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Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Seite 2
InhaltsverzeichnisA. Die „Obligation“
I. Begriff
1. Definition
2. Erläuterungen
a. Forderung
b. Leistung
c. Synallagma
d. Unvollkommen zweiseitiger Vertrag
e. Einseitig verpflichtender Vertrag
II. Einteilung der Obligationen
1. Nach der Dauer
2. Nach dem Entstehungsgrund
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
B. Entstehung der Obligation: Vertrag
I. Vertragsbegriff
II. Zustandekommen
1. „Konsens“
2. Antrag (vgl. Art. 3 OR)
a. Begriff
b. Wirkung des Antrags
c. Abgrenzung zur invitatio ad offerendum
d. Insb: Zusendung unbestellter Ware (Art. 6a OR)
3. Annahme
a. Begriff
b. Ausnahme
4. Übereinstimmung von Angebot und Annahme (Konsens)
5. Exkurs: automatisierte Willenserklärungen
a. Elektronische Willenserklärung
b. Automatisierte Willenserklärung
c. Agentenerklärung
Seite 3
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
III. Auslegung und Ergänzung des Vertrags
1. Auslegungsmittel
a. Sprachgebrauch („Wortlaut“)
b. Sonstige Umstände
c. Vertragszweck
d. Treu und Glauben
e. Typische Ausprägungen dieser Grundsätze
2. Ergänzung
a. Problem
b. Instrumente der Lückenfüllung
c. hypothetischer Parteiwille
d. Rangordnung der Ergänzungsinstrumente
IV. Gültigkeitsvoraussetzungen
1. Form
a. Formzwang
b. Formzwecke
c. Formtypen
d. Reichweite des Formzwangs
e. Rechtsfolge des Formmangels
f. Teilnichtigkeit
g. Umdeutung (Konversion)
h. Vereinbarte Form (gewillkürte Form)
Seite 4
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2. Möglichkeit
3. Widerrechtlichkeit
a. Übersicht
b. Öffentliche Ordnung
c. Persönlichkeitsrechte (Art. 27 ZGB)
4. Sittenkonformität
a. „Gute Sitten“
b. Fallgruppen
c. Rechtsfolgen
5. Übersicht
V. Einseitige Unverbindlichkeit
1. Begriff
2. Gründe
3. Geltendmachung
4. Irrtum (Art. 23 – 27 OR)
a. Begriff
b. Wesentlicher Irrtum (Art. 23 OR)
c. Rechtsfolgen
d. Grundlagenirrtum und clausula rebus sic stantibus
Seite 5
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
5. Täuschung (Art. 28 OR)
a. Voraussetzungen der Täuschung (Art. 28 I OR)
b. Täuschung durch Dritte (Art. 28 II OR)
c. Rechtsfolgen
6. Drohung (Art. 29, 30 OR)
a. Voraussetzungen der Drohung
b. Drohung durch Dritte (Art. 29 II OR)
c. Rechtsfolgen
Seite 6
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C. Entstehung der Obligation: «Selbstbindung ohne Vertrag»
I. Faktischer Vertrag?
II. Kaufmännisches Bestätigungsschreiben
III.Culpa in Contrahendo
1. Beispiele
2. Schutzdefizite des Deliktsrechts
3. Haftung aus cic
a. Tatbestandsmerkmale
b. Insb: Pflichtverletzung
c. Typen vorvertraglicher Pflichten
4. Folgerungen aus dem Schuldverhältnis
5. Schadenersatz
6. Rechtsnatur
IV. Vertrauenshaftung
1. Tatbestand
2. Rechtsfolgen
3. Cic
4. Rechtsprechung
Seite 7
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
V. GoA (Art. 419-424)
1. Begriff
2. Tatbestand
3. Ansprüche des GH
4. Ansprüche des berechtigten GF
5. Ansprüche des unberechtigten GF
6. Unechte GoA (Art. 423)
Seite 8
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung
I. Allgemeines
1. Begriff
2. Beteiligte
3. Bereicherungsanspruch
II. Typen der Kondiktion
III. Leistungskondiktion
1. Condictio sine causa/ob causam finitam
a. Auffinden der Anspruchsgrundlage
b. Leistung
c. Entreicherung des BereicherungsG
d. Bereicherung des BereicherungsS
e. Irrtum des BereicherungsG (Art. 63 I OR)
f. Die Bereicherung
g. Rechtsfolge
2. Rückerstattung der Bereicherung
a. Grundsatz
b. Ausnahme
c. Einrede der Entreicherung (Art. 64 OR)
d. Insb.: „Entäusserung“ (Art. 64 2. HS OR)
e. Insb.: nicht real restituierbare Leistungen
Seite 9
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
3. Bereicherung und Synallagma
a. Grundsatz
b. Problem
c. Zweikondiktionentheorie
d. Saldotheorie
4. Gegenansprüche des BereicherungsS gegen -G
a. Ersatz der notwendigen Verwendungen (Art. 65 I 1. Alt OR)
b. Ersatz der nützlichen Verwendungen (Art. 65 I 2. Alt OR)
c. Kein Ersatz von Luxusverwendungen (Art. 65 II OR)
5. Condictio ob causam futuram
IV. Nichtleistungskondiktion (nur Eingriffskondiktion)
1. Vorbeobachtung
2. Eingriffskondiktion (gem. Beispiel)
3. Nutzung, Gebrauch und Verbrauch fremder Sachen
Seite 10
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
E. Vertiefungen: Vertragsschluss
I. Scherzerklärung, Mentalreservation, Simulation und Umgehung
1. Scherzerklärung
2. Geheimer Vorbehalt (Mentalreservation)
3. Scheingeschäft (Simulation)
4. Umgehungsgeschäft
II. (Versteckter) Dissens
III. Bedingung (Art. 151 ff. OR)
1. Begriff und Einteilung
2. Zulässigkeit
3. Eintritt der Bedingung
Seite 11
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
IV. Vertragsschluss auf Grundlage von „AGB“
1. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
2. Vor- und Nachteile von AGB
3. „Kontrolle“ von AGB
a. Geltungskontrolle
b. Auslegungskontrolle
c. Inhaltskontrolle
4. Konflikt von AGB
V. Widerruf von „Haustür“geschäften (Art. 40a ff. OR)
1. Anwendungsvoraussetzungen
a. persönliche
b. sachliche
c. situative (Art. 40b OR)
2. Problem
3. Widerrufsrecht des K
4. Rechtsfolgen des Widerrufs
5. Vgl. Art. 16 KKG; Art. 406a ff. OR
Seite 12
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F. Obligationenrechtliche Ansprüche
I. Erfüllungsanspruch
1. Durchsetzung
2. „Indirekte“ Durchsetzung (insb. bei synallagmatischen Leistungen)
3. Besicherung von Forderungen
II. Ansprüche aus Vertragsverletzung („Leistungsstörungsrecht“)
1. Typen von Vertragsverletzungen
2. Nicht- oder Schlechtleistung?
3. Nichtleistung i.e.S.: Unmöglichkeit (U)
a. Erläuterungen
b. Einteilung der Unmöglichkeitsfälle nach der Ursache
c. Rechtsfolgen der U
4. Spätleistung: Schuldnerverzug (SV)
a. Voraussetzungen
b. Insbesondere: Verfallstaggeschäft
c. Insbesondere: Antizipierter Vertragsbruch
d. Rechtsfolgen allgemein
e. Optionen des G bei synallagmatischen Verträgen
Seite 13
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
5. Schlechterfüllung
a. Begriff
b. Rechtsbehelfe
c. Verhältnis der Rechtsbehelfe zueinander
d. Voraussetzungen der Haftung aus pVV
e. Rücktritts-/Kündigungsrecht
f. Zusammenfassung Art. 107 Abs. 2 OR (Wahlrechte)
6. Nebenpflichtverletzungen
a. Übersicht: Pflichten
b. Typen von Nebenpflichten
c. Rechtsgrund für Nebenpflichten
d. Rechtsfolgen der Pflichtverletzung
7. Gläubiger- oder Annahmeverzug
a. „Annahme“
b. Annahmeverzug
c. Rechtsfolgen (allgemein)
d. Rechtsfolgen (Sachleistungen)
e. Rechtsfolgen (Dienstleistungen u.a.)
8. Konventionalstrafe (Art. 160 – 163 OR)
Seite 14
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G. Erlöschen der Obligation
I. Erfüllung (Art. 114 OR)
1. Rechtzeitigkeit
a. S muss spätestens bei Fälligkeit leisten
b. S darf u.U. schon früher leisten
2. Am rechten Ort
a. vereinbarter Erfüllungsort
b. mangels Vereinbarung: gesetzlicher E
c. Insb: Schickschuld
3. Geschuldete Leistung
a. geschuldeter Erfolg
b. geschuldete Tätigkeit
c. Insb.: Leistung „an Erfüllungs Statt“ /Leistung ”erfüllungshalber”
4. Leistung an G
II. Insb.: Verrechnung
III. Erlass
IV. Novation
V. Vereinigung (Konfusion)
Seite 15
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VI. Verjährung
1. Begriff
2. Sinn und Zweck
3. Dauer
4. Stillstand/Hinderung und Unterbrechung
5. Gesetzesrevision (in Kraft ab 01.01.2020)
VII. Erlöschen des Schuldverhältnisses
1. Abwicklung des Vertrags
2. Aufhebungsvertrag
3. Kündigung
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H. Drittbeteiligte
I. Stellvertreter (Art. 32 ff. OR)
1. Begriff
2. Vertretungswirkung
a. Voraussetzung: Vollmacht (VM)
b. Voraussetzung: kein vertretungsfeindliches Geschäft
c. Urteilsfähigkeit des StV
d. Wirkung
3. Vertreter ohne Vollmacht (falsus procurator)
a. Grundsatz: schwebende Unwirksamkeit
b. Haftung des falsus procurator mangels Genehmigung (Art. 39 OR)
c. Haftung des Vertretenen aus Anscheinsvollmacht
4. Vollmacht: Übersicht
II. Erfüllungsgehilfe (Art. 101 1. Alt OR)
1. Tatbestand
a. Schuldpflicht des S gegenüber G
b. Erfüllung der Schuldpflicht durch einen Dritten
c. Mit Wissen und Willen des S
d. Verschulden des Dritten
e. In Ausübung seiner Verrichtung (Vorsatz des Gehilfen?)
Seite 17
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
2. Rechtsfolge
III. Ausübungsgehilfe (Art. 101 2. Alt. OR)
1. Tatbestand
a. Gebrauchsüberlassungsvertrag
b. Ausübung des Gebrauchsrechts durch Dritten
c. Mit Wissen und Willen des Berechtigten
d. Verschulden des Dritten
e. In Ausübung des Gebrauchsrechts („… in Verrichtung …“)
2. Rechtsfolge → Zurechnung des Verschuldens
IV. Begünstigter
1. Echter Vertrag zugunsten Dritter
2. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
a. Ansprüche aus Delikt
b. Ansprüche aus Vertrag
c. Vertragliche Schutzwirkungen zugunsten Dritter
d. Abweichende Ansichten
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Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
V. Zessionar (Art. 164 ff. OR)
1. Zession
2. Rechtsgeschäftliche Zession
a. Voraussetzungen
b. Folge
c. Problem 1: S zahlt nach Zession an Zedenten
d. Problem 2: Schuldner zahlt nach unwirksamer Zession an Zessionar
e. Problem 3: Zedent und Zessionar streiten über die Wirksamkeit der Zession
f. Problem 4: Gegenrechte des S gegen Zedenten nach Zession
g. Problem 5: Zession nicht bestehender oder nicht einbringlicher Forderung
h. Besondere Erscheinungsformen
VI. Schuld- (Art. 175 ff. OR) und Vetragsübernehmer
1. Schuldübernahme
2. Vertragsübernahme
VII. Solidarschuldner (Art. 143 ff. OR)
Seite 19
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Lehr- und Handbücher
BERGER, Allgemeines Schuldrecht, 2. Aufl. (2012)
BUCHER, Schweizerisches Obligationenrecht – Allgemeiner Teil ohne Deliktsrecht,
2. Aufl.(1988)
ENGEL, Traité des obligations en droit suisse, 2. Aufl. (1997)
GAUCH/SCHLUEP/SCHMID/EMMENEGGER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil:
ohne ausservertragliches Haftpflichtrecht, 10. Aufl. (2014)
GUHL, Das schweizerische Obligationenrecht: Mit Einschluss des Handels- und
Wertpapierrechts, 9. Aufl. (2000)
HUGUENIN, Obligationenrecht, Allgemeiner und Besonderer Teil, 3. Aufl. (2019)
KOLLER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil: Handbuch des allgemeinen
Schuldrechts ohne Deliktsrecht, 4. Aufl. (2017)
SCHWENZER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil, 7. Aufl. (2016)
Seite 20
Literaturverzeichnis
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Seite 21
Kommentare
Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht I (Hrsg. v.
HONSELL/VOGT/WIEGAND, 6. Aufl. (2015)
Berner Kommentar, Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, verschiedene Auflagen
und Jahrgänge
Zürcher Kommentar, Kommentar zum schweizerischen Privatrecht, verschiedene Auflagen
und Jahrgänge
HONSELL (Hrsg.), Obligationenrecht Art. 1 - 529 OR. Kurzkommentar (2014)
KOSTKIEWICZ/WOLF/AMSTUTZ/FRANKHAUSER (Hrsg.), OR-Handkommentar Schweizerisches
Obligationenrecht, 3. Aufl. (2016)
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Seite 22
Lehrmaterialien
AEBI/FISCHER, Repetitorium Obligationenrecht Allgemeiner Teil, 4. Aufl. (2018)
BUCHER/WIEGAND, Übungen im Obligationenrecht: Fallsammlung mit Lösungsvorschlägen, 3.
Aufl. (2001)
GERHARDT/LEISINGER, Schweizerisches Obligationenrecht, Allgemeiner Teil: Fragen und
Antworten (2005)
HONSELL, Fälle mit Lösungen zum Obligationenrecht: Mit einer Einführung in die Methode
der Fallbearbeitung, 4. Aufl. (2017)
HUGUENIN/HOTZ, Fälle zum Obligationenrecht, Band I: Allgemeiner Teil (2014)
SCHULIN/VOGT, Tafeln zum schweizerischen Obligationenrecht, 5. Aufl. (2012)
PURTSCHERT/MAISSEN, OR AT BT, 2. Aufl. (2018)
OR 2020
Neuer Gesetzesentwurf zum OR AT
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
I. Begriff
• Rechtsverhältnis, aufgrund dessen eine Person, der Gläubiger, von einer
anderen, dem Schuldner, eine Leistung fordern kann = Schuldverhältnis
i.e.S.
• Gesamtes Rechtsverhältnis von Gläubiger und Schuldner mit allen
vertraglichen und gesetzlichen Ansprüchen (aus Haupt- und
Nebenpflichten) und Gestaltungsrechten (Anfechtung, Rücktritt,
Kündigung, Wandelung,…) = Schuldverhältnis i.w.S.
• Verständnis vom Schuldverhältnis i.w.S. ist realitätsnah, weil in aller
Regel nicht nur eine (Haupt-)Leistung geschuldet wird.
Seite 24
1. Definition
A. Die Obligation > I. Begriff > 1. Definition
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
a. Forderung
• Forderung = relatives Recht
→ Dritte nicht betroffen
• Beispiel:
V verkauft sein Buch zunächst an K1, später noch einmal an K2, dem er
es auch übergibt und übereignet. K1 fordert von K2 die Herausgabe des
Buches.
• Lösung:
Grundsatz: Anspruch nach Art. 184 I OR steht K1 nur gegen V zu
(„relatives“ Recht)
→ kein Anspruch von K1 gegen K2
Ausnahme: K2 verleitet V in der Absicht, seinen Wettbewerber K1 zu
schädigen, zum Vertragsbruch → Art. 41 II OR bzw. Art. 4 UWG
Seite 25
2. Erläuterungen
A. Die Obligation > I. Begriff > 2. Erläuterungen
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„Eingriff in fremde Forderungsrechte“
Seite 26
V
K1 K2
Ansprüche aus KV1 Ansprüche aus KV2Eingriff!
Kein Anspruch aus KV1
Ggf. Ansprüche aus:
• Art. 41 II OR
• Art. 4 lit. a UWG
A. Die Obligation > I. Begriff > 2. Erläuterungen
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
BGE 114 II 91 («Dior»)
Seite 27
Dior
VH FH
Eingriff!
Keine Ansprüche aus Vertriebsvertrag mit VH
Ggf. Ansprüche aus:
• Art. 41 II OR
• Art. 4 lit. a UWG
Anspruch auf Lieferung
(Kaufvertrag)
Anspruch auf Unterlassung
von Weiterverkäufen an
Händler (Vertriebsvertrag)
A. Die Obligation > I. Begriff > 2. Erläuterungen
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
b. Leistung = Tun, Dulden oder Unterlassen des Schuldners
• Tun: Zahlung von Geld, Übergabe einer Sache
• Dulden: Benutzung eines Weges
• Unterlassen: Konkurrenzverbot des AN
Seite 28A. Die Obligation > I. Begriff > 2. Erläuterungen
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
c. Synallagma = mehrere Leistungen stehen in einem Austauschverhältnis,
sodass jede Partei zugleich Gläubigerin und Schuldnerin ist
• Beispiel:
K kauft von V ein Auto zum Preis von CHF 24.000.--
→ K ist Gläubiger hinsichtlich des Autos,
Schuldner hinsichtlich des Geldes
→ V ist Gläubiger hinsichtlich des Geldes,
Schuldner hinsichtlich des Autos
→ vgl. Art. 184 I OR - „vollkommen zweiseitiger“
oder „synallagmatischer“ Vertrag
Seite 29A. Die Obligation > I. Begriff > 2. Erläuterungen
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Seite 30
V K
G
S
S
G
Kaufpreis
Kaufsache
A. Die Obligation > I. Begriff > 2. Erläuterungen
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Seite 31
d. Unvollkommen zweiseitiger Vertrag = die gegenseitig geschuldeten
Leistungen stehen nicht im Austauschverhältnis
• Beispiel:
Freund F erledigt unentgeltlich ein Geschäft des H und wendet dafür
CHF 20.-- Fahrtspesen auf (unentgeltlicher Auftrag)
→ H ist Gläubiger hinsichtlich der Geschäfts-
besorgung, Schuldner hinsichtlich des
Aufwandersatzes
→ F ist Gläubiger hinsichtlich des Aufwander-
satzes, Schuldner hinsichtlich der Geschäfts-
besorgung
→ aber: die Leistungen stehen in keinem
Austauschverhältnis (Aufwandersatz ist kein
„Entgelt“) = „unvollkommen zweiseitiger“
Vertrag
A. Die Obligation > I. Begriff > 2. Erläuterungen
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Seite 32
H F
G
S
S
G
Geschäft
Aufwand
Kein Entgelt!
