gerechtigkeit in Ost und West - heu-

te und zukünftig“ geben. Mit diesem

umfangreichen Programm gelingt es

dem Vorstand hoffentlich, Viele zur

Beteiligung zu animieren.

Interessenten für die Fahrt nach

Thüringen können sich schon jetzt in

der Geschäftsstelle anmelden.

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blick.punkt Halle | I/2008

Ein.Blick

WILLY-BRANDT-MEDAILLE

Aus Anlass seines 80. Geburtstages

zeichnete der Landesvorstand der AG

60plus seinen früheren Vorsitzenden

und jetziges Vorstandsmitglied mit

der Willy-Brandt-Medaille aus.

Die Verleihung dieser Auszeichnung

würdigt das langjährige Engagement

von Gerhard Voigt in unserer Partei,

insbesondere in der Arbeitsgemein-

schaft 60plus. Im Auftrag des Lan-

desvorstandes übergab der jetzige

Landesvorsitzende Genosse Norwin

Dorn im Rahmen einer Versammlung

des Ortsvereins Halle-Nordost Me-

daille und Urkunde, die vom Bundes-

vorsitzenden Kurt Beck und dem Lan-

desvorsitzenden Holger Hövelmann

unterschrieben war.

von Norwin Dorn

THERESE KAULS 90. GEBURTSTAG

Unsere Genossin Therese Kaul konnte am 10. Februar ihren 90. Geburtstag feiern. Im Auftrag der OV-Mitglieder gratulierte eine kleine Abordnung des Vorstandes der Jubilarin ganz herzlich und wünschte ihr gute Ge-sundheit und noch weitere schöne Jahre.Therese Kaul wurde im letzten Kriegsjahr 1918 geboren. Ihre Geburt wollten ihre Eltern deshalb auch mit einem Hoffnungszeichen für die Zukunft verbinden und so gaben sie Therese noch einen zweiten Vor-namen: Friede! Die Hoffnung auf dauernden Friede aber blieb leider ein Traum. In der Zeit des Faschismus litten auch viele Sozialdemokraten. Therese Kaul fand bereits unmittel-bar nach Kriegsende, am 1. Juni 1945 den Weg in die SPD. Für sie hatte das sozialdemokratische Gedankengut immer große Bedeutung.Sie ist natürlich immer noch politisch sehr interessiert und hat auch im ver-gangenen Jahr an der Weihnachts-feier des Ortsvereins teilgenommen. Beim gemeinsamen Gesang, auch bei „Wann wir schreiten Seit` an Seit`…“ war sie absolut textsicher! Wir dan-ken Therese für ihre Treue zur Sozial-demokratie!

von Klaus-Dieter Weißenborn

8

Nein zu sagen ist nicht immer

eine ablehnende Haltung. Nein ist

auch ein Ausdruck einer anderen

Meinung. Eine andere Meinung zu

haben ist nicht falsch und kann so-

gar konstruktiv sein. Bestes Beispiel

hierfür ist der Fußball und das damit

verbundene Thema des Stadionneu-

baus. Nachdem, was ich bis heu-

te dazu weiß, kann ich nur sagen:

„Stoppt jegliche Ausgaben für dieses

Projekt. Steht auf und sagt ‚NEIN’

zu dieser Investition.“ Ein Stadion,

welches weder private Investoren

fi ndet noch eigenfi nanziert werden

kann, sollte allein aus diesen objek-

tiven Gründen nicht gebaut wer-

HALLE. NEIN sagen ist konstruktiv und zukunftsorientiert – ein kritischer Beitrag aus der Mitgliedschaft zu einer Debatte - die Halle seit mehreren Jahren bewegt und in diesem Jahr voraussichtlich vor dem Abschluss steht.

>> von Mario Kerzel, OV Halle-Nordost

Ein klares NEIN zum Stadionneubau

den. Wenn, wider Erwarten, der HFC

seine sportliche Leistung so enorm

steigert, dass wir ein neues Stadion

brauchen, werden sich auch Investo-

ren und Sponsoren fi nden, die dieses

Projekt unterstützen.

Bis dahin sollten wir jeden Cent, der

für die Planung ausgegeben werden

soll, sinnvoll in den halleschen Brei-

tensport hineinstecken. Hier sollten

wir konkrete Sportangebote an un-

sere Kinder und Jugendlichen ma-

chen, damit diese ihren Drang nach

Bewegung gezielt und „kontrolliert“

ausleben können. Hierbei könnten

sich verschiedenste Gruppen im fai-

ren Wettstreit messen. Ein positiver

Nebeneffekt ist das Vermitteln von

sozialen Kompetenzen.

Auch wenn mein Standpunkt

nicht konstruktiv zu sein scheint,

so ist es wichtig, Glaubwürdigkeit

durch Authentizität auszudrücken.

Dies erreicht die Politik nur durch

Kompetenz, gesunden Menschen-

verstand und Weitblick. Nichts ist

unglaubwürdiger als undurchdachte

Lösungen, welche auf einer Menge

„fauler“ Kompromisse basieren, egal

ob auf kommunaler, Landes- oder

Bundesebene. So fi nde ich, dass wir

nur das auf den Weg bringen sollten,

wofür wir auch einstehen.

Internationale Bauausstellungen gab es bereits in den 80er Jahren in Berlin und in den 90ern im Ruhrge-biet. Neu ist allerdings der Ansatz, ein ganzes Bundesland einzube-ziehen und vor allem das Thema „Stadtumbau“. Der Umgang mit den Schrumpfungsprozessen und dem Leerstand und die Beantwortung von Fragen nach Zukunftsfähigkeit und Identität spielen dabei eine ganz entscheidende Rolle.

Das Thema besitzt dabei zweifel-los eine internationale Dimension. Darüber konnte man sich im Jahr 2006 auch in Halle informieren, als im Bahnhof Halle-Neustadt die Ausstellung „Schrumpfende Städte“ stattfand. Auf einer Weltkarte wur-de dargestellt, dass über 350 Städte weltweit mit mehr als 100 000 Ein-wohnern in den letzten fünfzig Jah-ren mehr als 10 % ihrer Einwohner verloren haben (u. a. in Russland 93, in den USA 59, in der Ukraine 41, in Großbritannien 27).

In Sachsen-Anhalt beteiligen sich 17 Städte an der IBA. Halle ist seit 2003 mit dem Motto „Balanceakt Doppel-stadt. Kommunikation und Prozess“ dabei. Die Doppelstadt beschreibt dabei die Stadtpole beidseitig der Saale, mit der städtebaulichen Mo-derne - Neustadt - im Westen und

HALLE. Die Idee eine internationale Bauausstellung in Sachsen-Anhalt durchzuführen, wurde 2002 vom Direktor der Stiftung Bauhaus Dessau, Prof. Akbar, und dem damaligen SPD-Bauminister, Dr. Jürgen Heyer, entwickelt. Die folgenden Landesregierungen griffen die Initiative auf und führten sie zusammen mit interessierten Städten, dem Bauhaus und der Landesentwicklungsgesellschaft SALEG weiter.

>> von Thomas Felke, Abgeordneter im Landtag von Sachsen-Anhalt

IBA Stadtumbau Sachsen-Anhalt 2010 - Projekte in Halle

der alten Stadt im Osten. Bei dem halleschen IBA-Thema geht es um den Bedeutungswandel, um die Sta-bilisierung bei erheblich sinkender Nachfrage, um Gestaltungsmög-lichkeiten trotz knapper öffentlicher Mittel. Der zentrale Maßstab der IBA in Halle bleibt dabei die Stadt als Ganzes im Gleichgewicht zu halten.

Die halleschen IBA-Projekte befi n-den sich entlang einer Ost-West-Ach-se an 6 Standorten und beinhalten eine Vielzahl von einzelnen Projekt-bausteinen. Einige Projektinhalte haben sich seit 2003 gewandelt, an-deres kam neu dazu, einzelne wer-den hinsichtlich ihrer Realisierbarkeit noch zu prüfen sein. Der Beitrag Hal-les folgt somit dem Ansatz der IBA, exemplarisch Werkzeuge des Stadt-umbaus zu entwickeln und zur An-wendung zu bringen.

Nachdem über längere Zeitdauer die Finanzierungsmodalitäten unklar waren, konnte mit Entscheidungen des Landes im Herbst 2007 die Förde-rung sichergestellt werden. Mit dem Einsatz von Mitteln des Programms Stadtumbau Ost und aus dem Euro-päischen Fonds für Regionale Ent-wicklung (EFRE) sollen insbesondere kommunale Infrastrukturprojekte fristgerecht bis zum Jahr 2010 umge-setzt werden.

Im Einzelnen geht es bei der IBA in Halle um folgende Standorte und Schwerpunkte: 1. Drehscheibe Riebeckplatz. Zwischen Stadt und Verkehr: Zukunft der Hochhäuser, grüne Zwischennutzungen, neuer Busbahnhof; 2. Franckesche Gärten. Vor der Stadt- In die Stadt: Wege-beziehungen, Gärten, Hochstraße; 3. Sozialraum Glaucha. Die soziale Dimension des Stadtumbaus: Sozi-alraum- und Wohnungsmarktstudie, Impulsprojekte zur Quartiersauf-wertung und Stabilisierung; 4. Sali-neinsel. Bindeglied der Doppelstadt: Urbane Brücken, Stadthafen „Elisa-bethsaale“, Salineensemble, Gaso-meter, Entwicklung Medienquartier; 5. Galerie im Grünen. Vom Wohn-komplex zum Wohnquartier: Platz Am Tulpenbrunnen, Wohngebäude am Oleanderweg; 6. Zentrum Neu-stadt. Revitalisierung des urbanen Kerns: Hochhausscheibe C, Urbanes Umfeld (Skaterbahn).

