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ISSN 1997-7964 Jahrgang 6 Oktober 2012 EUR 7,– P.b.b. Verlagspostamt 1072 Wien GZ 09Z038186 M 3 I 2012 Fachzeitschrift für Infektiologie JATROS Infektiologie © fotolia.de Impfungen bei Immunsuppression Österreichische Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin Cross Media Content GmbH, Markgraf-Rüdiger-Straße 8, 1150 Wien n www.universimed.com Ab Seite 21

Österreichische Gesellschaft für Impfungen bei ... · ISSN 1997-7964 Jahrgang 6 Oktober 2012 Eur 7,– P.b.b. Verlagspostamt 1072 Wien GZ 09Z038186 M 3 I 2012 Fachzeitschrift für

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ISSN 1997-7964Jahrgang 6Oktober 2012

Eur 7,–

P.b.b. Verlagspostamt 1072 Wien

GZ 09Z038186 M

3 I 2012

F a c h z e i t s c h r i f t f ü r I n f e k t i o l o g i e

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Impfungen bei Immunsuppression

Österreichische Gesellschaft fürInfektionskrankheiten und Tropenmedizin

Cross Media Content GmbH, Markgraf-rüdiger-Straße 8, 1150 Wien n www.universimed.com

Ab Seite 21

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1„empfohlen in der Schwangerschaft“: EACS Guidelines, Version 6.0-Oct 11, http://www.europeanaidsclini-calsociety.org, „Vergleichbare Wirksamkeit mit Männern“: Hermes et al, 1st International Workshop on HIV and Women from Adolescence through Menopause, Jan10-11, 2011. Wahsington DC.

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universimed.com 3 I

| editorial

univ.-Doz. Dr. P. Apfalter, Linz; Prim. Dr. C. Aspöck, St. Pölten; univ.-Prof. Dr. H. Burg-mann, Wien; univ.-Prof. DDr. A. Georgo poulos, Wien; univ.-Prof. DDr. W. Graninger, Wien; OA Dr. O. Janata, Wien; univ.-Prof. Dr. C. Lass-Flörl, Innsbruck; OA Dr. A. Lechner, Salzburg; univ.-Prof. Dr. A. Lischka, Wien; Ao. univ.-Prof. DDr. E. Marth, Graz; univ.-Prof. Dr. I. Mutz, St. Marein i. M.; univ.-Prof. Dr. M. Peck-Radosavljevic, Wien; univ.-Prof. Dr. E. Presterl, Wien; Ass.-Prof. Dr. A. Rieger, Wien; univ.-Prof. Dr. T. Staudinger, Wien; Ao. univ.-Prof. Dr. F. Thalhammer, Wien; Prim. Dr. N. Vetter, Wien; Ao. univ.-Prof. Dr. G. Weiss, Innsbruck; Prim. univ.-Doz. Dr. C. Wenisch, Wien; univ.-Prof. Dr. W. H. Wernsdorfer, Wien; univ.-Prof. Dr. B. Willinger, Wien.

WISSENSCHAFTLICHE BEIRäTE

jatros Infektiologie 3 I 2012

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

zur Jahresmitte erhielt erfreulicherweise ein neues Antibiotikum die EMA-Zulassung – Fidaxomicin, das derzeit neben Österreich in Großbritannien sowie in den skandinavischen Ländern erhält-lich ist. Fidaxomicin, als Dificlir® im Handel, gehört zu einer neu-en Substanzklasse und ist für die Therapie der Clostridium-diffi-cile-assoziierten Diarrhö (CDAD) zugelassen. In den Zulassungs-studien ist es der Vergleichssubstanz Vancomycin nicht unterle-gen, hat jedoch eine um 50% niedrigere rezidivrate.

So weit, so gut. Aber warum stellen wir dann nicht sofort bei allen Patienten die Therapie auf die neue Substanz um, wenn diese genauso wirksam und außerdem gut verträglich ist, nur in minimalem Ausmaß resor-biert wird, keine systemische Wirkung hat und signifikant weniger rezidive aufweist? Weil Fidaxomicin im Moment das Antibiotikum mit den höchsten Tagestherapiekosten ist. Es sind Diskussionen darüber entbrannt, ob ein absoluter unterschied in der rezidivrate von (laut Fachinformation) 11,9% im Per-Protokoll-Kollektiv angesichts von etwa 1.300 CDAD-Todesfällen jährlich in Österreich unserer Gesellschaft den Preisunterschied zu Vancomycin bzw. Metronidazol wert ist bzw. sein muss. Die Fachinformation weist auch darauf hin, dass „aufgrund begrenzter klinischer Daten Fidaxomicin bei Patienten mit pseudomembra-nöser Kolitis, fulminanter oder lebensbedrohlicher Clostridium-difficile-Infektion mit Vor-sicht angewendet werden sollte“. In unserem Haus muss Dificlir® durch den Infektions-dienst patientenbezogen freigegeben werden und wird – derzeit – erfolgreich in der rezi-divtherapie eingesetzt.

Im Herbst gibt es wieder zahlreiche interessante infektiologische Veranstaltungen, etwa die Jahrestagung der Paul-Ehrlich-Gesellschaft in Dresden bzw. die der Österreichischen Gesell-schaft für Chemotherapie in Wien, den Pilzkurs der Österreichischen Gesellschaft für Medi-zinische Mykologie oder Giftige Dienstage und Samstage, um nur einige zu nennen. Der Österreichische Infektionskongress 2013 in Saalfelden, geleitet von univ.-Prof. Dr. Cornelia Lass-Flörl, auf den ich Sie ebenfalls bereits hinweisen darf, wird dem Thema „Nosokomiale Infektionen“ gewidmet sein.

Anlässlich der Berichterstattung über Hantavirus-Infektionen in den uSA ein Wort dazu: Derartige Infektionen sind in Österreich vor allem in der Steiermark und in Kärnten anzu-treffen. Ich möchte hier auf die regelmäßig erscheinenden, sehr informativen „Virusepide-miologischen Informationen“ des Wiener Departments für Virologie verweisen. Diese sind unter der Internetadresse www.virologie.meduniwien.ac.at (→ Virus-Epidemiologie) abruf-bar – Nummer 08/12 befasst sich mit Hantavirus-Infektionen. Im Hinblick auf die sicher kommende Influenzasaison können dort auch aktuelle Influenza-Surveillancedaten abgeru-fen werden.

Eine informative und spannende Lektüre wünscht

Ihr

Florian Thalhammer

Vizepräsident der Österreichischen Gesellschaft

für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (ÖGIT)

F. Thalhammer, Wien

I M P R E S S u M

Herausgeber: universimed Cross Media Content GmbH, Markgraf-rüdiger-Straße 8, 1150 Wien. Telefon: +43/1/876 79 56-0. Fax: +43/1/876 79 56-20. Geschäftsführung: Dr. Bartosz Chłap MBA. Chef redaktion: Mag. Thomas Schindl. E-Mail: [email protected]. Exter-ner Redakteur: Dr. Norbert Hasenöhrl. Projekt -lei tung: Mag. rené Milich. E-Mail: [email protected]. Grafik & Layout: Daniel Dobernig. Produk tion & Druck: AV + Astoria Druckzentrum GmbH, 1032 Wien. Ge richts-stand: Wien. Foto nach weis: Archiv.

Bezugsbedingungen Abonnement: Bestellung bei universimed oder unter www.univer simed.com. Jahresabo (4) Eur 22,–. Einzelheft Eur 7 inkl. MwSt. und Versand innerhalb von Öster-reich; im Ausland zzgl. Versandspesen. ISSN 1997-7964. Das Medium JATROS Infektiologie ist für den persönlichen Nutzen des Lesers kon-zipiert und beinhaltet Informationen aus den Bereichen Expertenmeinung, wissenschaft liche Studien und Kongresse. Die mit einem Kreis versehenen Artikel stellen Beiträge nach §26 Mediengesetz dar. Namentlich gekennzeichnete Artikel und sonstige Beiträge sind die per - sön liche und/oder wissenschaftliche Meinung des Verfassers und müssen daher nicht mit der Meinung der redaktion und des Herausgebers übereinstimmen. Diese Bei träge fallen somit in den persönlichen Verantwortungsbereich des Verfassers. Mit der Einsendung eines Manus-kriptes erklärt sich der urheber/Einsender damit einverstanden, dass der entsprechende Bei trag ganz oder teilweise in allen Publikationsorganen von universimed publiziert werden kann. Für unverlangt eingereichte Manuskripte und Bilder übernimmt universimed keine Haftung.

Copyright: Alle rechte liegen bei universimed. Nachdruck oder Vervielfältigung – auch aus zugs-weise – nur mit schriftlicher Ge nehmigung des Herausgebers. Die wiedergegebene Meinung deckt sich nicht in jedem Fall mit der Meinung des Herausgebers, sondern dient der Infor - ma tion des Lesers. Die am Ende jedes Artikels vorhandene Zahlenkombination (z.B.: inf110406) stellt eine interne Kodierung dar. Geschlechter-bezeichnung: um die Les barkeit der Informa-tionen zu erleichtern, wird bei Personenbezeich-nungen in der regel die männliche Form ver-wendet. Es sind jedoch jeweils männliche und weibliche Personen gemeint.

Österreichische Gesellschaft fürInfektionskrankheiten und Tropenmedizin

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1„empfohlen in der Schwangerschaft“: EACS Guidelines, Version 6.0-Oct 11, http://www.europeanaidsclini-calsociety.org, „Vergleichbare Wirksamkeit mit Männern“: Hermes et al, 1st International Workshop on HIV and Women from Adolescence through Menopause, Jan10-11, 2011. Wahsington DC.