A. Die Obligation > I. Begriff > 2. Erläuterungen
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
e. Einseitig verpflichtender Vertrag = nur eine Partei schuldet eine Leistung
• Beispiel: Schenkungsvertrag (Art. 239 ff. OR)
Großvater O schenkt seinem Enkel E ein Buch
→ O ist nur Schuldner, E nur Gläubiger
→ „einseitig verpflichtender“ Vertrag
Seite 33
E G S OBuch
A. Die Obligation > I. Begriff > 2. Erläuterungen
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
II. Einteilung der Obligationen
• Ziel- oder einfaches Schuldverhältnis = endet mit der einmaligen
Erbringung der Leistung (z.B. Kaufvertrag über ein Buch; auch:
Ratenkauf!)
• Dauerschuldverhältnis = Leistungen werden über einen Zeitraum hinweg
erbracht (z.B. Miete, Arbeitsvertrag, Gesellschaftsvertrag; auch:
Sukzessivlieferungsverträge [Strombezug])
Seite 34
1. Nach der Dauer
A. Die Obligation > II. Einteilung der Obligation > 1. Nach der Dauer
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Seite 35
2. Nach dem Entstehungsgrund
Obligationen
vertragliche gesetzliche
• Schuldvertrag
(z.B. Kauf, Art. 184 ff. OR)
• Einseitiges verpflichtendes RG
(z.B. Auslobung, Art. 8 I OR)
• Delikt (Art. 41 ff. OR)
• Bereicherung (Art. 62 ff. OR)
• GoA (Art. 419 ff. OR)
Cic
Vertrauenshaftung
«faktischer Vertrag»
A. Die Obligation > II. Einteilung der Obligation > 2. Nach dem Entstehungsgrund
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
I. Vertragsbegriff
• Vertrag = zwei- oder mehrseitiges Rechtsgeschäft
→ KONSENS erforderlich! (Art. 1 I OR)
• Beispiele:
Zweiseitiges RG = Kaufvertrag
K V
(Interessenausgleich)
Seite 37B. Entstehung der Obligation: Vertrag > I. Vertragsbegriff
Kaufpreis
Kaufsache
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Mehrseitiges Rechtsgeschäft = Gesellschaftsvertrag
Seite 38
(gleichgerichtete Interessen)
Gesellschafts
-vertrag
G1
G2G3
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > I. Vertragsbegriff
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Einseitiges Rechtsgeschäft: z.B. Auslobung (Art. 8 OR)
Seite 39
A BKein Vertrag/Konsens
Wer meinen Hund
zurück bringt,
bekommt CHF 1000.--
Das ist der Hund von A,
ich bringe ihn ihr zurück!
Leistung ohne
Verpflichtung
Auslobung =
Verpflichtung
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > I. Vertragsbegriff
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Unterscheide!
Seite 40
Auslobung (Art. 8 OR)
• einseitiges RG
des Auslobenden
(KEIN Konsens)
• einseitig verpflichtend
(Auslobender)
Schenkung (Art. 239 OR)
• zweiseitiges RG von
Schenker und Be-
schenktem (Konsens!)
• einseitig verpflichtend
(Schenker)
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > I. Vertragsbegriff
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
II. Zustandekommen
• Art. 1 OR: „…übereinstimmende gegenseitige Willensäusserung…“
• Willenserklärungen = auf die Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet,
bringt also einen Rechtsbindungswillen zum Ausdruck ( Gegensatz:
Gefälligkeit, Letter of Intent)
• ausdrücklich oder konkludent (Art. 1 II OR)
• aber: blosses Schweigen = KEINE Willenserklärung
Seite 41
1. „Konsens“
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > II. Zustandekommen > 1. Konsens
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Vertrag = Antrag + Annahme
Seite 42
A B
Antrag: «TV für CHF 1’000.—»
Annahme: «Ja»
Konsens
Kaufvertrag
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > II. Zustandekommen > 1. Konsens
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
a. Begriff
• einseitiges Rechtsgeschäft (Willenserklärung)
• auf Abschluss eines Vertrages gerichtet
• inhaltlich bestimmt (mindestens essentialia negotii = kann durch ein „ja“
angenommen werden)
• empfangsbedürftig (muss Antrags-„empfänger“ zugehen)
Seite 43
2. Antrag (vgl. Art. 3 OR)
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > II. Zustandekommen > 2. Antrag
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b. Wirkung des Antrags
• Bindung des Antragstellers (→ Gestaltungsrecht des
Antragsempfängers!; Ausnahme: „freibleibend“-Offerte)
• ab Zugang beim Antragsempfänger (zuvor ist Widerruf des erklärten
Antrags möglich; Art. 9 I OR)
• bis Ablauf der Antragsbindungsfrist (siehe Art. 4, 5 OR; lesen!)
vorrangig: Fristbestimmung im Antrag
mangels Fristbestimmung:
unter Anwesenden: sofortige Annahme
unter Abwesenden: angemessene Frist (Überlegungs- und
Transportzeit)
Seite 44B. Entstehung der Obligation: Vertrag > II. Zustandekommen > 2. Antrag
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Seite 45
A A B
01.10.2007
Innerer Vorgang;
= Wollen im psycho-
logischen Sinne
KEINE Willenserklärung
3.10.2007, 13:34 Uhr 3.10.2007, 13:57 Uhr
Willenserklärung ist
existent aber noch nicht
bindend (noch kein
Empfang)
Willenserklärung geht
zu und bindet A;
B hat angemessene
Annahmefrist gem.
Art. 5 I, II OR
Möchte meinen
TV für CHF 1’000.--
verkaufen
Von: [email protected]
„Biete meinen TV
für CHF 1’000.--“
Inbox:
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > II. Zustandekommen > 2. Antrag
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c. Abgrenzung zur invitatio ad offerendum
• = unverbindliche Einladung, einen Antrag zu stellen (vgl. Art. 7 I OR)
• Z.B. „ZGB“ im Schaufenster der Buchhandlung
Keine Preisauszeichnung: invitatio
Preisauszeichnung: Antrag (Art. 7 III OR)
• Z.B. Versand von Prospekten (Art. 7 II OR)
Seite 46B. Entstehung der Obligation: Vertrag > II. Zustandekommen > 2. Antrag
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• Z.B. Inserat in www.homegate.ch; Vermieter zeigt Wohnung am
23.10.2018; Interessenten melden sich an; Vermieter ruft einen
Interessenten am 1.11.2018 zurück und meint, er würde ihm gerne die
Wohnung vermieten→ ?
unverbindliches Inserat
unverbindliches Zeigen/Besichtigen der Wohnung
unverbindliche Anmeldung als „Mietinteressent“, weil „Interesse
äussern“ noch keine (verbindliche) Willenserklärung/Antrag ist
Rückruf = Antrag!
Seite 47B. Entstehung der Obligation: Vertrag > II. Zustandekommen > 2. Antrag
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
d. Insb.: Zusendung unbestellter Ware (Art. 6a OR)
• Beispiel: E erhält vom Verlag X eine Enzyklopädie in 4 Bänden; der
Lieferung liegt eine „Rechnung“ samt Zahlschein (CHF 1’200.--) bei; E
verwendet die Enzyklopädie mehrmals, entsorgt sie dann aber aus
Platzmangel
→ was schuldet E?
• aus Kaufvertrag?
Zusendung ist kein Antrag (Art. 6a I OR!)
Benutzung daher keine Annahme
→ keine Haftung aus Vertrag
• aus Delikt, …?
→ nein, s. Art. 6a II OR
• Ergebnis: E schuldet nichts.
Seite 48B. Entstehung der Obligation: Vertrag > II. Zustandekommen > 2. Antrag
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a. Begriff
• einseitiges Rechtsgeschäft (Willenserklärung)
• Einverständnis mit objektiv und subjektiv wesentlichen Punkten (vgl. Art. 2
OR; lesen!)
• Empfangsbedürftig
→ V kommt mit Zugang der Annahme beim Antragenden zustande (aber:
Vertragswirkungen nach Art. 10 I OR; z.B. Art. 119 ↔ 20 OR!)
• Zugang binnen der Annahmefrist
Seite 49
3. Annahme
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > II. Zustandekommen > 3. Annahme
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
b. Ausnahme: Annahme durch (blosses) Stillschweigen (Art. 6 OR)
• Natur des Geschäfts
z.B. nur vorteilhafter Vertrag (Schenkung)
• Umstände
Gepflogenheiten der Parteien
Antrag nach invitatio ad offerendum
• Insb.: Art. 395 OR (lesen!)
Seite 50B. Entstehung der Obligation: Vertrag > II. Zustandekommen > 3. Annahme
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• = inhaltliche Übereinstimmung von Antrag und Annahme → bilden
zusammen Vertrag (hier: zweiseitiges RG)
• Inhalt des Antrags/der Annahme? = Ergebnis der Auslegung
Willenstheorie (vgl. Art. 18 I OR; insb. falsa demonstratio non nocet;
vgl. BGE 123 III 35 E. 2b.)
Erklärungstheorie
(vermittelnde) Vertrauenstheorie
Seite 51
4. Übereinstimmung von Angebot und Annahme (Konsens)
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > II. Zustandekommen > 4. Übereinstimmung
(Konsens)
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Beispiel:
A, ein pensionierter ZGB-Professor, bietet seinem Nachfolger B „seine
Bibel“ für CHF 20.-- zum Kauf an. A meint damit sein mit handschriftlichen
Anmerkungen versehenes Lehrbuch zum ZGB.
B antwortet mit „sehr gerne“ und meint:
(Variante 1) ein ZGB-Lehrbuch gekauft zu haben (weil er A und dessen
„Bibel“ sehr gut kennt);
(Variante 2) eine Bibel gekauft zu haben (weil er A erst kurz und dessen
„Bibel“ nicht kennt).
Auslegungsergebnisse nach der Willens-, Erklärungs- und
Vertrauenstheorie?
Seite 52B. Entstehung der Obligation: Vertrag > II. Zustandekommen > 4. Übereinstimmung
(Konsens)
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
5. Exkurs: automatisierte Willenserklärungen
a. Elektronische Willenserklärung
• elektronisches Medium dient lediglich als «Werkzeug».
• formell und materiell geht die Erklärung vom Menschen aus
• Bsp: E-Mail
b. Automatisierte Willenserklärung
• Technologie als Erzeugungshilfe der Erklärung
• relevante Aktionsparameter vorprogrammiert
• Hilfe kann minimal sein oder bis zur vollen Automatisierung reichen
• vollautomatisiert → weder bei Erstellung noch bei Absendung der
Willenserklärung sind Menschen unmittelbar beteiligt
• Bsp: Online-Shop mit vollautomatisierter Bestellungsentgegennahme und
–ausführung, wobei die Handlungsparameter vordefiniert sind
Seite 53
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
c. Agentenerklärung
• autonomer elektronischer Agent, der zu adaptivem und autonomem
Handeln fähig ist
• lernt aus vergangenen Entscheidungen und reagiert auf nicht
vorprogrammierte Situationen
• Problem: hinreichend konkreter Wille des Benutzers zum
Vertragsschluss?
• Bsp: Softwareprogramm vermag die Auswahl von Lieferanten aufgrund
von Qualitätsmerkmalen anzupassen (bspw. weil erkannt wurde, dass
der eine Lieferant weniger Produktionsfehler verzeichnet).
Beachte: Eine einheitliche Terminologie existiert (noch) nicht.
Seite 54
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III. Auslegung und Ergänzung des Vertrags
a. Sprachgebrauch („Wortlaut“)
• individueller („authentische Definition“; z.B. „Unfall“ i.S.d. AUB)
• allgemeiner (z.B.: Deckungsausschluss von „Operationen“ in AUB →
„Operation“ = chirurgischer Eingriff zwecks Änderung oder Beseitigung
eines bestehenden Zustandes im Sinn einer therapeutischen
Massnahme
→ nicht „Myelographie“(BGE 85 II 344 [348])
• branchenüblicher Gebrauch, z.B. „INCOTERMS“ („Erklärungssitte“)
• fachspezifischer Gebrauch, insb. unter Experten, z.B. Ärzten
Seite 55
1. Auslegungsmittel
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > III. Auslegung und Ergänzung > 1. Auslegungsmittel
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b. Sonstige Umstände, z.B.
• Ort und Zeit des Vertragsschlusses
• Verhalten vor (= Verhandlungen!) und nach (= Erfüllung!)
Vertragsschluss
c. Vertragszweck
• nicht: einseitiges Vertragsschlussmotiv!
d. Treu und Glauben
• „objektivierte Auslegung“
Seite 56B. Entstehung der Obligation: Vertrag > III. Auslegung und Ergänzung > 1. Auslegungsmittel
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e. Typische Ausprägungen dieser Grundsätze
• Verbot“ der Wortlautinterpretation
• Systematische bzw. ganzheitliche Auslegung
• Gesetzeskonforme Auslegung
• Favor negotii (Auslegung, die dem Vertrag Gültigkeit und weitestgehende
Wirkung verleiht)
Seite 57B. Entstehung der Obligation: Vertrag > III. Auslegung und Ergänzung > 1. Auslegungsmittel
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a. Problem
• Parteien sehen nicht jedes Problem voraus (es gibt keinen „vollständigen
Vertrag“)
• Vertrag enthält „planwidrige Lücken“
• „Auslegung“ (= Ermittlung des tatsächlichen Parteiwillens) hilft nicht
weiter
b. Instrumente der Lückenfüllung
• dispositives Recht
• Verkehrssitte/Handelsbrauch (z.B. Art. 189 I)
• ergänzende Vertragsauslegung(= Ermittlung des „hypothetischen“
Parteiwillens)
Seite 58
2. Ergänzung
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > III. Auslegung und Ergänzung > 2. Ergänzung
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c. hypothetischer Parteiwille
• = Suche nach dem Vertragsinhalt, den redliche Parteien in der Situation
der Vertragspartner nach Treu und Glauben vereinbart hätten, wenn sie
die Regelungslücke erkannt hätten
• = „Fortdenken“ des tatsächlichen Parteiwillens
• äusserste Grenze = tatsächlicher Parteiwille
Seite 59B. Entstehung der Obligation: Vertrag > III. Auslegung und Ergänzung > 2. Ergänzung
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d. Rangordnung der Ergänzungsinstrumente
• Str.!
• Vorrang dispositiven Rechts
Bindung des Richters an Gesetz
kein abweichender realer Parteiwille
• Vorrang des hypothetischen Parteiwillens
= Fortdenken des realen Parteiwillens → steht der individuellen
Regelung näher als „objektive“ Regelung durch dispositives Recht
jedenfalls, wenn dispositives Recht und realer Parteiwille unvereinbar
sind
• ev. differenzierte Lösung?!
Seite 60B. Entstehung der Obligation: Vertrag > III. Auslegung und Ergänzung > 2. Ergänzung
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Beispiel:
M, der von V Geschäftsräume mieten will, fordert eine 10-jährige Mietdauer,
weil sich erst ab dem 4. Geschäftsjahr die Investitionen „lohnen“ würden; V,
dem 10 Jahre zu lang sind, meint, man würde sich bestimmt noch für beide
Teile zufrieden stellend einigen. Daraufhin übernimmt M die Räume und
bezahlt die ersten beiden Mieten.
M und V haben zwischenzeitlich einen Streit begonnen, weswegen V den
Mietvertrag unter Berufung auf Art. 266d OR kündigt.
→ Ist die Kündigung wirksam?
Seite 61B. Entstehung der Obligation: Vertrag > III. Auslegung und Ergänzung > 2. Ergänzung
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IV. Gültigkeitsvoraussetzungen
a. Formzwang
• Ausnahme zum Grundsatz der Formfreiheit (= Teil der Vertragsfreiheit;
vgl. Art. 11 I OR)
• aufgrund gesetzlicher Formvorschrift (vgl. Art. 11 I OR; Beispiele: Art.
216 I OR [Grundstückskauf]; Art. 243 OR [Schenkungsversprechen]; Art.
356c I OR; Art. 408 II OR [Kreditauftrag]; Art. 493 OR [Bürgschaft])
• Rechtfertigung durch Formzweck
Seite 62
1. Form
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > IV. Gültigkeitsvoraussetzungen > 1. Form
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b. Formzwecke
• Warnung der Vertragspartei(en)
• Beweissicherung für Vertragspartei(en)
• Publizität (Art. 165 I OR; Art. 991, 992 OR)
• Kontrolle (z.B. Registerführung; vgl. Art. 216 I OR und Art. 656 I ZGB)
c. Formtypen
• einfache Schriftlichkeit (Art. 12 – 15 OR)
• qualifizierte Schriftlichkeit (Art. 493 II 2 OR; Art. 9 ff. KKG)
• öffentliche Beurkundung (vgl. Art 55 I schlT ZGB; s. Art. 493 II 1 OR; Art.
216 I, II OR; Art. 243 II OR)
Seite 63B. Entstehung der Obligation: Vertrag > IV. Gültigkeitsvoraussetzungen > 1. Form
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d. Reichweite des Formzwangs
• alle objektiv und subjektiv wesentlichen Vertragsbestandteile
• Beispiel 1: K und V einigen sich auf Grundstückskauf für CHF 900.000.--;
weiter vereinbaren sie, dass K den Preis in 10 Monatsraten zu je CHF
90’000.-- erbringen soll; V garantiert die im Vertrag angegebene Grösse
des Grundstücks; beurkundet werden nur der Kaufgegenstand und der
Kaufpreis → formpflichtig = alle subjektiv und objektiv wesentlichen
Vertragsbestandteile, also auch die erwähnten Nebenabreden
• Beispiel 2: K und V einigen sich auf Grundstückskauf für CHF 900’000.--;
V ist Architekt und verpflichtet sich, für CHF 60’000.-- die Bebauung des
Grundstücks zu konzipieren und zu überwachen. Beurkundet wird nur der
Grundstückskauf nicht aber der verbundene Architektenvertrag
→ 2 inhaltlich getrennte Geschäfte, auch wenn Architektenvertrag nicht
ohne Grundstückskauf geschlossen worden wäre
→ anders: Architekt veräussert Grundstück und erbringt Architektenleistung
zu einem Gesamtpreis (CHF 960’000.--)
Seite 64B. Entstehung der Obligation: Vertrag > IV. Gültigkeitsvoraussetzungen > 1. Form
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• Beispiel 3: S verspricht E, ihm ein Auto in Wert von CHF 30’000 zu
schenken, sobald er seinen Studienabschluss hat. Diese Vereinbarung
halten sie gemäss Art. 243 Abs. 1 OR schriftlich fest und unterzeichnen
sie (einfache Schriftlichkeit).
• Beispiel 4: V will M seine Wohnung kündigen. Dazu verwendet er das
vom Kanton genehmigte Formular gemäss Art. 266l Abs. 2 OR, welches
darüber Auskunft gibt, wie M vorzugehen hat, wenn er die Kündigung
anfechten oder eine Erstreckung des Mietverhältnisses will (qualifizierte
Schriftlichkeit).
Seite 65
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e. Rechtsfolge des Formmangels
• Grundsatz: absolute, von Amts wegen zu beachtende Nichtigkeit (str.)
• Ausnahmen:
gesetzliche Sondervorschriften (Art. 15 KKG)
missbräuchliche Berufung auf Formnichtigkeit (Art. 2 ZGB)
o Berufung auf Formnichtigkeit nach Erfüllung
o arglistige Veranlassung des Formmangels
(BGE 104 II 99; vgl. Scheingeschäft↓)
Seite 66B. Entstehung der Obligation: Vertrag > IV. Gültigkeitsvoraussetzungen > 1. Form
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f. Teilnichtigkeit
Beispiel:
beurkundeter GrundstückskaufV; Klausel über Konventionalstrafe irrtümlich
nicht beurkundet
→ Klausel nichtig (Art. 216 I OR)
→ Gesamtvertrag nichtig?
