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Da sich die mattierte Oberfläche nicht mit bekannten Reflektometern beurtei- len lässt, war letztendlich das subjekti- ve Empfinden für die Glanzgradfest- legung entscheidend. Ausdrücklicher Wunsch des Kunden war, dass das Beschichtungsergebnis nicht die grobe „pixelige“ Struktur von DryBlend-Ober- flächen klassischer Pulverlacke auf- weist. Die Oberfläche sollte dagegen samtig und weich anmuten. Eine zusätzliche Herausforderung stellte die Abhängigkeit des Glanzgra- des von der applizierten Pulverlack- schicht dar. Hier war die Zielsetzung, dem Verarbeiter ein möglichst breites prozesssicheres Applikationsfenster zu liefern. Innerhalb des Gesamtprojektes konn- te das Produkt zielgerichtet verbessert und an die Applikationsgegebenheiten des Kunden angepasst werden. Dadurch sind die Mechanismen bekannt, wie auf spezielle Konstellationen in Beschich- tungsanlagen reagiert werden kann. hersteller beziehungs- weise der Automobil- industrie zu erfüllen. Erfolgreiche Entwicklungsarbeit Beim Screening der Rohmaterialien ging es primär darum, den „chemischen Pfad“ der klassischen Acryl-Pulverklar- lacke – so genannte GMA-Acrylate – nicht zu verlassen, um die herausra- genden Eigenschaften bezüglich Witte- rungs- und Korrosionsstabilität nicht zu gefährden. Außerdem war die Zielset- zung, eine Grundverträglichkeit mit glänzenden Acryl-Pulverlacken zu errei- chen, was auch nur mit einer vergleich- baren chemischen Basis möglich schien. In enger Zusammenarbeit mit Roh- stoffherstellern wurde von der verant- wortlichen Entwicklungsgruppe eine Vielzahl von geeigneten Mattierungen geprüft. Es lagen vergleichbare Flüssig- lackoberflächen als ungefähre Zielgrö- ße vor. Diese konnten jedoch auf Grund der unterschiedlichen Eigenschaften des Pulverlacks im Vergleich zum Flüssig- lack nicht eins zu eins nachgestellt werden. In Zusammenarbeit mit einem Projektkunden wurden verschiedene Glanzgrad-Einstellungen diskutiert und deren Wirkungen auf Originalrädern im Gesamtaufbau verglichen. _____ Die Beschichtung von Leichtme- tallrädern wird heute insbesondere bei Neuanlagen mit Acryl-Pulverklarlacken durchgeführt. Die Räder werden ein- schichtig oder im Mehrschichtaufbau – Pulverlackgrundierung und wässri- ger oder lösemittelhaltiger Basislack – mit Acryl-Pulverklarlack als Topcoat beschichtet. Die optischen Anforde- rungen verlangen höchste Transparenz, einen maximal möglichen Glanzgrad und optimale Verlaufseigenschaften. Die Zielsetzung ist nun, neue Mög- lichkeiten des optischen Erscheinungs- bildes zu schaffen. Neben der klassi- schen Hochglanzoptik gewinnen Chrom- oberflächen in Europa wieder zuneh- mend an Bedeutung. In Teilbereichen des Premium-Segmentes werden mat- tierte Flüssigdecklacksysteme einge- setzt. Diese Decklacksysteme erzeugen mit geeigneten Basislacken in Silber oder Schwarz-Metallic eine sehr edle Oberflächenoptik. Die Automobil-Bran- che möchte mit einem modernen Pul- verlacksystem diese Design-Möglich- keiten ausnutzen und in einem breiteren Segment anwenden. Die Firma FreiLacke startete eine Neu- entwicklung für einen mattierten Acryl- Pulverklarlack, um so neue Design-Mög- lichkeiten zu generieren und dabei alle Spezifikationsanforderungen der Räder- 46 JOT 9.2006 lacke Bei der Lackierung von Leichtmetall-Rädern im Einschicht- oder Mehrschichtaufbau sind Acryl- Pulverlacke längst zum Standard geworden. Bisher erfolgt die Beschichtung nur mit hochglänzenden Systemen. Die Entwicklung eines matten Acryl-Pulverlacks eröffnet neue Design-Möglichkeiten. Matter Acryl-Pulverklarlack Neues Design für Leichtmetall-Räder