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Fach

info

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Seite

35

universimed.com 5 I

HIV/AIDS

06 HIV-Epidemie 2011 in Österreich und weltweit

08 Rilpivirin Der NNRTI der zweiten Generation

10 Diagnose und Behandlung Neurologische Komplikationen der HIV-Infektion

VIRuSINFEkTIONEN

12 ÖGGH-Jahrestagung Vorbereitung für die antivirale Therapie der Hepatitis C

14 Herpesviren in der Evolution der chronischen lymphatischen Leukämie

17 HyGIENEMONITOR

21 Impfungen Empfehlungen bei Immunsuppression und Transplantation

öGIT

23 Störungen des Immunsystems Konsensus: Impfungen bei Immunschwäche und Immunsuppression

25 Giftiger Dienstag Ambulant erworbene Pneumonie in Österreich – aktuelle Daten

27 „Giftige Fälle“ Interessante Kasuistiken aus allen Bereichen der Infektiologie

29 Fidaxomicin Neue Substanz gegen Clostridium-difficile- assoziierte Diarrhö

30 Institutsvorstellung Nationales Referenzzentrum: KH der Elisabethinen in Linz

32 Nebenwirkungen von Antiinfektiva Teil 4: Neuropsychiatrische Toxizität

PHARMA-NEWS

34 Kreon (Pankreatin) von Anfang an!

Empfehlungen bei Immun-

suppression und Transplantation

Seite 21

IMPFuNGEN

F. Thalhammer, Wien

NNRTI der zweiten Generation

Seite 8

HIV-INFEkTION

A. rieger, Wien

Vorbereitung für die

antivirale Therapie

Seite 12

VIRuS-HEPATITIS C

A. Maieron, Linz

Nationales Referenzzentrum Linz

Seite 30

INSTITuTSVORSTELLuNG

P. Apfalter, Linz

| inhaltjatros Infektiologie 3 I 2012

universimed.comI 6 universimed.comI 6

jatros Infektiologie 3I 2012

Leider sind wir nach wie vor von den nied-rigeren Zahlen früherer Jahre weit ent-fernt, und es scheint, dass das HIV-Risiko-verhalten sich nicht verbessert hat. Die Än-derungen in den einzelnen Bundesländern (Tab. 2) sind wie jedes Jahr unterschiedlich und wirkliche Trends in den einzelnen Re-gionen sind nur schwer zu erkennen. Eine Zunahme der Neudiagnosen 2011 im Ver-gleich zu 2009 und 2010 hat es vor allem in Wien und Kärnten gegeben. Bei einem Teil der neu mit HIV diagnostizierten Pa-tienten ist die Nationalität bekannt, und es zeigt sich, dass in den letzten Jahren kon-stant ca. 70% der Neudiagnosen auf öster-reichische Staatsbürger entfielen, 10 bis 15% auf Personen aus anderen europä-ischen Staaten und 6 bis 12% auf Pati-enten aus afrikanischen Ländern. Die Da-ten wurden vor allem in den großen öster-reichischen Behandlungszentren im Rah-men der österreichischen HIV-Kohorten-studie AHIVKOS (Leiter Univ.-Prof. Dr. Robert Zangerle, Innsbruck) erhoben.

Seit Jahren, eigentlich bereits seit Beginn der HIV-Epidemie, steht die Frage im Raum, wie viele Personen mit HIV-Infek-tion nun tatsächlich in Österreich leben und wie viele davon eine antivirale Be-handlung erhalten. Auch diese Frage wurde im Rahmen der österreichischen HIV-Kohortenstudie untersucht. Laut die-ser Studie erhalten derzeit in Österreich etwa 4.000 Personen antivirale Therapien in klinischen Zentren oder bei niedergelas-

senen HIV-Experten. Wenn zusätzlich die Patienten miteinbezogen werden, die be-kannt HIV-positiv sind, aber derzeit keine antivirale Therapie erhalten, und ange-nommen wird, dass 25% aller HIV-Infi-zierten bis jetzt noch nicht diagnostiziert sind, kommen die Leiter der Kohorte auf eine Zahl von bis zu 8.000 HIV-positiven Personen, die derzeit in Österreich leben.Eine deutliche Änderung gibt es bei den offiziellen Zahlen der AIDS-Fälle (Tab. 1). Nach genauer Nachforschung und Nach-meldungen von AIDS-Erkrankungen im letzten Jahr ist die Zahl der AIDS-Fälle, die dem Gesundheitsministerium nun vor-liegt, deutlich höher als früher angenom-men. Generell geht das Ministerium jetzt davon aus, dass in Österreich etwas mehr als 1.700 Personen mit AIDS leben. Die Zahl der Patienten, die seit 1983 an AIDS gestorben sind, wird in der jährlichen Sta-tistik (bis Anfang Dezember 2011) mit 1.945 angegeben.

Ein sehr wichtiger Aspekt für das Eindäm-men der HIV-Neuinfektionen ist der Zeit-punkt, zu dem im Krankheitsverlauf die Erstdiagnose der HIV-Infektion erfolgt. Hier zeigen die Daten, dass leider nur ca. 20% der Patienten in Österreich eine rela-tiv frühe Diagnose erhalten. Im Gegensatz dazu wurde – auch im Jahr 2011 (bis Sep-tember) – ein Viertel aller Patienten der österreichischen HIV-Kohorte erst in einem weit fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung als HIV-positiv diagnostiziert,

HIV-Epidemie 2011 in Österreich und weltweit

Wie aus der Tabelle 1 ersichtlich ist, wurden im Vorjahr 525 HIV-Neuinfektionen in Österreich diagnostiziert –

das sind deutlich mehr als 2010, aber nur wenige mehr als in den Jahren zuvor. Es scheint, als ob der leichte

rückgang der Neudiagnosen im Jahr 2010 nur eine Zufallsschwankung gewesen ist und keine wirkliche

Änderung der Situation in Österreich stattgefunden hat.

E. Puchhammer-Stöckl, Wien

Neuinfektionen (1985 – 2011)

JahrAIDS-Fälle*

Neu diagnostizierte Infektionen

1985 29 820

1986 33 753

1987 96 693

1988 115 441

1989 160 431

1990 186 432

1991 223 426

1992 225 515

1993 261 561

1994 194 437

1995 243 407

1996 187 377

1997 146 297

1998 160 313

1999 146 339

2000 139 428

2001 113 398

2002 112 442

2003 95 422

2004 98 470

2005 111 453

2006 113 442

2007 124 515

2008 101 505

2009 94 507

2010 89 487

2011 45 525

Tab. 1: Neu erfasste AIDS-Fälle und HIV-Infektio-nen in den Jahren 1985 bis 2011

Virusepidemiologische Information, Department für Virologie, MuW

7 Iuniversimed.com 7 Iuniversimed.com

| referat

mit einer CD4-Zellzahl von unter 200/μl Blut und/oder mit einer Entwicklung von AIDS-definierenden Erkrankungen inner-halb von drei Monaten nach Diagnose.

Diese Zahlen (die auch vergleichbar mit jenen in anderen europäischen Ländern sind) weisen deutlich darauf hin, dass das Bewusstsein für die HIV-Infektion in der Bevölkerung viel zu gering ist und das ei-gene Infektionsrisiko oft gar nicht wahrge-nommen wird. Das ist aber nicht nur für den Krankheitsverlauf der einzelnen Pati-enten, sondern auch aus epidemiolo-gischer Sicht äußerst problematisch. Bei Personen, bei denen die HIV-Infektion frühzeitig diagnostiziert wurde, kann die Virusmenge schon früh durch eine antivi-rale Behandlung unter die Nachweisbar-keitsgrenze gedrückt werden (auf weniger als 40 bis 50 Kopien Virus-RNA/ml Blut). Im Gegensatz dazu haben Patienten, die sich ihrer Infektion nicht bewusst sind und nicht therapiert werden, oft hohe Vi-ruslasten in Blut und anderen Körperse-kreten und tragen daher wesentlich mehr zur Verbreitung des Virus in der Gesell-schaft bei. Daher kann nicht oft genug ge-fordert werden, dass das Bewusstsein für die Risiken einer HIV-Infektion generell gestärkt wird und dass bei unspezifischen klinischen Symptomen wie Lymphknoten-schwellungen oder Exanthemen immer auch eine akute HIV-Infektion in der Dif-ferenzialdiagnose berücksichtigt wird.

HIV-Epidemie weltweit

Hier geht es nun um die weltweite Ent-wicklung der HIV-Epidemie, und wie im-mer basieren die Daten dazu vor allem auf den Meldungen von UNAIDS (Joint Uni-ted Nations Programme on HIV/AIDS). Die im „World AIDS Day Report 2011“ zusammengefassten Daten zeigen, dass im Jahr 2010 ca. 34 Mio. Menschen mit HIV infiziert waren. Der Verlauf der weltweiten Epidemie über die letzten Jahre weist je-doch eine sich langsam entwickelnde Bes-serung der Situation auf. Während im Jahr 2008 noch 7.400 Menschen täglich neu infiziert wurden, waren es im Jahr 2010 „nur mehr“ 7.000. Und auch die Zahl der an AIDS Gestorbenen ist mit 1,8 Mio. niedriger als 2008 (2 Mio.).

Die Hauptursache dieser Entwicklung liegt im verbesserten Zugang zur antivi-

ralen Therapie, vor allem in den Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkom-men, in denen 97% aller HIV-Infizierten leben. Dieser Zugang hat sich in manchen Ländern in den letzten Jahren generell dra-matisch verbessert, und zwar für alle Infi-zierten, also nicht nur für die Patienten mit fortgeschrittener AIDS-Erkrankung und sehr niedriger CD4-Zellzahl. Der UNAIDS-Bericht über die generelle Ver-fügbarkeit der antiretroviralen Therapie in verschiedenen Ländern zeigt, dass die Situ-ation in einzelnen afrikanischen Ländern geradezu vorbildhaft ist. In Botswana ha-ben seit 2009 über 90% aller Patienten Zugang zur antiviralen Therapie, seit 2010 ist das auch in Namibia und Ruanda der Fall. In anderen stark betroffenen Ländern wie Swasiland und Sambia sind es immer-hin 72%, in Simbabwe, Lesotho und in Südafrika zwischen 50 und 60%.

Vergleichsweise katastrophal ist die Situa-tion in manchen Ländern Zentral- und Osteuropas. In der Ukraine hatten 2010 nur 13% aller infizierten Personen Zugang zur antiretroviralen Therapie, in Russland vermutlich 20 bis 30%. Aber auch in manchen EU-Ländern ist die Situation überraschend schlecht. So gibt der UN-AIDS-Bericht an, dass in Ungarn nur 38% der mit HIV Infizierten Zugang zur The-rapie hatten, in Polen waren es 34% und in den baltischen Ländern Litauen und Lettland gar nur 27% bzw. 18%. Beson-ders schlecht ist die Versorgung in Nord-afrika und dem mittleren Osten, wo nur bis zu 10% der Patienten Zugang zur The-rapie hatten. In allen Ländern mit nied-rigem und mittlerem Einkommen zusam-

men hätten 14,2 Mio. Menschen im De-zember 2010 eine antivirale Therapie be-nötigt. Tatsächlich erhalten haben sie ca. 6,65 Mio. (47%), eine deutliche Verbesse-rung gegenüber dem Jahr 2009, in dem nur 39% der Patienten die benötigte anti-virale Therapie erhalten hatten.