→ Art. 20 II OR (analog) = hypothetischer Parteiwille entscheidet
(= ergänzende Vertragsauslegung)
Seite 67B. Entstehung der Obligation: Vertrag > IV. Gültigkeitsvoraussetzungen > 1. Form
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g. Umdeutung (Konversion)
• formnichtiges Geschäft wird als ein anderes, nicht formpflichtiges
Geschäft aufrecht erhalten, das dem Geschäftszweck des nichtigen
zumindest nahe kommt
• Beispiel: formunwirksame Inkassozession (s. Art. 165 I OR) →
Umdeutung in eine nicht formbedürftige Inkassovollmacht
• hypothetischer Parteiwille entscheidet (= ergänzende Vertragsauslegung)
h. Vereinbarte Form (gewillkürte Form)
• bei Fehlen einer gesetzlichen Formvorschrift
• Grundlage: Vereinbarung (bedarf selbst keiner Form)
• kann einvernehmlich (auch formlos!) aufgehoben werden
• im Zweifel konstitutiv (Art. 16 I OR)
Seite 68B. Entstehung der Obligation: Vertrag > IV. Gültigkeitsvoraussetzungen > 1. Form
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• Vertrag, der auf eine anfänglich und objektiv unmögliche Leistung
gerichtet ist, ist gemäss Art. 20 I OR nichtig
• evtl. Teilnichtigkeit (Art. 20 II OR)
• rechtspolitisch umstritten!
Seite 69
2. Möglichkeit
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > IV. Gültigkeitsvoraussetzungen > 2. Möglichkeit
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a. Übersicht
Seite 70
3. Widerrechtlichkeit
Widerrechtlichkeit
Zwingendes
VertragsrechtÖffentliche Ordnung
Persönlichkeits-
rechte
Klausel
unbeachtlich
(im Zweifel)
Nichtigkeit
- Reduktion
- Einseitig
unwirksam
Oder:
«sittenwidrig»?
[str.]
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > IV. Gültigkeitsvoraussetzungen >
3. Widerrechtlichkeit
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b. Öffentliche Ordnung
• „Verbotsnormen“ (Teleologie!)
JA: Vertrag, der gegen Strafrecht verstösst
NEIN: Vertrag, der gegen LadenschlussG verstösst
• Teilnichtigkeit gemäss hypothetischem Parteiwillen? → ja, wenn mit
Zweck der Verbotsnorm vereinbar
Seite 71B. Entstehung der Obligation: Vertrag > IV. Gültigkeitsvoraussetzungen >
3. Widerrechtlichkeit
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c. Persönlichkeitsrechte (Art. 27 ZGB)
• Rechts- und Handlungsfähigkeit (Art. 27 I ZGB)
• Freiheit (Art. 27 II ZGB)
(relative) Unwirksamkeit: „Stuntman“ kann aussteigen,
Vertragspartner nicht (vgl. Koller , OR AT 1 Rn 145 (Auflage 2009))
oder
Reduktion auf ein verträgliches Mass: „ewiger“ Vertrag →
Kündigungsmöglichkeit
(vgl. Koller , OR AT §13.157)
Seite 72B. Entstehung der Obligation: Vertrag > IV. Gültigkeitsvoraussetzungen >
3. Widerrechtlichkeit
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a. „Gute Sitten“
= Anstandsgefühl der gerecht und billig Denkenden („herrschende Moral“)
Oder
= Ordnungsprinzipien und Wertmassstäbe (z.B. Grundrechte!) der gesamten
Rechtsordnung („Ethik der Rechtsordnung“)
Seite 73
4. Sittenkonformität
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > IV. Gültigkeitsvoraussetzungen > 4. Sittenkonformität
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b. Fallgruppen
Seite 74
Sittenwidrigkeit
Verstoss gegen
die Sexualmoral
(vgl. BGE 129 III
604)
- Prostitution
- Nicht:
Pornographie
Einflussnahmen
- Verleitung zum
Vertragsschluss
(Schmiergeld; BGE
119 II 380)
- Verleitung zum
Vertragsbruch
(BGE 114 II 91[↑])
- Beeinflussung
einer Versteigerung
(BGE 109 II 123;
BGE 112 II 123)
Inäquivalenz?
• Art. 21 OR
- subjektive
Kriterien
- befristete
Anfechtung [↓]
• daneben auch
Art. 20 I OR bei
besonders
krasser
Inäquivalenz?
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > IV. Gültigkeitsvoraussetzungen > 4. Sittenkonformität
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c. Rechtsfolgen
• Nichtigkeit (Art. 20 I OR)
• ev. Teilnichtigkeit (Art. 20 II OR)
Seite 75B. Entstehung der Obligation: Vertrag > IV. Gültigkeitsvoraussetzungen > 4. Sittenkonformität
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Seite 76
5. Übersicht
Nichtigkeit
= Vertrag als nicht geschlossen behandelt
→ KEIN vertragliches Rückgewährschuld-
verhältnis
→ SONDERN: Art. 641 II ZGB; Art. 62 ff. OR
Grundsatz
- Absolut
- von Amts wegen
zu berücksichtigen
(noch) Ausnahme
- Relativ
- von Partei geltend
zu machen
- z.B. Art. 27 II ZGB …
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > IV. Gültigkeitsvoraussetzungen > 5. Übersicht
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V. Einseitige Unverbindlichkeit
• Ungültigkeit, die nur von einer Partei geltend gemacht werden kann
↔
• Anfechtbarkeit, d.h. Vertrag vorbehaltlich einer Anfechtung gültig
• h.M.: ex tunc; KEIN vertragliches Rückabwicklungsverhältnis, sondern
Rückabwicklung nach Sachen- und Bereicherungsrecht
• Übervorteilung (Art. 21 OR) [↑]
• Irrtum (Art. 23 – 27 OR)
• Täuschung (Art. 28 OR)
• Drohung (Art. 29, 30 OR)
Seite 77
1. Begriff
2. Gründe
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 1. Begriff
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• Erklärung (vgl. Art. 31 I OR; Art. 21 I OR)
• Frist = 1 Jahr (Art. 31 I OR; Art. 21 I OR)
ab Entdeckung von Irrtum oder Täuschung (Art. 31 II OR)
bzw.
– ab Beseitigung der Drohung (Art. 31 II OR)
– ab Vertragsschluss bei Übervorteilung (Art. 21 II OR)
Seite 78
3. Geltendmachung
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 3. Geltendmachung
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
a. Begriff
• falsche Vorstellung über die Wirklichkeit
• a. falsche Vorstellung über das Erklärte (Diskrepanz von Wille und
Erklärung; fehlerhafter Erklärungsakt oder Inhalt = Erklärungsirrtum)
• b. falsche Vorstellung über Grundlagen der Erklärung (Grundlagenirrtum)
Seite 79
4. Irrtum (Art. 23 – 27 OR)
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 4. Irrtum
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Beispiele:
a. N unterschreibt das ihr vorgelegte Schriftstück „blind“, weil sie aufgrund
der Umstände davon ausgeht, es handle sich um ein Glückwunschschreiben
an einen Kunden. Später bemerkt sie, dass es sich um einen Bestellbrief
gehandelt hat
b. O stellt seinem Gläubiger zur Besicherung der Forderung in Höhe von
CHF 1.000.-- einen blanko-Wechsel aus. G füllt den Wechsel mit dem
Betrag von CHF 10.000.-- aus
c. M möchte mit der Bahn von Zürich nach Genf und zurück reisen; in die
Maske der Internet-Buchung trägt M als Abfahrtsort Genf und als Zielort
Zürich ein
d. P schickt den angestellten Fahrer F mit der Botschaft zu seinem
Geschäftspartner G, P wolle von G 2 Fuhren Zement; F notiert die Botschaft
schlampig und erklärt gegenüber G, P wolle 20 Fuhren Zement
Seite 80B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 4. Irrtum
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
e. R wendet sich an Künstler M, weil er ihn für den berühmten Portraitisten
N hält
f. S kauft von V „dessen“ Auto, weil er meint, es handle sich um den (in
Wirklichkeit gemieteten) Porsche, mit dem er V häufig sieht
g. T kauft ihrem Mann ein Fahrrad, weil sie fälschlich davon ausgeht, dieser
würde sich darüber freuen
h. U kalkuliert seine Preise für Musikinstrumente unter Zugrundelegung der
Anschaffungskosten zuzüglich 100% Gewinnaufschlag; infolge eines
Rechenfehlers (Variante 1) bzw. Schreibfehlers bei der Preisauszeichnung
(Variante 2) verkauft U mehrere Stück weit unter dem gewollten Preis
i. Metzger V kauft beim Produzenten W 120 Kilo Fleisch à CHF 15.--; im
schriftlichen Vertrag wird der Kaufpreis mit „CHF 15.-- /Kilo = CHF 1.600.--“
angegeben
j. Kunsthändler K kauft ein Gemälde, weil er es für künstlerisch wertvoll und
daher für gewinnträchtig veräusserbar hält
Seite 81B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 4. Irrtum
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
k. Kunstsammler L kauft ein Gemälde, weil er es für einen echten Picasso hält
l. A kauft ein Auto von B, weil er ihn für einen „offiziellen“ Vertragshändler des
Produzenten hält
m. M und F beenden ihren Streit über den Prozentsatz zur Berechnung des
Unterhalts der F mit einen Vergleich für die nächsten 5 Jahre; dabei gehen sie
von einem Jahreseinkommen des M von CHF 140.000.-- aus; später stellt
sich heraus, dass M im Zeitpunkt des Vergleichs jährlich CHF 160.000.--
verdiente; ein Jahr später verliert M seine Stelle und muss eine wesentlich
schlechter dotierte Stelle antreten
Seite 82B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 4. Irrtum
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
b. Wesentlicher Irrtum (Art. 23 OR)
• Begriff
Irrender hätte Vertrag nicht (so) geschlossen (subjektive
Wesentlichkeit)
Irrendem ist Bindung gemäss Treu und Glauben nicht zumutbar
(objektive Wesentlichkeit)
• „Vermutete“ Wesentlichkeit (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 1 – 3 OR)
error in negotio
error in obiecto
error in persona
error in quantitate
Seite 83B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 4. Irrtum
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• notwendige Grundlage des Vertrages (Art. 24 I Z. 4 OR)
subjektive Wesentlichkeit im Sinne einer conditio sine qua non
objektive Wesentlichkeit nach Treu und Glauben (= Abstellen auf
redlichen Dritten)
Erkennbarkeit der subjektiven und objektiven Wesentlichkeit für
Vertragspartner [str.]
Seite 84B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 4. Irrtum
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
c. Rechtsfolgen
• einseitige Unverbindlichkeit (Art. 23 OR) [↑]
• Ausnahmen:
Treu und Glauben (Art. 25 I OR)
z.B. Lösung vom Vertrag nach verschuldetem Unmöglichwerden der Leistung
Konversion bei Zustimmung zum vom Irrenden Gewollten durch
Vertragspartner (nur bei Erklärungsirrtum!; Art. 25 II OR)
Genehmigung des Erklärten durch Irrenden
Seite 85B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 4. Irrtum
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• Schadenersatz (Art. 26 OR)
Verschulden des Irrenden (Art. 26 I OR)
weder Kenntnis noch Kennenmüssen durch Vertragspartner (Art. 26 I OR;
„Kulpakompensation“)
negatives Interesse („…aus dem Dahinfallen des Vertrages erwachsenen
Schadens…“; Art. 26 I OR)
ausnahmsweise („Billigkeit“): positives Interesse (Art. 26 II OR)
Seite 86B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 4. Irrtum
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Seite 87
Irrtum
Erklärungsirrtum Motivirrtum
in…
negotio,
objecto,
persona,
quantitate
Art. 24 I Z. 1-3
subjektiv und
objektiv
wesentlich
Art. 23
einfach
→
Art. 24 II
keine
Anfechtung!
qualifiziert
→
Art. 24 I Z. 4
Art. 24 III
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 4. Irrtum
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d. Grundlagenirrtum und clausula rebus sic stantibus (BGE 127 III 300)
• c.r.s.s. betrifft Änderung von Umständen in der Zukunft → Abgrenzung
zum Grundlagenirrtum nur notwendig, wenn dieser auch ein Irrtum über
zukünftige Ereignisse sein kann
• Rechtsfolgen: einseitige Unverbindlichkeit ↔ Vertragsanpassung
(„ergänzende Auslegung)
• Rechtsgrundlagen
Art. 24 I Z. 4 OR ↔ Art. 2 II ZGB bzw. ergänzende Vertragsauslegung
Seite 88B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 4. Irrtum
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• Voraussetzungen
Fehlen gesetzlicher oder vertraglicher Risikoverteilung
(z.B. Gefahrtragung)
mangelnde Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit
(z.B. regelmässige Inflation ↔ Währungsverfall)
gravierende Äquivalenzstörung
Vertrag wird nicht vorbehaltlos erfüllt
Seite 89B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 4. Irrtum
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• Rechtsfolgen
Grundsatz: Anpassung nach den Massstäben der ergänzenden
Auslegung [↑]
Ausnahme: Auflösung des Vertrags
Seite 90B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 4. Irrtum
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Seite 91
5. Täuschung (Art. 28 OR)
Beispiel 1:
Autohändler A dreht bei einem PKW den Stand des Tachometers von
150.000 auf 85.000 km zurück; K kauft den PKW zu einem Preis, wie er für
PKW mit 85.000 gefahrenen km üblich ist.
Beispiel 2:
Autohändler A verkauft einen PKW, von dem er weiss, dass es sich um
einen Unfallwagen handelt. Dem Käufer K sagt A nichts vom Unfall, er
behauptet aber auch nicht, der PKW sei „unfallfrei“.
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 5. Täuschung
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
a. Voraussetzungen der Täuschung (Art. 28 I OR)
• Vorspiegelung falscher Tatsachen
durch unrichtige Erklärungen (Beispiel 1)
durch Verschweigen, wo eine Aufklärungspflicht besteht (Beispiel 2)
• Absicht (Eventualvorsatz genügt: Erklärungen „ins Blaue hinein“)
• Kausalität zwischen Täuschung und geschlossenem Vertrag
(Getäuschter hätte den Vertrag ohne Täuschung nicht oder nicht so
geschlossen) – vgl. Beispiele 1 und 2
• ↔ nicht entscheidend: Wesentlichkeit des Irrtums des Getäuschten
Seite 92B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 5. Täuschung
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b. Täuschung durch Dritte (Art. 28 II OR)
Gesetzeswortlaut: nur relevant, wenn Vertragspartner Täuschung gekannt
hat oder hätte kennen müssen (vgl. Art. 3 II ZGB)
• Problem:
«hätte kennen müssen» beschreibt einen Fahrlässigkeitstatbestand, der bei
der Täuschung durch den Vertragspartner gemäss Art. 28 Abs. 1 OR nicht
existiert.
• Lehre:
teleologische Reduktion von Art. 28 Abs. 2 OR
→ Anfechtung nur bei Kenntnis möglich ist
Seite 93
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
c. Rechtsfolgen
• einseitige Unverbindlichkeit
• ev. Vertragsmodifikation gem. hypothetischem Parteiwillen auf Verlangen
des Getäuschten
• Schadenersatz
gem. Art. 41 ff. OR bzw. cic
siehe insb. Art 31 III OR! (lesen)
Seite 94B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 5. Täuschung
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Beispiel:
B versucht schon seit Jahren seinen Nachbarn N davon zu überzeugen, ihm
ein Gemälde von Picasso zu verkaufen. N lehnt dies strikt ab. Eines Tages
läutet B bei N, hält ihm einen Kaufvertrag unter die Nase und eine Pistole
vor die Nase. N unterschreibt.
Seite 95
5. Drohung (Art. 29, 30 OR)
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 5. Drohung
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a. Voraussetzungen der Drohung
• Widerrechtlichkeit
angedrohtes Übel ist widerrechtlich (Tötung = Beispiel; Verletzung;
Rufmord)
angedrohtes Übel ist „an sich“ rechtmässig, jedoch widerrechtlich weil
als Drohung verwendet (Art. 30 II OR; lesen!
z.B. Drohen mit Strafanzeige falls nicht „Schweigegeld“ bezahlt wird)
• gegründete Furcht (Art. 30 I OR)
• Kausalität von Drohung und Vertragsschluss (Bedrohter hätte den
Vertrag ohne Drohung nicht oder nicht so geschlossen)
Seite 96B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 5. Drohung
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b. Drohung durch Dritte (Art. 29 II OR)
• führt ebenfalls zur einseitigen Unverbindlichkeit! (↔ Täuschung)
• ggf. („Billigkeit“) Schadenersatzpflicht des Bedrohten gegenüber
Vertragspartner, wenn dieser Drohung weder kannte noch kennen
musste
Seite 97B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 5. Drohung
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c. Rechtsfolgen
• Vertrag für Bedrohten unverbindlich
• ev. Vertragsmodifikation gem. hypothetischem Parteiwillen auf Verlangen
des Bedrohten
• Schadenersatz
des Bedrohten gegen Drohenden gem. Art. 41 ff. OR bzw. cic
(vgl. Art. 31 III OR!)
des Vertragspartners gegen Bedrohten bei Drohung durch Dritten und
Gutgläubigkeit (Art. 29 II OR)
Seite 98B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 5. Drohung
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Seite 99
D
V KKV: Picasso
für V unverbindlich
Drohung
SchadenE Art. 29 II OR
SchadenE
Art. 41 ff. OR
(Art. 31 III OR)
B. Entstehung der Obligation: Vertrag > V. Einseitige Unverbindlichkeit > 5. Drohung
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C. Entstehung der Obligation: «Selbstbindung
ohne Vertrag»
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I. Faktischer Vertrag?
• tatsächliche Inanspruchnahme einer öffentlich feilgebotenen Dienstleistung
(z.B. Einsteigen in Tram)
• ev. verbunden mit protestatio facto contraria
→ Einsteigen ist dennoch eine Annahme, weil protestatio gegen das Verbot
widersprüchlichen Verhaltens (venire contra factum proprium; Art. 2 ZGB)
verstösst
Seite 101C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > I. Faktischer Vertrag
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II. Kaufmännisches Bestätigungsschreiben
• Z.B. Kaufmann A bestellt (mündlich) bei Kaufmann B Ware; B sendet A ein
„Bestätigungsschreiben“; dieses weicht von der Vereinbarung inhaltlich ab
→ „gilt“ der Inhalt des Bestätigungsschreibens?
• ja, wenn
Abweichungen nicht krass
kein Widerspruch durch A
• Rechtsgrund: Art. 6 OR analog?