Neues Design für Leichtmetall-Röder

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Da sich die mattierte Oberfläche nichtmit bekannten Reflektometern beurtei-len lässt, war letztendlich das subjekti-ve Empfinden für die Glanzgradfest-legung entscheidend. AusdrücklicherWunsch des Kunden war, dass dasBeschichtungsergebnis nicht die grobe„pixelige“ Struktur von DryBlend-Ober-flächen klassischer Pulverlacke auf-weist. Die Oberfläche sollte dagegensamtig und weich anmuten.

Eine zusätzliche Herausforderungstellte die Abhängigkeit des Glanzgra-des von der applizierten Pulverlack-schicht dar. Hier war die Zielsetzung,dem Verarbeiter ein möglichst breitesprozesssicheres Applikationsfenster zuliefern.

Innerhalb des Gesamtprojektes konn-te das Produkt zielgerichtet verbessertund an die Applikationsgegebenheitendes Kunden angepasst werden. Dadurchsind die Mechanismen bekannt, wie aufspezielle Konstellationen in Beschich-tungsanlagen reagiert werden kann.

hersteller beziehungs-weise der Automobil-industrie zu erfüllen.

Erfolgreiche Entwicklungsarbeit

Beim Screening der Rohmaterialienging es primär darum, den „chemischenPfad“ der klassischen Acryl-Pulverklar-lacke – so genannte GMA-Acrylate –nicht zu verlassen, um die herausra-genden Eigenschaften bezüglich Witte-rungs- und Korrosionsstabilität nicht zugefährden. Außerdem war die Zielset-zung, eine Grundverträglichkeit mitglänzenden Acryl-Pulverlacken zu errei-chen, was auch nur mit einer vergleich-baren chemischen Basis möglich schien.

In enger Zusammenarbeit mit Roh-stoffherstellern wurde von der verant-wortlichen Entwicklungsgruppe eineVielzahl von geeigneten Mattierungengeprüft. Es lagen vergleichbare Flüssig-lackoberflächen als ungefähre Zielgrö-ße vor. Diese konnten jedoch auf Grundder unterschiedlichen Eigenschaften desPulverlacks im Vergleich zum Flüssig-lack nicht eins zu eins nachgestellt werden. In Zusammenarbeit mit einemProjektkunden wurden verschiedeneGlanzgrad-Einstellungen diskutiert undderen Wirkungen auf Originalrädern im Gesamtaufbau verglichen.

_____ Die Beschichtung von Leichtme-tallrädern wird heute insbesondere beiNeuanlagen mit Acryl-Pulverklarlackendurchgeführt. Die Räder werden ein-schichtig oder im Mehrschichtaufbau– Pulverlackgrundierung und wässri-ger oder lösemittelhaltiger Basislack –mit Acryl-Pulverklarlack als Topcoatbeschichtet. Die optischen Anforde-rungen verlangen höchste Transparenz,einen maximal möglichen Glanzgradund optimale Verlaufseigenschaften.

Die Zielsetzung ist nun, neue Mög-lichkeiten des optischen Erscheinungs-bildes zu schaffen. Neben der klassi-schen Hochglanzoptik gewinnen Chrom-oberflächen in Europa wieder zuneh-mend an Bedeutung. In Teilbereichendes Premium-Segmentes werden mat-tierte Flüssigdecklacksysteme einge-setzt. Diese Decklacksysteme erzeugenmit geeigneten Basislacken in Silberoder Schwarz-Metallic eine sehr edleOberflächenoptik. Die Automobil-Bran-che möchte mit einem modernen Pul-verlacksystem diese Design-Möglich-keiten ausnutzen und in einem breiterenSegment anwenden.

