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Schmitz Noch mehr Overheads in die Zentrale? Seite 28-32 28 1|2007 Einleitung und Zielsetzung Den internen Leistungen der Unter- nehmenszentrale lastet als Overheads all- gemein hin ein schlechter Ruf an. Denn deren Kosten sind definitionsgemäß nicht direkt zurechenbar. Das heißt, Kostenstellen und Kostenträger werden ohne Prozesskostenerfassung häufig „mit der Gießkanne“ unabhängig von der In- anspruchnahme der Zentralleistungen mit Overheads belastet. In internationa- len Vertriebsorganisationen ist die Frage der Verteilungsschlüssel für Overheads der Zentrale daher ein wichtiger Streit- punkt. Die Top-Führungskräfte interna- tionaler Tochtergesellschaften fordern häufig sogar, Overheads stark ab- zubauen. Denn diese belasten in erheb- lichem Maße die vorher den dezentralen Erfolg so deutlich ausweisenden Jahres- ergebnisse. Die Wertschöpfung, die durch zentrale Abteilungen, so z. B. die Koordination der internationalen Vertriebsorganisation oder die Unterstützung des dezentralen Vertriebs erbracht wird, wird in diesen Diskussionen meist vernachlässigt. Die Kostendiskussion überlagert die Frage danach, welchen Wertschöpfungsbeitrag zentrale Abteilungen für die interna- tionalen Vertriebsstellen leisten können und welche Ressourcenausstattung in der Zentrale zu wählen ist, die durch den Wertschöpfungsbeitrag gerechtfertigt wird. Der vorliegende Beitrag zeigt auf, was Unternehmen bei der Konfiguration ihrer zentralen Vertriebsleistungen be- achten müssen. Es handelt sich bei diesem Beitrag um einen Diskussions- beitrag. Die Rolle der zentralen Leis- tungen für dezentrale Vertriebsprozesse soll kritisch hinterfragt werden, neue Ein- sichten werden aufgezeigt. Der Artikel basiert auf verschiedenen heuristischen Quellen sowie 45 teilstrukturierten qualitativen Interviews, die mit Mit- gliedern internationaler Vertriebs- organisationen in der Industriegüter- branche durchgeführt wurden. Es wird damit ein konzeptioneller Beitrag an- gestrebt, bei dem sich sämtliche Über- legungen auf Aspekte der Vertriebsor- ganisation beziehen, andere Leistungs- bereiche der Zentrale, so z.B. im Bereich der Produktion oder Beschaffung sind nicht Gegenstand des Beitrags. Die Zentrale als interner Dienstleister Nach Reckenfelderbäumer (2001, S. 253) übernimmt die Zentrale insbesondere Aufgaben der Koordination und der Unterstützung. Die Koordination durch die Zentrale betrifft dabei verschiedene Mechanismen, die auf die Realisierung von Skaleneffekten, Synergien sowie eine länderübergreifende Planung inklusive Zielvereinbarungen und Ergebniskon- trollen gerichtet sind (vgl. Kieser/ Walgenbach 2003, S. 299; Bartlett/ Ghoshal 1990, S. 132). Es bleibt fest- zuhalten, dass die Wahrnehmung von Koordinationsaufgaben durch die Zent- rale zwangsläufig die Autonomie der Ver- triebspartner einschränkt (vgl. Recken- felderbäumer 2001, S. 254). Neben der Koordination kommen der Zentrale insbesondere Aufgaben der Unterstützung zu. Hierbei handelt es sich z. B. um die Übernahme verschiedener Sekundäraufgaben, die dezentrale Be- reiche entlasten (vgl. Reckenfelderbäumer 2001, S. 254). Auch hierbei spielen Sy- nergieeffekte eine Rolle, allerdings ver- spricht man sich häufig auch eine höher- wertige Leistung, als dies bei einer dezentralen Erstellung der Fall wäre (vgl. Reckenfelderbäumer 2001, S. 254). Bei- spiele für die Unterstützung sind z. B. die Durchführung von Schulungen, Markt- forschungen oder die Bereitstellung von Produktdokumentationen sowie tech- nische oder juristische Hilfestellungen (vgl. Reckenfelderbäumer 2001, S. 254; Lasserre/Schütte 1995, S. 253 ff.). Noch mehr Overheads in die Zentrale? – Marketing- und Vertriebsressourcen als internationale Erfolgstreiber Dr. Christian Schmitz Habilitand und Leiter des Kompetenzzen- trums für Business-to- Business Marketing am Institut für Marketing und Handel der Univer- sität St. Gallen, St. Gallen CH) Die Leistungen der Unternehmenszentrale stehen häufig unter scharfer Kritik, da sie aus Sicht internationaler Führungskräfte die Treiber der Overheadkosten sind. Der Wertschöpfungsbeitrag, den die zentralen Abteilungen erbringen, wird hingegen nur selten diskutiert. Nur wenn zentrale Marketing- und Vertriebsabteilungen es schaffen, ihren Wertschöpfungsbeitrag deutlich zu machen und auch in Taten umzusetzen, kann die Existenz zentraler Abteilungen langfristig gesichert und Synergien realisiert werden. Der folgende Beitrag zeigt, wie dies gelingen kann.