Seite 102C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > II. Kaufmännisches
Bestätigungsschreiben
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III. Culpa in Contrahendo
a. Versicherungsvertreter A sucht B in dessen Wohnung auf. Dabei stösst er
eine wertvolle Vase des K um. Die Vase zerbricht.
b. Bankangestellter B empfiehlt einem „Lauf“kunden K eine bestimmte
Aktien als „sicher“; später fällt der Kurs der Aktie dramatisch.
c. Fachmann F verpflichtet sich zu einer von Anfang an objektiv
unmöglichen Leistung (Art. 20 I OR); Kunde K, ein unwissender Privatmann,
glaubt an die Erbringung der Leistung und investiert in Vorbereitungen.
d. V und K sind sich über den Abschluss eines Grundstückskaufs einig. V
bestärkt K darin, bereits vor Beurkundung (Art. 216 I OR) diverse
Vorbereitungen für den geplanten Hausbau zu treffen. Später lehnt V den
formgerechten Abschluss des Vertrages ab.
Seite 103
1. Beispiele
C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > III. CiC > 1. Beispiele
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• Haftung des Geschäftsherrn (a., b.)
• Beweislast für Verschulden (a. – d.)
• Haftung für reinen Vermögensschaden (b., d.)
• Haftung aus nichtigem Vertrag bzw. für Abbruch von
Vertragsverhandlungen (c.)
• Verjährung allfälliger Ansprüche (a. – d.)
Seite 104
2. Schutzdefizite des Deliktsrechts
C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > III. CiC > 2. Schutzdefizite des
Deliktsrechts
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a. Tatbestandsmerkmale
• Pflichtverletzung im Rahmen von Vertragsverhandlungen
• Schaden
• Kausalität
• Verschulden
b. Insb: Pflichtverletzung
• geschäftlicher (sozialer) Kontakt erzeugt besondere Pflichten zwischen
prospektiven Vertragsparteien = vorvertragliches Schuldverhältnis
• Art. 2 ZGB + Einzelvorschriften: Art. 26, 36 II, 39 OR, Art. 411 II ZGB; h.L.; Rsp.)
Seite 105
3. Haftung aus cic
C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > III. CiC > 3. Haftung aus CiC
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c. Typen vorvertraglicher Pflichten
• Rücksichtnahme auf Körper und Eigentum des Verhandlungspartners (a.)
• Informations-, Aufklärungs- und Beratungspflichten (b.)
• redliches Verhandeln (keine Scheinverhandlungen; vgl. c. und d.)
Seite 106C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > III. CiC > 3. Haftung aus CiC
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• Haftung für Gehilfen gem. Art. 101 OR
• Beweislastumkehr für Verschulden (vgl. Art. 97 I OR)
• ggf. Haftung für Vermögensschäden
• Verjährung [str.]
BGE 104 II 94 (Art. 60 I OR)
Lehre: differenziert nach Integritätsschaden (Art. 60 I OR) und
Vermögensschaden (Art. 127 OR)
Seite 107
4 . Folgerungen aus dem Schuldverhältnis
C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > III. CiC > 4. Folgerungen
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• Rücksichtnahmepflichten → Integritätsschaden (vgl. Deliktsrecht) (Beispiel a.)
• Beratungspflichtverletzung → Naturalrestitution (Aufhebung des Vertrages) und
Ersatz des Vermögensschadens (vgl. Beispiel b.)
• nichtiges Versprechen/Abbruch von Vertragsverhandlungen → negatives
Interesse (vgl. Beispiel c.)
Seite 108
5. Schadenersatz
C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > III. CiC > 5. Schadenersatz
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• „zwischen Gesetz und Vertrag“
• deliktisch/gesetzlich
• vertraglich
• sui generis insb. „Vertrauenshaftung“ [↓]
• ev. nach Haftungstatbestand differenzierte Betrachtung
Seite 109
6. Rechtsnatur
C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > III. CiC > 6. Rechtsnatur
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IV. Vertrauenshaftung
• Sonderverbindung (Konzernverbund - BGE 120 II 331; Verbandssportler
– BGE 121 III 350; nicht: Liegenschaftsschätzer und späterer Käufer –
BGE130 III 345)
• Vertrauenstatbestand
• Vertrauen und -dürfen
• Vertrauensdisposition
• Vertrauensenttäuschung
• verursachter Schaden
Seite 110
1. Tatbestand
C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > IV. Vertrauenshaftung >
1. Tatbestand
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• Schadenersatz
• = cic? (Gehilfenhaftung, Verschulden, Verjährung,
Vermögensschadenshaftung)
Seite 111
2. Rechtsfolgen
3. Cic = Anwendungsfall der Vertrauenshaftung allenfalls partiell
C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > IV. Vertrauenshaftung >
2. Rechtsfolgen
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Seite 112
BGE 120 II 331 (Swissair-Fall)
Swissair
Beteiligungen AG
IGR
Gründung
Euroactividade AG
Wibru Holding AG
Vertrag
Forderung auf
Rückzahlung des
Mitgliederbeitrages
4. Rechtsprechung
C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > IV. Vertrauenshaftung >
4. Rechtsprechung
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• Art. 111 OR?
• Art. 41 OR?
• Vertrauenshaftung?
Unterdotierung des Tochterunternehmens begründet keine
Vertrauenshaftung
Zustellung eins Newsletters mit Falschinformationen durch die IGR an
die IGR-Vertragspartner (Mitglieder)
Wissen darüber wird Swissair angerechnet → Missachtung der
Aufklärungspflicht und Bejahung der Vertrauenshaftung
Seite 113C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > IV. Vertrauenshaftung >
4. Rechtsprechung
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• Athlet (Ringer) wird durch einen Sportverband für einen Wettkampf
selektioniert
• Änderung der Qualifikationsbedingungen und daraus folgender
Wettkampfausschluss des Athleten
• Unnütz gewordene Vorbereitungsspesen des Athleten
• Schadenersatzforderung gegenüber dem Sportverband?
Seite 114
BGE 121 III 350
C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > IV. Vertrauenshaftung >
4. Rechtsprechung
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Seite 115
BGE 130 III 345
Gutachter
Käufer
Eigentümer resp.
Verkäufer
Gutachtervertrag
Grundstückkaufvertag Schadenersatzforderung
Vertrauenshaftung eines Gutachters gegenüber Drittpersonen?
G. Entstehung der Obligation > II. Vertrauenshaftung > 4. Rechtsprechung
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Seite 116
V. GoA (Art. 419 - 424)(GH = Geschäftsherr; GF = Geschäftsführer)
• gesetzliches Schuldverhältnis
• Geschäftsführung, ohne vom GH beauftragt zu sein
↔ Auftrag (Art. 394 ff. OR)
↔ (nachträglich) genehmigte GoA
= Auftrag (s. Art. 424 OR)
• Inhalt der Geschäftsführung = Auftrag
1. Begriff
C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > V. GoA > 1. Begriff
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Beispiel: GF ist von GH beauftragt, Baumaterialien zur Baustelle zu
transportieren. Dort trifft GF zwei Arbeiter von GH und hilft ihnen noch, die
Materialien in den Rohbau zu tragen. GF stürzt und verletzt sich schwer.
• GF fordert von GH
→ SchE
→ Entlohnung für seine Arbeit
• (vgl. BGE 95 II 93)
Seite 117C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > V. GoA > 2. Tatbestand
2. Tatbestand
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• Geschäftsführung (Art. 419 OR)
= Übernahme tatsächlicher oder rechtlicher Erledigung
Beispiel: tatsächliche Erledigung
• fremdes Geschäft (Art. 419 OR: „…für einen anderen…“)
= Geschäftsführung objektiv zugunsten GH
Beispiel: zugunsten des GH
• Fremdgeschäftsführungswille (Art. 419 ↔ 423 OR)
= Absicht, im Interesse des GH zu handeln
Beispiel: GF wusste, dass er die Leistung nicht schuldete
• im Interesse des GH geboten (Art. 422 OR)
objektives Interesse (Hilfsbedürftigkeit und Dringlichkeit)
hypothetischer Wille des GH (kein gültiges Einmischungsverbot, vgl.
Art. 419 und Art. 420 Abs. 3 OR)
Beispiel: nicht im Interesse des GH geboten → unberechtigte GoA
Seite 118C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > V. GoA > 2. Tatbestand
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• Herausgabe des Erlangten
= analog Art. 400 OR
• SchE (Art. 420 OR)
Geschäftsfähigkeit vorausgesetzt (Art. 421 OR); ansonsten: Haftung nur
soweit bereichert
Grundsatz: Haftung für jede Fahrlässigkeit
gemilderte Haftung: Notgeschäftsführung
= GoA zur Schadensabwendung/-minderung (z.B. Löschmassnahmen
bei Feuer)
verschärfte Haftung: unberechtigte GoA
→ Haftung für verursachten Zufall
Seite 119C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > V. GoA > 3. Ansprüche des GH
3. Ansprüche des GH
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• keine Vergütung
Beispiel: keine Vergütung für Arbeit
• Ersatz von Verwendungen (Art. 422 I OR)
notwendig oder nützlich
angemessen
finanzielle Verwendungen
Arbeitszeit als Verwendung? (str.)
• Beispiel: Eine Krankenschwester hilft auf der Strasse einer verunfallten
Person. Sie kann in dieser Zeit ihrer Arbeit im Spital nicht nachgehen, wo sie
auf Stundenlohnbasis angestellt ist.
Seite 120C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > V. GoA > 4. Ansprüche des
berechtigten GF
4. Ansprüche des berechtigten GF
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• Freistellung (Art. 422 I OR)
= von eingegangenen Verpflichtungen
z.B. durch Rufen eines kostenpflichtigen Rettungsdienstes
• Risikohaftung (Art. 422 I OR)
Entschädigung nach Billigkeit gemäss Art. 4 ZGB
Verwirklichung des der GoA immanenten Risikos
ohne Verschulden des GH (BGE 48 II 491; BGE 129 III 181, vgl.
dazu: https://www.youtube.com/watch?v=KI7zeuayum4 )
ohne Verursachung durch GH
analoge Anwendung auf Gefälligkeitsverhältnisse (BGE 129 III 181)
Seite 121C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > V. GoA > 4. Ansprüche des
berechtigten GF
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• Bereicherungsanspruch (Art. 62 ff. OR, unter Vorbehalt von Art. 424 OR)
• Beispiel: Während der Weltumseglung von A leert seine Schwester den
Briefkasten für A. Als sie eine Mahngebühr findet, bezahlt sie die Rechnung,
um eine Betreibung des Bruders zu verhindern, obwohl er ihr vor der Abreise
mitgeteilt hatte, dass er zwar froh sei, dass sie seinen Briefkasten leere, aber
sie solle sich ja nicht in seine finanziellen Angelegenheiten einmischen.
Seite 122C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > V. GoA > 5. Ansprüche des
unberechtigten GF
5. Ansprüche des unberechtigten GF
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a. Tatbestand objektiv fremdes Geschäft
• im Eigeninteresse des GF (nicht des GH)
Fehlen des Fremdgeschäftsführungswillens
Bösgläubigkeit (Wissen) des GF (z.B. BGE 129 III 422)
• Beispiel: GF vermietet Baumaschine des Eigentümers E an M und streicht den
Mietzins ein.
b. Ansprüche des GH (Art. 423 I OR)
• Herausgabe des Verletzergewinns
• Beispiel: Mieteinnahmen
c. Ansprüche des GF (Art. 423 II OR)
= nur soweit GH bereichert ist
Seite 123C. Entstehung der Obligation: Selbstbindung ohne Vertrag > V. GoA > 6. Unechte GoA
6. Unechte GoA (Art. 423 OR)
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D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte
Bereicherung
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I. Allgemeines
Seite 125
1. Begriff
„Von der RO
missbilligte Erlangung eines
Vermögensvorteils“
Eingriff in
Rechtsgüter (i.w.S.)rechtsgrundlose Leistung
D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung > I. Allgemeines > 1. Begriff
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Bereicherungsgläubiger =
entreicherte Partei bzw. Partei, in deren Rechtsgut eingegriffen wurde
Bereicherungsschuldner =
bereicherte Partei
= Kondiktion
Seite 126
2. Beteiligte
3. Bereicherungsanspruch
D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung > I. Allgemeines > 2. Beteiligte
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II. Typen der Kondiktion
Seite 127
Kondiktion (Art. 62 I OR)
Leistungskondiktion
(insb. Art. 62 II OR)
• condictio sine causa
• condictio ob causam
finitam
• condictio ob causam
futuram
Nichtleistungs-kondiktion
• Eingriffskondiktion
• [Verwendungs-,
• Rückgriffs-, und
• Zufallskondiktion]
D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung > II. Typen der Kondiktion
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III. Leistungskondiktion
Beispiel: [BGE 129 III 646]
G anerkennt seine Vaterschaft zur Tochter T und bezahlt der Mutter M
monatlich Unterhalt in Höhe von CHF 1’000.--. Als T 19 Jahre alt ist, ficht sie
die Vaterschaft des G erfolgreich an. Der wahre Vater ist S.
Kann G die Unterhaltszahlungen zurückfordern?
Seite 128D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung > III. Leistungskondiktion
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a. Auffinden der Anspruchsgrundlage
• Art. 62 II, I OR
beachte: Art. 641 II ZGB geht vor!
• condictio sine causa oder ob causam finitam?
Exkurs: kein Vertrag („sine causa“)
nichtiger Vertrag („sine causa“)
angefochtener („vernichteter“) Vertrag („sine causa“ oder „causa finita“?)
Vertrag nach Widerruf („sine causa“ oder „causa finita“?)
Vertrag nach Rücktritt (Rückgewährschuldverhältnis!!!)
Vertrag nach Eintritt einer auflösenden Bedingung („causa finita“)
Seite 129
1. Condictio sine causa/ob causam finitam
D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung > III. Leistungskondiktion
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b. Leistung
= bewusste, zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens
Beispiel:
• Unterhaltsleistungen „bewusst und zweckgerichtet“
• fremdes Vermögen: M/T und/oder S?!
c. Entreicherung des BereicherungsG
= 1.000.-- x 12 Monate x 20 Jahre (beachte die Frage der Verjährung!)
d. Bereicherung des BereicherungsS
M/T = Vermögenszuwachs von 1.000.-- x 12 Monate x 20 Jahre
S = - kein Vermögenszuwachs
- aber: Ersparnisbereicherung
Seite 130D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung > III. Leistungskondiktion
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
e. Irrtum des BereicherungsG (Art. 63 I OR)
• Beispiel: G dachte, er schulde Unterhalt (= Irrtum)
• nur bei condictio sine causa
• mangels Irrtum:
Kondiktionsausschluss (Art. 63 I OR)
ausg.: unfreiwillige Leistung
• Kondiktionsausschluss trotz Irrtums:
Erfüllung verjährter Forderung (Art. 63 II 1. Alt. OR)
Erfüllung sittlicher Pflicht (Art. 63 II 2. Alt. OR; z.B. Unterhalt an nicht
berechtigten, aber nahen Angehörigen; NICHT: Die Leistung an einen
aus Vertrag Nichtberechtigten ist keine sittliche Pflicht, auch wenn
parallel eine moralische Unterstützungspflicht besteht (vgl. BGer
4A_47/2009 E. 2.3.2.)
Absicht, rechts- oder sittenwidrigen Erfolg herbeizuführen (Art. 66 OR;
vgl. BGE 134 III 438 «Gaunerlohn»)
Seite 131D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung > III. Leistungskondiktion
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
f. Die Bereicherung
• M/T = Vermögenszuwachs von 1.000.-- x 12 Monate x 20 Jahre
• S = - 1.000.-- oder eigene Unterhaltsschuld?
- Abzug „verpassten“ Steuervorteils?
[g. Rechtsfolge]
Herausgabe der Bereicherung (Art. 62 I OR)↓
Seite 132D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung > III. Leistungskondiktion
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Beispiele:
a. S empfängt eine irrtümlich an ihn geleistete Zahlung in Höhe von
CHF 3.000.--; er kauft unverzüglich die lang ersehnte Vespa
b. S empfängt eine irrtümlich an ihn geleistete Zahlung in Höhe von
CHF 3.000.--, die er zur Finanzierung einer von ihm organisierten Party
nutzt.
c. S empfängt eine irrtümlich an ihn geleistete Zahlung in Höhe von
CHF 3.000.--und beschliesst, diesen „Geldsegen“ einer karitativen
Organisation zu spenden.
Seite 133
2. Rückerstattung der Bereicherung
D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung > III. Leistungskondiktion
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
a. Grundsatz
Realrestitution [str.; ↔ BGE 129 III 646]
b. Ausnahme:
Realrestitution ausgeschlossen → Wertersatz (vgl. Art. 672 I ZGB)
c. Einrede der Entreicherung (Art. 64 OR)
• Z.B. Bereicherungsgegenstand geht unter
• Ausnahme: Vorliegen eines Surrogats
erlangter „Ersatz“ (Beispiel a.; oder: Versicherungsleistung)
Ersparnis (b.?; nicht c.)
→ Herausgabe des Surrogats
Seite 134D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung > III. Leistungskondiktion
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
d. Insb: „Entäusserung“ (Art. 64 2. HS OR)
• Surrogat vorhanden: Herausgabe [↑; Beispiel a.; b.?]
• kein Surrogat vorhanden:
BereicherungsS bösgläubig?, oder
musste BereicherungsS mit Rückerstattung rechnen? (c. ob causam
finitam!)
→ Wertersatz
Seite 135D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung > III. Leistungskondiktion
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
e. Insb: nicht real restituierbare Leistungen
• Z.B. Gebrauch, Dienstleistung
• Surrogat vorhanden (Ersparnis?): → Herausgabe
• kein Surrogat vorhanden
→ analoge Anwendung von Art. 64 2. HS OR
→ = Wertersatzpflicht des bösgläubigen S bzw. des S, der mit Rück-
erstattung rechnen musste
Seite 136D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung > III. Leistungskondiktion
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
a. Grundsatz
synallagmatische Leistungen sind „Zug um Zug“ zu erstatten (Art. 82 OR
analog)
b. Problem
eine Partei kann entreichert sein
→ keine Kondiktion dieser Leistung (Art. 64 OR)
→ Auswirkungen auf Kondiktion der Gegenleistung?
Seite 137
3. Bereicherung und Synallagma
D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung > III. Leistungskondiktion
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
c. Zweikondiktionentheorie
= jede Leistung wird für sich betrachtet
d. Saldotheorie
= Partei, deren Bereicherung entfallen ist, muss sich Wert der Leistung auf
eigenen Bereicherungsanspruch anrechnen lassen („Saldierung“)
[str.]
Seite 138D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung > III. Leistungskondiktion
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
a. Ersatz der notwendigen Verwendungen (Art. 65 I 1. Alt OR)
= Übernahme von Kosten, die unmittelbar dem Erhalt des Bereicherungs-
gegenstandes dienten (objektiv notwendig)
Beispiel: Kosten der sachgerechten Lagerung verderblicher Ware
b. Ersatz der nützlichen Verwendungen (Art. 65 I 2. Alt OR)
= Kosten für wertsteigernde Massnahmen
Beispiel: Neulackierung eines KFZ
Einschränkung: bei Bösgläubigkeit nur noch vorhandener Mehrwert
Seite 139
4. Gegenansprüche des BereicherungsS gegen -G
D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung > III. Leistungskondiktion
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
c. Kein Ersatz von Luxusverwendungen (Art. 65 II OR)
= Kosten nicht wertsteigernder Massnahmen
Beispiel: „Verzierungen“ eines KFZ
aber: Anspruch auf „Wegnahme“
Seite 140D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung > III. Leistungskondiktion
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Beispiel:
A will von B ein Grundstück kaufen. Im Vertrauen auf das Zustandekommen
des Vertrages leistet er eine Anzahlung auf den (zukünftigen) Kaufpreis.