Die Firma FreiLacke startete eine Neu-entwicklung für einen mattierten Acryl-Pulverklarlack, um so neue Design-Mög-lichkeiten zu generieren und dabei alleSpezifikationsanforderungen der Räder-

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Bei der Lackierung von Leichtmetall-Rädern im Einschicht- oder Mehrschichtaufbau sind Acryl-Pulverlacke längst zum Standard geworden. Bisher erfolgt die Beschichtung nur mit hochglänzenden Systemen. Die Entwicklungeines matten Acryl-Pulverlacks eröffnet neue Design-Möglichkeiten.

Matter Acryl-Pulverklarlack

Neues Design fürLeichtmetall-Räder

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Vielversprechende Prüfergebnisse

Geprüft wurden die für hochglänzen-de Acryl-Pulverklarlacke gültigen Spe-zifikationen. Grundlage, dass das Pro-dukt bei allen klimatischen Bedingun-gen eingesetzt werden kann, ist die opti-male Haftung des Gesamtaufbaus aufdem Substrat, welches chromatiert oderchromfrei vorbehandelt ist, und dieZwischenschichthaftung des Basislacksauf der Pulverlack-Grundierung sowiedie Haftung des Acryl-Pulverdecklacksauf dem Basislack.

Bekanntermaßen fordert die Räder-industrie als klimatische Bewitterungs-prüfung in erster Linie den so genann-ten CASS-Test nach DIN 50 021 CASS(kupferchloridhaltige, essigsaure Salz-sprühnebelprüfung). Weitere Schlüssel-prüfungen sind Wasserlagerung, Härte,Chemikalienbeständigkeit und Stein-schlagbeständigkeit.

Die UV- beziehungsweise Bewitte-rungsstabilität wurde in Kurzprüfungen(Weather-o-meter) simuliert und zeigtim Vergleich zu den eingesetzten Flüs-sigklarlacken und dem hochglänzendenAcryl-Pulverlacksystem keine Nachtei-le. Freibewitterungsergebnisse in Flori-da liegen nun, nach einem Prüfzeitraumvon sechs Monaten, vor: Es zeigen sichkeinerlei Verfärbungen; der Restglanzbeträgt 100 %. Bei dieser Testserie wer-den die Ergebnisse für zumindest 36Monate weiter verfolgt.

Die Verarbeitungseigenschaften

Das Produkt ist für eine rein elektro-statische Applikation (Corona-Aufla-dung) entwickelt. Die Schichtdicken-verteilung des mattierten Acryl-Pulver-klarlacks sollte zwischen 70 und 120 μmliegen. Die Verarbeitung kann ingeschlossenen, auf 20 °C temperiertenPulverlackkabinen erfolgen. Die Tem-peratur der Lager- beziehungsweise Vor-ratshaltung darf ebenfalls maximal20 °C betragen. Eine kombinierte Ver-arbeitung von Acryl-Pulverlacken aufGMA-Basis mit klassischen Polyester-oder Epoxid-Pulverlacken ist generellauf Grund von Überkreuzkontamina-tionen auszuschließen.

Der Lackaufbau eines Leichtmetallrades mit Acryl-Pulverdecklack, matt

Prüfung Norm Ist-Wert

Oberfläche, visuell -- i.O.Glanzgrad, visuell -- i.O.Verlauf, visuell -- i.O.Gitterschnittprüfung DIN EN ISO 2409 Gt 0 BHärteprüfstab ISO 1518 15 NSteinschlagbeständigkeit DIN 55996-1 Kennwert 0-1Wasserlagerung 32°C/ 240 h i.O.CASS-Test DIN 50 021 CASS i.O.Chemikalienbeständigkeit VDA 621-412 Prüfung ADieselkraftstoff i.O.Otto-Kraftstoff Super bleifrei i.O.Bitumen- und Teerentferner i.O.Konservierungs- und Entkonservierungsmittel i.O.Bremsflüssigkeit DOT 4 i.O.Lösemittelbeständigkeit -- Keine BlasenbildungXylol und Erweichung

