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145. JAHRGANG 01 2013 Aus dem Inhalt: BEITRÄGE Hermann Wilhelmer: Zur Zulässigkeit und Gestaltung von Haftungsvereinbarungen durch den Notar Seite 1 Gernot Fellner: Auslegung des § 141 Abs 1 und 3 UGB idF BGBl I 2010/58 (IRÄG 2010) Seite 11 RECHTSPRECHUNG Ablehnung eines Rechtspflegers Peter G. Mayr Seite 30 Antrag eines Pflichtteilsberechtigten auf Kontoöffnung Seite 18 Akteneinsicht in den Sachwalterschaftsakt durch Erben Seite 26 ÖSTERREICHISCHE NOTARIATS ZEITUNG MONATSSCHRIFT FÜR NOTARIAT UND VERFAHREN AUSSER STREITSACHEN NOTAR.AT REDAKTION: Ludwig Bittner, Hans Hoyer, Waldemar Jud, Elisabeth Lovrek, Peter G. Mayr, Christian Rabl, Alexander Schopper, Rudolf Welser, Alexander Winkler. BEIRAT: Hans Georg Ruppe, Karl Stöger, Wolfgang Zankl.

NOTAR.AT NOTARIATS ZEITUNG - vonlauffundbolz.de · Alexander Schopper, Rudolf Welser, Alexander Winkler.BEIRAT: Hans Georg Ruppe, Karl Stöger, Wolfgang Zankl. NZ 2013/1 Zur Zulässigkeit

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145. JAHRGANG

012013

Aus dem Inhalt:

BEITRÄGE

Hermann Wilhelmer:

Zur Zulässigkeit und Gestaltung von Haftungsvereinbarungen durch den Notar Seite 1

Gernot Fellner:

Auslegung des § 141 Abs 1 und 3 UGB idF BGBl I 2010/58 (IRÄG 2010) Seite 11

RECHTSPRECHUNG

Ablehnung eines Rechtspflegers Peter G. Mayr Seite 30

Antrag eines Pflichtteilsberechtigten auf Kontoöffnung Seite 18

Akteneinsicht in den Sachwalterschaftsakt durch Erben Seite 26

ÖSTERREICHISCHENOTARIATSZEITUNGMONATSSCHRIFT FÜR NOTARIAT UND VERFAHREN AUSSER STREITSACHEN

N O T A R . A T

REDAKTION: Ludwig Bittner, Hans Hoyer, Waldemar Jud, Elisabeth Lovrek, Peter G. Mayr, Christian Rabl,

Alexander Schopper, Rudolf Welser, Alexander Winkler. BEIRAT: Hans Georg Ruppe, Karl Stöger, Wolfgang Zankl.

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NZ 2013/1

Zur Zulässigkeit und Gestaltung von Haftungsvereinbarungendurch den NotarHaftungsrisiken des Notars nehmen zu. Darf der Notar Haftungsmanagement betreiben, dh ua seine Haftungbegrenzen? Der Beitrag informiert über die literarische Diskussion und zeigt Gestaltungsmöglichkeiten beiHaftungsvereinbarungen auf.

Von Hermann Wilhelmer

Inhaltsübersicht:A. FragestellungB. BegriffsklärungC. Meinungsstand zur Zulässigkeit

von Haftungsvereinbarungen1. Deutschland2. Österreich

a) Meinungsstandb) Eigene Stellungnahmec) Fazit

D. Gestaltung von Haftungsvereinbarungen1. Allgemeines2. Regelung von Vertragspflichten3. Haftungsvereinbarung dem Grunde

nach („Haftungsausschluss“)a) Schadenb) Verschuldenc) Verjährungd) Haftungsvereinbarung mit Wirkung

gegenüber Dritten4. Haftungsvereinbarung der Höhe nach

(„Haftungsbeschränkung“)a) Höchsthaftungsbetragb) Befreiungserklärung

(„Höherversicherungsverzicht“)c) Praktisches Beispiel

D. Zusammenfassung

A. FragestellungHaftungsrisiken für Rechtsberater nehmen zu. Dies zeigtein Blick auf die zunehmende Haftungsjudikatur undHaftungsliteratur.1 Vermögenswerte steigen in wohlha-benden Volkswirtschaften. Damit gehen höhere Trans-

aktionswerte einher (zB steigende Kaufpreise beim Kaufvon Liegenschaften oder Unternehmen, steigendes Ver-mögen von Erblassern).2 Unterläuft dem Notar im Rah-men seiner Rechtsberatung und Rechtsgestaltung einFehler, können die wirtschaftlichen Haftungsfolgen großsein. Es stellt sich die Frage, in welcher Form der Notarsein Haftungsrisiko steuern kann. Ein Ansatz dazu ist dasnotarielle Risikomanagement.3 Ein weiterer Ansatz liegtin der Vereinbarung von Haftungsregelungen. Darf aberder Notar seine Haftung einschränken oder sogar aus-schließen? Wird die Frage der Zulässigkeit von Haf-tungsvereinbarungen bejaht, stellt sich die weitereFrage nach der zulässigen Gestalt und Form sowie nachdem zulässigen und angemessenen Inhalt von Haftungs-vereinbarungen. Damit ist das Thema für diesen Beitragvorgegeben. In einem ersten Schritt wird der für diesenBeitrag gewählte Überbegriff „Haftungsvereinbarung“erläutert (B.). Sodann werden die Meinungen in der Lite-ratur zur Frage der Zulässigkeit von Haftungsvereinba-rungen referiert und eine eigene Stellungnahme dazuabgegeben (C.). Schließlich werden die zulässigen Ge-staltungsmöglichkeiten von Haftungsvereinbarungen er-örtert (D.).

B. BegriffsklärungIn Literatur und Judikatur sind unterschiedliche Begriffebei der Abhandlung dieses Themas in Verwendung:Haftungsfreizeichnung, Haftungsbegrenzung, Haftungs-ausschluss, Haftungsbeschränkung etc. Dabei sindrechtsdogmatisch „Haftungsausschluss“ und „Haftungs-beschränkung“ zu unterscheiden.4 Während beim Haf-tungsausschluss die Haftung in vollem Umfang ausge-schlossen wird (zB für Fehler, die auf leichter Fahrlässig-keit beruhen), wird die Haftung durch Haftungsbe-schränkungen nicht zur Gänze, sondern nur zu einembestimmten Ausmaß begrenzt, sodass der Geschädigte

Hermann WilhelmerZur Zulässigkeit und Gestaltung von Haftungsvereinbarungen durch den Notar

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2013

NZ 01/2013 1

1 Zählte Haug im Zeitraum von 1953–1997 noch 204 veröffent-lichte und nicht veröffentlichte Haftpflichturteile des BGH (vglHaug, Die Amtshaftung des Notars2 [1997] Anhang 281), sindin dem ungleich kürzeren Zeitraum danach über 300 veröffent-lichte BGH-Entscheidungen recherchierbar, vgl Zimmermann, Ri-sikomanagement im Notariat – Erkennen, Vermeiden und Redu-zieren von Haftungsgefahren, in FS Zimmermann (2010) 436 ff.Auch für das österr Haftungsrecht ist ein starker Anstieg von Haft-pflichtklagen und Haftpflichtfällen zu konstatieren, vgl nur die Ar-tikelserie zur Haftung des Rechtsberaters von Fenzl/Völkl/Völkl,ÖJZ 1989, 514, ÖJZ 1986 (294, 417), 1989 (513) und Völkl/Völkl,ÖJZ 1991 (617), 1998 (856), 2002 (1), 2006 (261), 2008 (383),2010 (487) oder Völkl/Völkl, Beraterhaftung. Die Haftung undHaftungsvermeidung bei komplexen Dienstleistungen (2007).

2 Schlee, Erkenntnismöglichkeiten aus Schadensfällen, Präventiondurch Qualitätssicherung, MittBayNot 6/2002, 499. Nach Schleeist neben dem steigenden Anspruchsdenken auch „die Vermö-gensentwicklung“ in Deutschland für das angespannte Ergebnisin der Berufshaftpflichtversicherung verantwortlich.

3 Ausführlich dazu Zimmermann, Risikomanagement im Notariat –Erkennen, Vermeiden und Reduzieren von Haftungsgefahren436 ff.

4 Vgl statt vieler Völkl/Völkl, Beraterhaftung Rz 416 ff, Rz 429 ff;Koziol, Haftpflichtrecht I3 (1997) 18/9 ff betreffend Haftungs-schlüsse und 18/24 ff betreffend Haftungsbeschränkungen.

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weiterhin einen bestimmten Schadensausgleich erhält,nur nicht zur Gänze. Als prominentes Beispiel hierfür giltdie Vereinbarung von betraglichen Höchsthaftungsgren-zen.5

Als Überbegriff für das Thema „Haftungsausschluss bzwHaftungsbeschränkung“ wird für diesen Beitrag der Be-griff „Haftungsvereinbarung“ verwendet.6 Dieser Begriffzeigt zum einen, dass der Notar seine an sich unbe-schränkte Verschuldenshaftung nur durch eine aktiveVereinbarung mit seinen Klienten abändern kann. DerBegriff Haftungsvereinbarung bezeichnet – besser alsandere Begriffe wie Haftungsfreizeichnung, Haftungs-ausschluss, Haftungsbeschränkung, Haftungsbegren-zung – den Modus der Haftungsgestaltung, nämlichdas Erfordernis einer zivilrechtlichen Vereinbarung.7

Mit dem Begriff Haftungsvereinbarung sind zudemkeine inhaltlichen Festlegungen verbunden. Deshalblässt sich auch die Regelung von Vertragspflichten unterdiesen Begriff subsumieren, obwohl dieser Themenkreisim haftungsrechtlichen Diskurs nicht unter dem Stich-wort Haftungsausschluss oder Haftungsbeschränkungim engeren Sinn diskutiert wird.8 Die Regelung von Ver-tragspflichten ist – gerade in der Beraterhaftung – abereine entscheidende Form der Haftungssteuerung (vgldazu unten D.1 und D.2). Insgesamt eignet sich der„weite“ und inhaltlich nicht festgelegte Begriff „Haf-tungsvereinbarung“, um das Thema gesamthaft zu be-sprechen.

