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Neues zur Tiefen Hirnstimulation: Der Patient im Fokus! Verena Zentsch Parkinsonnachmittag am UKM 11.09.2019 Klinik für Neurologie mit Institut für Translationale Neurologie Universitätsklinikum Münster

Neues zur Tiefen Hirnstimulation: Der Patient im Fokus! · - Bromocriptin zwar Dopaminagonist (Ergotaminderivat, D2-Rezeptor), aber heutzutage in der PA-Behandlung nur selten verwendet

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Neues zur Tiefen Hirnstimulation:

Der Patient im Fokus!

Verena Zentsch

Parkinsonnachmittag am UKM

11.09.2019

Klinik für Neurologie

mit Institut für Translationale Neurologie

Universitätsklinikum Münster

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Tiefe Hirnstimulation – Was ist das?

Wikipedia:

Die Tiefe Hirnstimulation ist ein grundsätzlich

reversibler, neurochirurgischer Eingriff in das Gehirn, der für

die Behandlung bestimmter neurologischer Erkrankungen wie

zum Beispiel der Parkinson-Krankheit weltweit zugelassen

ist. Umgangssprachlich ist auch der Begriff Hirnschrittmacher

geläufig.

Die THS ist in der EU zugelassen für essentiellen Tremor (seit

1995), für Parkinsonerkrankung (1998), für Dystonie (2003),

Zwangserkrankungen (2009), und Epilepsie (2010) und geht

mit beträchtlichen Lebensqualitätsverbesserungen einher.

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Hauptindikationen der THS bei

Bewegungsstörungen

Idiopathisches Parkinson-Syndrom (STN, selten GPi)

- Motorische Fluktuationen

- Therapierefraktärer Tremor

Tremor (VIM)

- Essentieller Tremor

- Intentionstremor (Multiple Sklerose)

Dystonie (GPi)

- Primäre Dystonien: generalisiert, Meige-Syndrom, zervikale Dystonie

- Sekundäre Dystonien: vorwiegend tardive Dystonie

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Wann sollte ich mich operieren lassen?

So früh wie möglich???

So spät wie möglich???

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Wann sollte ich mich operieren

lassen?

So früh wie möglich???

So spät wie möglich???

Atypisches

Parkinsonsyndrom?

Beste medikamentöse Therapie?

Verlauf der Erkrankung?

Nutzen - Risiko

OP-Risiko

Alter

Nachsorge?

Ansprechen auf Levodopa

DemenzAggregatwechsel

Lebensqualität?

Es bleibt eine individuelle

Entscheidung!

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Kriterien für eine frühe tiefe

Hirnstimulation beim IPS

- Krankheitsdauer mind. 4 Jahre

- Exzellente L-Dopa-Wirkung (> 50%)

- Motorische Fluktuationen, die den Patienten

beeinträchtigen

- Keine relevanten kognitiven Defizite (Mattis Dementia

Rating Scale Score > 130)

- Keine schwere depressive Episode (Beck Depression

Inventory II < 25)

- Stabile soziale Situation und realistische Erwartungen

bezüglich der Operation

- Vorhandensein eines erfahrenen interdisziplinären Teams

für Auswahl, Operation, Programmierung und

Langzeitbetreuung

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Was kommt auf mich zu?

Oertel WH et al (Hrsg.). Parkinson-Syndrome und andere Bewegungsstörungen, Thieme-Verlag 2012, S. 78, Illustration nach Okun MS. Deep-Brain Stimulation for Parkinson's Disease. N Engl J Med 2012; 367:1529-1538

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Tiefe Hirnstimulation – Nucleus subthalamicus

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Tiefe Hirnstimulation – Komplikationen und

Nebenwirkungen

Chirurgische Komplikationen: • Intrakranielle Blutung (1,9 %)

• Krampfanfälle (1,3%)

• intraoperative Bradykardie und Hypotonie,

tiefe Venenthrombose und Lungenembolie

(0,7 %)

• Lungenentzündung durch Aspiration (1-4%)

Stimulationsbezogene

Nebenwirkungen • Motorische Komplikationen

• Verschlechterung der Dysarthrie

• Zeitliche Gang- und

Gleichgewichtsstörungen

• Dystonie

• Augenlidapraxie

Hardware Komplikationen• Infektion (0 - 15,2 % )

• Haut-Erosion (1 bis 16 %)

• DBS-Hardware-Migration und Bruch (5 % )

Psychiatrische Nebenwirkungen• Verwirrung

• Depression/Suizidneigung

• Wahnvorstellungen, Psychosen

• Apathien

• Verschlechterung des Sprachflusses

• Steigerung der Impulsivität

Martinez-Ramirez D et al. Update on deep brain stimulation in Parkinson’s disease, Transl Neurodegener. 2015; 4: 12.

