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I N D O O R 18 D V Z 3 / 2 0 0 0 DVV-POKAL Überragend: Dank der Angriffs- qualitäten von National- spieler Marco Liefke holte sich der SCC Berlin den Pokal FOTO: HORIZONT

News :: volleyball.de - DVZ 3/2000, S. 18/19 · 2014. 2. 18. · Traktor Schwerin (DDR) 1990 TSV Milbertshofen SC Dynamo Berlin (DDR) 1991 Moerser SC SC Berlin (DDR) 1992 1. VC Hamburg

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    DVV-POKAL

    Überragend: Dank der Angriffs -qualitäten von National -spieler Marco Liefke holte sich der SCC Berlin den Pokal

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    SCC BERLIN und USC MÜNSTER heißen die Pokalsieger 2000.Doch das ist nicht die einzige Gemeinsamkeit der

    Titelträger: Beide Klubs schafften den Triumphohne ausländisches Personal

    Überragend: National -spielerin

    Judith Sylvester

    war gegenSchwerinkaum zustoppen

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    Manchmal fehlen selbst einem die Worte, derglaubt, in seinem Metier alles erlebt zu haben:„Was soll ich sagen?”, flüsterte Wolfgang Kuck,„mir fällt beim besten Willen nichts ein.” Dabeikann sich der Mann normalerweise exzellentausdrücken. Aber was soll einer große Redenschwingen, wenn die Fakten dermaßen nieder-schmetternd sind? 1995 gewannen Kucks Wup-pertaler zum ersten und letzten Mal den Pokal,im Jahr darauf scheiterten sie im Halb finale, da-nach gingen vier Endspiele in Folge verloren.Viermal knapp davor, viermal in die Röhre ge-schaut. Kuck war jedesmal dabei, und das istschwer zu ertragen. Pech, Nervenschwächeoder schlicht Schicksal? „Wenn ich es wüßte”,sagt der Nationalspieler, „würde ich es ändern.”Es ist aber nun mal nicht zu ändern: Der Pokalhat die Wuppertaler weiß Gott nicht verwöhnt.Dabei ist es beileibe nicht so, daß sich dieMannschaft unter Wert präsentiert. Im vergan-genen Jahr in Friedrichshafen ging das Endspielgegen die Gastgeber denkbar knapp im Tie-break verloren, und auch dieses Mal fehltenwieder nur zwei Punkte zur Glückseligkeit. Da-bei hatte sich der Außenseiter über weiteStrecken blendend geschlagen. Trainer Michael

    Mücke hatte den SCC Berlin mit einer tak-tischen Finesse überrrascht, „um den Gegnervor eine ungewohnte Aufgabe zu stellen”. Fürden etatmäßigen Zuspieler Sung-Hee Leebrachte er Daniel Reitemeyer. Eineinhalb Sätzelang ging das Konzept auf, was vor allem daranlag, daß die Wuppertaler Annahme und Feldab-wehr der Berliner Aufschlags- und Angriffs-wucht standhielt. Und als die physische Überle-genheit des Gegners Überhand zu nehmendrohte, wehrten sich Kucks Mannen mit kämp-ferischem Engagement. SCC-Trainer Brian Wat-son wußte genau, wie knapp sich sein Team insZiel gerettet hatte: „Wenn du das Spiel mit zweiPunkten im Tie-break gewinnst, kann es genau-so gut auch umgekehrt ausgehen.”Doch was kann sich einer wie Wolfgang Kuckdavon kaufen? Wahrscheinlich wird er seine Sil-bermedaille verschenken, wie er das schon malgetan hat. Schließlich „sehen die ja alle gleichaus, und ich habe schon so viele”. Immerhinhat Mittelblocker Markus Nitsche mit süß-sau-rem Lächeln festgehalten, „daß wir die Kon-stante in den Pokalfinals sind”. Aber das ist fürdie Wuppertaler – wenn überhaupt – nur einschwacher Trost. fex �

    Volleyball ist eine wunderbare Beschäftigung,aber das Treiben am Netz kann auch verdammtharte Arbeit sein. Zumindest, wenn der Erfolgs-druck so groß ist, wie der, den die BerlinerCracks bei der Pokalendrunde in Dessau ver-

    spürt haben. In Abwesenheit des großen natio-nalen Konkurrenten aus Friedrichshafen warendie Charlottenburger zum Erfolg verdammt –ohne wenn und aber. „So ein Quatsch”, hatteStefan Hübner zwar nach dem Halbfinale zuProtokoll gegeben, „gewinnen muß man nie,das ist der schlimmste Irrtum im Sport”. Dochso recht mochte das dem ,Volleyballer des Jah-res’ niemand abnehmen. Schließlich profitierendie Charlottenburger vom DVV-Konzept und er-halten von einer Berliner Fluggesellschaft rund250.000 Mark, um deutsche Nationalspieler andie internationale Spitze zu bringen. In der Bundesliga hat das Konzentrationsmodelleinheimischer Spitzenkräfte nicht für ungeteilteBegeisterung gesorgt. Die Rede war von unfai-ren Bedingungen und Wettbewerbsverzerrung.Aber auch die Berliner selbst tun sich nichtleicht, seit die unverhoffte Geldquelle sprudelt.Denn DVV-Präsident Werner von Moltke unddie Spender wollen für ihre Dienste zumindestauf nationaler Ebene Gegenleistungen sehen.In der vergangenen Saison gingen die Charlot-tenburger leer aus, jetzt können sie die ersten

    Die Männer

    SV BAYER WUPPERTAL

    Als es um alles ging, zogen WOLFGANG KUCK UND CO wieder einmal den Kürzeren.Das verlorene Pokalfinale gegen Berlin bedeutete die vierte Endspielschlappe in Folge

    Frust beim ewigen Zweiten

    Leistungsträger beim SCC Berlin: OliverHeitmann besticht durch seine Routine

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    Niederschmetternde Serie für GeorgWiebel und Wuppertal: Bayer verlor dasvierte Pokalfinale in Folge seit 1997

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    HALBFINALE:Bayer Wuppertal – VV Leipzig3:0 (21, 23, 18)

    SCC Berlin – Moerser SC3:1 (17, 14, -19, 18)

    SPIEL UM PLATZ DREI:Moerser SC – VV Leipzig3:0 (17, 20, 17)

    FINALE:SCC Berlin – Bayer Wuppertal 3:2 (-22, 20, 22, -21, 15)

    STATISTIK

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    VOLLEYB ALLER DES JAH R ES

    Daß Stefan Hübner (rechts) so skeptisch guckte, mag an der Anspannung des Berliner Nationalspielers vor dem Pokalfinale gelegen haben. Am Endehielt er nicht nur den Pott in den Händen, sondern war von dvz-RedakteurFelix Meininghaus auch als ,Volleyballer des Jahres’ ausgezeichnet worden

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    Lorbeeren präsentieren. Entsprechend groß wardie Erleichterung bei SCC-Manager KawehNiroomand, dessen Spannung sich nach demMatchball des dramatischen Finales gegenWuppertal in einem Urschrei entlud. Niroomandwußte, was in Dessau auf dem Spiel stand: „DieSponsoren wollen hören, daß wir einen Titel ge-winnen”, sagte er vor der Pokalentscheidungund fügte hinzu, in den letzten Gesprächen ha-be es „Signale gegeben, daß wir nicht mit lee-ren Händen dastehen werden”.

    Berliner Führungsetage vomErklärungsnotstand befreit

    Das Team des SCC Berlin hörte die Signale undbefreite die Führungsetage vom Erklärungsnot-stand, ein Scheitern in der Finalrunde begrün-den zu müssen. Ein Selbstläufer war der Pokal-sieg jedoch nicht. Nach beeindruckendem Sai-sonstart mit neun Siegen in Serie hatte das reindeutsche Ensemble aus Berlin zuletzt ge-schwächelt. Die Partien gegen die UnderdogsFellbach und Düren gingen 0:3 verloren.

    Dazwischen lag der Triumph im Europapokal-Achtelfinale gegen Odintsovo, als es gelang, ei-ne klare Hinspielniederlage so eindrucksvollumzubiegen, daß der Berliner ,Tagesspiegel’vom „Kraftakt mit Siegertypen” sprach. In denTagen vor der Pokal-Endrunde herrschte imBerliner Lager ob der triumphalen Erfolgserleb-nisse und der frustrierenden Rückschläge Ver-unsicherung. Trainer Brian Watson fühlte sich„wie auf einer Achterbahnfahrt” – und das lagbestimmt nicht daran, daß ihn eine Lebensmit-telvergiftung tagelang außer Gefecht gesetzthatte. Derweil machte sich Niroomand „ernst-hafte Sorgen, weil sich die Mannschaft selbst ineine schwierige Ausgangslage gebracht hat”.Doch als es darauf ankam, lösten die Spieler dieAufgabe. Das Finale gegen Wuppertal war ein

