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Alleen in NRW 100-Alleen-Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen Deutsche Alleenstraße (Teilabschnitt NRW) 13. Dezember 2006, Recklinghausen NUA-Heft Nr. 22

NUA-Heft 22 Alleen in NRW · 2016. 12. 20. · NUA-Heft Nr. 22 5 Unsere Initiative wird ebenfalls mitgetragen durch das Verkehrsministerium, den Landesbe-trieb Straßenbau NRW, die

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Alleen in NRW100-Alleen-Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen

Deutsche Alleenstraße (Teilabschnitt NRW)

13. Dezember 2006, Recklinghausen

NUA-Heft Nr. 22

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IMPRESSUM

Herausgeber: Natur- und Umweltschutz-Akademie des Landes Nordrhein-Westfalen (NUA),

Siemensstraße 5, 45659 Recklinghausen,

Tel. 02361/305-0, Fax 02361/305-3340

E-Mail [email protected], Internet http://www.nua.nrw.de

Dokumentation der Beiträge der Tagung „Alleen in NRW – 100 Alleen-Initiative des

Landes NRW“ am 13. Dezember 2006 in Recklinghausen.

Veranstalter: Natur- und Umweltschutz-Akademie NRW (NUA) in Zusammenarbeit mit dem

Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

NRW (MUNLV) und der Landesgemeinschaft Naturschutz und Umwelt NRW (LNU)

Redaktion: Bernd Stracke, NUA (verantwortlich)

Titelfoto: Martina Wengelinski

Gestaltung: Martina Wengelinski

Druck: Völcker Druck Creative Medien, Boschstraße 10, 47574 Goch

Druck auf Recyclingpapier (aus 100 % Altpapier)

Ausgabe: 01/2008

ISSN: 1437-3416

Die NUA ist eingerichtet im Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz

Nordrhein-Westfalen (LANUV). Sie arbeitet in einem Kooperationsmodell mit den

vier anerkannten Naturschutzverbänden zusammen (BUND, LNU, NABU, SDW).

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Alleen in NRW

3NUA-Heft Nr. 22

Inhaltsverzeichnis

Einführung - Alleen in NRW - 100-Alleen-Initiative des Landes NRWMinister Eckhard Uhlenberg …………...…………...…………...........................………..…………… 4

Grußwort - Alleen in Nordrhein-Westfalen Dr. Norbert Heinen …………………...…………...……………............................……………………6

Die Bedeutung von Alleen - warum wir sie schützen solltenMark vom Hofe …...………………………...………...……………..….…………….....…………..…..7

Alleen auf Gut WendlinghausenJoachim von Reden …………...…………………………………….…....………….....…………….. 14

Neue Alleen im Rhein-Erft-KreisStefan Kitlas/Jörg Henschke ………….......…………………………..…………….......…………..... 15

Alleen: Anforderungen an Pflanzmaterial, HerstellungspflegeHeinz Pieper ……………………………………………......…………......…………….....………..... 22

Alleen und StraßenplanungMichael Heinze ………………………………..……………………........……………….....………...26

ESAB/RPS und AlleenschutzProf. Albert Schmidt …………………………...…...………...……………………...….....……….....30

Förderung und Umsetzung, FördereckpunkteHans Leser …………………………...…...………...……………………..................….....……….....36

Die Deutsche AlleenstraßeBernd Krebs …………………………....………...……………………......................….....……….....46

Perspektive Alleenstraße - Streckenabschnitt NRWRainer Fischer ………………………….…...………...……………………..................…..……….....48

Aktuelle Untersuchungen zum Lichtraumprofil an Alleenbäumen JungbaummanagementPeter Uehre …………………………...…...………...…………………….................…......……….... 55

Ergebnisvermerk …..........................................................................................................…….…….. 61

Tagungsprogramm ...…….........................................................................................................…….. 63

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NUA-Heft Nr. 224

Einführung

Alleen in NRW - 100-Alleen-Initiative des Landes NRW

Minister Eckhard Uhlenberg

Alleen sind eine Wohltat für unser Auge. Fürunsere Kulturlandschaft sind sie von unschätz-barem Wert. Sie sind sozusagen Wahrzeichenunserer Regionen. Sie prägen das Bild vielerLandschaften und sind oft über die Region hin-aus bekannt.

Unsere Alleen ziehen sich wie grüne Adern durchdie Landschaft. Sie unterbrechen die landwirt-schaftlichen Flächen. Je nach Jahreszeit teilensie mit ihrem Grün das Gelb der reifen Korn-felder und machen unsere Landschaft dadurchabwechslungsreich. Oder sie zeigen uns durchdie Herbstfärbung des Laubes, wie schönAlleen sind.

In Nordrhein-Westfalen gibt es rund 2.000 Alleenmit sehr unterschiedlichem Erscheinungsbildwas die Baumartenzusammensetzung und dasAlleenalter, aber auch was die jeweilige Alleen-länge angeht. Dies macht die Vielfalt im Er-scheinungsbild unserer nordrhein-westfälischenAlleen aus.

� Alleebäume filtern Staub und Abgase aus derLuft. Als Kohlendioxid-Umwandler tragen sie zum klimatischen Gleichgewicht bei.

� Alleen spenden Schatten und bieten Brut- und Rastplätze für Vögel, Insekten und Kleinsäuger.

� Alleen sind eigenständige Lebensräume – und als eigene Lebenslinien verbinden sie getrennte Lebensräume miteinander. Sie bilden geradezu einen Brückenschlag von einem Ökosystem zum anderen.

� Alleen bieten uns Menschen Schutz vor Sturm und Kälte. Früher wurden die Zu-fahrten zu alten Höfen und Klöstern mit Obstbaum-Alleen bepflanzt, deren Früchte dann auch den Speisezettel bereicherten.

Heute können wirzwar Obstbaum-Alleen nicht mehran viel befahre-nen Straßen anle-gen, aufgrund derVerkehrssicherheit. Wir wollen ja auch keineAuffahrunfälle provozieren aufgrund äpfel-pflückender Verkehrsteilnehmer. Aber dort, wosie hinpasst, hat eine Obstbaumallee durchausihren Reiz und ihre Berechtigung.

Ich halte die Neuanlage und Ergänzung vonAlleen für eine historisch wichtige Aufgabe desNaturschutzes und der Heimatpflege.

Wir haben aus Fehlern der Vergangenheit ge-lernt.

In den vergangenen Jahrzehnten sind vielewunderschöne Alleen dem Straßenausbau zumOpfer gefallen.

Heute wissen wir: Die Alleen in NRW brauchenunbedingt unsere Fürsprache.

Erklärtes Ziel der Landesregierung ist, die Zahlder Alleen nicht nur zu halten, sondern zu ver-größern. Der Ministerpräsident hat die „100-Alleen-Initiative“ initiiert und so steht es auchin der Koalitionsvereinbarung. Mein Haus hatdie Federführung zur Umsetzung des Pro-gramms. Die 100-Alleen-Initiative will die Neu-anlage beziehungsweise Ergänzungspflanzungvon Alleen erreichen.

Ich freue mich, dass diese unsere Initiative so-wohl durch die Landwirtschaft als auch durchden Naturschutz breit unterstützt wird. Ich hebehier den Kooperationswillen der Landesgemein-schaft Natur- und Umweltschutz (LNU), derUmweltverbände, der SchutzgemeinschaftDeutscher Wald (SDW) und der Landwirte undGrundbesitzer hervor. Dafür herzlichen Dank.

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Alleen in NRW

5NUA-Heft Nr. 22

Unsere Initiative wird ebenfalls mitgetragendurch das Verkehrsministerium, den Landesbe-trieb Straßenbau NRW, die Bezirksregierungen,Kreise und Kommunen sowie durch die NRW-Stiftung.

Wir sind jetzt auch so weit, dass wir in Nord-rhein-Westfalen den Schutz der Alleen im Land-schaftsgesetz (§ 47 a) verankern. Die Beseiti-gung von Alleen ist demnach verboten undNeupflanzungen sollen rechtzeitig und in aus-reichendem Umfang vorgenommen werden. ImZuge von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmenkönnen auch Alleen an Straßen angepflanztwerden.

Für das Jahr 2007 haben das Verkehrs- und dasUmweltministerium jeweils 500.000 Euro zurFörderung der 100-Alleen-Initiative etatisiert.Die Zahl der meinem Hause vorliegenden Pro-jektvorschläge kann ich nur als sehr ermutigendbezeichnen. Seit Anfang dieses Jahres sind imUmweltministerium über 200 Vorschläge einge-gangen. Und nach Prüfung auf Realisierung lie-gen wir jetzt bei ungefähr 110 Projekten. SechsVorschläge konnten bereits umgesetzt werden,dort haben die Pflanzungen unter großer öffent-licher Beteiligung stattgefunden. Bis zum Früh-jahr 2007 werden in NRW rund 20 Alleen neugepflanzt sein.

Wir nehmen auch gerne noch weitere Vorschlägeentgegen, für den Fall, dass von den genannten110 Projekten einige nicht verwirklicht werden.Auch wenn es ein paar Alleen mehr würden alsgeplant, hätte ich nichts dagegen.

Meine Damen und Herren, halten Sie sich alsonicht zurück, wenn Sie noch Vorschläge parathaben, denn die Zeit bis zur nächsten Pflanz-periode im Herbst vergeht schnell. Ich möchtenicht versäumen, auch etwas zur DeutschenAlleenstraße zu sagen. Der ADAC hat gemein-sam mit dem Deutschen Tourismusverband(und seinen Regionalverbänden) und der Schutz-gemeinschaft Deutscher Wald die „Arbeitsge-meinschaft Deutsche Alleenstraße e.V.“ gegrün-det. Diese Deutsche Alleenroute reicht von der

Ostsee-Insel Rügen bis weit in den Süden zurInsel Reichenau im Bodensee.

Ich kann aus eigener Erfahrung sprechen: Es isteinfach ein wunderbares Erlebnis, mit demAuto im Sommer bei strahlend blauem Himmeldurch eine stattliche Allee zu fahren, über sichdas geschlossene, schattenspendende Laubdach.

Wunderschöne Alleen haben wir in Nordrhein-Westfalen schon jetzt und wir werden, wo esgeht, durch unser Alleen-Programm neue schaffen. Es wäre daher sehr schön, wenn dieDeutsche Alleenstraße schon bald auch einenSchlenker durch Nordrhein-Westfalen machenwürde.

Auf der Fachtagung hier und heute werden na-türlich viele Impulse gegeben. Mein Ministeri-um bietet im Internet eine eigene Seite zur 100-Alleen-Initiative an - mit Informationen überaktuelle Themen, Fördereckpunkte und vielesmehr. Wir loben außerdem einen Fotowettbe-werb zum Thema aus, auf den ich ausdrücklichhinweisen möchte. Senden Sie uns Ihre schön-sten Alleenfotos. Die besten davon werden wirprämieren und zu einem Alleenkalender desMinisteriums für 2008 zusammenstellen.

Wir sind auf einem guten Weg und ich bin sehrzuversichtlich, dass es uns trotz mancherSchwierigkeiten gemeinsam gelingen wird,diese durchaus ehrgeizige, aber auch besondersschöne 100-Alleen-Initiative in den nächstenJahren Wirklichkeit werden zu lassen. Wir wer-den damit den Alleenbestand in unserem Landerheblich vergrößern.

Bleibt mir noch, Ihnen und uns eine erfolgreicheTagung zu wünschen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Eckhard Uhlenberg MdLMinister für Umwelt und Naturschutz,Landwirtschaft und Verbraucherschutzdes Landes Nordrhein-Westfalen

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NUA-Heft Nr. 226

Grußwort

Aus der Sicht des Rheinischen Vereins fürDenkmalpflege und Landschaftsschutz kann ichdie Aktivitäten zum Erhalt und zur Neuanlagevon Alleen nur begrüßen. Das gilt sowohl fürdie von den Verbänden eingeleiteten Aktionen,wie vor allem für die 100-Alleen Initiative desLandes Nordrhein-Westfalen als Teil der Deut-schen Alleenstraße. Es ist höchste Zeit, dass dasThema Alleen in seiner Bedeutung in Politikund Verwaltung erkannt wird und dass ein brei-tes Bewusstsein in der Bevölkerung entsteht.

Es ist so, wie es mit vielen Problemen geht. DieGefahren werden lange Zeit nicht erkannt, bises zu spät oder beinahe zu spät ist. Was dieAlleen angeht, so kann ich aus meiner eigenen,lange zurück liegenden, Erfahrung als frühererLandrat einige Fallbeispiele beitragen. So wur-de ich verschiedentlich von Bürgern angerufen,wenn im Zuge des Ausbaus von Landesstraßendie Säge an Alleebäume angelegt wurde. Es warmeist zu spät um noch eingreifen zu können.Oder ich kann mich an Bewegungen in Meck-lenburg-Vorpommern erinnern, bei denen esnach 1989 in Verbindung mit der sicherlich notwendigen, aber verschiedentlich doch zu forschen und undifferenzierten Verbesserungder Verkehrsinfrastruktur auch beim Straßenbauden Allee „an den Kragen“ ging. Die Hilferufeerreichten uns damals als RVDL. Wir haben unsden Aufrufen angeschlossen. Was daraus imEinzelnen geworden ist, weiß ich nicht. Aber eswaren typische Vorgänge. Und es waren ernstzu nehmende Bürgerengagements. Sie bewiesenzweierlei: Einmal dass Bewusstsein der Bürgerum eine von ihnen selbst erkannte Verantwor-tung für die Kulturlandschaft, und zum Anderen,die Erkenntnis, als freier Bürger Einfluss neh-men zu können. - Ein für den Menschen inden östlichen Bundesländern damals gänzlichneue und ungewohnte Erfahrung.

Es freut mich besonders, dass sich inzwischeneine breite Bewegung entwickelt hat, die auch von den Regierungen aufgenommen wurde. AlsRheinischer Verein beobachte ich das mit

besonderem Interesse, weil wir ja von Anfangan den Aspekt des Schutzes der Kulturland-schaft als eines unserer Vereinsziele bestimmthaben. Das war damals noch lange nicht allge-mein erkannt. Heute ist das natürlich anders.Und ich bin selbstbewusst genug, um zu sagen,dass wir an dieser Entwicklung einen erhebli-chen Anteil haben.

So stehen wir an Ihrer Seite, wenn es darumgeht, die Alleen als Teil unserer Kulturland-schaft zu erhalten, zu schützen und weiter aus-zubauen. Und wir wissen, dass das möglich ist,ohne den Fortschritt und die strukturelle Ent-wicklung - was von Kritikern ja immer wiederangeführt wird - zu behindern. Man muss nurein wenig mehr nachdenken. Zum Glück habendie Planer gerade in diesem Punkt in den letz-ten Jahren sehr viel dazu gelernt.

Alle Initiativen, Diskussionen und Tagungen,die diesem Ziel dienen, sind zu begrüßen undtragen ihren Anteil dazu bei, den Blick für dieAnforderungen der Kulturlandschaft zu schär-fen. Ihre heutige Tagung gehört auch dazu. Deshalb wünsche ich Ihnen viel Erfolg und vorallem eine weitere Verbreitung unseres gemein-samen Anliegens in der Gesellschaft.

Anschrift des Verfassers

Dr. Norbert HeinenVorsitzender des Rheinischen Vereins fürDenkmalpflege und Landschaftsschutz e. V.Ottoplatz 250679 Köln

Alleen in Nordrhein-Westfalen

Dr. Norbert Heinen

Foto: M. Wengelinski

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Alleen in NRW

7NUA-Heft Nr. 22

Die Landesgemeinschaft Naturschutz undUmwelt (LNU) hat sich seit etwa fünf Jahrenäußerst intensiv mit dem bis dahin in einemDornröschenschlaf vor sich hin schlummerndenKapitel Alleen beschäftigt – zumindest in Nord-rhein-Westfalen spielten Alleen in der öffentli-chen Diskussion keine Rolle, Protestströme an-gesichts gefällter Alleebäume wurden höchstenslokal, aber nicht landesweit wahrgenommen.

Den Ausschlag für die LNU, das Augenmerkstärker auf eines der prägendsten Elemente derKulturlandschaft, nämlich die Alleen, zu legen,gaben Straßenbauer und Versicherungswirt-schaft mit ihrer von langer Hand vorbereitetenInitiative, Alleen quasi per Richtlinie undHandlungsanweisung durch die Hintertür abzu-schaffen. Ihr Ziel: Zwischen Straßenbaum undFahrbahnrand muss zukünftig ein gewaltigerAbstand liegen – bis zu 20 Meter, in Kurven 25Meter.

Zusammen mit ihren 80 Mitgliedsverbändenbegann die LNU eine Bestandsaufnahme: Aufder einen Seite dokumentieren, wo in Nord-rhein-Westfalen Alleen noch vorhanden sind, inwelcher Länge und welcher Ausstattung; aufder anderen Seite aber vor allem zusammen mitden Heimatvereinen auflisten und darstellen,welchen gerade kulturhistorischen Wert Alleenin Nordrhein-Westfalen über Jahrhunderte ge-habt haben und heute noch haben. Denn nachwie vor gilt:

- Alleen schaffen Sympathie - Alleen prägen Landschaft- Alleen sind schlichtweg schön- Alleen gliedern und gestalten- Alleen können Geschichte und Geschichten

erzählen - Alleen haben selbst Geschichte geschrieben

Angepflanzt wurden Alleen vielfach in kriege-rischer Absicht: Die Soldaten sollten bei ihrenMärschen geschützt sein gegen Hitze und Re-gen. Und obwohl Alleen so große Sympathie inder Bevölkerung genießen und Menschen vollerFreude über die prachtvollen Alleen in Meck-lenburg-Vorpommern berichten, unter denenhindurch sie während des Urlaubs ausgiebige,eindrucksvolle Fahrradtouren gemacht haben:Alleen werden immer weniger. Manchmal sindsie im Zuge von Straßenausbauten und der Ver-

Die Bedeutung von Alleen – warum wir sie schützen sollten

Mark vom Hofe

Foto: Rainer Fischer

Alleen prägen das Landschaftsbild

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Allee bei Marl (Kreis Recklinghausen)

Quelle: Heimatverein Bevergen

Historisches Alleebild bei Hörstel-Bevergen

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NUA-Heft Nr. 228

vom Hofe: Die Bedeutung von Alleen

breiterung der Fahrbahnen reduziert worden aufnur noch einseitige Baumreihen; viel öfter aberklaffen zwischen den einzelnen Alleebäumengerade entlang von Bundes- und Landesstraßen,also Verbindungen von überregionaler Bedeu-tung, immer größere Lücken. Für abgängige,weil beschädigte Exemplare sind keine Nach-pflanzungen erfolgt.

Alleen brauchen eine Lobby!

Alleen – in der Bevölkerung durchgängig alsBestandteil einer schönen Landschaft, als ver-traute Heimat, generell als Schmuckstück wahr-genommen, haben bei denjenigen, die von Amtswegen für den Erhalt und die Pflege verant-wortlich sind, offenkundig nur noch eine gerin-ge Lobby. Vielmehr prägt sich bei Straßenpla-nern und Straßenunterhaltern das Bild von derangezogenen Handbremse ein: In gebannter Er-wartung, dass möglicherweise aus Berlin dem-nächst die schon seit längerem diskutiertenRichtlinien und Empfehlungen zum Verhältniszwischen Straßenverkehr und Alleebaum kom-men, grassiert seit einigen Jahren weitgehenderStillstand. Abwarten und nichts tun.

Auslöser dieser in weiten Teilen des Bundesge-biets spürbaren Zurückhaltung sind seit Jahrenlaufende Bestrebungen der Lobby der Straßen-planer und -bauer sowie der Versicherungswirt-schaft, vorrangig Alleen, aber auch einseitigeBaumreihen, als natürliche Feinde der Autofah-rer zu betrachten. Die hohe Zahl an Unfalltotenim Zusammenhang mit Bäumen am Straßenrandhat insbesondere die Versicherungswirtschaft zuGutachten veranlasst und daraus abgeleitetenVorstößen, die Richtlinien und Empfehlungenfür den Aufprall auf Bäume drastisch zu ändern.Die ersten Vorschläge gipfelten darin, zwischenFahrbahnrand und Straßenbaum einen Abstandvon 20 Metern, in Kurven von 25 Metern zulegen. Das wäre zum einen das Aus für neu zubegründende Alleen, denn sie würden nie dascharakteristische Bild des sich über die Fahr-bahn wölbenden Blätterdaches erreichen; zumanderen würden bei Nachpflanzungen Alleenquasi in der zweiten Reihe entstehen – ebenfallseine Entwicklung des Landschaftsbilds, dieaberwitzig und nicht vermittelbar ist und mitden klassischen, entlang auch von historisch be-

deutsamen Fernwegen gelegenen Alleestreckennichts mehr gemein hat.

Diese ersten Vorschläge wanderten nach hefti-gen Protesten von Umwelt- und Naturschutz-verbänden erst einmal in die Schublade beimBundesverkehrsministerium und seinen nach-gelagerten Dienst- und Forschungsstellen - umschon bald in abgewandelter Form wieder auf-zutauchen. Seither werden die Abstände zwi-schen Fahrbahn und Baum wie auf dem Basargehandelt: Mal waren 12 Meter im Gespräch,dann sieben oder acht. Inzwischen wurden inden im Herbst 2006 in Kraft gesetzten ESABfür Bundesstraßen bis zu 4,5 Meter Abstand, et-wa in Kurven oder an viel befahrenen Straßen,empfohlen. Viel mehr, das räumen Straßenbau-verwaltungen inzwischen hinter vorgehaltenerHand offen ein, wird auch gar nicht möglichsein, weil das Geld für den notwendigenFlächenankauf nicht vorhanden ist. Die benötig-ten Flächen sind meist in den Händen der Land-wirtschaft – die aber beschwert sich seit gerau-mer Zeit ohnehin lauthals, stets Flächen fürandere Zwecke abtreten zu sollen und zu müs-sen, die für die landwirtschaftliche Nutzungaber dringend erforderlich sind. Bekanntlichallerdings regelt sich in den Geschäftsbezieh-ungen mit der Landwirtschaft das Meiste überdas Geld – und Bauern stehen im Ruf, gut undzäh verhandeln zu können.

Baumunfälle – trat der Baum auf die Fahrbahn?

Sicherlich steht außer Zweifel, dass über eineZahl von 1600 Unfalltoten an bundesdeutschenBäumen im Jahre 2001 nicht einfach zur Tages-ordnung übergegangen werden kann. Doch ehenach Maßnahmen gerufen wird, die auf ein En-de der Alleen, welche die Landschaft über Jahr-zehnte, ja Jahrhunderte geprägt haben, hinaus-laufen, muss Ursachenforschung betrieben wer-den. Ein erster einfacher wie unstrittigerSchluss: In keinem Fall ist ein Baum bösartigund urplötzlich auf die Fahrbahn getreten – eswaren stets Autofahrer, die die Spur verlassenhaben und auf einen Bahn trafen. Warum sichAutofahrer auf Abwege begaben, ist in runddrei Vierteln der Fälle auf subjektive Entschei-dungen der Autolenker zurückzuführen: Ent-

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Alleen in NRW

9NUA-Heft Nr. 22

weder überschätzten sie ihr Fahrvermögen beider gewählten (überhöhten) Geschwindigkeitoder sie hatten zuvor zu tief ins Glas geblicktund sich einen überhöhten Alkoholpegel ange-trunken. Schließlich haben sich Unfälle alsFolge von Witterungseinflüssen ereignet:Nasses Laub, Glatteis, Schneeglätte – sämtlichErscheinungen, auf die sich Menschen ange-sichts der Jahreszeit einstellen können. Nein:einstellen müssen!

Schließlich: Selbst wenn sich Unfälle an einerAllee häufen, aus welchen Gründen auch immer,kann daraus nicht zwangsläufig der Griff zurSäge folgen. Vielmehr sind den Baum und vorallem die Allee schonende, den Verkehr lenken-de, intelligente Maßnahmen gefordert: Dazuzählen Leitplanken, die eine Allee nicht unbe-dingt schöner, aber sicherer machen, Ge-schwindigkeitsbegrenzungen, Überwachungs-kameras und „Starenkästen“, einschränkendeFahrbahnmarkierungen, an verschiedenen Stel-len die Aufmerksamkeit besonders erhöhendeund das Fahrverhalten verändernde Fahrbahn-pflasterungen, um nur einige Möglichkeiten ausdem Katalog der intelligenten Lösungen zunennen. Bäume, das sei in Erinnerung gerufen,sind in der Vergangenheit, um eine Ver-kehrsberuhigung am Ortseingang zu errei-chen, bewusst in die Fahrbahnmitte ge-pflanzt worden – als Fahrbahnteiler, alsBaumtor, um durch dieses „natürliche“,begrenzende Hindernis die Fahrge-schwindigkeit zu mindern.