Ein besonders wichtiger Aspekt ist die Ver-sorgung von HIV-positiven Schwangeren mit antiviraler Therapie, um eine Infek-tion des Kindes zu verhindern. Generell erhielten 2010 in allen Ländern mit nied-rigem und/oder mittlerem Einkommen fast 50% aller infizierten Schwangeren eine HIV-Therapie. Die Verhinderung vertikaler HIV-Transmissionen von HIV-infizierten Müttern auf ihre Kinder wäh-rend der Schwangerschaft oder bei der Ge-burt ist letztes Jahr als Hauptziel von UN-AIDS für die nächsten Jahre deklariert worden. Derzeit wird fast jede Minute ein mit HIV infiziertes Kind geboren, im Jahr 2009 waren es insgesamt 370.000 Kinder, die meisten von ihnen in afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Bei entspre-chender antiviraler Therapie der Mutter in der Schwangerschaft wird das Übertra-gungsrisiko auf 5% oder darunter redu-ziert. In europäischen Ländern wie Öster-reich, in denen die HIV-positiven Schwan-geren routinemäßig antiviral behandelt werden, gibt es fast keine mit HIV infi-zierten Neugeborenen mehr. Bis zum Jahr 2015 strebt die Staatengemeinschaft welt-weit den Zugang aller Schwangeren zur antiviralen Therapie und dadurch die Re-duktion von Mutter-Kind-Übertragungen um 90% an. Die hauptsächlich betrof-fenen Staaten haben dem globalen Plan schon zugestimmt und das Erreichen die-ses Ziels wird finanziell von zahlreichen Geldgebern wie auch der „Bill & Melinda Gates Foundation“ unterstützt.

n

Autorin:

Univ.-Prof. Dr. Elisabeth Puchhammer-Stöckl

Klinisches Institut für Virologie

Medizinische Universität Wien

Kinderspitalgasse 15

1090 Wien

Tel.: 01/401 60-65520

E-Mail: [email protected]

Quelle: Virusepidemiologische Information

04 + 06/2012, Department für Virologie, MUW

inf120306

Verteilung

BundeslandNeu diagnostizierte

Fälle 2011

Wien 303

Niederösterreich 21

Oberösterreich 33

Salzburg 27

Tirol 23

Kärnten 26

Steiermark 78

Vorarlberg 9

Burgenland 5

Gesamt 525

Tab. 2: Verteilung der 2011 neu diagnostizierten HIV-Fälle in den Bundesländern

Rilpivirin

Der NNRTI der zweiten GenerationSeit Jänner dieses Jahres steht mit Rilpivirin (Edurant®) ein neuer, nicht nu-kleosidischer Reverse-Transkriptaseinhibitor zur Verfügung, der in Kombina-tion mit anderen antiretroviralen Wirkstoffen zur Behandlung von HIV-Pati-enten zugelassen ist. Wir sprachen mit Ass.-Prof. Dr. Armin Rieger, Oberarzt an der Klinischen Abteilung für Immundermatologie der Universitätsklinik für Dermatologie, Wien, über aktuelle Therapiekonzepte bei HIV und die Rolle von Rilpivirin im Rahmen der Tripeltherapie.

Wie sieht die initiale HIV-Therapie gemäß internationalen Guidelines aus?

A. Rieger: Es handelt sich immer um eine Tripeltherapie, die aus einem „Backbone“-regime, aus zwei nukleo-sidischen reverse-Transkriptaseinhibi-toren (NrTI), besteht und mit Substan-zen aus drei unterschiedlichen Substanz-klassen kombiniert werden kann. Das sind geboosterte Proteaseinhibitoren, In-tegraseinhibitoren sowie nicht nukleo-sidische reverse-Transkriptaseinhibitoren (NNrTI).

Die NNRTI sind bereits seit Mitte der 1990er-Jahre in Verwendung, sind allerdings mit einer Reihe von Problemen verbunden. Welche sind das?

A. Rieger: In den frühen Zeiten von HAArT gab es zwei nicht nukleosidische reverse-Transkriptaseinhibitoren. Das waren einerseits Nevirapin und anderer-seits Delavirdin. Delavirdin spielte auf-grund der häufigen Einnahmezeitpunkte und der vielen Tabletten nur eine unter-geordnete rolle. Nevirapin war damals der erste klinisch relevante NNrTI. Al-lerdings treten vor allem in der Anfangs-phase der Therapie Probleme im Sinne von unverträglichkeiten auf. Das kön-nen mitunter schwere systemische re-aktionen sein, die mit höherer Wahr-scheinlichkeit bei Patienten auftreten, bei denen das Immunsystem noch bes-ser ist. So gibt es bestimmte ge-schlechtsspezifische Grenzwerte der CD4-Zahlen, über denen Nevirapin in der Initialtherapie nicht eingesetzt wer-den sollte.

In den späten 1990er-Jahren kam Efavirenz auf den Markt. Dabei handelt es sich um eine sehr potente Substanz, die in Kombination mit Truvada®, das die beiden NrTI Emtricitabin und Tenofovir enthält, zum State of the Art zählt. Nachteile sind allerdings, dass auch hier, vorwie-gend in der Initialphase, bei einem Großteil der Patienten ZNS-Nebenwir-kungen zu beobachten sind, die in un-terschiedlicher Ausprägung auftreten. Die Beschwerden umfassen dabei Schwindel, Benommenheitsgefühl, Kon-zentrationsschwäche, Schlafstörungen und lebhaftes Träumen oder sogar Alb-träume. Die Nebenwirkungen werden in der regel im Laufe der Zeit geringer, bei manchen Patienten sind die Be-schwerden allerdings prolongiert und können therapielimitierend sein.

Seit Beginn dieses Jahres ist Rilpivi-rin verfügbar. Wie ist dieser neue NNRTI im Vergleich zu den älteren Substanzen einzuschätzen?

A. Rieger: rilpivirin ist ein NNrTI der zweiten Generation mit einem hervor-ragenden Sicherheits- und Nebenwir-kungsprofil. Mit rilpivirin ist die Inzidenz der ZNS-Nebenwirkungen deutlich re-duziert. Darüber hinaus ist es im Sinne der Lipidfreundlichkeit günstiger als Efa-virenz. So wurden in Studien zur Lang-zeittherapie unter rilpivirin nach 48 re-spektive 96 Wochen nur geringfügige Erhöhungen des Gesamtcholesterins und des HDL-Cholesterins beobachtet.

Die medianen Veränderungen des LDL-Cholesterins und der Triglyzeride waren gegenüber dem Ausgangswert nicht er-höht. Auch betreffend Interaktionen mit anderen Medikamenten und hinsicht-lich des Vitamin-D-Metabolismus ist ril-pivirin Efavirenz überlegen.

Wie wird Rilpivirin me-tabolisiert und welche möglichen Interaktionen müssen berücksichtigt werden?

A. Rieger: rilpivirin wird über Cytochrom 3A4 me-tabolisiert. Es ist ein schwacher Induktor dieses Enzyms, was den Vorteil hat, dass die Kombinier-

barkeit kaum eingeschränkt ist. Mit den anderen NNrTI ist rilpivirin na-türlich nicht kombinierbar, was aus vi-rologischer Sicht auch keinen Sinn hätte. Es ist besonders zu beachten, dass sich die gleichzeitige Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren (PPI) sehr nachteilig auf die Bioverfügbar-keit von rilpivirin auswirkt. Ist bei einem Patienten etwa eine ulkusthe-rapie nötig, so muss entweder rilpi-virin durch eine andere, diesbezüglich unempfindlichere Substanz ersetzt werden oder man findet das Auslan-gen mit H2-Blockern, die in einem zeitlichen Abstand von 12 Stunden zur rilpivirin-Einnahme verabreicht wer-den sollten.

kann Rilpivirin in der Schwanger-schaft eingesetzt werden?

A. Rieger: Dazu gibt es nur wenig kli-nische Erfahrung. Aus Standard-Tiermo-dellen gibt es im Gegensatz zu Efavirenz bei rilpivirin bislang keine Hinweise auf Teratogenität. rilpivirin ist in der Schwangerschaft allerdings nicht zuge-lassen und sollte daher nur dann einge-setzt werden, wenn es dringend erfor-derlich ist.

A. rieger, Wien

universimed.comI 8 universimed.comI 8

jatros Infektiologie 3I 2012

Ist Rilpivirin auch bei Patienten mit eingeschränkter Nieren- oder Leber-funktion einsetzbar?

A. Rieger: rilpivirin wird grundsätzlich in der Leber metabolisiert. Bei milder bis mittelgradiger Nieren- und Leberfunk-tionseinschränkung ist keine Dosismo-difikation erforderlich.

Rilpivirin ist in kombination mit an-deren antiretroviralen Wirkstoffen für die Behandlung von HIV-1-In-fektionen bei antiretroviral nicht vorbehandelten Erwachsenen mit einer Viruslast von maximal 100.000 RNA-kopien pro ml indiziert. Wel-che Bedeutung hat diese Ober-grenze der Viruslast in der kli-nischen Praxis?

A. Rieger: Diese Einschränkung stammt aus den Daten der beiden Zulassungs-studien ECHO und THrIVE, die gezeigt haben, dass bei Patienten mit einer Ausgangs-Viruslast von über 100.000 rNA-Kopien die Wahrscheinlichkeit für ein virologisches Versagen unter rilpi-virin im Vergleich zu Efavirenz erhöht ist. Da wir laut Guidelines immer frü-her, bei höheren CD4-Zellzahlen, the-rapieren, insbesondere bei Vorliegen von Komorbiditäten oder bei Patienten in höherem Alter, fällt diese Einschrän-kung, keine Patienten mit einer Virus-last von über 100.000 zu behandeln, weniger ins Gewicht, da die Viruslast in diesen Stadien mit großer Wahr-scheinlichkeit niedriger ist.

Wie sehen die wichtigsten Daten aus dem klinischen Prüfprogramm von Rilpivirin aus?

A. Rieger: In der Dosisfindungsstudie wurden drei Dosierungen von einmal täglich 25mg – 150mg geprüft und mit Efavirenz verglichen, wobei zwischen den Dosierungen nach 48 Wochen kein unterschied hinsichtlich des viro- logischen Ansprechens zu beobachten war. Dagegen kommt es dosisabhän-gig sowohl bei rilpivirin als auch bei Efavirenz zu Verlängerungen des QT-Intervalls.

Nach Fixierung der Dosis auf 25mg pro Tag wurden die Therapien aller Patienten der ECHO- und THrIVE-Studie, die be-reits im Laufen waren, auf diese Dosis reduziert. In beiden Studien wurde für rilpivirin eine Nicht-unterlegenheit im Vergleich zum State-of-the-Art-regime – Efavirenz plus Backbone aus Truvada®, Combivir® oder Kivexa® – nachgewiesen.

Worauf muss bei der Einnahme von Rilpivirin geachtet werden?

A. Rieger: rilpivirin ist einmal täglich, am besten jeweils zur selben Zeit, ein-zunehmen. Der wichtigste Punkt ist, dass es mit einer Mahlzeit eingenom-men werden muss, um eine möglichst hohe Bioverfügbarkeit zu gewährleisten. Ein kleiner Snack unterwegs ist dabei nicht ausreichend.

Wie sind Ihre Erfahrungen hinsicht-lich der Compliance der Patienten?

