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indestens drei Monate, womöglichein halbes Jahr, vielleicht auch einganzes: So lang wird die Corona-Ifti-se dauern, meinen Herr und Frau
Osterreicher. Das ergab eine online-Befragungder Marketing-Agentur PB unter 1200 Erwach-senen aller Altersgruppen. Obwohl die Ausnah-mesituation Arbeitslosigkeit, Erkrankung, Leidund schlimmstenfalls den Tod Nahestehendermit sich bringen kann, was die Befragten als be-
drohlich empfanden, gaben immerhin 30 Pro-zent an, ,,gut" gestimmt zu sein. Vielleicht, weilsie ihren Fokus auf das Gute an der Krise legten?Auch Experten meinen, dass Corona Gutes ansich hat und sogar Chancen für die Zukunft mitsich bringt - wie beispielsweise die folgenden:
CHANCE 1
ERLERN EN VON KRISEN BEWALTIGUNG
Wann lernen wir am besten, eine Krise zu be-wältigen? Wohl dann, wenn wir uns in einerIfuise befinden. Egal, ob es sich um Corona odereine andere, künftige Krise handelt: Der Wie-ner Neurobiologe Dr. Marcus Täuber rät dazu,sich mit der Situation auseinanderzusetzen,sich der Probleme und Gefahren, die mit ihreinhergehen, bewusst zu werden und für sicheinen geeigneten, gesunden We g zu finden, da-
mit umzugehen. Denn: ,,Eine Krise wegzuleug-nen und daher zum Beispiel im Fall von Coro-na Ausgangsbeschränkungen oder Hygienere-geln zu ignorieren, mag zwar einfacher sein, ist
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WetcheChancen Coronabietet, wärum es
sich Lohnt, diese zu
ergreifen, undwie das geht.
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Wie funktio-niert Skypen?J etzt ist d ie
Gelegenheit gut,neues Know-howzu erwerben.
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aber keine Option, sondern gefährdet die ei-gene Gesundheit und die Gesundheit anderergleich mit."
CHANCE 2
üeEN voN ENTspANNUNGsTEcH N tKEN
Was, wenn einem beispielsweise das Einhaltenneuer Regeln z1J viel wird? Oder einen dasNachdenken über die Krise und ihre möglichenFolgen verängstigt? Für diesen Fall und auch fürkünftige Angst- und srresssituationen empfiehltTäuber, Entspannungstechniken zu üben bezie-hungsweise auszuüben. Sich also etwa einmalhinzusetzen, entspannende Musik zuhören unddie Gedanken auf die Musik zu lenken. Oder ei-ne Atemübung durchzufuhren: ,,Tief einatmen,die Luft anhalten, ein wenig herumgehen, erstwenn der Drang, die Luft wieder loszuwerden,unbändig groß ist, langsam und lang ausatmenund das alles drei- bis frinfmal wiederholen."Danach sollten Angstgefühle gewichen sein.Halten sie trotzdem über Tage an, ist eventuellHilfe vom Psychologen oder Psychotherapeurenangesa gt (siehe Webtipps auf Seite 12) .
CHANCE 3ERWERB VON JOBKOMPETENZEN
Wie teile ich mir die Arbeit im Homeoffice ein?Wie funktioniert die Telefonkonferenz mit den
Kollegen? Wie das Skypen mit dem Chef? Jetzt,wo vielfach zusätzliche Jobkompetenzen wiediese oder auch andere gefragt sind, ist die Ge-
legenheit gut, neues Know-how z1J erwerbenund für die Zukunft beizubehaken, sagr Univ.Prof. Dr. Christian Korunka, Leiter des BereichsArbeits- und Organisationspsychologie an derFakultät für Psychologie der Universität Wien.Da der Austausch mit Kollegen und dem Chefnicht nur im Homeoffice, sondern auch anders-wo in Corona-Zeiten oft nur eingeschränkt mög-lich ist, bietet die Krise eventuell zudem dieChanc e, ))zlJ lernen, aütonomer zu atbeiten".
CHAN CE 4
NEUBEWERTUNGSOZIALER BEZIEHUNGEN
Wen vermisse ich? Wen rufe ich, wer ruft michnun häufiger als sonst an? Welche Kollegen,Verwandten und Freunde erkundigen sich im-mer wieder danach, wie es mir geht? Wird daseigene Verhalten und das des Umfelds in derKrise dahingehend analysiert, lässt sich die Aus-
nahmesituation laut Korunka auch dazu nüt-zen, soziale Beziehungen neLr zrt bewerten,,,2! erkennen, wer einem wichtig ist, wem manwichtig ist, und wem man daher in Zukunftmehr Zeitwidmen möchte".