Für den Wert von Alleen werben

Nordrhein-Westfalen, das in seinen Ur-laubsprospekten nicht wie Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg mit kilo-

meterlangen, die Landschaft gliedernden undden Horizont prägenden Alleen aufwartet undauch nicht Bestandteil der Deutschen Alleen-straße ist, hat diese Entwicklung nicht ruhenlassen. „Bevor wir keine Alleen mehr haben,müssen wir bei den Menschen für den Wert unddie Geschichte von Alleen werben“, beschlossdie Landesgemeinschaft Naturschutz und Um-welt (LNU) Nordrhein-Westfalen. Zusammenmit der bundesweit agierenden Forschungsge-sellschaft Landschaftsentwicklung Landschafts-bau (FLL), in der Landschaftsplaner, Land-schaftsarchitekten und Baumschulen organisiertsind. Mit finanzieller Unterstützung des nord-rhein-westfälischen Umweltministeriums starte-te die LNU ein Projekt, in der Bevölkerung undin den Behörden ein Bewusstsein für den auchpsychologischen Wert von Alleen und Baum-reihen zu wecken. In der LNU, die in Nord-rhein-Westfalen wie BUND und NABU als Na-turschutzverband anerkannt ist, sind gegenwär-tig 80 regionale und lokale Vereine aus Nord-rhein-Westfalen mit rund 300.000 Einzelmitglie-dern zusammengeschlossen, die sich für den Er-halt von Natur und Landschaft einsetzen, Schwer-punkte im Arten- und Biotopschutz setzen undim Rahmen der Erholung in der freien Land-schaft besonders deren ästhetische und (nah)-erholungsorientierte Funktion hervorheben.

Vielen dieser in der LNU vereinten Vereinenliegt der Erhalt der Kulturlandschaft mit ihrenüber Jahrzehnte, teilweise Jahrhunderte prägen-den Elementen und Bestandteilen am Herzen:Dazu gehören zweifelsohne seit Generationensich ins Gedächtnis eingeprägte Alleen entlangvon alten Handelswegen, beispielsweise aus demRheinland über die bergischen Höhen durch dasSauerland in alte Residenz- oder Handelsstädte.

Foto: Rainer Fischer

Geschwindigkeitsbegrenzungen sichern den Verkehr

Die ökologische Bedeutung von Alleen wurde durch die LNU- Umfragedokumentiert

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NUA-Heft Nr. 2210

vom Hofe: Die Bedeutung von Alleen

Sowohl

� unter dem Gesichtspunkt des Arten- und Biotopschutzes, des Biotopverbunds,

� unter dem Aspekt der Landschaftsästhetik, die Alleen als von Ferne sichtbare, die Land-schaft gliedernde, zu jeder Jahreszeit präge-de und bereichernde Bänder eine herausge-hobene Bedeutung beimisst,

� wie als selbstverständlicher Bestandteil einer Kulturlandschaft, in der Alleen Windschutz geben und Schatten spenden, Grenzen ziehenzwischen privatem und öffentlichem Land, Verbindungen herstellen zwischen Weilern und Dörfern, zwischen dem Dorf und dem nahen Schloss oder zwischen Dorf und Guts-hof oder

� wie als Naturdenkmal� als auch schließlich als vertrautes Element

der Heimat

genießen Alleen einen hohen Sympathiewert inder Bevölkerung, weil damit auch Vertrautheit,Wertschätzung für lieb Gewonnenes verbundenist.

Alleen-Erfassungsbogen der LNU

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Alleen in NRW

11NUA-Heft Nr. 22

Die LNU-Mitgliedsverbände haben inzwischenin Nordrhein-Westfalen aus ihrer lokalen undregionalen Kenntnis heraus eine Fülle von sehralten, prägenden, gut erhaltenen, weil ständignachgepflanzten Alleen an Bundes-, Landes-,Kreis- und Gemeindestraßen auf vorbereitetenFragebögen detailgetreu dargestellt – ein Jahrlang hat die LNU alle vier Wochen eine „Alleedes Monats“ präsentiert, bei der die Unter-schiedlichkeit, die Regionalität, die Reife undPrägung in der Landschaft wie auch die Zu-kunftschancen an Ort und Stelle erläutert undmit der regionalen Polit-Prominenz im Ge-spräch für das Anliegen geworben wurde.

Die kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit hat dieFraktionen im Düsseldorfer Landtag auf dieAktion aufmerksam werden lassen, was sich ineiner zunehmenden Präsenz von Abgeordnetenvor Ort bei den jeweiligen Terminen ablesenließ – es dauerte nicht lang, dass die verkehrs-und umweltpolitischen Sprecher der Fraktionenim Dialog mit der LNU und der FLL zu erken-nen gaben, dass ihnen Axt und Säge nicht alsdas geeignete Lösungsinstrument im Konfliktzwischen Verkehrssicherheit und Landschafts-ästhetik erscheinen. Die Lobbyarbeit führteschließlich zu einer Landtagsdebatte, in der sichalle ausdrücklich zum Schutz von Alleen undBaumreihen bekannten, der Wirtschafts- undVerkehrsminister es sogar als die ureigensteAufgabe der Straßenbauverwaltung ansah,Alleen an Landesstraßen zu pflegen und nach-zupflanzen und schließlich bei der Novelle desLandschaftsgesetzes von Nordrhein-Westfalen

im Frühjahr 2005 Alleen einenausdrücklichen Schutz im Gesetzerfuhren: Gemäß § 47 sind sie jetzt wieWallhecken gesetzlich geschützteLandschaftsbestandteile – ihrSchutz ist also nicht von Wohlund Wehe der jeweiligen Kreis-politiker abhängig, die darüber zuentscheiden haben, ob sie eineAllee mit einem Schutzstatus ver-sehen wollen oder darauf lieberverzichten, um sich beim Ausbauder Straße nicht eigene Fesselnangelegt zu haben. Dieser Sorgensind sie glücklicherweise durch

einen couragierten Landtagsbeschluss enthobenworden. Und auch der Entwurf des von der seitMitte 2005 im Amt befindlichen Landesregie-rung aus CDU und FDP vorgelegten Land-schaftsgesetzes bestätigt den ausdrücklichenSchutz der Alleen. Allerdings fehlt, das be-mängelt die LNU, noch ein Passus, demzufolgean einer zentralen öffentlchen Stelle ein Alleen-kataster geführt wird.

Foto: Rainer Fischer

Präsentation der ersten „Allee des Monats“ mit der damaligen Umweltministerin Höhn

Präsentation der (vorerst?) letzten „Allee des Monats“ mitUmweltminister Uhlenberg

Foto: Rainer Fischer

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NUA-Heft Nr. 2212

Was nützt der Schutz, wenn die Pflege fehlt?

Alleen sind zwar schön und landschaftsbele-bend – aber sie verlangen Pflege, wie Streu-obstwiesen. Alleen müssen zweimal im Jahrkontrolliert werden, einmal im belaubten, ein-mal im unbelaubten Zustand, um feststellen zukönnen, wie gut es den Bäumen geht, ob siesich behindern, ob sie Beschädigungen etwa imBegegnungsverkehr, beim Winterdienst, durchhohe Aufbauten von Lastwagen haben hinneh-men müssen, ob Äste trockengefallen sind oderbei Stürmen und Gewitter sich gelöst haben.Alleen brauchen diese Kontrolle und ein gewis-ses Maß an Pflege. Dazu gehören vor allemaber Nachpflanzungen: Wenn ein Baum nichtmehr zu halten ist, muss die Lücke schon baldgeschlossen werden. Doch dieser Aufgabehaben sich in der Vergangenheit an bestehendenAlleen die Baulastträger gern entledigt: Weildas nötige Geld fehlt, wie schnell gesagt wurde.Es wurden eher Gelder in Neuanpflanzungenvon Sträuchern oder Obstbäumen gesteckt, alsschon mehrfach verpflanzte Hochstämme invorhandene Alleen zu integrieren.

Um diesem Manko abzuhelfen, könnten bei-spielsweise Eingriffsverwaltungen angespro-chen werden, nicht Ausgleichsmaßnahmenanzuordnen - da wo möglicherweise malgerade eine Fläche vorhanden ist - sondernErsatzgelder einzunehmen, die zweckge-bunden in die Pflege prägender vorhande-ner Alleen fließen. Oder die Verkehrsminis-ter der Länder springen unisono endlichüber ihren Schatten und erklären Alleennicht nur ausdrücklich als erhaltenswertenBestandteil des deutschen Straßennetzes,sondern stellen dafür in ihren Etats einenausreichend gefüllten Ansatz zur dauerhaf-ten jährlichen Pflege beziehungsweiseNachpflanzung zur Verfügung. In Nord-rhein-Westfalen bestätigte der Staatssekretär desVerkehrsministeriums der LNU schriftlich, dassdie Straßenverwaltung die landesweit größtePflegerin von Bäumen sei. Doch was nützt die-ses selbst zugelegte Attribut, wenn die kontinu-ierliche Nachpflanzung gerade an Landes-straßen immer noch einem Strauß von Beden-ken der Straßenbauer gegenüber steht und erstauf Druck des Ministerpräsidenten auch im

Verkehrsministerium konkretere Überlegungenangestellt wurden, an welchen Streckenstückendoch Bäume angepflanzt werden könnten.

Alleen als Tourismus-Faktor

Selbst wenn Nordrhein-Westfalen noch nichtBestandteil der seinerzeit unter Beteiligung desADAC (!) entwickelten Deutschen Alleenstraßeist – die bisherigen fundierten Erkenntnisse dermit Kommunen und Straßenbauämtern abge-stimmten LNU-Studie geben Anlass zu einemberechtigten Antrag, die Deutsche Alleenstraßeim Westen der Republik mit zusätzlichen„Ästen“ oder Abstechern zu erweitern oder ihrein Pendant mit anderen westlichen Bundeslän-dern zur Seite zu stellen: Kein anderes Bundes-land als Niedersachsen kann beispielsweise aufso knorrige windschiefe Alleen wie in Ostfries-land verweisen. Sie sind auch immer wieder aufKalendern oder in Prospekten über die Urlaubs-region Ostfriesland zu bewundern. Die LNU hatinzwischen an die Deutsche Alleenstraße, derenMitglied sie ist, den Antrag gestellt, Nordrhein-Westfalen in die Alleenstraße aufgrund einesvon der LNU erarbeiteten Routenvorschlagseinzubinden.

Alleen sind ein Tourismus-Faktor; in wenigerklassischen Urlaubsgebieten außerhalb vonKüste und Alpen stehen besonders die Naher-holungssuchenden aus den Ballungsregionen imMittelpunkt des Interesses wie auch Kurz-urlauber: Sie sind für einen Landstrich zu ge-winnen, wenn ihnen, wie es in der Begründungfür die Ausweisung eines Landschaftsschutzge-bietes heißt, die „Vielfalt, Eigenart und Schön-

vom Hofe: Die Bedeutung von Alleen

Kranenburg um 1950

Quelle: Verein für Heimatschutz Kranenburg

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Weitere Informationen:Broschüre „Schützenswerte Alleen und Baumreihenin Nordrhein-Westfalen“, hrsg. von der Landesge-meinschaft Naturschutz und Umwelt (LNU),Heinrich-Lübke-Straße 16, 59759 Arnsberg (Hüsten); Tel.: 02932/4201; Fax: 02932/54491; Mail: [email protected]: www.lnu-nrw.de

Anschrift des Verfassers

Mark vom HofeVorsitzender der LandesgemeinschaftNaturschutz und Umwelt (LNU)Heinrich-Lübke-Straße 1659759 Arnsberg

Alleen in NRW

13NUA-Heft Nr. 22

heit einer Land-schaft“ nahege-bracht wird. Undzu diesen prägen-den Elementeneiner Landschaft,schon in der An-fahrt dahin, gehö-ren besondersAlleen, weil siezu jeder Jahreszeitfaszinierende Ein-drücke vermitteln;natürlich beson-ders in der Vege-tationsphase, weilnur dann das ein-drucksvolle, dieStraße überspan-nende Laubkleidwie ein Tunnel zu sehen und mitzuerleben ist.

Alleen gehören somit zu den so genannten„weichen“ Standortfaktoren, weil insbesonderesie das Gefühl von Geborgenheit, Nostalgie undHeimat vermitteln und beim Gang durch eineAllee auf ein Kloster, einen Gutshof, einenLandgasthof oder ein Schloss das Gefühl vonSchönheit und Ästhetik aufkommen lassen unddamit das Bewusstsein und den Blick für Naturals Wert schärfen. Alleen verkörpern in sich dieeinmalige Chance, Sympathieträger zu sein –bei dieser Wertschätzung in der Bevölkerungwird es den Totengräbern der Alleen an befah-renen Straßen zunehmend schwerer fallen, fürden Verlust von Alleen aus verkehrstechnischerSicht noch Befürworter zu finden.

Alleen als Sympathieträger werden in der Presse gerne aufgegriffen

Quelle: Remscheider General-Anzeiger

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und da ich in 17. Generation unseren Betriebbewirtschaften darf, wollte ich hiermit auch einsymbolisches Zeichen setzten.

Bei der Fläche, auf der die Allee entlang einerjahrhundertealten Trift gepflanzt wurde, handeltes sich um eine offene Feldflur, in der eine öko-logische Aufwertung wichtig ist. Neben derlandschaftsästhetischen Bereicherung erfüllendie Alleebäume hier mit den später ausladendenKronen, anders als Bäume im Waldbestand, fürviele Tiere wie Fledermäuse, Insekten, undVögel wichtige Funktionen als Nahrungs- undBruthabitat. Insbesondere die sich in NRW aufdem Rückzug befindliche Eiche hat hier einegroße Bedeutung.

Wenn täglich in NRW rund 20 Hektar Freiraumin Anspruch genommen werden, wollte ichhiermit auch darauf hinweisen, dass die dafürnotwendige Kompensation auch und gerade fürdie als Land- und Forstwirte tätigen Unterneh-mer erleichtert und ermöglicht werden sollte.Das neue Landschaftsgesetz ist verabschiedet,aber die Durchführungsverordnungen werdennoch verhandelt. Ich rufe alle Beteiligten auf,das Kirchturmdenken, nur in der eigenen Kom-mune oder Behörde zu agieren, zu verlassenund übergreifend in den Naturräumen zu den-ken, die ganz sicher nicht durch Kreisgrenzendefiniert sind.

Sehr direkt sei auch gesagt, dass wir Land- undForstwirte oft verunsichert sind, wenn Planeroder Behörden von uns Eingriffe verlangen,weil auch Gesetze umgesetzt werden, die unnö-tig sind. Später werden dann in den Durchfüh-rungsverordnungen Regelungen getroffen, oftzum Nachteil der Grundeigentümer und Land-und Forstwirte, mit der Begründung, dass dergesetzliche Rahmen dies ermögliche oder erfor-dere. Um so wichtiger ist bei dieser Initiative„100 Alleen für NRW“, dass alles auf Freiwil-ligkeit beruht und der betroffene Grundeigen-tümer „nur“ seine Fläche zur Verfügung stellt.

Gerne berichte ich als Bio-Bauer, der einenökologischen 300 Hektar Betrieb in Lippe inOWL bewirtschaftet, von unseren Erfahrungenmit dieser Allee.

Als mich Regierungspräsidentin Thomann-Stahlansprach, ob ich die Initiative 100 Alleen fürNRW unterstützen wolle, habe ich sofort undgerne zugesagt, so dass in wenigen WochenPlanung, Antragsstellung und die Realisierungumgesetzt werden konnten. Sehr kompetenteBearbeiter bei der Bezirksregierung Detmold,Frau Dr. Röder, von der Biologischen StationLippe, dem Träger dieser Allee, sowie eine sehrerfahrene, benachbarte Baumschule haben unserEngagement begleitetet.

Der Ministerpräsident von NRW Dr. Rüttgershat die zukunftsweisende Initiative ins Lebengerufen, und es war mir eine große Freude undEhre am 2. März 2006 gemeinsam mit ihm, mitMinister Uhlenberg, mit der Regierungspräsiden-tin Thomann-Stahl, dem Landrat des KreisesLippe Herrn Heuwinkel und BürgermeisterEhlert Hand anzulegen und in OWL die Ersteund in NRW die Zweite von 100 Alleen auf demGut Wendlinghausen zu pflanzen. Ein großesMedienecho und viele zustimmende Kompli-mente und Kommentare folgten diesem Tage.

Im 18. Jahrhundert existierten auf dem GutWendlinghausen etwa 11.500 laufende MeterHecken und Alleen, die im Zuge von Flurbe-reinigungen und anderen Umstrukturierungengrößtenteils vernichtet wurden. Auf alten Kar-ten ist dies wunderbar dokumentiert. MeineVision, an der ich arbeite, ist die Rekultivierungdieser Biotopvernetzung, die für die Natur aberauch für die Menschen, die diese Natur erleben,ganz viele wichtige, schöne und befriedigendeErfahrungen ermöglicht. Entlang von regiona-len Straßen mit geringem Verkehrsaufkommenkönnen so kostengünstig auch die enormen Be-lastungen in den Städten mit Feinstäuben redu-ziert werden. Eine Eichenallee wird nicht fürJahrzehnte sondern für Generationen gepflanzt,

Alleen auf dem Gut Wendlinghausen

Joachim von Reden

von Reden: Alleen auf dem Gut Wendlinghausen

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Alleen in NRW

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Es reicht nicht aus, dass wir bei uns 50 Bäumeaufgereiht in die Erde pflanzen, sondern diese100 Alleen-Initiative muss möglichst vielenBürgern als zukunftsweisendes Projekt für dienächsten Jahrzehnte kommuniziert werden.

Ich habe dem Ministerpräsidenten zugesagt,dass wir bei den vielen Aktivitäten auf dem GutWendlinghausen mit jährlich etwa 100.000 Be-suchern auf die neue „Rüttgers-Allee“ hinwei-sen werden nach dem Motto: „Tue Gutes undrede darüber!!“. Wir freuen uns über alle

Wanderer, Fahrradfahrer, Motorrad- und Auto-fahrer, die in den nächsten Jahren und Jahr-zehnten entlang dieser Eichen-Allee das schöneLipperland erleben werden.

Anschrift des Verfassers

Joachim von RedenGut Wendlinghausen32694 Dörentrup

Neue Alleen im Rhein-Erft-Kreis

Stefan Kitlas, Jörg Henschke

1. Alleenprojekt Erftaue Gymnicher Mühle2. Alleenprojekt Schloss Frens3. Alleenprojekt Marienfeld4. Neue Zufahrtsallee Bolander Hof5. Neue Zufahrtsallee Burg Etgendorf 6. Neue alleenartige Baumpflanzungen bei

Gut Hasselrath

Nachfolgend werden Alleenpflanzungen aus denJahren 1999 bis 2005 sowie die drei aktuell lau-fenden Alleenprojekte aus dem Rhein-Erft-Kreisohne Anspruch auf Vollständigkeit vorgestellt.Daneben gibt es weitere Alleenprojekte im Rhein-Erft-Kreis, so zum Beispiel von den Städten Berg-heim, Erftstadt und Pulheim oder vom Landes-betrieb Straßenbau NRW, deren Projekte an die-ser Stelle nicht berücksichtigt werden können.

Alleenprojekt Erftaue Gymnicher Mühle- Baustein eines großflächigen Naturerlebnis-

projekts zwischen den Schlössern Gymnich und Türnich

In der Erftaue zwischen den Schlössern in Erft-stadt-Gymnich und Kerpen-Türnich und derdort auf halbem Weg liegenden GymnicherMühle sollen auf den ehemaligen Flächen einesunvollendet gebliebenen Golfplatzgeländes imRahmen eines großflächigen Naturerlebnispro-jektes der Konzeption RegioGrün Rhein-Erft,zukünftig auch im Zusammenhang mit der Re-

gionale 2010, eine Vielfalt an Maßnahmen fürNaturschutz und Landschaftspflege durchge-führt werden. Das gesamte Gelände dient schonheute der Naherholung der Bevölkerung undwird auch künftig öffentlich zugänglich sein.Ein Baustein des Naturerlebnisprojektes soll da-bei die Komplettierung einer durchgehendenWegeverbindung zwischen den Schlössern Gym-nich und Türnich und deren landschaftsgestalte-rische Hervorhebung durch mehrere aufeinan-der folgende Alleenabschnitte sein, von denenTeile bereits in der Vergangenheit umgesetztwurden. Da sich die Kernflächen des Projekt-bereiches im Eigentum des MühlenverbandesRhein-Erft-Rur e.V., des Erftverbandes und desRhein-Erft-Kreises befinden, konnte der Rhein-Erft-Kreis die notwendigen Antragsunterlagenfür eine Förderung des Projekts bereits Anfang2006 erarbeiten und eine zeitnahe Realisierungzusichern. Nachdem die SchutzgemeinschaftDeutscher Wald bereit war, gegenüber der NRW-Stiftung die Projektträgerschaft zu übernehmenund eine entsprechende Fördervereinbarungzwischen der Schutzgemeinschaft DeutscherWald und der NRW-Stiftung unterzeichnet wur-de, konnte der Rhein-Erft-Kreis mit der Um-setzung beginnen. Die Pflanzung des ersten Ab-schnittes von rund 1.100 Meter Länge im Rah-men der Inititative „100 neue Alleen in NRW“wurde im Dezember 2006 abgeschlossen.

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Kitlas: Neue Alleen im Rhein-Erft-Kreis

Alleenprojekt Schloss Frens- Pflanzung einer neuen Allee und Sanierung

und Rekonstruktion der alten Zufahrtsalleen

Das Schloss Frens mit Vorburg südöstlich vonBergheim-Quadrath-Ichendorf liegt in der Erft-aue, ist von einer doppelten Wassergrabenanla-ge, einem Waldpark und Wiesenflächen umge-ben. Die nordwestlich von Schloss Frens liegen-de Pliesmühle ist Sitz eines Gestütes. Der ge-samte Bereich um Schloss Frens wurde als Na-turschutzgebiet beziehungsweise Landschafts-schutzgebiet unter besonderen Schutz gestellt.Die von Norden und Nordosten kommendenhistorischen Zufahrtsalleen unterliegen als ge-schützte Landschaftsbestandteile ebenfallseinem besonderen Schutz.Das Schloss und die umgebenden Ländereienbefinden sich im Privatbesitz und sind für dieÖffentlichkeit nicht zugänglich. Öffentlich freizugänglich sind nur die Zufahrtsalleen und dieWirtschaftswege, die von den Anwohnern ausBergheim-Quadrath-Ichendorf und dem südlichangrenzenden Kerpen-Horrem gerne für Spa-ziergänge genutzt werden.Der vorhandene Baumbestand der alten Zufahrts-alleen befindet sich teilweise in einem sehrschlechten Zustand. In der Vergangenheit ist esdeshalb bereits zu erheblichen Sachschäden durchumgestürzte Bäume gekommen. Die alten Alleenweisen Lücken auf und müssen dringend saniertund restauriert werden.In einem ersten Bauabschnitt soll nun im Jahr2007 eine neue Linden-Allee entlang eines zum

Übersichtsplan des Alleenprojektes Erftaue Gymnicher Mühlezwischen den Schlössern Gymnich und Türnich.

Übersichtsplan von Pflanzabschnitt 1 des AlleenprojektesErftaue Gymnicher Mühle. (Grafiken: G. Schäfer)

Übersichtsplan des Alleenprojekts Schloss Frens. (Grafik: G. Schäfer)

Wirtschaftsweg östlich von Schloss Gymnich an der ehemali-gen Driving Range mit einer Eschenreihe aus dem Jahr 2000,die im Dezember 2006 nach Norden verlängert wurde.

