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272 | Pharm. Unserer Zeit | 33. Jahrgang 2004 | Nr. 4
T R E F F P U N K T FO R SC H U N G |
M E D IZ I N |Neues Asthma-assoziiertes GenidentifiziertEin finnisches Forscherteam hatdurch die genetischen Analysenverschiedener geographisch iso-lierter Populationen zwei neueGene identifiziert, deren Verlustoder Inaktivierung das Risiko er-höhen, eine asthmatische Erkran-kung zu entwickeln. Eines dieserGene kodiert für einen bislangnicht charakterisierten G-Protein-gekoppelten Rezeptor.
Wie in allen Lebenswissenschaftenspielen molekularbiologische Metho-den auch in der medizinischen undpharmazeutischen Forschung einezunehmend große Rolle. Für diepharmazeutische Forschung kann dieMolekularbiologie vor allem zweiBeiträge leisten: die Produktionhochaktiver Proteinarzneimittel ("Bio-logika") und die Identifizierung vonZielstrukturen für die Entwicklungneuer Arzneistoffe. Eine kürzlich ver-öffentlichte Studie einer Arbeits-gruppe von der Universität Helsinki[1] hat in beeindruckender Weise ge-zeigt, wie die Kombination modernerhumangenetischer Analysen mit derAnwendung von Methoden aus derGenomforschung – und nicht zuletztder Nutzung der Daten aus dem Hu-manen Genomprojekt – in Zukunftauch die Grundlagen multigenetischbedingter Krankheiten aufklären undder pharmazeutischen Forschungund Entwicklung neue Ziele zurWirkstoffentwicklung liefern kann.
Die Mitarbeiter der finnischen Ar-beitsgruppe untersuchten Blutpro-ben finnischer Asthmatiker und ver-glichen sie mit gesunden Personen.Die Forscher gingen in ihren Über-legungen davon aus, dass die relativegeographische Isolierung der finni-schen Population ein genetisch rela-tiv einheitliches und deshalb einfa-cher zu analysierendes Kollektiv fürdie Identifizierung von Asthma-asso-
ziierten Genen darstellen könnte. DieForscher identifizierten zunächst eine 20 Millionen Basenpaare großeRegion auf Chromosom 7, die ein-deutig mit einem erhöhten Risiko zurEntwicklung asthmatischer Erkran-kungen assoziiert war. Die Regionauf Chromosom 7 wurde systema-tisch sequenziert, um möglichst vieleindividuelle Sequenzen von Asthmati-kern und Gesunden miteinander undmit der Referenzsequenz des Huma-nen Genomprojektes vergleichen zukönnen. Es wurden sieben Unter-schiede (sogenannte Haplotypen) inder untersuchten DNA auf Chro-mosom 7 gefunden. Drei der siebenMutationen waren in 50 % der Asth-matiker vorhanden. Um zu zeigen,dass diese offenbar mit einem erhöh-ten Asthma-Risiko verbundenen Mu-tationen nicht nur in der finnischenPopulation vorkommen, sondern ge-nerelle Risikofaktoren für die Ent-wicklung einer asthmatischen Erkran-kung sind, wurden weitere Blutpro-ben aus einem Kollektiv von Asthma-tikern und gesunden Probanden ausQuebec (Kanada) untersucht. DieseUntersuchungen bestätigten die Re-
sultate und legten den Schluss nahe,dass das Vorkommen der identifizier-ten Haplotypen das Risiko an Asthmazu erkranken um den Faktor 2,5 er-höht.
Der mit dem erhöhten Asthma-Ri-siko assoziierte Bereich auf Chromo-som 7 wurde durch weitere geneti-sche Analysen letztlich auf 133.000Basenpaare eingegrenzt. Innerhalbdieser Region liegen zwei Gene. Daserste Gen kodiert für ein Protein mitÄhnlichkeit zu G-Protein-gekoppeltenRezeptoren (GPRA, G-protein-coup-led receptor for asthma susceptibili-ty). Das hypothetische Protein deszweiten Gens zeigt keine Ähnlichkei-ten zu bekannten Proteinen (AAA1,asthma-associated alternatively spli-ced gene). Während GPRA eindeutigein funktionelles Genprodukt ko-diert, ist es zweifelhaft, ob das hypo-thetische AAA1-Gen tatsächlich inein funktionelles Protein translatiertwird. Durch immunhistochemischeFärbungen von Bronchialgewebewurde gezeigt, dass GPRA vorwie-gend in Glatten Muskelzellen undEpithelzellen exprimiert wird. DieExpression von GPRA ist in Geweben
Asthma-Prävalenz nach der European Community Respiratory Health Survey I Studie (Quelle: Homepage der European Community Respiratory Health Surveyhttp://www.ecrhs.org/home.htm).