A. Rieger: Es gibt Patienten, die aus-giebig frühstücken und dazu rilpivirin einnehmen, da am Morgen die Lebens-gewohnheiten meist einer größeren re-gelmäßigkeit unterliegen als am Abend. Über eine Einnahme zum Mittagessen sind die Patienten in der regel nicht sehr erfreut, da vor allem Patienten, die im Berufsleben stehen, die Tablette nicht im Kreise der Kollegen einnehmen wol-len. Das Gros der Patienten ist noch nicht geoutet, was bei der heute immer noch vorherrschenden Einstellung der

Gesellschaft wahrscheinlich auch nicht ratsam wäre. Die meisten Patienten neh-men rilpivirin zum Abendessen, wobei jene mit regelmäßigen Lebensgewohn-heiten weniger Probleme mit der Com-pliance haben. Es gibt aber auch ein Kol-lektiv, die eine Einnahme unabhängig von den Mahlzeiten favorisiert, diese Pa-tienten sind für eine Therapie mit rilpi-virin nicht geeignet.

Wie sieht der ideale Patient für Ril-pivirin aus?

A. Rieger: Erstens erfüllt er das virolo-gische Kriterium von unter 100.000 rNA-Kopien. Zweitens sollten er keine Magen- oder dyspeptischen Beschwer-den haben und daher keine Magen-schutzpräparate benötigen. Drittens sollte er einen geordneten Tagesablauf

haben und dadurch in der Lage sein, die Therapie regelmäßig mit einer Mahlzeit einzunehmen.

Danke für das Gespräch!

l

Interview: Mag. Harald Leitner

Rilpivirin ist als Monosubstanz unter dem

Handelsnamen Edurant® und als

Kombinationspräparat

(Rilpivirin, Emtricitabin und Tenofovir)

unter dem Handelsnamen

Eviplera® erhältlich.

9 Iuniversimed.com 9 Iuniversimed.com

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Obwohl durch die Entwicklung zahl-reicher Substanzen zur antiretroviralen Therapie (Antiretroviral Therapy; ART) die erfolgreiche Behandlung der HIV-In-fektion möglich ist, werden neurokogni-tive Symptome aufgrund der neuroviru-lenten Eigenschaft des HI-Virus unab-hängig von der Art der verabreichten ART nach wie vor bei mehr als 50% der HIV-Patienten im Kurz- oder Langzeit-verlauf vorgefunden und stellen eine si-gnifikante Barriere bei Therapie und Ma-nagement der Erkrankung dar.1

Im Zuge des Webcastsymposiums zum Thema „CNS Consequences in HIV – A Practical Approach to Managing Neuro-cognitive Health“, das am 18. April 2012 stattfand, referierten Prof. Jose Muñoz-Moreno (Universitätskrankenhaus Ger-mans Trias i Pijol, Barcelona) und Dr. Scott Letendre (Universität Kalifornien, San Diego) über Prävalenz, neurokogni-tive Testmethoden zur Detektion, Risiko-faktoren für das Auftreten und das Ma-nagement von NCI (Neurocognitive Im-pairment). Alle Videos und Slides sind unter diesem Link frei zugänglich: http://www.hivfutureprogress.com/videos

Screening-Algorithmen zur Detektion von NCI

Zu den Risikofaktoren für NCI zählen u.a. Alter, Komorbiditäten (z.B. HCV-

Koinfektion), erhöhte Viruslast und niedriger CD4-Nadir sowie mangelnde Adhärenz bzw. häufige Unterbrechungen. Das Vorliegen von NCI wurde mit schlechter Lebensqualität, schlechterer Adhärenz und höherer Wahrscheinlich-keit für virologisches Versagen in Zusam-menhang gebracht. NCI hat sich jedoch auch als Prädiktor für eine höhere Morta-lität herauskristallisiert. Umso mehr be-tont Muñoz-Moreno in diesem Kontext die Relevanz einer erhöhten Awareness für die zahlreichen Risikofaktoren, die mit NCI assoziiert sind.

Eine optimierte ART ist die wichtigste Intervention, aber auch nicht pharma-kologische Maßnahmen wie kognitive Rehabilitation, Vermeidung von Risi-kofaktoren oder andere koadjuvante medikamentöse Therapien können zur Anwendung kommen. Bis dato existiert zwar kein standardisierter Algorithmus für die Vorgehensweise bei der Dia-gnose von NCI, jedoch wurde in den EACS (European Aids Clinical Society)-Guidelines 20112 erstmals die Möglich-keit der Erfassung neurokognitiver Stö-rungen berücksichtigt und ein Algo-rithmus für Diagnosestellung und Ma-nagement von NCI angeführt. Wird demnach eine HAND (HIV-associated Neurocognitive Disorder) in Form von MND (Mild Neurocognitive Disor-ders) oder HAD (HIV-associated De-

mentia) diagnostiziert, sollten eine Op-timierung der ART und der Einsatz von potenziell ZNS-aktiven Medika-menten vorgenommen bzw. in Betracht gezogen werden.

Als „potenziell ZNS-aktive Substanzen“ werden jene ARV-Medikamente defi-niert, bei denen im Rahmen von Unter-suchungen an gesunden HIV-infizierten Personen eindeutig eine Penetration der Blut-Hirn-Schranke (IC90 bei >90% der Patienten) oder eine Wirksamkeit auf die kognitive Funktion bzw. ein Abfall der Viruslast im Liquor cerebrospinalis (Ce-rebrospinal Fluid; CSF) für eine Dauer von 3 bis 6 Monaten nachgewiesen wer-den konnte (Tab. 1 und 2).

Wann sollte gescreent werden?

Als Argumente, dass das Screening auf HIV-assoziierte neurokognitive Störungen relativ früh und in regelmäßigen Interval-len erfolgen sollte, führt Prof. Muñoz-Mo-reno unter anderem die hohe Prävalenz für das Auftreten von ANI (Asymptomatic Neurocognitive Impairment) an. Inner-halb der verschiedenen Formen von HAND wurde ANI bei 52% der unter-suchten Patienten vorgefunden; im Ver-gleich dazu wiesen 42% der Patienten ein MND (Mild Neurocognitive Disorder) und 7% eine HAD (HIV-Associated De-mentia) auf.3 Die Gefahr bei Vorliegen

Diagnose und Behandlung

Neurologische Komplikationen der HIV-Infektion

Die Prävalenz für das Auftreten von neurokognitiven Störungen bei HIV-infizierten Patienten ist im

Begriff anzusteigen. umso relevanter ist ein möglichst frühzeitiges Screening, das regelmäßig nach

Therapiebeginn wiederholt werden sollte. Wenn auch gewisse risikofaktoren für NCI (Neurocognitive

Impairment) detektiert werden konnten, so stellt das therapeutische Management nach wie vor eine

Herausforderung dar.

jatros Infektiologie 3 I 2012

11 Iuniversimed.com

eines ANI besteht darin, dass aufgrund der geringen Beeinträchtigung des täg-lichen Lebens der Patient sich möglicher-weise nicht einmal der kognitiven Verän-derungen bewusst ist. Gemäß den Ergeb-nissen einer an 387 HIV-Patienten durch-geführten Longitudinalstudie4 geht je-doch die Diagnose eines ANI mit einem hohen Risiko für die weitere Entwicklung zu einem sym-ptomatischen HAND einher (relatives Risiko: 3,02; p<0,001). Insgesamt wiesen Patienten mit der Diagnose-stellung eines ANI oder eines MND nach einem medianen Follow-up von 36,1 Mona-ten im Vergleich zu den ini-tial als neuropsychologisch normal eingestuften Pati-enten einen größeren Abfall im Bereich der neurokog- nitiven Leistungen auf (p=0,0002). Umso mehr un-terstreichen diese Studiener-gebnisse die Relevanz eines möglichst frühzeitigen Screenings und engmaschiger Kontrollen in Bezug auf die Überprüfung der neurokognitiven Funktionen.

Screening-Tools

Die neurophysiologische Leistungsfähig-keit wird anhand von erweiterten Testbat-terien erfasst. Diese erweisen sich aber in der Praxis insofern als unvorteilhaft, da der erforderliche Zeitaufwand bis zu drei Stunden beträgt und die Testungen von einem spezifisch geschulten Neuropsycho-logen durchgeführt werden müssen. Ein-fache Screening-Tools zur Erfassung neu-rokognitiver Defizite werden gegenwärtig validiert. Der Zeitaufwand für die Über-prüfung der HIV-assoziierten NCI beträgt maximal 15 Minuten.

Cysique et al5 haben einen Screening-Al-gorithmus entwickelt, der insbesondere für die Erfassung von HAND bei HIV-Pa-tienten mit fortgeschrittener Erkrankung konzipiert ist. Der Test weist nicht nur eine hohe Genauigkeit von 78%, sondern auch eine hohe Spezifität von 70% auf und erfordert einen Zeitaufwand von nur 3 Minuten. Als klinische Variablen zur Er-fassung und Vorhersage des Risikos für ein HAND werden Alter, CD4-Zellzahl im Blut, vorangegangene HIV-assoziierte

ZNS-Erkrankungen und bisherige Thera-piedauer zum Zeitpunkt der Testung he-rangezogen. Der prädiktive Effekt dieses Algorithmus soll unter Miteinbezug von weiteren Variablen wie Virusstamm, kon-komitante HCV-Infektion und CD4-Zellzahl am Nadir in groß angelegten Stu-dien weiter untersucht werden.

Immunologische Faktoren, Alter und ART als Prädiktoren für NCI

In mehreren Studien wurde eine Assozia-tion zwischen der CD4-Zellzahl am Na-dir und der Manifestation von NCI vor und während der cART (combined ART) beobachtet. Zum Beispiel deuten die von Heaton et al6 publizierten Daten darauf hin, dass durch einen frühen Thera-piestart ein neuroprotektiver Benefit re-sultieren könnte, indem sich der immun-protektive Effekt der ART positiv auf die Prävention von HAND auswirkt. Neuro-logischen Komplikationen, die mit einer unkontrollierten HIV-Replikation und CD4-Depletion einhergehen, könnte so frühzeitig entgegengewirkt werden. Gleichzeitig wurde der Zusammenhang zwischen neurologischen Effekten von HIV und ART auf die immunologische und virologische Response belegt:7 Pati-enten, bei denen ein langsamerer Rück-gang an HIV-RNA im CSF als im Plasma festgestellt wurde, wiesen niedrigere CD4- und Leukozytenzahlen im CSF so-wie eine höhere Rate an HAD auf.

Canestri et al8 zeigten in der NICE-Stu-die, dass Patienten mit einem „viral es-cape“ im CSF von einer ART-Anpassung basierend auf dem CNS Penetration Ef-fectiveness (CPE) Score profitieren, da es

zu einer Senkung der Viruslast im CSF sowie zu einer Verbesserung der neuroko-gnitiven Symptome kommt.

Studiendaten zeigten,9 dass 36 Monate nach ART-Initiierung 40% der Patienten mit HAND eine neurokognitive Verbes-serung erfahren. Obwohl die meisten Pa-

tienten von einer ART profi-tieren, gibt es einen Teil, der unter Therapie neurokogni-tive Symptome entwickelt.