Schon heute ist absehbar, dass durch die IBA das allgemeine In-teresse an Stadtentwicklung und Stadtumbau gefördert worden ist. Öffentlichkeitsarbeit und kontinu-ierliche Kommunikation geplanter Einzelmaßnahmen müssen deshalb als Kernbestandteil des gesamten IBA-Prozesses betrachtet werden.

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blick.punkt Halle | I/2008

Ein.Blick

KURZINTERVIEW MIT B. FEISSEL, VORSITZENDER OV HALLE-SÜD

blick.punkt: Was macht den Ortsver-ein Süd einzigartig?Feißel: Ganz klar Vielfalt. Wir bedie-nen ein breites politisches Spektrum, das zum einen durch die heterogene Struktur des Einzugsbereichs bedingt ist, zum anderen aber auch durch die Binnenstruktur die wir abbilden. Wir haben sowohl junge als auch ältere Genossen in unseren Reihen, da sind spannende Diskussionen vorpro-grammiert. Ja, und was soll ich sagen, wir haben den nettesten Vorsitzen-den der Welt [lacht].

blick.punkt: Und welche Herausfor-derungen kann dieser netteste Vor-sitzende für das Einzugsgebiet des Ortsvereins benennen?Feißel: Das Problem das wir haben, übrigens nicht nur im Süden der Stadt, ist der niedrige Organisations-grad. Wir haben zu wenige Mitglieder, um überall präsent zu sein. Dennoch muss es uns gelingen, ein Spektrum zu kreieren, das die Bürger vor Ort interessiert und auch bei diesen an-kommt. Dieses Ziel zu bedienen wird aufgrund der unterschiedlichen So-zialstrukturen und Bedürfnisse eine echte Herausforderung sein.

blick.punkt: Welchen Themen werdet ihr euch dieses Jahr in besonderem Ausmaß widmen?Feißel: Für das zweite Quartal haben wir unsere Justizministerin Ange-la Kolb eingeladen. Und natürlich werfen die Kommunalwahlen im kommenden Jahr ihre ersten Schat-ten. Ansonsten gilt es weiterhin ein breites Spektrum an tagesaktuellen Themen anzubieten.

blick.punkt: Derzeit wird im Stadtver-band das Papier „Halle 2020“ erarbei-tet, das in den kommenden Monaten diskutiert werden soll. Wo sieht sich denn der OV Süd im Jahr 2020?Feißel: Eine gute Frage. Bezogen auf den demographischen Wandel wer-den wir die Überalterung zu spüren bekommen, die auch neue Herausfor-derungen mit sich bringt. Dennoch sage ich, wir werden ein lebendiger Ortsverein in einem Stadtteil mit Zu-kunft sein - und einer direkten Grenze an die Stadt Merseburg [lacht].

das Gespräch führteChristian Weinert

9

Wir sitzen in einem Café in der halleschen Altstadt und sind mit Akteuren des Ortsvereins Süd verab-redet. Einerseits, weil die Innenstadt nun mal Zentrum des städtischen Lebens und für jeden zügig zu er-reichen ist, andererseits, und damit lässt sich schnell zum eigentlichen Thema überleiten, weil gastronomi-sche Einrichtungen im Einzugsgebiet des Ortsvereins eher die Ausnahme sind. Gemeinsamer Treffpunkt für die regelmäßigen Sitzungen ist der ‚Guldenhof’ in Beesen in der Gulden-straße, eine der wenigen Lokalitäten in dem riesigen Einzugsbereich.

Doch dies sind nicht die grundle-genden Herausforderungen mit de-nen die aktiven Genossen im Süden von Halle konfrontiert werden. „Das Gebiet ist sehr heterogen“, sagt Oli-ver Hartung, Mitglied im OV Süd, und versteht darunter nicht bloß den riesigen Einzugsbereich des Ortsvereins. Die Stadtteile Böllberg/Wörmlitz, Silberhöhe, Ammendorf – samt der dörfl ich geprägten Stadt-viertel Beesen, Radewell, Osendorf und Planena – sowie die Stadtvier-tel Gesundbrunnen, Südstadt und Damaschkestraße bilden das Ein-zugsgebiet des Ortsvereins. Die So-zialstrukturen könnten kaum unter-schiedlicher sein und darin besteht auch die größte Herausforderung für die Genossen vor Ort. „Die Probleme in Ammendorf oder dem Wohnge-biet Pfi ngstanger sind andere als die auf der Silberhöhe“.

„Während die Bewohner aus Am-mendorf ihren konkreten Unmut über eine schlechtere Anbindung durch den Wegfall der Straßenbahn-linie 4 beklagen, sind die Probleme etwa auf der Silberhöhe weitaus komplexer“, sagt Burkhard Feißel, Vorsitzender des Ortsvereins Süd. Überalterung durch den demogra-phischen Wandel, die immer noch anhaltende Abwanderung, die prekäre Situation auf dem Arbeits-markt, Stadtumbau und die abneh-

SÜD. In jeder Ausgabe des blick.punkt wollen wir in Zukunft einen halleschen Ortsverein näher vorstellen und mit den Akteuren vor Ort ins Gespräch kommen. Den Auftakt bildet der OV Süd, der sich mit besonderen Themen und Herausfor-derungen konfrontiert sieht…

>> von Christian Weinert und Felix Peter, Redaktion blick.punkt Halle

Wir dürfen nicht nur meckern

mende Infrastruktur machen vielen Menschen Sorgen. So werden die Genossen mit viel Unmut der dor-tigen Bewohner konfrontiert, der bisweilen in fortwährende Kritik mündet – ohne kleine Erfolge vor Ort zu honorieren. Der entstehende Silberwald auf der Silberhöhe ist ein solcher Aspekt, der das arg gebeu-telte Stadtviertel lebenswerter ma-chen soll.

Bei den beständigen Unmutsäu-ßerungen verweist Burkhard Feißel gern auf eine Bewohnerin vor Ort, die sich auch ohne Parteibuch en-gagiert. „Wir dürfen nicht nur me-ckern“, sei deren Einstellung. Enga-gierten Bürgern eine Plattform auch jenseits von Wahlen zu bieten, ist ein Ziel des Ortsvereins, sagt Oliver Har-tung. Das sei schon deshalb wichtig, weil die Mitglieder der Partei ‚Die Linke’ gerade von den Älteren als die ‚Kümmerer’ wahrgenommen wer-den, auch wenn diese nichts bewe-gen. Dem entgegen zu wirken ist ein Ziel der Genossen. So halten sie Kon-takte zu einigen ansässigen Vereinen und wollen eben jenen engagierten Bürgern, deren Einstellung über die des bloßen Meckerns hinausgeht, eine Plattform bieten. „Kontinui-tät im Auftritt“, auch wenn dies ein langwieriger Prozess sei, umrahmt Oliver Hartung dieses Ziel. Dabei gilt es deutlich zu machen, „dass man Themen realistisch angeht“, pfl ich-tet im Burkhard Feißel bei.

So haben die Genossen für einen schnellen vorübergehenden Umzug der Sekundarschule „Zeitzer Straße“ in das Ausweichquartier im alten Frieden-Gymnasium plädiert. Am Stammsitz der jetzigen Schule wehe noch immer ein Hauch von Vorwen-dezeiten, die Schule bräuchte drin-gend eine Sanierung. Leider ist die realistische Sichtweise nicht in allen Köpfen der politischen Gegner ange-kommen.

Und wie gestaltet sich die Binnen-struktur im Ortsverein? „Wir sind

keine Altherren-Riege“, antwortet Burkhard Feißel zügig und verweist auf die gesunde Mischung in der Mitgliedschaft. Selbst im Vorstand werden die Generationen abgebil-det. Zwischen Anfang zwanzig und Ende sechzig ist jedes Alter vertre-ten und steht symbolisch für den gesamten Ortsverein. „Es sind viele junge Gesichter“, betont Burkhard. Auch die Entwicklung der Mitglie-derzahl sei erfreulich, diese bewege sich stabil bei rund 50 Genossen. Die Aktivsten treffen sich einmal im Mo-nat zur Sitzung des Ortsvereins und diskutieren verschiedene Themen. „Das ist noch echter Stammtisch mit der Möglichkeit, aktuelle politische Themen zu diskutieren“, macht Burk-hard die Besonderheit im Ortsverein Süd deutlich.

Zum Ablauf der letzten Stadtvor-standswahlen äußern sich die bei-den Mitglieder erst auf Nachfrage. „Es war schon eine Riesenenttäu-schung“, sagt Burkhard Feißel und wünscht sich für die Zukunft, dass die geleistete Arbeit im Ortsver-ein, auch politisch gewürdigt wird. Zurückziehen wolle man sich aber nicht, sondern sei weiterhin an einer konstruktiven Zusammenarbeit in-teressiert. „Wir werden uns verstärkt Themen widmen, die nicht nur den Ortsverein Süd betreffen“, erläutert Oliver Hartung.

Darüber hinaus wirken der demo-graphische Wandel und der Abwan-derungsprozess in besonderem Aus-maß auf die Gebiete im Süden von Halle. „Das macht die Themenfi n-dung schwierig, weil sich durch den Stadtumbau die Bevölkerungsvertei-lung grundlegend verschoben hat“, gibt Oliver Hartung zu Bedenken. Während die Silberhöhe in den letz-ten Jahren rund die Hälfte der Ein-wohner verloren hat, und zuletzt bei 14.000 Bewohnern stagniert, haben andere Viertel zugelegt oder sind - wie das Wohngebiet ‚Pfi ngstanger’ - neu entstanden.