Wegeachse zwischen Schloss Gymnich und der Gymnicher Müh-le an der im Dezember 2006 der erste Abschnitt des Alleen-projektes „Erftaue Gymnicher Mühle“ umgesetzt wurde.Fotos: S. Kitlas

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Ville auf dem Gebiet der Städte Kerpen undFrechen. Im Norden verläuft die Bundesauto-bahn A 4 Köln – Aachen, im Westen liegt dieStadt Kerpen. Nach der Auskohlung wurde dasGebiet wieder verfüllt und eine neue Gelände-oberfläche hergestellt, die überwiegend acker-baulich genutzt wird. Diese großflächigen land-wirtschaftlich genutzten Flächen werden heutedurch einen westöstlich verlaufenden Grünzugund einen im Rahmen der Rekultivierung her-gestellten naturnah gestalteten See gegliedert.Im Jahr 2005 fanden auf dem zu diesem Anlassin Marienfeld umbenannten Gelände die Vigilund Abschlussmesse des XX. Weltjugendtagesmit Papst Benedikt XVI. statt. Von diesem Er-eignis ist heute ein eigens zu diesem Anlass er-richteter Altarhügel als weit sichtbares Erinne-rungszeichen auf dem freien Gelände zurückge-blieben. Es war daher für den Rhein-Erft-Kreisnaheliegend, dort ein Alleenprojekt zu entwik-keln, um die sehr weitläufigen rein ackerbaulich genutzten Teile des Marienfeldes in einer derBedeutung des Ortes angemessenen Form zugestalten. Dazu wurden drei Alleen projektiert,die das Gelände des Marienfeldes annäherndkreuzförmig gliedern und als Marienallee, Kol-pingallee und Benediktallee vorläufig benanntwurden. Die Stadt Kerpen hat gegenüber demRhein-Erft-Kreis erklärt, diesem symbolträchti-gen Alleenprojekt östlich der Geburtsstadt vonAdolf Kolping „jedwede Unterstützung“ zu-kommen lassen zu wollen. Der nächste Projekt-

Schloss führenden Wirtschaftsweges als Ergän-zung zu den vorhandenen Alleen gepflanzt wer-den. Gleichzeitig soll ein Sanierungskonzept fürdie historischen Zufahrtsalleen entwickelt wer-den. So wird es notwendig sein, einerseits nochsanierungsfähige Altbäume und andererseitsStandorte zu ermitteln, bei denen eine Nach-pflanzung bereits heute erfolgversprechend er-scheint. Auf der Grundlage eines solchen Kon-zeptes werden dann die notwendigen Pflege-maßnahmen an einzelnen Bäumen und die Nach-pflanzungen konkret festzulegen und umzu-setzen sein.

Alleenprojekt Marienfeld- Umgestaltung und Anreicherung eines rekulti-

vierten Braunkohle-Tagebaues nach dem XX. Weltjugendtag mit Papst Benedikt XVI. im Jahr 2005

Der ehemalige Braunkohletagebau Frechen liegtzwischen der Erftaue und dem Höhenzug der

Alleen in NRW

17NUA-Heft Nr. 22

Blick in südliche Richtung auf die Gehölzkulisse von SchlossFrens im Hintergrund. Hier soll im Jahr 2007 eine neueAllee beiderseits des Wirtschaftsweges gepflanzt werden.

Östlich der geplanten neuen Allee (siehe Foto 3) liegt eineder historischen Zufahrtsalleen unmittelbar neben einemGewerbegebiet. Durch umgestürzte Bäume ist es hier zuerheblichen Sachschäden gekommen. In den nächsten Jah-ren ist deshalb auch eine komplette Sanierung der altenAlleen vorgesehen. Fotos: S. Kitlas

Übersichtsplan des Alleenprojektes Marienfeld. (Grafik: G. Schäfer)

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ten zu übernehmen. Im Jahr 1999 erhielt er da-her vom Rhein-Erft-Kreis einen Förderbetrag inHöhe der Kosten für das Pflanzmaterial undsetzte die Maßnahme dann auch entsprechendum. Heute hat sich die Allee entlang der Zu-fahrt zu seinem Betrieb gut entwickelt und stellteines der wenigen gliedernden Elemente in derUmgebung des Hofes dar.

NUA-Heft Nr. 2218

Kitlas: Neue Alleen im Rhein-Erft-Kreis

schritt wird jetzt die Auslotung von Umsetzungs-möglichkeiten mit den jeweils betroffenen Ei-gentümern sein.

Neue Zufahrtsallee Bolander Hof- Gestaltungselement der Erschließung eines

großen landwirtschaftlichen Betriebes für Kürbisanbau

Nördlich von Pulheim-Stommeln liegt im Außen-bereich inmitten von Ackerflächen der auf Kürbisanbau spezialisierte Bolander Hof. DerLandschaftsplan sah hier eine Anreicherung mitgliedernden und belebenden Elementen undkonkret eine Pflanzfestsetzung für zwei Bäume,unmittelbar am Bolander Hof vor. Bei der Ab-stimmung der Umsetzung dieser Pflanzfestset-zung mit dem Eigentümer stellte sich heraus,dass dieser daran interessiert war, die Neupflanz-ung einer Allee auf seinen landwirtschaftlichgenutzten Flächen entlang seiner Hofzufahrt zuzulassen und auch die Pflanz- und Pflegearbei-

Blick vorbei am links liegenden ehemaligen Altarhügelnach Süden über das Marienfeld auf das GewerbegebietTürnich. Hier sollen zur Gliederung des offenen weitenGeländes in den nächsten Jahren mehrere Alleen entlangvon Wegeachsen gepflanzt werden.

Blick von Westen nach Osten über den rekultivierten ehe-maligen Tagebau Frechen, der im Zuge des XX. Welt-jugendtages in „Marienfeld“ umbenannt wurde. Fotos: S. Kitlas

Blick nach Osten durch die neue Zufahrtsallee aus demJahr 1999 zum Bolander Hof.

Blick vom Bolander Hof nach Westen durch die neueZufahrtsallee. Fotos: S. Kitlas

Übersichtsplan der Zufahrtsallee Bolander Hof. Grafik: S. Kitlas

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Alleen in NRW

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Neue Zufahrtsallee Burg Etgendorf - Stilllegung und langfristige Erhaltung der

historischen Zufahrtsallee

Die Burg Etgendorf liegt östlich von Bedburg-Kirchtroisdorf im Tal des Pützbaches und ist voneiner Wassergrabenanlage umgeben. Man er-reicht die Burg heute von der Kreisstraße ausüber eine historische Zufahrtsallee, in derenMittelachse ein Wegekreuz mit einer Baum-gruppe deren Anfang markiert und die am Endeauf einem Platz vor dem Torbau von Burg Etgen-dorf endet. Die Allee stellt zur Zeit die einzigeZufahrtsmöglichkeit zur Burg dar. Sie steht als Naturdenkmal unter besonderem Schutz undwird in absehbarer Zeit zur Gewährleistung derVerkehrssicherheit für den Verkehr gesperrt wer-den müssen. Zufahrtsallee, Burg und umgeben-de Ländereien sind im Privatbesitz und öffent-lich nicht zugänglich. Aufgrund der privaten Ini-tiative der Grundstückseigentümerin wurde vonihr nach enger Abstimmung mit der Denkmal-pflege und dem Naturschutz im Jahr 2005 eineneue Zufahrtsallee als Ersatz für die historische

Allee in einem deutlich wahrnehmbaren Abstandneben der alten Allee auf einer Ackerfläche neugepflanzt. Dabei wurde die Neupflanzung kom-plett von der Grundstückseigentümerin finan-ziert, ohne öffentliche Fördermittel in Anspruchzu nehmen. In einem zweiten Bauabschnitt sollzu gegebener Zeit auch die Zufahrt zur Burgüber die neue Allee erfolgen und die alte Alleefür den Verkehr gesperrt werden. Dies soll dazudienen, die Reststandzeit der Bäume der altenAllee so weit wie möglich zu verlängern.

Neue alleenartige Baumpflanzungen bei GutHasselrath- Gestaltung eines Teilabschnittes der Erlebnis-

route Nord des Projekts RegioGrün Rhein-Erft im Umfeld des Herrenhauses

Im Westen von Pulheim-Sinnersdorf liegt dasHerrenhaus von Gut Hasselrath, welches sichheute mit seinen umgebenden Ländereien inPrivatbesitz befindet und als Wohnanlage ge-

Übersichtsplan „Neue Zufahrtsallee Burg Etgendorf“.

Blick nach Nordwesten auf die historische Zufahrtsalleevon Burg Etgendorf und auf die davor liegende, rein privat finanzierte, neue Zufahrtsallee aus dem Jahr 2005.

Blick von Burg Etgendorf auf die neue verkehrssichereZufahrtsallee, die die historische Zufahrtallee mit demmarkanten Wegekreuz an der Kreisstraße ersetzen unddamit gleichzeitig deren Lebenszeit verlängern soll.

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Detailangaben zu den vorgestellten Alleen-pflanzungen und Alleenprojekten

Alleenprojekt Erftaue Gymnicher Mühle

Abschnitt „Driving Range“Pflanzjahr: 2000Baumart: Eschen (Fraxinus excelsior),

20 StückQualität: H 3 xv, mDb 20-25Allee-Typ: einseitige ReiheBaumabstand: 15 mLänge: ca. 290 mFinanzierung: Haushaltsmittel LP-Umsetzung

mit Landesförderung

Abschnitt „Hauptweg / Lindenallee“Pflanzjahr: 2001Baumarten: Linden (Tilia cordata), 37 Stück

Eschen (Fraxinus excelsior), 13 Stückdiv. Verschiedene, 45 Stück

Qualität: H 4 xv, mDb 20-25H 3 xv, mDb, 18-20

Allee-Typ: doppelreihige Allee und ein-seitige Reihe

Baumabstand: 15 mLänge: ca. 200 m (Lindenallee)

ca. 1.200 m (einseitige Baum-reihe)

Finanzierung: Haushaltsmittel LP-Umsetzung mit Landesförderung

Abschnitt „Wald-Allee“Pflanzjahr: 2003 Baumart: Eschen (Fraxinus excelsior),

45 Stück

nutzt wird, die nicht öffentlich zugänglich ist.Das Gut liegt an der Erlebnisroute Nord desProjektes RegioGrün Rhein-Erft zwischen Köln und dem Kloster Knechtsteden im Rhein-KreisNeuss. Während der Planungsphase für die Er-lebnisroute Nord, die südlich am Herrenhausvorbeiführt, hatte der Eigentümer des GutesHasselrath gegenüber dem Rhein-Erft-Kreissein Interesse an einer alleenartigen Baumpflan-zung entlang der öffentlich zugänglichen Routeauf seinen privateigenen Flächen bekundet. MitMitteln aus der Stiftung der Kreissparkasse Kölnkonnten dann dort im Jahr 2003 entsprechendePflanzungen vom Rhein-Erft-Kreis entlang die-ses Abschnittes der Erlebnisroute auf einem ausder Bewirtschaftung genommenen Wegeseiten-streifen des Eigentümers durchgeführt werden.

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Kitlas: Neue Alleen im Rhein-Erft-Kreis

Allenartige Baumpflanzungen mit Grünlandstreifen ausdem Jahr 2003 an der Erlebnisroute Nord des ProjektesRegiGrün Rhein-Erft südlich von Gut Hasselrath.Foto: S. Kitlas

Übersichtsplan „Neue alleenartige Baumpflanzungen beiGut Hasselrath“. Grafik: S. Kitlas

Neue Baumreihe mit Strauchpflanzung und Grünland-streifen aus dem Jahr 2003 südlich von Gut Hasselrath.Foto: S. Kitlas

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Alleen in NRW

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Qualität: H 3 xv, mDb 20-25H 3 xv, mDb, 18-20

Allee-Typ: einseitige, ungebundene Baum-reihe

Baumabstand: 10 –12 mLänge: ca. 350 mFinanzierung: Öko-Sponsoring, Kreisspar-

kasse Köln

Abschnitt Ergänzung „Allee Hauptweg“Pflanzjahr: 2006 Baumart: Eschen (Fraxinus excelsior),

32 StückEichen (Quercus robur), 36 StückVogelkirschen (Prunus avium), 5 Stück

Qualität: H 3 xv, mDb 20-25H 3 xv, mDb, 18-20

Allee-Typ: einseitige Baumreihe als Ergän-zung zur doppelreihigen Allee

Baumabstand: 15 mLänge: ca. 1.100 mFinanzierung: NRW-Stiftung

Alleenprojekt Schloss FrensAbschnitt „Neue Allee“Geplant: 2007 Baumart: Linden (Tilia cordata), 78 StückQualität: H 3 xv, mDb 20-25Allee-Typ: doppelreihige AlleeBaumabstand: 15 mLänge: ca. 400 mFinanzierung: Fördermittel NRW, „Initiative

100-neue-Alleen“?

Alleenprojekt MarienfeldAbschnitt „Benedikt-Allee“geplant: 2008 und FolgejahreBaumart: Linden (Tilia cordata),

ca. 230 StückQualität: H 4 xv, mDb 20-25Allee-Typ: einseitige Reihe und doppel-

reihige AlleeBaumabstand: 15 mLänge: ca. 2.200 mFinanzierung: ?

Abschnitt „Marienallee“geplant: 2008 und FolgejahreBaumarten: Eschen (Fraxinus excelsior),

ca. 220 StückQualität: H 3 xv, mDb 20-25Allee-Typ: einseitige ReiheBaumabstand: 15 mLänge: ca. 2.800 mFinanzierung: ?

Abschnitt „Kolping-Allee“geplant: 2008 und FolgejahreBaumart: Eichen (Quercus robur),

190 StückQualität: H 3 xv, mDb, 20-25Allee-Typ: einseitige Reihe und doppel-

reihige AlleeBaumabstand: 15 mLänge: ca. 2.500 mFinanzierung: ?

Neue Zufahrtsallee Bolander HofPflanzjahr: 1999Baumart: Linden (Tilia cordata), 36 StückQualität: H 3 xv, mDb 18-20Allee-Typ: doppelreihige AlleeBaumabstand: 10 mLänge: ca. 180 mFinanzierung: Landesmittel für kreiseigene

Kleinmaßnahmen

Neue Zufahrtsallee Burg EtgendorfPflanzjahr: 2005Baumart: Linden (Tilia cordata), 36 StückQualität: H 3 xv, mDb 18-20Allee-Typ: doppelreihige AlleeBaumabstand: 10 mLänge: ca. 160 mFinanzierung: Privatinitiative der Eigen-

tümerin

Neue alleeartige Baumpflanzungen bei GutHasselrathPflanzjahr: 2003Baumarten: Eschen (Fraxinus excelsior),

38 StückKastanien (Aesculus hippo-castanum), 22 Stück

Qualität: H 3 xv, mDb 20-25H 3 xv, mDb, 18-20

Allee-Typ: ungeordnete Baumreihen mit wechselnden Abständen zur Straße

Baumabstand: 15 m

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Pieper: Anforderungen an Pflanzmaterial, ...

Alleen : Anforderungen an Pflanzmaterial, Herstellungspflege

Heinz Pieper

Mit jeder neuen Allee schaffe ich ein lebendesBauwerk, von dem ich erwarte, das es zwei bisdrei oder auch vier Menschengenerationen langSchönheit, Lebensfreude, Gesundheit, einfachWohlbefinden vermittelt. Um so mehr sollte man Wert darauf legen, beider Anlage nur qualitativ hochwertiges Pflanz-gut zu verwenden. Also Bäume, die nicht nuroptisch gefallen, hier muss auch der innere,äußerlich nicht erkennbare Wert vorhandensein.

Pflanzen lassen sich jedoch nur schwer normen,denn jede Art - und auch innerhalb jeder Art -

weicht jede Pflanze von der anderen ab. Diesenatürliche Variationsbreite lässt sich nicht instarre Regeln pressen. Eine Qualitätsbeschrei-bung ist nur dann praxisgerecht möglich, wennman statt der Einzelpflanze eine Gütegruppemit ausreichend breiten Toleranzen beschreibt.Doch damit sind noch nicht die Unterschiedezwischen den verschiedenen Gehölzen erfasst.

Weil also die Qualitätsbestimmung für Baum-schulpflanzen für jeden fachlich nicht geschul-ten Abnehmer so schwierig ist, gibt es die Güte-bestimmungen für Baumschulpflanzen. Sie sindseit Jahren Maßstab für einwandfreie Gehölz-

Länge: ca. 350 m (Eschenreihe)ca. 250 m (Kastanienreihe)

Finanzierung: Öko-Sponsoring; Kreisspar-kasse Köln

Links mit weiterführenden Informationen:www.rhein-erft-kreis.dewww.regio-gruen.dewww.regionale2010.dewww.naturpark-rheinland.dewww.muehlenverband-rhein-erft-rur.de

Autorenadresse:

Dipl.-Ing. Stefan KitlasDipl.-Ing. Jörg HenschkeRhein-Erft-KreisDer LandratAmt für Kreisplanung und NaturschutzWilly-Brandt-Platz 150126 BergheimTelefon: 0 22 71 / 83 46 14Telefax: 0 22 71 / 83 23 44Mail: [email protected]

Foto: M. Wengelinski

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Alleen in NRW

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qualität und mit geltenden Regelungen in zahl-reichen Normen und technischen Vorschriften.Erstellt sind diese Gütebestimmungen durch dieForschungsgesellschaft LandschaftsentwicklungLandschaftsbau (FFL). Diese Gütebestimmun-gen sollen in erster Linie bei der Gehölzab-nahme der Beurteilung und der Orientierungdienen.Bevor ich auf die Gütebestimmungen für Allee-bäume eingehen, möchte ich darauf hinweisen,dass der BdB einige Broschüren erarbeitet hat,die unter dem Motto stehen „ Erkennen SieQualität“. Eine dieser Broschüren befasst sichausschließlich mit Bäumen. Erhältlich sind dieBroschüren kostenfrei beim Bund deutscherBaumschulen.

Welche Kriterien sind bei der Anlage einer neu-en Allee nun zu beachten und welche Qualitäts-merkmale muss ein Baum haben, damit im Stras-sen-, also Verkehrsbereich, ein möglichst langesund gesundes Leben erwartet werden kann?Zuerst einmal ist wichtig, dass für den in Fragekommenden Standort unter Berücksichtigungder Umwelteinflüsse (Streusalz usw.) die richti-ge Baumart und eventuell die richtige Sortegewählt wird. Von entscheidender Bedeutungist, ob ein Baum an der Straße in der freienLandschaft oder im stark frequentiertem Ver-kehrsbereich in der Stadt gepflanzt werden soll.

Während sich unsere heimischen Baumarten inder freien Landschaft in der Regel wohlfühlen,versagen viele in der Stadt, wo versiegelteFlächen, minderwertige Böden und belastendesKleinklima hemmend auf Gesundheit undWachstum wirken.Hingegen gibt es aber auch von unseren heimi-schen Baumarten Selektionen, die sich durchgrößere Vitalität, besondere Kronenformen oderdurch eine Krankheitsresistenz auszeichnen undin der Lage sind, auch in städtischen Bereichenein gesundes und homogenes Bild zu schaffen.Diese Bäume werden vegetativ vermehrt, alsoin der Regel durch Veredlung.

Die Baumart und Sorte sollte unter zu Hilfe-nahme der Alleebaumliste der deutschen Gar-tenamtsleiter gewählt werden. Diese Liste, indie sehr viele Erfahrungswerte eingeflossensind, stellt eine große Hilfe für den Planer dar.

Wie aber soll jetzt ein korrekter, pflanzwürdigerAlleebaum aussehen? Im Folgenden soll unterZuhilfenahme der FFL Gütebestimmungen ver-sucht werden, ein Qualitätsbild zu beschreiben,beschränkt auf den drei mal verpflanzten Baum,denn zu 95 Prozent kommt diese Kategorie beider Pflanzung einer Allee zum tragen.Der für eine Allee in Frage kommende jungeBaum muss einen der Art entsprechenden gera-den und mangelfreien Stamm mit einer artspe-zifischen geraden Stammverlängerung inner-halb der Krone haben. Die Krone muss artty-pisch regelmäßig aufgebaut sein.

Da fast alle Neuanpflanzungen im Verkehrs-flächenbereich vorgenommen werden, sollenheute die Seitenäste in den Kronen deutlich untergeordnet sein. Also verzichtet man hier bewusst auf eine breite (dekorative) Krone mitstarken Seitenästen. Das Aufasten der Stämme muss spätestens zuBeginn der letzten Vegetationsperiode ausge-führt werden. Ein weiteres Aufasten muss sor-tenspezifisch möglich sein, denn wir benötigenfür den Verkehrsbereich ja auf Dauer ein Licht-raumprofil von mindestens vier Meter.Fälschlicherweise wird die Forderung nacheinem „durchgehendem Leittrieb“ oft mit demWunsch nach einem „Leittrieb ohne Schnitt-stellen“ gleichgesetzt. Dies ist jedoch bei denmeisten Arten nicht möglich.

Sollten über die Mindesthöhe von 2,20 Meterhinausgehende Stammhöhen gewünscht werden,kann noch zu einem späteren Zeitpunkt aufge-astet werden. Die übliche Stammhöhe ist von16 bis 25 Zentimeter Stammumfang mindestens2,20 Meter, ab 25 Zentimeter Stammumfang2,50 Meter. Letztere sind jedoch meist schonvier mal verschult.Ausnahmen sind Kugel- oder Hängeformen undHochstämme mit geformter Krone. Die Stamm-verlängerung darf nur im einjährigem Holz ge-schnitten sein und die Schnittfläche muss bereitsteilweise überwallt sein. Der letzte Aufbauschnitt(also der Aufbau des Kronengerüstes) muss beieinem Stammumfang bis 18 Zentimeter in derletzten, bei einem Stammumfang ab 18 Zentime-ter spätestens in der vorletzten Vegetationsperi-ode ausgeführt worden sein (Ausnahmen sindzum Beispiel Robinien und ähnliche Arten).

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Pieper: Anforderungen an Pflanzmaterial, ...

Alle Hochstämme dürfen nicht mehr als vierVegetationsperioden Standzeit aufweisen.

Die heute in der Regel verwendeten Ballen-pflanzen sind mit Drahtballen oder im Contai-ner zu liefern. Wobei nach meinen Erfahrungenbei den Containerbäumen auf die Drehwurzel-bildung und die dadurch bedingte Standun-sicherheit geachtet werden muss. Die Aus-gangsware der dreimal verpflanzten Alleebäumeist ein zweimal verpflanzter Baum. Üblicher-weise hat er die Stärke 8/10 oder 10/12. DieserBaum wird dann auf weitem Stand also etwa1,20 bis 1,50 mal 2,50 bis 2,80 aufgepflanzt, sodass er sich unbeengt vom Nachbarbaum artge-mäß entwickeln kann. Vor dem Aufpflanzen er-folgt der erste Kronenschnitt bei dem an fastallen Arten alle Seitentriebe bis auf das Beiaugeentfernt werden. Die angeschnittene Stamm-höhe beträgt - wie bereits erwähnt - 2,20 Meter.Dies ist also der erste Kronenansatz eines drei-mal verpflanzten Baumes.

Der dreimal verpflanzte Baum kann ab einerStammstärke von 12/14 geordert werden. Nachmeinen Erfahrungen ist dies wie auch die Stär-ke 14/16 allerdings keine pflanzwürdige Baum-qualität. Vor allem im innerstädtischen Bereichsollte man stärkere Bäume verwenden. Meisthaben diese schwächeren Bäume nur 1 oder 2Standjahre im 3xv. Quartier verbracht. In dieserZeit ist es kaum möglich (außer bei sehr starkwachsenden Arten), eine korrekte gut formierteKrone zu bekommen. Bei diesen schwachenStammstärken handelt es sich außerdem um„Grenzqualitäten“, bei denen ein unseriöser An-bieter unter Umständen auf zwei mal verschul-tes Material aus dem fünften oder sechstenStandjahr zurückgreift.

Die kleineren Baumqualitäten benötigen dannam Endstandort fast immer weitere Schnittmaß-nahmen, die dann sehr teuer werden. Der Preis-unterschied zwischen dem Stammumfang 14/16und 16/18 liegt heute bei etwa 20 Euro. DieMehrkosten für den weiteren Pflegeaufwanddieser kleineren Baummaße liegt um vieles hö-her, denn hier muss unter Umständen wiedernachgestäbt werden.

Zu Anfang habe ich darauf hingewiesen, dass

der innere und nicht sichtbare Wert des Baumesgenau so wichtig ist, wie der äußere. Gemeintist damit der Wurzelbereich und die bisherigeErnährung des Baumes.Durch regelmäßiges Umschulen, also alle dreibis maximal vier Jahre, hat der korrekte, pflanz-würdige Baum ein feines, dichtes Wurzelsys-tem, das in der Lage ist, bald Wasser und Nähr-stoffe aufzunehmen. Ein zügiges Weiterwachsenist dann garantiert.Die Stickstoffgaben werden in der Baumschuleauf ein notwendiges Maß reduziert. Problemloskönnte man ein Standjahr durch maximale Dün-gung einsparen. Mit einem Übermaß an Nähr-stoffen produzierte Bäume machen dem Endab-nehmer aber keine Freude. Sie sind anfällig ge-gen Krankheiten und Schwächeparasiten, fernerkann man auch kein optimales Weiterwachsenerwarten.

Da auch der Fachmann nur schwer eine Über-düngung an den jungen Bäumen feststellenkann und auch der Verpflanzstatus nur mit gro-ßer Fachkenntnis an Wurzeln und Kronenauf-bau erkennbar ist, hat die deutsche Baumschul-branche seit vielen Jahren ein Qualitätssiche-rungssystem geschaffen.