Für gewisse ARV-Medika-mente konnte ein Zusam-menhang mit ZNS-Sym-ptomen gezeigt werden. Ein besonderes Augenmerk sollte hierbei auf Efavirenz gelenkt werden. Neben den be-kannten kurzfristigen Ne-benwirkungen wie Schwin-del, Schlaflosigkeit oder ab-normale Träume zeigte eine multivariable Analyse einer

Querschnittstudie10, dass die Einnahme von Efavirenz mit einem 4-fach erhöhten Risiko für das Auftreten von NCI einher-geht (Odds-Ratio: 4,00; p=0,008).

Dr. Letendre schließt mit dem Bild eines „therapeutischen Fensters“: Es handelt sich um einen Balanceakt, die ausrei-chende Wirkstoffkonzentration im CSF zur Senkung der Viruslast zu erzielen, aber gleichzeitig das Auftreten von neuroto-xischen Nebenwirkunken weitgehend zu vermeiden.

Referenzen:1 Heaton R et al, CROI 2009, Abstract 1542 EACS-Guidelines, Version 6; Oktober 2011 http://www.

europeanaidsclinicalsociety.org/images/ stories/EACS-Pdf/eacsguidelines-v6_english.pdf)

3 Munoz-Moreno J et al, J Neurovirol, 2010, 16(S1), 1-93.

4 Heaton RK, et al, CROI 2012, Abstract 775 Cysique LA et al, HIV Med 2010; 11(10): 642-6496 Heaton RK et al J Neurovirol 2011; 17(3): 3-167 Ellis, RJ, et al, Neurology 2000; 54(4): 927-9368 Canestri A et al, Clinical Infectious Diseases 2010, 50(4):

773-778.9 Cysique A et al, Neurology 2009; 73(5): 342-34810 Ciccarelli N et al, Neurology 2011; 76(16): 1403-1409

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Bericht: Mag. Dr. Anita Schreiberhuber Entgeltliche Einschaltung mit

freundlicher Unterstützung der Fa. Abbottinf120310

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Genaue Kenntnisse des HCV-Lebenszy-klus und die Entwicklung von HCV-Zell-kulturmodellen ermöglichte in den letzten Jahren die Entwicklung neuer anti-HCV-wirksamer Substanzklassen, die gemein-sam als Direct Antiviral Agents (DAA) be-zeichnet werden. Ziel der antiviralen The-rapie ist die dauerhafte Elimination des HCV aus dem Blut, wodurch die Progres-sion der Lebererkrankung verhindert, das Risiko eines HCC vermindert, die Lebens-qualität verbessert und das Infektionsrisiko aufgehoben werden kann. Als Surrogat-marker für eine Heilung dient das dauer-hafte virologische Ansprechen (Sustained Virologic Response, SVR), definiert als fehlender Nachweis von HCV-RNA im Blut sechs Monate nach Therapieende.

Eine der größten Herausforderungen ist es, betroffene Personen zu identifizieren. Der geschätzte Anteil der nicht diagnosti-zierten Personen mit HCV-Infektion in Europa ist von Land zu Land verschieden: Frankreich: 44%, Großbritannien: 69%, Nordspanien: 84%, Deutschland: 90%, Polen: 98%. Für Österreich liegen leider keine Zahlen vor. Alle Personen mit einem Risiko für eine HCV-Infektion sollten ge-testet werden. Da über 75% aller US-Amerikaner, die an einer HCV-Infektion leiden, nicht diagnostiziert sind, und auf-grund der Schwierigkeiten in der Diagno-

sestellung hat das „Center of Disease Con-trol“ die Screening-Empfehlungen im Mai 2012 geändert. Es sollen nunmehr alle Personen, die zur sogenannten „Baby Boomer“-Generation gehören (geboren zwischen 1945 und 1965) zumindest ein-mal in ihrem Leben einem HCV-Test un-terzogen werden. Zudem sollten alle Per-sonen, die andere Risikofaktoren (iv. Dro-gen, Empfang von Blutprodukten vor 1992, Plasmaspende vor 1985, Hämodia-lyse, HIV-Infektion, erhöhte Leberwerte, HCV-positive Mutter) aufweisen, einer HCV-Testung unterzogen werden.

Wo liegen die Schwierigkeiten bei der Diagnosestellung?

1. Fehleinschätzung der Ursachen von Le-berkrankheiten durch Ärzte: Häufig be-steht die Annahme, dass Leberkrank-heiten auf Alkoholmissbrauch oder auf Fehlernährung (Fettleber) zurückzufüh-ren sind.

2. Stigmatisierung verhindert die Identifi-kation von Risikofaktoren, wie z.B. Drogenmissbrauch.

3. Das Fehlen von Symptomen erschwert ebenfalls die Identifizierung. Die Mehr-heit der Personen mit chronischer He-patitis C hat bis zur Progression zu ei-

ner fortgeschrittenen Leberkrankheit keine oder nur milde Symptome.

Wesentlich wäre es, HCV-Risikofaktoren im Anamnesebogen abzufragen, um mehr infizierte Patienten zu identifizieren und einer effektiven Behandlung zuzuführen.

Im Fall eines positiven Tests wird dem Di-agnosesteller eine wichtige Rolle im Ge-samtkonzept zuteil: Es obliegt ihm, den Patienten hinsichtlich der Aufklärung zur Prävention einer Übertragung auf andere Personen bzw. zur Reduktion/Einstellung des Alkoholkonsums entsprechend aufzu-klären. Die Unterstützung bei der Einlei-tung einer Behandlung der Alkohol- und/oder Drogenabhängigkeit sowie ein ent-sprechendes Gewichtsmanagement bei übergewichtigen Patienten stellen wich-tige Punkte im Gesamtkonzept dar, ebenso sollte eine HAV- und HBV-Imp-fung durchgeführt werden, wenn keine Antikörper vorhanden sind.

Wie ist die Therapie zu gestalten?

Die Behandlung von Patienten mit chro-nischer Hepatitis C erfordert intensive Vorbereitungen, und das trifft insbeson-dere auf die sogenannte Tripeltherapie mit DAAs zu. Im Jahre 2011 erhielten zwei HCV-Proteaseinhibitoren, Boceprevir und

ÖGGH-Jahrestagung

Vorbereitung für die anti- virale Therapie der Hepatitis C

Mehr als 170 Mio. Menschen sind weltweit mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) infiziert. In Österreich liegt

die Prävalenz zwischen 0,4 und 0,8%. Die Chronifizierungsrate liegt bei ca. 70–80%, deshalb ist von ca.

35.000 bis 70.000 Patienten mit chronischer Hepatitis C auszugehen. Der chronische Verlauf kann durch

einen progressiven Leberschaden gekennzeichnet sein, bei bis zu 30% der Betroffenen besteht nach 20–25

Jahren eine Leberzirrhose. 17% der Patienten mit Leberzirrhose entwickeln innerhalb von fünf Jahren ein

hepatozelluläres Karzinom (HCC).

A. Maieron, Linz

jatros Infektiologie 3 I 2012

universimed.com 13 I

| referat

Telaprevir, die Zulassung der US-amerika-nischen Zulassungsbehörde FDA (US Food and Drug Administration) und der europäischen Zulassungsbehörde EMA (European Medicines Agency) zur Be-handlung von bisher Treatment-naiven so-wie vorbehandelten Patienten mit HCV-Genotyp-1-Infektion. Boceprevir und Tela-previr werden jeweils in Kombination mit Peginterferon und Ribavirin verabreicht, deshalb gilt es, zuallererst mögliche Kon-traindikationen gegen Peg-IFN oder Riba-virin zu beachten.

Zunächst sollte die Frage geklärt werden, ob der Patient ein potenzieller Therapie-kandidat ist; die EASL hat diesbezüglich im Jahr 2011 entsprechende Empfeh-lungen herausgegeben:

• Alle zuvor unbehandelten Patienten mit kompensierter Leberkrankheit aufgrund von HCV-Infektion sollten für eine Therapie in Erwägung gezogen werden (A2).

• Die Behandlung sollte bei Patienten mit fortgeschrittener Fibrose (METAVIR-Score F3–F4) umgehend begonnen und bei Patienten mit mäßiger Fibrose (ME-TAVIR-Score F2) dringend in Erwä-gung gezogen werden (B2).

• Bei Patienten mit weniger schwerer Krankheit besteht eine individuelle Be-handlungsindikation (C2).

Wenn sich ein Patient prinzipiell für eine antivirale Therapie qualifiziert, sollten zu-nächst Kontraindikationen für eine Peg-IFN/RBV-Therapie geprüft werden:

• Unkontrollierte depressive Krankheit, Psychose oder Epilepsie

• Unbehandelte Anämie (Hämoglobin <12g/dl)

• Nieren-, Herz- oder Lungentransplanta-tion

• Autoimmunhepatitis oder andere Au-toimmunkrankheiten, die durch Peg-IFN und RBV bekanntermaßen ver-schlimmert werden können

• Unbehandelte Schilddrüsenerkrankung• Schwangerschaft oder mangelnde Bereit-

schaft, angemessene Verhütung anzu-wenden

• Schwere Begleiterkrankungen• Bekannte Überempfindlichkeit gegen-

über den zur Behandlung von HCV ver-wendeten Medikamenten

Was sind die Herausforderungen vor einer Therapieeinleitung?

Angenommene/tatsächliche Kontraindika-tionen für eine Behandlung, ebenso wie falsche Informationen über den Therapie-erfolg einerseits sowie die Angst vor uner-wünschten Wirkungen andererseits kön-nen zu erheblichen Verunsicherungen der Patienten führen.

Vor einer antiviralen Therapie sind fol-gende Punkte unbedingt im Vorfeld mit dem Patienten zu besprechen:

– Notwendigkeit einer effektiven Emp-fängnisverhütung

– Prognose der Therapie– Behandlungsoptionen – Prädiktoren für das Ansprechen auf die

Therapie/Wahrscheinlichkeit des An-sprechens

– Handhabung von unerwünschten Ereig-nissen

– Berufsbezogene Anliegen– Beziehungsfragen – Bedeutung der regelmäßigen Einnahme

der Medikamente, Notwendigkeit von Praxisbesuchen/Laboruntersuchungen

– Aufklärung hinsichtlich der Vermeidung von Alkohol

– Unterstützung der aktiven Teilnahme des Patienten an Behandlungsentschei-dungen und der Möglichkeit, Fragen zu stellen

Wenn eine Tripeltherapie mit Telaprevir oder Boceprevir geplant ist, ist der Patient

noch zusätzlich über die folgenden Punkte zu beraten, wesentlich scheint jedoch eine realistische Einschätzung der Prognose zu sein:

– Hämatologische Ereignisse mit Bocepre-vir, insbesondere Anämie

– Hautausschlag, Pruritus, Anämie, ano-rektale Erkrankungen, erhöhte Harn-säure- und Bilirubin-Spiegel mit Tela-previr

– Bedeutung der Compliance und poten-zielle Herausforderungen diesbezüglich

– „Pillenlast“ und Dosierungshäufigkeit – Gefahr des Auftretens arzneimittelresis-

tenter Viren – Medikamentöse Wechselwirkungen

(z.B. Drogen-Substitutionstherapie)– Häufigkeit von Praxisbesuchen und

Überwachung während der Behandlung

Wesentlich scheint es, mit den Patienten eine gute Vertrauensbasis aufzubauen, da-mit eine solch komplexe Behandlung zu entsprechenden Erfolgen führen kann.