C. Meinungsstand zur Zulässigkeitvon Haftungsvereinbarungen

1. DeutschlandIn Deutschland wird von der hM eine Haftungsvereinba-rung durch den Notar im Bereich seiner gesetzlichen(amtlichen) notariellen Tätigkeit abgelehnt.9 Diese Ab-lehnung wird einerseits mit der hoheitlichen Tätigkeit

des Notars und andererseits mit der gesetzlichen Haf-tungserleichterung der subsidiären Haftung des Notarssowie mit dem Entfall der Notarhaftung bei schuldhaf-temNichtgebrauch eines Rechtsmittels durch den Betei-ligten begründet.10 Vereinzelt wird die Auffassung ver-treten, dass Haftungsvereinbarungen im „dispositiven“Bereich der notariellen Amtstätigkeit möglich wären,zB bei konsultativer, beratender Tätigkeit nach § 24BNotO sowie bei Belehrung über ausländisches Recht(§ 17 Abs 3 Satz 2 BeurkG).11 Da der Notar in solchenFällen den Inhalt seiner Amtspflicht (zB durch Ausschlussder steuerlichen Beratung oder durch Ausschluss derBeratung oder Belehrung über ausländisches Recht) be-schränken könne (was auch von der hM nicht bestrittenwird),12 ergäbe sich eine Zulässigkeit von vertraglichen,zeitlichen oder zahlenmäßigen Haftungsvereinbarun-gen. Dem steht jedoch die hM in der deutschen Judika-tur und Literatur gegenüber, dass der deutsche Notarausschließlich hoheitlich tätig wird – also auch im dispo-sitiven Bereich der notariellen Tätigkeit.13 Deshalb giltnach hM auch im „dispositiven“ Bereich der notariellenTätigkeit das Verbot der vertraglichen Haftungsverein-barung, womit weder betragsmäßig noch in sachlicheroder zeitlicher Hinsicht eine Haftungsbeschränkung zu-lässig ist.14 Einzelne Amtspflichten (etwa Beratung zumSteuerrecht oder zum ausländischen Recht) können zwardadurch „umgangen“ werden, indem explizit dazukeine Beratung durchgeführt und diese Tätigkeit dahergegenüber dem Klienten nicht ausgeübt wird. Werdendiese Themenkreise jedoch vom Notar beraten, treffenihn auch die vollen (und nicht einschränkbaren) Haf-tungsrisiken.15

Übt der Notar eine nach § 8 Abs 2 und 3 BNotO geneh-migte oder genehmigungsfreie Nebentätigkeit außer-halb seiner amtlichen Zuständigkeiten etwa als Vor-mund, Betreuer, Nachlassverwalter oder Testaments-vollstrecker aus, liegt keine hoheitliche Tätigkeit mehrvor und richtet sich dann die Haftung auch nicht nach§ 19 BNotO.16 In diesem Rahmen ist wohl eine zivilrecht-liche Haftungsvereinbarung nicht ausgeschlossen.17

Hermann WilhelmerZur Zulässigkeit und Gestaltung von Haftungsvereinbarungen durch den NotarN O T A R . A T

2 NZ 01/2013

5 Koziol, Haftpflichtrecht I3 18/24.6 Diesen Begriff verwendete schon Junge-Ilges,Haftungsvereinba-rungen der rechts- und wirtschaftsberatenden Berufe (1995), beider Thematisierung von Haftungsbeschränkungen.

7 Der Notar kann mit zivilrechtlichen Vereinbarungen dagegenseine Haftung auch ausweiten, etwa wenn er (im Zuge von Treu-handschaften) „die persönliche Haftung“ für einen bestimmtenErfolg (zB Einverleibung des Pfandrechts) übernimmt, womitnach der Judikatur des OGH (vgl 2 Ob 586/87) eine verschulden-sunabhängige Haftung begründet wird. Weil eine verschulden-sunabhängige Haftung über die gesetzliche Haftpflicht des No-tars hinausgeht, besteht kein Versicherungsschutz in der notariel-len Berufshaftpflichtversicherung, vgl statt aller Gräfe/Brügge,Vermögenschaden-Haftpflichtversicherung (2006) Rz 298. Des-halb ist von derartigen Haftungsübernahmen abzuraten, da insolchen Fällen eine Haftung begründet werden könnte, aber keinVersicherungsschutz besteht.

8 Vgl Koziol, Haftpflichtrecht I3 18/31, der ausführt, dass es sich beiPflichtenregelungen um keine Regelungen handle, „die einerHaftungsbeschränkung oder einem Haftungsausschluß gleichkä-men“.

9 Vgl Haug/Zimmermann, Amtshaftung3 (2011) Rz 306 mwN zurhM in FN 854.

10 Haug/Zimmermann, Amtshaftung3 Rz 306–307, mit weiteren Ar-gumenten zum Verbot der Haftungsvereinbarung (das Verbotder Amtsverweigerung bei Urkundstätigkeit verunmöglicht an-dere Vorbehalte [etwa Haftungsbegrenzungen], keine gesetzli-chen Regelungen zur Haftungsbegrenzung des Notars im Ver-gleich zu anderen Berufsgruppen, Dritthaftung des Notars alsHaftungsbeschränkungshindernis).

11 Rossak, Darf der Notar seine Haftung ausschließen oder ein-schränken? VersR 1985, 1121; Reithmann, Haftungsbegrenzungim dispositiven Amtsbereich, MittBayNot 1999, 159.

12 Zimmermann, Risikomanagement 438.13 Zimmermann, Risikomanagement 438 mwN zur deutschen Judi-

katur.14 Zimmermann, Risikomanagement 439.15 Zimmermann, Risikomanagement 438.16 Zimmermann, Risikomanagement 439.17 Zimmermann, Risikomanagement 439.

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2. Österreicha) Meinungsstand

In Österreich wird die Frage der Zulässigkeit von Haf-tungsvereinbarungen ebenfalls anhand unterschiedli-cher Tätigkeitsbereiche diskutiert.

Klar ist die Rechtslage im Bereich des Gerichtskommis-sariats. Für den Notar als Gerichtskommissar wird eineHaftungsvereinbarung einhellig als unzulässig betrach-tet.18 Der Notar wird hier im Auftrag des Gerichts als Or-gan der Gerichtsbarkeit hoheitlich („öffentlich-recht-lich“) tätig und unterliegt dem Amtshaftungsrecht,19

das ein direktes Vertragsverhältnis und somit eine Haf-tungsvereinbarung zwischen Notar und den Beteiligtenausschließt. Es besteht zwischen Notar und geschädig-tem Dritten keine direkte Haftung.20 Im Wege der Amts-haftung ist die Republik Österreich in Anspruch zu neh-men. Diese kann sich beim Notar regressieren, soferndie Pflichtverletzung grob fahrlässig oder vorsätzlich er-folgte (§ 3 Abs 1 AHG).

Spannender ist die Diskussion mit Blick auf die §-1-NO-und §-5-NO-Tätigkeit des Notars. Wagner/Knechtel21

und Godl22 sprechen sich für ein Verbot von Haftungs-vereinbarungen aus. Völkl/Völkl23 äußern sich dazunicht direkt, nehmen jedoch zwischen Notar und Klien-ten im Rahmen seiner „berufsbildlichen Tätigkeiten“sowie seiner hoheitlichen Aufgaben ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis an.24 Beruht das Rechts-verhältnis zwischen Notar und Klienten auf einem öf-fentlich-rechtlichen Vertragsverhältnis, wird in derLiteratur die Unzulässigkeit von Haftungsvereinbarun-gen mangels privatrechtlicher Gestaltungsgrundla-ge geschlussfolgert.25 Feil/Hajek26, Bydlinski27, Koziol28,

Schummer29 – und im Ergebnis wohl auch Fitz/Roth30 –

bejahen dagegen das Vorliegen eines privatrechtlichenVertragsverhältnisses zwischen Notar und Klient. NachAnsicht dieser Autoren finden die Bestimmungen desGeschäftsbesorgungs- und Bevollmächtigungsrechtsgem §§ 1002 ff ABGB Anwendung;31 dies nicht nur imBereich der §-5-NO-Tätigkeit, sondern auch im Bereichder §-1-NO-Tätigkeit des Notars, hier jedoch angerei-chert um öffentlich-rechtliche Komponenten.32 Als Kon-sequenz dieser zivilrechtlichen Einordnung des Ver-tragsverhältnisses wird die Möglichkeit und Zulässig-keit von Haftungsvereinbarungen grundsätzlich be-jaht.33 Dies gilt nach Schummer auch für den §-1-NO-Bereich. Seiner Meinung nach dürfen Notare imBereich der §-1-NO-Tätigkeit haftungsrechtlich nichtschlechter gestellt sein als im Falle der Amtshaftunggegenüber der Republik Österreich.34 Nach § 3 Abs 1AHG ist ein Regress der Republik gegenüber dem No-tar möglich, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässiggehandelt hat. Im Falle grober Fahrlässigkeit kanndas Gericht aus Gründen der Billigkeit den Rücker-satz mäßigen (§ 3 Abs 2 AHG). Gelten diese begrenz-ten Haftungsgrundsätze im Bereich der Amtshaftung,müssen diese Haftungseingrenzungen auch bei derBeurkundungsstätigkeit des Notars nach § 1 NOdurch entsprechende Haftungsvereinbarungen möglichsein.35 Schummer vergleicht die §-1-NO-Tätigkeitauch mit jener des Schiedsrichters, der auf Basis einesöffentlich-rechtlichen Schiedsvertrags tätig wird undwo Haftungsbeschränkungen (sogar trotz öffentlich-

Hermann WilhelmerZur Zulässigkeit und Gestaltung von Haftungsvereinbarungen durch den Notar

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NZ 01/2013 3

18 Wagner/Knechtel,Notariatsordnung6 (2006) § 39 Rz 1;Godl,No-tarhaftung im Vergleich (2000) 26–28. Koziol, Haftung der No-tare für Substituten, in FS Weissmann (2001) 431 ff, 443. Schum-mer, Die Haftung des Rechtsberaters (2010) (Skriptum unveröf-fentlicht) 1 ff.