Jedes deutsche Baumschulunternehmen, das sichhohe Qualitätsmaßstäbe setzt, kann sich durcheine Betriebs- und Qualitätskontrolle seinerPflanzenbestände qualifizieren. Die Kontrollewird durch eine Kommission vorgenommen,die sich aus ausgewählten, unabhängigen Fach-leuten zusammensetzt und das Qualitätsprädikat„Deutsche Markenbaumschule“ nach einemPunktesystem vergibt.

Ein wichtiges Kriterium der Kontrolle ist dasregelmäßige Verpflanzen der Gehölzbestände.Doch auch Gesundheit, Wüchsigkeit, Sorten-echtheit, umweltschonende Produktionsverfah-ren und anderes mehr werden kontrolliert undmit Punkten bewertet. Es gibt heute nahezu1000 BdB Mitgliedsbetriebe, davon knapp 100im Landesteil Westfalen und darunter wiederumnur etwa 15 Betriebe, die sich als DeutscheMarkenbaumschule anerkennen lassen.

Da es sich ja beim Anlegen einer Allee um einJahrhundertwerk handelt, sollte der Ankauf der

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wir Baumschulen uns einen mehr praxisbezo-gen Lehrplan an den Fachhochschulen und Uni-versitäten.

Es gibt aber noch ein weiteres großes Problembei der Anlage einer neuen Baumallee. Marken-baumschulen garantieren dafür, dass ein gesun-der wüchsiger Baum die Betriebe gut verpacktin Richtung der neuen Allee verlässt. Was dannkommt, lässt einen bei Baustellenbesuch immerwieder wütend werden.

Meist werden solche größeren Straßenbepflanz-ungen öffentlich ausgeschrieben, das mag vonder gesetzgebenden Seite her richtig sein. Hierliegt aber in vielen Fällen schon die Wurzelallen Übels. Grund sind die nicht kostendecken-den Preise, mit denen eine neue Gruppe vonWettbewerbern die Aufträge an sich zieht (Unter-nehmen ohne Fachpersonal).

So nehmen heute solide Fachfirmen aus demBereich Garten- und Landschaftsbau oft Ab-stand von der Teilnahme an öffentlichen Aus-schreibungen des Straßenbegleitgrüns. DieFolge ist, dass die Qualität in allen Bereichen(Material, Ausführung und Pflege) häufig aufder Strecke bleibt.

Mit unseren Pflanzenlieferungen geht nebendem Lieferschein eine Empfehlung mit, welchedie Behandlung der Pflanzen auf der Baustelle,aber auch die Pflanzungen und die ersten Pfle-gegänge beschreibt (zum Beispiel die prophy-laktische Bekämpfung der Eichensplintkäfersbei einer Eichenpflanzung). Auf vielen Bau-stellen gibt es aber kaum jemanden, der dieseEmpfehlungen beherzigt, geschweige denn siedurch eigenes Fachwissen überflüssig machenkönnte.

Der größte Fehler der gemacht wird, ist das zutiefe Pflanzen. Der Einsatz von Maschinen er-möglicht das schnelle Ausheben von Baumgru-ben, die dadurch oft zu tief ausfallen. Zu tiefgesetzte Bäume, schlechter Bodenschluss unddas Nachsacken des Bodens sind die Folge. Dieveränderte Standhöhe gegenüber dem Baum-schulquartier wird von der Wurzel nicht toleriert.Durch Sauerstoffmangel im Untergrund kommtes zu Wurzelfäulnis.

jungen Bäume einige Mühe wert sein. So solltedas in Frage kommende Pflanzenmaterial in derBaumschule in Augenschein genommen undauch ausgebunden werden. Falls beim Abneh-mer die entsprechenden Fachkenntnisse fehlen,kann er hier in Nordrhein-Westfalen über denLandesverband des BdB´s oder über die Land-wirtschaftskammer sogenannte Abnahmeberaterhinzuziehen, um die angekauften Pflanzen einerQualitätskontrolle zu unterziehen. Die Gebüh-ren sind niedrig und fallen bei den doch nichtgeringen Werten kaum ins Gewicht.

Probleme haben wir Baumschuler allerdings oftin der Zusammenarbeit mit den jungen Garten-bauarchitekten und Ingenieuren. Hier finden wirheute kaum Menschen, die eine praktische Be-rufsausbildung haben, ihr Fachwissen ist nur imHörsaal erworben und die Gütebestimmungenwerden oft falsch interpretiert. Oft ist esschwierig klar zu machen, dass unsere Bäumenicht auf der Drehbank produziert werden, son-dern dass hier auch die Natur mit im Bunde ist.Schwierigkeiten gibt es dann immer wieder beider Abnahme unterschiedlicher Arten und Sor-ten. So wird oft nicht verstanden, dass - nur umein Beispiel zu nennen - der Bestand der Tiliacordata nie so homogen ist, wie der Bestandder Tilia cordata Greenspire und dass der liebeGott doch hier ein Ästchen mehr hätte wachsenlassen können oder eine Wunde noch nicht vollüberwallt ist. Sie kann noch nicht überwalltsein, weil das beim besten Willen innerhalbeines Jahres nicht möglich ist. Ferner schadet esdem Baum auch nicht.

Auch hören wir immer wieder die Forderungnach einem Baum, der bis in die Spitze durchdie Terminale gezogen ist. Dies ist nur bei eini-gen Baumarten wie bei der Kastanie, einigenEbereschensorten und anderen dicktriebigenArten möglich. Bei den meisten Bäumen würdeauf Grund der langen und schlanken Jahrestriebeein korrekter Kronenaufbau rein statisch nichtmöglich sein. Zum Teil sind zweimalige Rück-schnitte innerhalb eines Jahres bei Arten wieAcer platanoides notwendig, um eine gleichmä-ßige Verzweigung zu bekommen.Es ist dann in der Regel sehr mühselig, einen„Nicht-Praktiker“ von der Notwendigkeit dieserMaßnahmen zu überzeugen. Hier wünschten

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Heinze: Alleen- und Straßenplanung

Auch das Wässern wird meist nur unzureichendausgeführt. Schon die Angebotspreise aus derPosition „Wässern“ in der Ausschreibung bele-gen in vielen Fällen, dass nicht die Absichtbesteht, diese Arbeit vertragsgemäß auszufüh-ren. Bei der Kalkulation gehen diese Firmen da-von aus, dass die natürlichen Niederschläge inder folgenden Vegetationsperiode ausreichenwerden.

Dies mag alles ein wenig überzeichnet erschei-nen. Tatsache ist jedoch, dass viele GaLa-Bau-unternehmen, die wesentlich im Straßenbegleit-grün tätig sind, nicht über Fachkräfte verfügen.

Im Interesse einer gelungenen Pflanzung, aberauch im Interesse des Steuerzahlers sollte nichtder billigste, sondern der wirtschaftlichste Bie-ter einen Pflanzauftrag bekommen, die Aus-schreibungsverordnungen geben es her. Sie ste-

hen dem Steuerzahler gegenüber in der Verant-wortung genügend Rückgrat zu zeigen und sichu. U. gegen den „Billigsten“ durchzusetzen. ImNachhinein kann Ihnen diese Vorgehensweisevielen Ärger ersparen.Referenzen sollten erfragt werden und nicht nureine. Die Firmen sollten nachweisen, dass aus-reichend Fachkräfte auf der Baustelle mitwir-ken. Und natürlich sollten die Pflanzarbeitenvom Auftraggeber (der dann hoffentlich überFachkenntnisse verfügt) stetig kontrolliert wer-den. Nur so kommt eine erfolgreiche Pflanzungzu Stande.

Autorenadresse:

Heinz Pieper Steinheimer Str. 3232805 Horn-Bad Meinberg

Zum Thema „Bäume an Straßen“ darf es für denverantwortungsbewussten Straßenplaner wederdie Schwarz- noch die Weißsicht geben. Die Forderung, „Keine Bäume am Straßenrand“ist von ihm genau so abzulehnen wie die Forder-ung, „Alleen an alle Straßen“.Auch hier gilt, dass der Königsweg irgendwo inder Mitte verläuft.Um sich dem Thema zu nähern, sollen zunächstdie Bedürfnisse der Verkehrsteilnehmer verdeut-licht werden. Die Verkehrsteilnehmer sind übri-gens nicht die anderen, die Verkehrsteilnehmersind wir!Und wir wollen in der Regel:- zügig voran kommen (möglichst staufrei und

ohne Umwege von A nach B...)- sicher unterwegs sein (Straße gut trassiert,

griffige Oberfläche, Entwässerung, Markie-rung, Wegweisung in Top Zustand...)

- komfortabel reisen (breite Fahrbahn, leise, eben, beleuchtet…)

- gut informiert sein ( aktuelle Verkehrslage, optimale Fahrtroute, - noch Zukunftsmusik: realistische Fahrzeit, aktueller Straßenzustand,Feedback zum eigenen Verhalten, Informatio-nen zu dem, was vor uns liegt und was um uns herum passiert oder woran man gerade vorbei fährt…)

- Abwechslung haben (reizvolle Straßenraum-gestaltung…)

- dass Fehler, die wir machen, nicht direkt mit dem Leben bezahlt werden müssen („Fehler verzeihende Straße“...)

Für die Planung einer Straße kann man nichtauf vorgefertigte Einzelmodule zurückgreifen,die lediglich noch zu kompletten Planungen zu-sammen gesteckt werden und in denen sämt-liche Bedürfnisse der Verkehrsteilnehmer inausreichendem Maße berücksichtigt wordensind. Jede Straße ist ein Unikat! Und die Fragenach der richtigen Gestaltung auch des Straßen-

Alleen- und Straßenplanung

Michael Heinze

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raumes, zum Beispiel Allee „hier nicht“ oder„hier ja“, muss eben auch im Einzelfall ent-schieden werden.Eine Regel sollte allerdings bei der Planungeiner Straße grundsätzlich beachtet werden:

Ein guter Planer plant eine Straße nicht in ersterLinie für den stets ausgeglichenen, ausgeschla-fenen und erfahrenen Verkehrsteilnehmer.

Er plant auch nicht für den, der immer hoch-konzentriert bei der Sache ist oder den, der miteinem Fahrzeug unterwegs ist, das mit der mo-dernsten Sicherheitstechnik ausgerüstet ist undsich darüber hinaus auch noch in einem Top-Zustand befindet!

Ein guter Straßenplaner muss sich in die nochunerfahrenen und die „ganz normalen“ Verkehrs-teilnehmer hineinversetzen können. In Sie, inmich, die mal gut und mal aber auch schlechtgelaunt, mal hellwach aber auch mal müdesind, in junge Männer (die wollen sich und an-deren manchmal noch etwas beweisen…), inFrauen (die orientieren sich anders….), in alteMenschen.

Dafür sollten Ingenieure nicht nur Fachverstand,sondern auch Einfühlungsvermögen mitbringen.Um vornehmlich dem jungen Planer zu helfenund um sicher zu stellen, dass dieselben Fehlernicht mehrfach gemacht werden und damit neueErkenntnisse in Planungen einfließen, werdenRichtlinien, Empfehlungen und Merkblätter er-arbeitet (Beispiele: RPS, ESAS und ESAB). Andie sollte sich ein Planer auch halten. Aber miteiner guten Begründung kann er von diesen Re-gelwerken auch abweichen. Längst ist bewiesen, dass nach unreflektierterbloßer Anwendung der Regelwerke noch langenicht die sichere Straße entsteht.

- Das ist einerseits leider das Ergebnis vieler Sicherheitsaudits aus der Vergangenheit.

- Andererseits wird aber auch deutlich, wie wichtig es ist, gute Planer heranzubilden, die nicht nur Regelwerke anwenden sondern nochselbst denken können.

Ob sich eine (vorhandene) Straße für die Anlageeiner Allee eignet, hängt von vielen Faktoren ab:

- Von der Verkehrsbedeutung / Funktion der Straße und der daraus resultierenden Trassie-rungsgeschwindigkeit.

- Von der Ausbildung der Knotenpunkte (höhengleich oder höhenfrei…)

- Von der Verkehrsbelastung/LKW-Anteil, (Sichtbehinderung, Überholdruck…)

- Vom Straßenquerschnitt (6, 4, 3, 2 Fahrstreifen, Mittelstreifen, Stand-streifen, Hochbord, Aufhaltevorrichtungen, Radweg...)

- Von der Linienführung ( Kurvigkeit, Sicht….)

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Heinze: Alleen- und Straßenplanung

- Von der Gradiente (Damm / Einschnitt, Stütz-wände, Brücken, bewegtes Gelände…)

- Vom erforderlichen Lärmschutz (Wände, Wälle…)

- Vom Unfallgeschehen ( Erfahrungen, Rück-schau bei vorh. Straße, Beobachtungen nach Fertigstellung…)

- Von den Eigentumsverhältnissen (Umfang-reicher GE neben der Straße ist nur zu rechtfertigen, wenn die Allee als wertvolle Aus-gleichsmaßnahme anerkannt wird…)

- Von der Umgebung vor Ort (Landschaft, Fauna, Flora, Nutzungen…)

- Von den Standortbedingungen für die Bäume (Fläche, Luft, Abstand zur Straße…)

Aber noch etwas ist von Bedeutung:„An einem reizvollen Ort wollen wir verweilen!“

Das ist ein unterbewusst ablaufender Prozess.Wie von Geisterhand gesteuert lässt der Druckauf das Gaspedal nach.Das Geschwindigkeitsniveau nimmt ab, wennwir uns in reizvoller Umgebung bewegen.

Als Nachweis und zur Verdeutlichung :In Folge eines Unfalls kommt es in Gegenrich-tung regelmäßig zu Staus durch „Gaffer“, weildieses (Negativ)-Ereignis natürlich einen Reizauf uns ausübt. Gegen den daraus resultieren-den Stau kann man aber auch rein gar nichtsmachen, weil dieses langsame Fahren eine vomUnterbewusstsein gesteuerte Reaktion ist, indiesem Fall ist sie unerwünscht.

Aber bleiben wir bei den schönen Reizen:Eine Allee ist unbestritten äußerst reizvoll! Be-sonders dort, wo der Straßenraum zu wenigReize zu bieten hat, kann eine Allee sogar einenBeitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheitliefern:- Die Geschwindigkeit nimmt ab.- Die Vigilanz (Wachheit) der Verkehrsteilneh-

mer wird positiv beeinflusst.- Der Straßenverlauf wird deutlicher erkennbar.

Für Städtebauer ist eine Allee ein „Ort“. Ein„Ort“ gibt Orientierung, wir können Erinnerun-gen oder Geschichten an ihm fest machen, undes geht ein mehr oder minder starker Reiz vonihm aus.

Warum ist diese Erkenntnis so wichtig?

Viele Straßen, auch die meisten Autobahnen,sind häufig so langweilig und gleichförmig ge-staltet, dass sie zu „Unorten“ werden. Und -ohne dass wir dies bewusst steuern:„Unorte“ wollen wir so schnell wie möglichverlassen.

Dieses Bestreben ist auf unserer Steuerungs-platine im Kopf fest „verdrahtet“. In der Folgedrückt der rechte Fuß wie von einer fremdenMacht gesteuert tiefer auf das Gaspedal undlässt uns schneller und schneller werden, damitwir möglichst schnell wieder einen „Ort“ errei-chen. Schilder helfen dann wenig, es stellt sichgenau das Geschwindigkeitsniveau ein, dasdurch die Straßenraumgestaltung vorgegebenwird. Prof. Schreckenberg von der Universität Duis-burg hat nachgewiesen, dass wir beim Fahrenhäufig unser Großhirn abschalten, nur selten beivollem Bewusstsein unterwegs sind. Wir fahrendemnach in der Regel in einer Art Dämmerzu-

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stand. Wir widmen einer Sache gerade nur so vielAufmerksamkeit, wie sie von uns abverlangt.Unsere Autos verlangen uns kaum noch etwasab, sie sind leise, gut gefedert, mit Servolenkungund –bremsen ausgestattet; es geht alles fastwie von selbst. Da schalten wir unmerklich indas Notprogramm zurück, denken an den bevor-stehenden Abend, träumen vielleicht schon einwenig dabei, das Geschwindigkeitsniveau istschon unangemessen hoch, und plötzlich ist espassiert…

Resümee: Zu wenig Reize wirken sich negativauf die Sicherheit aus! Aber zu viele Reize sindauch nicht gut (Yerkes-Dodson Gesetz).

Auch hier gilt es die „Mitte“ zu finden. DieseKenntnisse dürfen Planer nicht einfach ignorie-ren. Sie haben den Verkehrsteilnehmern gegen-über eine große Verantwortung. Einer gutenStraßenraumgestaltung ist eine hohe Bedeutungbeizumessen. Hier ist festzuhalten, dass auf die-sem Gebiet noch viel an Forschungs- und Über-zeugungsarbeit zu leisten ist.

Leider können wir noch so „reizvoll“ gestalten,das alles wird in der Regel nachts nicht gesehenund dann kann es sehr gefährlich werden, dennnachts wird jede Außerortsstraße zum „Unort“.

Auf der Suche nach einem „Ort“, hat jeder Ver-kehrsteilnehmer bei Dunkelheit in der Regelnur einen Wunsch, nämlich so schnell wie mög-lich sein Ziel zu erreichen. Dann können auchBäume am Fahrbahnrand zu einer tödlichen Ge-fahr werden, die wir nicht unterschätzen dürfen.

Das wäre grob fahrlässig, zumal wir wissen,dass sich die Fahrbahndecken immer seltener in

einem optimalen Zustand befinden, die Griffig-keit häufig zu wünschen übrig lässt und auchdie Straßenmarkierung oft nur sehr schlecht zuerkennen ist.

Die Kenntnis von all dem hat dazu geführt, dasssich die Straßenbauverwaltung zunächst nursehr zögerlich mit der 100 Alleen-Initiative derLandesregierung beschäftigt hat. Galt es dochStraßen ausfindig zu machen, für die erstensmöglichst kurzfristig und zweitens durchausguten Gewissens Alleenpflanzungen vorge-schlagen werden konnten. Es sind in der Folgedann aus annähernd 100 Vorschlägen nach Über-prüfung anhand der vorgenannten Aspekte nochrund 35 herausgefiltert worden, die sich für dieAnpflanzung einer Allee eignen.

In fast allen Fällen ist- die Linienführung gestreckt, - die Gradiente gleichmäßig,- das Unfallgeschehen unauffällig. - Grund und Boden gehören der Straßenbau-

verwaltung.- Die Allee passt in die Umgebung.- Eine Geschwindigkeitsbeschränkung ist zu-

mutbar. - Das Gelände ist eben.- Es stehen weder Brücken, Stützwände oder

Lärmschutzanlagen im Weg.- Die Verkehrsbelastung ist relativ niedrig, der

LKW-Anteil gering. - Die Straßen sind zweispurig,- die Knotenpunkte höhengleich, und- die Entwässerung erfolgt über die Damm-

schulter.

Weil der ansonsten erforderliche Grunderwerbentweder nicht durchsetzbar oder nur mit sehr

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Schmidt: ESAB/RPS und Alleenschutz

hohem Aufwand (Zeit und Geld zu bewerkstel-ligen gewesen wäre, werden die Bäume fast aus-nahmslos näher als 4,5 Meter an die Fahrbahnenherangepflanzt! Deshalb muss das Unfallge-schehen auf diesen Streckenabschnitten weiterbeobachten werden.

Noch bevor sich die Bäume für die Verkehrs-teilnehmer zu ernst zu nehmenden Hindernissenentwickelt haben, möchten wir in der Lage sein,gut begründet zu entscheiden, ob an einzelnenStellen nachträglich Schutzeinrichtungen instal-liert werden müssen. Darüber hinaus muss imBereich von Alleen eine besonders auffällige,die Fahrbahnen einengende Markierung aufge-bracht werden, die man vor allem nachts undbei Nässe sehr gut sehen kann. Zudem sollteihre Oberfläche so gestaltet sein, dass beimÜberfahren unangenehme Vibrationen auf dasFahrzeug übertragen werden (Rumble Stripes).

Es ist in verstärktem Maße dafür Sorge zu tra-gen, dass Tempolimits nicht nur per Schild vor-gegeben, sondern auch beachtet werden, zumBeispiel durch Aufbringen von Markierungs-streifen quer zur Fahrbahn, aber auch durchGeschwindigkeitsmessungen.

Schließlich muss auf eine gute Unterhaltungdieser Straßen vor allem im Herbst und imWinter besonderes Augenmerk gelegt werden.

Anschrift des Verfassers

Michael HeinzeMinisterium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-WestfalenJürgensplatz 140219 Düsseldorf

ESAB/RPS und Alleenschutz

Prof. Albert Schmidt

An der Bedeutung von Alleen für das Land-schaftsbild, die Verkehrsführung sowie die öko-logischen und ästhetischen Funktionen und ihreröffentlichen Wertschätzung besteht normaler-weise kein Zweifel. Die Wertschätzung wird je-doch in Frage gestellt, wenn – wie bei Alleenan schnell befahrenen Straßen – der Konfliktzwischen Baumschutz und Schutz der Menschenvor Unfällen zu lösen ist. Seit 1999 erarbeiteteine ad-hoc-Gruppe der Arbeitsgruppe Verkehrs-führung und Verkehrssicherheit bei der For-schungsgesellschaft Straßen- und Verkehrswe-sen (FGSV) Maßnahmen zur Verringerung vonUnfällen mit Aufprall auf Bäumen und der Un-fallfolgen. Nach einem mehr als 6-jährigenArbeits- und Abstimmungsprozess wurden imSeptember 2006 „Empfehlungen zum Schutzvor Unfällen mit Aufprall auf Bäumen“ veröf-fentlicht. Die lange Bearbeitungszeit macht be-reits deutlich, dass den ESAB erhebliche Wider-stände insbesondere von der FLL und der ihrangehörenden 30 Mitgliedsverbände der Grü-

nen Branche sowie von Naturschutz- und Um-weltverbänden entgegengebracht worden sind.

1. Vorgeschichte zur ESAB

Das Bundesverkehrsministerium hatte bereits1992 das von der FGSV erarbeitete Merkblatt„Alleen“ als Ergänzung zu der Richtlinie fürden Ausbau von Bundesfernstraßen herausgege-ben. In den Grundsätzen dieses Merkblatteswurde die Erhaltung und Neupflanzung vonAlleen wegen ihrer landschaftsprägenden undverkehrsführenden Wirkungen sowie der Be-deutung für die regionale Identität als eine vor-dringliche Aufgabe der Straßenbauverwaltun-gen besonders betont. Zur Beherrschung desVerkehrsrisikos wurde empfohlen, bei Sicher-heitsräumen von weniger als 1,25 Meterzwischen Baum und Straßenrand die maximaleHöchstgeschwindigkeit auf 80 km/h zu be-schränken und für Leitplanken einen Abstandvon 1,50 Metern zwischen Fahrbahn und Baum

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Alleen in NRW

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vorzusehen. Der für die Erarbeitung des Merk-blattes zuständige interdisziplinär besetzte Ar-beitskreis „Landschaftsgestaltung“ der FGSVwurde auch später immer wieder vom Bundes-verkehrsministerium (BMV) herangezogen,wenn es um die landschaftliche Einbindung vonStraßen ging.

2. Wie kam es zur ESAB?

Zur großen Überraschung der Verbände wurdenanlässlich des Symposiums, Technische Maß-nahmen gegen Baumunfälle am 27.10.1999ohne jede Vorankündigung der von der FGSVim Auftrag des BMV durch die erwähnte Ad-hoc-Arbeitsgruppe bearbeitete Entwurf einer„Richtlinie zum Schutz gegen Baumunfälle“(RSB) vorgestellt. Wie sich herausstellte, wardie treibende Kraft der Gesamtverband derDeutschen Versicherer (GDV) mit seinem Ver-kehrstechnischen Institut der deutschen Ver-sicherer, der neben der Bundesanstalt für Stra-ßenwesen als Mitveranstalter auftrat. Hinter-grund der RSB waren die seit 1995 von der Po-lizei statistisch erfassten Unfälle mit Aufprallauf Bäumen, die erheblich angestiegen warenund jährlich über 1000 Menschen das Lebenkostete. In den Jahren 2001 bis 2003 verloren4.691 Menschen bei Unfällen mit Aufprall aufBäumen ihr Leben, überwiegend auf Land-straßen und Autobahnen. Mehr als 73.000 Auto-fahrer/innen wurden verletzt. 2003 waren es1480. In der Präambel des RSB-Entwurfes wur-de darauf verwiesen, dass zum Schutz vonMenschen auf Bäume am Straßenrand weitge-hend verzichtet werden sollte. Konkret wurdegefordert

- bei Geschwindigkeiten bis 100 km/h einen Abstand von mindestens 10 Metern und

- bei 70 km/h von mind. 4,50 Metern an der Straße von Baumpflanzungen freizuhalten.