Die Vertragsverhandlungen scheitern unerwartet.
→ condictio ob causam futuram
beachte: Art. 63 I OR steht der Kondiktion nicht entgegen!
Seite 141
5. Condictio ob causam futuram
D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung > III. Leistungskondiktion
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
IV. Nichtleistungskondiktion (nur Eingriffskondiktion)
Beispiel:
Künstler K schafft ein urheberrechtlich geschütztes „Logo“, das er gegen
Gebühr Dritten zur Nutzung überlässt.
Unternehmer U nutzt das Logo ohne Einwilligung des K.
Hat K gegen U Bereicherungsansprüche?
Seite 142D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung > IV. Nichtleistungskondiktion
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
keine „Leistung“ → keine Leistungskondiktion
• Urheberrecht = Recht mit Zuweisungsgehalt (= Eigentum,
Persönlichkeitsrechte)
• Nutzung durch U ohne Einwilligung des K widerspricht dem
Zuweisungsgehalt = Eingriff
• Bereicherung des U = Ersparnis der Nutzungsgebühren
• Entreicherung des K nicht erforderlich
Seite 143
1. Vorbeobachtung:
2. Eingriffskondiktion (gem. Beispiel)
D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung > IV. Nichtleistungskondiktion
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• Art. 938 – 940 ZGB gehen Bereicherungsrecht vor → keine
Eingriffskondiktion nach Art. 62 I OR (Koller, OR AT 1, 541)
• Anders wohl BGE 129 III 422: Vermietung fremder Sachen begründet
Ansprüche aus Art. 62 I OR (Eingriffskondiktion)
Seite 144
3. Nutzung, Gebrauch und Verbrauch fremder Sachen
D. Entstehung der Obligation: Ungerechtfertigte Bereicherung > IV. Nichtleistungskondiktion
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I. Scherzerklärung, Mentalreservation, Simulation
und Umgehung
Professor X erklärt in der VL OR-AT den Abschluss von Verträgen; er fragt
Student Y, ob dieser sein „ZGB“ für CHF 10.-- kaufen möchte; Y antwortet
mit „ja“; Prof. X erklärt, dass ein Kaufvertrag wirksam zustande gekommen
ist.
→ Y erkannte den Scherzcharakter oder hätte ihn zumindest erkennen
müssen = gemäss Vertrauenstheorie KEIN Vertrag
[anders aber, wenn der Scherz missglückt! = Y hat Scherzcharakter weder
erkannt noch erkennen müssen gemäss Vertrauenstheorie kommt Vertrag
zustande]
Seite 146
1. Scherzerklärung
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Prof. X kauft im Namen der Universität, an der er lehrt, ein ZGB; er erhält
daher 10% Rabatt; in Wirklichkeit aber will X das ZGB selbst kaufen, was
dem Verkäufer weder bekannt noch erkennbar ist.
→ Auslegung nach Vertrauenstheorie führt zur Unerheblichkeit der
Mentalreservation, d.h. Kauf wurde im Namen der Universität geschlossen.
[anders aber, wenn Vorbehalt durchschaut wurde oder erkennbar war]
Seite 147E. Vertiefungen: Vertragsschluss > I. Scherzerklärung, Mentalreservation, Simulation und
Umgehung
2. Geheimer Vorbehalt (Mentalreservation)
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
X kauft von Y ein Grundstück. Um (illegal) Steuern zu sparen, beurkunden
(vgl. Art. 216 I OR) die Parteien einen Kaufpreis von CHF 750’000.--. Dabei
sind sich X und Y einig, dass X weitere CHF 150’000.-- „schwarz“ zahlen
soll.
→ (beurkundeter) Kauf für CHF 750’000.--
= nicht gewolltes (simuliertes) Geschäft
= unwirksam (Art. 18 I OR)
→ (nicht beurkundeter) Kauf für CHF 900’000.--
= gewolltes (dissimuliertes) Geschäft
= wirksam nach Art. 18 I OR (aber: der als Beispiel verwendete Kauf für
CHF 900’000.-- ist gem. Art. 216 I i.V.m. Art. 11 I OR formnichtig)
Seite 148E. Vertiefungen: Vertragsschluss > I. Scherzerklärung, Mentalreservation, Simulation und
Umgehung
3. Scheingeschäft (Simulation)
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Vater V will seinem Sohn S ein neues Auto schenken. Jedoch droht S
wegen Überschuldung Pfändung des Autos durch seine Gläubiger. Um
dieses Ergebnis zu vermeiden, schenkt V das Auto seiner Schwiegertochter
T.
→ Schenkung (V → T) ist gewollt (KEIN Scheingeschäft)
→ Schenkung (V → T) = Umgehungsgeschäft (derselbe tatsächliche Erfolg
wird durch ein anderes Rechtsgeschäft erreicht)
Praxisfall: BGer 4A_410/2014 vom 20.1.2015 (Ausländergrunderwerb)
Seite 149E. Vertiefungen: Vertragsschluss > I. Scherzerklärung, Mentalreservation, Simulation und
Umgehung
4. Umgehungsgeschäft
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
II. (Versteckter) Dissens
Offener Dissens (den Parteien bewusst)
↔ Versteckter Dissens (den Parteien nicht bewusst)
Problemfall:
A bringt seinen Ferrari zum Lackierer L. Sie vereinbaren, dass der Ferrari
zum Preis von CHF 15’000.– (zzgl. MWSt.) ROT lackiert werden soll.
Kurz bevor A die Garage des L verlässt, dreht er sich noch einmal um und
sagt: „Kann man das auch SCHWARZ machen?“ L antwortet: „Klar“.
2 Tage später holt A seinen Ferrari ab. Er ist SCHWARZ lackiert. A fordert
eine Umlackierung auf Rot zum Preis von CHF 15’000.- exkl. MWSt.
(«schwarz»), L dagegen fordert die Zahlung von CHF 15’000.- zzgl. MWSt.
ohne Umlackierung .
Lösung?
Seite 150
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
III. Bedingung (Art. 151 ff. OR)
• Verbindlichkeit des Vertrags hängt vom Eintritt eines ungewissen
Ereignisses ab (Art. 151 I OR)
→ ungewiss ist, „ob“ die Verbindlichkeit entsteht
z.B. „wenn Du die Matura bestehst, schenke ich Dir …“
↔ „wenn ich sterbe …“ (hier ist nur der Zeitpunkt aber nicht das „ob“
ungewiss!) → Befristung
• es kann auch nur eine Leistung aus dem Vertrag bedingt sein
z.B. Versicherungsvertrag ist unbedingt verbindlich, die
Versicherungsleistung ist aber durch den Eintritt des Versicherungsfalls
bedingt
Seite 151E. Vertiefungen: Vertragsschluss > III. Bedingung > 1. Begriff und Einteilung
1. Begriff und Einteilung
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• aufschiebende Bedingung (Art. 151 OR)
Rechtsgeschäft wird erst mit Eintritt der Bedingung verbindlich
bis dahin: schwebend unwirksam
z.B. „wenn Du die Matura bestehst, schenke ich Dir …“
↔ auflösende Bedingung (Art. 154 OR)
Rechtsgeschäft wird mit Eintritt der Bedingung aufgelöst
bis dahin: schwebend wirksam
z.B. Ehemann schenkt Ehefrau Familienschmuck
(auflösend bedingt durch Ehescheidung)
Seite 152E. Vertiefungen: Vertragsschluss > III. Bedingung > 1. Begriff und Einteilung
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• kasuelle (zufällige) Bedingung
Eintritt der Bedingung hängt vom Zufall ab
z.B. wenn es am 25. Mai regnet; wenn der X-Index um über x %
ansteigt
↔ potestative (willkürliche) Bedingung
Eintritt der Bedingung hängt vom Willen einer Partei ab
z.B. Käufer auf Probe kann Kaufgegenstand willkürlich
genehmigen oder nicht
Seite 153E. Vertiefungen: Vertragsschluss > III. Bedingung > 1. Begriff und Einteilung
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• grundsätzlich zulässig (Art. 151 OR)
• Ausnahme: bedingungsfeindliches Rechtsgeschäft
z.B. Eheschliessung
Seite 154E. Vertiefungen: Vertragsschluss > III. Bedingung > 2. Zulässigkeit
2. Zulässigkeit
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• Aufschiebende → Wirkungen des Rechtsgeschäfts treten ein
↔ auflösende → Wirkungen des Rechtsgeschäfts enden
• In beiden Fällen grundsätzlich ex nunc (Art. 151 II und 154 II OR)
• Fingierter Eintritt → eine Partei verhindert Bedingungseintritt wider Treu
und Glauben (Art. 156 OR)
z.B. Eigentumsvorbehaltsverkäufer (vgl. Art. 715 ZGB) verweigert
Annahme der letzten Kaufpreisrate
• Insb.: Unwirksamkeit von Zwischenverfügungen (Art. 152 III OR)
z.B. Eigentumsvorbehaltsverkäufer übereignet Sache an Dritten
aber: gutgläubiger Erwerb durch Dritten möglich! (Art. 714 II i.V.m. 933 VI
ZGB)
Seite 155E. Vertiefungen: Vertragsschluss > III. Bedingung > 3. Eintritt der Bedingung
3. Eintritt der Bedingung
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
IV. Vertragsschluss auf Grundlage von „AGB“
• für viele Verträge vorformulierter Vertragstext
• eine Partei (der Verwender) stellt Vertragsbedingungen
• Geltung erfordert Zustimmung (Unterwerfung) des anderen
Vertragspartners (AGB sind Vertragsinhalt und nicht Gesetz! →
Auslegung!)
• Entscheidend: Einbeziehungsklausel!
Seite 156E. Vertiefungen: Vertragsschluss > IV. Vertragsschluss auf Grundlage von AGB > 1. AGB
1. «Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)»
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Beispiel:
Produzent P legt dem Händler H ein schriftliches Angebot über die Lieferung
von Waren (Elektrogeräte) zum Preis von CHF 132’750.--.
Im dritten Absatz des von P unterzeichneten Angebotsschreibens heisst es:
„Dem Angebot liegen unsere Allgemeinen Lieferbedingungen zugrunde.“
Dem Schreiben liegt ein Ausdruck der „Allgemeinen Lieferbedingungen“ bei.
H ruft P an und nimmt das Angebot mündlich an.
→ Allgemeinen Lieferbedingungen sind AGB
→ AGB wurden vereinbart, weil das Angebot die AGB durch eine
Einbeziehungsklausel „integriert“ und H vorbehaltlos annimmt
Seite 157E. Vertiefungen: Vertragsschluss > IV. Vertragsschluss auf Grundlage von AGB > 1. AGB
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• Rationalisierung durch Standardisierung für den Verwender (+)
• Beschneidung der Vertragsfreiheit der anderen Partei (-)
„take it or leave it“
Informationsdefizit
Seite 158
2. Vor- und Nachteile von AGB
E. Vertiefungen: Vertragsschluss > IV. Vertragsschluss auf Grundlage von AGB > 1. Vor- und
Nachteile von AGB
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Seite 159
3. „Kontrolle“ von AGB
a. Geltungskontrolle
• Einbeziehung erfordert Hinweis durch Verwender und Möglichkeit zur
Kenntnisnahme (Lesbarkeit!) durch Vertragspartner des Verwenders, z.B.
Verweis auf AGB + Beilage im Angebotsschreiben
deutlicher Aushang im Geschäftslokal
e-commerce: direkter link + rascher download
E. Vertiefungen: Vertragsschluss > IV. Vertragsschluss auf Grundlage von AGB > 3. Kontrolle
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• Ungewöhnliche Klauseln werden nicht Vertragsinhalt
wie üblich ist die Klausel?
wie verträgt sich die Klausel mit dem Vertragstyp/-zweck?
ist die Klausel in den AGB richtig positioniert? (z.B.: Gewährleistungs-
verzicht unter „Sonstiges“)
wie belastend ist die Klausel für den Vertragspartner? („versteckte“
Inhaltskontrolle)
Seite 160E. Vertiefungen: Vertragsschluss > IV. Vertragsschluss auf Grundlage von AGB > 3. Kontrolle
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b. Auslegungskontrolle
• Vorrang der Individualabrede
Beispiel: V „garantiert“ Wasserdichtheit einer Uhr; in den AGB wird aber jede
Haftung für besondere Eigenschaften wie z.B. Wasserdichtheit ausgeschlossen
• Unklarheitenregel (Auslegung contra stipulatorem) → führt Interpretation
einer AGB-Klausel zu zwei (oder mehr) möglichen Ergebnissen, so wird die
Klausel gegen den Verwender ausgelegt (vgl. auch Art. 33 VVG)
• Restriktionsprinzip → Klauseln, die vom dispositiven Recht abweichen,
werden eng interpretiert
Beispiel: Klausel, die Gewährleistungsrechte des Käufers einschränkt
= „Kontrollfunktion des dispositiven Rechts“
Seite 161E. Vertiefungen: Vertragsschluss > IV. Vertragsschluss auf Grundlage von AGB > 3. Kontrolle
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c. Inhaltskontrolle
• allgemeine Schranken der Vertragsfreiheit (Art. 19, 20 OR)
• zwingendes Vertragsrecht (Art. 100 OR)
• einzelne Sondervorschriften (vgl. Art. 256 II a, 288 II a OR)
• Art. 8 UWG (i.d.F. seit 1.7.2012)
Seite 162E. Vertiefungen: Vertragsschluss > IV. Vertragsschluss auf Grundlage von AGB > 3. Kontrolle
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Art 8 UWG
«Unlauter handelt insbesondere, wer allgemeine Geschäftsbedingungen
verwendet, die in Treu und Glauben verletzender Weise zum Nachteil der
Konsumentinnen und Konsumenten ein erhebliches und ungerechtfertigtes
Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und den vertraglichen
Pflichten vorsehen.»
→ kontrollierte Klausel ist insgesamt unwirksam („Verbot der geltungs-
erhaltenden Reduktion“)
→ Rest des Vertrages bleibt wirksam
Seite 163E. Vertiefungen: Vertragsschluss > IV. Vertragsschluss auf Grundlage von AGB > 3. Kontrolle
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Seite 164
4. Konflikt von AGB
Beispiel:
Produzent P legt dem Händler H ein schriftliches Angebot über die Lieferung
von Waren (Elektrogeräte) zum Preis von CHF 132’750.--. Im dritten Absatz
des von P unterzeichneten Angebotsschreibens heisst es:
„Dem Angebot liegen unsere Allgemeinen Lieferbedingungen zugrunde.“
H nimmt das Angebot per Annahmeschreiben an. Im dritten Absatz des
Annahmeschreibens heisst es:
„Dieser Bestellung liegen unsere Allgemeinen Einkaufsbedingungen
zugrunde.“
→ Vertrag kommt gem. Art. 2 I OR zustande
→ übereinstimmende AGB gelten
→ Lückenfüllung gem. Art. 2 II OR
E. Vertiefungen: Vertragsschluss > IV. Vertragsschluss auf Grundlage von AGB > 4. Konflikt
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V. Widerruf von Haustürgeschäften (Art. 40a ff. OR)
a. persönliche
• Vertrag zwischen Konsument (Art. 40a I OR) und Unternehmer (Art. 40a I
lit. a OR)
b. sachliche
• Vertrag über die Lieferung beweglicher Sachen oder Dienstleistung, und
• Preis > CHF 100.--
Seite 165
1. Anwendungsvoraussetzungen
E. Vertiefungen: Vertragsschluss > V. Haustürgeschäfte > 1. Anwendungsvoraussetzungen
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c. situative
• Positiv (Art. 40b OR)
Wohnung oder Arbeitsplatz (lit. a), oder
öffentliches Verkehrsmittel oder öffentliche Strasse (lit. b), oder
„Kaffeefahrt“ (lit. c), oder
telefonisches Angebot (lit. d)
und
• Negativ (Art. 40c OR)
kein ausdrücklicher Wunsch des K nach Vertragsverhandlungen (lit. a)
und
kein Markt- oder Messegeschäft (lit. b)
Seite 166E. Vertiefungen: Vertragsschluss > V. Haustürgeschäfte > 1. Anwendungsvoraussetzungen
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• wirtschaftliche und informationelle Überlegenheit des U
• aggressives Marketing (high pressure sale)
• situative Befangenheit des K
→ „verdünnter“ Vertragswille des K
Seite 167
2. Problem
E. Vertiefungen: Vertragsschluss > V. Haustürgeschäfte > 2. Problem
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• einseitiges Gestaltungsrecht
• ohne Angabe von Gründen möglich
• formlos (Art. 40e I OR; aber: Beweislast des rechtzeitigen Zugangs beim K)
• Frist = 14 Tage; Absendung per Post genügt (Art. 40e II i.V.m. IV OR)
• Beginn = Willenserklärung des K + Widerrufsbelehrung durch U (Art. 40e II
i.V.m. Art. 40d OR)
Seite 168
3. Widerrufsrecht des K
E. Vertiefungen: Vertragsschluss > V. Haustürgeschäfte > 3. Widerrufsrecht des K
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• Aufhebung des Vertrages ex tunc
• Rückabwicklung (Art. 40f I OR)
Vindikations- (Art. 641 II ZGB) oder
Bereicherungsanspruch
[h.L.: keine Rückabwicklungsverhältnis i.S.v. Art. 109 OR]
• K schuldet Mietzins für Gebrauch der Sache (Art. 40f II OR) bzw. Auslagen-
und Verwendungsersatz für erbrachte Dienstleistung (Art. 40f III OR)
• Keine weiteren Ansprüche von U gegen K (Art. 40f IV OR)
Seite 169
4. Rechtsfolgen des Widerrufs
5. Vgl. Art. 16 KKG; Art. 406a ff. OR
E. Vertiefungen: Vertragsschluss > V. Haustürgeschäfte > 4. Rechtsfolgen des Widerrufs
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
I. Erfüllungsanspruch
Seite 171
1. DurchsetzungForderung
Grundsatz:
Staatliche Durchsetzung
Ausnahme:
Selbsthilfe
=
Leistungsklage
+
Zwangsvollstreckung
(s. Art. 98 OR!)