19 Wagner/Knechtel § 39 NO Rz 1.20 Godl, Notarhaftung 28.21 Wagner/Knechtel § 39 NO Rz 1: „Eine Vereinbarung des Notars

mit den Beteiligten über einen Haftungsausschluss oder eineHaftungsbeschränkung wäre unzulässig, im Übrigen ohne Wir-kung gegenüber demDritten. Der Notar kann nur die Amtshand-lung ablehnen.“

22 Godl, Notarhaftung 15, dies jedenfalls für §-1-NO-Tätigkeiten;mit Bezugnahme auf §-5-NO-Tätigkeiten schwankend, aber letzt-lich ebenfalls verneinend, Godl, Notarhaftung 57–58.

23 Völkl/Völkl, Beraterhaftung (2007) Rz 694 FN 183.24 Bei Erbringung darüber „hinausgehender“ oder „anderer“ Tätig-

keit soll die Grundlage der Tätigkeit des Notars nach Völkl/Völkldagegen dem Privatrecht unterliegen, vgl ebd.Daraus ist aber zuerschließen, dass nicht nur die Tätigkeit als Gerichtskommissarfür Völkl/Völkl öffentlich-rechtlicher Natur ist, sondern auch die(wohl unstrittig als) berufsbildlich zu bezeichnenden Tätigkeitennach § 1 sowie § 5 NO.

25 So etwa Godl, Notarhaftung 15–17, 21–24, sodann 55 ff.26 Feil/Hajek, Die Berufshaftung der Rechtsanwälte und Notare

(1990) Rz 65.27 Bydlinski, Notariatsakt und Notarhaftung, NZ 1991, 237 FN 12.28 Koziol, Haftung der Notare für Substituten 431 ff, 443.

29 Schummer, Haftung 13–14.30 Fitz/Roth, Der Notar im Kapitalgesellschaftsrecht, JBl 2004,

205 ff (206), die von einer „entgeltlichen Beauftragung des No-tars“ bei der Errichtung eines Notariatsakts ausgehen.

31 Auf die unterschiedlichen vertraglichen (zivilrechtlichen) Grund-lagen der Beratertätigkeit (Geschäftsbesorgungs- und Bevoll-mächtigungsvertrag, freier Dienstvertrag, Werkvertrag) kann hiernicht näher eingegangen werden. Vgl dazu ausführlich Völkl/Völkl, Beraterhaftung Rz 50 ff.

32 Bydlinski, Notariatsakt und Notarhaftung, NZ 1991, 237 FN 12;Koziol,Haftung der Notare für Substituten 431 ff, 443. Die öffent-lich-rechtliche Komponente der notariellen Tätigkeit kommtetwa bei der Errichtung eines Notariatsakts zum Vorschein. Überden Notariatsakt können Vertragsansprüche für vollstreckbar er-klärt werden (vgl §§ 3, 3a NO), was bei einer Privaturkunde nichtmöglich ist. Dem Notariatsakt kommt als „öffentliche Urkunde“auch erhöhte Beweiskraft zu, vgl Wagner/Knechtel § 1 NORz 1, § 2 NO Rz 1; Rechberger/Simotta, Zivilprozessrecht8

(2010) Rz 794 ff. Die Tätigkeit des Notars ist überdies ua durch§ 52 NO (iS von Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vor-schriften, den wohlverstandenen Interessen und dem tatsächli-chen, gültigenWillen der Parteien) und § 53 NO (Unparteilichkeitund Verpflichtung zum Schutz der schwächeren Partei gegenÜbervorteilung durch andere) determiniert, sodass nicht das Par-teieninteresse, sondern der Interessenausgleich im Vordergrundsteht, was die objektive Interessenwahrnehmungspflicht desNotars unterstreicht.

33 So ausdrücklich Schummer, Haftung 13–14.34 Schummer, Haftung 14.35 Schummer, Haftung 14.

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rechtlicher Rechtsgrundlage) als zulässig erachtet wer-den.36

b) Eigene Stel lungnahme

Den Befürwortern der Zulässigkeit von Haftungsverein-barungen ist beizupflichten. Anders als in Deutschlandkommt dem österr Notar kein Haftungsprivileg im Sinneder gesetzlichen Subsidiärhaftung zu.37 Insofern ist diedeutsche Lehre und Judikatur nicht auf die österrRechtslage anwendbar.38 Im Bereich der §-5-NO-Ge-schäfte geht die hM (unter Hinweis auch auf § 109aNO, welcher die notarielle Treuhandschaft regelt) be-reits gesichert von einem privatrechtlichen Rechtsver-hältnis zwischen Notar und den Klienten aus.39 Unterlie-gen die Geschäfte nach § 5 NO der Privatautonomie,muss eine zivilrechtliche Haftungsbegrenzung möglichsein.Weniger eindeutig ist die Frage der Zulässigkeit vonHaftungsvereinbarungen im Bereich der §-1-NO-Tätig-keit, da hier – auch bei Annahme einer zivilrechtlichenVertragsgrundlage – die „öffentlich-rechtliche Kompo-nente“ der notariellen Tätigkeit hineinspielt. Der zuvorreferierten Meinung von Schummer kann aber auch hiergefolgt werden. Dazu einige weiterführende Überlegun-gen.Eine Haftungsvereinbarung muss im Bereich der §-1-NO-Tätigkeit schon deshalb möglich sein, weil der Notarzur Übernahme von „Amtshandlungen“ (zB Errichtungvon Notariatsakten oder Beglaubigungen von Unter-

schriften) verpflichtet ist (§ 35 NO) und er diese „Amts-handlungen“ nur im Rahmen enger Ablehnungsgründe(vgl §§ 33 und 34 NO) verweigern darf. Aus dem „Kon-trahierungszwang“ kann die Notwendigkeit eines Aus-gleichs abgeleitet werden.40 Dieser Ausgleich liegt da-rin, das Haftungsrisiko aus der „zwingenden Tätigkeit“durch Haftungsvereinbarungen zu steuern. Muss derNotar tätig werden, soll er sich durch Haftungsvereinba-rungen schützen können.41 Dem steht die Rechtsnaturder §-1-NO-Tätigkeit nicht entgegen. Die §-1-NO-Tätig-keit, also die Errichtung von Notariatsakten und sonsti-gen Beurkundungen, Beglaubigungen, begründet kein(die Haftungsbegrenzung verunmöglichendes) öffent-lich-rechtliches Rechtsverhältnis. Vielmehr ist mit Feil/Hajek, Bydlinski, Koziol, Fitz/Roth und Schummer ein pri-vatrechtliches Rechtsverhältnis mit öffentlich-rechtlichenKomponenten anzunehmen.42 Dies zeigt zB das engeZusammenspiel bei der Errichtung von Privaturkundeund Notariatsakt. Die §-1-NO-Tätigkeit baut nicht seltenauf zuvor errichtete Privaturkunden auf. Dabei ist derUnterschied der Beauftragung bei Privaturkunden zurBeauftragung bei Errichtung von Notariatsakten oderbei Beurkundungen, Beglaubigungen in der notariellenPraxis ein gradueller, kein substanzieller. Gerade dasBeispiel der „Mantelung“ von Privaturkunden durch ei-nen Notariatsakt verdeutlicht den fließenden Übergangzwischen der §-1-NO-Tätigkeit und der §-5-NO-Tätig-keit. Warum soll bei einem „Mantelakt“ gem § 1 NO,der häufig vorgefertigte Vertragskonzepte der Klientenzur Grundlage hat, von einem anderen als einem zivil-rechtlichen Auftrag ausgegangen werden und so-mit jegliche Haftungsvereinbarung unzulässig sein,

Hermann WilhelmerZur Zulässigkeit und Gestaltung von Haftungsvereinbarungen durch den NotarN O T A R . A T

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36 Schummer, Haftung 14 mit Verweis auf Krejci, Zur Schiedsrichter-haftung, ÖJZ 2007, 97.

37 In Österreich ist die (nicht gesetzlich geregelte) Subsidiärhaftungdes Notars von der Judikatur des OGH zu unterscheiden, wo-nach bei Vertragsstreitigkeiten zwischen den Parteien nicht so-fort auch auf den Vertragserrichter zugegriffen werden darf, son-dern zB bei Gewährleistungsfragen Ansprüche zunächst und pri-mär direkt gegenüber dem jeweiligen Vertragspartner geltend zumachen sind, vgl Godl, Notarhaftung 67 ff, 109, 119 ff mit weite-ren Judikaturnachweisen. Erst wenn ein direkter Ausgleich zwi-schen den Vertragsparteien (etwa wegen Insolvenz des Vertrags-partners) unzumutbar wird, wäre eine Beraterhaftung des Ver-tragserrichters, also auch des Notars, zulässig geltend zu ma-chen.

38 Die Argumente von Haug/Zimmermann (Amtshaftung3 Rz 307)zum Haftungsbegrenzungsverbot für deutsche Notare sind aufÖsterreich aus mehreren Gründen nicht übertragbar. So gibt esin Österreich analog zu § 51a Abs 1 Nr 1 und Nr 2 BRAO keinegesetzlichen Regelungen betr Zulässigkeit von Haftungsbegren-zung, egal ob es sich um die Berufsgruppe der Rechtsanwälte,Wirtschaftstreuhänder, Unternehmensberater oder Notare han-delt. Aus dem Fehlen derartiger gesetzlicher Regelungen lässtsich im Umkehrschluss nicht dessen Verbot folgern. Zum anderenist die Dritthaftung kein zwingendes Argument gegen die Zuläs-sigkeit von Haftungsbegrenzungen. Haftungsbegrenzungen imzivilrechtlichen Rechtsverhältnis zum Klienten entfalten nämlichauch Wirksamkeit gegenüber Dritten. Zur zulässigen Drittwir-kung von Haftungsbegrenzungen bei Verträgen mit Schutzwir-kung zugunsten Dritter vgl unten D.3.d).