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- Das Risiko einer bildmorphologisch nachgewiesenenintracerebralen Blutung beträgt 1,6%

- Das Risiko einer symptomatischen intracerebralen Blutungmit neurologischen Defizit beträgt 0,7%

- Das Risiko einer symptomatischen intracerebralenBlutung mit bleibendem Defizit beträgt 0,2 %, die Letalität 0,2%

- 30-Tages-Mortalität nach OP < 0,4% (2007)(Voges et al.; Movement Disorders, Vol. 22, No. 10)

Komplikation Hirnblutung

Hüft-TEP

0,1-0,18%Dt.Ärtzeblatt

2013

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Was kommt auf mich zu?Vor der OP

1. Ambulanter Termin in der Sprechstunde

2. Präoperative Testung in der Neurologie

(3-5 Tage)

Neuropsychologische Testung

Psychiatrisches Konsil

Medikamententests

MRT nach Prä-DBS-Protokoll

Neurochirurgisches Konsil

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Was kommt auf mich zu?Am Tag der OP

- Start um 7:30 Uhr, Ende gegen 16 Uhr

- Anlage des Stereotaxie-Rahmens in Vollnarkose

- MRT in Vollnarkose (MS, KI, HH)

- Bildmorphologische Planung, währenddessen

Transport in den OP, Extubation und Lagerung

des wachen Patienten

- Intraoperative neurologische Testung in

Lokalanästhesie

- Elektrodenanlage in Lokalananästhesie

- Implantation des Aggregats in Vollnarkose

- infraclaviculär + kleiner Schnitt hinterm Ohr

Wachphase

90-180 Minuten

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Zukunftsperspektiven

Perspektiven der Neurologie 2/2016 |

Deutsches Arzteblatt

• verbesserte Software− Dreidimensionale Darstellung

− Abgleich Patienten-MRT mit anatomischen Strukturen

− Simulation des Stimulationsvolumen vor OP

• Neue Zielgebiete− Substantia nigra, PPN (peduncolopontine

nucleus)

− Gangstörung, posturale Instabilität

• Funktionelles MRT

• Neuartiges Elektrodendesign− Segmentierte Elektroden für

direktionale Stimulation

− Weniger Nebenwirkungen

• Bedarfsgerechte adaptive Stimulation

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Segmentierte Elekroden

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Kombinierte Stimulation von STN + SNT bei

Gang Freezing

– Zweck der Studie: Wirksamkeit neuer Stimulationsparameter bei der Tiefen

Hirnstimulation von Parkinson-Patienten mit ausgeprägtem Gang-Freezing

– Dauer: 12 Wochen

– Einschlusskriterien:

– Studienmedikation: keine, Modifikation v. Parametern der Tiefen Hirnstimulation

– Anzahl der Studienvisiten: Stationärer Aufenthalt von ca. 5 Tagen + 3 weitere Visiten

• Idiopathisches Parkinson mit Gang-Freezing

• Medtronic Impulsgenerator mit Elektrodenlokalisation in der Substantia nigra pars

reticulata

• Erkrankungsdauer > 5 Jahre

• Nicht Rollstuhl-gebunden

Parkinson Studienzentrum UKM

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FAZIT Tiefe Hirnstimulation

- Es bleibt ein operativer Eingriff mit Risiken

- DBS-Operationen mit Mikroelektrodenableitung

sind insgesamt gesehen eine sichere Operationsmethode

- Der Nutzen bei Patienten mit Wirkfluktuationen oder

Tremor ist durch zahlreiche Studien belegt

- Wir begleiten Sie vor, während und nach der Operation

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Hypes rund um Parkinson:

Heilung möglich?!?

Dr. med. Inga Claus

Parkinsonnachmittag am UKM

11.09.2019

Klinik für Neurologie

mit Institut für Translationale Neurologie

Universitätsklinikum Münster

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Hypes: Was ist das überhaupt?