SPD-ORTSVEREIN HALLE-SÜD

MITGLIEDERZAHL: 50

EINZUGSGEBIET: Böllberg/Wörmlitz, Silberhöhe, Ammendorf, Südstadt, Damasch-kestraße, Gesundbrunnen, Beesen, Radewell, Osendorf, Planena

SITZUNGEN: immer der erste Dienstag im Monat

VORSTAND: Burkhard Feißel (Vors.), Sebastian Zeidler (stellv. Vors.), Gabriele Raffel (Beisitzerin), Jürgen Scherzberg (Beisitzer), Maria Schuster (Beisitzerin)

KONTAKT: [email protected]

Vorstand OV Halle-Süd (Bild: B. Feißel).

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blick.punkt Halle | I/2008

Rund.Blick10

REGION. Die SPD besinnt sich ihrer großstädtischen Wurzeln neu. Am 11.02.2008 setzte das SPD-Präsidium eine Kommissi-on zur Zukunft sozialdemokratischer Politik in den großen Städten ein. Unter dem Arbeitstitel „Sozialdemokratische Politik für innovative Metropolregionen“ sollen der Zusammenhalt der Gesellschaft, die Integration von Zuwanderern und Ar-mutsbekämpfung Themen sein. Insbesondere soll es darum gehen, neue wirtschaftliche Chancen zu nutzen und so auch die jüngere, oft hochqualifi zierte Stadtbevölkerung wieder mehr in die Politik einzubeziehen.

>> von Gernot Borriss, Vorsitzender SPD-Stadtverband Leipzig

Innovative Metropolregion Leipzig/Halle

Eine der großen deutschen Metro-

polregionen ist der mitteldeutsche

Ballungsraum um Halle (Saale) und

Leipzig. Auch in Sachsen hat die SPD

die Großstädte nun neu entdeckt:

Im Rahmen der aktuellen Partei-

strukturreform entstanden für die

drei sächsischen Großstädte Chem-

nitz, Dresden und Leipzig eigenstän-

dige Stadtverbände - in Leipzig am

19.01.2008.

Für alle, die eine Partei als sicht-

baren politischen Akteur im kom-

munalen Rahmen verstehen, ist die

Bildung von (Groß-)Stadtverbänden

ein lange überfälliger Schritt. Un-

terbezirke sind eben mehr als lose

Verwaltungsgemeinschaften, und

gerade eine Großstadtpartei muss

mehr sein als eine Rathauspartei: An-

sprechpartner für Vereine, Verbände

und Initiativen mit kommunalem Be-

zug, Ideengeber in der öffentlichen

Diskussion und so etwas wie eine

permanente Zukunftswerkstatt. In

der Netzwerkarbeit - zielgruppenori-

entiert, stadt- und stadtteilbezogen

- sehen wir deshalb auch einen unse-

rer Schwerpunkte. Mit unseren fünf

Ideenwerkstätten zu den Themen

Bildung, Arbeit, Stadtentwicklung,

Familie und Sozialer Zusammenhalt

wollen wir allen Leipzigerinnen und

Leipzigern die Möglichkeit geben,

mit uns gemeinsam kommunalpo-

litische Ansätze neu zu entwickeln.

Der Weg der Beteiligung möglichst

vieler ist dabei das - eine - Ziel, das

andere Ziel heißt Kommunalwahl-

programm 2009.

All dies lässt sich besser leisten,

wenn wir Ehrenamtler nicht jeweils

für zwei, drei oder vier Landkreise/

kreisfreie Städte denken und mit

Partnern kooperieren müssen. Auch

gibt es spezifi sch großstädtische Mi-

lieus, die für die SPD erreichbar sind

- aber nur für eine SPD, die sich ihrer

spezifi schen Lebenserfahrungen und

Politikerwartungen annehmen kann.

Das alles ist nicht neu für euch

in Halle. Neu ist nur, dass es nun in

Eurer Nachbar- und Schwesterstadt

Leipzig auch einen SPD-Stadtver-

band gibt, der sich wie ihr dem groß-

städtischen Anspruch stellen will.

Lasst uns dies doch gemeinsam tun,

wenn es um Themen unserer Metro-

polregion geht. Diese Metropolregi-

on hat zwar einen verwirrenden Na-

men, aber ein klares Zentrum: Halle

und Leipzig. Wir sind eben nicht der

Rand unserer beiden Bundesländer,

sondern die dynamische Mitte Mit-

teldeutschlands. Wenn diese Mitte

eine gemeinsame Sprache fi ndet,

ist der erste Schritt getan. Ein mög-

liches Fernziel haben Jens Bullerjahn

und andere beschrieben. Der neue

SPD-Kreisverband Leipzig - das sind

unsere Nachbarn - regt schon mal

an, dass die SPD eine Arbeitsgruppe

„Vereinigtes Mitteldeutschland“ ins

Leben ruft. Dann auf gute Zusam-

menarbeit.

REGION. In unserer letzten Ausgabe hatten wir über eine mögliche Fusion der drei mitteldeutschen Länder zu einem neuen Bundesland berichtet. Ein nicht mehr allzu abwegiger Gedanke - so machte auch Sachsen-Anhalts Finanzminister und stell-vertretender Ministerpräsident Jens Bullerjahn in einem Gespräch mit dem blick.punkt keinen Hehl daraus, dass er es für besser befi nden würde, wenn es Sachsen-Anhalt spätestens 2020 nicht mehr als einzelnes Bundesland gäbe. In unserem Artikel hatten wir auch einen möglichen Profi teur einer Länderfusion vorgestellt: die Region Halle-Leipzig. Um diese soll es im Folgenden gehen.

>> von Felix Peter, Redaktion blick.punkt Halle (Saale)

Der Löwe greift nach den Sternen

Die Region Leipzig-Halle gehört zu den für deutsche Verhältnisse grö-ßeren Ballungsräumen. Sie beher-bergt rund eine Million Menschen und zwei Großstädte, die von einer Landesgrenze getrennt jede für sich ein eigenes Oberzentrum in ihrem Landesteil darstellen. Infrastruktu-rell ist die Region sehr gut erschlos-sen: Mehrere Autobahnen führen hier in einem großen Autobahnring zusammen, viele Fernverkehrs- und Regionalstrecken der Eisenbahn bil-den hier gleich zwei Knotenpunkte. Ein ausgedehntes S-Bahn-Netz ist in Planung. Ein erster Schritt ist mit der Linie Halle-Leipzig bereits getan. Und nicht zuletzt gibt es auch einen

internationalen Flughafen, der zu-gleich Luftfrachtdrehkreuz eines der größten Logistikunternehmen der Welt ist.

Alles in allem scheinen damit die Grundlagen für eine fl orierende Wirtschaftsregion gelegt zu sein und tatsächlich haben sich auch schon mehrere große Unternehmen für die Region entschieden. Es gibt allerdings eine Bremse, die eine ge-meinsame Entwicklung der gesam-ten Region beeinträchtigt: die Lan-desgrenze zwischen Sachsen und Sachsen-Anhalt, welche die beiden Städte Halle und Leipzig und deren Speckgürtel voneinander trennt. Zwei Länder und damit zwei vollkom-

men verschiedene Zuständigkeiten für ein und dieselbe Region. Eine Koopera-tion ist zwar möglich, doch eben nur bis zu einem bestimmten Punkt.

So lange Halle und Leipzig auf ge-trennten Gebieten liegen, wird die Kooperation zwangsweise immer geringer sein als die Konkurrenz, denn bei einem gemeinsamen Vor-gehen wird immer die eine Stadt den Kürzeren ziehen, und zwar jene, wel-che das Objekt der Begierde nicht auf ihre Seite der Landesgrenze und damit in ihren Einfl ussbereich ziehen kann. So geschehen beim Tauziehen um das BMW-Werk, so geschehen auch unlängst in den Zwillingsstäd-ten Mannheim und Ludwigshafen,

EU KÄMPFT FÜR DIE

RECHTE DER KINDER

Sexueller Missbrauch, Gewalt, Ar-

mut, Vernachlässigung, fehlender

Zugang zu Bildung, Ausgrenzung und

Diskriminierung - eine Vielzahl von

Gefahren bedrohen die Kinder welt-

weit, die mit 2,2 Milliarden nahezu

ein Drittel der Weltbevölkerung aus-

machen. Aber auch in Deutschland

häufen sich die erschreckenden Mel-

dungen in den Medien.

Zum richtigen Zeitpunkt reagierten

die Abgeordneten des Europäischen

Parlaments und nahmen am 16. Ja-

nuar dieses Jahres eine von der EU-

Kommission verfasste Strategie zur

Stärkung der Kinderrechte an. Den

guten Absichten sollen nun endlich

Taten folgen und dafür geht die Eu-

ropäische Gemeinschaft mit gutem

Beispiel voran.

Auch und gerade für Kinder gelten

die Menschenrechte, die innerhalb

der Gemeinschaft einer langen Tradi-

tion entspringen. Damit diese Rechte

im Zeitalter der Globalisierung nicht

missachtet, sondern mit aller Kraft

durchgesetzt werden, wird die EU

auch in Zukunft eine Vielzahl von

internen und externen Maßnahmen

ergreifen und die Problematik in das

Bewusstsein der Öffentlichkeit zwin-

gen.

In nächster Zukunft werden u.a.

Notrufnummern für Hilfe suchende

Kinder und für Fälle von vermissten

oder sexuell missbrauchten Kindern

eingerichtet. Auch soll das Erlangen

relevanter Kreditkartendaten verein-

facht werden, um die Benutzer von

Internetseiten mit kinderpornogra-

phischen Inhalten effi zienter aufspü-

ren zu können.

Mit dem Strategiepapier der EU-

Kommission fi nden natürlich jene

Unterstützung, die die Verankerung

der Kinderrechte auch in die Landes-

verfassung Sachsen-Anhalts fordern.

von Ulrich Stockmann

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blick.punkt Halle | I/2008

Rund.Blick 11

die sich am Rhein direkt gegenüber-liegen und ebenfalls von einer Lan-desgrenze getrennt werden. Dort wechselte ein fi nanzkräftiges Un-ternehmen das Flussufer, weil die andere Stadt mehr Subventionen bereitstellen konnte und den Umzug im Prinzip fi nanzierte.