Noch mehr Overheads in die Zentrale? — Marketing- und Vertriebsressourcen als internationale Erfolgstreiber

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Schmitz Noch mehr Overheads in die Zentrale? Seite 28-32

28 1|2007

Einleitung und Zielsetzung

Den internen Leistungen der Unter-

nehmenszentrale lastet als Overheads all-

gemein hin ein schlechter Ruf an. Denn

deren Kosten sind definitionsgemäß

nicht direkt zurechenbar. Das heißt,

Kostenstellen und Kostenträger werden

ohne Prozesskostenerfassung häufig „mit

der Gießkanne“ unabhängig von der In-

anspruchnahme der Zentralleistungen

mit Overheads belastet. In internationa-

len Vertriebsorganisationen ist die Frage

der Verteilungsschlüssel für Overheads

der Zentrale daher ein wichtiger Streit-

punkt. Die Top-Führungskräfte interna-

tionaler Tochtergesellschaften fordern

häufig sogar, Overheads stark ab-

zubauen. Denn diese belasten in erheb-

lichem Maße die vorher den dezentralen

Erfolg so deutlich ausweisenden Jahres-

ergebnisse.

Die Wertschöpfung, die durch zentrale

Abteilungen, so z. B. die Koordination

der internationalen Vertriebsorganisation

oder die Unterstützung des dezentralen

Vertriebs erbracht wird, wird in diesen

Diskussionen meist vernachlässigt. Die

Kostendiskussion überlagert die Frage

danach, welchen Wertschöpfungsbeitrag

zentrale Abteilungen für die interna-

tionalen Vertriebsstellen leisten können

und welche Ressourcenausstattung in der

Zentrale zu wählen ist, die durch den

Wertschöpfungsbeitrag gerechtfertigt

wird.

Der vorliegende Beitrag zeigt auf, was

Unternehmen bei der Konfiguration

ihrer zentralen Vertriebsleistungen be-

achten müssen. Es handelt sich bei

diesem Beitrag um einen Diskussions-

beitrag. Die Rolle der zentralen Leis-

tungen für dezentrale Vertriebsprozesse

soll kritisch hinterfragt werden, neue Ein-

sichten werden aufgezeigt. Der Artikel

basiert auf verschiedenen heuristischen

Quellen sowie 45 teilstrukturierten

qualitativen Interviews, die mit Mit-

gliedern internationaler Vertriebs-

organisationen in der Industriegüter-

branche durchgeführt wurden. Es wird

damit ein konzeptioneller Beitrag an-

gestrebt, bei dem sich sämtliche Über-

legungen auf Aspekte der Vertriebsor-

ganisation beziehen, andere Leistungs-

bereiche der Zentrale, so z.B. im Bereich

der Produktion oder Beschaffung sind

nicht Gegenstand des Beitrags.