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von Asthmatikern und gesundenPersonen deutlich verschieden, waseine Bedeutung des Rezeptors beider Entstehung von Asthma nahelegt. Dieser Schluss wird durch Er-gebnisse in einem Mausmodell unter-stützt, in dem Asthma-ähnlicheErkrankungen simuliert werden kön-nen. In diesem Modell war die Ex-pression der mRNA des Maus-GPRAnach Induktion der Erkrankungsignifikant erhöht.
Was diese Studie besonders be-deutsam macht, ist die Tatsache, dassmöglicherweise eine neue Zielstruk-tur für die Therapie von Asthma ge-funden wurde. G-Protein-gekoppelteRezeptoren sind klassische Objekteder pharmakologischen Forschungund Wirkstoffentwicklung. Die Er-gebnisse der finnischen Studie zeigendas Potenzial, das in den 616 immenschlichen Genom identifiziertenG-Protein-gekoppelten Rezeptoren[2] liegt, von denen heute erst ein Bruchteil pharmakologisch unter-sucht sind.
Literatur:[1] Laitinen, T. et al. Characterization of a
common susceptibility locus for asthma-related traits. Science 304, 300-304(2004).
[2] Lander, E.S. et al. Initial sequencing andanalysis of the human genome. Nature409, 860-921 (2001)
Thomas Winckler, Frankfurt
M E D IZ I N |Curcumin als Mittelder Wahl bei Cystischer Fibrose?Cystische Fibrose ist mit einer Inzidenz von 1/2.500 bis 1/1.600die häufigste autosomal-rezessiveErbkrankheit in Mittel- und Nord-Europa. Ungefähr jeder Zwanzigs-te ist Träger eines defekten Allels.Jetzt ist ein Naturstoff gefundenworden, der den Defekt bei Cystischer Fibrose (CF) korrigierenkönnte.
Verantwortlich für ca. 69 % der FälleCystischer Fibrose ist die Muation∆F508 im cystic fibrosis transmem-brane conductance regulator (CF-TR), einem transmembranären Pro-tein, das als cAMP-abhängiger Chlo-ridkanal in Drüsenzellen vorkommt.Erstaunlicherweise ist das Phenyl-alanin an Position 508 des Proteinsnicht für die Funktion des Chlorid-kanals nötig, aber es beeinflusst ganzentscheidend den intrazellulärenTransport des Proteins vom Endo-plasmatischen Reticulum (ER) zurZellmembran: Die ∆F508-Mutantekommt nicht durch die interne„Qualitätskontrolle“ der Chaperone-Proteine im ER-Lumen und wird des-halb in Proteasomen abgebaut. DieseER-Chaperone sind wiederum Ca2+-bindende Proteine, so dass eine Ver-ringerung der Ca2+-Konzentration imER ihre Tätigkeit beeinträchtigt. Be-kannte Inhibitoren der Ca2+-Pumpedes Sarkoplasmatischen/Endoplasma-tischen Reticulums, wie z.B. Curcu-min, sollten also ermöglichen, dassdie ∆F508-Mutante des CFTR in dieZellmembran eingebaut wird.
Um diese Theorie zu überprüfen,fütterte die Gruppe um Michael Caplan von der School of Medicineder Yale University Curcumin anMäuse, die entweder homozygoteTräger der ∆F508-Mutation warenoder bei denen beide Allele des CFTR-Gens deletiert waren. Gleich-gültig ob die ∆F508-CFTR-Mäuse ein-mal täglich 45 mg/kg KG oder drei-mal täglich 15 mg/kg KG Curcumin erhielten, war das gemessene Mem-branpotenzial an Nasenschleimhaut-epithelien nach Reizung mit Amiloridund Isoproterenol vergleichbar mitdem gesunder Mäuse, während beiunbehandelten ∆F508-CFTR-Mäusenkeine Hyperpolarisation der Mem-
Transkription
mRNA
ERTranslation
Ca2+
Calnexin
SERCA
Golgi
CFTR
TranskriptionmRNA
ERTranslation
Calnexin
SERCA
Golgi
Abbau imProteasom
TranskriptionmRNA
ERTranslation
Calnexin
SERCA
Golgi
∆F508-CFTR
Curcumin
A B B . 2 CFTR wird in normalen Drüsenzellen (links) am ER translatiert und nach weiteren Modifikatio-nen über den Golgi-Apparat in die Zellmembran eingebaut. Bei einer homozygoten ∆F508-CFTR-Mutationwird das defekte Protein durch das Ca2+-bindende Chaperone Calnexin aussortiert und dem Abbau durchProteasomen zugeführt (mitte). Nach Zugabe von Curcumin fehlt Ca2+ im ER-Lumen und das Calnexinkann das mutierte CFTR nicht aussondern. Das mutierte, aber funktionsfähige Protein kann, wie in dergesunden Zelle, über den Golgi-Apparat in die Zellmembran gelangen (rechts).
OCH3H3CO
HO
O O
OH
H
A B B . 1 | C U RC U M I N …
… ist ein Naturstoff, der z.B. in der Javanischen Gelb-wurz, Curcuma xanthorrhiza, vorkommt.