• Hype (engl. „hyperbole“ = Hyperbel)

• Hypen: jemanden oder etwas besonders groß

herausbringen, künstlich hochloben

• Medienhypes (in Massenmedien aufgebauscht; gezielt zur

Werbung eingesetzt

• Internet-Phänomen (Link-, Bild-, Ton- oder Videodatei),

das sich schnell verbreitet

• In der Medizin: übertrieben positive Nachricht, die meist

falsche Hoffnungen und Erwartungen weckt

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Parkinson-Hypes

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Akupunktur gegen Parkinson?

Zitate aus dem Beitrag als Beispiel, dass auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten absurd berichten können:

In einer Studie konnte die Ärztin nachweisen, dass die Methode hilft, das weibliche Hormon Prolactin zu senken. Hier kam Parkinson ins Spiel: Denn das bedeutete, dass die Akupunktur des ZS-Punkts die gleiche Wirkung hat, wie das Medikament Bromocriptin. Ein Mittel, das die Schulmedizin ebenso gegen Hormonstörungen wie bei der Parkinsonschen Krankheit einsetzt.

"Und so kam ich dann zu der Idee, man könne diesen Punkt benutzen, um Parkinson-Patienten zu akupunktieren." Mit Erfolg. Ein Symptom bei Parkinson ist das Einfrieren der Bewegung, das sogenannte Freezing. "Man steht da und man kann sich plötzlich immer weniger bewegen und wenn wir diese Nadel stechen, dann kann der wieder laufen, der Patient, in den meisten Fällen."

„In einer neue Studie, jetzt gezielt zum Morbus Parkinson, hat dieÄrztin zwei Gruppen von je 30 Patienten 12 Wochen lang einmalkonventionell behandelt und einmal in der asiatischen Tradition.Entweder Bromocriptin und zwar eine halbe Tablette am Abend oderAkupunktur.“

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Wirkt Akupunktur besser als Medikamente?

• Bericht über Akupunktur-„Studie“:

• Suggestion: „Konventionelle medikamentöse vs.

Akupunktur-Behandlung“

• ACHTUNG:

- Bromocriptin zwar Dopaminagonist

(Ergotaminderivat, D2-Rezeptor), aber heutzutage

in der PA-Behandlung nur selten verwendet

- extrem niedrige Dosierung (1/2 Tablette =

1,25mg; normale Dosis bei PA-Behandlung (10-

50mg 3-4x pro Tag in Kombination mit L-Dopa)

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Massenmedien vs. Wissenschaftliche Studien

Publikation in medizinischen Fachzeitschriften:

- Vorgegebene Qualitätsstandards

- Mehrfacher Review-Prozess durch Fachpersonal

- Veröffentlichung erst nach Überprüfung aller Fakten

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Heilung durch bulgarischen Jogurt?

Bild, 01.08.2014

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Heilung durch bulgarischen Jogurt?

• Untersuchungen am Max-Planck-Institut in

Dresden zum Absterben von Nervenzellen an

menschlichen Tumorzellen, an Nervenzellen von

Mäusen und an getrockneten Fadenwürmern

• Bei den wirksamen Stoffen handelt es sich um D-

Laktat und Glykolat, ersteres ist besonders in

bulgarischem Jogurt enthalten

• Wenn überhaupt ist Entdeckung für Patienten mit

DJ1-Gen-Mutation relevant (nur sehr wenige

familiäre Formen betroffen; <0,01%)

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Heilung durch grünen Tee?

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Heilung durch grünen Tee?

Substanz EGCG (Epigallocatechin-3-gallate)

verhindert im Reagenzglas Fehlfaltung von

Proteinen, die die Parkinson-Erkrankung

verursachen können

CAVE:

Keine sichere Evidenz für Wirksamkeit auf

klinische Parkinson-Symptome oder das

tatsächliche Voranschreiten der Erkrankung!

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Heilung durch grünen Tee?

Untersuchung von 92 Patienten mit Multisystematrophie (47

mit EGCG und 45 mit Placebo-Einnahme an 12 Zentren in

Deutschland

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Die PROMESA-Studie

➢Keine signifikante Wirksamkeit von EGCG als

verlaufsmodifizierendes Medikament

➢ --- keine pauschale Empfehlung zur Einnahme,

➢ Lebertoxisch bei >800mg/Tag

➢ Jedoch bei einem Teil der Patienten signifikante

Reduktion der Atrophie beteiligter Hirnregionen

➢Wirkmechanismus der Oligomer-Modulation

grundsätzlich erfolgversprechend

➢Weitere Studien geplant

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Cannabis bei Parkinson

• Seit März 2017 Zulassung von Cannabisblüten und –

extrakten sowie synthetischen Cannabinoiden auf Rezept

in Deutschland möglich

• KEINE Festlegung auf eine Indikation (also auch bei der

Diagnose Parkinson)

• Anspruch auf Versorgung, wenn „übliche Maßnahmen

nicht erfolgreich waren oder nicht vertragen wurden“ oder

„eine nicht ganz entfernte Aussicht auf eine spürbare

positive Entwicklung auf schwerwiegende Symptome

besteht“

ABER: Hilft das wirklich???