39 Spruzina, Rechts- und Standespflichten des Notars, NZ 1995,219 ff; Feil/Hajek, Berufshaftung Rz 7 und 12; Welser, Die Haf-tung für Rat, Auskunft und Gutachten (1983) 78; OGH in JBl1966, 525, OGH in NZ 1980, 73; 3 Ob 35/02x.

40 Hierzu ist ein analoger Blick auf die Kfz-Haftpflichtversicherungmit Kontrahierungszwang (vgl § 25 KHVG) hilfreich. Obwohlder Kfz-Haftpflichtversicherer den ihm zugewiesenen Versiche-rungsnehmer versichern muss, steht ihm ein Ausgleich zu, vglSchauer, Versicherungsvertragsrecht3 (1994) 416 ff, 418–419.Dieser Ausgleich besteht zB in einem erheblichen Prämienzu-schlag. Die Idee eines Ausgleichs bei Kontrahierungszwang istauch auf das Haftpflichtrecht der Notare übertragbar.

41 Natürlich stößt die Möglichkeit von Haftungsvereinbarungen ge-genüber Verbrauchern auch auf Grenzen; vgl dazu unten D.

42 Es obliegt dem Staat, bestimmten Urkunden besondere Rechts-kraft und Rechtswirksamkeit einzuräumen, vgl dazu schon obenFN 33. Nur weil öffentlichen Urkunden eine besondere öffent-lich-rechtliche Rechtswirksamkeit zugesprochen wird und demNotar eine objektive Interessenwahrnehmungspflicht zukommt,ist damit noch nichts Zwingendes zum Rechtsverhältnis zwischendem Notar und seinem Klienten gesagt. Die (öffentlich-rechtli-che) Rechtswirkung von Urkunden sowie die öffentlich-rechtlicheKomponente der notariellen Tätigkeit, darunter die objektive In-teressenwahrnehmungspflicht des Notars, sind von der zivilrecht-lichen Grundlage des notariellen Tätigwerdens zu unterscheiden.Der Notar kann die objektive (dh nicht parteiische) Interessen-wahrnehmung (so wichtig diese für das Berufsbild des Notarsauch ist) auch auf Basis zivilrechtlichen Auftragsrechts erfüllen,wie die parallele Diskussion zur Zulässigkeit der Doppel- oderMehrfachvertretung bei der Vertragserrichtungs- und Treuhän-dertätigkeit des Rechtsanwalts zeigt, vgl Graf, Anwaltshaftung(1990) 80 ff, 81; Feil/Wennig, Anwaltsrecht7 (2012) § 10 RAORz 12, 15.

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während bei der Errichtung der gleichen Verträge „nur“als Privaturkunde als Ausfluss der §-5-NO-Tätigkeitdie Anwendung von zivilrechtlichem Auftragsrecht be-jaht wird und eine Haftungsvereinbarung damit möglichist?

Dass der Notar eine im Rahmen des Zivilrechts zulässigeHaftungsvereinbarung für den §-1-NO-Bereich treffenkann, zeigen (indirekt) auch die notariellen Kammerricht-linien THR43 und VHR44. P 6 VHR regelt die Verpflichtung,bei notariellen Treuhandschaften die Versicherungs-summe bis auf maximal 4,5 Mio Euro bzw 7,5 Mio Euroanzuheben. Der Notar kann von der Verpflichtung zurErhöhung des Versicherungsschutzes durch die Be-freiungserklärung der Treugeber befreit werden (P 17THR45). P 17 THR grenzt die Möglichkeit der Befreiungs-erklärung nicht danach ein, ob der Treuhandschaft einRechtsgeschäft in Form einer Privaturkunde oder inForm eines Notariatsakts zugrunde liegt. Auf die Formdes Grundgeschäfts (Privaturkunde oder Notariatsakt)wird in den Richtlinien nicht Bezug genommen. Ist eine(privatrechtliche) Befreiungsvereinbarung zur Höherver-sicherung möglich, so muss im Gegenzug auch eine (pri-vatrechtliche) Vereinbarung zur Höchsthaftung zulässigsein,46 und zwar unabhängig davon, ob es sich um einePrivaturkunde oder um eine öffentlich-rechtliche Ur-kunde handelt. Es wäre unbillig, demNotar die Möglich-keit einer Haftungsvereinbarung nicht einzuräumen,wenn der Klient eine Höherversicherung ablehnt. DerNotar würde in diesem Fall weiterhin in unbegrenzterHöhe haften, sein Risiko aber nicht entsprechend absi-chern können. Als Ausgleich zur Nichtanpassung derVersicherungssumme an das notarielle Haftungsrisikoist dem Notar die Möglichkeit der Beschränkung derHaftung zuzugestehen.

c) Fazit

Die Zulässigkeit von Haftungsvereinbarungen ist einer-seits rechtsdogmatisch begründbar. Andererseits indi-ziert die Zunahme von Haftungsrisiken (mit steigendenTransaktionswerten, komplexen rechtlichen und/oderwirtschaftlichen Zusammenhängen, mit steigendemAnspruchsbewusstsein, arbeitsteiliger Dienstleitung zBdurch Errichtung von Privaturkunden und damit korres-pondierend vonMantelakten, Grenzen der Versicherbar-

keit) die Notwendigkeit, Möglichkeit und Zulässigkeiteiner Haftungssteuerung durch Haftungsvereinbarung.Der Notar kann in bestimmten Bereichen (§ 35 NO)„Amtshandlungen“ wie andere Berater nicht ablehnen,was aber Teil des allgemeinen Risikomanagementswäre.47 Deshalb soll er zum Ausgleich Haftungsvereinba-rungen schließen dürfen. Die Vereinbarung von Haf-tungsbegrenzungen ist innerhalb der Beraterszene auchbranchenüblich. Rechtsanwälte und Wirtschaftstreuhän-der begrenzen ihre Haftung schon seit Längerem.48 Wa-rum soll dies dem Notar als Teil der Rechtsberater-dienstleistungsbranche verwehrt sein?

Wird die Frage der Zulässigkeit von Haftungsvereinba-rung im Bereich der §-1-NO- und § 5-NO-Tätigkeit desNotars grundsätzlich bejaht, bedeutet dies nicht, dassder Notar „jegliche“ Haftung ausschließen darf. In wel-chem Ausmaß Haftungsvereinbarungen zulässig sind,ist eine Frage der zulässigen Gestaltung von Haftungs-vereinbarungen (dazu sogleich D.).

D. Gestaltung vonHaftungsvereinbarungen

1. AllgemeinesBei der Technik von Haftungsvereinbarungen sind zweiFormen zu unterscheiden: einmal die Vereinbarungvon Allgemeinen Geschäfts- oder Auftragsbedingungen(„AAB“) sowie die Vereinbarung von individuellen Haf-tungsregelungen.49 Individualvereinbarungen sind auf-grund stärkerer Willenseinbindung des Klienten inder Regel bestandssicherer als die Vereinbarung vonAAB.50 Die inhaltliche Zulässigkeit von Haftungsverein-barungen hängt von mehreren Faktoren ab: Grad desVerschuldens, Willensfreiheit bei der Vereinbarung vonHaftungsbegrenzungen, Grad der Zurechnung, Wertig-keit der verletzten Güter, Art der Pflichten (Haupt- oder

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43 Richtlinien der Österreichischen Notariatskammer über die Vor-gangsweise bei notariellen Treuhandschaften (THR 1999) vom8. 6. 1999 idF DT-Beschluss 18. 10. 2012.

44 Richtlinien der Österreichischen Notariatskammer über die Ver-tragsbedingungen der Haftpflichtversicherung (VHR 1999) vom8. 6. 1999 idF DT-Beschluss 21. 10. 2011.

45 P 17 THR lautet: „Übersteigt der Treuhandrahmen im Einzelfallden Versicherungsschutz des Notars, so hat er eine entsprechen-de Erweiterung des Versicherungsschutzes zu veranlassen, es seidenn, der Treugeber befreit den Notar davon durch schriftlicheErklärung.“

46 Diese Überlegung wird auch von Godl, Notarhaftung 24 FN 115,zugestanden, wenngleich sie die Möglichkeit der Haftungsbe-grenzung weiterhin verneint.

47 Nämlich Risikomanagement als Form der Risikovermeidungdurch Nichtausübung bestimmter Tätigkeiten, vgl Keil, Allge-meine Versicherungen des privaten und des gewerblichen Ge-schäfts2 (2002) 35, oder Aust, Risikobewältigung bei Treuhand-schaften, in Apathy, Die Treuhandschaft (1995) 239.

48 Wirtschaftstreuhänder vereinbaren standardmäßig AllgemeineAuftragsbedingungen, sog AAB, vgl die aktuelle Fassung2011 auf www.kwt.or.at/de/desktopdefault.aspx/tabid-83/. AuchRechtsanwälte vereinbaren vermehrt Allgemeine Auftragsbedin-gungen.

49 Vgl für die deutsche Rechtslage Borgmann/Jungk/Grams, An-waltshaftung4 § 41 Rz 44 ff, Rz 54 ff; für die österr Rechtslagevgl Völkl/Völkl, Beraterhaftung Rz 415 ff.

50 Zu den Detailfragen der Vereinbarung wirksamer Individualver-einbarungen oder AAB vgl für österreichisches Recht Frotz, DieHaftung des Versicherungsmaklers: Möglichkeiten der Haftungs-begrenzung, in Fenyves, Die Haftung des Versicherungsmaklers(1993) 23 ff, Karollus, Die beschränkte Haftung der Wirtschafts-treuhänder (AAB) – Anmerkungen zu § 8 der Allgemeinen Auf-tragsbedingungen, RdW 1997, 583 ff; Bydlinski, Gedanken zurHaftung des Abschlussprüfers, in FS Ostheim (1990) 349 ff. Fürdas deutsche Recht vgl zB Zimmermann, Haftungsbegrenzungstatt Versicherung? – Zur Reichweite von § 51a BRAO, NJW2005, 177 ff.