    Thriller, der in die Pokalgeschichte eingehendürfte. Im Endeffekt entschieden die Akteuredas Spiel, von denen am meisten erwartet wur-de: Stefan Hübner und Marco Liefke hatten sichzuletzt öffentlich Gedanken über das Niveau derdeutschen Eliteliga gemacht und Spekulationenüber einen bevorstehenden Wechsel nach Ita-lien genährt (die dvz berichtete). Die Aussagenwaren vor allem Niroomand sauer aufgestoßen,und er hatte die beiden Nationalspieler zur Rai-son gerufen. „Ich stehe zu dem, was ich gesagthabe”, meinte Liefke, „auch wenn ich weiß, daßich mich weit aus dem Fenster gelehnt habe.”Weit schon, aber nicht zu weit, wie das Finalezeigte. 34 Punkte steuerte der Riese mit demsanften Gemüt zum Sieg bei, natürlich auch denentscheidenden zum 17:15 im Tie-break. �

    � 1973 TSV 1860 München� 1974 Hamburger SV� 1975 TSV 1860 München� 1976 USC Münster� 1977 Hamburger SV� 1978 TSV 1860 München� 1979 TSV 1860 München� 1980 TSV 1860 München� 1981 VBC Paderborn� 1982 TV Passau

    SC Dynamo Berlin (DDR)� 1983 Hamburger SV

    SC Dynamo Berlin (DDR)� 1984 USC Gießen

    TSC Berlin (DDR)� 1985 Hamburger SV

    TSC Berlin (DDR)� 1986 VdS Berlin

    TSC Berlin (DDR)� 1987 Fortuna Bonn

    SC Leipzig (DDR)� 1988 Bayer Leverkusen

    Traktor Schwerin (DDR)� 1989 Hamburger SV

    Traktor Schwerin (DDR)� 1990 TSV Milbertshofen

    SC Dynamo Berlin (DDR)� 1991 Moerser SC

    SC Berlin (DDR)� 1992 1. VC Hamburg� 1993 Moerser SC� 1994 SCC Berlin� 1995 Bayer Wuppertal� 1996 SCC Berlin� 1997 ASV Dachau� 1998 VfB Friedrichshafen� 1999 VfB Friedrichshafen� 2000 SCC Berlin

    ALLE POKALSIEGER

    Glückliche Sieger: die Spieler des SCC Berlin nach dem knappen Sieg gegen Wuppertal

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    Sie tanzten, sie schunkelten, sie lachten, undimmer wieder lagen sie sich in den Armen. Aucheine Stunde nach dem Matchball des Finalesgegen Schwerin konnten die Spielerinnen desUSC Münster ihr Glück noch nicht fassen. Po-kalsieger 2000, damit war nach dem bisherigenSaisonverlauf wirklich nicht zu rechnen gewe-sen. Zu souverän hatte Schwerin die Liga domi-niert, und die Spitzenstellung unter anderemdurch einen deutlichen Auswärtssieg in Mün-

    sters Halle Berg Fidel dokumentiert. Zudemschien der USC mit einer Vielzahl junger Spiele-rinnen noch nicht reif für den großen Wurf.Doch nun hat sich der USC Münster eindrucks-voll zurückgemeldet im Kreis der Besten. Wasnicht selbstverständlich ist, schließlich hat beidem traditionsreichen Klub vor zweieinhalbJahren eine neue Zeitrechnung begonnen.

    1997 stieg Reinhard Horstmannaus, der als Präsident und Mä-zen stets seine Hand über denVerein gehalten und für ein

    hochkarätiges Ensemble gesorgthatte. In der Post-Horstmann-Ära

    schien es für Jahre utopisch zusein, an Titel und Triumphe zu den-

    ken. Schließlich mußte der Etat umein Drittel auf eine Million Mark

    gekürzt werden. Stars wie Nancy Celis,Christina Schultz oder Eva Stepancikova

    waren nicht mehr zu halten. Sie wurden er-setzt durch Talente aus dem vereinseigenen