Literatur beim Verfasser

n

Autor: OA Dr. Andreas Maieron

4. Interne Abteilung – Gastroenterologie,

Hepatologie, Stoffwechsel- und

Ernährungsmedizin, Endokrinologie

Krankenhaus der Elisabethinen, Linz

Fadingerstraße 1, 4020 Linz

Tel.: 0732/76 76-4430

E-Mail: [email protected]

inf120312

Abb. 1

Fibroseprogression – Verlaufsvarianten

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Infektionsdauer (Jahre)

4

2

3

1

0 10 20 30

Quelle: Marcellin P et al. Hepatology 2002; 36(6 suppl 1): 47-56

Fib

rose

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Met

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)

1/3 schnellMänner >40 J

Alkohol >50g/d

1/3 mittel

1/3 langsamFrauen >40 J

Alkohol >50g/d

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jatros Infektiologie 3 I 2012

Enge Assoziation von CLL und Herpesviren

Die chronische lymphatische Leukämie (CLL) ist eine niedrig-maligne Erkran-kung phänotypisch reifer B-Zellen, die funktionelle Oberflächenrezeptoren, den B-Zell-Rezeptor (BCR), exprimieren. Die CLL ist die häufigste Leu-kämie in Industrieländern mit einem relativen Anteil von 31% an allen Leukä-mien.1 Die jährliche Rate an Neuerkrankungen wird für die USA auf mehr als 7.000 geschätzt. Die CLL ist primär eine Erkrankung des fortgeschrittenen Er-wachsenenalters mit einem medianen Alter von rund 72 Jahren zum Zeitpunkt der Diagnosestellung, wenn auch deutlich jüngere Menschen von die-ser Erkrankung betroffen sein können. Die enge Assoziation zwischen Herpesvi-ren und CLL wurde für unterschiedlichste Aspekte der Erkrankung belegt. Herpes-virusinfektionen mit Virämie und Erkran-kung werden häufig unter Chemothera-pie, insbesondere mit dem monoklonalen Anti-CD52-Antikörper Alemtuzumab, beobachtet. Infektionen mit Cytomega-lievirus (CMV), einem Beta-Herpesvirus, treten bei >50% der mit Alemtuzumab

behandelten Patienten auf, sodass aktu-elle Richtlinien eine engmaschige Über-wachung hinsichtlich einer möglichen CMV-Infektion und gegebenenfalls eine antivirale Therapie empfehlen.2 In einer Subpopulation von unbehandelten CLL-Patienten wurden sogar Hinweise für eine anhaltende oder – noch häufiger – rezi-

divierende Virämie durch CMV und Ep-stein-Barr-Virus gefunden.3Auf molekularbiologischer Ebene zeigte sich, dass der B-Zell-Rezeptor eines häu-figen IGHV-Subtyps der CLL eine starke strukturelle Ähnlichkeit mit jenem eines CMV-spezifischen Immunglobulins auf-weist, sodass ein ähnliches Epitop für die Bindung beider Antikörper zu vermuten ist.4 Immunoseneszenz, die langsame Ver-schlechterung des Immunsystems bei äl-teren Menschen mit erhöhter Infektan-fälligkeit, geht mit einer deutlichen Ex-pansion von CMV-spezifischen CD8-T-

Zellen einher. Diese Expansion ist bei CLL-Patienten besonders ausgeprägt.5In einer rezenten Studie fand unsere Ar-beitsgruppe eine deutlich höhere CMV-Seroprävalenz bei österreichischen CLL-Patienten im Vergleich zu gleichaltrigen gesunden Österreichern (Abb. 1).6 Aus dieser Beobachtung lässt sich kein kau-

saler Zusammenhang zwischen Virusin-fektion und CLL ableiten, wie sich bei unserer Validierung dieser Daten in einer altersgleichen CLL-Kohorte in den USA zeigte. Wir fanden in dieser Patienten-gruppe sogar eine deutlich geringere CMV-Seroprävalenz als in der gesunden österreichischen Kontrollkohorte.

Hypothese zur Evolution der CLL

Wie kommt es aber nun zur Entwicklung einer CLL? Die am weitesten anerkannte Hypothese für die Entstehung der CLL

Herpes

Herpesviren in der Evolution der chronischen lymphatischen Leukämie

Eine chronische oder wiederkehrende Stimulation unreifer B-Zellen mit anschließender maligner Transfor-

mation wird als die wahrscheinlichste ursache für die Entstehung einer chronischen lymphatischen Leuk-

ämie (CLL) angesehen. Die Identifizierung von Antigenen, die in diesem Prozess involviert sind, ist von

besonderer Bedeutung für die Erforschung der Erkrankung. Einer interdisziplinären Arbeitsgruppe der Medi-

zinischen universität Wien und der university of California, San Diego, ist nun die Identifizierung eines die-

ser Antigene gelungen.

C. Steininger, Wien: „Einen kausalen Zusammenhang zwischen CMV-Infekti-

onen und CLL auf Basis des aktuellen Wissens herzustellen wäre verfrüht –

es könnte sich auch um Hinweise auf einen anderen, vom Virus unabhängi-

gen Mechanismus in der krebsentstehung handeln. Die Identifikation eines

Antigens mit eindeutiger Bindungsaktivität mit Antikörpern, die von leukä-

mischen Zellen abgeleitet wurden, ermöglicht es jedoch erstmals, funktio-

nelle Studien zur Aufklärung der Genese der CLL durchzuführen.“

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besagt, dass eine chronische oder wiederkehrende Stimula-tion unreifer B-Zellen durch weit verbreitete Antigene zur malignen Transformation führt (Abb. 2). Die Stimula-tion erfolgt wahrscheinlich über den B-Zell-Rezeptor (BCR), der als funktionelles Oberflächenmolekül auch bei leukämischen Zellen expri-miert wird. Die Basis für diese Hypothese ist die sehr einge-schränkte Diversität des Im-munglobulin-Repertoires, das auf den unterschiedlichen leu-kämischen Klonen exprimiert wird. Leukämische Zellen ex-primieren zu rund 50% unmutierte Im-munglobulin-Gene und mehr als 20% der leukämischen Zellen exprimieren BCR mir sehr ähnlichen Antigen-Bindungsstel-len. Im Gegensatz dazu ist das Immun-globulin-Repertoir gesunder B-Zellen sehr divers und in einem ständigen Fluss be-griffen, um möglichst rasch nach Erstkon-takt Fremdantigene erkennen und elimi-nieren zu können. Die Suche nach die-sem Antigen beschäftigte mehrere inter-nationale Forschergruppen über die vergangenen zwei Dekaden.

Cytomegalievirus und CLL

In einer interdisziplinären Studie der Me-dizinischen Universität Wien (Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin, Ab-teilung für Hämatologie und Hämosta-

seologie) und der University of Califor-nia, San Diego (Moores Cancer Center, School of Pharmacy), untersuchten wir die Reaktivität von leukämischen Zellen mit unterschiedlichen Infektionserregern.7 Die BCR von sieben leukämischen Klo-nen mit unterschiedlichen Antigen-Bin-dungsmotiven wurden für diese Untersu-chung rekombinant als IgG-Antikörper hergestellt und Proteinpräparationen von einer nach strengen Kriterien ausgewähl-ten Gruppe von Infektionserregern (Cy-tomegalievirus, Adenoviren, Salmonella spp.) generiert. Die Untersuchung der un-terschiedlichen Antikörper auf Bindungs-aktivität gegenüber den Antigen-Präpa-raten zeigte erfreulicherweise ein eindeu-tig positives Signal bei der Testung von CMV, das auch mit der Mehrzahl der an-deren verfügbaren Antikörper bestätigt

werden konnte. Die Untersu-chung von Antikörpern mit ir-relevanter Spezifität (z.B. ge-gen humanes Herpesvirus 6) zeigte keine Bindungsaktivität.Der erste Enthusiasmus wurde jedoch gedämpft, als die Iden-tifizierung dieses CMV-Prote-ins aus der großen Masse der im Präparat vorhandenen CMV-Proteine in Angriff ge-nommen wurde. CMV besteht aus mehr als 170 Bausteinen, die alle in der verwendeten Proteinpräparation enthalten waren. Die Liste der Verdäch-tigen konnte systematisch durch weitere Experimente

eingegrenzt werden und schließlich die Spezifität der Antikörper durch die re-kombinante Herstellung und erneute Te-stung auf Reaktivität mit den CLL-Anti-körpern als das CMV-Protein pUL32 be-stätigt werden. Das CMV-Protein pUL32 nimmt einen großen Anteil an der Gesamtmasse des Virus ein und ist zwischen Virushülle („envelope“) und Viruscapsid lokalisiert (Abb. 3). Die Funktionen und besonde-ren Eigenschaften des Proteins sind bis-her nur lückenhaft erforscht – wahr-scheinlich hat es essenzielle Funktionen im Vermehrungszyklus des Virus. pUL32 ist auch eines der Hauptziele der menschlichen Antikörperantwort auf eine CMV-Infektion. In CMV-Infi-zierten stimuliert das Protein eine starke humorale und zelluläre Immunantwort,

Abb. 1: Seroprävalenz von Cytomegalievirus (CMV), Epstein-Barr-Virus (EBV), humanem Herpesvirus 6 (HHV-6) und -7 (HHV-7) bei CLL-Patienten (CLL) und Gesunden

Seroprävalenz

100

80

60

40

20

0CMV HHV-6EBV HHV-7

CLLGesund

Sero

präv

alen

z (%

)

p=0,001

Abb. 2: Hypothetische Evolution und Propagation der CLL (Quelle: Chiorazzi et al, NEJM 2005)

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die bei jedem Immunkompetenten nach CMV-Infektion nachweisbar ist.