- In Abhängigkeit von der Neigung der Seiten-räume sollten sich die Abstände in Kurven auf20 bis 25 Meter vergrößern

- Nachpflanzungen sollten nur noch 10 Meter versetzt zur vorhandenen Allee erfolgen.

Damit war unseres Erachtens bei Straßen einebaumlose Zukunft zu befürchten.

3. Reaktionen der Verbände auf die RSB

Die FLL-Mitgliedsverbände und viele Natur-schützer reagierten darauf mit massiven Protes-ten. In einer Stellungnahme wurde gefordert,bevor über das Entfernen von Bäumen undAlleen Festlegungen getroffen werden, solltenerst einmal die Begleitumstände näher unter-sucht werden, wie zum Beispiel

- umfassende Untersuchungen der Unfallsitua-tion und der Gefährdungspotentiale auf allenStraßen mit Unfallschwerpunkten

- verstärkter Einsatz von Maßnahmen zur Geschwindigkeitsbeschränkung mit systema-tischer Geschwindigkeitsüberwachung sowie eine systematische Aufklärung und Bekämp-fung des Missbrauchs von Alkohol und Drogen

- Einbau von passiven Schutzmaßnahmen, wobei bauliche und technische Sicherheits-maßnahmen durch Höhenmodellierungen und Gehölzpflanzungen landschaftsverträglich ge-staltet und zur Verbesserung der optischen Verkehrsführung genutzt werden sollten.

Nachdem nicht zu erkennen war, dass sich derBMV bereit finden würde, die RSP im Sinneder Verbände-Stellungnahme umzuarbeiten,veranstaltete im Januar 2002 anlässlich derGrünen Woche in Berlin die FLL unterstütztdurch ihre Mitgliedsverbände sowie von Natur-und Umweltschutzverbänden (BUND, NABU,LNU, SDW) eine Podiumsdiskussion. Sie dien-te im Wesentlichen dazu

- die Öffentlichkeit über die Folgen für Natur und Landschaft durch die ESAB zu informie-ren und die Protesthaltung der für Bäume ein-tretenden Verbände zu verdeutlichen sowie

- die kontroversen Meinungen zwischen den Parteien auszutauschen und nach Lösungs-möglichkeiten zu suchen.

An der Podiumsdiskussion nahmen die Staats-sekretäre des Bundesverkehrsministeriums unddes Umweltministeriums Mecklenburg-Vor-pommern, Vertreter der Versicherungswirtschaft,der Straßenbauverwaltung, der Verkehrswissen-schaften, des ADAC und der FLL teil.Die Veranstaltung war insoweit ein Erfolg, als

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Schmidt: ESAB/RPS und Alleenschutz

der BMV die ad-hoc-Arbeitsgruppe anschlie-ßend bat, den RSB-Entwurf 2000 unter Beteili-gung der Verbände und des Naturschutzes zuüberarbeiten.

4. Mitwirkung der Verbände bei der Über-arbeitung

In 2002 legte die FLL einen mit den Verbändenüberarbeiteten neuen Entwurf vor und brachteihre Vorschläge in mehreren Abstimmungsge-sprächen in die ad-hoc-Gruppe ein. Die kon-struktiven Gespräche führten zur

- Abänderung der irreführenden Bezeichnung „Richtlinie zum Schutz gegen Baumunfälle“(RSB) in „Empfehlungen zum Schutz vor Unfällen mit Aufprall auf Bäumen“ (ESAB)

- positiven Darstellung der Funktionen und der Bedeutung von Alleen

- Untersuchung der tatsächlichen Ursachen für den Aufprall auf Bäumen und Ermittlung derUrsachen für gehäufte Unfälle

- Zusammenstellung von baulichen, verkehrs-technischen und verkehrserzieherischen Maß-nahmen zur Problemlösung

- und besonders wichtig: Entfernen von Bäu-men als letztes Mittel, wenn alle anderenMaßnahmen nicht greifen.

- Umstritten blieben die zwar reduzierten Ab-standswerte gegenüber denen der RSB; 4,50 Meter wurden jedoch für kaum realisier-bar eingeschätzt, selbst bei Anlage von Rad-und Fußwegen in den Zwischenräumen.

Eine weitere Beteiligung der FLL erfolgte bis2006 nicht, obwohl auch 2004 und Anfang2006 neue ESAB-Entwürfe im Rahmen derRessortabstimmungen und Länderbeteiligungentstanden waren.Alle FLL-Präsidentenschreiben an die Bundes-verkehrsminister Bodewig und später Tiefenseemit der Bitte um Information über den Sach-stand und das weitere Bearbeitungsverfahrenblieben leider ohne Antworten.Unterstützung erhielten die Verbände jedochdurch den damaligen Bundesumweltminister,der 2003 die Auffassung bekräftigte, dass dieunumgängliche Reduzierung der hohen Zahlder Verkehrstoten detailliertere Auswertungendes Unfallgeschehens erforderlich machten und

das Entfernen von Bäumen das letzte Mittelsein müsste.Auch der 41. Deutsche Verkehrsgerichtstag2003 in Goslar stellte heraus, dass dem beson-deren Gefährdungspotential von Alleen durchangepasste Geschwindigkeitsbegrenzung undbei Unfallschwerpunkten mit zusätzlichen pas-siven Schutzeinrichtungen zu begegnen wäre.

5. Inhalt der ESAB 1) von September 2006

Die ESAB enthält vier Kapitel. In Kapitel 1werden in der Einführung das Ziel und die ausden Unfällen mit Aufprall auf Bäumen zu zie-henden Folgerungen behandelt. In einer Tabellewerden die Unfälle mit und ohne Aufprall aufHindernisse sowie alle Unfälle gegenüberge-stellt, die 2003 auf Autobahnen, Landstraßenund Innerortsstraßen passiert sind. Bei den Hin-dernissen verursachen auf Landstraßen Bäumeund auf Autobahnen Widerlager die meistenUnfälle. Im Ergebnis ergab eine Auswertung,dass das Unfallrisiko auf Landstraßen über 5mal und auf Autobahnen über 4 mal höher istals bei hindernisfreien Seitenräumen. Schutz-einrichtungen mindern Unfälle mit Todesfolgeauf Landstraße um etwa 60 Prozent und aufAutobahnen um cirka 70 Prozent.

Aus dem Unfallgeschehen wird die Folgerunggezogen, dass die unfallauffälligen Bereicheermittelt werden müssten, damit gezielt Maß-nahmen zur Vermeidung von Unfällen bezie-hungsweise zur Verminderung des Unfallrisikosergriffen werden könnten. Darüber hinaus wärendie eigentlichen Unfallursachen, wie etwa über-höhte Geschwindigkeit, Alkohol- und Drogen-konsum und so weiter durch ortsbezogene In-formationen gezielt zu bekämpfen.

Das Kapitel 2 „Auffinden von auffälligen Be-reichen“ befasst sich mit der Auswertung vonUnfalltypen-Steckkarten mit einer SonderkarteUnfälle mit Aufprall auf Bäumen auf der Grund-lage von Unfallanzeigen der Polizei. Als Er-fassungszeiträume werden je nach Schwere derFälle 1 bis 3 Jahre und für Unfälle durch Auf-prall auf Bäume 5 Jahre empfohlen. Hierbeiwerden unfallauffällige Bereiche durch das Fest-stellen der Unfallhäufigkeit an einer Stelle oderauf einer 1 km langen Linie definiert. Bei meh-

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Alleen in NRW

33NUA-Heft Nr. 22

reren auffälligen Bereichen mit Unfällen, die inkurzer Zeit mit Maßnahmen nicht entschärft wer-den können, werden Rangfolgen vorgeschlagen.

In Kapitel 3 wird ein Bündel von Maßnahmenzur Verringerung von Unfällen mit Aufprall aufBäumen und der Unfallfolgen vorgestellt. Eshandelt sich um bauliche, betriebliche, straßen-verkehrsrechtliche Maßnahmen, Maßnahmenzur Verkehrsüberwachung und um eine Kombi-nation mehrerer Maßnahmen. Hierbei wird dar-auf hingewiesen, dass ein griffiger Straßenbelag,das Absenken der Höchstgeschwindigkeit, einordnungsgemäßer Winterdienst oder die Instal-lation von mobilen und ortsfesten Geschwindig-keitsüberwachungsanlagen das Unfallrisiko er-heblich vermindern würden.

Wenn all diese Maßnahmen nicht greifen, wirdempfohlen, die Herausnahme einer Straße auseiner repräsentativen Allee durch netzplanerischeÜberlegungen und Umlenken der Hauptverkehrs-ströme zu prüfen.

Das Unterkapitel „Entfernen von Bäumen“ wirdmit einer Beschreibung der Bedeutung von Bäu-men, deren mögliche Schutzkategorien und denAnforderungen der naturschutzrechtlichen Ein-griffsregelung eingeleitet. Wenn die anderenMaßnahmen des Kapitels 3 das Unfallgeschehennicht wesentlich verbessern können, ist unterBeteiligung der Landschaftsbehörden über dasEntfernen von Bäumen zu entscheiden.

Schließlich wird empfohlen, durch eine gezielteÖffentlichkeitsarbeit die Akzeptanz von Maß-nahmen gegen Unfälle mit Aufprall auf Bäumenzu verbessern und die Wirksamkeit der ergrif-fenen Maßnahmen durch eine regelmäßige Wir-kungskontrolle zu überprüfen.

In Kapitel 4 geht es um Pflanzungen an bestehen-den Straßen und Baumabstände zum Straßen-rand. Bei Neupflanzungen sind dies 4,50 Meter,wobei Schutzeinrichtungen immer dann vorzu-sehen sind, wenn sich nach der Pflanzung Un-fälle häufen. Bei Platzmangel wird ein Abstandvon mindestens 3 Metern empfohlen, jedochimmer mit Schutzeinrichtungen.

Nachpflanzungen von Alleen und einseitigen

Baumreihen mit einer gesicherten Lebenserwar-tung von mehr als 10 Jahren können bei Baum-lücken bis etwa 100 Meter in der vorhandenenBaumflucht erfolgen. Bei größeren Lücken wirdempfohlen, Nachpflanzungen mindestens 4,50Meter versetzt zur vorhandenen Allee durchzu-führen.

Alle Maßnahmen sollten rechtzeitig zwischender Straßenbauverwaltung und den Land-schaftsbehörden abgestimmt werden.

6. Deutliche Verbesserungen der ESAB 2006 gegenüber der RSB

Die veröffentlichten ESAB unterscheiden sichdeutlich von dem Entwurf, der 2002 in Berlinzu der erwähnten Protestaktion geführt hat. Be-sonders hervorzuheben ist die konkrete Auswer-tung von „Abkommensunfällen“ insbesondereauf Landstraßen sowie die Führung von Son-derkarten über Unfälle mit Aufprall auf Bäu-men, um die kritischen Bereiche im Straßennetzzu ermitteln.

Das vorgestellte Maßnahmenbündel zur Verrin-gerung von „Abkommensunfällen“ beinhalteteinen Abwägungsprozess, um das Unfallge-schehen zu verbessern bezeihungsweise dasUnfallrisiko zu vermindern. Damit wird sicher-gestellt, dass das Entfernen von Bäumen nurdann zu erwägen ist, wenn alle anderen Maß-nahmen nicht zum Erfolg führen. Dazu gehörtjetzt auch das Herausnehmen einer Straße auseiner repräsentativen Allee.

Nach wie vor Kritikpunkte bleiben die Ab-standswerte. Um noch Bäume pflanzen zu kön-nen, erfordern sie die Bereitschaft von denGrundeigentümern, die benötigten Flächen zuverkaufen. Darüber hinaus entstehen zusätzlichehohe Grunderwerbskosten, die bei knappenöffentlichen Mitteln in der Regel nicht aufge-bracht werden. Eine Enteignung der für Bäumenotwendigen Grundstücke dürfte ausscheiden.Bei Baumabständen von 4,50 Meter wird auchein Kronenschluss nicht zu erwarten sein. DasArgument, ein Baumabstand von 4,50 Meterwürde die Straßenunterhaltung erleichtern undBäume vor Streusalz schützen, ist ein Scheinar-gument, da die Abstandswerte dazu führen wer-

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NUA-Heft Nr. 2234

Schmidt: ESAB/RPS und Alleenschutz

den, dass nur noch selten Bäume dort gepflanztwerden.

Der Hinweis in den ESAB, dass nicht alle Aus-sagen von sämtlichen Mitgliedern der ad-hoc-Gruppe geteilt werden, verdeutlicht die Kom-plexität des Problems.

7. Wie kann auf die ESAB reagiert werden?

Das Bundesverkehrsministerium hat mit einemAllgemeinen Rundschreiben vom 18.09.2006an die obersten Straßenbaubehörden über dieVeröffentlichung der ESAB informiert und da-bei Formulierungen gewählt, die für die ober-sten Straßenbaubehörden Ermessensspielräumeeröffnen. Das BMV bat darum, die ESAB 2006für Bundesstraßen anzuwenden, und empfahlden obersten Straßenbaubehörden der Länder,im Interesse einer einheitlichen Vorgehensweisesie auch für Straßen in ihrem Zuständigkeits-bereich zu beachten. Die FLL hat deswegen so-wohl den Landesverkehrs- als auch den Um-weltminister von NRW gebeten, die Abstands-werte nicht automatisch zu übernehmen, son-dern als Maßstab für den Baumabstand die Un-fallhäufigkeit beziehungsweise das Unfallrisikobei schnell befahrenen Straßen unter Einbezieh-ung von Geschwindigkeitsbeschränkungen zu-grunde zu legen.

Auf der DBU-Alleentagung am 16.11.2006 inOsnabrück berichtete der Vertreter von Meck-lenburg-Vorpommern, dass dort die Abstands-werte bis auf 1.50 Meter reduziert werden können.

Darüber hinaus halten wir den Aufbau einesAlleenkatasters für Straßen aller Kategorien fürerforderlich, in dem Aussagen über Zustand,Alter, Lebenserwartung, Bedeutung für die Ver-netzung und Qualität der Allee dargestellt wer-den. Ein solches Alleenkataster sollte künftigdie Grundlage für ein landesweites Alleenpro-gramm für Nachpflanzungen sein, das nach re-gional und überregional bedeutsamen Alleenunterscheidet, um für Nachpflanzungen Priori-täten setzen zu können. Ein systematischesMonitoring sollte dafür sorgen, dass regelmäßigdie Qualität der Bäume in Abhängigkeit ihrerEntwicklung und dem Unfallgeschehen kontrol-

liert werden. Die 100-Alleen-Initiative NRWsollte in ein landesweit angelegtes Alleenpro-gramm integriert werden.

Alleenkataster und Alleenprogramm wärengleichzeitig eine wichtige Entscheidungsgrund-lage für die Herausnahme des Verkehrs auseiner besonders sehenswerten und repräsentati-ven Allee.

8. Umdenken bei der Planung von Neubau und Ausbau

Die ESAB behandeln nicht Neu- und Ausbauvon Straßen. Dennoch werden hoffentlich auchbei neuen Straßen auf der Grundlage von Plan-feststellungsverfahren in Verbindung mit dernaturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Bäu-me gepflanzt werden. Ihre Abstände werdenjedoch sicherlich 4.50 Meter nicht unterschrei-ten. Um dem Anliegen von Verkehrssicherheitund Landschaftsbildgestaltung mit Einbindungder Straße in die Landschaft zu entsprechen,wird empfohlen, aus landschaftlicher Sicht regi-onaltypische Leitbilder für Alleen in dieStraßenplanung zu integrieren. Für ihre Ent-wicklung sind die landschaftlichen Charakteris-tika, die Straßenführung mit Anlagen zur Min-derung des Unfallrisikos und die Chancen fürden Grunderwerb von bepflanzten Seitenräu-men einzubeziehen.

Darüber hinaus sind für Neu- und Ausbau vonStraßen neue Formen der Bepflanzung für dieSeitenräume mit größeren Baumabständen undGehölzstrukturen zu diskutieren, die gleichzei-tig der Feinstaubbindung dienen. Ebenso isteine der Straßenführung angepasste Gelände-modellierung als Sicherheitsfaktor mit einzube-ziehen.

9. Aktionen zur Förderung von Alleen

Die aus Gründen der Verkehrssicherheit zu er-wartenden Einschränkungen bei der Anlageneuer Alleen und dem Nachpflanzen zurLückenschließung von Alleen, vor allem beischnell befahrenen Straßen, erfordern die Aus-nutzung aller Möglichkeiten zur Belebung derLandschaft durch Aktionen zur Förderung vonAlleen.

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Alleen in NRW

35NUA-Heft Nr. 22

Die in den Jahren 2004 und 2005 durchgeführteAktion „Allee des Monats“, die von der FLLbegleitet wurde, hat Politik und Öffentlichkeitauf die Bedeutung von Alleen an Straßen unddie Konsequenzen der ESAB hinweisen wollen.Eine dieser pressewirksam durchgeführten Akti-onen galt der Poppelsdorfer Allee in Bonn, ander der damalige Oppositionsführer der CDUund heutige Ministerpräsident Dr. Rüttgers teil-genommen hatte. Der mit seinem Büro danachvon der FLL geführte Schriftverkehr hat sicher-lich mit dazu beigetragen, dass die „100-Alleen-Initiative NRW“ Eingang in die Koalitionsver-einbarung der neuen Landesregierung gefundenhat.

Wo ginge es besser, neue Alleen zu pflanzenoder Lücken in bestehenden Alleen zu schlie-ßen, als entlang von Straßen aller Klassifizie-rungen. Dass hierbei auch Gesichtspunkte zurMinderung des Unfallrisikos zu berücksichtigensind, sollte selbstverständlich sein.

In den neuen Bundesländern hat die Versiche-rungswirtschaft in Brandenburg im LandkreisHavelland das Modell einer Radallee nach demPrinzip „Alleen ohne Autos“ entwickelt. AufFeld-, Wander-, Rad- oder Reitwegen ohne Kfz-Verkehr sollen die Alleen gepflanzt werden. Obdieser Kompromiss dem Anliegen von Natur-schutz und Landschaftspflege in allen PunktenRechnung trägt, bleibt abzuwarten.

10. Wird die RPS die ESAB ersetzen?

Seit 1989 gibt es die „Richtlinie für den passi-ven Schutz von Straßen durch Fahrzeug-Rück-haltesysteme“ (RPS)2). Sie wurde 2001 überar-beitet und befindet sich zurzeit erneut in derÜberarbeitung. Der FLL ist es trotz mehrererAnfragen beim Bundesverkehrsministerium undder FGSV nicht gelungen, die Ziele der Überar-beitung zu erfahren. Gemunkelt wird, dass dieRPS die ESAB ersetzen soll.Die RPS behandelt Einsatzkriterien und Anfor-derungen an Fahrzeug-Rückhaltesysteme allerArt. Sie enthält auch an Gefährdungsstufen ori-entierte Baumabstände, die sich zwischen 4.50Meter für Baumpflanzungen an geraden Strek-ken und 12 Meter für Baumpflanzungen an kri-tischen Bereichen bewegen.

Die RPS ist überwiegend technisch ausgerichtetund enthält eine mit der ESAB nicht vergleich-bare Systematik. Als Richtlinie schränkt sie denErmessensspielraum deutlich ein, der für dieESAB möglich ist.

Auch würde ein Aufgreifen der in den ESABenthaltenen differenzierten Empfehlungen fürMaßnahmen zur Verringerung von Unfällen mitAufprall auf Bäumen und der Unfallfolgen, diein Abwägungsschritten abzuarbeiten sind, einvölliges Umarbeiten der RPS erfordern. Ich be-fürchte, dass die RPS den Schutz und die Ent-wicklung von Alleen erheblich verschlechternkönnte, weil sie sich an den ersten Entwürfender ESAB orientieren wird.

Die ESAB erfordern ein Umdenken beimSchutz und bei der Entwicklung von Alleen mitneuen Anforderungen an die Planungsvorberei-tung und Abwägungsentscheidungen. Damitdies gelingen kann, ist eine enge Zusammen-arbeit zwischen Straßenbauverwaltung und denLandschaftsbehörden unter Beteiligung der Ver-bände unverzichtbar.

Literaturverzeichnis

1) Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Arbeitsgruppe Verkehrsfüh-rung und Verkehrssicherheit (2006) „Empfehlungen zum Schutz vor Unfällen mit Aufprall auf Bäume (ESAB)

2) Forschungsgesellschaft für Straßen und Ver-kehrswesen, Arbeitsausschuss Verkehrs-zeichen und Verkehrseinrichtungen (2001) „Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme (RPS).

Anschrift des Verfassers

Prof. Albert SchmidtForschungsgesellschaft Landschafts-entwicklung Landschaftsbau e.V. (FLL)Colmantstr. 32 53115 Bonn

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Leser: Förderung und Umsetzung

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Leser: Förderung und Umsetzung

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Leser: Förderung und Umsetzung

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Alleen in NRW

41NUA-Heft Nr. 22

Fördereckpunktedes Ministeriums für Umwelt und Naturschutz,

Landwirtschaft und Verbraucherschutzdes Landes Nordrhein-Westfalen (MUNLV)

vom 30.08.2006 –III-6-618.01.03.00-über die Gewährung von Zuwendungen zu Maßnahmen

im Rahmen des 100-Alleen-Programmsdes Landes Nordrhein-Westfalen

1Zuwendungszweck, RechtsgrundlagenAlleen haben nicht nur historischen und ästhetischen Wert, sondern übernehmen auch vielfältige ökologische Funktionen. Die Laub- und Biomasse führt zu einer Verbesserung der kleinklimatischenSituation. Als lineare Vernetzungselemente leisten Alleen einen Beitrag zum Biotopverbund und prägen das Landschaftsbild und die Kulturlandschaft entscheidend mit.

Die Landesregierung hat mit Beschluss vom 4.11.2005 das 100-Alleen-Programm beschlossen.Dieses sieht die Anpflanzung von 100 Alleen in ganz Nordrhein-Westfalen vor.

Das Land gewährt nach Maßgabe dieser Fördereckpunkte und der Verwaltungsvorschriften zu § 44Landeshaushaltsordnung (LHO) Zuwendungen zur Umsetzung des 100-Alleen-Programms. Auf dieFörderung besteht kein Rechtsanspruch. Die Bezirksregierungen als höhere Landschaftsbehörden(Bewilligungsbehörden) entscheiden nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen verfügbarerHaushaltsmittel. Grundlage für die Verteilung der verfügbaren Haushaltsmittel sind die von denBezirksregierungen vorzulegenden Prioritätenlisten.

Bei der Umsetzung des 100-Alleen-Programms wird die Anwendung der „Empfehlungen für Baum-pflanzungen Teil 1 – Planung, Pflanzarbeiten und Pflege“ der Forschungsgesellschaft Landschafts-entwicklung/Landschaftsbau e.V. (FLL), Colmantsstraße 32, 53115 Bonn, empfohlen.

Mit einer Förderung errichtete Alleen sind gemäß § 47 Abs. 1 Landschaftsgesetz (LG) gesetzlichgeschützte Landschaftsbestandteile.

2Gegenstand der FörderungGefördert werden:2.1Die Neuanlage, Ergänzung und Wiederherstellung von Baumalleen entlang von Kreis- undGemeindestraßen, Wirtschaftswegen und Rad- und Wanderwegen.

2.2Die sich anschließende 3-jährige Herstellungspflege.

2.3Bei Zuwendungsempfängern nach Nr. 5.1 Grunderwerb, soweit er für die Umsetzung der Maßnahmenotwendig ist. Die Notwendigkeit des Grunderwerbs ist aktenkundig zu machen.

2.4Bei Zuwendungsempfängern nach Nr. 5.1 kann anstelle des Grunderwerbs auch eine kapitalisierteEntschädigungsleistung oder kapitalisierte Pacht gefördert werden.

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Leser: Fördereckpunkte

3Besondere Förderbestimmungen3.1Die Alleenmindestlänge soll 300 m in der Regel nicht unterschreiten.

3.2Anzupflanzen sind standortgerechte und einheimische Baumarten. Aus Verkehrssicherungsgründenwerden entlang von Kreis- und Gemeindestraßen Baumalleen aus Obstbäumen nicht gefördert.

3.3Der Pflanzabstand zwischen den Bäumen soll unter Berücksichtigung des Wuchsverhaltens der jeweiligen Baumart 10-15 m betragen; bei Obstbäumen mindestens 7 m.Der Pflanzabstand der Bäume zum Straßenkörper richtet sich nach den geltenden Rechtsvorschriften.

3.4Eine einseitige Straßenbepflanzung kann gefördert werden, wenn bereits eine Baumreihe besteht undhierdurch eine Allee entsteht.