    Internat, das Horstmann vor seinem Rückzugin weiser Voraussicht gegründet hatte. USC-Trainer Axel Büring kommt inzwischen gänzlichohne ausländische Spielerinnen aus, was heut-zutage im Spitzenbereich nicht nur im Volley-ball, sondern auch in anderen Teamsportarteneine absolute Ausnahme ist. Das junge Ensemble des USC präsentierte sichbei der Pokal-Endrunde in eigener Halle auf dieSekunde topfit. Dabei war der Aufgalopp gegenLeverkusen ein Kinderspiel. Ohne ihre Beach-Asse Gudula Staub und Ulrike Schmidt sowiedie Amerikanerin Nina Foster, die aufgrund pri-vater Probleme zurück in ihre Heimat geflogenwar, war Bayer chancenlos. Dazu kam der pein-liche Lapsus, Jutta Weißenborn nicht in den

    Die Frauen

    Nach dem Matchball startete der überragendeMann durch und zelebrierte den Triumph mit ei-nem mächtigen Hechtbagger entlang der SCC-Bank. Ausgerechnet Liefke, bei dem sich seitJahren der Ruf verfestigt hatte, zu versagen,wenn die entscheidenden Punkte anstehen.„Ich bin gespannt, ob bei den Berlinern die Ner-ven halten, immerhin erwarten alle den Pokalvon ihnen”, hatte Wolfgang Kuck geargwöhnt,und es war kein Geheimnis, welchen Spieler erdamit vor allem gemeint hatte.Die Nerven hielten, aber einer wie Marco Liefkeist zu gutmütig, um hernach so etwas wie Ge-nugtuung zu verspüren: „Ich habe schon oft sogespielt, aber da hat kaum einer zugeschaut.”Beim Pokal-Showdown waren alle Augen auf ihngerichtet. Für den bescheidenen Mann ausMecklenburg, der sich so gerne im Hintergrundhält, war das ein ungewohntes Gefühl: In Dessau hatte Marco Liefke die große Bühne fürsich. Felix Meininghaus � Flugstunden für Berlins kanadischen Trainer Brian Watson nach dem Pokalsieg

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    Freude pur: Münsters Anja Krause nachdem Finalsieg gegen den Schweriner SC

    � 1973 USC Münster� 1974 USC Münster� 1975 USC Münster� 1976 USC Münster� 1977 1. VC Schwerte� 1978 1. VC Schwerte� 1979 USC Münster� 1980 1. VC Schwerte� 1981 TG Rüsselsheim� 1982 SV Lohhof

    Traktor Schwerin (DDR)� 1983 SV Lohhof

    SC Dynamo Berlin (DDR)� 1984 SV Lohhof

    SC Dynamo Berlin (DDR)� 1985 TG Viktoria Augsburg

    SC Dynamo Berlin (DDR)� 1986 SV Lohhof

    SC Dynamo Berlin (DDR)� 1987 SG Feuerbach

    SC Dynamo Berlin (DDR)� 1988 CJD Feuerbach

    Traktor Schwerin (DDR)� 1989 CJD Feuerbach

    SC Dynamo Berlin (DDR)� 1990 CJD Feuerbach

    Traktor Schwerin (DDR)� 1991 USC Münster

    SC Berlin (DDR)� 1992 CJD Berlin� 1993 CJD Berlin� 1994 CJD Berlin� 1995 CJD Berlin� 1996 USC Münster� 1997 USC Münster� 1998 VEW Telnet Schwerte� 1999 Dresdner SC� 2000 USC Münster

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    Es war ein Bild des Jammers, das sich dem Betrachter in einer Ecke der Halle Berg Fidelbot, während der Rest der Arena längst zumüberbrodelnden Freudenhaus geworden war.Der Schweriner SC mochte bei der kollektivenJubelarie verständlicherweise nicht mitma-chen. Die Spielerinnen versanken in einem Talder Tränen. Die Reaktionen, die die Finalnie-derlage auslöste, verrieten, wie sehr sie beimSSC damit gerechnet hatten, die Heimreisemit dem Pokal im Gepäck anzutreten. Warumauch nicht, schließlich war Schwerin in dieserSpielzeit hierzulande bislang das dominieren-de Team. Nach der Auf taktniederlage gegenLeverkusen war die Mannschaft von TrainerMike Schöps sowohl in der Liga als auch im Pokal ungeschlagen geblieben und hatte dabeijederzeit einen dominierenden Eindruck hin-terlassen. Genutzt indes hat es nichts. Denn als es daraufankam, lief Münster dem Favoriten den Rangab. Und das saß, zumal es bereits das dritteMal in Folge war, daß dem SSC im Pokalrennenauf der Zielgeraden die Luft ausging. „DieseNiederlage wird Spuren hinterlassen”, sagteIna Mäser unter Tränen. Und einmal in Fahrt,legte die Nationalspielerin kräftig nach:„Wenn einige einfach aufhören zu spielen,kann man nicht gewinnen.” Welche ihrer Kol-