Rechtsfolge:
keine Ersatzpflicht
Voraussetzungen (Art. 52 III OR):
- staatliche Hilfe zu spät
- Anspruchsvereitelung droht
F. Obligationenrechtliche Ansprüche > I. Erfüllungsanspruch > 1. Durchsetzung
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Seite 172
2. „Indirekte“ Durchsetzung (insb. bei synallagmatischen
Leistungen)
Einrede(schuldrechtlich)
… des nicht erfüllten
Vertrags (Art. 82 OR)
● bei Zug-um-Zug-
Leistungen
● Sicherungsfunktion
● Erfüllungsdruck
● Verurteilung
„Zug um Zug“
… der Unsicherheit
(Art. 83 OR)
● auch bei Vorleistungspflicht
● Sicherungsfunktion
● Erfüllungsdruck
● Sicherheitsleistung
● Vertragsrücktritt
F. Obligationenrechtliche Ansprüche > I. Erfüllungsanspruch > 2. «Indirekte» Durchsetzung
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Seite 173
BGE 105 II 28
BCI SFN
- beantragt Stundung
gem. Art. 29 ff. BankG
- schliesst Schalter
Devisentermingeschäft (US $/CHF)
Abschluss: 13.11.1973
vereinbarter Vollzug: 15.10.1974
9.10.1974: verlangt Sicherheiten
bis 11.10.74
11.10.1974: Rücktritt
9.10.1974
F. Obligationenrechtliche Ansprüche > I. Erfüllungsanspruch > 2. «Indirekte» Durchsetzung
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Seite 174
RETENTIONSRECHT
(dinglich)
Beispiel:
Retentionsrecht
nach Art. 895 ZGB
[vgl. Faustpfand;
Art. 898 ZGB]
F. Obligationenrechtliche Ansprüche > I. Erfüllungsanspruch > 2. «Indirekte» Durchsetzung
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
1. K bezahlt den Kaufpreis nicht
→ V kann gem. Art. 82 OR die Lieferung des Kaufgegenstandes bis zur
Zahlung durch K verweigern
2. V hat sich zur Lieferung des verkauften Gegenstandes gegen
Ratenzahlung des Kaufpreises durch K verpflichtet
→ das Zug-um-Zug-Prinzip (Art. 184 II OR) ist vertraglich abbedungen, V
kann die Lieferung nicht unter Berufung auf Art. 82 OR verweigern
→ V kann sich ggf. auf Art. 83 OR (Unsicherheitseinrede) berufen
3. Werkbesteller B bezahlt den Werklohn des U für Autoreparatur nicht
→U kann die Einreden nach Art. 82 OR (und ggf. Art. 83 OR) erheben und
das Retentionsrecht nach Art. 895 ZGB geltend machen
Seite 175
Beispiele
F. Obligationenrechtliche Ansprüche > I. Erfüllungsanspruch > 2. «Indirekte» Durchsetzung
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Seite 176
3. Besicherung von Forderungen
● Bürgschaft (Art. 492 ff. OR)
● GarantieV (Art. 111 OR)
● Kreditauftrag (Art. 408 ff. OR)
● Schuldbeitritt
● ev. Schuldübernahme
● Patronatserklärung
[nur ganz vereinzelt]
● Pfandrecht (Art. 793 ff.
und 884 ZGB)
● Sicherungsübereignung
(vgl. Art. 717 ZGB)
●Sicherungszession
● Eigentumsvorbehalt
(Art. 715, 716 ZGB)
● Retentionsrecht
→ Allg. (Art. 895 ZGB)
→ Geschäftsraummiete
/-pacht, (Art. 268, 299c OR)
→ Kommission (Art. 434 OR)
→ Agentur (Art. 418o OR)
● Grundpfandrecht
→ Verkäufer, Bauhandwerker
(Art. 837 I 1 und 3ZGB)
rechtsgeschäftlich gesetzlich
persönlich
dinglich
F. Obligationenrechtliche Ansprüche > I. Erfüllungsanspruch > 3. Besicherung von Forderungen
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• Garant («Promittent») verpflichtet sich gegenüber dem
Garantieberechtigten («Promissar») für den Fall, dass ein bestimmter
Erfolg ausbleibt, zu einer Leistung (insb.: Zahlung einer Garantiesumme)
• reine (Verlustübernahme) ↔ bürgschaftsähnliche (Übernahme eines
Forderungsausfalls) Garantie
• entgeltlich oder unentgeltlich möglich
• nicht akzessorisch (hängt also in ihrem Bestand nicht vom Bestand einer
besicherten Forderung ab)
Seite 177
Insb. Garantie (Art. 111 OR)
F. Obligationenrechtliche Ansprüche > I. Erfüllungsanspruch > 3. Besicherung von Forderungen
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
II Ansprüche aus Vertragsverletzung
(„Leistungsstörungsrecht“)
Seite 178
1. Typen von Vertragsverletzungen (ohne culpa in contrahendo [↓])
F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 1. Typen von Vertragsverletzungen
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Seite 179
VertragsverletzungenNeben
-pflichten
= Art. 97 I
OR
NICHT-Leistung i.w.S. SCHLECHT-Leistung
Annahme
verweigertAnnahme
Gewähr-
leistung
=
z.B. Art. 197
OR
pVV
=
Art. 97 I OR
Verzug
=
Art. 102 OR
Nachträg-
liche oder
anfänglich
subjektive
=
Art. 97 I,
119 OR
Anfänglich
objektive
→ V
nichtig
(Art. 20 OR)
Unmöglichkeit Möglichkeit
A!
A!
A!
A!
„Leistungsstörungen“
F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 1. Typen von Vertragsverletzungen
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Seite 180
2. Nicht- oder Schlechtleistung?
NICHT-Leistung i.w.S.
● kein Leistungsanbot
bei Fälligkeit
● Leistungsanbot am
falschen Ort
● G verweigert Annahme
der Leistung rechtmäßig
● Aliud-Leistung:
- Identitätsaliud
(Kuh „Erna“ statt „Resi“)
- Gattungsaliud
(„Reis“ statt „Mais“)
● Minus-Lieferung
= tlw. Nicht-Leistung
SCHLECHT-Leistung
● nicht vertragsgemäße
Leistung (Abweichung von
„Ist“ und „Soll“)
● als „Gans“ verkauftes Fleisch
entpuppt sich als „Ente“
● Lieferung von „100g-“ statt
„500g-Packungen“
= Quantitätsmangel
F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 2. Nicht- oder Schlechtleistung
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a. Erläuterungen
• U = Leistung kann dauerhaft nicht erbracht werden
• „anfänglich“ = U besteht spätestens bei Vertragsschluss
• „nachträglich“ = nach Vertragsschluss eintretende U
• „subjektiv“ = nur Schuldner kann die Leistung nicht erbringen (ein Dritter
hingegen schon!)
• „objektiv“ = niemand kann die Leistung erbringen
Seite 181
3. Nichtleistung i.e.S.: Unmöglichkeit (U)
F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 3. Nichtleistung i.e.S.: Unmöglichkeit
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
b. Einteilung der Unmöglichkeitsfälle nach der Ursache
• Tatsächliche U
= Leistung kann aufgrund der tatsächlichen Umstände nicht erbracht
werden
Beispiele/Abgrenzungen
Verkaufter Dackel „Bello“ stirbt vor Übergabe an den Käufer
(Untergang des Stücks bei Stückschuld)
Verkaufter VW Golf (Identifikation im KaufV durch Fahrgestell- und
Motornummer) wird durch Feuer beim Autohändler vor Lieferung an
den Kunden zerstört → = Untergang des Stücks bei Stückschuld,
aber: meist kommt es dem Käufer in diesen Fällen – trotz vereinbarter
Stückschuld – nicht auf das konkrete Stück an → Lieferung eines
anderen VW Golf vertraglich zulässig (Auslegung!) und möglich!
Seite 182F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 3. Nichtleistung i.e.S.: Unmöglichkeit
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Von lagerndem Speiseöl wird 1/3 verkauft (begrenzte
Gattungsschuld; „Vorratsschuld“). Eine Überschwemmung zerstört:
a) den gesamten Vorrat → U
b) ¾ des Vorrats → teilweise U
c) ½ des Vorrats → keine U
V verkauft an K 1 Stück der in limitierter Zahl angefertigten
Sonderedition eines Kommentars zum OR mit Ledereinband
(begrenzte Gattungsschuld)
→ U, wenn gesamte Gattung untergeht
V verkauft an K 5 Tonnen Weizen. Der bei V lagernde Weizen wird
durch Feuer zerstört
→ keine U, (unbegrenzte) Gattungsschuld (V kann neuen Weizen
ankaufen und liefern!)
V liefert Torte nach absolutem Fixtermin (Geburtstag) = U
Seite 183F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 3. Nichtleistung i.e.S.: Unmöglichkeit
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• Rechtliche U
= Leistung kann aufgrund rechtlicher Hindernisse nicht erbracht werden
Beispiele/Abgrenzungen
Die Lieferung und Montage eines Kraftwerks in den Irak scheitern an
einem UN-Embargo → objektive rechtliche U
Die Behörde untersagt den vertraglich vereinbarten Bau → objektive
rechtliche U
Aber: V macht geltend, die Lieferung des von ihm an K verkauften
Gemäldes von Picasso sei unmöglich, weil nicht er sondern ein Dritter
D Eigentümer sei → keine U; V trifft eine Beschaffungspflicht bei D
(Anmerkung: der Verkauf fremder Sachen ist daher auch kein Vertrag
mit „widerrechtlichem Inhalt“ i.S.v. Art. 20 I OR!) → erst wenn fest
steht, dass D nicht veräußert, liegt subjektive U vor
Seite 184F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 3. Nichtleistung i.e.S.: Unmöglichkeit
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• Wirtschaftliche U
= Leistung kann aufgrund wirtschaftlicher Unzumutbarkeit für den
Schuldner nicht erbracht werden
Beispiele/Abgrenzungen
Der verkaufte Ring im Wert von CHF 1.000.-- versinkt im Meer und
könnte nur durch Aufwendung überaus hoher Kosten gefunden und
geborgen werden
→ wirtschaftliche U
= Lehrbuchbeispiel: zeigt, dass es sich um Extremfälle handeln muss!
Gegenbeispiel: V verkauft Speiseöl an Einzelhändler zum Preis von
CHF 1.-- je Liter; durch eine Steigerung der Rohölpreise klettern seine
Produktionskosten auf CHF 1,05.-- je Liter
→ wirtschaftlich unergiebiges Geschäft, aber keine wirtschaftliche U
U.U.: clausula rebus sic stantibus
Seite 185F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 3. Nichtleistung i.e.S.: Unmöglichkeit
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
c. Rechtsfolgen der U (1)
• Schuldner hat U nicht zu verantworten
„…zu verantworten…“
o Verschulden (Art. 97, 101 OR)
o Art. 103 OR: Zufall und höhere Gewalt
o Sondervorschriften (Art. 299b, 306 III, 474 II, 487, 490 OR)
o Art. 99 III i.V.m. Art. 54 OR: Billigkeit
o ggf.: Vertragsabrede („Garantie“)
Seite 186F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 3. Nichtleistung i.e.S.: Unmöglichkeit
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• Vertrag über die Lieferung einer „Verdampfungs- und Kondensierungs-
anlage“
• Bundesamt für Energiewirtschaft verfügt Ausfuhrverbot
→ Lieferant beruft sich auf „objektive, nicht zu vertretende U“
→ BGer: Vorhersehbarkeit des Verbot begründet Verschulden
Seite 187
BGE 111 II 252
F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 3. Nichtleistung i.e.S.: Unmöglichkeit
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
c. Rechtsfolgen der U (2)
• Untergang der Forderung ex lege
= G trägt die Leistungsgefahr (Art. 119 I OR), kann aber ggf. ein
stellvertretendes commodum (z.B. Ersatzansprüche aus Delikt oder
Versicherungsvertrag) fordern
• Folgewirkung bei synallagmatischen Verträgen → Untergang der
Gegenforderung
= S trägt die Gegenleistungs- oder Preisgefahr
• Ausnahmen (= auch Preisgefahr bei G):
Preisgefahr geht vorzeitig auf G über (z.B. Art. 185 I OR)
G hat Unmöglichkeit zu verantworten (hier aber Vorteilsanrechnung
analog Art. 264 III, 324 II OR)
Seite 188F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 3. Nichtleistung i.e.S.: Unmöglichkeit
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
c. Rechtsfolgen der U (3)
• Schuldner hat U zu verantworten
Schadenersatzanspruch (Art. 97 I OR)
= Vertragsverhältnis bleibt erhalten, sekundäre SchE-Pflicht ersetzt
Leistungspflicht → SchE-Pflicht untersteht denselben Regeln
(Verjährung, Sicherungsrechte) [str.]
Seite 189F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 3. Nichtleistung i.e.S.: Unmöglichkeit
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
c. Rechtsfolgen der U (4)
• Voraussetzungen
Verschulden (Art. 97 I OR)
o objektivierter Fahrlässigkeitsbegriff (Art. 99 OR)
o Vermutung des Verschuldens
Schaden
= unfreiwillige Vermögensminderung (hypothetisches Vermögen –
tatsächliches Vermögen; Differenztheorie)
Kausalität
= natürliche und adäquate Ursächlichkeit
Seite 190F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 3. Nichtleistung i.e.S.: Unmöglichkeit
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
c. Rechtsfolgen der U (5)
• Schadenbemessung
Erfüllungs- oder positives Interesse bzw. Nichterfüllungsschaden =
G ist so zu stellen, wie er stünde, wenn der Vertrag ordnungsgemäss
erfüllt worden wäre
Wert der unmöglichen Leistung + Folgeschaden
Seite 191F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 3. Nichtleistung i.e.S.: Unmöglichkeit
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
c. Rechtsfolgen der U (6)
• unmögliche Leistung im Synallagma:
Wert der unmöglichen Leistung – Wert der ersparten Gegenleistung
(Differenztheorie)
wahlweise: Erbringung der Gegenleistung und Ersatz des Werts der
unmöglichen Leistung (Austauschtheorie)
Seite 192F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 3. Nichtleistung i.e.S.: Unmöglichkeit
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
c. Rechtsfolgen der U (7)
• Rücktritt (analog Art. 107 II OR)
zur Wahl des G (anstelle des SchE nach Art. 97 I OR;
s. aber Art. 109 II OR = „Vertrauensschaden“)
Rückgewähr der bereits erbrachten Gegenleistung
Seite 193F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 3. Nichtleistung i.e.S.: Unmöglichkeit
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
c. Rechtsfolgen der U (8)
• stellvertretendes commodum
zur Wahl des G (anstelle des SchE nach Art. 97 I OR)
G muss Gegenleistung erbringen
Seite 194F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 3. Nichtleistung i.e.S.: Unmöglichkeit
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
c. Rechtsfolgen der U (9)
• beide Parteien haben U zu verantworten
Leistungspflicht des S geht in einen SchE-Anspruch nach Art. 97 I OR
über
Gegenleistungspflicht des G bleibt bestehen
SchE-Anspruch des G (Art. 97 I OR) wird nach Art. 44 I OR gekürzt
Seite 195F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 3. Nichtleistung i.e.S.: Unmöglichkeit
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a. Voraussetzungen (Art. 102 I OR)
• Fälligkeit der Forderung
• Mahnung durch G
Erklärung des G
Leistungsverlangen
i.d.R. Angabe von Quantität, Qualität und Erfüllungsort
Zugang bei S („empfangsbedürftig“)
h.L./Rsp: vorsorgliche Mahnung möglich
• Nichtleistung (trotz Leistungsmöglichkeit)
• Kein Leisungsverweigerungsrecht des Schuldners (Art. 82 f. OR)
Seite 196
4. Spätleistung: Schuldnerverzug (SV)
F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 4. Spätleistung: Schuldnerverzug
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b. Insbesondere: Verfallstaggeschäft (Art. 102 II OR)
• „bestimmter Verfalltag“
ausdrückliche Nennung des Datums im Vertrag
Folge einer (wirksamen) Kündigung (z.B. eines Darlehens „auf den
30.11.2017“)
• Nichtleistung
• Ablauf des Verfalltags
• KEINE Mahnung erforderlich
c. Insbesondere: Antizipierter Vertragsbruch
Seite 197F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 4. Spätleistung: Schuldnerverzug
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
d. Rechtsfolgen allgemein
• Ersatz des Verspätungsschadens (Art. 103 I OR)
Verzug
Verschulden (Beweislastumkehr!, Art. 103 II OR)
Schaden
Kausalität
→ G ist so zu stellen, wie er stünde, wenn rechtzeitig erfüllt worden wäre!
Seite 198F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 4. Spätleistung: Schuldnerverzug
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• Insb. Geldforderungen
Verzug (auch ohne Verschulden!)
→ Verzugszinsen (Art. 104 OR)
o 5% oder höherer vereinbarter Zins (Art. 104 I und II OR)
o unter Kaufleuten: höherer „üblicher Bankdiskonto am Zahlungsort“
kann verrechnet werden (Art. 104 III OR)
+ Verschulden (Beweislastumkehr!, Art. 106 I OR)
→ zusätzlich Verspätungsschaden, der nicht durch Verzugszinsen
gedeckt ist (Art. 106 I OR)
Seite 199F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 4. Spätleistung: Schuldnerverzug
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• Haftung für Zufall (Art. 103 I OR)
Verzug
Verschulden betr. Verzug (Beweislastumkehr!, Art. 103 II OR)
zufälliges Unmöglichwerden der Leistung
Leistung hätte Unmöglichwerden verhindert (Einwand des
„rechtmässigen Alternativverhaltens“ zulässig; Art. 103 II OR)
→ S haftet nach Art. 97 I OR ohne Verschulden (kein
Entlastungsbeweis!)
Seite 200F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 4. Spätleistung: Schuldnerverzug
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
e. Optionen des G bei synallagmatischen Verträgen
• Voraussetzungen
Verzug (hierzu oben)
angemessene Nachfrist (Art. 107 I OR)
= „angemessen“ mit Blick auf Interessen der Parteien sowie Art und
Umfang der Leistung
Nichtleistung bei Ablauf der Nachfrist
Seite 201F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 4. Spätleistung: Schuldnerverzug
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• Entfall der Nachfristsetzung
ernsthafte und endgültige Leistungsverweigerung durch S
(Art. 108 Z. 1 OR)
Verzug macht Leistung für G nutzlos
(Art. 108 Z. 2 OR; z.B. „Saisonartikel“)
relatives Fixgeschäft (Art. 108 Z. 3 OR; „genauer“ oder „spätester“
Leistungszeitpunkt vereinbart)
[Beachte: bei absolutem Fixgeschäft liegt Unmöglichkeit der Leistung vor!]
Seite 202F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 4. Spätleistung: Schuldnerverzug
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• Option I: Erfüllung und Verspätungsschaden (Art. 107 II Alt 1 OR)
= Rechtsfolgen nach Art. 103 ff. OR
• Option II: Verzicht auf Erfüllung und Nichterfüllungsschaden
(Art. 107 II Alt. 2 OR)
unverzüglicher Verzicht
Verschulden des S
→ Nichterfüllungsschaden („positives Interesse“) = wahlweise
Berechnung nach Austausch- oder Differenztheorie
Seite 203F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 4. Spätleistung: Schuldnerverzug
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• Option III: Verzicht und Rücktritt (Art. 107 II Alt. 3 OR)
unverzüglicher Verzicht
Rücktrittserklärung
→ Vertrag wandelt sich in ein vertragliches Rückabwicklungsverhältnis
(Art. 109 I OR)
o vertraglicher (kein dinglicher!) Rückgewähranspruch
o vertragsrechtliche Regeln anwendbar (z.B. Art. 82 f., 97 I, 119 OR)
+ Verschulden (Art. 109 II OR)
→ Ersatz des Vertrauensschadens = G ist in die Vermögensposition
zu bringen, in der er wäre, hätte er nicht auf das Bestehen des
Vertrages vertraut
Seite 204F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 4. Spätleistung: Schuldnerverzug
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
f. Zusammenfassung Art. 107 Abs. 2 OR (Wahlrechte)
«Wird auch bis zum Ablaufe dieser Frist nicht erfüllt,
Seite 205
Ablauf
der Nachfrist
Festhalten
am Vertrag
Rücktritt
vom Vertag
Erfüllung
und
SA
Verzicht auf Leistung
und
positives Vertragsinteresse
negatives
Vertrags-
interesse
so kann der Gläubiger
immer noch auf Erfüllung
nebst Schadenersatz
wegen Verspätung klagen,
statt dessen aber auch, wenn er es unverzüglich
erklärt, auf die nachträgliche Leistung verzichten und
entweder Ersatz des aus der Nichterfüllung
entstandenen Schadens verlangen
oder vom Vertrage zurücktreten.»