3.5PflanzengrößeBei den Pflanzen soll es sich um 3x verpflanzte Hochstämme mit einem Kronenansatz von minde-stens 2,20 m und einem Stammumfang von 16-18 cm (gemessen in 1,0 m Höhe) handeln.

3.6Als Ergänzungspflanzung gilt der Lückenschluss von bestehenden Baumalleen durch einzelne Bäu-me, wenn durch die Neuanpflanzung die bestehende Allee um mindestens ein Drittel ergänzt wirdund das Erscheinungsbild der Allee nicht durch eine zu starke Ungleichaltrigkeit gestört wird.

3.7Gefördert werden auch Baumalleen, die als Planung in rechtskräftigen Landschaftsplänen festgesetztsind. Dies gilt nicht, wenn für diese bereits eine Bewilligung nach der Förderrichtlinie Naturschutz(FöNa) erteilt wurde.

4FörderausschlussNicht zuwendungsfähig sind:4.1Personal- und Sachausgaben von Gemeinden und Gemeindeverbänden als Zuwendungsempfänger.

4.2Unbare Eigenleistungen von natürlichen Personen als Zuwendungsempfängerin oder Zuwendungs-empfänger.

4.3Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen im Sinne der §§ 4 bis 6 LG und sonstige Maßnahmen, die Dritteaus gesetzlicher, vertraglicher oder sonstiger Verpflichtung durchzuführen haben.

4.4Grunderwerb, Entschädigungsleistungen und Pacht für im öffentlichen Eigentum stehendenGrundbesitz.

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Alleen in NRW

43NUA-Heft Nr. 22

4.5Maßnahmen, die auf der Grundlage des Fördertatbestandes anderer Förderrichtlinien oder –erlassegefördert werden können.

5Zuwendungsempfängerin/ZuwendungsempfängerZuwendungsempfängerin oder Zuwendungsempfänger sind5.1Gemeinden und Gemeindeverbände

5.2Natürliche Personen und juristische Personen des Privatrechts

6Zuwendungsvoraussetzungen6.1Zuwendungen dürfen nur bewilligt werden, wenn die öffentlich-rechtlichen bzw. privatrechtlichenVoraussetzungen für eine langfristige oder dauerhafte Sicherung des Zuwendungszwecks gewähr-leistet sind.

7Art und Umfang, Höhe der Zuwendung7.1Zuwendungsart: Projektförderung

7.2Finanzierungsart: Anteilsfinanzierung Als kommunaler Eigenanteil im Rahmen der Förderung nach diesen Fördereckpunkten könnenErsatzgelder nach § 5 Abs. 3 LG verwendet werden.

7.3Form der Zuwendung: Zuschuss/Zuweisung

7.4Zuwendungshöhe: bis zu 80 % der zuwendungsfähigen Ausgaben.

7.5Bagatellgrenze:

7.5.1Bei Zuwendungsempfängern nach Nr. 5.1: 12.500 Euro

7.5.2Bei Zuwendungsempfängern nach Nr. 5.2: 2.000 Euro

7.6Bemessungsgrundlage

7.6.1Die Zuwendungshöhe bemisst sich bei der Anpflanzung von Baumalleen nach den Ausgaben für- Pflanzmaterial und Pflanzarbeiten

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Leser: Fördereckpunkte

- Baumverankerung- ggf. Bodenverbesserungsstoffe.

Der Höchstbetrag der zuwendungsfähigen Kosten liegt bei 300 Euro pro Baum, incl. Baumveranker-ung, Bodenverbesserungsstoffen und Herstellungspflege.

7.6.2Bemessungsgrundlage beim Grundstückserwerb ist der Kaufpreis, jedoch höchstens der Verkehrswert.Zu den zuwendungsfähigen Nebenkosten des Grunderwerbs gehören Notar- und Umschreibungs-kosten, Grunderwerbsteuer und die Vermessungskosten beim Teilflächenerwerb.

7.6.3Kapitalisierte Entschädigungsleistungen und kapitalisierte Pachtzahlungen nach Nr. 2.4 dürfen unterZugrundelegen der ortsüblichen Höhe 75 v.H. des Verkehrswertes der in Anspruch genommenenFlächen nicht überschreiten.

7.6.4Zweckgebundene Spenden können bei der Bemessung der Zuwendung als Einnahmen außer Betrachtbleiben, soweit der Zuwendungsempfängerin/dem Zuwendungsempfänger ein aus eigenen Mitteln zuerbringender Eigenanteil i.H.v. 10 % der zuwendungsfähigen Gesamtausgaben verbleibt.

8Sonstige Zuwendungsbestimmungen8.1Zweckbindungsfrist

8.1.1Die Zuwendungsempfängerin/der Zuwendungsempfänger ist zum Erhalt und zur Pflege derAnpflanzungen für die Dauer von 25 Jahren zu verpflichten.

8.1.2Bei Grunderwerb ist die Zweckbindung zeitlich unbegrenzt.8.1.3Bei kapitalisierten Entschädigungsleistungen und bei der Anpachtung von Grundstücken/Teilflächenin Form der Kapitalisierung beträgt die Zweckbindung mindestens 25 Jahre.

8.2Bei Grunderwerb aus Mitteln des Landes sowie kapitalisierten Entschädigungsleistungen sind dieEinschränkungen der Nutzungsbefugnis des Eigentümers/der Eigentümerin durch Eintragungen imGrundbuch (beschränkt persönliche Dienstbarkeit) zu sichern. Eine Nutzungsänderung oder Ver-äußerung ist nur mit Zustimmung der höheren Landschaftsbehörde zulässig.

8.3Ausnahmen von den Bestimmungen der Nummern 2 – 8 der Fördereckpunkte bedürfen der Zu-stimmung des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen.

9Verfahren9.1Antragsverfahren

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Alleen in NRW

45NUA-Heft Nr. 22

9.1.1Anträge sind bei den höheren Landschaftsbehörden unter (sinngemäßer) Verwendung des Grund-musters 1 zu Nummer 3.1 VVG zu § 44 LHO zu stellen.

9.1.2Dem Antrag sind beizufügen:

-Lageplan oder Kartenausschnitt-Kostenberechnung bzw. Kostenvoranschlag-ggf. Objektpläne-ggf. Nachweis des Nutzungsrechts-ggf. behördliche Zulassungen

9.2BewilligungsverfahrenBewilligungsbehörden sind die Höheren Landschaftsbehörden. Bei der Bewilligung der Mittel ist dasGrundmuster 2 zu Nummer 4.1 VVG zu § 44 LHO (sinngemäß) zugrunde zu legen.

9.3Anforderungs- und AuszahlungsverfahrenFür das Anforderungs- und Auszahlungsverfahren gelten die ANBest-P/ANBest-G.

9.4VerwendungsnachweisverfahrenDer Verwendungsnachweis ist für den gemeindlichen Bereich nach dem Grundmuster 3 zu Nummer10.3 VVG zu § 44 LHO zu führen. Für den außergemeindlichen Bereich findet das Grundmustersinngemäß Anwendung.

9.5Zu beachtende VorschriftenFür die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und diePrüfung der Verwendung und die ggf. erforderlich Aufhebung des Zuwendungsbescheides und dieRückforderung der gewährten Zuwendung gelten die VV/VVG zu § 44 LHO, soweit nicht in diesenFördereckpunkten Abweichungen zugelassen worden sind.

10In-Kraft-TretenDiese Fördereckpunkte treten mit sofortiger Wirkung in Kraft. Sie sollen durch eine Förderrichtlinieabgelöst werden.

Anschrift des Verfassers

Hans LeserMinisterium für Umwelt und Naturschutz,Landwirtschaft und Verbraucherschutz desLandes Nordrhein-WestfalenSchwannstr. 340476 Düsseldorf

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NUA-Heft Nr. 2246

Nicht nur Informationsmaterial wurde von denUmwelt- und Naturschutzinitiativen bei denKollegenverbänden im Westen angefordert, unüberhörbar war vor allem der Wunsch nachkonkreten Hilfen zum Schutz der Alleen inMecklenburg-Vorpommern, Brandenburg,Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen.

Und diese Aufforderungen erreichten nicht nurdie Verbände, sondern auch die Automobil-clubs, insbesondere Europas mitgliederstärk-sten, den ADAC mit seinerzeit über vierzehnMillionen Mitgliedern im nunmehr vereinigtenDeutschland.

Konsequenterweise wurden folgende Schritteeingeleitet:

- Herbst 1991 Kooperation der Schutzgemein-schaft Deutscher Wald (SDW) mit dem ADACund Einrichtung eines "Alleen-Alarm-Telefons"in der Bundesgeschäftsstelle der SDW in Bonn, über das konkrete Hilfen zum Schutz der Alleen angefordert werden konnten,

- September 1992 Gründung der Arbeitsgemein-schaft Deutsche Alleenstraße e.V. (ARGE) mit den Gründungsmitgliedern ADAC, SDWund einer Reihe von Tourismusverbänden im Ostseebad Sellin,

- 03. Mai 1993 Einweihung des ersten Teilab-schnittes von Sellin nach Rheinsberg in Brandenburg und

- schrittweise Fertigstellung weiterer Teilab-schnitte in die Freistaaten Sachsen und Thüringen und von dort durch die Bundes-länder Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz bis zur Bodenseeinsel Reichenau in Baden-Württemberg.

Grundlage der Ausweisung der Streckenabschnit-

te der Deutschen Alleenstraße waren umfang-reiche Kartierungsarbeiten auf einer Strecken-länge von rund 2.500 Kilometer - zumeist durchFachpersonal aus den Landesgeschäftsstellender Schutzgemeinschaft Deutscher Wald sowiemit Hilfe von AB-Kräften und mit finanziellerUnterstützung der Bundesanstalt für Arbeit.

In diesem Zusammenhang muss sicherlich auchder Frage nachgegangen werden, warum be-stimmte Bundesländer seinerzeit nicht in denStreckenverlauf der Deutschen Alleenstraßeaufgenommen wurden:

Erste Priorität hatte ohne Zweifel das Vorhan-densein von Alleen oder zahlreicher Straßen-bäume oder aber - dies muß selbstkritisch ein-gestanden werden - fehlende Aktivitäten bezie-hungsweise Erkenntnisse im Bereich des Natur-schutzes, was die Wichtigkeit der Aufgaben-stellung anbelangt, oder aber die fehlende Ein-sicht, dass die zweifellos vorhandene Koopera-tionsbereitschaft des ADAC mit dem erklärtenWillen die Alleen zu schützen, einer Änderungder Grundhaltung des Automobilclubs ent-sprach, den man in Naturschutzkreisen fälsch-licherweise immer noch mit dem Motto "freieFahrt für freie Bürger" identifizierte.

In der Chronologie nachzutragen ist, dass dieARGE im Jahr 1995, dem "Europäischen Na-turschutzjahr", vom Bundespräsidenten für ihrAlleen-Schutzprojekt mit einer Anerkennungs-urkunde ausgezeichnet wurde.

Von Beginn an übernahm die SDW in der ARGEden Part der fachmännischen Begutachtung undPflege der Teilabschnitte, organisierte eine Viel-zahl von Schutzmaßnahmen und bediente sichzu diesem Zweck eines hauptamtlichen Mitar-beiters, dem sogenannten "Alleen-Koordinator",mit Dienstsitz in Duderstadt im Eichsfeld.

Die Deutsche Alleenstraße

Die Deutsche Alleenstraße als Beitrag zum Schutz einzigartiger Landschaftsbestandteile undzur Förderung eines naturverträglichen Tourismus, insbesondere im Verkehrsbereich aufKosten unverzichtbarer schutzwürdiger Landschaftsbestandteile und insbesondere der Alleen.

Bernd Krebs

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Alleen in NRW

47NUA-Heft Nr. 22

Im Einzelnen handelte es sich um folgende Funk-tionen, die auch Aktivitäten im touristischenBereich beinhalten:

- Nachpflanzaktionen in lückenhaften Allee-beständen und die Suche nach Sponsoren,

- Erstellung von Beratungsmaterial, Druck-schriften etc.

- Beschreibungen, Texte, Karten,- Erstellung buchbarer touristischer Angebote,- Erstellung einer Homepage zum Herunter-

laden von Karten im PDF-Format etc. (www.deutsche-Alleenstraße.de) oder bei

- ADAC-Online in der Rubrik "Reiseservice, Freizeit, Wochenende.

Nun aber gilt es, die bekannteste deutsche Fe-rienstraße "touristisch zu erschließen".

Anlässlich ihrer Mitgliederversammlung im Juli2006 in München hat die ARGE beschlossen,nunmehr die touristischen Aspekte der Deut-schen Alleenstraße in den Mittelpunkt ihrer Ar-beit zu stellen, denn die Ferienstraße lebt vonihrer Heterogenität.

Der Begriff "nachhaltiger und sozialverträglcherTourismus" wird die Arbeit der fast 30 Mit-gliedsverbände der ARGE, unter ihnen die LNU,prägen.

Folgende Stichworte sollten in diesem Zusam-menhang erwähnt werden:

- touristisches Marketing und Angebote für erlebnisreiche Aktivitäten

- themenbezogen Events- Angebote für Wanderer und Radfahrer -

Stichwort: Übernachtungsmöglichkeiten- Schaffung eines ökologischen Reiseführers- Durchführung eines Marketing-Workshops

mit den Tourismusverbänden- Übernahme von Patenschaften über Teilab-

schnitte der Alleenstraße (s. Sponsoring).

Die Deutsche Alleenstraße vernetzt mit einer der-zeitigen Streckenführung von rund 2.500 Kilo-metern einzigartige Kultur- und Naturlandschaf-ten, in denen der umweltverträgliche Tourismusein wichtiges wirtschaftliches Standbein ist.

Von daher soll die Alleenstraße ihren "Durch-fahrtcharakter" verlieren und dazu verlocken,an dem einen oder anderen Ort länger zu ver-weilen, d.h. es wird eine ökologische Alterna-tive zum "reinen Autourlaub" geschaffen, wasmit der Einbindung öffentlicher Verkehrsmittel,insbesondere der Bahn, möglich ist.

Diesem Ziel dient der in der Entstehung begrif-fene "ökologische Reiseführer", der mit finan-zieller Unterstützung der Deutschen Bundes-stiftung Umwelt (DBU) entstehen soll.

Die Deutsche Alleenstraße hat in der Koopera-tion des Automobilclubs ADAC mit dem Natur-schutzverband SDW und einer Reihe von Tou-rismusverbänden eine zukunftsgerichtete Per-spektive mit dem erklärten und lohnenden Zieldes Erhaltes und des Schutzes einmaligerAlleen in allen Teilen Deutschlands - nicht zu-letzt für künftige Generationen.

Anschrift des Verfassers

Bernd KrebsVorstand der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Alleentraße/ARGELindenbaumstr. 7142659 Solingen

Foto: M. Wengelinski

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Vorbemerkung

Im Zuge des vom NRW-Umweltministeriumgeförderten und in Kooperation mit der For-schungsgesellschaft LandschaftsentwicklungLandschaftsbau (FLL) durchgeführten Alleen-Projektes der LNU gelang es, das allgemeineBewusstsein für die Schutzwürdigkeit vonAlleen und Baumreihen in Nordrhein-Westfalenzu stärken und zu wecken. Besonders im Rah-men der zahlreichen Präsentationstermine„Alleen des Monats“ äußerten zahlreiche Betei-ligte den Wunsch nach einer Anbindung Nord-rhein-Westfalens an die Deutsche Alleenstraße.Daher erging an die LNU für die zweite Phasedes Förderprojektes der Auftrag, einen Vor-schlag für eine mögliche Route eines Abzwei-ges der Deutschen Alleenstraße durch NRWauszuarbeiten. Dieser soll im Folgenden vorge-stellt werden, wobei neben der Darstellung vonAlleen auch auf einige touristische Anziehungs-punkte kurz eingegangen wird.

Grundüberlegungen zur Routenführung

Zunächst war die Frage nach einer möglichenexternen Anbindung Nordrhein-Westfalens andie Deutsche Alleenstraße zu klären. Die Deut-

sche Alleenstraße verbindet auf über 2.000 Ki-lometer Strecke die Insel Rügen mit der InselReichenau im Bodensee und somit die neuenmit den alten Bundesländern. Dabei durchquertsie u.a. die nordrhein-westfälischen Nachbar-länder Niedersachsen, Hessen und Rheinland-Pfalz und kommt im Bereich der Städte Goslar,Weilburg und Koblenz der nordrhein-westfäli-schen Landesgrenze am nächsten (s. Abb. 1).Da eine großräumige Durchquerung Nordrhein-Westfalens angestrebt werden sollte, lag es nahe,die Anknüpfung im Bereich der beiden am wei-testen auseinander gelegenen Städte Goslar undKoblenz zu planen.

Aus dieser Grundüberlegung leiten sich dannbereits erste Konsequenzen für den NRW-inter-nen Verlauf des Routenvorschlags ab. Die Gos-lar und Koblenz am nächsten liegenden nord-rhein-westfälischen Städte an der Landesgrenzesind Höxter und Bonn. Eine direkte Verbindungdieser beiden Städte würde aber nur durch denMittelgebirgsraum des Weserberglandes, desSauerlandes und des Bergischen Landes führen.Eine solche Route würde künftigen Reisendenauf der Deutschen Alleenstraße aber kein typi-sches Bild des Landes vermitteln und darüberhinaus gerade die alleenreichen Flachlandregi-

onen der westfälischen Bucht unddes Niederrheins nicht berühren,wodurch dann das Ziel umsoschwerer erreichbar wäre, an derAlleenstraße auch möglichst vieleAbschnitte mit Alleen zu haben.Schließlich sollte eine Route derDeutschen Alleenstraße, wenn siedenn künftigen Besuchern ein typi-sches Bild des Landes vermittelnsoll, auch die Ballungsregionen anRhein und Ruhr berühren, die fürdie Außenwahrnehmung des Landesimagebildend sind.

Perspektive Alleenstraße – Streckenabschnitt NRW

Rainer Fischer

Abb. 1: Möglichkeiten einer externen An-bindung Nordrhein-Westfalens an dieDeutsche Alleenstraße

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Für die Detailplanung ging das LNU-Projekt-team zunächst davon aus, bekannte Alleen alsAnkerpunkte der Route zu setzen. Hierfür botes sich an, auf die im Rahmen der Kampagne„Allee des Monats“ ausgezeichneten Alleenzurück zu greifen und sich im weiteren an demvon der LNU zusammengetragenen Alleenka-taster mit knapp 2.000 Standorten zu orientie-ren. Eine weitere Rolle spielte die Überlegung,touristisch interessante Orte in die Route einzu-binden, denn nicht zuletzt ist die DeutscheAlleenstraße eine der bekanntesten touristischenThemenrouten Deutschlands. Der hieraus ent-wickelte Routenvorschlag führt in einer großenSchleife von Höxter über das Eggegebirge, diePaderborner Hochfläche, die Hellwegbörden,das östliche Ruhrgebiet, das südwestliche Müns-terland und den Niederrhein über das BergischeLand nach Bonn. (s. Abb. 2)

Der Routenvorschlag -Abschnitt Ostwestfalen-Lippe

Der Routenvorschlag beginnt an der Weser inder Kreisstadt Höxter mit ihrer von der Weser-renaissance geprägten, historischen Fachwerk-Altstadt, führt weiter zum „Kulturmusterdorf“Bökendorf mit dem Schloss Bökerhof, literarischbedeutend durch den „Bökendorfer Romantiker-kreis“ um die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff. Auf das Schloss führen zwei schöneAlleen zu. Über Marienmünster mit seiner Ab-teikirche und das Staatsbad Meinberg werdendie Externsteine (s. Abb. 3) erreicht und kurzdarauf die erste „Allee des Monats“ am Routen-vorschlag, die Fürstenallee. Diese etwa 2,5 Ki-lometer lange, vierreihige Allee ist sicher eineder prächtigsten Alleen Nordrhein-Westfalens.

Abb. 3: Die Externsteine Foto: Rainer Fischer

Abb. 4: Im unbelaubten Zustand kommen die knorrigenBaumgestalten der Fürstenallee besonders gut zurGeltung. Foto: Rainer Fischer

Abb. 2:Routenvorschlag füreinen Abzweig derDeutschen Alleenstraßedurch NRW mit „Alleen des Monats“als Ankerpunkten

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Fischer: Perspektive Alleenstraße ...

Sie wurde Anfang des 18. Jahrhunderts ange-legt. Viele der alten Eichen und Buchen stam-men noch aus dieser Zeit (s. Abb. 4).

Die Fürstenallee liegt an der historischen Straßevon Detmold nach Paderborn unddiente in ihrer Entstehungszeitauch als Zufahrt zum lippischenSchloss Oesterholz. Der Routen-vorschlag führt weiter über BadLippspringe unweit des Truppen-übungsplatzes Senne, eines derherausragensten Naturgebiete desLandes (s. Abb. 5), für das dieEinrichtung eines Nationalparksschon seit Jahren immer wiederdiskutiert wurde, und erreichtdann die historische BischofsstadtPaderborn mit ihrem Dom (s. Abb. 6) und den mitten in derStadt gelegenen Paderquellen, diezu den ergiebigsten KarstquellenDeutschlands gehören und maß-geblich für die Entstehung derStadt waren.

Zwischen Lippe und Ruhr

Der Routenvorschlag erreicht Südwestfalen beider alten Hansestadt Lippstadt, die von denWasserläufen der Lippe, ihrer Nebenarme undvon Gräben geprägt und auch als „westfälischesVenedig“ bezeichnet wird. Bei Liesborn mit seiner Abtei, heute Museum des Kreises Waren-dorf, wird erstmals das Münsterland erreicht,allerdings nur kurz, denn über den HeckentruperWeg, Allee des Monats August 2003, führt dieRoute wieder zurück nach Südwestfalen.

Der Heckentruper Weg ist eine Gemeindestraßezwischen Wadersloh und Lippetal. Er ist be-standen von einer sechs Kilometer langenEichenallee, die als grünes Band die münster-

länder Parklandschaft mit derLippeaue verbindet. Die Alleewurde 1959 im Rahmen der Flur-bereinigung gepflanzt. Sie gehörtzu den längsten Nordrhein-West-falens und beeindruckt schonheute trotz ihrer relativen Jugendals landschaftsprägendes Struk-turelement (s. Abb. 7 und 8).

Soest beeindruckt mit seinem his-torischen Stadtkern, Fachwerk-häusern (s. Abb. 9) und verwin-kelten Gassen. Doch auch ein-drucksvolle Alleen prägen denWall, die historische Stadtbe-festigung und die neuzeitlicheRingstraße.

Abb. 6: Der Dom in Paderborn. Foto: Rainer Fischer

Abb. 7: Das grüne Band des HeckentruperWeges kommt besonders gut in der Zeiterntereifer Felder zur Geltung.

Abb. 8: Fast 50 Jahre nach ihrerPflanzung haben die Eichen desHeckentruper Weges schon denKronenschluss erreicht.

Abb. 9: Fachwerkhäuser am Soester Markt-platz. Fotos: Rainer Fischer

Abb. 5: Weite Heideflächen charakterisieren große Teileder Senne. Foto: Rainer Fischer

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Südlich von Soestbildet der Höhen-zug des Haar-strangs die Grenzevon westfälischerTieflandsbucht undSauerland. An sei-nem Südhang führtentlang einer Kreis-straße die Völling-hauser Allee (s.Abb. 10) hinab zumMöhnetal. Die zweiKilometer langeAllee aus Linden,Berg- und Spitz-ahorn weist bis zu

120 Jahre alte Bäume auf und war im April 2004Allee des Monats. Im Rahmen der Präsentationkonnten damals sechs Bäume gepflanzt werden,die eine kleine Lücke in der Allee schlossen.

Der Routenvorschlag verläuft nun am Norduferdes Möhnesees entlang (s. Abb. 11). Die Ufer-

straße ist streckenweise als Allee ausgebildet.Der Möhnesee ist eines der wichtigsten Naher-holungsgebiete in Südwestfalen. In den Herbst-und Wintermonaten bevölkern Scharen vonWasservögeln aus Nord- und Nordosteuropa denStausee, was seine Bedeutung für den Vogel-schutz unterstreicht.

Über Fröndenberg mit seiner Stifts-kirche wird mit Dortmund das Ruhr-gebiet erreicht. Die Industriestadt imWandel weist zahlreiche Alleen auf.Zu den bekanntesten zählt die Plata-nenallee am Westfalen- und am Rhein-landdamm, der verkehrsreichen B1.