Die Prüfergebnisse des Gesamtschichtaufbaus

Wasserlagerung 32 °C / 240 Stunden

Schichtdicke Gesamtaufbau 250 – 300 μmGitterschnittprüfung nach DIN EN ISO 2409 Gt 0Blasenbildung nach DIN m0/g0Verfärbung keineUnterwanderung am Schnitt Wb < 1 mm

CASS-Test nach DIN 50 021 CASS

Schichtdicke Gesamtaufbau 250 – 300 μmGitterschnittprüfung nach DIN EN ISO 2409 Gt 0Blasenbildung nach DIN m0/g0Unterwanderung am Schnitt Wb < 1 mm

Die Prüfergebnisse des CASS-Tests

Die Prüfergebnisse bei Wasserlagerung

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verklarlackes interessant sein könnte.Zum Beispiel für Dach-Relings, Zier-leisten, Scheibenwischer sowie Anbau-teile aus Metall oder Kunststoff.

Auch außerhalb der Automobilindus-trie zeigen sich attraktive Anwendungs-möglichkeiten für den vorliegenden Pul-verlack, zum Beispiel bei der Beschich-tung von Fahrradrahmen, Leuchten,Metall-Möbeln oder Badezimmer-Aus-stattungen.

Nicht allein die Bauform eines Bau-teils ist von entscheidender ästhetischerBedeutung, sondern die Kombinationaus Bauform und Oberflächenoptik ent-scheidet letztlich über das Gefallen oderNichtgefallen eines Produkts. _____|

Interessant bleibt die Frage, wie sichdas Kornspektrum und die Verarbei-tungseigenschaften im Kreislaufbetriebverhalten werden. Hier liegen aktuellnur Erprobungsversuche, keine Lang-zeiterfahrungen vor.

Nicht betrachtet wurden bislang dieMöglichkeiten der einschichtigen Appli-kation auf glanzgedrehten Rädern. Auchandere Untergrundbehandlungen sindals Basis für den einschichtigen Einsatzeines matten Acryl-Pulverklarlackesdenkbar.

Mögliche Anwendungen

Wie sich die mattere Oberfläche in derRäderbranche etabliert, bleibt abzu-warten. Sicherlich ist es gelungen, Alter-nativen zu den bekannten Hochglanz-Optiken aufzuzeigen. Neben der Räder-branche existieren im Automobilbereicheine Vielzahl von Anwendungen, für dieder Einsatz eines matteren Acryl-Pul-

Das Entwicklungsziel einer Grundver-träglichkeit von hochglänzendem undmattem Acryl-Pulverlack ist erfüllt. Es istbei der kombinierten Verarbeitung nichtmit Kraterbildung oder Mattierungs-effekten zu rechnen. Um aber Oberflä-chenstörungen, speziell beim hochglän-zenden System, komplett auszuschlie-ßen, empfiehlt sich zumindest die Ver-wendung eines separaten Filtersatzesoder besser einer extra Applikationska-bine. Die Aushärtung erfolgt im indirektgasbeheizten Pulverlack-Ofen in 20 Minu-ten bei 170 °C Objekttemperatur.

Start des Serienbetriebs

Nachdem die Betriebsversuche und Frei-gaben bei einem international tätigenRäderhersteller erfolgreich durchgeführtwurden, steht nun in Kürze der Startdes Serienbetriebs bevor. In Anbetrachtder vorliegenden Erfahrungen sollte einreibungsloser Anlauf gewährleistet sein.

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Der Autor:

Jochen Keller, Bereichsleiter Pulverlacke, Emil Frei GmbH & Co.,

Döggingen, Tel. 07707 151-501,[email protected]