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
a. Begriff
= Leistung wird erbracht, jedoch nicht wie geschuldet („Qualitätsmangel“ [↑])
b. Rechtsbehelfe
• (ohne Verschulden) Gewährleistung + (bei Verschulden) Mangel-
folgeschaden (z.B. Art. 192 ff., 197 ff. OR [Kauf]; Art. 367 ff. OR
[Werkvertrag])
• pVV (positive Vertragsverletzung) = Art. 97 ff. OR
Seite 206
5. Schlechterfüllung
F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 5. Schlechterfüllung
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c. Verhältnis der Rechtsbehelfe zueinander
• Vertragstypenregelung kennt keine Gewährleistung → nur pVV
• Vertragstypenregelung kennt Gewährleistung
Anspruchskonkurrenz
= Kauf → Gewährleistung oder pVV
Subsidiarität der pVV
= Werkvertrag → nur Gewährleistung
Seite 207F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 5. Schlechterfüllung
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d. Voraussetzungen der Haftung aus pVV
• Schlechterfüllung
• Verschulden des S
• Schaden des G
• Kausalität
e. Rücktritts-/Kündigungsrecht
• spezielle Vorschriften (Art. 205 I, 257f, 259b lit. a, 368 I OR)
• wo solche fehlen: analog Art. 107 II OR (ohne Verschulden) bei
wesentlicher Vertragsverletzung
Seite 208F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 5. Schlechterfüllung
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a. Übersicht: Pflichten
• Hauptleistungspflichten = charakterisieren die Obligation, insbesondere
den Vertrag (z.B. Kauf: Kaufgegenstand und Kaufpreis)
• Nebenleistungspflichten = selbstständige Nebenpflichten → G hat
klagbaren Erfüllungsanspruch (z.B. Überlassung von
Ursprungszeugnissen einer Ware an K)
• Sonstige Nebenpflichten = unselbstständige Nebenpflichten → G hat
keinen Erfüllungsanspruch (z.B. V muss Sache bis zur Übergabe
verwahren = Obhutspflicht)
Seite 209
6. Nebenpflichtverletzungen
F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 6. Nebenpflichtverletzungen
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b. Typen von Nebenpflichten
• Obhuts- und Schutzpflichten
(z.B. Obhut und Schutz für Besucher von Veranstaltungen
• Mitteilungspflichten
(z.B. Aufklärung durch Arzt)
• Verschaffungspflichten
(z.B. Herausgabe von Ursprungszeugnissen)
• Mitwirkungspflichten
(z.B. Erlangen einer erforderlichen behördlichen Bewilligung, vgl. BewG)
Seite 210F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 6. Nebenpflichtverletzungen
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c. Rechtsgrund für Nebenpflichten
• Vertragsabrede
• Gesetz (z.B. Kostentragung beim Kauf gem. Art. 188 OR)
• Treu und Glauben (Art. 2 I ZGB)
d. Rechtsfolgen der Pflichtverletzung
• Haftung aus pVV (Art. 97 I OR)
• Rücktrittsrecht (analog Art. 107 II OR)
bei wesentlicher Vertragsverletzung, d.h. Fortsetzung des
Vertragsverhältnisses ist Partner nicht mehr zumutbar; auch ohne
Verschulden
Seite 211F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 6. Nebenpflichtverletzungen
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a. „Annahme“
• Rechtspflicht (Annahme als Leistungspflicht; z.B. Art. 211 OR [str.])
→ Annahmeverzug = Schuldnerverzug (Art. 102 ff. OR)
• Obliegenheit (kein Erfüllungsanspruch)
→ Annahmeverzug (Art. 91 ff. OR)
Seite 212
7. Gläubiger- oder Annahmeverzug
F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 7. Gläubiger- oder Annahmeverzug
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b. Annahmeverzug (Art. 91, 96 OR)
• gehöriges Leistungsanbot durch S
Leistung erfüllbar (Art. 81 OR!)
Anbot der geschuldeten Leistung (=Erbringung hängt nur noch von G
ab)
an G
am Erfüllungsort
• Nichterfüllung aus Gründen in der Sphäre des G (kein Verschulden
erforderlich)
G verweigert Annahme
G unterlässt geschuldete Mitwirkung (z.B. Abholung)
Seite 213F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 7. Gläubiger- oder Annahmeverzug
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c. Rechtsfolgen (allgemein)
• Gefahrübergang (analog Art. 324 I, 376 I, 103 I OR) = Gefahr des
zufälligen Unmöglichwerdens der Leistung
• Haftungserleichterung für S (Art. 99 II OR) = haftet nur noch für Vorsatz
und grobe Fahrlässigkeit
• Aufwendungsersatz für S (Art. 92 OR; ev. Art. 422 OR; z.B. Lagerkosten)
• ggf.: Beendigung des Schuldnerverzugs
Seite 214F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 7. Gläubiger- oder Annahmeverzug
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d. Rechtsfolgen (Sachleistungen)
• Recht des S zur Hinterlegung (Art. 92 OR)
• ggf. Selbsthilfeverkauf und Hinterlegung des Erlöses (Art. 93 OR; lesen!)
e. Rechtsfolgen (Dienstleistungen u.a.)
Rücktritt gem. Art. 95 i.V.m. Art 107 – 109 OR
Seite 215F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 7. Gläubiger- oder Annahmeverzug
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• = für den Fall einer Schuldpflichtverletzung (Nicht-, Spät- oder
Schlechtleistung) aufschiebend bedingtes Leistungsversprechen, insb.
auf Zahlung einer Geldsumme (vgl. Art. 160 Abs. 1 OR)
• erhöht Druck auf den Schuldner
• Begünstigt G, weil dieser Strafzahlung auch dann bekommt, wenn ihm
kein Schaden entstanden ist (Art. 161 Abs. 1 OR; ↔ vereinbarte
Schadenspauschalierung)
• Versprechen ist zur Hauptschuld akzessorisch, hängt also in ihrem
Bestand vom Bestand der Hauptschuld ab
• Wird die Hauptschuld unmöglich, ist die Konventionalstrafe nur bei
Vertretenmüssen durch S geschuldet (abweichende Vereinbarung
möglich; Art. 163 Abs. 2 OR)
• zu Konkurrenzen siehe Art. 163 Abs. 2 OR und Art. 161 Abs. 2 OR
• richterliches Mässigungsrecht gem. Art. 163 Abs. 3 OR
Seite 216
8. Konventionalstrafe (Art. 160 – 163 OR)
F. Obligationenrechtliche Ansprüche > II. Ansprüche aus Vertragsverletzung
(«Leistungsstörungsrecht») > 8. Konventionalstrafe
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I. Erfüllung (Art. 114 OR)
a. S muss spätestens bei Fälligkeit leisten (Art. 75 OR)
• Vereinbarung
• Natur des Geschäfts („Verkauf einer erst herzustellenden Sache“)
• gesetzliche Spezialregeln (Art. 318 OR)
• „im Zweifel“ sofort
b. S darf u.U. schon früher leisten (Art. 81 OR)
Kriterien wie zu a.
Seite 218
1. Rechtzeitigkeit
G. Erlöschen der Obligation > I. Erfüllung > 1. Rechtzeitigkeit
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a. vereinbarter Erfüllungsort
= vorrangig massgeblich (Art. 74 I OR)
b. mangels Vereinbarung: gesetzlicher E.
• Grundsatz: Holschuld (Art. 74 II Z. 3 OR)
• Geld: Bringschuld (Art. 74 II Z. 1 OR)
• Sache: Lageort (= i.d.R. Holschuld; Art. 74 II Z. 2 OR)
c. Insb: Schickschuld
= S verpflichtet sich, die Leistung an den Wohnsitz des G zu senden; z.B.
Versendungskauf
Seite 219
2. Am rechten Ort (Art. 74 OR)
G. Erlöschen der Obligation > I. Erfüllung > 2. Am rechten Ort
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a. geschuldeter Erfolg
= Erfüllung erst, wenn Erfolg eintritt (z.B. Lieferung einer Sache)
oder
b. geschuldete Tätigkeit
= Erfüllung, wenn Tätigkeit abgeschlossen (z.B. Behandlung des
Patienten)
Seite 220
3. Geschuldete Leistung
G. Erlöschen der Obligation > I. Erfüllung > 3. Geschuldete Leistung
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c. Insb.:
• Leistung „an Erfüllungs Statt“
G akzeptiert andere Leistung als Erfüllung
oder
• Leistung ”erfüllungshalber”
G befriedigt sich aus anderer Leistung → S wird nur soweit frei, wie sich
G befriedigen kann
Seite 221
4. Leistung an G
G. Erlöschen der Obligation > I. Erfüllung > 4. Leistung an G
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
II. Insb.: Verrechnung (Art. 120 – 126 OR)
• = wechselseitige Tilgung gleichartiger Forderungen durch (Gestaltungs-)
Erklärung einer Partei
Seite 222
A B
1’000.– (fällig)
(1)’200.– (erfüllbar)
Kompensation
Kompensant K.-Gegner
Rest B
200.--
G. Erlöschen der Obligation > II. Insb.: Verrechnung
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• Geldschulden sind immer gleichartig (Art. 120 Abs. 1 OR)
• Verrechnung mit verjährter Forderung möglich, wenn sich Forderungen
einmal unverjährt gegenüber gestanden haben (= Rückwirkung der
Verrechnung; Art. 120 III OR)
• Verrechnung im Konkurs
Verrechnung auch nicht fälliger Forderungen des Kompensanten möglich
(Art. 123 OR)
Seite 223G. Erlöschen der Obligation > II. Insb.: Verrechnung
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III. Erlass
= Vertrag über die Aufhebung einer Forderung (Art. 115 OR)
= Verfügungsgeschäft (Rechtsgrund: z.B. Schenkung)
Seite 224G. Erlöschen der Obligation > III. Erlass
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
IV. Novation
= Tilgung einer Forderung durch Begründung einer neuen (vgl. Art. 116 OR;
Verfügungsgeschäft, Rechtsgrund z.B. Vergleich)
• Setzt das Bestehen der getilgten Forderung voraus
• Einreden/Einwendungen des S sowie Nebenrechte des G betr. getilgte
Forderung erlöschen (vgl. Art. 114 OR)
• Novationswille (=animus novandi) wird nicht vermutet (Art. 116 Abs. 1
OR)
Seite 225G. Erlöschen der Obligation > IV. Novation
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
V. Vereinigung (Konfusion)
= S- und G-Position fallen später in einer Person zusammen
→ Forderung erlischt (Art. 118 OR)
Beispiel:
Grossvater (G) verspricht Enkel (E) CHF 1.000.--; kurze Zeit später stirbt G,
E ist sein Alleinerbe
Seite 226G. Erlöschen der Obligation > V. Vereinigung (Konfusion)
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
VI. Verjährung (Art. 127 ff. OR)
- Forderung verliert durch Zeitablauf ihre Klagbarkeit, bzw.
- S erhält durch Zeitablauf die Einrede der Verjährung
→ Kein Erlöschen der Forderung, sondern nur der Klagbarkeit der
Forderung („Naturalobligation“; s.a. [↑] Verrechnung!)
↔ Verwirkung (Präklusion)
- ursprünglich bestehendes Recht geht unter
- insb. bei Gestaltungsrechten, z.B. Anfechtungsfrist nach Art. 31 Abs. 1 OR
Seite 227
1. Begriff
G. Erlöschen der Obligation > VI. Verjährung > 1. Begriff
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• regelmässige Frist = 10 Jahre ab Fälligkeit (Art. 127 OR)
• kurze Frist = 5 Jahre ab Fälligkeit (Art. 128 OR; lesen!)
• Neuregelung ab 1.1.2020
Art. 128a OR (neu): bei vertragswidriger Tötung oder
Körperverletzung beträgt relative Frist drei Jahre und absolute Frist
20 Jahre
Seite 228
2. Sinn und Zweck
3. Dauer
G. Erlöschen der Obligation > VI. Verjährung > 2. Sinn und Zweck / 3. Dauer
• Rechtsfrieden + Rechtssicherheit
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• deliktische Ansprüche (Art. 60 I OR)
1 Jahr ab Kenntnis des G von Schaden und Schädiger (relative Frist)
jedenfalls: 10 Jahre nach schädigender Handlung (absolute Frist)
• Neuregelung ab 1.1.2020:
relative Frist in Art. 60 Abs. 1 OR auf drei Jahre verlängert
Art. 60 Abs. 1bis (neu): in Fällen von Tötung und Körperverletzung
beträgt relative Verjährungsfrist drei Jahre, die absolute 20 Jahre
Art. 60 Abs. 2 OR (neu): bei strafbarer Handlung keine Verjährung
vor Eintritt der strafrechtlichen Verfolgungsverjährung. Falls die
Verfolgungsverjährung nicht eintritt aufgrund eines erstinstanzlichen
Strafurteils, verjährt der Anspruch frühestens drei Jahre nach
Eröffnung des Urteils.
Seite 229
3. Dauer
G. Erlöschen der Obligation > VI. Verjährung > 2. Sinn und Zweck / 3. Dauer
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• Hintergrund der Änderung
EGMR Howald Moor et autres contre la Suisse (Requêtes numéros
52067/10 et 41072/1)
o tödliche Erkrankung mehr als 10 Jahre nach letztem Kontakt mit
Asbest
o absolute Verjährungsfrist: Schadenersatzanspruch verjährt,
bevor er entstanden ist
o Ergebnis EMRK-widrig
Seite 230
3. Dauer
G. Erlöschen der Obligation > VI. Verjährung > 2. Sinn und Zweck / 3. Dauer
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• Bereicherungsrecht (Art. 67 Abs. 1 OR)
1 Jahr ab Kenntnis des BG vom Anspruch (relative Frist)
jedenfalls: 10 Jahre nach Entstehung des Anspruchs (absolute Frist)
• Neuregelung ab 1.1.2020
relative Frist in Art. 67 Abs. 1 OR auf drei Jahre verlängert
Seite 231
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• Stillstand = Zeit wird nicht eingerechnet (d.h. Verjährungszeit setzt sich
aus der Zeit vor und jener nach dem Stillstand zusammen)
Beispiel:
Forderung von Ehemann M gegen Ehefrau F in Höhe von CHF 1.000.--;
später wird Ehe geschieden → Zeit der Ehe wird in die Verjährung nicht
eingerechnet, Verjährungszeiten vor der Ehe und nach der Ehe werden
addiert (Art. 134 I Z. 3 OR)
• Hinderung = Verjährung beginnt von vornherein nicht zu laufen
[entspricht Stillstand, siehe Art. 134 OR]
• Unterbrechung = Verjährung beginnt von Neuem zu laufen; z.B. S
erkennt Forderung an (Art. 135 Z. 1 OR)
Seite 232
4. Stillstand/Hinderung und Unterbrechung
G. Erlöschen der Obligation > VI. Verjährung > 4. Stillstand / Hinderung und Unterbrechung
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Beispiel:
M borgt sich von F Geld; 1 Jahr später heiraten M und F; weitere 9 Jahre
später werden sie geschieden; 2 Jahre später anerkennt M seine Schuld.
Verjährung nach Art. 127 OR = 10 Jahre?
Seite 233
Darlehen Ehe Scheidung Anerkenntnis
Stillstand Neue Verjährung 10 J.
= 0 JahreVerjährungszeit = 3 Jahre
G. Erlöschen der Obligation > VI. Verjährung > 4. Stillstand / Hinderung und Unterbrechung
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Seite 234
Zeitberechnung (Art. 132 i.V.m. 77 OR)
12.3.2007
13.3.2007 (0:00 Uhr) 12.3.2017 (24:00 Uhr)
Verjährung (Art. 127 OR: 10 Jahre)
Fälligkeit Verjährungsbeginn
(Art. 132 I OR)Ablauf der Verjährung
(Art. 132 I i.V.m. Art. 77 I Z. 3 OR)
Aber: Sonntag → endet erst
am 13.3.2017 (24:00 Uhr)
(Art. 132 i.V.m. Art. 78 I OR)
[Vgl. BGE 81 II 135]
G. Erlöschen der Obligation > VI. Verjährung > 4. Stillstand / Hinderung und Unterbrechung
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VII. Erlöschen des Schuldverhältnisses
Seite 235
- mit Erfüllung aller Pflichten endet auch der Vertrag
- typischer Weise enden so Zielschuldverhältnisse (z.B. Uhrenkauf)
G. Erlöschen der Obligation > VII. Erlöschen des Schuldverhältnisses
1. Abwicklung des Vertrags
2. Aufhebungsvertrag
- Parteien haben nicht nur Abschluss- sondern auch
Aufhebungsfreiheit
- für Aufhebungsvertrag ist Konsens erforderlich
- nicht formbedürftig, auch wenn formbedürftiger Vertrag aufgehoben
wird (vgl. Art. 115 OR)
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Seite 236
- setzt ein (gesetzliches oder vertragliches) Kündigungsrecht voraus
- das Kündigungsrecht ist ein Gestaltungsrecht, nämlich das Recht einer
Partei, den Vertrag durch einseitige Kündigungserklärung aufzuheben
- «ordentliches» Kündigungsrecht setzt keinen besonderen
Kündigungsgrund voraus (typisch für unbefristete Schuldverhältnisse;
vgl.: «ewiger Vertrag» verstösst gegen Art. 20 OR – gute Sitten;
befristete Schuldverhältnisse enden dagegen grdstzl. mit Zeitablauf)
- «ausserordentliches» Kündigungsrecht setzt einen Kündigungsgrund
voraus (vgl. Art. 257d OR – Kündigung bei Mietrückstand)
- Kündigung wirkt ex nunc
G. Erlöschen der Obligation > VII. Erlöschen des Schuldverhältnisses
3. Kündigung
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I. Stellvertreter (Art. 32 ff. OR)
Stellvertreter (StV) ist, wer in fremdem Namen rechtsgeschäftlich handelt
(= Auslegungsfrage; vgl. Art. 32 II OR)
↔ „indirekter StV“: handelt in eigenem Namen, jedoch auf fremde Rechnung
(vgl. Art. 32 III OR)
↔ Bote: handelt nicht rechtsgeschäftlich, sondern übermittelt nur fremde
Willenserklärungen
Seite 238H. Drittbeteiligte > I. Stellvertreter > 1. Begriff
1. Begriff
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
a. Voraussetzung: Vollmacht (VM)
• = rechtliches Können
• gesetzliche Vollmacht
z.B. Eltern (Art. 304 ZGB)
Organe juristischer Personen (Art. 718, 811 I OR)
Seite 239
2. Vertretungswirkung
H. Drittbeteiligte > I. Stellvertreter > 2. Vertretungswirkung
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
• rechtsgeschäftlich erteilt (Art. 34 OR)
Privatautonomie des Vollmachtgebers (Art. 33 II und 34 I, II OR)!
einseitiges (empfangsbedürftiges?) Rechtsgeschäft
abstraktes RG
Vollmachtskundgabe an Dritte nicht notwendig (hat aber die Wirkung
des Art. 34 III OR)
Insb.: konkludente Erteilung („Duldungsvollmacht“)
Seite 240H. Drittbeteiligte > I. Stellvertreter > 2. Vertretungswirkung
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Beachte:
Seite 241
AG
D
AN
Vertrag
Konsens
AV VM
Dürfen Können
Haftung!