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Nebenpflichten), eigenem Verschulden oder Gehilfen-verschulden, wirtschaftlicher Tragfähigkeit (Versicher-barkeit), Relation von Haftung und Entgelt.51 Ob undin welchem Ausmaß eine Haftungsvereinbarung zulässigist, ist auch abhängig davon, mit welchem Vertragspart-ner die Haftungsvereinbarung geschlossen wird. Ist derVertragspartner ein Verbraucher, ist § 6 Abs 1 Z 9 KSchGzu berücksichtigen. Ist der Vertragspartner ein Unter-nehmer, ist der allgemeine Maßstab des § 879 ABGB(insb § 879 Abs 3 ABGB) beachtlich, weil Haftungsver-einbarungen keinen „gröblich benachteiligenden“ In-halt aufweisen dürfen. In Haftungsvereinbarungen kanneine „Salvatorische Klausel“ enthalten sein, wonach dieHaftungsbegrenzung bei ggf zu weitgehenden Haf-tungsvereinbarungen auf den gesetzmäßigen Teil desHaftungsausschlusses oder der Haftungsbeschränkungreduziert wird.52

AAB sind gleichzeitig mit Erteilung der Vollmacht zu ver-einbaren, damit sie wirksamer Gegenstand des Man-datsinhalts werden. In Vollmachtsformularen sollte zuBeginn eines Auftrags eine Bestätigung zum Erhalt derAAB53 und/oder ein Hinweis auf die Möglichkeit der Ein-sichtnahme in AAB (etwa auf der Homepage des eige-nen Unternehmens) enthalten sein. Individuelle Haf-tungsregelungen sind vor oder im Rahmen eines Man-dats (spätestens jedoch mit Erbringung der zentralennotariellen Dienstleistung54) individuell mit dem Klientenzu vereinbaren.

Inhaltlich sind zwei Formen der Haftungsvereinbarungzu unterscheiden: die Haftungsvereinbarung „demGrunde nach“ sowie die Haftungsvereinbarung „derHöhe nach“. Davon ist – haftungstechnisch – nochmalsdie Regelung von Vertragspflichten zwischen Notarund Klient zu trennen,55 die grundsätzlich nicht als Haf-tungsausschluss oder Haftungsbeschränkung im enge-ren Sinn angesehen werden.56 Die Regelung der Ver-tragspflichten unterliegt nicht der AAB-Kontrolle des§ 6 Abs 1 Z 9 KSchG sowie § 879 Abs 3 ABGB. Aller-dings gibt es auch hier Grenzen, wenn Pflichten soweiteingeschränkt werden, dass sie einem Haftungsaus-schluss gleichkommen.57

Die weiteren Ausführungen erörtern zunächst die Mög-lichkeiten und den Inhalt bei der Regelung von Vertrags-pflichten (D.2). Im Anschluss daran wird auf die Ge-staltungsmöglichkeiten von Haftungsvereinbarungendem Grunde nach (D.3) sowie der Höhe nach (D.4) ein-gegangen.

2. Regelung von Vertragspfl ichtenIm Zentrum der notariellen Pflichten stehen – abgese-hen von gesetzlichen Pflichten, die sich zB aus der NOoder aus dem ABGB ableiten – die rechtsgeschäftlicheingegangenen Pflichten, dh Pflichten, die durch Ver-trag (Auftrag, Werkvertrag, freier Dienstvertrag etc) be-gründet werden. In der Beraterhaftung ist es entschei-dend, welcher Leistungsumfang und welche Sorgfalts-pflichten dem Klienten gegenüber konkret geschuldetwerden. Die haftungsrechtliche Judikatur beschäftigtsich vielfach mit der Auslegung der jeweils vertraglichgeschuldeten Pflichten, die oft nur allgemein oder garnicht durch AAB oder individuelle Vereinbarungen spe-zifiziert sind. „Pflichtenrecht“ ist oft „Richterrecht“,58

weil die Vertragspflichten im Rechtsstreit vom Gericht(ergänzend) auszulegen sind. Der Umfang von Pflichtenist für das Haftungsrisiko des Notars daher zentral. DieRegelung der vertraglichen Pflichten im Rahmen derAuftragsübernahme ebenso. Zu prüfen ist, auf welcheWeise die Regelung von Vertragspflichten erfolgenkann.

Der Pflichtenumfang kann zum einen auf individuellerEbene zB durch Formulierung von Vorbehalten inden Urkunden etwa zu steuerlichen Fragen, zum Aus-landsrecht oder zu Vorarbeiten der Parteien (und de-ren Vertreter) in den öffentlichen oder privaten Urkun-den erfolgen.59 Ferner helfen Belehrungsvermerke (in-

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51 Ausf Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 18/11 ff, im Anschluss an dasbewegliche System von Wilburg (Die Elemente des Schadens-rechtes [1941]); Koziol folgend ua Völkl/Völkl, BeraterhaftungRz 424; vgl dazu auch OGH 4 Ob 179/02 f.

52 So der Praxistipp von Völkl/Völkl, Beraterhaftung Rz 432. Aller-dings ist nach der Judikatur des OGH (vgl 7 Ob 233/06z; 7 Ob78/06 f; 7 Ob 82/07w) eine „Salvatorische Klausel“ im Sinnedes § 6 Abs 3 KSchG intransparent und unwirksam, vgl Kathreinin KBB3 (2010) § 6 KSchG Rz 32. Diese Judikatur gilt jedoch nurgegenüber Verbrauchern, nicht gegenüber Unternehmern. Auchbei möglicher Unwirksamkeit der Salvatorischen Klausel gegen-über Verbrauchern ist zu fragen, ob der hypothetische Parteien-wille einer (wenn auch unwirksamen, weil intransparenten) Haf-tungsvereinbarung nicht dennoch auszulegen ist (vgl §§ 914 fABGB). Daher kann die (wenn auch als unwirksam kritisierte) Sal-vatorische Klausel für die Erhebung des hypothetischen Parteien-willens Orientierungspunkte für den Parteiwillen geben. Da dieMöglichkeit der geltungserhaltenden Interpretation von AAB-Klauseln in Österreich als zulässig betrachtet wird, vgl nur Feny-ves, Das Verhältnis von Auslegung, Geltungskontrolle und In-haltskontrolle von AVB als methodisches und praktisches Prob-lem, in FS Bydlinski (2001) 121 ff, 137, insb mwN in FN 95 und96; Völkl/Völkl, Beraterhaftung Rz 431, kommen die Parteienoder das Gericht bei einem Streit um die Zulässigkeit und umden Inhalt einer AAB-Klausel an einer Vertragsauslegung ohnehinnicht vorbei, weshalb es mE besser ist, die Salvatorische Klauselzu vereinbaren als nicht.

53 Einen „Bestätigungs-Hinweis“ enthält die vom Uwe KirschnerForschungsinstitut ausgearbeitete „Vollmacht“, auf welche imFolgenden verwiesen wird.

54 ZB Kaufvertragserrichtung und Kaufvertragsunterfertigung mitdamit einhergehender Belehrung über rechtliche und wirtschaft-liche Risiken.

55 Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 18/30 ff, insb Rz 18/31.56 Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 18/31.57 Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 18/32.58 Haug/Zimmermann, Amtshaftung3 Rz 448; Graf, Anwaltshaftung

41–42; Borgmann/Jungk/Grams, Anwaltshaftung4 (2004) § 16Rz 1 ff.

59 Eine Pflichteneingrenzung bei der Mantelung von Urkunden er-folgt etwa durch die vom Uwe Kirschner Forschungsinstitut aus-gearbeitete individuelle „Belehrungsklausel“, die bei ErstellungvonNotariatsakten oder Urkunden Verwendung finden kann. Ge-

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nerhalb der Urkunde) zB zum Verzicht auf bestimmteSicherungsmaßnahmen (Verzicht auf Rangordnung,Verzicht auf bestimmte Sicherstellungen60) bei der Ein-grenzung des Haftungsrisikos. Auch Bestätigungs-schreiben an den Klienten bei Beauftragung oder nachBeendigung des Auftrags wirken haftungseingrenzend,wenn sie dazu genutzt werden, die Aufgaben des No-tars zu umschreiben und zu detaillieren.61 Nach Been-digung des Auftrags ließe sich zB gleichzeitig mitder Übersendung der Honorarnote eine Leistungs-übersicht in das Notarschreiben aufnehmen, womitder Tätigkeitsumfang des Notars dem Klienten gegen-über verdeutlicht wird und womit gleichzeitig auchangezeigt wird, dass die Tätigkeit des Notar zu Endeist, sodass ggf Missverständnisse über die Erbringungoder Nichterbringung weiterer Dienstleistungen auf-gedeckt werden können.62 Zumindest bei wichtigen,komplizierten und umfangreichen Aufträgen würdeeine derartige „klarstellende“ Korrespondenz haf-tungseingrenzend wirken.

Die Regelung des Pflichtenumfangs kann auch „gene-ralisiert“ durch Vereinbarung von AAB erfolgen.63 Sokönnen Aufklärungs-, Berichts- und Mitwirkungspflich-ten des Klienten/Mandanten in den AAB formuliertwerden,64 um die Verantwortlichkeiten zwischen Notarund Klient besser zu balancieren. Telefonische Aus-künfte können in ihrer Verbindlichkeit von einer nach-folgenden schriftlichen Bestätigung abhängig ge-macht werden.65 Oder die Kenntnis von ausländi-schem Recht von der zuvor erfolgten schriftlichen Ver-einbarung.66

3. Haftungsvereinbarung dem Grundenach („Haftungsausschluss“)

Neben der Pflichtenkreisregelung sind auf der grund-sätzlichen Haftungsebene ua Regelungen zum Schaden3.a), Verschulden 3.b), zur Verjährung 3c) sowie zur Drit-thaftung 3.d) möglich.

a) Schaden

Nicht alle Schäden sind durch AAB oder individuelle Ver-einbarungen von der Haftung ausschließbar.67 Der Aus-schluss von Personenschäden ist zB gegenüber Verbrau-chern unzulässig (§ 6 Abs 1 Z 9 KSchG).68 GegenüberUnternehmern gibt es zwar kein konkretes gesetzlichesVerbot, aber auch hier wird aufgrund der hohen Wertig-keit des Rechtsguts Gesundheit und/oder persönlicheIntegrität der Ausschluss von Personenschäden wohlnicht zulässig sein. In der Beraterhaftung ist der Aus-schluss von Personenschäden allerdings wenig relevant,da solche Schäden nur sehr selten und häufig nur imRahmen der Verletzung von vertraglichen Nebenpflich-ten (etwa bei Verletzung von Verkehrssicherungspflich-ten69) auftreten.

b) Verschulden

Der Verschuldensgrad, für den der Notar einzustehenhat, kann ebenfalls eingegrenzt werden. Nach hM in Li-teratur und Judikatur ist der Ausschluss der leichtenFahrlässigkeit – ausgenommen davon sind Personen-schäden70 sowie sonstige unvorhersehbare oder atypi-sche Schäden71 – sowohl gegenüber dem Verbraucher(Umkehrschluss zu § 6 Abs 1 Z 9 KSchG) als auch gegen-über dem Unternehmer zulässig.72 In der Regel wirddiese Vereinbarung standardmäßig in den AAB getrof-fen. Um die Gültigkeit der Verschuldenseingrenzungin den AAB sicherzustellen, ist eine drucktechnischeHervorbebung im AAB-Text empfehlenswert.73 Mit ei-nem AAB-Haftungsausschluss für leichte Fahrlässigkeitkönnen zB Tippfehler oder kleine Flüchtigkeitsfehlermit großem Schadenpotenzial von der Haftung ausge-schlossen werden.