In solchen Situationen können aus Freunden auch schnell einmal Feinde werden. Verständlich, denn die Kom-munen müssen sich in Deutschland zunächst erst einmal um sich selbst kümmern - Rücksichtnahme auf die Probleme anderer kann sich längst niemand mehr leisten. Wenn man allerdings „im selben Boot sitzt“,

kommt man um Zusammenarbeit statt Wettkampf und gegenseiti-ge Rücksichtnahme statt Egoismus nicht herum. Um „im selben Boot sitzen“ zu können, müssen aber zu-nächst einige Steine aus dem Weg geräumt werden.

Zum Beispiel: Keine Landesgrenze, weniger Hindernisse. Das Grundge-setz sieht für gespaltene Regionen sogar einen konkreten Ausweg vor: In Artikel 29, Absatz 4 heißt es dazu: „Wird in einem zusammenhängen-

den, abgegrenzten Siedlungs- und Wirtschaftsraum, dessen Teile in mehreren Ländern liegen und der mindestens eine Million Einwohner hat, von einem Zehntel der in ihm zum Bundestag Wahlberechtigten durch Volksbegehren gefordert, dass für diesen Raum eine einheitliche Landeszugehörigkeit herbeigeführt werde, so ist durch Bundesgesetz innerhalb von zwei Jahren entweder zu bestimmen, ob die Landeszugehö-rigkeit [...] geändert wird, oder dass in den betroffenen Ländern eine Volksbefragung stattfi ndet.“ Einen Versuch wäre es zumindest wert. Es muss allerdings in der Region auch

der Wille dazu vorhanden sein, was zumindest in den beiden Oberzen-tren Halle und Leipzig in ersten An-sätzen der Fall zu sein scheint.

Noch weniger Hindernisse gäbe es wohl, wenn sich Leipzig und Halle und deren Umgebung zu einer ge-meinsamen Kommune zusammen-schließen würden, weil erst dann ei-ner gemeinsamen Kooperation auch ein gemeinsamer Gewinn gegen-überstehen würde. Ein solcher Schritt scheint durchaus möglich, wird auch

schon das ein oder andere Mal laut ange-dacht, liegt aber wohl noch in wei-ter Ferne, so dass eine ernsthafte Anstrengung in diese Richtung noch von niemandem in Angriff genom-men wird. So lange die Landesgren-ze die Region teilt, gibt es auch zu-vor ein noch größeres Hindernis zu überwinden. Gerade in Halle ist das Streben nach einer Orientierung in Richtung Leipzig stark ausgeprägt, weil man sich hier von der Landes-regierung und dem Landtag im Stich gelassen fühlt. Die herbeigesehnten Eingemeindungen, die Leipzig schon längst hinter sich hat, sind mit aller Macht politisch verhindert worden und auch angekündigte anderwei-tige Ausgleiche blieben weitestge-hend aus.

Was brächte aber ein solcher Zu-sammenschluss mit sich: zunächst einmal eine Menge nationaler und eventuell sogar internationaler Aufmerksamkeit, denn zumindest Leipzig ist keine unbekannte Größe in Europa. Dann natürlich eine ein-heitliche Verwaltung, ein gemein-sames Nahverkehrsunternehmen, gemeinsame Stadtwerke, ernsthafte Kooperationen in der Kultur und bei den Universitäten, verbunden mit der Reduzierung von Doppelstruk-turen. Und natürlich eine Einwoh-nerzahl von rund 950.000, also fast einer Million auf einer Gesamtfl äche von über 1.300 km², was die neue Stadt zur Nummer 5 in Deutschland machen würde.

Zukunftsmusik? Derzeit mit Si-cherheit ja! Langfristig wird wohl aber kein Weg daran vorbei führen, wenn man die Region weiter entwi-ckeln und voranbringen will. Und so wird es vielleicht noch in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts gesche-hen, dass der Leipziger Löwe nach den halleschen Sternen greift – und wenn er nicht ganz rankommt, wer-den ihm die Sterne nach momenta-nem Stand wohl gerne etwas entge-genkommen!

NUMMER STADTBEZIRK EINWOHNER FLÄCHE in km²01 Leipzig 506.000 305,10 02 Halle 235.000 135,02 03 Merseburg 36.400 54,72 04 Markkleeberg 23.900 31,36 05 Taucha 22.700 48,69 06 Schkeuditz 21.700 132,64 07 Markranstädt 17.300 85,21 08 Bad Dürrenberg 14.900 52,91 09 Schkopau 11.000 90,68 10 Salzmünde 9.100 57.72 11 Kabelsketal 9.000 50,96 12 Hohenthurm 8.700 76,55 13 Landsberg 8.500 63,32 14 Leuna 8.200 35,89 15 Holleben 6.000 47,60 16 Götschetal 5.500 32,94 17 Günthersdorf 5.400 43,10

Leipzig-Halle - ferne Zukunftsmusik oder erreichbares Ziel? So oder ähnlich könnte sich das Gebiet einer gemeinsamen Doppelstadt gestalten. Die Stadt im Herzen eines möglichen mitteldeutschen Bundeslandes würde zu den größten Städten der Bundesrepublik zählen und sich nicht nur auf Grund ihrer zentralen Lage als neue Landeshauptstadt eignen. Natürlich bleibt diese Karte zunächst einmal Vision - aber das war ein geeintes Deutschland vor nicht allzu langer Zeit auch einmal (Grafi k: blick.punkt; Legende siehe Tabelle unten).

Tabelle. Beispielhafte Glie-

derung des Stadtgebietes

Leipzig-Halle in Stadtbe-

zirke mit Einwohner- und

Flächenangaben (Quelle:

Gemeindeverzeichnis, www.

destatis.de/gv/).

NEU DABEI IN DER SPD HALLE

heute: Hendrik Kreowsky, 26 Jahre, Rechtsreferendar

blick.punkt: Der Schritt in die SPD, ein bleibendes Moment?Kreowsky: Die Aufnahme zur Weih-nachtsfeier des Ortsvereins Halle-Mittel im Kinderheim Clara Zetkin empfand ich als sehr angenehm – und die bleibt auch in Erinnerung. Anson-sten war ich schon immer an vielen politischen Themen interessiert, da führte der Weg fast zwangsläufi g in die SPD.

blick.punkt: Welche Themen interes-sieren Dich besonders?Kreowsky: Ich halte bildungspoli-tische Fragestellungen für wichtig und interessant. Auch das Thema der Jugendkriminalität gehört diskutiert, auch wenn Roland Koch dieses The-ma falsch angeht.

blick.punkt: Bist Du gebürtiger Hal-lenser?Kreowsky: Nein, ich stamme aus der Altmark und bin im Rahmen mei-nes Studiums zugezogen. Ich sehe meinen Lebensmittelpunkt aber in Halle, schon deswegen, weil meine Partnerin auch hier lebt und wir noch dieses Jahr den „Bund fürs Leben“ eingehen.

blick.punkt: Was unterscheidet denn die Altmark von Halle?Kreowsky: Halle hat ein umfassendes Kulturangebot, das fällt sofort auf. Generell sind die Menschen hier offe-ner und weniger verschlossen.

blick.punkt: Wo werden wir Dich se-hen?Kreowsky: Momentan bin ich durch mein Referendariat in Magdeburg tätig, da ist die Zeit begrenzt. Ich will aber nicht nur stilles Mitglied sein, sondern aktiv am Geschehen teilneh-men.

Dann herzlich willkommen!

das Gespräch führteChristian Weinert

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blick.punkt Halle | I/2008

Rund.Blick

DRITTER KULTURSTAMMTISCHDES KULTURFORUMS

DER SOZIALDEMOKRATIE

Am 26. Februar 2008 trafen sich unsere Genossen zum dritten Kultur-stammtisch der Sozialdemokratie im Operncafé der Oper Halle, um über den Abschlussbericht zum Thema „Kultur in Deutschland“ der Enquete-Kommission des Deutschen Bundes-tages zu reden. Hierzu waren einge-laden, der Kultusminister des Landes Sachsen-Anhalt J.-H. Olbertz, der Kul-turamtsleiter von Dessau-Rosslau G. Lambrecht, die Bundestagsvertreter der Enquete-Kommission aller Partei-en und der sächsische Landtagsvize-präsident G. Hatsch. Moderiert wurde der Abend von G. Kraus, Vorsitzender des AK Kultur der Stadtratsfraktion.

Unter anderem kamen folgende Themen zur Sprache: öffentliche Kultursubvention, diverse Einkunfts-möglichkeiten von Künstlern und Kul-tur als Identitätsstifter. Am meisten kochten die Emotionen bei den Zu-hörern hoch, als es um die geringen Jahresverdienste der selbständigen Kunstschaffenden ging, die derzeit bei etwa 11.000 Euro liegen. Das ist si-cherlich auch ein Thema für einen der nächsten Kulturstammtische. Doch Grundtenor des Abends blieb der Ruf nach einer schnellen Umsetzung des Kommissionsberichtes in die aktuelle Politik, um eine weitere Verödung der Kulturlandschaft in Deutschland zu verhindern und Künstler in Zukunft besser zu stellen.

von unserem KulturredakteurChristopher Kurzke

12

SCHWUSOS. Die größten Teils aus halleschen Schwusos bestehende Delegation aus Sachsen-Anhalt fuhr zur Bundeskonfe-renz nach Hamburg. Dabei wurde ein neuer Bundesvorstand gewählt, in dem auch Sachsen-Anhalt vertreten ist.

>> von Jens Abendroth, OV Halle-Mitte

Toleranz braucht Auseinandersetzung

Auf der Bundeskonferenz der

Schwusos mit über 100 Delegierten

vom 16. bis 17. Februar in Hamburg

präsentierte die sachsen-anhaltische

Delegation ihr Bundesland in der

Auseinandersetzung über ein neues

grundlegendes Arbeitspapier.