Die Zentrale als interner Dienstleister

Nach Reckenfelderbäumer (2001, S. 253)

übernimmt die Zentrale insbesondere

Aufgaben der Koordination und der

Unterstützung. Die Koordination durch

die Zentrale betrifft dabei verschiedene

Mechanismen, die auf die Realisierung

von Skaleneffekten, Synergien sowie eine

länderübergreifende Planung inklusive

Zielvereinbarungen und Ergebniskon-

trollen gerichtet sind (vgl. Kieser/

Walgenbach 2003, S. 299; Bartlett/

Ghoshal 1990, S. 132). Es bleibt fest-

zuhalten, dass die Wahrnehmung von

Koordinationsaufgaben durch die Zent-

rale zwangsläufig die Autonomie der Ver-

triebspartner einschränkt (vgl. Recken-

felderbäumer 2001, S. 254).

Neben der Koordination kommen der

Zentrale insbesondere Aufgaben der

Unterstützung zu. Hierbei handelt es sich

z. B. um die Übernahme verschiedener

Sekundäraufgaben, die dezentrale Be-

reiche entlasten (vgl. Reckenfelderbäumer

2001, S. 254). Auch hierbei spielen Sy-

nergieeffekte eine Rolle, allerdings ver-

spricht man sich häufig auch eine höher-

wertige Leistung, als dies bei einer

dezentralen Erstellung der Fall wäre (vgl.

Reckenfelderbäumer 2001, S. 254). Bei-

spiele für die Unterstützung sind z. B. die

Durchführung von Schulungen, Markt-

forschungen oder die Bereitstellung von

Produktdokumentationen sowie tech-

nische oder juristische Hilfestellungen

(vgl. Reckenfelderbäumer 2001, S. 254;

Lasserre/Schütte 1995, S. 253 ff.).

Noch mehr Overheads in die Zentrale? – Marketing- und Vertriebsressourcen alsinternationale Erfolgstreiber

Dr. Christian SchmitzHabilitand und Leiterdes Kompetenzzen-trums für Business-to-Business Marketing amInstitut für Marketingund Handel der Univer-sität St. Gallen,St. Gallen CH)

Die Leistungen der Unternehmenszentrale stehen häufig unter scharfer Kritik, da sieaus Sicht internationaler Führungskräfte die Treiber der Overheadkosten sind. DerWertschöpfungsbeitrag, den die zentralen Abteilungen erbringen, wird hingegen nurselten diskutiert. Nur wenn zentrale Marketing- und Vertriebsabteilungen es schaffen,ihren Wertschöpfungsbeitrag deutlich zu machen und auch in Taten umzusetzen, kanndie Existenz zentraler Abteilungen langfristig gesichert und Synergien realisiertwerden. Der folgende Beitrag zeigt, wie dies gelingen kann.

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Noch mehr Overheads in die Zentrale? Schmitz

291|2007

Zentralbereiche verfügen in Bezug auf

ihr Angebot, häufig über eine inner-

betriebliche Monopolstellung. Mittelbare

Konkurrenz besteht bei unterstützenden

Leistungen, so z. B. dadurch, dass Leis-

tungen vor Ort selbst erstellt werden oder

extern beschafft werden können (vgl. Re-

ckenfelderbäumer 2001, S. 257). Die

Zentrale muss daher aufzeigen, dass sie

im Vergleich zu den anderen Alternativen

besser in der Lage ist, die benötigten in-

ternen Leistungen zu erstellen. Dieser be-

sondere Umstand gilt für die Unterstüt-

zungsleistungen der Zentrale, nicht aber

für die koordinativen Leistungen. Im

Folgenden wird daher der Fokus auf die

Unterstützungsleistungen der Zentrale

gelegt.