    leginnen die 23jährige mit der harschen Schel-te meinte, verheimlichte sie nicht. Für sie wardas Versagen von Tatjana Gerber und OlessyaSkwortsowa ausschlaggebend für die bittereNiederlage. „Ich habe mich für das Finale fitspritzen lassen und bin bis an die Grenze gegangen, da kann ich so ein Auftreten nichtakzeptieren.” Das hört sich mal wieder verdächtig nachKrach an. In der Vergangenheit hatte es beimSSC nach Rückschlägen in der Mannschaft undim Umfeld regelmäßig gescheppert. Hängt derHaussegen auch dieses Jahr schief? TatjanaGerber jedenfalls reagierte auf die Kritik an ihrer Person und legte ihr Amt als Spielfüh -rerin nieder, um sich auf ihre eigene Leistungzu konzentrieren. Christina Schultz soll denSSC nun als Kapitän führen.Trainer Schöps ist fest gewillt, sich der Her-ausforderung zu stellen – obwohl er weiß, daßSchwerin ein heißes Pflaster ist. „Es ist meineAufgabe, dafür zu sorgen, daß wir hier weiterin Ruhe arbeiten können.” Dabei erhielt erRückendeckung von Libero Ulrike Jurk: „Wirsind eine andere Mannschaft als in der Ver-gangenheit. Es wird keinen Knatsch mehr ge-ben.” Moralischen Beistand in schwerer Stun-de gab es auch von Klaus Kaiser: „Die Schwe-riner brauchen den Kopf nicht hängen zu las-

    sen, sie sind in der Meisterschaft zu allem inder Lage”, sagte der Trainer des entthrontenPokalsiegers aus Dresden. Ina Mäser ist sichder Sache nach den Erlebnissen von Münsterallerdings nicht so sicher: „Wenn wir Meisterwerden wollen, müssen einige bei uns erstmalwach werden.” fex �

    Durchgesetzt: Münsters Judith Flemig (li.) behielt nicht nur indieser Szene die Oberhand

    SCHWERINER SC

    Nach der Finalpleite gegen Münster hagelte es KRITIK AUS DEN EIGENEN REIHEN.Die Folge: Spielführerin Tatjana Gerber gab ihr Amt entnervt an Christina Schultz ab

    Vom Gipfel ins Tal der Tränen

    Spielberichtsbogen eingetragen zu haben, sodaß sie nicht auflaufen durfte. Derart ge-schwächt, waren die Rheinländer überfordertund unterlagen nach einer demütigend schwa-chen Vorstellung. „Ich schäme mich”, sagteTrainer Andreas Grasrainer, der sich bei seinemTeam für die Unterlassungssünde beim Kontrol-lieren des Spielberichtsbogens entschuldigte.

    40 Minuten reichten: Münster ließLeverkusen ganz alt aussehen

    Bei den Leverkusenern werden sie gewußt ha-ben, warum sie Gudula Staub und UlrikeSchmidt unbedingt dabei haben wollten. Beidebefanden sich auf dem Rückweg vom Turnierder Beach-Weltserie in Brasilien, das Hick-Hackum ihren Einsatz hielt die Münsteraner Pressetagelang in Atem. Die Leverkusener hätten so-gar die Flugbereitschaft des Konzerns bemüht,um ihre Chancen zu erhöhen. Doch egal, was �

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    Alles gegeben, maßlos enttäuscht: InaMäser kritisierte ihre Mitspielerinnen

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    angestellt worden wäre: Frühestens eine Stun-de nach Spielbeginn hätten beide in der Hallesein können. Und da liefen sich die Teams längstaus. Kaum 40 Minuten hatte die grausam ein-seitige Begegnung gedauert.Im Finale gegen Schwerin mußte der USC je-doch an seine Grenzen gehen. Das gelang,nachdem die Mannschaft den Start völlig ver-patzt hatte. „Da wollten die Spielerinnen allesauf einmal, und es war einfach nur hektisch”,sagte Büring. Daß sein Team Münster nach bril-lantem Beginn noch im ersten Satz ins Spielkommen ließ, war für Schwerins Trainer MikeSchöps spielentscheidend. „Da hat der Gegnerzu viele positive Erlebnisse mitgenommen.”Tatsächlich spielte der USC in der Folgezeit „fürunsere Verhältnisse am absoluten Limit”, wie esBüring formulierte. Für Judith Flemig kam dasjedoch nicht unbedingt überraschend, „ich