Im Dortmunder Süden findet sich ander Wittbräucker Straße (s. Abb. 12),

Abb. 11: Verlandungszone im oberen Bereich des Möhne-sees. Fotos: Rainer Fischer

Abb. 10: Die VöllinghauserAllee im Kreis Soest mit über100 Jahre alten Bäumen. Foto: Rainer Fischer

Abb. 12: Kontrollierte Geschwindigkeitsbegrenzungen re-duzierten an der Wittbräucker Straße die Unfallzahlen.Foto: Rainer Fischer

Abb. 13: Karte mit Alleestandorten im südlichen Münsterland Abb. 14: Der grün markierte Routenvor-schlag versucht am Niederrhein zahlreicheder rot gekennzeichneten Alleen zu verbinden.

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Fischer: Perspektive Alleenstraße ...

Kreisstraße eine weitere Allee des Monats. Eine über drei Kilometer lange Lindenallee nördlichvon Mühlhausen führt in Richtung des KlostersMariendonk. Der Weg ist Teil eines alten Wall-fahrtsweges nach Kevelaer. Bis zu 100 Jahrealte Bäume machen die Allee zu einer eindrucks-vollen Leitlinie zwischen Feldern und Wiesen(s. Abb. 16).

Der Routenvorschlag wendet sich nun wieder inRichtung Rhein. Über Schloss Dyck mit seinensehenswerten Park geht es in den Rhein-KreisNeuss, wobei in Zons, heute Stadtteil von Dor-magen, wieder der Rhein erreicht wird. Die his-torische, ummauerte Festungsstadt gibt beredtesZeugnis der Vergangenheit und ist heute ein be-liebtes Ausflugsziel zwischen Düsseldorf undKöln.

An Rhein und Sieg und im Bergischen Land

Rechtsrheinisch führt der Weg über Solingen,dessen industrielle Bedeutung im Deutschen

Teil der B234, wiederum eine Allee des Monats.Sie wurde als Chaussee bereits 1788 angelegt.Das Wachstum der Großstadt hat sie mittlerwei-le in eine überwiegend innerörtliche Straße ver-wandelt, die aber noch in mehreren Abschnittenals Lindenallee mit 50 bis 80jährigen Bäumenausgeprägt ist.

Nördlich von Dortmund liegt am Routenvor-schlag das Schiffshebewerk Henrichenburg,dessen noch erhaltener historischer Teil einStück Industrie- und Verkehrsgeschichte amÜbergang vom Ruhrgebiet zum Münsterlanddemonstriert. Im Münsterland werden nun eineReihe von Wasserschlössern und -burgen vonder Route berührt, wie das Schloss Nordkir-chen, das „westfälische Versailles“ mit seinemgroßen, alleenreichen Park oder die BurgVischering in Lüdinghausen. Die Routenfüh-rung versucht hier wie überall, möglichst vieleAlleen mit einzubeziehen, was im Raum Hal-tern besonders erleichtert wird, da hier eine um-fassende, ehrenamtliche Kartierung von einerVertreterin des Natur- und VogelschutzvereinsHaltern vorliegt (s. Abb. 13).

Vom Münsterland zum Niederrhein

Wasserburgen und –schlösser prägen auch denweiteren Verlauf des Routenvorschlags durchden Kreis Borken. Über Bocholt mit seinemnach Kriegszerstörungen wieder aufgebautenRathaus wird bei Rees der Rhein erreicht undüberquert. Xanten mit seinem Dom und demArchäologischen Park, der auf der Fläche einerehemaligen römischen Stadt entstand, ist alsHöhepunkt zu nennen. Im Bereich des KreisesWesel lag dank Unterstützung der Kreisverwal-tung umfassendes Datenmaterial über Alleen-standorte vor, was die Routenplanung erleich-terte (s. Abb. 14).

Die Strecke wendet sich nun über Kamp-Lint-fort mit der sehenswerten Abtei Kamp undihrem wieder hergestellten Garten über Kempenin Richtung niederländische Grenze. Der wald-und feuchtgebietsreiche Naturpark Schwalm-Nette (s. Abb. 15) bildet einen deutlichen Kon-trast zum teils dicht besiedelten, teils intensivlandwirtschaftlich genutzten Raum am Rhein.Im Kreis Viersen liegt bei Grefrath an einer

Abb. 15: Wald und Wasser in Symbiose im NaturparkSchwalm-Nette, wie hier im Elmpter Schwalmbruch.Foto: Biologische Station Krickenbecker Seen

Abb. 16: Die Allee an der K27 bei Grefrath (Kreis Viersen)wurde beim Bau eines Radwegs ergänzt. Foto: R. Fischer

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Seine nordöstliche Zufahrt ist noch heute voneiner schönen Allee bestanden (s. Abb.19).

Der Routenvorschlag führt weiter nach Südenan Bergisch Gladbach vorbei, durchquert denKönigsforst und erreicht bei Rösrath das Sülz-tal, das auf der verkehrsreichen L288 durchfah-ren wird. Diese Sülztalstraße war im Februar2004 Allee des Monats. Auf drei KilometerLänge findet sich hier zwischen Rösrath undLohmar eine eindrucksvolle Allee aus Linden,Eichen und Ahornbäumen (s. Abb. 20).

Die Sülztalstraße wurde 1920 im Rahmen vonNotstandsarbeiten angelegt. Die wiederholten,zahlreichen Nachpflanzungen zeigen, dass auchan verkehrsreichen Straßen Alleen bestehenkönnen.

Westlich des Sülztals erstreckt sich die WahnerHeide, eines der bedeutendsten Naturschutzge-biete des Ballungsraums Köln/Bonn. Es um-schließt im Westen den Flughafen Köln/Bonn.Nach Aufgabe der jahrzehntelangen militäri-schen Nutzung vor einigen Jahren verbessertesich die Zugänglichkeit der Wahner Heide. DieNachfrage der Erholungssuchenden macht steu-ernde Maßnahmen in der Wahner Heide erfor-derlich.

Über Siegburg, der Kreisstadt des Rhein-Sieg

Klingenmuseum dargestellt wird, weiter überdas hoch über dem Tal der Wupper gelegeneSchloss Burg nach Wermelskirchen. In seinerInnenstadt zeigen einige Häuser den typischenBaustil des Bergischen Landes mit verschiefer-ten Fassaden, weißen Fensterrahmen und grü-nen Fensterläden.

Hinter Wermelskirchen wird mit der L101 eineder für das Bergische Land typischen Höhen-straßen erreicht. Diese Straße verbindet auf ei-ner Länge von 15 Kilometern Hückeswagen mitAltenberg und verläuft dabei auf der Wasser-scheide zwischen den Tälern der Dhünn unddes Eifgenbaches. Viele Verkehrswege des Ber-gischen Landes nutzen seit Jahrhunderten dieHöhenrücken zwischen den feuchten Tälern.Die Straßen waren dort oft mit Alleen bestan-den, wie noch topographische Karten aus den70er Jahren des 20. Jahrhunderts zeigen. Im Zu-ge des Straßenausbaus und der Sorge vor Ver-kehrsunfällen sind die Alleen seither in großenTeilen verschwunden. Um auf diese Entwick-

lung aufmerk-sam zu mach-en, wurde dieL101 im Sep-tember 2005zur (vorerst?)letzten Alleedes Monats er-nannt. In eini-gen Abschnit-ten sind an ihrnoch Alleenund Baumrei-hen erhalten(Abb. 17).

Über die L101wird Altenberg, heute ein Ortsteil von Odenthal,erreicht. Der Altenberger Dom (Abb. 18) isteine der bedeutendsten Kirchen des BergischenLandes.

Abb. 17: An einigen Abschnitten derL101 sind noch Reste der früherdurchgehenden Allee erhalten. Foto: Kerstin Agatz

Abb. 18: DerAltenbergerDom im Taldes Eifgen-baches. Foto: Rainer Fischer

Abb. 19:Zufahrtsalleezum Alten-berger Dom. Foto: Kerstin Agatz

Abb. 20: Parallel zur Sülztalstraße entstand mit dem Baueines Radweges auch eine dritte Baumreihe. Foto: Rainer Fischer

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Fischer: Perspektive Alleenstraße ...

Kreises, die von der Abtei Michaelsberg über-ragt wird, erreicht die Route die ehemaligeBundeshauptstadt Bonn. Im Zentrum Bonns findet sich die Poppelsdorfer Allee (s. Abb. 21). Diese vierreihige Kastanienallee wurde bereitsin der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ange-legt als Verbindung zwischen dem Bonner Stadt-schloss und dem Poppelsdorfer Schloss. Da-mals führte die Allee noch durch Felder. Erst imLaufe des 19. Jahrhunderts schloss die Bebau-ung der wachsenden Stadt Bonn die Allee ein(s. Abb.22).

Südlich von Bonn erreicht der Routenvorschlagbei Königswinter die Landesgrenze. Die Lageder Stadt am Rhein zu Füßen des Siebengebir-ges bildet zum Abschluss der Strecke noch ein-mal einen landschaftlichen Höhepunkt.

Wie geht es weiter?

Die LNU hat im Frühjahr 2007 in Abstimmungmit dem Ministerium für Umwelt und Natur-schutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutzdes Landes Nordrhein-Westfalen bei der Ar-

beitsgemeinschaft Deutsche Alleenstraße (derdie LNU 2006 beigetreten ist) die Aufnahmeeines Abzweiges durch Nordrhein-Westfalen indie Deutsche Alleenstraße beantragt. Die Mit-gliederversammlung der ArbeitsgemeinschaftDeutsche Alleenstraße hat am17. April 2007 inStralsund dem Antrag grundsätzlich zuge-stimmt.

Auf der Basis des oben skizzierten Routenvor-schlags kann nun die Feinplanung der Routebeginnen. Hierbei sollte die Zusammenarbeitmit den Naturschutz- und Heimatvereinen ge-sucht werden, die sich bei der Erfassung derAlleen durch die LNU eingebracht haben, undinsbesondere auch die Kooperation mit denFremdenverkehrsverbänden gesucht werden. ImVerlauf des weiteren Planungsprozesses werdensicher noch zahlreiche Änderungen an der Rou-te erfolgen, so dass keine Gewähr dafür über-nommen werden kann, dass tatsächlich alle derin diesem Beitrag geschilderten Orte und AlleenBestandteile der Deutschen Alleenstraße wer-den. Die Eröffnung der Route wird voraussicht-lich in mehreren Etappen erfolgen, wobei derZeitraum dafür noch nicht feststeht.

Es bleibt zu hoffen, dass durch die AnbindungNordrhein-Westfalens der Erhalt und die Ent-wicklung des Alleenbestandes im bevölkerungs-reichsten Bundesland einen weiteren Auf-schwung erfahren werden. Alleenschutz ist einelangfristige Aufgabe, denn Alleen gehören zuden langlebigsten Elementen der Kulturland-schaft. Für einen nachhaltigen Erfolg wird dau-erhaftes Engagement der Bürgerinnen undBürger letztlich der entscheidende Faktor sein.

Anschrift des Verfassers

Dipl.-Geogr. Rainer FischerGeschäftsführer der Landesgemeinschaft Naturschutz und UmweltNordrhein-Westfalen e.V. (LNU)Heinrich-Lübke-Str. 1659759 Arnsberg

Abb. 22: Gründerzeitliche Häuser an der PoppelsdorferAllee. Foto: Rainer Fischer

Abb. 21: Poppelsdorfer Allee in Bonn. Foto: Michael Sondermann

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Alleen in NRW

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Der alte Stand

Das Problem mit dem Lichtraumprofil bei jun-gen Alleen wurde im Wesentlichen durch zweiFaktoren verursacht. Zum einen durch die teilsschlechten Baumqualitäten mit zu starken Seiten-ästen bei der Pflanzung. In der Folge entwickelnsich die Kronen durch den freien Stand im unte-ren Bereich zu stark. Zum anderen bewirkte einezu späte Aufastung Probleme mit der Vitalitätder Bäume und einen zu hohen Arbeitsaufwand.

Die Problematik der Baumqualitäten ist in denaktuellen FLL Gütebestimmungen für Baum-schulpflanzen (gültig ab 2005) bereits berück-sichtigt worden.

Die Problematik der nicht beziehungsweise un-vollständig aufgeasteten Alleen ist durch die Ak-tivitäten des Gartenbauzentrums-Wolbeck in denMittelpunkt der inzwischen vermehrt durchgeführ-ten Pflegemaßnahmen an Jungbäumen gerückt.

Viele öffentliche Einrichtungen, wie beispiels-weise der Landesbetrieb Straßen NRW und dieStadt Münster schneiden ihre Alleen und Stra-ßenbäume inzwischen nach dem Wolbecker-Schnittsystem (siehe Jahrbuch der Baumpflege2003). So hat der Landesbetrieb Straßen eineRundverfügung erlassen, die für die Niederlas-sungen eine verbindliche Anleitung bezüglichder Schnittverfahren für die ersten zehn Stand-jahre vorgibt. Diese Anleitung ist auch in dasneue FLL-Regelwerk „Empfehlungen zur Pflan-zung von Bäumen“ aufgenommen worden. Durchintensive Mitarbeiterschulungen wurden dieSchnittempfehlungen fachkundig umgesetzt. Inder Folge befinden sich die Alleen in einemphysiologisch ausgewogenen und optisch an-sprechenden Zustand.

Oft falsche Interpretation der Empfehlungen

Leider werden nun aber von einigen Kommunen

in “wildem Aktionismus“ und aus Angst, zu spätzu handeln, die Bäume falsch geschnitten. Fehlersind in der Regel zum einen ein zu hohes Auf-asten pro Maßnahme von bis zu zwei Meternund zum anderen das Abschneiden von Stark-ästen.

Beide Schnittmaßnahmen führen zu einem erheb-lichen Kronenverlust, auf den der Baum, insbe-sonders die Linde, mit vielen Stammausschlägenreagiert. Dies führt in den Folgejahren zu uner-träglichen Pflegekosten. Auch die Optik derartigmisshandelter Bäume lässt zu wünschen übrigund führt oft zu Bürgerprotesten. Anzustreben istaber ein harmonisches Aufasten.

Unter bestimmten Bedingungen kann die Entnah-me von Starkästen auch bei niedriger Kronenan-satzhöhe unterbleiben. Wenn die Äste vergleichs-weise steil nach oben streben und die Entfernungdes Baumes vom Verkehrsraum ausreicht, kön-nen die Starkäste als Stammlinge behandelt undso eine Schädigung des Baumes durch zu großeWunden vermieden werden können.

Neue Erkenntnisse aus demAlleebaumversuch

Die Messungen und Auswertungen eines Allee-baumversuches zeigen deutlich die Problematikder Kronendynamik im freien Stand. Bei diesemVersuch werden jeweils die untersten fünf Ästenvon ausgewählten Bäumen in ihrer Wachstums-dynamik im Verhältnis zur Terminale über meh-rere Jahre verfolgt. Der Durchmesserzuwachsder Äste ist erheblich größer als der des Stammes.

Des weiteren wird im Versuch deutlich, dass be-reits etwas Lichtdruck durch Bäume und Häuserzu unterschiedlichen Kronenformen führt. So be-halten die Kronen bereits bei leichter Beschat-tung die hierarchische Form aus der Baumschule(durchgehende Leittriebsdominanz). Andererseitstendieren die Bäume unter „freien“ Bedingungen

Aktuelle Untersuchungen zum Lichtraumprofil an Alleebäumen

Peter Uehre

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dann keine Zukunft mehr.

Hängezuschlag je nach Baumart für dieEndkronenhöhe berücksichtigen

Je nach Baumgattung, -art und -sorte wird sichim Laufe des Baumlebens die Neigung derHaupt-, Seiten- und Feinäste nach unten ver-größern. Die Äste werden sich zum Teil sogardeutlich unter die Horizontale neigen, wennnicht gar, wie bei Birken, senkrecht herabhängen.Bei alten Bäumen kann die Astschleppe bis zuvier Metern betragen, d. h. bei einem Kronenan-satz in vier Meter Höhe berühren die Äste denBoden. Die Hauptäste, welche die Schleppe tra-gen, sind dann meistens sehr stark und verursa-chen bei Entfernung erhebliche Wunden, diehäufig zu Stammfäulen führen.

Der Hängezuschlag ist weiterhin von Jahreszeitund Witterung abhängig. So ist zum Beispiel imWinter bei Rauhreif/Schnee und im Sommer beiRegen ein Aufschlag von 10 bis 20 Prozent aufden baumspezifischen Hängezuschlag zu addie-ren und sollte bei der Festlegung der endgültigenKronenansatzhöhe berücksichtigt werden.

Da bei der Planung der Abstand des Baumes zuStraßen und Gebäuden bekannt ist, ergibt sichdie notwendige Kronenansatzhöhe aus dem er-forderlichen Lichtraumprofil, dem Hängezu-schlag, der nach einer Standzeit ab dem Altervon etwa dreißig Jahren zu erwarten ist und derMöglichkeit von Stammlingen.

Sichtungsergebnisse zeigen große baumart-spezifische Unterschiede

Die ersten Sichtungsergebnisse im Sichtungsgar-ten Scharnhorst des Bundessortenamtes Braun-schweig ergaben, dass der Hängezuschlag baum-artspezifisch extrem schwanken kann. So benö-tigen beispielsweise Ahorne und Eschen so gutwie keinen Hängezuschlag. Die Hauptäste ha-ben meistens einen aufstrebenden Astwinkelund verbleiben dauerhaft in dieser Position.Auch die Seitenäste sind unproblematisch undkönnen bei Bedarf leicht entfernt werden. Beidiesen Bäumen kann der Kronenansatz beistrassennahem Stand bei 4,5 Metern verbleiben.Bei einem Abstand zur Straße ab zwei Metern

Uehre: Aktuelle Untersuchungen ...

zu heterarchischen Kronen mit einer geringerenFörderung des Leittriebes zugunsten der Kronen-äste. Diese „freien“ Bäume verlieren so die füreine Aufastung günstige Kronenform.

Heterarchische Kronen erfordern modifizierte Schnittverfahren

Bei heterarchischen Kronen reichen die bisheri-gen Schnittregeln nicht aus. Werden alle Ästemit einem ungünstigen Ast-Stammquotienten(Astdurchmesser > 0,7 facher Stammdurchmes-ser) aus der Vorkrone entfernt, so verbleibt nureine kleine Restkrone, deren Höhe deutlich unterden in den bisherigen Schnittregeln angestrebten40 Prozent der Stammhöhe liegt. Der Baum istaber bestrebt mit den verbleibenden Ästen unbe-dingt eine möglichst große Krone zur Assimila-tion zu erzeugen. Die Seitenäste werden dannhormonell gleichrangig zum Leittrieb gestelltund treten so in Konkurrenz zu diesem. Ein wei-teres „harmonisches“ Aufasten (optisch und phy-siologisch) ist dann fast nicht mehr möglich.

Alternativ zum üblichen Aufasten ist es hiersinnvoll, diese unteren Äste mit dem ungünsti-gen Quotienten nicht zu entfernen sondern zu-nächst nur einzukürzen. Es wird dabei ein Ver-hältnis der Kronenhöhe zu Kronenbreite von1,5 zu 1 angestrebt beziehungsweise ein Spit-zenwinkel von ca. 35 bis 40 Grad. Durch dasAbreißen des Auxinstromes und die verminder-te Assimilationsleistung wird die Eigendynamikder Äste und so eine mögliche Konkurrenz zumLeittrieb unterdrückt. Unterstützend muss dieTerminale deutlich freigestellt werden. Hat dieHauptachse sich in den folgenden zwei bis vierJahren ausreichend nach oben entwickelt unddas Dickenwachstum des Stammes zugenom-men, können die eingekürzten, ehemals zu dik-ken Äste entfernt werden. Der Ast-Stammquo-tient wird sich zugunsten des Stammes verscho-ben haben, die Stammwunden tolerierbar seinund das Kronen-Stammverhältnis harmonischbleiben. Dieses Vorgehen ist aber nur möglich,sofern die Äste nicht bereits zu dick sind unddie Hauptachse nicht zu stark zurückgebliebenist. Sind die Äste zu stark und ist die Möglich-keit von Stammlingen nicht gegeben, kann derBaum nur solange am Standort verbleiben, wieer den Verkehrsraum nicht beeinträchtigt. Er hat

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sind bei Ahornen sogar Stammhöhen von dreiMetern tolerierbar, da diese oft sehr schöneStammlinge ermöglichen, die durch ihren auf-rechten Wuchs das Lichtraumprofil gewährlei-sten. Der Freund niedriger Kronenansätze hatso geeignete Bäume gefunden. Andererseits sind beispielsweise bei Linden dieSorteneigenschaften zwingend zu beachten, daes Typen gibt, die extreme Astschleppen verur-sachen. Dies trifft nicht nur auf die bekannter-maßen zur Schleppe neigende Krimlinde zu. Ge-rade bei Sämlingen ist diesbezüglich ein starkesAufspalten beim Phänotyp zu beobachten. Gutist dagegen zum Beispiel die Lindensorte ’Glen-leven’ zu bewerten, die eine schlanke, relativhierarchische Kronenform und einen Hängezu-schlag von nur etwa 1,5 Metern hat. Eine vor-läufige Bewertung einiger Baumarten bezüglichihrer Kronenform und die daraus resultierendenSchnittempfehlungen liegen vor und werdenaugenblicklich im Rahmen einer Diplomarbeitbearbeitet.

Differenzierte Pflegekonzepte für die jewei-lige Baumart und am jeweiligen Standort

Bei der Planung der Baumarten für einen Stand-ort ist neben der oben genannten notwendigen,endgültigen Kronenansatzhöhe die baumartspe-zifisch überhaupt mögliche Kronenansatzhöhezu berücksichtigen. Neben der technischen/phy-siologischen Machbarkeit spielt die Ästhetikeine Rolle. Wird in der Aufastungsphase einKronen-Stammverhältnis von 40/60 angestrebt,sollte das Endbild des Alleebaumes doch einendeutlich größeren Kronen- als Stammanteil auf-weisen, mindestens aber ein Verhältnis im „gol-denen Schnitt“ von 1,6/1.

Bei der Einteilung der maximal möglichen Kro-

nenansatzhöhen sind vier Stufen sinnvoll: � 2,2 bis 2,5 Meter für Kronenveredelungen

wie Kugelahorn, � 2,5 bis 3 Meter für kleinkronige Bäume wie

Obst, Zierobst, Weiß- und Rotdorn und Eber-eschen, � 4 Meter für mittelkronige Bäume wie Feld-

ahorn und Baumhasel,� bis zu 8 Metern für Großbäume wie Platanen,

Eichen und starkwüchsige Linden.

Diese Kronenansatzhöhen sind allerdings nur beiwüchsigen Bäumen auf guten Standorten zu er-zielen. Wird ein nicht wüchsiger Baum zu hochaufgeastet, kann er das angestrebte, ästhetischeKronen-Stammverhältnis nicht mehr erreichenund bleibt in einem optisch nicht ansprechen-den Zustand.

Ausschreibungstexte den Zustandsstufen derAlleen anpassen

Der Schnitt von Alleen wird von den Kommu-nen verstärkt ausgeschrieben, da eigenes Perso-nal oft nicht ausreichend verfügbar ist. Um dieArt der Pflegemaßnahmen und damit den Kos-tenumfang genauer zu erfassen, ist es sinnvolldie bestehenden jungen Alleen (bis 10 bis 15Jahre alt) in Zustandsstufen zu kategorisieren.Sechs Kategorien erscheinen augenblicklichzweckmäßig:

Die angegebenen Pflegezeiten der Kategorienbasieren auf bisherigen Erfahrungswerten.

Ältere Alleen sind nicht zweckmäßig zu katego-risieren und sollten individuell betrachtet wer-den (ZTV-Baumpflege).

Jungbaummanagement

Viele der in den letzten zwanzig Jahren gepflanz-ten Alleebäume sind aufgrund zu starker Ästeund eines zu dünnen Leittriebes nicht mehr auf-astbar und somit langfristig gefährdet.Um eine schnelle Aufastbarkeit der Straßenbäu-me zu gewährleisten, müssen Alleebäume ge-

pflanzt werden, die einen möglichst vollholzi-gen Leittrieb mit untergeordneten Ästen biszum späteren Endkronenansatz aufweisen.

Die Astquerschnittssumme innerhalb der Kronedarf je nach Baumart bestimmte Werte nicht

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Uehre: Jungbaummanagement

überschreiten, um eine zu starke Durchmesser-verringerung des Leittriebes zu verhindern. DieStammform ist durch Quotienten erfassbar unddurch eine neue Messmethode bewertbar.

Die Ausschreibungsstexte für die Schnittverfah-ren von Bäumen an der Straße müssen dem neu-esten Stand angepasst werden. Es sind Kosten-einsparungen von etwa 70 Prozent zu erwarten.