In welchem Ausmaß bei Unternehmern grobe Fahrläs-sigkeit ausgeschlossen werden kann (bei Verbrauchern

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rade diese Belehrungsklausel zeigt, dass die Autoren dieser Klau-sel von der Zulässigkeit von Haftungsbegrenzungen im Bereichder §-1-NO-Tätigkeit des Notars ausgehen, was die oben unterC.2 referierte (eigene) Rechtsmeinung unterstreicht.

60 ZB mit folgendem Inhalt: „Die Klienten verzichten auf einen voll-streckbaren Notariatsakt aus Kostengründen.“ Oder: „Die Par-teien verzichten auf die Sicherung einer Rangordnung aus Kos-tengründen.“

61 Zimmermann, Risikomanagement im Notariat – Erkennen, Ver-meiden und Reduzieren von Haftungsgefahren 440.

62 Missverständnisse bei der Auftragsabwicklung oder bei der Ab-wicklung von Folgegeschäften aus einem an sich unstrittigenErstauftrag sind nicht selten Anlass für notarielle Haftungsfälle.

63 Das Uwe Kirschner Forschungsinstitut hat dazu Allgemeine Auf-tragsbedingungen (im Folgenden kurz „AAB“) ausgearbeitet,die diese Regelungsebene genau beachten. Auf diese AAB-Fas-sung wird im Folgenden verwiesen.

64 So insb P 4 AAB.65 P 4.2 AAB.66 P 8 AAB.

67 Vgl dazu auch die zur Bankenhaftung ergangene E des OGH5 Ob 42/11d; vgl dazu auch Kerres/Kainz, Wertpapierdienstleis-tungen nach dem WAG 2007 (2012) 93–94, oder Eliskases/Kepplinger in Dullinger/Kaindl, Bank- und Kapitalmarktrecht ak-tuell, Jahrbuch 2011/2012 (2012) 97–98.

68 P 8.1 zweiter Satz der AAB sowie Abs 6 der Vollmacht berück-sichtigen dies.

69 Bricht sich zB der Klient wegen eines unsachgemäß aufgelegtenTeppichs ein Bein oder erleidet er Schnittwunden wegen einesnicht geeigneten Glastisches in den Kanzleiräumlichkeiten desNotars, können haftungsbegründende Verkehrssicherungspflich-ten verletzt worden sein und könnte daraus eine Haftung resul-tieren.

70 Krejci in Rummel, ABGB I3 § 879 Rz 166.71 OGH 5 Ob 707/78 JBl 1979, 483; vgl dazu jedoch die Kritik von

Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 18/6, der gerade den Ausschluss fürunvorhersehbare oder atypische Schäden aufgrund der ohnehinfehlenden Adäquanz der schadenskausalen Tätigkeit für denSchaden für unproblematisch hält.

72 Völkl/Völkl, Beraterhaftung Rz 417–421.73 Vgl jüngst die zur Anlageberaterhaftung ergangene E des OGH

7 Ob 64/04v, in welcher der OGH die drucktechnische Hervorhe-bung im AGB-Text zur Voraussetzung macht, damit der Aus-schluss der leichten Fahrlässigkeit in AGB nicht als gröblich be-nachteiligend iSd § 879 Abs 3 ABGB angesehen wird.

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ist der Haftungsausschluss für grobe Fahrlässigkeit we-gen § 6 Abs 1 Z 9 KSchG nicht zulässig), ist in Lehreund Judikatur nicht gesichert.74 Die (ältere) Judikatur un-terscheidet zwischen „schlicht grober“ und „krass gro-ber“ Fahrlässigkeit75, wonach ersterer Ausschluss nochzulässig sein soll, letzterer jedoch nicht mehr. Die Zuläs-sigkeit von Haftungsausschlüssen hängt aber von meh-reren Faktoren ab, ua davon, um welche Art der Pflich-ten (Haupt- oder Nebenpflichten) es sich handelt undfür welche Pflichten der Haftungsausschluss geltensoll.76 Der gänzliche Ausschluss der groben Fahrlässig-keit bei zentralen Beraterhauptpflichten (Prüfung desSachverhalts, Rechtsberatung, Gestaltung von Urkun-den, Vollzug) wird daher kritisch zu sehen sein.77 Ein ge-ringerer Prüfungsmaßstab wird dann anzulegen sein,wenn zB detaillierte Vorarbeiten zu einem Vertrag durchdie Klienten vorliegen und die notarielle Tätigkeit aufdiesen Vorarbeiten aufbaut. In diesem Fall wird der Aus-schluss der groben Fahrlässigkeit eher zulässig sein alsbei vollständig selbst zu erfüllenden Hauptpflichten. Je-denfalls unzulässig ist der Ausschluss der Haftung fürvorsätzlich herbeigeführte Schäden.

c) Verjährung

Die Regelung des Beginns der Verjährung ist ein wei-terer Ansatz der Haftungsbegrenzung.78 Dabei ist zwi-schen der absoluten (30-jährigen) und relativen (3-jäh-rigen) Verjährungsfrist zu unterscheiden. Einerseitskann nach hier vertretener Ansicht auch im Notarbe-reich die relative Verjährungsfrist von drei Jahren aufsechs Monate ab Kenntnis von Schaden und Schädigerverkürzt werden,79 andererseits die absolute Verjäh-rungsfrist von 30 Jahren auf fünf Jahre ab dem scha-denstiftenden Verhalten80 oder – besser – ab Eintritt

des Schadens.81 Gegenüber dem Verbraucher ist eineVerkürzung der Verjährungsfristen aufgrund § 6 Abs 1Z 9 KSchG nur dann zulässig, wenn es Haftungen fürleichte Fahrlässigkeit betrifft.

d) Haftungsvereinbarung mit Wirkunggegenüber Dritten

Eine Haftungsvereinbarung mit Wirkung gegenüberDritten wird bei Verträgen mit Schutzwirkung zugunstenDritter in Analogie zu § 881 ABGB als zulässig betrach-tet, sofern sich der Ausschluss auf reine Vermögensschä-den bezieht.82 Dies wird damit begründet, dass im Rah-men einer Vertragshaftung Dritte wegen reiner Vermö-gensschäden gesetzlich nicht geschützt sind, außer beiwissentlich fehlerhaftem Rat (vgl § 1300 ABGB).83 DemDritten kommt daher nicht mehr Rechtsposition alsdem Vertragspartner des Notars zu, die im Rahmender Mandatsvereinbarung mit dem Vertragspartner ver-einbart wird.84 Die Haftung gegenüber demDritten kann

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74 Völkl/Völkl, Beraterhaftung Rz 423 ff.75 Die Abgrenzung zwischen schlicht grober und krass grober Fahr-

lässigkeit ist im Einzelnen schwierig, vgl OGH 6 Ob 836/83 (un-veröffentlicht), OGH 8 Ob 77/63, OGH Rv II 284/20. Krass grobeFahrlässigkeit grenzt an die vorsätzliche Pflichtverletzung, wobeider Vorsatz in diesem Fall nicht nachweisbar ist.

76 Völkl/Völkl, Beraterhaftung Rz 424, im Anschluss an das bewegli-che System der Haftungseingrenzung bei Koziol, HaftpflichtrechtI3 Rz 18/11 ff mit zahlreichen Judikaturnachweisen.

77 Vgl auch Völkl/Völkl, Beraterhaftung Rz 425; Koziol, Haftpflicht-recht I3 Rz 18/11 ff; Karollus, Die beschränkte Haftung für Wirt-schaftstreuhänder 584–585.

78 Zur Verjährung im deutschen Notarhaftungsrecht vgl Haug/Zimmermann, Amtshaftung3 Rz 277 ff.

79 Diese Form der zeitlichen Haftungsbegrenzung ist nach OGH1 Ob/00d ecolex 2001, 68 ausdrücklich zulässig. Die Entschei-dung des OGH behandelte eine Klausel in den AAB der Wirt-schaftstreuhänder, vgl zu den Rechtsfragen der AAB der Wirt-schaftstreuhänder inbs Karollus, Die beschränkte Haftung derWirtschaftstreuhänder 583. Die AAB der Wirtschaftstreuhänderwirken dabei typischerweise gegenüber Unternehmern, sodassder OGH bei der vorgenannten Entscheidung die Wirksamkeitder in den AABHaftungsvereinbarungen nicht im Lichte des Kon-sumentenschutzrechts prüfen musste.