    wußte schon morgens nach dem Aufwachen,daß es ein supergeiles Spiel wird.”In Münster dürfen sie sich jetzt in ihrem Kon-zept bestätigt sehen, auf Talente zu setzen. „Eswar immer unser Ziel, junge Spielerinnen an dieinternationale Spitze zu führen”, sagtMünsters Vorstandssprecher Michael Wand.Anne-Katrin Schade, die als erfahrenste Spiele-rin die goldenen Jahre in den 90ern mitgemachthat, findet es „grandios, wie diese Mannschaftzusammengewachsen ist”. Dabei hat der Vereinein kurzzeitiges Tief in Kauf genommen, auchwenn das verwöhnte Publikum gemurrt hat unddem jungen Team teilweise die kalte Schulterzeigte. „Die Leute mußten erst akzeptieren, daßes keine Stars mehr gibt”, sagt GeschäftsführerStefan Hömberg. Stattdessen präsentiert derUSC eine Mannschaft, die „mit Leidenschaftund Fehlern” spielt, wie es Wand formuliert.

    Und das mit den fehlenden Stars muß ja nicht sobleiben. Die im Pokalfinale alles überragendeJudith Sylvester (22), Angelina Grün (20) undJudith Flemig (20) haben nicht nur in ihremKlub, sondern vor allem auch in der National-mannschaft auf sich aufmerksam gemacht. An-gelina Grün spielte sich bei der Olympia-Qualifi-kation in Bremen in die Herzen der Fans und indie Notizbücher der internationalen Spielerver-mittler. Ihr Vertrag in Münster läuft noch einJahr, danach könnte der Wechsel in Italiens lu-krative Liga folgen. Denn wenn eine hoch ver-anlagte Spielerin wie sie, die in Münster derzeitauf rund 50.000 Mark Jahresgage kommt, imAusland das Fünf- bis Sechsfache verdienenkann, „haben wir kaum eine Chance, sie zu hal-ten”, sagt Hömberg. Die begehrte Spielerin hatsich mit einem Auslands aufenthalt gedanklichbereits befaßt und redet erstaunlich freimütigdarüber. Im Gegensatz zu ihren kickenden Kol-legen, die stets behaupten, eine neue Heraus-forderung zu suchen, sagt sie, „Geld ist natür-

    lich das Reizvollste, wenn man da spielt”. Aller-dings weiß die Studentin auch, daß „das Ge-schäft dort knallhart ist. Hier in Münster sind wirFreundinnen. So etwas würde ich in Italien nichtwiederfinden”. Scheitert das Münsteraner Konzept am Endedaran, daß die vom Verein aufgebauten jungenSpielerinnen weggekauft werden? Es wäre eineIronie des Schicksals für einen Klub, dem früherstets vorgehalten wurde, die Konkurrenz mitseiner Transferpolitik systematisch zuschwächen. Dem Alptraum des Ausverkaufs wollen sie inMünster frühzeitig begegnen. So hat der USCJudith Flemig angeboten, ihren Vertrag vorzei-tig um zwei Jahre zu verlängern. „Zu weitausverbesserten Konditionen”, wie Hömberg be-tont. Auch sonst wollen sie in Münster weiterperspektivisch arbeiten. „Wir werden auch inder Zukunft junge Spielerinnen an die Spitzebringen”, sagt Hömberg. Und wenn Wand überdie Möglichkeiten seines Klubs spricht, findet erpoetische Worte: „Nach Herrn Horstmann warsie groß – die Not, aber unsere Tugend ist dieJugend.” Felix Meininghaus �

    HALBFINALE:USC Münster – Bayer Leverkusen3:0 (8, 13, 16)Schweriner SC – Dresdner SC3:0 (15, 23, 20)SPIEL UM PLATZ DREI:Bayer Leverkusen – Dresdner SC 3:0 (12, 18, 23)FINALE:USC Münster – Schweriner SC 3:1 (-19, 12, 19, 25)

    STATISTIK

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    Gleich zweimal Grund zum Jubeln hatte Münsters Judith Flemig. Erst wurde sie von dvz-Redakteur Felix Meininghaus als ,Volleyballerin des Jahres’ geehrt,dann gewann sie mit ihrem Team auch noch das Pokalfinale gegen Schwerin

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    Jung, dynamisch, erfolgreich: Pokalsieger USC Münster mit Trainer Axel Büring (links)

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