Interne Leistungssysteme für die Vertriebsorganisation

Durch eine professionelle Verkaufsunter-

stützung können Hersteller den Erfolg

ihrer internationalen Vertriebspartner

maßgeblich mitbestimmen. Häufig be-

sitzen Herstellerunternehmen keine

Kenntnisse darüber, welche systemati-

schen wertschöpfenden Leistungen sie für

dezentrale Prozesse erbringen können

(vgl. Reckenfelderbäumer 2001, S. 258).

Um die eigentliche industrielle Kernleis-

tung herum, die im Zentrum der

Beziehung zwischen Hersteller und Ver-

triebspartner steht (vgl. Hakansson 1982,

S. 15), bestehen zahlreiche „Unterstüt-

zungsleistungen“, die der Hersteller

einsetzen kann, um die lokale Wett-

bewerbsfähigkeit des Vertriebspartners zu

erhöhen. Zur Systematisierung der Kom-

bination interner Leistungen der Zentrale

wird hier eine Analogie zum Leistungs-

systemansatz nach Belz et al. (1997, S. 29)

herangezogen und anhand eines

Schalenmodells dargestellt. Die um-

hüllenden Schalen heben die Bedeutung

der begleitenden Leistungen in den Vor-

dergrund, durch die eine Differenzierung

beim Vertriebspartner möglich wird.

Im Kern des Schalenmodells steht das

industrielle Leistungsangebot, durch das

die Probleme des Kunden gelöst werden

sollen. Diese „Kernleistung“ ist un-

abdingbare Geschäftsgrundlage zwischen

Kunde und Vertriebspartner und be-

gründet damit überhaupt erst die

Beziehung zwischen Hersteller und Ver-

triebspartner. Die Gestaltung der Kern-

leistung bestimmt weitgehend über die

Fähigkeit des Vertriebspartners, Bedürf-

nisse des Kunden zu lösen. Sie bestimmt

deshalb in ebenso hohem Maße über die

Zufriedenheit des Vertriebspartners mit

dem Hersteller. Durch ein gemeinsames

Vorgehen können überlegene Kunden-

vorteile geschaffen werden, die Vertriebs-

partnern zu nachhaltigen Wettbewerbs-

vorteilen verhelfen.

Neben dieser Kernleistung stehen dem

Hersteller weitere Ansatzpunkte zur Ver-

fügung, um die lokale Wettbewerbsfähig-

keit des Vertriebspartners zu unter-

stützen. Diese zielen auf die Unterstüt-

zung bei den lokalen Verkaufs- und sons-

tigen Geschäftsprozessen ab. Herstellern

eröffnen diese Leistungen insbesondere

bei unabhängigen Vertretungen eine

Möglichkeit, sich gegenüber anderen

Herstellern im Portfolio zu differenzieren

(vgl. Rosenbloom 1990, S. 54 f.). Bezugs-

punkte der Unterstützungsleistungen des

Herstellers können vom konkreten

Kundenprozess bis hin zu internen Pro-

zessen der lokalen Organisation reichen.

Die Schalen des in Abbildung 1 dar-

gestellten Leistungssystems sind in ab-

nehmender Reihenfolge ihres Bezugs zu

den Kundenprozessen angeordnet.