Nachdem auch im Stadtverband

Halle die Schwusos ihre Arbeit vor

zwei Jahren aufgenommen haben,

war dies die erste Gelegenheit, sich

mit den Vorstellungen und Werten

anderer Landesverbände auseinan-

der zu setzen. Zudem wurde ein neu-

er Bundesvorstand gewählt, in dem

auch Sachsen-Anhalt vertreten ist.

Die Erkenntnis, dass die sexuelle

Orientierung oft ein Grund für die

Ausgrenzung von Menschen ist, ist

nicht neu. Erstaunlich oft und deut-

lich muss diese Botschaft jedoch

immer wieder vermittelt werden, so

der Tenor der Bundeskonferenz. Auf-

gabe der politischen Organisationen

ist es dabei, die Bereiche öffentlicher

Einfl ussnahme so zu gestalten, dass

eine Gesellschaft sich weiter entwi-

ckeln kann.

Grundlagen sind ein Schulunter-

richt, in dem Homosexualität nicht

gleich nach Übertragungswegen für

HIV und Syphilis genannt wird und

ein Gesundheitssystem, welches

z.B. das Risiko der Übertragung von

Krankheiten im Rahmen der Blut-

spende nicht an der sexuellen Ori-

entierung der Spender sondern an

ihrem Sexualverhalten festgemacht.

Entgegen aller Integrationsbemü-

hungen war es das Anliegen gerade

vieler älterer Delegierter, dem An-

trag auf eigene Betreuungseinrich-

tungen für homosexuelle Pfl egebe-

dürftige zuzustimmen. Dies war für

uns schwer zu begreifen. In der fol-

genden Diskussion wurde uns dann

das Lebensgefühl derer vermittelt,

die eine Strafverfolgung aufgrund

ihrer sexuellen Orientierung erleben

mussten, die wir so - zum Glück - nicht

mehr erfahren mussten. „Wenigstens

im Alter möchten wir unsere Ruhe ha-

ben“, so einige Delegierte.

Dieser stille Rückzug ist ein Sym-

ptom für das eigentliche Problem

der Intoleranz. Starke Worte und

schwache Gesetze können sie nicht

abschaffen. Nur durch Fragen und

Zuhören kann man andere Perspek-

tiven erkennen und eigene Vorstel-

lungen erweitern. Ein klarer Auftrag

nicht nur für die Schwusos, sondern

für die ganze SPD.

An die Stelle der bisher 16 Bundes-

polizeipräsidien sind ab 1. März 2008

neun Bundespolizeidirektionen ge-

treten, die mit federführenden Auf-

gaben betraut werden. Die bisherigen

Bundespolizeipräsidien Pirna (Sach-

sen) und Halle (Sachsen-Anhalt und

Thüringen) werden in diesem Zusam-

menhang fusioniert – und am Stand-

ort Pirna zentriert.

Selbst wer im Kontext dieser Ent-

scheidung den Mantel des beken-

nenden Hallensers fallen lässt, wird

Zweifel an der Bestimmung hegen.

Allein ein Blick auf die Landkarte lässt

die Entscheidung höchst fragwürdig

erscheinen. Während Halle zentral

im geträumten Bundesland Mittel-

deutschland liegt, ist Pirna erst mit

einer großfl ächigen Durchfahrt von

Sachsen erreichbar.

Die Entscheidung gegen Halle er-

weckt aber auch einen in der Sache

stark bedenkenswerten Aspekt.

HALLE. Am 25. Januar 2008 hat der Bundestag das Gesetz zur Neuorganisation der Bundespolizei beschlossen und damit die Anzahl der Bundespolizeibehörden verringert sowie Aufgaben und Befugnisse neu verteilt – mit drastisch ungünsti-gen Folgen für Halle.

>> von Christian Weinert, Redaktion blick.punkt Halle

Bundespolizei verlässt Halle

Christoph Bergner, Parl. Staatssekre-

tär im Bundesinnenministerium bittet

im Bundestag um die Zustimmung

zur Neuorganisation und scheint die

heimatlichen Wurzeln vergessen zu

haben.

Wenn jedoch dieser gleiche Herr

Bergner seinen geographisch zu ver-

ortenden Ursprung sonst gern her-

vorhebt, muss die Frage aufgeworfen

werden, inwiefern ein Parlamentari-

scher Staatssekretär, dessen Ministeri-

um die Neuorganisation federführend

begleitet hat, ein solch desaströses

Ergebnis für den halleschen Wahlkreis

präsentieren kann – und Anregungen

der regionalen SPD zum Sachthema

Neuorganisation mit platten und res-

pektlosen Antworten garniert.

Sicher, die SPD hat dem Gesetzent-

wurf zugestimmt. Allerdings ist dabei

zu konstatieren, dass auf Betreiben

der halleschen Abgeordneten Christel

Riemann-Hanewinckel und der SPD-

Fraktion im Deutschen Bundestag zu-

mindest ein Revier für Halle gesichert

ist und der Standort nicht gänzlich

aufgegeben wurde.

Klar ist, Christoph Bergner kann sich

auf der einen Seite als Parlamenta-

rischer Staatssekretär bundespoli-

tischen Themen nicht verschließen.

Auf der anderen Seite ist er dennoch

einem regionalen Wählerauftrag ver-

haftet, den es nicht aus dem Blick zu

verlieren gilt. Er selbst hat in seiner

Rede vor dem Bundestag formuliert,

um die „regionalen Verpfl ichtungen

und Erwartungen“ zu wissen. Hier

darf zumindest die Frage aufgewor-

fen werden, inwiefern Herr Bergner

diese „regionale Verpfl ichtung“ in

einer auch für Halle so wichtigen Ent-

scheidung kommentarlos außer Acht

gelassen hat und die Bedürfnisse ei-

ner ohnehin mit Problemen belaste-

ten Stadt nicht gänzlich unbeachtet

gelassen hat.

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blick.punkt Halle | I/2008

Über.Blick 13

Donnerstag, 03. April 200818:00-20:30 Uhr in Halle:„Genmais, Gammelfl eisch, Gift im Spielzeug - wie schützen wir die Verbraucherinnen und Verbraucher?“moderiert von Christian Weinert

Dienstag, 08. April 2008, 18:00-20:30 Uhr in Halle: „Mehrgenerationenwohnen – Zweckgemeinschaft oder neues Familien- und Gesellschaftsmodell?“

Dienstag, 22. April 2008,18:00-21:00 Uhr in Halle:„Ei des Kolumbus oder Humboldts Bankrott? Die Bachelor-Master-Reformen und ihre Resonanz“

Dienstag, 27. Mai 2008,18:00-20:00 Uhr: „Geschmiert, gedopt, gekauft – Geht´s auch sauber im Sport?“Podiumsdiskussion mit Sylvia Schenk (Vorsitzende Transparency International) in Kooperation mit der Stadt Halle (Saale) und der Martin-Luther-Universität

KONTAKT:www.fes.de/magdeburg

DRESDEN. Am 9. März 2006 hat die Mehrheit des Dresdner Stadtrates den Beschluss gefasst, die städtische Wohnungsbaugesellschaft WOBA Dresden GmbH an Fortress zu verkaufen. 981 Millionen Euro bot der amerikanische Finanzinvestor – für viele ein unwiderstehliches Angebot.

>> von Sabine Friedel, SPD-Stadträtin in Dresden

Wohnungsverkauf in Dresden - eine Bilanz

Im Vorfeld des Beschlusses gab es Hoffnungen und Ängste. Ein Bür-gerbegehren gegen den vollstän-digen Verkauf scheiterte knapp. „Eine Grundsatzentscheidung für Dresden“ wurde der Verkauf in der Debatte des Rates genannt, über die regionale Presse hinaus fand das „Vorbild“ bzw. der „Tabubruch“ Dresden Beachtung. Nach dem Ver-kauf hat sich das Bild im Dresdner Stadtrat geändert: Die SPD-Fraktion hat gegen den Verkauf gestimmt. Sie verlor ein Mitglied (im Gegensatz zum Rest der Fraktion ein Befürwor-ter des Verkaufs) und gewann ein Mitglied (im Gegensatz zu dessen damaliger Fraktion ein Gegner des Verkaufs). Einen besonders tiefen Riss hinterließ die Entscheidung in der Dresdner Linkspartei, die nun mit zwei Fraktionen im Rat vertreten ist. Seither sind zwei Jahre vergangen. Mieterschutz, Stadtentwicklung, Schuldenfreiheit - die Bilanz über all diese Themen fällt gemischt aus.

Die Landeshauptstadt Dresden ist schuldenfrei. Mit dem Verkaufser-lös wurden alle Verbindlichkeiten getilgt. Runde 40 Millionen Euro Zinsen, die bis dahin jährlich zu zah-len waren, können nun dem Ver-mögenshaushalt zugeführt und für Investitionen verausgabt werden. Das ist einerseits gut: Schulen und Kindertagesstätten, die seit den 90er Jahren von CDU und FDP ver-nachlässigt wurden, werden jetzt saniert. Kluge Entscheidungen und eine vernünftige Prioritätensetzung hat die Schuldenfreiheit trotzdem nicht automatisch hervorgebracht: Noch immer spielen Großprojekte und Mammutinvestitionen (Wald-schlößchenbrücke) die Hauptrolle, noch immer werden Freibäder ge-schlossen und Bibliotheksgebühren erhöht. Seltsamerweise hat so die Schuldenfreiheit zwar tatsächlich eine Entspannung für den Verwal-tungshaushalt gebracht, aber poli-tisch eine Fixierung auf den Vermö-genshaushalt nach sich gezogen. Schuldenfreiheit ist für die Rats-mitglieder der „WOBA-Koalition“ von CDU, FDP, Bürgerfraktion und Linksfraktion (die „Verkäufer-Links-fraktion“) zu einem Wert an sich ge-worden; die Dresdner Hauptsatzung wurde gar mit einem Schuldenver-bot versehen. Momentan droht das Soziale in der Stadt vernachlässigt zu

werden: das Haus für Straßenkinder, der Reiterhof im Problemviertel, der islamische Kulturverein – alle hören immer wieder, dass ihr Anliegen nicht unterstützt werden kann, da sonst die Schuldenfreiheit gefährdet wäre.