Guf qn dßrKrise findeich zum Bei-spiel, dass
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Dn Marcus Täuber
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MEDIZIN & TRENDS
Beschäftigtenim HandeIb ietet d ie Krisedie Chance,dass das, wassie [eisten,a uf g ewe rtetwird.
Jetzt tst dieGelegenheitgut, zusätz-liche Job-kompeten-zen zu er-werben, wienutonomer%u ürbeiten.
Univ. Prof. Dn
Christian Korunka
CHANCE b
AUFWERTUNG VON BERUFEN
Haben wir Supermarktkassiererinnen und an-
dere Beschäftigte im Handel jemals als Heldenbezeichnet? Wurde die Arbeit von Pflegekräften
und Arzten in Zeiten vor Corona so geschätzt
wie jetzt? ,,Vor allem Menschen in diesen Beru-
fen bietet die Ifuise die Chance, dass das, was sie
leisten, eine Aufwertung erlebt", so Korunka.Auf der Liste der Berufe, die in Form einergrößeren Anerkennung von Corona profitierenwerden, sieht Täuber außerdem noch Wissen-
schafter stehen, wie Biologen oder Chemiker,die an der Ennnricklung von Medikamenten undImpfstoffen arbeiten. Und etwa auch die Tä-
tigkeit von Kindergärtnerinnen oder Lehrernkönnte in Zukunft mehr wertgeschätzt werdenals vor Corona. Denn nun erleben Eltern, wieschwierig es sein kann, Tag für Tag Kinder sinn-
voll zu beschäftigen, sie zum Lernen zu animie-
ren und dabei zu unterstützen.
CHANCE 6
STARKUNG DES ZUSAMM EN HALTS
Wann war das zuletzt bei uns der Fall, dass
Menschen sich anbieten, für andere, die sie gar
nicht kennen, Einkäufe zu erledigen? Für Nach-
barn Medikamente aus der Apotheke zu holen?
Mit dem Hund Gassi zu gehen? Solche und an-
dere freiwillige Tätigkeiten, die in der Ausnah-
mesituation geleistet werden, stärken laut den
Experten den Zusammenhalt. Und sie verfesti-gen darüber hinaus die Haltung, dass Altere,
Schwache und Arme generell unterstützt gehö-
ren - so wie jene im Freundeskreis und in derFamilie. Und das tut den Hilfsbedürftigen, den
Helfenden und der Gesellschaft insgesamt be-
stimmt auch in Zukunft gut.
CHAN CE 7VERBESSERUNGDEs HYGIENEVERHALTENS
Haben wir uns vor Corona ähnlich oft wie nundie Hände gewaschen? Wann haben wir aus
Rücksicht auf andere unser Nähe-Distanz-Ver-
halten verändert? Etwa das Händeschüttelnoder Umarmen nebst Bussi-Bussi eingestellt?Nun ist derlei bedingt durch die damit verbun-dene Infektionsgefahr zum No-Go geworden.
Das verbesserte Hygieneverhalten nicht nurwährend der jetzigen Krise beizubehalten, son-
dern auch als Etikette in künftigen Grippe- und
Erkältungszeiten zu etablieren, sollte im Sinn
aller sein, meint Täuber - und zählt ebenfalls zu
den Chancen, die die Iftise bietet.
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CHANCE B
AnDERUNG DEs LEBENssnLs
Wann, wenn nicht jetzt, stehen die Chancengut, dass wir doch einmal auf dem Ergometerradeln, Kniebeugen, Liegestütze & Co machenoder Yoga-Übungen ausprobieren? Oder Ge-
sundes kochen, etwa frischen Fisch mit vielGemüse? Die Chance, sich darauf zu besinnen,was alles der Gesundheit gumut und sich an Li-festyle-Faktoren wie ausreichenden Sport undausgewogene Ernährung zu gewöhnen, bietetCorona laut den Experten auch - und nach derGewöhnung könnte es leichter fallen, bei demgeänderten Lebensstil zu bleiben.