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Cannabis bei Parkinson

Entwicklung abgerechneter GKV-Rezepte von März bis Oktober 2017

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Cannabis bei Parkinson

• Dronabinol = Delta-9-Tetrahydro-

cannabilol (THC); kann mittels

BTM-Rezept verschrieben werden

(ölige Tropfen oder Kapseln)

• Cannabidiol (CBD) = nicht BTM-pflichtig, da keine

psychoaktive Wirkung

• Cannabisextrakt = Nabiximol;

zugelassen zur Behandlung der

MS-Spastik (CBD und THC im

Verhältnis 1:1)

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Cannabis bei Parkinson: Studienlage

Behandlung von N=19 Patienten mit THC und CBD vs. Placebo

Keine Verbesserung von Dyskinesien, Lebensqualität,

Schmerz oder Schlaf

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Cannabis bei Parkinson: Studienlage

Behandlung von N=21 Patienten mit CBD 75 oder 300mg vs. Placebo

Keine Verbesserung von Dyskinesien und UPDRS

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Cannabis bei Parkinson: Studienlage

Review über Cannabionoide bei Bewegungsstörungen

Über 60 verschiedene Substanzen, trotz positiver Ansätze im

Tiermodel keine sichere Evidenz für Wirkung auf motorische

Parkinson-Symptome!

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Cannabis bei Parkinson: Studienlage

Grundsätzlich relativ gute theoretische Grundlagen bzgl. des

Zusammenspiels von Basalganglien und Cannabinoid-System

Jedoch unzureichende Studienlagen bzgl. der Wirkung von

Cannabinoiden auf motorische und nicht-motorische Symptome

bei Parkinson!

Eine „nicht ganz entfernte Aussicht“ auf eine

spürbare positive Auswirkung auf die

Krankheitssymptome bei Parkinson ist – wenngleich

fragwürdig - natürlich nicht ausgeschlossen!

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Cannabis bei Parkinson

• Nach aktueller Studienlage kein sicherer positiver Effekt auf

motorische Symptome bei Parkinson

• Eventuell positive Effekte auf nicht-motorische Symptome

(besonders Schlaf und Schmerz)

• ABER: Nur sehr wenige Evidenz-basierte Studien!

→ Verordnung auf Rezept hier trotz fehlender Studien zu

Wirksamkeit und Verträglichkeit möglich

→ Lieber Cannabisextrakte (Kapseln/Sprays) als Blüten

(bessere Standardisierung)

CAVE: Nebenwirkungen möglich!

CAVE: Fahrtauglichkeit überprüfen!

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Praktisches Vorgehen

• Zunächst konventionelle Therapieoptionen ausschöpfen

• Genaues Behandlungsziel definieren: Was soll besser

werden?

• Engmaschige Kontrolle, ob Behandlungsziele erreicht

werden (z.B. Erfassung anhand von Skalen oder Scores)

• Nur bei nachweisbarer Verbesserung Weiterverordnung

sinnvoll (ca. 3 Monate)

CAVE: VOR Therapiebeginn MUSS

Kostenzusage von der Krankenkasse

eingeholt werden!

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Zusammenfassung Hypes:

Wie gehe ich damit um?

• Alle entsprechenden Nachrichten kritisch bewerten;

Hintergründe evaluieren: Cui bono?

• Gesunde Skepsis walten lassen, insbesondere bei extrem

positiven Mitteilungen, Einzelfallberichten und Substanzen

bzw. Behandlungen, die nicht von der Krankenkasse

bezahlt werden.

Parkinsonkrankheit sehr in der Öffentlichkeit,

Wundertherapie wäre bekannt falls vorhanden!

• Cannabis kann jedoch im begründeten medizinischen

Einzelfall trotz fehlender evidenzbasierter klinischer

Studien für Parkinson-Patienten sinnvoll sein.