Formal existiert die WOBA Dres-den GmbH noch. Wahrscheinlich zu-mindest, denn ganz genau weiß das niemand. Das Unternehmen fi rmiert als Gagfah Group, auch in Dresden. In den Geschäftsberichten der Hol-ding werden die Dresdner Bestände konsolidiert ausgewiesen. Die Be-teiligungsverwaltung der Landes-hauptstadt Dresden, eigentlich für das Vertragscontrolling zuständig, scheint sich auf das Abheften der Gagfah-Pressemitteilungen zu be-schränken. Die Presse- und Öffent-

lichkeitsarbeit wird von einer Agen-tur in Frankfurt am Main betreut, das operative Geschäft von der Esse-ner Konzernzentrale aus gemanagt. Für die Mieter steht eine Hotline zur Verfügung, die von einem Call-Center in Köln betreut wird. Ob sich die WOBA/Gagfah, mit 17 Prozent Marktanteil immerhin der größte Vermieter der Stadt, auch künftig an der Erstellung des Mietspiegels beteiligt, ist derzeit ebenso Gegen-stand von Verhandlungen wie das Engagement bei Stadtentwicklung und Stadtumbau.

Die Verkaufsbefürworterin und „Mutter der Sozialcharta“, Stadträtin Christine Ostrowski, ist mittlerweile aus der Linkspartei ausgetreten und

als Immobilienmaklerin, unter an-derem für die Gagfah Group, tätig. Ein Mieterparadies werde durch die Sozialcharta geschaffen, erklärte sie ihr Engagement für den Verkauf. Auf den zweiten Blick ist das Paradies durchschnittlich – im Sinne des Wor-tes: Die Sozialcharta begrenzt zwar die Möglichkeiten zur Erhöhung der Kaltmiete, um maximal drei Prozent dürfen die Mieten steigen. Aller-dings: im Durchschnitt des Gesamt-bestandes. Bei 48.000 Wohnungen in ganz Dresden sind Mieterhöhun-gen von 10 bis 15 Prozent bei einzel-nen Haushalten durchaus möglich und oft auch geschehen. Während das Unternehmen, als es noch städ-tisch war, pro Jahr in ca. 1.500 Woh-nungen die Mieten moderat anhob, schaffte die Gagfah-WOBA dieselbe Anzahl allein in den ersten drei Mo-naten des Jahres 2007. Gleichfalls deutlich angestiegen sind die Mie-ten der ca. 5.000 Gewerbeeinheiten: neben gut laufenden Restaurants und Geschäften in der Innenstadt oft auch kleine Lebensmittelläden, Nähereien oder Eisenwarengeschäf-te in den Stadtteilen. Das alles ist nur durch viel Mühe, Fragen und Re-cherche zu erfahren, da nach der Pri-vatisierung nun keinerlei Informati-onspfl ichten mehr bestehen. Die Stadtverwaltung scheint das kaum zu kümmern: „Eine Erfassung der Anzahl der Mieterhöhungen scheint in Auslegung der Sozialcharta nicht angebracht, da eine zahlenmäßige Begrenzung der zulässigen Mieter-höhungen nicht vereinbart wurde“, lautet die Antwort auf unbequeme Anfragen.

Was also bleibt? Einerseits eine schuldenfreie Stadt, mit all den Vor-teilen und Möglichkeiten, die sich dadurch bieten. Andererseits ein Marktführer, dessen strategische Ziele nicht mehr von der Stadt und ihren Ratsmitgliedern, sondern von Fondsverwaltern formuliert werden. Eine Frage der Risikofreude sei der Verkauf, so formulierten es die Be-fürworter in der Ratsdebatte. Es sind die Rücken der Dresdner Mieter, die das Risiko tragen müssen.

Fortsetzung in der nächsten Ausgabe: „Konsolidierung mit Augenmaß - SPD-Fraktion im halleschen Stadtrat ver-hindert Komplettverkauf des kommu-nalen Wohnungseigentums“.

Sabine Friedel - Sprecherin für Haushalt und Fi-nanzen sowie Jugendpolitik der SPD-Fraktion im Dresdner Stadtrat und Stadtvorsitzende der SPD in Dresden (Foto: SPD-Fraktion Dresden).

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blick.punkt Halle | I/2008

Über.Blick

WIR SEHEN UNS...

SPD

07.-11. April 2008Parteischulwoche

in Halberstadt

13. April 2008Quartalswandern

der Jusos mit der AG 60plusnach Ferropolis

16. April 2008gemeinsame Veranstaltung

der AsJ, der AfB und der Jusoszum Thema „Jugendkriminalität“

mit Justizministerin Angela Kolb

01. Mai 2008Tag der Arbeit

wie immer auf der Peißnitz

16.-18. Mai 2008Klausurtagung der Jusos

in Schierke/Harzu.a. mit Jens Bullerjahn

21. Mai 2008vorauss. 18: 00 Uhr in Halle

„Prävention oder Panikmache - wiereformieren wir das Blutspenderecht?“

Podium der Schuwusos Halleu.a. mit Gerlinde Kuppe

30. Mai 2008unser SPD-Hoffest

der alljährliche Schlager

HALLE

12. April 2008, 20:15 Uhr Halle/Messe

„Verstehen Sie Spaß“

19. Juni – 06. Juli 2008Kulturinsel und ganz Halle

„Theater der Welt“ in Halle unter dem Motto „Komm! Ins Offene“

05. Juni – 15. Juni 2008„Händelfestspiele“

in Halle unter dem Motto „Geistige Musik im profanen Raum. Von La Resurrezione zum Messiah“

01., 03., 04. Mai 2008jeweils 14:30 Uhr

Goethe-Theater Bad Lauchstädt„Die Zauberfl öte“

von Wolfgang Amadeus Mozart

14

SPD. „Die Sozialdemokratie muss an der Utopie einer sozialen Ordnung ohne Ausbeutung, ohne Erniedrigung, ohne Not und an der Vorstellung von einer Gesellschaft der Freien und Gleichen festhalten, in der die freie Entwicklung eines und einer jeden die Bedingung für die freie Entfaltung aller bleibt. Die Sozialdemokratische Partei wäre zu wenig nütze, wenn sie die reelle Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft nicht hätte und nicht weitertrüge.“ Mit diesen Worten ermahnte Willy Brandt seine SPD, nicht allzu lange vor seinem Tod, diese unsere Geschichte prägende Idee des Demokratischen Sozialismus nicht aufzugeben.

>> von Wolfgang Eichler, Landesvorstandsmitglied SPD Sachsen-Anhalt

Zum Begriff des Demokratischen Sozialismus

Der Begriff des Demokratischen Sozialismus ist ein Synonym für die Vorstellung einer Gesellschaft der Freien und Gleichen, in der unsere Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität in ihrer Einheit ver-wirklicht sind. Diese Vision verlangt eine Ordnung von Wirtschaft, Staat und Gesellschaft, in der die bürgerli-chen, politischen, sozialen und wirt-schaftlichen Grundrechte für alle Menschen gleichermaßen garantiert sind, alle Menschen ein Leben ohne Unterdrückung und Gewalt, also in sozialer und menschlicher Sicherheit führen können.

Konservative haben versucht, die SPD wegen ihres Festhaltens am De-

mokratischen Sozialismus zu diffa-mieren, indem sie suggeriert haben, unsere Vision mit gesellschaftlichen Verhältnissen vor 1989 im Ostblock in Verbindung zu bringen. Wir können aber selbstbewusst argumentieren, dass das Ende des Staatssozialismus sowjetischer Prägung das Konzept des Demokratischen Sozialismus gerade nicht widerlegt, sondern die Orientierung der Sozialdemokratie an ihren Grundwerten eindrucksvoll bestätigt hat. Wir haben allen Anlass, die in sozialdemokratischer Tradition geprägten Begriffe nicht anderen zu überlassen.

In welchem Verhältnis stehen De-mokratischer Sozialismus und Sozi-

ale Demokratie zueinander? Soziale Demokratie ist ein Name für ein richtungspolitisches Programm, das aus den jeweils bestehenden gesell-schaftlichen Verhältnissen im Sinne der Leitidee des Demokratischen So-zialismus formuliert werden muss. Deshalb braucht die SPD von Zeit zu Zeit ein neues Grundsatzprogramm. Wir haben also auf der einen Seite mit dem Demokratischen Sozialis-mus eine zeitlich unabhängige, das heißt unveränderliche Vision, auf der anderen Seite mit der Sozialen Demokratie ein Programm für die nähere Zukunft. Ab und zu ein Blick ins Hamburger Programm hilft uns bei unserer politischen Arbeit.

BUND. In Sorge um die weitere Entwicklung der Deutschen Bahn AG und damit des größten Arbeitgebers in Sachsen-Anhalt hatte sich der Ortsverein Nordost mit einem Antrag zum Bundesparteitag gegen die Bahnprivatisierung in der damaligen von Bundesminister Wolfgang Tiefensee geplanten Form gewandt.

>> von Detlef Wendt, OV Halle-Nordost

Wie weiter mit der Bahn?