CHANCE 9SCHATZEN DES GESU N DH EITSSYSTEMS
Wann waren wir zuletzt froh über unser Ge-
sundheitssystem? Wann haben wir beispiels-weise die ärztliche Versorgung im Spital und inden Arztordinationen werrgeschätzt? Oder dieTatsache, dass uns hierzulande gegen vieleKrankheiten Medikamente und gegen manchesogar Impfungen zur Verfügung stehen? Nun istlaut Korunka und Täuber die Bedeurung all des-
sen in den Vordergrund gerückt und größer ge-
worden. Gut vorstellbar ist, dass der krisenbe-
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MEDIZIN & TRENDS
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Täuber
Gedankenals MedizinWie Sie mit
Erken ntn issen
der Hirnforschung
die mentale SeLbst-
heiLung aktivieren
ISB N
978-3-99060- 1 52-5
124Seiten,€22,-Gol.degg-Verlag
dingte Bedeutungszuwachs künftig mehr Inves-
titionen in das System möglich macht, mehr
Geld für Gesundhe it zur Verfügung gestelltwird. Also das geschieht, was Ärzte und andere
Beschäftigte in Gesundheitsberufen im Sinn der
Patienten schon lange fordern: auch eine Chan-
ce, geboten durch die Krise.
CHANCE 1 O
FASSEN NEUER PLANE
Eine Krise ist doch immer auch ein Wende-
punkt? Und damit die Zeit, um Zukunftspläne
zu fassen? Nur wie kann es gelingen, dabei trotz
all der negativen Aspekte, die die Virenerkran-
kung mit sich bringt, mit dem nötigen Optimis-
mus vorzugehen? Täuber erklärt, wie positive
Gedanken wieder die Poleposition im Gehirn
einnehmen können: ,,Am besten geht man nach
dem Prinzip der Kontrastierung vor." Und die
funktioniert so: Man denkt gezielt an das Nega-
tive, lokalisiert es im Kopf und denkt anschlie-
ßend an etwas Positives, lässt das Positive in
der Vorstellung immer größer werden und über
das Negative hinweg wachsen. ,,Nach einigen
Übungseinheiten formieren sich die Nervenzel-
len im Gehirn neu und das positive Denken
überwiegt." Dann können Schritte überlegt wer-
den, die in Richtung eines guten oder vielleicht
sogar besseren Lebens nach der Krise führen. ffi
INTERVIEW
,,Das Verantwortungs
Dr. Michael Lang, Präsident derArztekammer für Burgen[and, Leiterdes Ref erats N otfa LL- u nd Rettu ngs-
dienste sowie Katastrophenmedizi n
in der Österreichischen Arztekam-
MEDIZIN poputärWetche krisen bed ingten Verä nderu ngen
haben 5ie bei lhrer Arbeit aLs Arzt fest-gesteLLt?
Dr, Michael Lang
AuffaLl'end ist, dass die Situation rund
um Corona als beunruhigend empfun-den wird. Die vollkommen gerechtfer-tigt und richtig von der Regierung ge-
troffenen Maßnahmen haben ja auch zu
einer deuttichen Einschränkung des
physischen und psychischen Bewe-
gungsraumes geführt. Das Verständnis
dafü r u nd das Vera ntwortu ngsbewusst-sein sind aber erfreu[ich groß. Die Ein-
schränkungen werden akzeptiert und
respektiert, und das hat sowohL in den
SpitäLern, aLs auch in den Arztordinatio-nen zu einer Reduktion der Patienten-zahlen gefuhrt. Das senkt das lnfektions-risiko deutl.ich und spricht für die BevöL-
kerung Osterreichs. ln anderen Ländern
ist das ganz anders.
Werden Notfattmediziner nun noch
mehr wertgeschätzt?Wir Arzte haben sehr wohL den Eindruck,
dass das Bewusstsein für die zentraLe
Bedeutung der ärztlichen Versorgung
größer geworden ist. Jetzt bemerkenvie[e Patienten schl.agartig, dass derniederschweLlige Zugang zu einem in
NotfäLLen verfügbaren Arzt, der einem
hil"ft und zur Seite steht, ein hohes Gut
darstel.Lt. Hier wird aber nicht zwischen
einem Notarzt mit Notarztdiplom und
einem Arzt unterschieden, der im Not-
faLL kompetent hiLft.
Hat die Krise noch etwas zum Positiven
verä ndert?Krisen haben es an sich, dass in man-
chen Bereichen ein Umdenken stattfin-det oder stattfinden muss. Akut zeigt
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