80 So P 8.5 AAB. Soll die Verjährungsfrist schon ab dem schadenstif-tenden Verhalten zu laufen beginnen, könnte jedoch der Fall ein-treten, dass der Anspruch bereits vor dem Eintritt eines Schadens

verjährt. Wird zB ein formnichtiges Testament errichtet und stirbtder Testamentserrichter erst nach sieben Jahren, wäre der Haf-tungsanspruch aufgrund einer vertraglich vereinbarten 5-jähri-gen Verjährungsfrist ab Beendigung der schadenstiftenden Tä-tigkeit verjährt, der Schaden aber erst im 7. Jahr nach Testa-mentserrichtung eingetreten, weil bis zum Tod des Erblasserseine Korrektur des Testaments noch möglich ist. In der E zu1 Ob 1/00d verwies der OGH auf die Judikatur des BGH (BGHZ97, 21 NJW 1992, 2766), wonach eine Verjährungsfrist, die (ob-jektiv) auf die Beendigung eines Treuhandmandats abstellt, alsunzulässig betrachtet wird. Gleiches wird wohl gelten, wenndie Verjährungsfrist objektiv auf das schadenstiftende Verhaltenabstellt, da auch hier eine Verjährung für fehlerhafte Dienstleis-tungen möglich ist, bevor der Schaden eintritt.

81 Diesen Ansatz der zeitlichen Haftungsbegrenzung enthalten dieAAB des Uwe Kirschner Forschungsinstituts nicht; es wird – wiezuvor unter FN 81 ausgeführt – auf das schadenstiftende Verhal-ten, nicht auf den Eintritt des Schadens abgestellt. Würde dieVerjährungsregelung jedoch an den Schadenseintritt anknüpfen,würde diese Form der zeitlichen Haftungseingrenzung der ge-setzlichen Bestimmung ua des § 275 Abs 5 UGB gleichkommen(die nach hM in der Judikatur klar als eine objektive Frist begin-nend ab Schadenseintritt verstanden und als zulässig erachtetwird, vgl Doralt, Haftung des Abschlussprüfers [2005] 199 ff, vglOGH 2 Ob 299/05t sowie zur Verjährungsfrist bei Abschlussprü-fer-Dritthaftung jüngst OGH 1 Ob 35/12x). Die in den AAB ange-ordnete objektive Verjährungsfrist beginnend mit Eintritt desSchadens müsste daher analog zu § 275 Abs 5 UGB als zulässigangesehen werden.

82 Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 18/41. Zur zulässigen Drittwirkungvon Haftungsbegrenzungen bei Verträgen mit Schutzwirkung zu-gunsten Dritter vgl auch Schmaranzer, Der Vertrag mit Schutzwir-kung zugunsten Dritter (2006) 217 ff, mit Bezug auf die österr Ju-dikatur OGH SZ 51/169, sowie deutsche Judikatur BGH NJW1984, 355. DieMeinung in der österr Lehre ist zwar dazu differen-zierter, ebd, 219–223, aber nicht gänzlich ablehnend. Eine Ein-schränkung der Dritthaftung wird bei Personen- oder Sachschä-den dagegen mehrheitlich ablehnt, vgl Koziol, Haftpflichtrecht I18/41; Schmaranzer, Der Vertrag mit Schutzwirkung zugunstenDritter 219–223 mwN.

83 Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 18/41.84 F. Bydlinski, Vertragliche Sorgfaltspflichten zugunsten Dritter, JBl

1960, 239 (363). Ähnlich Welser, Die Haftung für Rat, AuskunftundGutachten (1983) 108, sofern die Drittschutzwirkung vertrag-lich angeordnet oder bewirkt wird; anderes gilt nach Welserdann, wenn die Rechte des Dritten auf objektiv-rechtlichen

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daher inhaltlich im gleichen Ausmaß eingeschränkt wer-den, als dies gegenüber dem jeweiligen Vertragspartner(ob Verbraucher oder Unternehmer) zulässig ist.85

4. Haftungsvereinbarung der Höhenach („Haftungsbeschränkung“)

a) Höchsthaftungsbetrag

Neben der Haftungsvereinbarung dem Grunde nach(„Haftungsausschluss“) sind auch Haftungsvereinbarun-gen der Höhe nach („Haftungsbeschränkung“) möglich.Bei dieser Form der Haftungsvereinbarung haftet derSchädiger demGeschädigten nur bis zu einem bestimm-ten Schadensbetrag. Schäden, die darüber hinausge-hen, sind von der Haftung ausgeschlossen. Haftungsbe-schränkungen der Höhe nach sind freilich gegenüberdem Verbraucher nur im Rahmen des § 6 Abs 1 Z 9KSchG (also nur bei leichter Fahrlässigkeit, nicht bei gro-ber Fahrlässigkeit oder Vorsatz) zulässig. In welchemAusmaß Haftungsbeschränkungen der Höhe nach ge-genüber Unternehmen zulässig sind, ist in Diskussionund hängt letztlich – vereinfacht formuliert – davon ab,ob es sich um mehr oder weniger voraussehbare Schä-den handelt und ob diese voraussehbaren Schädenmehr oder weniger versicherbar sind.86

Üblicherweise wird die Haftung auf die Höhe derPflichtversicherungssumme beschränkt.87 Aber nichtjede Höchsthaftungsbeschränkung in AAB oder durchindividuelle Vereinbarung muss damit anfechtungssi-cher sein. Die vertragliche Beschränkung der Haftungsteht unter dem Vorbehalt der Inhaltskontrolle nachMaßgabe des § 879 Abs 3 ABGB.88 Die Zulässigkeitvon Haftungsvereinbarungen „der Höhe nach“ wirdua von der wirtschaftlichen Betrachtungsweise abhän-gig gemacht.89 Ist zB ein Risikoausgleich über Einkauf

einer höheren Versicherungssumme durch das entspre-chend vereinbarte Entgelt möglich, wird die rechtswirk-same Vereinbarung zur Höchsthaftungsgrenze davonabhängig, ob bei der Haftungsvereinbarung die Frageder Höherversicherung mit angesprochen wurde.90 Ab-reden sind dann nicht sachgerecht und anfechtbar,wenn die potenzielle Höchsthaftungsbegrenzung außerVerhältnis zum Entgelt, zur Größe des Verschuldenssteht, eine Haftpflichtversicherung möglich und Kosteneiner Haftpflichtversicherung vertretbar sind.91 Anderesgilt dann, wenn der Abschluss einer Versicherung (zBmangels Versicherungskapazitäten) nicht möglich und/oder Kosten einer Versicherung wirtschaftlich nicht ver-tretbar sind.92

Daraus folgt: Es ist für denNotar (insbesondere bei High-Risk-Mandaten) empfehlenswert, mit dem Klienten überdie Möglichkeit einer Höherversicherung zu sprechen.Je nachdem, ob es möglich ist, eine Versicherung abzu-schließen oder ob der Klient bereit ist, die Kosten für dieHöherversicherung zu übernehmen, kann der Versiche-rungsschutz entweder auf das tatsächliche betraglicheHaftungsniveau angehoben oder bei Ablehnung der Hö-herversicherung die Haftung auf die bestehende Versi-cherungssumme beschränkt werden. Möglich und hilf-reich ist uU auch nur eine teilweise Höherversicherung,sollte mangels Versicherbarkeit des Haftungsrisikos oderaus Kostengründen eine Versicherung in voller betragli-cher Höhe nicht möglich sein. Insgesamt gilt: Je mehrmit dem Klienten über das Thema Haftung und Versiche-rung gesprochen wird, umso eher werden vertraglicheHöchsthaftungsvereinbarungen, die damit korrespon-dieren, wirksam vereinbart sein.

b) Befreiungserklärung(„Höherversicherungsverzicht“ )

In der notariellen Berufshaftpflichtversicherung nimmtdie Frage der Höherversicherung deshalb nicht zu Un-recht einen wichtigen Platz ein. Punkt 2.1 VHR schreibtvor, dass „der Inhaber der Notarstelle [. . .] die Versiche-rungssumme so wählen“ muss, „daß sie den aus seinerGeschäftstätigkeit absehbaren Risiken entspricht“. Da-raus ist für den gesamten notariellen Geschäftsbereichdie Pflicht zur Evaluierung von Haftungsrisiken und Ver-sicherungssumme sowie ggf eine Pflicht zur Erhöhungder Versicherungssumme bis auf max 4,5 Mio Euro zu er-

Hermann WilhelmerZur Zulässigkeit und Gestaltung von Haftungsvereinbarungen durch den Notar

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Schutzpflichten beruhen, die von einem Vertrag unabhängigsind, ebd ff, was bei einer Haftung aus Verträgen mit Schutzwir-kung zugunsten Dritter aber nicht der Fall ist.

85 Deshalb beschränkt P 8.2 AAB die Haftung nicht nur gegenüberdem Klienten, sondern zutreffend auch gegenüber dem Dritten.Da in der Beraterhaftung typischerweise Schäden als reine Ver-mögensschäden auftreten, ist dieser Dritthaftungsausschlusswirksam.

86 Vgl Koziol, Haftpflichtrecht I3 18/25–18/29, Karollus, Die be-schränkte Haftung für Wirtschaftstreuhänder 584–586, insb 586.

87 Rechtsanwälte beschränken ihre Haftung zB auf E 400.000,– (soRA-Einzelunternehmen und RA-Personengesellschaften) oderauf E 2.400.000,– (so RA-GmbHs), Wirtschaftstreuhänder übli-cherweise auf ca E 720.000,– (dieser Betrag resultiert aus derPflichtversicherungssumme von E 72.673,– in Kombination mitdem – obligatorischen – Gruppenvertrag der Kammer der Wirt-schaftstreuhänder, sodass eine Gesamtversicherungssummevon ca E 720.000,– besteht, die dann mit der Höchsthaftungs-grenze in den AAB korrespondiert); kritisch zur Beschränkungder Haftung in Höhe des 9-Fachen der Pflichtversicherungs-summe bei Wirtschaftstreuhändern Karollus, Die beschränkteHaftung für Wirtschaftstreuhänder 584–586.