Zusammenfassung und Ausblick

Einen kausalen Zusammenhang zwischen CMV-Infektionen und CLL auf Basis des aktuellen Wissens herzustellen wäre ver-früht – es könnte sich auch um Hinweise auf einen anderen, vom Virus unabhängigen Mechanismus in der Krebsentste-hung handeln. Die Identifikation eines Antigens mit eindeu-tiger Bindungsaktivität mit Antikörpern, die von leukämischen Zellen abgeleitet wurden, ermöglicht es jedoch erstmals, funk-tionelle Studien zur Aufklärung der Genese der CLL durchzu-führen. In mehreren Folgestudien versuchen wir nun die er-weiterte Signifikanz der beobachteten Bindungsaktivität zwi-schen CLL-Antikörpern und CMV pUL32 zu klären. Eine kurz vor Abschluss stehende Studie beschäftigt sich mit der Frage, ob die beobachtete Bindungsaktivität von CLL-Anti-körpern mit unterschiedlichen Antigenbindungsmotiven mit einem einzigen CMV-Antigen auf die ursprüngliche Spezifität der Antikörper gegenüber individuellen CMV-Subtypen zu-rückzuführen ist.Eine weitere Studie soll klären, ob die Bindung von pUL32 durch leukämische Zellen auch funktionelle Konsequenzen für diese Zellen hat, d.h., ob auch tatsächlich eine zelluläre Signal-kaskade durch die Interaktion mit pUL32 angestoßen wird und so eine weitere Basis für eine CMV-assoziierte Genese der CLL besteht.An der Medizinischen Universität Wien wird außerdem der-zeit eine Proof-of-Concept-Studie zur antiviralen Therapie der CLL durchgeführt. In dieser Studie wird untersucht, ob eine kurzfristige antivirale Therapie die Proliferationsrate leukä-mischer Zellen signifikant reduziert. Ziel unserer Forschung ist es letztlich, eine neue therapeutische oder sogar präventive Strategie gegen die CLL anbieten zu können.

Literatur:1 Hernandez JA, Land KJ, McKenna RW: Leukemias, myeloma, and other lym-

phoreticular neoplasms. Cancer 1995; 75(1 Suppl): 381-942 Hallek M, Cheson BD, Catovsky D et al: Guidelines for the diagnosis and treat-

ment of chronic lymphocytic leukemia: a report from the International Work-shop on Chronic Lymphocytic Leukemia updating the National Cancer Insti-tute Working Group 1996 guidelines. Blood 2008; 111(12): 5446-56

3 Kostareli E, Hadzidimitriou A, Stavroyianni N et al: Molecular evidence for EBV and CMV persistence in a subset of patients with chronic lymphocytic leuke-mia expressing stereotyped IGHV4-34 B-cell receptors. Leukemia 2009 Jan 15

4 Kipps TJ, Robbins BA, Kuster P, Carson DA. Autoantibody-associated cross-re-active idiotypes expressed at high frequency in chronic lymphocytic leukemia relative to B-cell lymphomas of follicular center cell origin. Blood 1988; 72(2): 422-8

5 Mackus WJ, Frakking FN, Grummels A et al: Expansion of CMV-specific CD8+CD45RA+CD27- T cells in B-cell chronic lymphocytic leukemia. Blood 2003; 102(3): 1057-63

6 Steininger C, Rassenti LZ, Vanura K et al: Relative seroprevalence of human herpes viruses in patients with chronic lymphocytic leukaemia. Eur J Clin In-vest 2009; 39(6): 497-506

7 Steininger C, Widhopf GF, Ghia EM et al: Recombinant antibodies encoded by IGHV1-69 react with pUL32, a phosphoprotein of cytomegalovirus and B-cell superantigen. Blood 2012 Jan 6; (1528-0020 [Electronic])

n

Autor: Assoc. Prof. Dr. Christoph Steininger

Univ.-Klinik für Innere Medizin I, Medizinische Universität Wien

E-Mail: [email protected]

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HYGIENE MONITOR

IMPRESSUMRedaktion und für den Inhalt verantwortlich: Prim. Dr. Christoph AspöckInstitut für Hygiene und Mikrobiologie am Landesklinikum St. Pölten-Lilienfeld Namentlich gekennzeichnete Artikel sind die persönliche und/oder wissenschaftliche Meinung des Verfassers und müssen daher nicht mit der Meinung des für Inhalt und Redaktion Verantwortlichen übereinstimmen.

Wissenschaftlicher Beirat: Univ.-Prof. Dr. Horst Aspöck, Wien, Univ.-Prof. Dr. Stefan Breyer, Wien, Univ.-Prof. Dr. Manfred P. Dierich, Innsbruck, Univ.-Prof. DDr. Wolfgang Graninger, Wien, Univ.-Prof. Dr. Alexander M. Hirschl, Wien, Univ.-Prof. Dr. Hanns Hofmann, Wien, Univ.-Prof. Dr. Walter Koller, Wien, HR Prim. Univ.-Prof. Dr. Gernot Pauser, Salzburg, Univ.-Prof. Dr. Manfred Rotter, Wien, Univ.-Prof. DDr. Karl H. Spitzy, Baden, Univ.-Prof. Dr. Günther Wewalka, Wien

Herausgeber: Mag. Wolfgang Chlud

Verlag und Korrespondenzadresse:

Cross Media Content GmbHGeschäftsführung: Dr. med. Bartosz Chłap1150 Wien, Markgraf-Rüdiger-Straße 8Tel.: 01/876 79 56, Fax: 01/876 79 56-20

Räumliche Isolierung im Spital

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West-Nil-Virus-Infektionen in Österreich

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Buchankündigung Seite 4

Nr. 6–9/2012J a h r g a n g 1 8

HYGIENEMONITOR

II 06–09/2012

Im klinischen Alltag wird aus krankenhaushygie - ni schen Gründen immer wieder die räumliche Isolie-rung von Patienten empfohlen. Dies bedeutet nicht zwingend ein Einzelzimmer, wenn aber der Patient eine Streuquelle darstellt und trotz klassischer Kontaktmaß-nahmen wie des Verwendens von Handschuhen und Kittel Übertragungen zu befürchten sind, ist die Emp-fehlung des Einzelzimmers gerechtfertigt. Beispiele hierfür sind respiratorische Infektionen und großflä-chige Wundinfektionen durch multiresistente Bakterien wie MRSA- und ESBL-Stämme. Bei mehreren betroffe-nen Patienten kann eine Kohortierung angebracht sein, die dann demselben Niveau der räumlichen Isolierung wie im Einzelzimmer entspricht.

In der Praxis stehen meist zu wenige oder gar keine Räume für die Isolierung der Patienten zur Verfügung. Manchmal kann durch Freilassen von Positionen in Mehrbettzimmern das Problem gelöst werden. Oft ist aber dafür ein Tauschen von Positionen über mehrere Zimmer mit aufwendigem Verschieben der Patienten die Folge, fallweise gibt es nur schlechte Kompromisse

durch mobile Trennungen wie Paravents. Außerdem ist es, insbesondere auf chirurgischen Abteilungen, manch-mal schlicht nicht möglich, Positionen freizulassen.

Andererseits werden bei Diskussionen über die Schaf-fung von Isolierstrukturen sehr oft schwerste Infek-tionen durch Erreger der höchsten Risikoklasse wie Milzbrand oder Virusinfektionen mit hämorrhagi schem Fieber und aerogene Übertragung ins Treffen geführt. Natürlich werden für diese Patienten strengste Isolie-rungen in Zimmern mit ständigem Unterdruck emp-fohlen, diese klimatechnisch komplex ausgestatteten Varianten sind aber sowohl in der Errichtung als auch im Betrieb sehr kostenaufwendig. Patienten mit der-artigen Infektionen sind in Österreich zum Glück ext-rem selten und sie müssen selbstverständlich von Be-ginn an in dafür errichteten und definierten Spe zial-abteilungen versorgt werden. Diese Patienten sind schwer krank und haben meist eine entsprechende Rei-seanamnese, daher kann nicht argumentiert werden, dass die Erkrankung bei Einlieferung nicht als hoch in-fektiös erkannt werden kann. Die meisten Krankenhäu-ser werden diese Patienten nie aufnehmen, und daher werden derartige Projekte vor allem aus Kostengründen nicht realisiert.

Hygieneteams sind also in dem Dilemma, dass über oh-nehin unwahrscheinliche Extremsituationen viel gere-det wird, aber andererseits vertretbare Ressourcen für regelmäßig angebrachte Isolierungen nicht vor -han den sind. Als Kompromiss völlig ausreichend, aber notwen-dig sind daher Standard-Isolierzimmer (siehe Abbil-dung) für Patienten mit zu erwartenden Infek tionen, also im Wesentlichen durch die schon oben genannten MRSA- und ESBL-Stämme, gastrointes tinalen Infekti-onen durch Clostridium difficile und Noroviren und (fraglicher) offener Tuberkulose bis zur Trans ferierung in eine Spezialabteilung. Es geht eben nicht um exoti-sche schwere Infektionen, sondern um bei uns regelmä-ßig vorkommende Erkrankungen. Daher sollten diese Räume nicht nur in Abteilungen von Zentral- und Schwerpunktkrankenhäusern, sondern auch in jenen der Grundversorgung für eine bestimmte Bettenzahl vorhanden sein – nicht zuletzt unter dem Gesichts-punkt, dass die Zahl von Infektionen durch multi-resistente Erreger zunehmen wird.

Wichtig ist das Vorhandensein einer dem Patientenzim-mer vorgelagerten Schleuse, die so gestaltet ist, dass da-rin jedenfalls bei geschlossenen Türen die wichtigs ten Manipulationen möglich sind, da sonst die meiste Zeit die Türen geöffnet bleiben werden. Sie muss also so groß sein, dass für ein Bett beim Transport und für wichtige Utensilien zum Einschleusen genügend Platz vorhanden ist. Selbstverständlich muss der dem Zim-mer zugeteilte Sanitärraum jedenfalls vom Zimmer und nicht von der Schleuse begehbar sein.

Räumliche Isolierung im Spital

LEGENDE:

Mechanische Fortluft

Nachströmung

Mechanische Zuluft (optional)

Fensterlüftung

06–09/2012 III

HYGIENEMONITOR

Patientenzimmer und Schleuse müssen nicht prinzipiell mechanisch belüftet sein, da aber die Schleuse in den meis-ten Fällen innen liegend sein wird, ist eine Belüftung ge-mäß Bauordnung erforderlich, was durch Fortluft mit na-türlicher Nachströmung erreicht werden kann. Der Betrieb im Unterdruck ist nur in bestimmten Fällen notwendig und leicht realisierbar, indem ein Druckgefälle absteigend vom Gang über die Schleuse und das Patientenzimmer hergestellt wird. Dies wird durch entsprechend hohe Fort-luft durch den Sanitärraum erreicht.

Überlegenswert sind ein eigener Schüsselspüler im Sanitärraum sowie eine Möglichkeit der Ver- und Ent-sorgung des Sanitärraums vom Gang. Die Gefahr einer Übertragung von Keimen auf den Gang besteht nicht, da dieser ja einen höheren Druck als der Sanitärraum auf-weist. Zuluft kann ergänzend im Patientenraum oder in der Schleuse eingebaut werden, je nachdem, ob eine Fensterlüftung möglich ist oder nicht. Weiters ist

eine zusätzliche Fortluft in der Schleuse möglich, um ein Gefälle gegenüber dem Gang zu gewährleisten. Dabei muss gewährleistet werden, dass nicht Luft aus dem Zimmer in die Schleuse nachströmt, was zum Beispiel durch Türkontaktschalter und ein elektrisches Abluft-ventil in der Schleuse gelöst werden kann.