Im Folgenden sollen kurz die einzelnen

Schalen erläutert werden:

Verkaufsunterlagen: Durch profes-

sionelle Verkaufsunterlagen kann der

Hersteller das Auftreten und die Kom-

petenz des Vertriebspartners beim

Kunden unterstützen. Gleichsam wird

die Einhaltung eines unternehmens-

weiten Corporate Designs sicher-

gestellt. Wichtige Verkaufsunterlagen,

die den Vertriebspartner im Kun-

denkontakt unterstützen können, sind

vorgefertigte Verkaufspräsentationen

für neue Produkte (vgl. Belz/Buss-

mann 2002, S. 281). Aber auch Argu-

mentationshilfen, die Vorteile im Ver-

gleich zu Konkurrenzprodukten auf-

zeigen, und Verkaufsvideos mit An-

wendungsdemonstrationen gehören

zu den Verkaufsunterlagen, die Her-

steller bereitstellen können. Um den

Informationsbedarf des Kunden

sowohl in Bezug auf technische De-

tails zu stillen als auch aufzuzeigen,

wie Kunden durch die Lösung des

Herstellers eigene Wettbewerbsvor-

teile erzielen können, können darüber

hinaus umfangreiche Dokumentatio-

nen wie Handbücher, Prospekte und

Datenblätter eingesetzt werden.

Interne Services: Neben den Materi-

alien für den Verkaufsprozess kann

der Hersteller auch interne Dienstleis-

tungen anbieten, bei denen er selbst

aktiv wird. Gemeinsame Kundenbe-

suche mit Vertretern aus der Zentrale

oder mit Anwendungstechnikern

können sowohl in der Beratungsqua-

lität für den Kunden als auch in der

diesem entgegengebrachten Wert-

Abb. 1: Schalenmodell eines Leistungssystems für Vertriebspartner

Quelle: In Anlehnung an Belz et al. 1997, S. 29.

Lokale Verkaufs-prozesse (Front-End)

Lokale Verkaufs-prozesse (Back-End)

Lokale Geschäftsprozesse

Kundenprozesse

{{

{

{

IndustrielleKernleistung

z. B. Maschine

Verkaufsunterlagen

Informationsversorgung

Infrastruktur

Finanzielle Zuschüsse

Interne Services

z.B. Subventionierung von lokalen Investitionen

z.B. Rundschreiben zu internen Projekten

z.B. IT-Tools zur Auftragsabwicklung

z.B. Begleitung durch Techniker

z.B. Produktprospekte

Kundenbezug

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Schmitz Noch mehr Overheads in die Zentrale?

schätzung entscheidende Differen-

zierung gegenüber der Konkurrenz

bringen. Aber auch von der Zentrale

durchgeführte Marktforschungen,

Schulungen oder Events für Kunden

und Vertriebspartner erhöhen die

lokale Kompetenz und führen häufig

zu höheren Verkäufen.

Infrastruktur: Anstatt unmittelbaren

Support für den Verkauf beim Kunden

(Front-End) zu geben, können Her-

steller ebenso die Professionalität der

lokalen Infrastrukturen und Prozesse

(Back-End) unterstützen. Wichtige

Stellhebel sind hierbei der Einsatz von

IT-Systemen und Tools, so z. B. für eine

effiziente Auftragsabwicklung (vgl. Belz

et al. 1996, S. 78; Belz/Bussmann 2002,

S. 280).Vertriebspartner können durch

die Professionalisierung ihrer lokalen

Prozesse wiederum ihre Verlässlichkeit

gegenüber dem Kunden verbessern,

so z. B. in der Einhaltung von Lieferter-

minen oder der realistischen Ein-

schätzung von Verfügbarkeiten.

Darüber hinaus kann der Hersteller In-

frastruktur bereithalten, die lokale

Marketingaktivitäten ermöglichen. So

z. B. durch die zentrale oder regionale

Anschaffung von Messematerialien

und Messeständen, Demogeräten und

Muster, die für einzelne Vertriebspart-

ner nicht finanzierbar sind (vgl. Walti

1999, S. 208).