Das Ergebnis eines erfolgreichen Jungbaumma-nagements ist ein Alleebaum, der kostengünstigund baumgerecht auf eine standortabhängige,zukunftsfähige Endkronenhöhe gebracht wird.

Der Ist-Zustand

Bei der Vielzahl von Alleen oder Einzelbäumen,die in den vergangenen 20 Jahren an Straßen ge-pflanzt wurden, befindet sich der Kronenansatzoft nur in 2,2 bis 2,5 Metern Stammhöhe undentspricht somit genau dem Kronenansatz zumZeitpunkt der Pflanzung. Das heißt, dass die Ge-hölze in den ersten fünf bis zehn Jahren an ih-rem neuen Standort nicht mehr bearbeitet wor-den sind. In dieser Zeit haben sich sehr starkeSeitenäste und Konkurrenzleittriebe entwickelt.

Zwangsläufig müssen jetzt mit den dringend er-forderlichen Aufastungen große Wunden entste-hen, die ideale Pforten für Holzpilze darstellenund wo einige Jahre später Stammfäulen auf-treten können. Hohe Folgekosten und eine Be-standsgefährdung machen es erforderlich, dieHintergründe zu erfassen und Lösungen zu er-arbeiten. Den Kronenästen kommt dabei einebesondere Bedeutung zu.

Wachstumsdynamik von Ästen undStämmen

Je freier der Stand eines Baumes ist, umso weni-ger dominant prägt sich die Terminale aus. DieSeitenäste entwickeln sich hier deutlich stärkerals bei Bäumen in engem Stand. Die Folge ist,dass die Äste ein normales Dickenwachstumoberhalb des Astansatzes verhindern und somitdafür verantwortlich sind, dass der Stammdurch-messer oberhalb von ihnen stark verringert ist. Wesentlich vorteilhafter wäre aber ein Stammmit möglichst gleichmäßigem Durchmesser bis

zum späteren so genannten Endkronenansatz ineiner Höhe zwischen vier und acht Metern. Die-ser Baum verursacht in den Folgejahren deutlichweniger Schnitt- und Pflegeaufwand. Die an-gestrebte Vollholzigkeit des Stammes ist mess-und durch Erfahrungswerte bewertbar. ZumMessen lässt sich die „Quotientenermittlung“einsetzen.

Die jeweiligen Messhöhen bei der Quotienten-entwicklung sind abhängig davon, welche End-kronenhöhe bei den Straßenbäumen angestrebtist. Die Stammhöhen unterscheiden sich ver-ständlicherweise an den verschiedenen Stand-orten. So werden etwa bei Bäumen an hohenGebäuden sowie bei Alleebäumen, die dicht aneine Straße gepflanzt sind, astfreie Stämme vonsechs bis zehn Metern benötigt. Alleebäume miteinem weiten Abstand zur Straße und in Wohn-gebieten sollten später auf vier bis sechs Meteraufgeastet sein.

Diese angestrebte Stammhöhen machen deutlich,dass der Baumschuler die Endkrone nur gering-fügig über die Stammqualität beeinflussen kann.Nach fünf bis sechs Jahren sind Kronenansatzund -form der gelieferten Alleebäume in derRegel nicht mehr vorhanden.

Stammhöhen von zwei bis drei Metern sind nurbei Parkbäumen tolerierbar. Um zu angestrebtenEndkronenhöhen bis zu acht Metern zu kommen,gilt es in erster Linie, die Stärke der Kronenästezu steuern. Mit dem Ziel, gute gleichmäßigeStämme ohne zu große Wunden bis zu diesenHöhen zu erreichen, müssen bereits in der Baum-schule entsprechende Anzuchtmaßnahmen undam Endstandort rechtzeitige, den Gehölzen an-gepasste Schnittmaßnahmen erfolgen.

Erziehung in der Baumschule

Bei der Produktion der Alleebäume sind demKronenschnitt und dem Pflanzenbestand beson-dere Bedeutung beizumessen. Schließlich ent-wickeln sich die Kronenäste um so stärker, jefreier der Baum steht. Betrachtet man die Sum-me der Querschnitte der Äste innerhalb derKrone und den verringerten Durchmesser desStammes, so zeigt sich ein deutlicher Zusam-menhang: Die Querschnitte der Äste innerhalb

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einer Krone dürfen je nach Baumart eine be-stimmte Summe nicht überschreiten. Ansonstenist das Erreichen der nötigen Endhöhen gefähr-det. Unerheblich ist hierbei, ob die Summe ausvielen dünnen oder wenigen dicken Ästen ge-bildet wird. Um ein schnelles Überwallen undSchließen der Wunden zu erreichen, sind starkeÄste aber unbedingt zu vermeiden.

Die beschriebene Wechselbeziehung gilt für je-de beliebige Messstrecke innerhalb einer unge-schnittenen Krone. Wie stark die KronenästeEinfluss nehmen und zu einem verringertenStammdurchmesser führen, ist pflanzenspezi-fisch. So gibt es Problembaumarten, etwa dieKastanie, bei denen schon wenige Äste einestarke Abholzigkeit des Stammes bewirken. Beidiesen Baumarten kommt dem Kronenschnittsomit eine besondere Bedeutung zu. Bei Birkenund Erlen hingegen verursachen selbst vielestarke Äste nur eine relativ geringe Verjüngungdes Stammes. In einem mittleren Bereich sindLinden, Eichen und Ahorne einzuordnen.

Während der drei- bis vierjährigen Anzuchtzeitin der Baumschule sollte also ein schmalkroni-ger Baum mit dünnen, untergeordneten Ästenund einem möglichst vollholzigen Stamm pro-duziert werden. Dieser Baum wird sich in denFolgejahren mit entsprechenden Aufastungsmaß-nahmen deutlich besser entwickeln als ein Baummit einer Krone, die zunächst ansehnlicher er-scheint.

Die Bewertung von zu tolerierenden oder zu ent-fernenden Ästen innerhalb einer Krone kann nurnach relativen und nie nach absoluten Werten,wie zum Beispiel der Durchmesser in Zentime-tern, erfolgen. Die Quotientenermittlung ist eingeeignetes Verfahren zur Errechnung von Rela-tivwerten. Hierbei wird der Astdurchmesser inRelation zum Stammdurchmesser unterhalb desAstes gesetzt. Bewertbar sind auch die Wunden,die nach dem Entfernen der Äste entstehen. DerRindenverlust gibt die Breite der Schnittstelle imVerhältnis zum Gesamtumfang an. Die bisheri-gen Gütebestimmungen von Alleebäumen bein-halten keine Kriterien bezüglich der Qualität,d.h. der Ausprägung der Stammverlängerunginnerhalb der Vorkrone und der Stärke der Kro-nenäste. Eine zumindest verbale Charakterisie-

rung dieser beiden entscheidenden Merkmalefür die spätere Stammqualität eines Alleebaumesist erforderlich.

Messen und kontrollieren, mit alternativenMethoden

Die Erziehung eines Baumes mit einer derarti-gen Krone (geringe Aststärke) wirkt sich ent-sprechend auf die Stammentwicklung aus. Dem-zufolge kann der Stammumfang, wie er üblicher-weise in einem Meter Höhe gemessen wird, un-ter Umständen geringer ausfallen als bei Bäu-men mit großen Kronen. Betrachtet man aberdie Qualität des Stammes bis in die Krone hin-ein, so zeigt sich, dass die Messung in einemMeter Höhe allein nicht ausreicht. Am Garten-bauzentrum Münster-Wolbeck ist deshalb einealternative Mess- und Kontrollmethode entwik-kelt worden. Der Stammumfang der dreimal ver-schulten Bäume wird dabei in 1, in 2,2 und in3,5 Meter Höhe gemessen. Bei den viermal ver-schulten Bäumen sind es abweichend 1, 2,5 und4 Meter Höhe. Es wird dann jeweils ein Mittel-wert gebildet.

Die Messergebnisse zeigten, dass ein vollholzi-ger Baum im Mittelwert stärker ist als ein ab-holziger Baum bei gleichem Stammumfang ineinem Meter Messhöhe. Bei geringerer Stärke,gemessen in ein Meter Höhe, kann der Mittel-wert gleich groß sein. In der Qualität auf denspäteren Verwendungszweck bezogen, das heißtdem Erreichen eines hohen Kronenansatzes, istder vollholzige Baum dann jedoch besser. DieseBeispiele zeigen, dass die Standardmessung nurin einem Meter Höhe dem Baum hinsichtlichdes Kronenaufbaus nicht gerecht wird und dieQualität nicht genügend berücksichtigt.

Jungbaumerziehung und -pflege

Nach der Erziehung in der Baumschule mussder Baum am neuen Standort konsequent aufdie Endstammhöhe gebracht werden. Das Auf-asten sollte möglichst zügig erfolgen, damit dieKronenäste aufgrund des weiten Standes nichtdie Möglichkeit haben, über ihre Eigendynamikdie Längenentwicklung des Baumes zu bremsen.In diesen ersten zehn Jahren wird der Baum auf-grund seiner Jugend willig in die Höhe wachsen.

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Dieser apikale Drang lässt aber deutlich nach,wenn bereits ausgeprägte Kronenäste vorhandensind. Die bisherigen Ausschreibungstexte bezüg-lich des Schnittes von Jungbäumen gemäß ZTVBaumpflege verlangen, dass nach dem erstenStandjahr mit dem Aufbau des Lichtraumprofi-les und dem Erziehungsschnitt begonnen wer-den soll. Konkrete Beschreibungen der Teilleis-tungen des Erziehungsschnittes beschränkensich aber auf Formulierungen, wie z.B. " Ästedes unteren Astkranzes zur Vorbereitung derStammverlängerung einkürzen". Diese Maßnah-me ist zur Erreichung des erforderlichen Licht-raumprofiles gänzlich ungeeignet.

Das Aufasten sollte nach folgenden Richtlinienerfolgen:� Mit dem Aufasten muss bei Beginn eines

nennenswerten Dickenwachstums nach der Pflanzung, das heißt nach etwa zwei Jahren begonnen werden

� Die Krone muss etwa 0,5 bis 0,7 Meter pro Schnittmaßnahme nach oben geschoben werden.Insgesamt sind bis zu fünf Schnittmaßnahmeninnerhalb von acht bis zwölf Jahren nach derPflanzung erforderlich. Dauer und Intensität der Schnittmaßnahmen ist von der Pflanz-qualität, der natürlichen Wuchsstärke, den Standortbedingungen und den jeweils erfor-derlichen Stammhöhen abhängig.

� Während der Aufastungsphase immer ein Stamm-/ Kronenverhältnis von 60 bis 40 einhalten.

� Dominante Äste innerhalb der Vorkrone mit einem Quotienten von größer 0,7 entfernen.Es müssen Mindeststammhöhen bei Erreichenbestimmter Stammstärken angestrebt werden.

Nach dieser Richtlinie können die Alleen auchvon ungelerntem Pflegepersonal geschnittenwerden. Bei konsequenter Durchführung dieserSchnittmaßnahmen sind Kosteneinsparungenvon etwa 70 Prozent zu erwarten, da durch dasEntfernen nur dünner Äste der Aufwand fürSchnittechnik, -zeit und Schnittgutentsorgunggering ist. Die Kostenerfassung nach dem Wol-becker System ist leicht möglich, da Pflanzqua-lität und Schnittverfahren konkret definiert sind.Die Kostenerfassung der Schnittmaßnahmen anzehn bis 50 Jahre alten Bäumen ist schwierig

und nicht verallgemeinerbar, da jeweils zuunterschiedliche Gegebenheiten vorliegen.Dieses Problem hat bereits zu Rechtsstreitenzwischen Auftraggebern und Auftragnehmerngeführt. Die Kostenverläufe derSchnittaufwände nach dem Wolbecker Systemund dem praxisüblichen Verfahren sind gegen-läufig.

Aktueller Stand

In Zusammenarbeit mit dem LandesbetriebStraßenbau NRW wurde 2001 eine Modellalleemit 250 Bäumen aus den Gattungen Quercus,Acer und Tilia gepflanzt. Jeweils die Hälfte derBäume werden nach dem Wolbecker Systemgeschnitten. Bereits nach dem ersten Standjahrzeigen die mit schlanker Krone erzogenen Bäu-me die besseren Stammqualitäten innerhalb derVorkrone. In NRW werden als Folge vieler Fort-bildungsseminare viele Alleen nach den Wol-becker Empfehlungen geschnitten, so zum Bei-spiel am Niederrhein über 2000 Bäume. AlsProblem erweist sich allerdings der Schnitt vonverwahrlosten Kronen, die nach dem Schnittstark verunstaltet aussehen und dann teilweisenicht mehr zu retten sind. Mit Hilfe eines Ver-bundes von Garten- und Landschaftsbaubetrie-ben wird an einem Konzept gearbeitet, umschnellstmöglich bundesweit einheitlich dasWolbecker Schnittsystem als Dienstleistunganbieten zu können. Ein Regelwerk "Planung,Pflanzung und Entwicklung von Alleebäumen"ist durch die FLL in Bearbeitung. Noch zu un-tersuchen sind hierbei beispielsweise die unter-schiedlichen Astdynamiken der Baumarten, dieunterschiedlichen Neigungswinkel der End-kronenäste, die Charakterisierung von Kronen-formen und Wüchsigkeit von Alleebäumen.Diese Informationen beeinflussen die Schnitt-folge und -intensität, die Endkronenhöhe undden erforderlichen Abstand von Straßen undGebäuden.

Anschrift des Verfassers

Dipl.-Ing. Peter Uehre Gartenbauzentrum Westfalen-LippeMünsterstraße 62–6848167 Münster

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Horst Frese, Leiter der NUA, erklärte als Zielder gemeinsam von NUA, MUNLV und LNUausgerichteten Tagung, sie wolle die 100-Alleen-Initiative des Landes NRW bekannter machenund dazu beitragen, die Zahl der Alleen in NRWzu erhöhen. Zugleich sollte auf der Tagung da-ran gearbeitet werden, die eine Neuanlegungvon Alleen behindernden Schwierigkeiten zuüberwinden.

Umweltminister Eckhard Uhlenberg warb für dieAnlegung von Alleen im Rahmen der 100-Alle-en-Initiative des Landes NRW. Für das nächsteJahr hätten das Umweltministerium und das Ver-kehrsministerium jeweils 500.000 Euro zur Ver-fügung gestellt. Die Neuanlegung von Alleenzur Bereicherung der Kulturlandschaft sei einpersönliches Anliegen des Ministerpräsidentenselbst. Der Alleenschutz werde auch bei der Novellierung des Landschaftsgesetzes berück-sichtigt.

Dr. Norbert Heinen, Vorsitzender des Rheini-schen Vereins für Denkmalpflege und Land-schaftsschutz, sowie Stephan Keller, Beigeord-neter des Städte- und Gemeindebund NRW,sagten für Ihre Verbände die Unterstützung der100-Alleen-Initiative zu.

Mark vom Hofe wies auf die Bedeutung derAlleen für die Kulturlandschaft und für dieÖkologie hin. Das von der LNU durchgeführteErfassungsprojekt habe erstmals eine, wennauch unvollkommene, Übersicht über die Zahlder Alleen in NRW zusammengestellt. Sie seinicht vollständig, da einige Kreise und kreis-freie Städte sowie der Landesbetrieb Straßenbaukeine Daten zur Verfügung gestellt hätten. Erdrängte darauf, dass die Verpflichtung zur Ein-richtung eines Alleenkatasters (mit Qualitätsan-gaben) bei der Novellierung des Landschaftsge-setzes erhalten bliebe. Er und auch Werner Gess-ner-Krone hielten die Standortauswahl für dieFörderung von Alleenprojekten für ganz wichtig.

Bei der 100-Alleen-Initiative müsse es primärum Alleen an Straßen gehen und weniger umAlleen in Hofbereichen usw., wenn auch dieAnlegung von Alleen überall als gut erachtetwürde. Generell sei Öffentlichkeitsarbeit nötig,um die Bevölkerung mitzunehmen.

Joachim von Reden, Eigentümer des Gutes Wend-linghausen, hat auf seinem ökologisch bewirt-schafteten Gutshof in Dörentrup das Ziel, nachvorhandenen historischen Karten Alleen undHecken wieder anzulegen. Erster Schritt wardie – pressewirksame – Anlegung einer Eichen-allee. Der Referent wies darauf hin, dass einGrund für das Zögern vieler Grundeigentümerdie Sorge vor den Auswirkungen der Verkehrs-sicherungspflicht sei. Hier müssten Regelungengetroffen werden, die den Grundeigentümerentlasten.

Stefan Kitlas stellte ein ganzes Bündel vonAlleenprojekten im Rhein-Erft-Kreis vor. DieProjekte sind jeweils angepasst an ganz unter-schiedliche Ausgangsbedingungen.

Heinz Pieper, Inhaber einer Baumschule, mach-te darauf aufmerksam, dass der Erfolg von Alle-enprojekten schon von sorgfältigen Entscheidun-gen im Rahmen der Ausschreibungsverfahrenabhänge. Diese konnten nur unter fachkundigerBeratung erfolgen. Leider seien viele Entschei-der in den Dienststellen nicht mehr kompetent,da die Hochschulen die Ausbildung zu theore-tisch anlegen würden. Auch müssen die Pflanz-aktionen selbst unter fachkundiger Beratung er-folgen. Das Gleiche gelte für die danach erfol-genden und nötigen Pflegeschnitte. Die Vertre-ter des Gartenbauzentrums Wolbeck der Land-wirtschaftskammer NRW boten bei all diesenVorgängen ihre fachkundige Beratung an.

Michael Heinze, Ministerium für Bauen und Ver-kehr NRW, teilte mit, der Landesbetrieb Straßen-bau werde in Zukunft 30 fachlich geschulte

Ergebnisvermerk der Tagung „Alleen in NRW“ – 100-Alleen-Initiative des Landes NRWam 13.12. 2006 im NUA-Tagungshaus

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Ergebnisvermerk der Tagung

schen schon über 100 Anträge eingegangenseien, lohnte sich die Stellung weiterer Anträge,da damit zu rechnen sei, dass einige eingegan-gene Anträge zurückgezogen bzw. aufgeschobenwürden. Man hoffe, auch in den nächsten Jahrenjeweils Fördergeld bereitstellen zu können.

Bernd Krebs, Vorstand der AG Deutsche Alleen-straße, stellte die Deutsche Alleenstraße und ih-re historische Entwicklung vor. Hier werde dieBrücke zwischen sowohl Ästhetik, Ökologie alsauch Wirtschaft, nämlich Tourismus, geschaffen.Die Alleenstraße sei inzwischen ein touristischesHighlight. Gastronomiebetriebe, die an der Stra-ße lägen und damit werben wollten, müssten ei-ne Lizenz bezahlen. Nordrhein-Westfalen werdein der Literatur als „Land der vergessenenAlleen“ bezeichnet.

Rainer Fischer, LNU, erklärte, die LNU helfemit, hier Abhilfe zu schaffen. In einem großenFörderprojekt hat die LNU eine Erfassungsak-tion für Alleen im Lande durchgeführt. Auf ihrerGrundlage ist sie dabei, einen Vorschlag für dieTrassenführung eines Abzweigs NRW der Deut-schen Alleenstraße zu entwickeln. Der Abzweigsei gedacht von der Weser über das Lipperland,das Münsterland und das Rheinland in RichtungKoblenz. Auch er betonte die hohe Bedeutungder Kombination der Alleenstraße mit Kulturer-lebnissen (historische Stadtkerne, Klöster,Schlösser, Natursehenswürdigkeiten usw.). DieLNU wird im nächsten Jahr ihren Trassenvor-schlag für den NRW-Abzweig nach Abstimm-ung mit der Steuerungsgruppe der „100-Alleen-Initiative“ der Arbeitsgemeinschaft DeutscheAlleenstraße zur Entscheidung über die Aner-kennung vorlegen.

„Baumkontrolleure“ einsetzen. Er warb darum,bei der Bewertung der Interessenlage der Straßen-bauplanung die Sichten, Reaktionen und Hand-lungsweisen der Autofahrer selbst im Blick zuhaben. Die Planungen müssten fehlertolerantsein. Es sei bekannt, dass die Autofahrer, weildas Autofahren heute oft so „einfach“ und „reiz-los“ sei, öfter abschalten würden, also eher halb-bewusst fahren würden. Es komme darauf an,sie vor überraschenden potentiellen Hindernis-sen rechtzeitig zu warnen. In den KFZ anzule-gende Warn- und Sicherheitstechniken würdenin Zukunft die Sicherheit erhöhen. Wichtig seienreizsteigernde Maßnahmen vor Hindernissen.Auf langen, geraden, eintönigen Straßen könntesogar die Anlegung von Alleen reizsteigernd unddamit sicherheitsverstärkend sein. Die Anlegungneuer Alleen seien eine Angelegenheit von Ein-zelfallentscheidungen. Viele individuelle undvom Standort abhängende Gesichtspunkte müss-ten miteinander abgewogen werden.

Prof. Albert Schmidt, Präsident der FLL, bewer-tete aus Sicht seines Verbandes die Empfehlun-gen zum Schutz vor Unfällen mit Aufprall aufBäume (ESAB), der Forschungsgesellschaft fürStraßen- und Verkehrswesen, Arbeitsgruppe Ver-kehrswesen und Verkehrssicherheit. Im Rahmenseiner Darstellung der historischen Entwicklungdieser Empfehlung wertete er es als positiv, dassdie ESAB nun im Gegensatz zu den vorherigenEntwürfen von der Notwendigkeit einer Abwä-gung zwischen den unterschiedlichen Interessenvon Verkehrssicherheit und Alleenschutz ausge-he. Die Beseitigung von Alleen bzw. die Verhin-derung von Neuanlegungen sei dabei als dasletzte Mittel vorgesehen. Vorher würde geprüft,ob Maßnahmen der Trassenplanung, des passi-ven Schutzes, ob spezielle Hinweise oder aku-stische oder andere Warnungen für hinreichendeSicherheit sorgen könnten. Kritisch äußerte ersich zu den nach wie vor zu großen Mindestab-ständen zwischen Fahrbahnrand und Straßen-baum sowie den Regelungen über Nachpflanz-ungen in Allee-Lücken. Er begrüßte daher aus-drücklich, dass der Landesbetrieb Straßenbaudie ESAB für die Landesstraßen nicht anwendenwolle.

Hans Leser, MUNLV, stellte das Förderprogrammfür die 100-Alleen-Initiative vor. Obwohl inzwi-

Foto: Peter Schütz

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Leitung: Horst Frese, NUA

10:00 UhrBegrüßungHorst Frese, Leiter der NUAFerdinand Zerbst, stellvertretender Bürger-meister der Stadt Recklinghausen

10.10 UhrEinführungEckhard Uhlenberg, MdL, Minister für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes NRW

10:30 UhrGrußworteDr. Norbert Heinen, Vorsitzender des Rheinischen Vereins fürDenkmalpflege und Landschaftsschutz

Beigeordneter Stephan Keller,Städte- und Gemeindebund NRW

Werner Gehring, Hauptgeschäftsführer des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes

10:50 UhrBedeutung der AlleenMark vom Hofe, Vorsitzender der Landesge-meinschaft Naturschutz und Umwelt NRW(LNU)Diskussion

11:30 Uhr Kaffeepause

11:45 UhrUmsetzungsbeispiele:

- Allee bei Gut Wendlinghausen (Dörentrup), Joachim von Reden

- Neue Alleen im Rhein-Erft- KreisStefan Kitlas, Jörg Henschke

- Alleen: Anforderung an Pflanzmaterial,Herstellungspflege, Heinz Pieper, Baum-schule Horn-Bad Meinberg

Gesamtdiskussion

12:45 Uhr Mittagsimbiss

13:40 UhrAlleenplanung und StraßenplanungMichael Heinze, Ministerium für Bauen undVerkehr des Landes NRW

14.10 UhrESAB/RPS und AlleenschutzProf. Albert Schmidt, Präsident der Forschungs-gesellschaft Landschaftsentwicklung Land-schaftsbau

Gesamtdiskussion

14:50 Uhr100-Alleen-Initiative: Förderung und UmsetzungHans Leser, Leiter des MB 3, MUNLV

15:05 UhrDie deutsche Alleenstraße als Beitrag zum Schutzeinzigartiger Landschaftsbestandteile und zurFörderung eines naturverträglichen TourismusBernd Krebs, Vorstand der ArbeitsgemeinschaftDeutsche AlleenstraßePerspektive Deutsche Alleenstraße – Strecken-abschnitt NRW -Rainer Fischer, Kerstin Agatz, LNUDiskussion

15:50 UhrAbschließende Diskussion

TagungsprogrammAlleen in NRW - 100 Alleen-Initiative des Landes NRWDeutsche Alleenstraße (Teilabschnitt NRW)

13. Dezember 2006, Recklinghausen