88 Völkl/Völkl, Beraterhaftung Rz 430; Karollus, Die beschränkteHaftung für Wirtschaftstreuhänder 584, 586.

89 Koziol,Haftpflichtrecht I3 Rz 18/28, ihm folgend Völkl/Völkl, Bera-terhaftung Rz 430. Die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Haftung

– abgeleitet aus §§ 1306a und 1310 ABGB – ist nach Koziol uaein Prüfkriterium für die Zulässigkeit der Haftungsbeschränkung,vgl Koziol, Haftpflichtrecht I3 Rz 18/28. Die wirtschaftliche Trag-weite ist „ein wichtiger Anhaltspunkt dafür, ob eine Abänderungder vom Gesetz vorgesehenen Haftung zwischen konkretenPartnern als sachgerecht oder als sittenwidrig anzusehen ist“,ebd.

90 Völkl/Völkl, Beraterhaftung Rz 430; Koziol, Haftpflichtrecht I3

Rz 18/28.91 Völkl/Völkl, Beraterhaftung Rz 430; Koziol, Haftpflichtrecht I3

Rz 18/28.92 Völkl/Völkl, Beraterhaftung Rz 430; Koziol, Haftpflichtrecht I3

Rz 18/28.

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schließen. Die Vorhaltung lediglich der Pflichtversiche-rungssumme kann, bei entsprechend höherem Haft-pflichtrisiko, unter Umständen nicht den Vorgaben derNO sowie der Kammerrichtlinien entsprechen.93

P 6 VHR geht noch weiter und ordnet an, dass bei nota-riellen Treuhandschaften die Versicherungssummen bisauf maximal 4,5 Mio Euro bzw 7,5 Mio Euro anzuhebensind, es sei denn, der Notar lässt sich von der Erhöhungdes Versicherungsschutzes durch eine Treugeberer-klärung befreien (P 17 THR).94 Bei Treuhandschaftensind daher nach den Kammerrichtlinien – je nach (Ge-schäfts-)Fall – individuelle Gespräche mit dem Treuge-ber zur Versicherungshöhe erforderlich. Im Zuge dieserGespräche kann entschieden werden, ob eine Höherver-sicherung über den vertraglich bestehenden Versiche-rungsschutz des Notars hinaus auf Wunsch des Treu-gebers erfolgt oder nicht. Lehnt der Treugeber eine Hö-herversicherung ab, sollte der Notar im Gegenzuggleichzeitig mit der Befreiungserklärung zur Höherversi-cherung auch die Haftung auf die Höhe der bestehen-den Versicherungssumme begrenzen.95

Das Zusammenspiel von voraussehbarem Schaden,Höchsthaftungsbegrenzung und Versicherbarkeit desRisikos ist für die Bestandssicherheit einer Haftungs-vereinbarung von erheblicher Bedeutung. Werden dieRichtlinienvorgaben der THR/VHR bei der Versicherungund Vereinbarung von Haftungsbegrenzungen einge-halten, erfüllen diese die in der Literatur und Judikaturdiskutierten Anforderungen an wirksame Haftungsver-einbarungen. Die THR/VHR bieten insgesamt ein gutesRisikomanagement bei der Haftungssteuerung durchHöchsthaftungsvereinbarungen.

c) Praktisches Beispiel

Ein praktisches Beispiel soll die Gestaltung des Haft-pflichtrisikos in Abhängigkeit von der Person des Klien-

ten sowie von der Möglichkeit der Vereinbarung einerHöchsthaftungsgrenze und/oder einer Höherversiche-rung erläutern. Es wird von folgendem Sachverhaltausgegangen: Eine Person will einen hohen Geldbe-trag in Höhe von 50 Mio Euro schenken. Der Notar sollden Schenkungsvertrag errichten. Begünstigte sindnicht Familienmitglieder. Damit besteht ein erhöhtesHaftungspotenzial, sollte der Schenkungsvertrag zumStreitgegenstand werden. Der Notar möchte vorsor-gen und überlegt die Möglichkeit einer Haftungsbe-schränkung in Kombination mit einer Höherversiche-rung. Welche Möglichkeiten stehen dem Notar zur Ver-fügung?* Handelt es sich beim Geschenkgeber um einen Ver-

braucher, wäre eine Höchsthaftungsbeschränkungnur bei leichter Fahrlässigkeit möglich.

* Bei einem Unternehmer (Geschenkgeber ist zB eineGmbH oder eine Stiftung) wäre eine Höchsthaftungs-beschränkung grundsätzlich auch bei grober Fahrläs-sigkeit möglich. Um die Bestandssicherheit einer der-artigen Vereinbarung zu gewährleisten, sollte sich dasvoraussehbare Haftungsrisiko jedoch im Verhältnis zurHöhe der Haftungsbeschränkung in einem angemes-senen Verhältnis bewegen, die Haftungsbeschrän-kung individuell mit dem Auftraggeber verhandeltund die Alternative einer Höherversicherung auf-gezeigt werden. Dabei sind auch eine teilweise Er-höhung der Versicherung und eine damit korrespon-dierende Höchsthaftungsbegrenzung besser als garkeine Regelung. Verfügt der Notar zB über eine ver-tragliche Versicherungssumme von 4,5 Mio Euro,wäre mit Blick auf das potenzielle Haftpflichtrisikovon 50 Mio Euro eine Beschränkung der Haftung aufdie Höhe der Versicherungssumme ohne Erörterungder Alternative einer Höherversicherung (mit Blickauf die in Literatur und Judikatur aufgestellten Vorga-ben an die Wirksamkeit der Haftungsvereinbarung)wohl problematisch. Lehnt der Auftraggeber dage-gen auf Anraten des Notars eine Höherversicherung(zB aus Kostengründen) gänzlich oder nur zu einemTeil ab, wird eine damit korrespondierende indivi-duelle Höchsthaftungsvereinbarung zB auf einen Be-trag von 4,5 Mio Euro bestandswirksam sein.

* Gegenüber dem Verbraucher bleibt die Möglichkeit,das erhöhte Haftungsrisiko von 50 Mio Euro durcheine Höherversicherung in voller Höhe abzufangenoder das unbeschränkte Haftungsrisiko (welches überden eigenen vertraglichen Versicherungsschutz hi-nausreicht) in Kauf zu nehmen. Eine Haftungsbe-schränkung nur für leichte Fahrlässigkeit bietet kaumSchutz; die Grenze zu grob fahrlässigen Pflichtenver-stößen ist rasch überschritten. Sollte der Auftragge-ber eine Höherversicherung ablehnen und der Notardas Haftungsrisiko nicht ungeschützt übernehmenwollen, verbleibt die Möglichkeit, den Auftrag abzu-lehnen (sofern es sich nicht gleichzeitig um ein zwin-gendes „§-1-NO-Geschäft“ handelt).

Hermann WilhelmerZur Zulässigkeit und Gestaltung von Haftungsvereinbarungen durch den NotarN O T A R . A T

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93 Vgl dazu in einem anderen Zusammenhang, nämlich mit Blick aufdie Aliquotierungsklausel in der Haftpflichtversicherung, auchWilhelmer, Die Kostenaliquotierung in der Haftpflichtversiche-rung, VR 9/2012, 15 ff (23).

94 Treugeber können die Vertragsparteien sein oder aber – bei ei-ner mehrseitigen Treuhandschaft – auch weitere Dritte (wie zBBanken des Käufers sowie Verkäufers), vgl zur mehrseitigen Treu-handschaft Lehner, Die notarielle Treuhandschaft aus berufs-rechtlicher Sicht, in Apathy, Die Treuhandschaft (1995) 287. DieFreistellung des Notars von der Höherversicherung durch denTreugeber setzt voraus, dass alle Treugeber die Befreiungserklä-rung unterfertigen. Im Falle einer mehrseitigen (fremdfinanzier-ten) Treuhandschaft würde eine Freistellung lediglich durchden Käufer nicht ausreichen, um die Befreiungserklärung richtli-nienkonform zu vereinbaren.

95 Befreiungserklärung und Höchsthaftungsbegrenzungsvereinba-rung können – durchaus praktikabel – im gleichen Dokument er-folgen. Ein entsprechendes Dokument stellt der Verfasser auf An-frage gerne zur Verfügung. Der Verzicht auf Höherversicherungalleine würde keine Beschränkung der Haftung des Notars derHöhe nach bewirken! Unterbleibt eine gleichzeitige Höchsthaf-tungsbeschränkung, haftet der Notar betraglich in unbegrenzterHöhe persönlich, während sein Versicherungsschutz reduziertbleibt.

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Gernot FellnerAuslegung des § 141 Abs 1 und 3 UGB idF BGBl I 2010/58 (IRÄG 2010)

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E. ZusammenfassungDer Notar kann seine Haftung rechtsdogmatisch nichtnur begründet begrenzen (dies gilt sowohl für Tätigkei-ten nach § 5 NO als auch nach § 1 NO, nicht für die Tä-tigkeit als Gerichtskommissar). Er kann auch konkreteHaftungsvereinbarungen schließen, sofern er sich imRahmen des rechtlich Zulässigen hält. Die vom UweKirschner Institut ausgearbeiteten Unterlagen (Voll-macht, Belehrungsklausel, AAB)96 sind insgesamt gutgeeignet, den Notar bei der Haftungsteuerung zu unter-stützen. Zudem sind die Kammerrichtlinien VHR sowieTHR geeignete Maßgaben, um bestandwirksameHöchsthaftungsvereinbarungen zu treffen. Die Kammer-richtlinien stellen einen überzeugenden Zusammen-

hang zwischen Erhöhung des Versicherungsschutzes,der Möglichkeit des Höherversicherungsverzichtes so-wie der damit korrespondierenden (möglichen) Höchst-haftungsbeschränkung her. Damit wird den in der Litera-tur geäußerten Anforderungen an wirksame Haftungs-vereinbarungen angemessen entsprochen. Ob undinwieweit der Notar von Haftungsvereinbarungen Ge-brauch macht, ist letztlich der Opportunität sowie denindividuellen Gegebenheiten, insbesondere der Durch-setzbarkeit, anheimgestellt.

Über den Autor:Dr. Hermann Wilhelmer ist Prokurist und Leiter der„von Lauff und Bolz Versicherungsmakler GmbH“ inÖsterreich.96 Vgl die Ausführungen oben zu D., insbesondere die Hinweise in

den FN 53, 59, 63–66, 68, 80–83, 85.