Informationsversorgung: Informatio-

nen bilden die Basis für eine lokale

Strategiefindung und die Anpassung

lokaler Prozesse. Auswertungen über

die lokale Verkaufsleistung im Län-

dervergleich bilden die Grundlage für

Selbsteinschätzungen und Zielsetzun-

gen. Produkt-, wettbewerbs- und kun-

denbezogene Daten wiederum er-

möglichen die Strategiebildung (Belz

et al. 1996, S. 78). Im operativen Kon-

text sind allerdings auch Projekte, Per-

sonalia und andere Interna des Her-

stellers für den Vertriebspartner von

Bedeutung, um eigene Vertriebs-

prozesse anzupassen und die Entwick-

lungen in der Herstellerorganisation

mitverfolgen zu können. Vielfach exis-

tieren aus diesem Grunde interne

Newsletter, die alle Mitglieder der Ver-

triebsorganisation über Neuigkeiten

auf dem aktuellen Stand halten oder

Intranetanwendungen, die einen di-

rekten Austausch ermöglichen (vgl.

Belz/Bussmann 2002, S. 281).

Finanzielle Zuschüsse: Als wichtiger

Ansatzpunkt der Unterstützung der

lokalen Geschäftsprozesse sind fi-

nanzielle Zuschüsse zu nennen. Diese

können in unterschiedlichen Formen

gewährt werden. Gerade beim Aufbau

oder der Erweiterung der lokalen

Präsenz werden häufig direkte Zu-

schüsse in Form von Budgets ge-

währt. In schwierigen Wettbewerbs-

situationen sind allerdings auch

Zuschüsse zu Werbekosten, Messen,

Nachlässe bei Transferpreisen oder

Vereinfachung von Zahlungsbedin-

gungen möglich, durch die die lokale

Finanzkraft gestärkt wird (vgl. Rosen-

bloom 1990, S. 55). So z. B. auch durch

Konsignationslager, die lokale Kapital-

bindungskosten senken und die Liqui-

dität der Vertriebspartner erhöhen.

Zusammenfassend lässt sich festhalten,

dass dem Hersteller damit eine Vielzahl

von Ansatzpunkten zur Unterstützung

der Vertriebspartner zur Verfügung

stehen. Abbildung 2 zeigt noch einmal die

verschiedenen Ansatzpunkte im Über-

blick.

Ressourcenausstattung der Zentrale

Die Vielfalt der aufgezeigten Unterstüt-

zungsleistungen lässt bereits den Umfang

und die Komplexität der damit zu-

sammenhängenden Aufgaben des

Stammhauses erahnen. Selbst wenn die

Zentrale sich über die optimale Schwer-

punktsetzung in ihrem Leistungsangebot

bewusst ist, scheitern viele dieser Vor-

haben an ungenügenden Ressourcen des

Stammhauses (vgl. Belz/Reinhold 1999a,

S. 209). Belz/Reinhold (1999b, S. 29)

geben an, dass es z. B. in der Investitions-

güterbranche nicht außergewöhnlich sei,

dass zwei bis drei Mitarbeiter in der Zen-

trale 40 bis 60 Agenten oder Nieder-

lassungen in unterschiedlichen Märkten

betreuen. Dafür sprechen auch die Ergeb-

nisse der von Schmitz (2006, S. 37)

durchgeführten Befragung internatio-

naler Vertriebsorganisationen. Schmitz

(2006, S. 195 ff.) untersucht die Kon-

takthäufigkeit zwischen Stammhaus und

Vertriebsniederlassung und zeigt deutlich

die erheblichen Restriktionen, denen eine

Unterstützung der Vertriebspartner

unterliegt, wenn die Zentrale allenfalls

über eine geringe Ressourcenausstattung

verfügt. Reisezeiten, Konzepte für die

Mitarbeiterentwicklung durch Schu-

lungen und Weiterbildung, Mitarbeiter-

transfers, telefonische und elektronische

Betreuung sowie die Abwicklung von

Garantiefällen benötigen zentrale Mit-

arbeiterressourcen, die häufig nicht vor-

handen sind. Eine von Schmitz (2006,

S. 235) durchgeführte empirische Analyse

zeigt weiterhin deutlich, dass das Ver-

hältnis zwischen der Ressourcenaus-

30 1|2007

Abb. 2: Ansätze der Unterstützung von Vertriebspartnern durch den Hersteller

• Verkaufspräsen-tationen,

• Argumentations-hilfen,

• Handbücher,Prospekte undDatenblätter,

• Verkaufsvideos.