H. Drittbeteiligte > I. Stellvertreter > 2. Vertretungswirkung
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
b. Voraussetzung: kein vertretungsfeindliches Geschäft
z.B. Ehe kann nicht durch StV geschlossen werden
c. Urteilsfähigkeit des StV
d. Wirkung
Rechtsfolgen treten in der Person des Vertretenen ein (= Zurechnung
fremden rechtsgeschäftlichen Handelns)
Seite 242H. Drittbeteiligte > I. Stellvertreter > 2. Vertretungswirkung
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
a. Grundsatz: schwebende Unwirksamkeit
→ Vertretener kann genehmigen (Art. 38 I OR)
b. Haftung des falsus procurator mangels Genehmigung (Art. 39 OR)
• Haftung des StV auf das negative Interesse (siehe aber Art. 39 II OR!)
• Haftungsausschluss bei Kenntnis des Dritten vom Fehlen der Vollmacht
• Haftungsreduktion bei Kennenmüssen des Dritten vom Fehlen der
Vollmacht
Seite 243
3. Vertreter ohne Vollmacht (falsus procurator)
H. Drittbeteiligte > I. Stellvertreter > 3. Vertreter ohne Vollmacht
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c. Haftung des Vertretenen aus Anscheinsvollmacht
• Vollmachtkundgabe I (Art. 33 III OR)
erteilte Vollmacht Drittem unrichtig kundgemacht
gutgläubiger (vgl. Art. 34 III OR) Dritter vertraut wegen Kundmachung auf
bestimmten Umfang der Vollmacht
StV handelt ausserhalb seiner Vollmacht jedoch im kundgemachten Rahmen
→ Vertretener haftet, als ob Vollmacht bestünde (Erfüllungshaftung)
Seite 244H. Drittbeteiligte > I. Stellvertreter > 3. Vertreter ohne Vollmacht
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• Vollmachtkundgabe II (Art. 34 III OR)
erteilte und Drittem richtig kundgemachte Vollmacht widerrufen
Widerruf Drittem nicht mitgeteilt
gutgläubiger Dritter vertraut wegen Kundmachung auf die Existenz der
Vollmacht
StV handelt ab Widerruf ohne Vollmacht
→ Vertretener haftet, als ob Vollmacht bestünde (Erfüllungshaftung)
• Anscheinsvollmacht = allgemeine Vertrauenshaftung
Vertrauenserzeugung
Vertrauen und -dürfen
Vertrauensdisposition
Vertrauensenttäuschung
Seite 245H. Drittbeteiligte > I. Stellvertreter > 3. Vertreter ohne Vollmacht
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Seite 246
4. Vollmacht: Übersicht
Vollmacht
gegeben
+
Weisungen
beachtet
- Wirksame
Vertretung
- Keine Haftung
des StV
- wirksame
Vertretung
- Haftung des
StV gegen-
über GH
Vollmacht
gegeben
aber
Weisungen
missachtet
Vollmacht NICHT
gegeben
Anschein
gesetzt
KEIN
Anschein
gesetzt
- Vertretung
wirkt
- rglm. Keine
Haftung des
StV
- Unwirksame
Vertretung
- Haftung des
StV gegen-
über Dritten
H. Drittbeteiligte > I. Stellvertreter > 4. Vollmacht: Übersicht
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
II. Erfüllungsgehilfe (Art. 101 1. Alt OR)
Beispiel:
V verkauft eine Vase an K. V verpflichtet sich:
a) die Vase in die Wohnung des K zu liefern (Bringschuld);
b) die Vase an die Wohnung des K zu versenden (Schickschuld).
V übergibt die Vase dem Transportunternehmen T, welches die Vase beim
Transport fahrlässig beschädigt.
Muss V als Geschäftsherr für das Verschulden des T als Erfüllungsgehilfe
gegenüber K einstehen?
Seite 247H. Drittbeteiligte > II. Erfüllungsgehilfe
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
a. Schuldpflicht des S (Beispiel: V) gegenüber G (Beispiel: K)
Variante a.: Bringschuld → Transport geschuldet
Variante b.: Schickschuld → Transport nicht geschuldet
b. Erfüllung der Schuldpflicht durch einen Dritten (Familienmitglied,
Angestellter, Subunternehmer,…)
c. Mit Wissen und Willen des Schuldners (Beispiel: V)
d. Verschulden des Dritten
e. in Ausübung seiner Verrichtungen (Vorsatz des Gehilfen?)
Seite 248
1. Tatbestand
H. Drittbeteiligte > II. Erfüllungsgehilfe > 1. Tatbestand
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Zurechnung des Verschuldens des Erfüllungsgehilfen an den
Geschäftsherrn (Schuldner; Beispiel: V)
→ Haftung für fremdes Verschulden (wie für eigenes)
Seite 249
2. Rechtsfolge
H. Drittbeteiligte > II. Erfüllungsgehilfe > 2. Rechtsfolge
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III. Ausübungsgehilfe (Art. 101 2. Alt. OR)
Beispiel:
Mieter M überlässt den Gebrauch des gemieteten Fahrzeugs seinem Sohn
S. Dieser verursacht schuldhaft einen Totalschaden am Fahrzeug.
Muss M für das Verschulden des S einstehen?
Seite 250H. Drittbeteiligte > III. Ausübungsgehilfe
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a. Gebrauchsüberlassungsvertrag (Leihe, Miete, Pacht;…)
b. Ausübung des Gebrauchsrechts durch Dritten (Beispiel: S)
c. mit Wissen und Willen des Berechtigten (Beispiel: M)
d. Verschulden des Dritten
e. in Ausübung des Gebrauchsrechts („…in Verrichtung…“)
Seite 251
1. Tatbestand
2. Rechtsfolge → Zurechnung des Verschuldens
H. Drittbeteiligte > III. Ausübungsgehilfe > 1. Tatbestand / 2. Rechtsfolge
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IV. Begünstigter (Vertrag zugunsten Dritter)
• Vertrag räumt Drittem (Begünstigtem) einen unmittelbaren Anspruch auf
die Leistung des S (Promittenten) ein (Art. 112 II OR)
• ↔ unechter VzD: nur Vertragspartner (Promissar) kann Leistung an
Dritten fordern (Art. 112 I OR)
• echt oder unecht? = Auslegungsfrage!
(vgl. Art. 112 II OR: „…Willensmeinung der beiden…“)
Seite 252
1. Echter Vertrag zugunsten Dritter
H. Drittbeteiligte > IV. Begünstigter (Vertrag zugunsten Dritter) > 1. Echter Vertrag zugunsten
Dritter
Rechtswissenschaftliches Institut Helmut Heiss
Beispiel 1: [Anm.: Spezialvorschriften des VVG bleiben hier ausser Betracht]
M unternimmt mit seiner Frau F eine Afrikareise. Hierfür schliesst er eine
spezielle Reisekrankenversicherung und bezahlt die Prämie. Als versicherte
Personen trägt M sich selbst und seine Frau F ein. Frau F erkrankt auf der
Reise schwer und muss in einem teuren Krankenhaus behandelt werden.
Kann F vom Krankenversicherer KV die Kosten zurück fordern?
Beispiel 2:
A verspricht B CHF 10.000.--. Als er sein Auto für CHF 10.000.-- an C
verkauft, vereinbart er mit C, dieser solle den Kaufpreis an B bezahlen.
C bezahlt weder an A noch an B.
Kann B Zahlung von CHF 10.000.-- fordern?
Seite 253H. Drittbeteiligte > IV. Begünstigter (Vertrag zugunsten Dritter) > 1. Echter Vertrag zugunsten
Dritter
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• Valutaverhältnis beim echten VzD
echter VzD → Begünstigter hat Forderungsrecht gegen Promittenten
unterscheide: darf Begünstigter die Forderung bzw. - nach Erfüllung – die
Leistung des Promittenten behalten?
Forderung/Leistung ist eine Zuwendung des Promissars an den
Begünstigten
Verhältnis des Begünstigten zum Promissar (Valutaverhältnis)
entscheidet über das Behaltendürfen
fehlt ein Valutaverhältnis, das einen hinreichenden Rechtsgrund für die
Zuwendung bietet, so hat der Promissar einen Anspruch auf
Herausgabe der Forderung bzw. Leistung aus ungerechtfertigter
Bereicherung
Rechtsgrund: z.B. Schenkung; „solvendi causa“
Seite 254H. Drittbeteiligte > IV. Begünstigter (Vertrag zugunsten Dritter) > 1. Echter Vertrag zugunsten
Dritter
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Beispiel:
Ehemann M lässt vom Installateur I einen neuen Warmwasserboiler
installieren. Infolge eines vom Arbeiter A des I schuldhaft begangenen
Fehlers explodiert der Boiler und fügt der Ehefrau F des M Verbrennungen
auf der Haut zu.
Kann F von I Schadensersatz fordern?
Seite 255
2. Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
H. Drittbeteiligte > IV. Begünstigter (Vertrag zugunsten Dritter) > 2. Vertrag mit Schutzwirkung
zugunsten Dritter
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a. Ansprüche aus Delikt
• Körperverletzung
• gegen A (Problem: hinreichend vermögend?)
• gegen I nur unter den Voraussetzungen des Art. 55 OR → I kann
Exzeptionsbeweis erbringen!
b. Ansprüche aus Vertrag
• kein echter Vertrag zugunsten Dritter = kein Anspruch von F auf Leistung
(Parteiwille!)
• Frage: zumindest vertragliche Schutzpflichten gegenüber F?
→ vertragliche Haftung gegenüber F?
Seite 256H. Drittbeteiligte > IV. Begünstigter (Vertrag zugunsten Dritter) > 2. Vertrag mit Schutzwirkung
zugunsten Dritter
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c. Vertragliche Schutzwirkungen zugunsten Dritter
• Leistungsnähe des Dritten
• G (Beispiel: M) ist für Wohl und Wehe des Dritten (Beispiel: F)
verantwortlich
• Erkennbarkeit dieser Umstände für S (Beispiel: I)
= ergänzende Vertragsauslegung?
d. Abweichende Ansichten
• Drittschadensliquidation bei unechtem Vertrag zugunsten Dritter und
Verträgen im Interesse Dritter; vgl. Koller, (Band 2) 459 [Anm.: bietet nur
teilweise funktionalen Ersatz für Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten
Dritter]
• Rechtsfortbildung des Deliktsrechts (insb. Erweiterung der
Gehilfenhaftung nach Art. 55 OR in bestimmten Zusammenhängen);
vgl. Schwenzer, 523.
Seite 257H. Drittbeteiligte > IV. Begünstigter (Vertrag zugunsten Dritter) > 2. Vertrag mit Schutzwirkung
zugunsten Dritter
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V. Zessionar (Art. 164 ff. OR)
• Übergang einer Forderung gegen einen S („debitor cessus“) vom
ursprünglichen Gläubiger („Zedent“) auf einen neuen Gläubiger
(„Zessionar“)
• rechtsgeschäftliche Zession: durch Vereinbarung (abstraktes
Verfügungsgeschäft)
• gesetzliche Zession („Legalzession“): Übergang der Forderung von
Gesetzes wegen (Art. 110, 149 I, 507 I OR)
Seite 258
1. Zession
H. Drittbeteiligte > V. Zessionar > 1. Zession
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Seite 259
2. Rechtsgeschäftliche Zession
G alt
Zedent
G neu
Zessionar
S
debitor cessus
Forderung
Forderung
Zession → Übergang
H. Drittbeteiligte > V. Zessionar > 2. Rechtsgeschäftliche Zession
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a. Voraussetzungen
• abtretbare Forderung (beachte: pactum de non cedendo =
Abtretungsverbot [str.])
• Vereinbarung (Art. 164 I OR)
• Schriftform (Art. 165 I OR)
• [Einwilligung des S nicht erforderlich]
• [Kenntnis des S nicht erforderlich]
b. Folge
• Forderung geht auf Zessionar über
• mit der Forderung gehen auch Nebenrechte (Pfandrecht,
Eigentumsvorbehalt, Bürgschaft) auf Zessionar über (Art. 170 I OR)
Seite 260H. Drittbeteiligte > V. Zessionar > 2. Rechtsgeschäftliche Zession
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c. Problem 1: S zahlt nach Zession an Zedenten
• Grundsatz
Zession → Zedent ist nicht mehr G → Zahlung an Zedenten ist keine Erfüllung
• Ausnahme (Art. 167 OR)
= Schutz des gutgläubigen Schuldners
→ Leistung an den nichtberechtigten Zedenten wirkt für S schuldbefreiend
→ wichtig: Beseitigung des guten Glaubens des S durch Abtretungsanzeige
(s. Art. 167 OR: „…bevor…angezeigt…“)
Seite 261H. Drittbeteiligte > V. Zessionar > 2. Rechtsgeschäftliche Zession
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d. Problem 2: Schuldner zahlt nach unwirksamer Zession an Zessionar
• Grundsatz
keine Zession → Zessionar ist nicht G geworden → Zahlung an
Zessionar ist keine Erfüllung
• Ausnahme
= Schutz des gutgläubigen Schuldners
→ bei unrichtiger Anzeige der Zession durch Zedenten
→ Zahlung an (vermeintlichen) Zessionar wirkt für S schuldbefreiend
e. Problem 3: Zedent und Zessionar streiten über die Wirksamkeit der
Zession (Art. 168 OR)
• Unsicherheit des S, wem er schuldet
• S kann Leistung an beide verweigern und gerichtlich hinterlegen
(Art. 168 I OR)
Seite 262H. Drittbeteiligte > V. Zessionar > 2. Rechtsgeschäftliche Zession
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f. Problem 4: Gegenrechte des S gegen Zedenten nach Zession (Art. 169 OR)
• Zession darf Position des S nicht verschlechtern
• S kann sich gegenüber Zessionar auf alle Gegenrechte, die ihm gegen diesen
persönlich zustehen, berufen
Beispiel:
Zedent zediert Forderung gegen S in Höhe von 1.000.-- an Zessionar; S besitzt
eigene Forderung gegen Zessionar in Höhe von 700.--
→ S kann Forderung von 700.-- gegen (abgetretene) Schuld von 1.000.--
verrechnen
• S kann Zessionar darüber hinaus die Einreden (und Einwendungen) entgegen
halten, die bei Kenntnisnahme von der Zession gegenüber Zedenten
vorhanden waren (Art. 169 I OR)
• „vorhanden“ = zumindest „im Keim“ angelegt
Beispiel: KV gibt Käufer Anspruch auf Gegenleistung = Lieferung des
Kaufgegenstands; tritt V Kaufpreisforderung an Zessionar ab und liefert später
nicht, so war die Haftung aus Vertragsverletzung bereits vor Zession (bzw.
deren Kenntnisnahme durch K) „vorhanden“
Seite 263H. Drittbeteiligte > V. Zessionar > 2. Rechtsgeschäftliche Zession
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Beispiele:
• rechtshindernde Einwendungen (Nichtigkeit)
• rechtsvernichtende Einwendungen (Rücktritt)
• Einrede des nicht erfüllten Vertrags (Art. 82 OR)
• Preisminderung
• Verjährung
• Verrechnung (Art. 169 I, II OR; lesen!)
Seite 264H. Drittbeteiligte > V. Zessionar > 2. Rechtsgeschäftliche Zession
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g. Problem 5: Zession nicht bestehender oder nicht einbringlicher
Forderung
• entgeltliche Abtretung (z.B. Forderungskauf)
Haftung für Bestand (Art. 171 I OR)
keine Haftung für Einbringlichkeit (Art. 171 II OR; Ausnahme: vertrag-
liche Übernahme der Haftung)
• unentgeltliche Abtretung (z.B. Schenkung einer Forderung)
keine Haftung für Bestand und Einbringlichkeit (Art. 171 III OR)
Seite 265H. Drittbeteiligte > V. Zessionar > 2. Rechtsgeschäftliche Zession
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h. Besondere Erscheinungsformen
• Zession künftiger Forderungen
Mgl. wenn Forderung bestimmbar (identifizierbar; vgl. BGE 113 II 163)
• Globalzession = Zession einer Gruppe von Forderungen
(z.B. Forderungen aus Warenverkauf) eines bestimmten Zedenten
Zession aller gegenwärtiger und künftiger Forderungen verstösst
gegen Art. 27 II ZGB
Seite 266H. Drittbeteiligte > V. Zessionar > 2. Rechtsgeschäftliche Zession
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• Sicherungszession
Seite 267
G
S
G
TH
SZession
1’200.--
1’200.--
1’000.--
Darlehen
Sicherungs-
abrede
H. Drittbeteiligte > V. Zessionar > 2. Rechtsgeschäftliche Zession
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• Inkassozession
Zessionar übernimmt Einziehung der Forderung im eigenen Namen,
gibt Erlös aber (z.B. gegen Abzug eines Inkassoentgelts) an
Zedenten weiter
Zessionar = Treuhänder (Vollrecht nach aussen, also gegenüber S
[„rechtliches Können“] ; schuldrechtliche Bindung nach innen, also
gegenüber Zedenten [„rechtliches Dürfen“])
Seite 268H. Drittbeteiligte > V. Zessionar > 2. Rechtsgeschäftliche Zession
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VI. Schuld- (Art. 175 ff. OR) und Vetragsübernehmer
• Übernahme einer fremden Schuld (z.B. Zahlung eines Kaufpreises)
• intern: Vertrag zwischen Schuldner und Übernehmer (Art. 175 I OR)
→ Wirkung nur inter partes (S bleibt Schuldner des G)
• extern: Vertrag zwischen Gläubiger und Übernehmer; Übernehmer wird
anstelle des bisherigen Schuldners neuer Schuldner (Art. 176 OR)
• kumulativ: Dritter tritt Schuld des S bei (Schuldbeitritt) → S und Dritter
werden Solidarschuldner i.S.v. Art. 143 ff. OR
• Übernehmer tritt in das gesamte Vertragsverhältnis ein
• Vertrag aller 3 Beteiligter (ursprüngliche Vertragsparteien und
Übernehmender)
Seite 269
1. Schuldübernahme
2. Vertragsübernahme
H. Drittbeteiligte > VI. Schuld- und Vetragsübernehmer > 1. Schuldübernahme /
2. Vertragsübernahme