Das große Interesse an diesem

Thema zeigten über 30 Anträge mit

ähnlichem Inhalt. Da sich im Vorfeld

bereits elf Landesverbände gegen

die angedachte Form der Privatisie-

rung ausgesprochen hatten und in

den Medien die Absurdität des ur-

sprünglich geplanten Börsenganges

mit einer Quasi-Verschleuderung von

Staatseigentum an private Inves-

toren dargestellt wurde, war unser

Bundesvorstand weise genug einen

bereits abgemilderten Initiativantrag

zur Privatisierung (Stichwort: stimm-

rechtlose Vorzugsaktie) in Hamburg

einzubringen. Doch die Stimmung

im Saal verhieß auch hier wenig Be-

geisterung, vielmehr zeigte sich gro-

ße Zustimmung, als Peter Conradi

(MdB 1972-1998) in einer klaren Rede

eine Privatisierung grundsätzlich

ablehnte und die längst überfällige

verkehrspolitische Führung der Bahn

durch den Bund forderte: „Mehdorn

und sein Aufsichtsrat tanzen dem

100%-Eigentümer so auf der Nase

herum, wie das in keinem anderen

Unternehmen in diesem Land mög-

lich wäre.“ Nur mit seinem ganzen

politischen Gewicht konnte Kurt Beck

zwischen völliger Ablehnung (Inhalt

eines Antrages aus Berlin) und dem

Antrag des Vorstandes vermitteln

und somit dessen Gesicht wahren.

Erstaunlicherweise arbeiten zwei

Bundesminister gegen den in Ham-

burg beschlossenen Wunsch der

Parteimehrheit: Steinbrück und Tie-

fensee haben mit dem Bahnvorstand

ein Holdingmodell erarbeitet, dass

die folgenden zentralen Punkte des

Parteitagsbeschlusses missachtet: (1)

Keine Trennung von Zügen und Netz,

also keine Zerschlagung der Bahn. (2)

Wenn privates Kapital, dann in Form

stimmrechtsloser Vorzugsaktien.

Im geplanten Holdingmodell soll es

eine Netz-, Transport- und Logistik-

Holding geben, zudem sollen normale

Aktien akzeptiert werden. Außerdem

besteht die Ansicht, dieses Holding-

modell müsse nicht vom Bundestag

beschlossen werden, sondern nur

vom Vorstand der Bahn AG - all dies

im Gegensatz zu den in Hamburg ge-

fassten Beschlüssen.

Fehlendes Kapital und die Öffnung

des europäischen Marktes werden

„gebetsmühlenartig“ als Gründe

für eine Privatisierung genannt. Da-

bei hätte die Bahn genug Kapital,

wenn sie nicht im Stile eines „Glo-

bal Players“ weltweit Unternehmen

aufkaufen würde. Die Bahn ist laut

Grundgesetz Teil der Daseinsvorsor-

ge. Vielleicht schauen die Manager

der Bahn, die zum großen Teil aus der

Flugzeugindustrie kommen, einmal

kurz Richtung Schweiz: Dort zeigt

eine Staatsbahn, dass auch ohne Pri-

vatisierung effi zient und erfolgreich

gewirtschaftet werden kann. Kun-

denbindung statt Schnäppchenjagd

bestimmt dort die Preisgestaltung.

Also, Genossen, bleibt wachsam,

noch ist die Privatisierung der Bahn

nicht vom Tisch - sonst wird sich DIE

LINKE daran laben!

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blick.punkt Halle | I/2008

Über.Blick

THEATER DER WELT

Theater der Welt wurde 1981 vom deutschen ITI (Internationales Theater Institut) begründet. Alle drei Jahre präsentiert das Festival richtungweisende Entwicklungen und Leistungen des Theaters nicht nur aus Deutschland, sondern aus aller Welt. Dass die Stadt Halle in diesem Jahr Gastgeberin ist, ist eine Überraschung, denn bisher fand das Festival in Großstädten wie München oder Köln mit hohen Budgets für die Theaterlandschaft statt. In der Zeit vom 19. Juni bis 06. Juli 2008 wird die Theaterwelt in Halle zu Gast sein und auf unsere Stadt schauen. Die künstlerische Leitung wird bei nt-Intendant Christoph Werner liegen.

„Komm! Ins Offene“ ist das Motto des Festivals. Dabei handelt es sich um ein Zitat des Dichters Friedrich Höderlin, welches gut zur Intension des Festivals passt. Auf der einen Seite die Aufforderung, wieder mal ins Theater zu gehen und gemeinsam etwas vielleicht Neues zu erleben und auf der anderen Seite ein Ziel, welches viel versprechend ist und verlockend.

Uns erwartet ein Programm, welches von 500 Künstlern aus fünf Kontinenten gestaltet wird, 18 Tage, 18 verschiedene Spielstätten, Premieren, Uraufführungen und andere noch nicht in Halle gewesene Superlative. Als Bühne werden nicht nur die „Bretter“ des nt dienen, sondern die gesamte Stadt inklusive der Franckeschen Stiftungen, Oper, Stadtgottesacker, Halle-Neustadt und Kurt-Wabbel-Stadion. Auch Halloren, Hallenser und Hallunken werden die Chance haben, aktiv in das Treiben einzugreifen.

Natürlich wird das Programm des Festivals vielfältig sein, trotzdem sei eine Aufführung exemplarisch erwähnt. Das Kurt-Wabbel-Stadion wird eine „One-Man-Show“ erleben. 34 Jahre nach dem Fußballklassiker BRD - DDR bei der WM´74 wird ein Künstler die Wege des Jürgen Sparwasser nachgehen, die er auf dem Rasen damals gegangen und gelaufen ist. Die Zuschauer haben die Möglichkeit an einem Transistorradio den Kommentatoren der DDR und der BRD zu lauschen und natürlich dem Aktiven auf dem Rasen zuzujubeln, ihn anzufeuern und mit ihm mitzufi ebern, auch wenn das Ergebnis jedem bekannt ist.

von Katharina Hintz

15

Über die beiden zentralen Aspekte

des EEG haben sich natürlich insbeson-

dere die großen deutschen Energiever-

sorger intensive Gedanken gemacht

und deshalb gemeinsam ein Konsor-

tium gebildet, die Deutsche Energie

Agentur, kurz DENA. Die DENA hat

eine wissenschaftliche Studie anferti-

gen lassen, die sich damit beschäftigt

darzustellen, bis wann welche regene-

rativen Leistungen zu entwickeln sind,

um die Vorgaben aus dem EEG zu er-

reichen.

Die momentan wichtigste regenera-

tive Energiequelle ist die Windenergie.

Hier lag die Leistung im Jahr 2007 bei

ungefähr 21 Gigawatt (GW). Im Jahr

2020 sollen es ca. 54 GW sein. Wer jetzt

an dieser Stelle erschrickt und denkt,

dass in gut zehn Jahren niemand mehr

den Wald vor lauter Windanlagen

sieht, dem sei gesagt, dass es nur noch

einen geringen Ausbau von Onshore-

Anlagen geben wird. Dies liegt daran,

dass die für Windkraftanlagen geeig-

neten Flächen weitestgehend belegt

sind. Der Energiezuwachs wird durch

Offshore-Anlagen in der Nord- und

Ostsee erreicht. Eine weitere Erhöhung

wird durch das so genannte „Repowe-

ring“ erreicht. Dies sind Effi zienzstei-

gerungen durch den Austausch alter

Anlagen durch neue leistungsstärkere

Anlagen.

Weitere wesentliche regenerative

Energien sind die Photovoltaik, Was-

serkraft und Biomasse. Zum Vergleich:

Ein durchschnittliches Kernkraftwerk

erzielt ca. 1 GW und ein Kohlekraft-

werk liegt ebenfalls bei knapp 1 GW.

Allerdings ist der Nutzungsgrad bei

Kraftwerken wesentlich höher.

Die Einspeisung von Windenergie

erfordert Ausbaumaßnahmen in das

Hoch- und Höchstspannungsnetz.

Windenergieanlagen befi nden sich

aber in Regionen mit geringerem

Strombedarf. Hier müssen Leitungen

errichtet werden, um den Strom in

Regionen mit hohem Energiebedarf

zu transportieren. Ebenso muss für die

Einspeisung von Windenergie - insbe-

sondere bei Starklast - eine Verletzung

des (n-1)-Kriteriums vermieden wer-

den, welches als Kriterium zur Netz-

sicherheit defi niert worden ist und

besagt, dass zu jeder Zeit ein elektri-

sches Betriebsmittel, Transformator,

Leitung oder Kraftwerk ausfallen darf,

ohne dass es zu einer Überlastung ei-

nes anderen Betriebsmittels kommen

darf oder gar zur Unterbrechung der

Energieversorgung.

Bis in das Jahr 2010 sind 460 km Neu-

bau und bis 2020 sogar 1900 km Neu-

bau von 380-Kilovolt-Trassen geplant.

Netzverstärkungen bestehender Tras-

sen werden bis 2020 bei ca. 850 km

liegen. Bis 2020 werden hierfür Kosten

von ca. 3 Milliarden Euro anfallen. Mei-

ner Meinung nach werden sich diese

Kosten aber wesentlich erhöhen. Zum

einen wird der Stahlpreis weiter stark

steigen und zum anderen werden die

Kosten aus Umplanungen durch die

Genehmigungsverfahren höher sein

als kalkuliert.

Der weitere Ausbau der Windenergie

- und anderer regenerativer Energi-

en - wird auch zukünftig einen hohen

Aufwand in die Netzerweiterung und

Sanierung erforderlich machen. Nach

2015 könnte dann sogar bei Stark-

wind und geringem Strombedarf die

Netzlast geringer sein, als die ins Netz

eingespeiste Windenergieanlagenleis-

tung einschließlich der sonstigen rege-

nerativen Erzeugungen. Dies bedeu-

tet, dass aus Sicht der Leistungsbilanz

gemäß EEG-Vorrangregelung die kon-

ventionellen Erzeugungseinheiten so-

gar vollständig vom Netz genommen

werden müssten. Wie sich aber jeder

vorstellen kann, ist die Schwankung

der Stromerzeugung zwischen Stark-

wind und Flaute extrem hoch. Zur Aus-

gleichung bedarf es auch zukünftig an

Kraftwerken. Man kann es als Reserve

für „schlechte Zeiten“ ansehen.