• GemeinsameKundenbesuche,

• Technische Ver-kaufs-unterstützung,

• Interne Markt-forschung,

• Events für Kun-den und Ver-triebspartner,

• Schulung undWeiterbildung.

• IT-Systeme,

• IT-Tools,

• Demogeräte,

• Muster,

• Messestand,Messemateria-lien, Exponate.

• Auswertungenzur Verkaufsleis-tung,

• Produkt-, Wett-bewerbs- undKundendaten,

• Rundschreibenzu Neupro-dukten,

• Newsletter zuInternas, Meilen-steinen etc.

• Werbekosten-zuschuss,

• Subventionie-rung von Bau-vorhaben,

• Messezuschüsse,

• Nachlässe beiTransferpreisen,

• Konsignations-lager,

• Rabattteilung.

Ansätze derUnterstützung vonVertriebspartnern

Verkaufs-unterlagen

InterneServices Infrastruktur Informations-

versorgungFinanzielleZuschüsse

Kunde Bezugspunkt Organisation

Page 4: Noch mehr Overheads in die Zentrale? — Marketing- und Vertriebsressourcen als internationale Erfolgstreiber

Noch mehr Overheads in die Zentrale? Schmitz

stattung der Zentrale und der Anzahl der

zu betreuenden Vertriebspartner eine

Auswirkung auf die Zufriedenheit der

Vertriebspartner besitzt. Das bedeutet im

Umkehrschluss, dass eine zufrieden

stellende Unterstützung der Vertriebs-

gesellschaften umso unwahrscheinlicher

wird, desto weniger Mitarbeiter der Zen-

trale pro Niederlassung zur Verfügung

stehen. Schmitz (2006, S. 235) unterstützt

damit die Vermutung, dass die Qualität

der Betreuung und damit die Zu-

friedenheit abnimmt, je mehr Vertriebs-

partner von einem Mitarbeiter der Zen-

trale betreut werden.

Vier Stellhebel für eine Professionalisierung in der Zentrale

Die vorangegangenen Überlegungen

haben gezeigt, dass eine professionelle

Planung von zentralen Leistungen und

den daraus folgenden Aufgaben sowie der

benötigten und verfügbaren Ressourcen

dem Hersteller die Möglichkeit eröffnen,

die Qualität zentraler Leistungen zu

optimieren. Als typisch führt Recken-

felderbäumer (2001, S. 258) an, dass viele

Zentralbereiche nur unzureichende und

ungenaue Vorstellungen über die

qualitativen und quantitativen Bedürfnis-

se der internen Kunden haben, obwohl der

„relevante Markt“ meist relativ eng und

abgegrenzt ist (vgl. Reckenfelderbäumer

2001, S. 258). Hieraus ergibt sich ein

wichtiger Stellhebel für das Management.

Stellhebel 1: Erfassen Sie die Bedürfnis-

se der internen Kunden systematisch und

kontinuierlich.

Auch überschätzen Mitarbeiter der

Zentrale häufig ihre eigenen Kenntnisse

und Leistungen (vgl. Hungenberg 1992,

S. 342). Mitarbeiter des Herstellers kon-

zentrieren sich oftmals auf die Pro-

fessionalisierung und Mobilisierung der

Vertriebspartner (vgl. Walti 1999, S. 167

ff.), schreiben diesen die Gründe für un-

zufriedenstellende Marktergebnisse zu

und übersehen leicht die Schwächen der

eigenen Führung und Unterstützung.

Stellhebel 2: Stellen Sie die einzelnen

Leistungen und Kompetenzen der Zen-

trale kritisch auf den Prüfstand!

Zentrale Vertriebseinheiten müssen

daher festlegen, welche Funktionen sie

mit welchem Ressourcenumfang erfüllen

wollen, um eine optimale Unterstützung

und Koordination der Vertriebspartner

zu erreichen. Dazu werden sämtliche

wertschöpfenden Aktivitäten erfasst und

strukturiert. Erst wenn sich die zentralen

Einheiten über die von ihnen zu er-

füllenden Funktionen und konkreten

Aufgabeninhalte bewusst sind, kann eine

Planung und Gestaltung erfolgen.

Stellhebel 3: Entwickeln Sie interne

Leistungen, die sich an der Wert-

schöpfung der internen Kunden orien-

tieren.

Die Zentrale wird in Ihrem Hand-

lungsspektrum wesentlich durch die

Ressourcen begrenzt, die ihr zur Ver-

fügung stehen. Um mit dieser Tatsache

umzugehen, stehen dem Stammhaus ins-

besondere die in Abbildung 3 dar-

gestellten Stoßrichtungen zur Verfügung.

Durch diese gelingt es, die Zentrale mit

den notwendigen Ressourcen aus-

zustatten, damit diese ihre versprochenen

Aufgaben zuverlässig erfüllen kann. Eine

Nutzwertanalyse zentraler Aufgaben

kann aus Sicht der Vertriebspartner wert-

volle Aufschlüsse geben, wenn über die

Reduktion von zentralen Aufgaben ent-

schieden werden soll. Es werden damit

die Voraussetzungen geschaffen, eine

optimale Unterstützung und Koor-

dination zu gewährleisten.

Stellhebel 4: Richten Sie die intern an-

gebotenen Leistungen ernsthaft an den

beschränkenden Ressourcen aus und

setzen Sie klare Prioritäten.

Eine die vier Stellhebel berück-

sichtigende "wertschaffende Unterstüt-

zung" der Vertriebspartner trägt dazu bei,

den internationalen Vertriebserfolg zu

erhöhen. Es handelt sich daher um eine In-

vestition mit Rückflüssen, eine einseitige

Kostenbetrachtung greift dabei zu kurz.

Wenn sich die Unternehmenszentrale als

Wertschöpfungspartner begreift und

klaren Mehrwert aufzeigen kann, entsteht

aus Sicht der Vertriebspartner eine klare

Kosten-Nutzenrelation. Wertschöpfende

Leistungen können entsprechend ihrem

Wertschöpfungsbeitrag zu internen

Preisen angeboten und verrechnet werden.

Eine Leistungsentwicklung, die sich an in-

ternen Kunden und internen Märkten

orientiert, sichert damit nicht nur die

Existenzberechtigung zentraler Bereiche.

Darüber hinaus sichert und erhöht sie die

Leistungsfähigkeiten in den externen

Märkten und ist daher wesentlich für die

Erfolge des Gesamtunternehmens.

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311|2007

Abb. 3: Stellhebel zur Konfiguration zentraler Ressourcen

Aktivität

■ Ausweitung zentraler Vertriebsressourcen,Rekrutierung zusätzlicher Mitarbeiter.

■ Entlastung durch den Einsatz von Informationssystemen unddurch die Vereinfachung oder Standardisierung von Prozessen.

■ Gänzlicher Verzicht auf ausgewählte Aufgaben.

■ Dezentralisierung und Delegation von Aufgaben an Vertriebs-partner und Teams.

■ Konsequente Bündelung administrativer Aufgaben und Delegation an geringer qualifizierte Mitarbeiter mit geringerenLohnkosten.

Vergrößern

Entlasten

Einsparen

Übertragen

Umverteilen

Stoßrichtung

Page 5: Noch mehr Overheads in die Zentrale? — Marketing- und Vertriebsressourcen als internationale Erfolgstreiber

Schmitz Noch mehr Overheads in die Zentrale?

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