Die Form und Art der Kraftwerke ist

politisch durchaus diskutierbar. Eine

komplette Stromversorgung ohne

Atomkraft ist realistisch. Ob in dem

politisch beschlossenen Zeitrahmen

(bis 2021), ist aus heutiger Sicht aber

fraglich und sollte in vernünftiger Art

und Weise diskutiert werden. Kohle-

kraftwerke bieten eine Alternative zur

Atomenergie. Kurzfristig müssen alte

Anlagen ersetzt werden, um CO2-Emis-

sionen weiter zu reduzieren. Moderne

Anlagen können und werden eine sinn-

volle Ergänzung zur Windenergie sein,

denn ganz ohne Kraftwerke wird auch

in den nächsten Jahrzehnten unsere

Energieversorgung nicht funktionieren.

Angedachte CO2-freie Kraftwerke

sind durchaus kritisch zu betrachten.

Hier sollen mittels CO2-Erdleitungen

die Gase in Salzstöcken transportiert

und gelagert werden. Es gibt aber

planungstechnisch keine rechtlichen

Grundlagen der Zwangseinweisung

bzw. Enteignung von Grundstücksei-

gentümern, die vom Leitungsverlauf

betroffen wären. Solche Leitungen be-

kommt man also nach jetzigem Geset-

zesstand überhaupt nicht gebaut!

Zur Atomenergie ist anzumerken,

dass hier eine gesamteuropäische Lö-

sung angestrebt werden muss, denn

auch Strom - v.a. Atomstrom! - wird

aus unseren Nachbarländern impor-

tiert. Hier ist sicherlich die Politik ge-

fordert. Also auch wir!

BUND. Das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) ist mit zwei wesentlichen Aspekten verabschiedet worden. (1) Zum einen soll der Anteil an regenerativen Energieerzeugungen auf bis zu 50% im Jahr 2050 gesteigert werden und (2) zum anderen sollen und muss der CO

2 Ausstoß reduziert werden.

>> von Rainer Koehne, OV Halle-Nordost

Das Erneuerbare Energien Gesetz

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blick.punkt Halle | I/2008

Tief.punkt

DIE AUTOREN

Gernot BorrissVors. SPD-Stadtverband Leipzig

Sabine FriedelSPD-Stadträtin in Dresden

Vors. SPD-Stadtverband Dresden

Ulrich StockmannMitgl. d. europ. Parlaments

Rüdiger FikentscherOV Halle-Nordost

Landtagsvizepräsident

Barbara HöckmannVors. AWO-OV Halle Nord

Thomas FelkeOV Halle-Neustadt

Landtagsabgeordneter

Wolfgang EichlerSPD-Landesvorstand

Christian WeinertOV Halle-Mitte

Vorstand Schwusos Halle

Marcus SchlegelmilchOV Halle-Nordwest

Koordinator Juso-AG Rechts

Felix PeterOV Halle-Mitte

Vors. AG für Bildung

Katharina Hintzstellv. Vors. OV Halle-Mitte

Beisitzerin im Stadtvorstand

Ivo GorischOV Halle-Mitte

Jens AbendrothOV Halle-Mitte

Klaus-Dieter WeißenbornVors. OV Halle-Neustadt

Christopher KurzkeOV Halle-Nordwest

Beisitzer im Stadtvorstand

Detlef WendtOV Halle-Nordost

Rainer KoehneBeisitzer OV Halle-Nordost

Andrej StephanOV Halle-Nordost

Vors. Jusos Halle

Norwin DornOV Halle-Neustadt

Vors. AG60plus

Mario KerzelOV Halle-Nordost

16

BUND. Schon in den ersten Stunden der Affäre um Ex-Postchef Klaus Zumwinkel und das Steuerparadies Liechtenstein bemühte sich Guido Westerwelle, die allseits bekannte liberale „One-Man-Drei-Groschen-Oper“, vor die Presse, um mit einem richtig schlechten Witz die (für ihn) rhetorische Frage zu stellen, ob man Steuerhinterzieher denn nun lebenslänglich hinter Gitter sperren wolle.

>> von Andrej Stephan, Redaktion blick.punkt Halle

Steuerpolemik

Der Westerwelle-Kommentar ziel-

te aber, wie andere Schnellschüsse

auch, am eigentlichen Problem mei-

lenweit vorbei: Schlussendlich geht

es doch wohl darum, dass das Zah-

len (oder Nicht-Zahlen) von Steuern

in Deutschland von einigen als läs-

tige Pfl icht begriffen wird, der man

sich nach Möglichkeit mehr oder

minder gekonnt entzieht, von ande-

ren aber als Anknüpfungspunkt für

Populismen genutzt wird, die nach

dem Prinzip der Wetterfahne ent-

standen zu sein scheinen.

Vom rechtskonservativen Rand des

Parteienspektrums ist zu hören, das

deutsche Steuerrecht müsse jetzt

endlich entwirrt und entspannt

werden, natürlich unter Einschluss

gewaltiger Absenkungen der Steu-

ersätze, dann würde auch bereit-

williger bezahlt. Vom anderen Rand

ist zu hören, hier lasse sich wieder

idealtypisch der Geist des Kapita-

lismus und seiner Ikonen schauen:

Parasiten, Ausbeuter und Antisozia-

le, Betrüger, Schurken, Schergen des

Profi ts und Schwindler, soweit das

Auge reicht.

Alles Humbug, alles künstliche

Aufregung – eine Debatte zum Ab-

gewöhnen also? Nicht ganz! Der Ek-

lat um die Möglichkeit, in Deutsch-

land erwirtschaftetes Geld in Liech-

tensteiner Stiftungen zu deponieren

(oder sich damit nach Monaco oder

in die Schweiz abzusetzen; die Nie-

derländer, weil wir bekanntlich eu-

ropäisch denken, bevorzugen hin-

gegen ihre ehemaligen Kolonien in

der Karibik; die Briten auch), unter-

streicht ein deutsches Mentalitäts-

problem in zweierlei Hinsicht: Zum

einen besteht in einigen Fällen in der

Tat der Unwillen, zum Gemeinwesen

(von dem man auch profi tiert oder

profi tiert hat; beim Studium etwa)

als starke Schulter beizutragen – zum

anderen spiegelt die ganze Steuerge-

schichte beispielhaft den deutschen

Hang, neidtriefend und hasserfüllt

gegen „die Wirtschaft“ oder „die

Manager“ zu hetzen, obwohl das

Geschehen um Zumwinkel (sicher

nur eine Eisbergspitze) doch selbst

in größeren Ausmaßen zu nicht

mehr Anlass gibt als zum Ärger dar-

über, wie sich Einzelpersönlichkeiten

(zum Zeitpunkt: etwa tausend), die

eigentlich Vorbildcharakter haben

müssten, an Prinzipien versündigen,

die man für etabliertes gesellschaft-

liches Gemeingut hielt.

Natürlich macht es keinen Spaß,

große Teile von zum Teil unter frag-

würdigen Bedingungen erwirtschaf-

teten Einkünften oder Vermögen an

einen Peer Steinbrück abzweigen zu

müssen. Eine Rechtfertigung, die-

se Vermögen in die so genannten

Steueroasen abzuzweigen, liegt hier

nicht. Sondern in der Tat der Hang zu

dem, was Hubertus Heil neue Anti-

Sozialität genannt hat. Manche der

Erwählten und Erleuchteten schei-

nen ihre sportlichen Ambitionen

beim Hinter-die-Fichte-Führen des

Fiskus schon länger zu pfl egen als

die Union schwarze Kassen.

Viel weniger aber liegt hier noch

ein vernünftiger Grund für Häme,

Neid und Frustabbau: Die Bundesre-

publik Deutschland braucht wohl in

der Tat eine Debatte darüber, warum

hier von wem und in welchem Um-

fang Steuern zu zahlen sind.

Deshalb: Aus der Diskussion um

die Steuerhinterziehungen und um

Liechtenstein gehört ganz schnell

die heiße Luft gelassen, das Kernpro-

blem liegt anderswo – Deutschland

versteht sich auch 2008 noch nicht

als eine Solidargemeinschaft, in der

das gemeine SPD-Mitglied gern lebt,

arbeitet und politisiert, sondern ist

im Gegenteil auf einem perversen

Ego-Trip, dessen Intensität noch zu-

zunehmen scheint.

Bestimmt muss über kurz oder

lang das deutsche Steuerrecht ent-

krampft werden (auch wenn dann

Dutzende rechtswissenschaftlicher

Verlage um ihre Existenz fürchten

müssen); Die Berechtigung des Rufs

nach Steuersenkungen erschließt

sich dem gemeinen Sozi und/oder

Juso aber nicht: Wohltaten werden

gewährt, wenn wir uns das leisten

können. Bis dahin sind 1500 Milliar-

den Staatschuld aber immer wieder

ein schlechtes Gewissen.

Für alle, die nicht willens sind, dazu

beizutragen, auch wenn ihr indivi-

duelle Beitrag höher sein muss als

jener vom Fließbandarbeiter in Ei-

senach oder von Kurt Becks sprich-

wörtlichen Frisörinnen und Dach-

deckern, kann es nur eine Option

geben: Den konsequenten Abschied

aus Deutschland und der Wegzug

an schönere Plätze (die gibt es si-

cherlich) unter Wechsel der Staats-

bürgerschaft. Für alle, die Michael

Schumacher und Boris Becker besser

leiden können als der Autor, hieße

das aber auch das Ende einer uner-

träglich verklärenden und betäu-

benden Ikoneninszenierung durch

Bild und RTL. Ein Verlust?