Es soll nochmals betont werden, dass in diesem Zusam-menhang nicht die Übertragung durch die Luft, sondern der Schutz durch die Schleuse im Vordergrund steht. Der Unterdruck wird in manchen Fällen eine sinn-volle Ergänzung sein. Jedenfalls kann mit dieser relativ einfachen Anordnung für die im Krankenhaus zu erwar-tenden Infektionen eine ausreichende Isolierung gewähr-leistet werden. Sie erleichtert die Arbeit des Hygiene-teams sehr und sollte daher jedenfalls beim Neubau von Krankenhäusern eingeplant werden.

Christoph Aspöck

West-Nil-Virus-Infektionen in ÖsterreichDurch Klimawandel und Globalisierung sind in den letzten Jahren sowohl Stechmückenarten als auch Viren nach Europa gelangt, die wir bisher nur aus fernen Ländern kannten und daher primär reisemedizinisch assoziierten. Ein Hauptfaktor für die Einschleppung neuer Erreger scheint die zunehmende Globalisierung zu sein, aber auch Zugvögel zeichnen dafür verant-wortlich. Für die Etablierung und Ausbreitung solcher exotischen Pathogene in Europa spielen wiederum Kli-maveränderungen, insbesondere Temperaturanstiege, eine bedeutende Rolle. Rezente Beispiele für die Ein-schleppung exotischer Viren nach Europa sind etwa Chikungunya-, Dengue-, West-Nil- und Usutu-Viren. Während die beiden Letztgenannten die für ihre Ver-mehrung und Ausbreitung notwendigen Vektoren (Stechmücken der Gattung Culex) in Europa bereits vorfanden, war für die lokale Etablierung der beiden erstgenannten Viren auch die Einschleppung exotischer Stechmückenarten wie z.B. Aedes albopictus Vorausset-zung (siehe HYGIENE MONITOR 9+10/2011).

Epidemiologie des West-Nil-Virus

Erstmals isoliert wurde das Virus 1937 aus einer er-krankten Frau im West-Nil-Distrikt in Uganda, worauf sich auch der Name des Virus bezieht. Das Virus ver-mehrt sich in einem enzootischen Zyklus zwischen Wildvögeln und bestimmten Stechmücken-Arten, vor allem den weltweit verbreiteten Culex sp. Es zählt daher zu den durch Arthropoden übertragenen (ARBO-) Vi-ren. Menschen und Pferde stellen sogenannte „dead-end hosts“ dar, die durch Stechmücken infiziert werden und an der Infektion erkranken können, die aber für eine weitere Ausbreitung des Virus keine Rolle spielen. Unter anderem durch Zugvögel kam es zu einer Aus-breitung des Virus auf alle Kontinente. Das West-Nil-

Virus gehört wie das Gelbfieber-Virus, Dengue-Virus, das Virus der Japanischen Enzephalitis und auch das FSME-Virus zur Gruppe der Flaviviren.

Das Virus trat 1957 in Israel auf, ab 1960 wurde es in einigen Ländern auch bei Pferden festgestellt. Seit den 1990er-Jahren gab es Epidemien von Enzephalitis durch das West-Nil-Virus in verschiedenen Ländern der Erde. 1999 kam es zum ersten Auftreten in Nordame-rika mit einem Ausbruch im Raum von New York. Als mögliche Einschleppungsart gilt der Transport einer in-fizierten Mücke mit einem Flugzeug. Damals fielen so-wohl tote Vögel als auch in der Gegend erkrankte ältere Menschen auf. In den darauffolgenden Jahren breitete sich das Virus rasant in ganz Nordamerika aus.

In Europa gab es in den vergangenen Jahrzehnten spo-radische Fälle oder lokal eng begrenzte Epidemien von West-Nil-Virus-Infektionen bei Menschen und Pferden, die aber nie größere Ausmaße annahmen. Dies änderte sich durch ein im Jahre 2004 von Afrika nach Ungarn – wahrscheinlich durch Zugvögel – eingeschlepptes West-Nil-Virus der Linie 2. Nach einer Adaptierungs-phase kam es im Sommer 2008 durch dieses Virus zu einem weiträumigen, das gesamte Staatsgebiet von Ungarn und auch den Osten Österreichs umfassenden West-Nil-Virus-Ausbruch, wobei vor allem verschie-denste Vogelarten, aber auch Pferde und in Ungarn auch Menschen betroffen waren. Die für diesen Virus-stamm bei Weitem empfänglichste Vogelart ist der Habicht und mehr als die Hälfte der in Österreich diag-nostizierten West-Nil-Virus-Fälle betrafen Habichte. Daneben erkrankten und verendeten an dieser Infek-tion aber auch andere Greifvogelarten wie z.B. Falken und auch verschiedene Singvogelarten. Da dieses Virus durch Stechmücken übertragen wird, sind Infektionen

HYGIENEMONITOR

IV 06–09/2012

in unseren Breiten auf den Sommer und Frühherbst (Mitte Juli bis Ende Oktober) beschränkt.

Das West-Nil-Virus überwintert bei uns in den Stech-mücken in frostfreien Arealen wie Kellern oder der Kanalisation; das Virus konnte bei uns in solchen über-winternden Stechmücken im Osten Österreichs nach-gewiesen werden. Aus diesem Grunde müssen wir an-nehmen, dass dieses Virus auch zukünftig zumindest im Osten (und Süden) Österreichs in den Sommer- und Herbstmonaten zu Infektionen bei Tieren, aber auch beim Menschen führen wird. Ob es sich in den Folgejahren um sporadische Fälle handeln wird oder ob die Infektion epidemische Ausmaße annehmen wird, ist nicht vorhersehbar und hängt von einer Vielzahl öko-logischer und klimatischer Faktoren ab.

Eine größere durch diesen Virusstamm hervorgerufene Epidemie wurde 2010 in Nordgriechenland registriert, mit 262 Erkrankungs- und 35 Todesfällen. In Öster-reich fielen zwar bisher keine West-Nil-Virus-bedingten Krankheitsfälle beim Menschen auf, aufgrund der im Veterinärbereich und entomologisch dokumentierten Infektionen, die auch Infektionen beim Menschen als wahrscheinlich erscheinen lassen, wurde am Depart-ment für Virologie der Medizinischen Universität Wien eine retrospektive Untersuchung an Patientenproben aus den Sommermonaten der Jahre 2008 bis 2010 initiiert und so wurden tatsächlich drei Infektionen – zwei 2009 und eine 2010 – nachgewiesen (Stephan Aberle und Franz Heinz, Virusepidemiologische Information Nr. 12/2012). Alle drei Fälle stammten aus dem Großraum Wien, was mit dem Nachweis aus Vögeln gut korreliert.

Infektion beim Menschen

Der Großteil der Infektionen mit dem West-Nil-Virus beim Menschen verläuft asymptomatisch, nur in etwa 20% kommt es zum West-Nil-Fieber. Die Inkubations-zeit schwankt von 2 bis 14 Tagen, die Erkrankung ist im Verlauf eher mild und dauert 3 bis 6 Tage. Da das Virus aber die Blut-Hirn-Schranke passieren kann, kommt es in wenigen Fällen (1 von 150) zu einem schweren Ver-lauf mit Beteiligung des Nervensystems wie Meningitis, Enzephalitis und schlaffen Lähmungen, die in seltenen Fällen zum Tod führen. Personen über 50 Jahre haben

ein höheres Risiko, eine schwere Form der Krankheit zu entwickeln.

Da beim Auftreten von Symptomen das Virus meist nicht mehr im Blut zirkuliert, gelingt der direkte Nach-weis mittels PCR sehr selten. Der Nachweis erfolgt dann in erster Linie serologisch, also als Antikörper-nachweis aus Serum und/oder Liquor. Wie auch bei anderen Flaviviren muss bei der serologischen Diagnos-tik jedoch die Kreuzreaktivität durch Antigenverwandt-schaft beachtet werden, da es sonst zu falsch positiven Ergebnissen kommen kann. Dies gilt insbesondere im Zusammenhang mit dem FSME-Virus, da hierfür (er-freulicherweise) eine hohe Durchimpfungsrate in Öster-reich besteht und daher viele Menschen zirkulierende Antikörper aufweisen.

Derzeit ist – im Gegensatz zur FSME – noch kein West-Nil-Virus-Impfstoff für die Verwendung am Men-schen zugelassen. In Epidemiegebieten wird versucht, die übertragenden Stechmücken mit Insektiziden, ins-besondere auch im Fracht- und Personenbereich von In-terkontinentalflugzeugen vor der jeweiligen Landung, zu bekämpfen.

Weitere Entwicklung

Aufgrund der raschen Ausbreitung des West-Nil-Virus in Europa und des Vorkommens auch in Österreich (in Vögeln, Stechmücken und retrospektiv auch in drei Fäl-len beim Menschen dokumentiert) wurden Überwa-chungsprogramme eingerichtet. Von Mitte Juli bis Ende Oktober tot aufgefundene Greifvögel sollten zur virolo-gischen Abklärung an das Institut für Virologie der Ve-terinärmedizinischen Universität Wien eingesandt wer-den. Bei – vor allem älteren – Patienten mit zentralner-valen Symptomen in den Sommer- und Herbstmonaten sollte, nicht nur in Zusammenhang mit entsprechender Reiseanamnese, sondern auch in Österreich, an eine In-fektion durch West-Nil-Viren gedacht werden. Für Fra-gen zur Diagnostik steht das Department für Virologie der Medizinischen Universität Wien zur Verfügung.

Univ.-Prof. Dr. Norbert Nowotny, Institut für Virologie der Veterinärmedizinischen

Universität Wien, und Christoph Aspöck

Heinz FLAMM: Die Geschichte der Staatsarzneikunde, Hygiene, Medizinischen Mikrobiologie, Sozialmedizin und Tierseuchenlehre in Österreich und ihrer Vertreter

In diesem Buch wird vom ehemaligen Vorstand des Klinischen Instituts für Hygiene der universität Wien die Entwicklung des heutigen Faches Hygiene in den Kronländern der österreichischen reichshälfte der Doppel-monarchie bis zu deren Ende 1918 und danach in der heutigen republik Österreich im Detail dargestellt. In sechsjähriger Arbeit in Archiven und Bibliotheken sowie auch durch persönliche Mitteilungen wurde das Schicksal und Wirken von über 470 Wissenschaftern in allen Institutionen dafür rekonstruiert. Diese und die wichtigsten Stichworte sind in zwei langen Verzeichnissen rasch auffindbar.

Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Veröffentlichungen der Kommission für Geschichte der Naturwissenschaften, Mathematik und Medizin 66, 2012, 350 Seiten, 30x21cm, broschiert, € 85,00http://verlag.oeaw.ac.at, E-Mail: [email protected], ISBN 978-3-7001-7208-6 Print Edition

Die essenzielle Immunantwort auf ein Impfantigen beruht meist auf einer Interak-tion zwischen Antigen und Lymphozyten. Diese kann direkt erfolgen oder durch eine Antigenpräsentation, welche zu einer Inter-aktion mit T-Zellen und B-Lymphozyten führt. Nach Stimulation der B-Zellen wer-den antigenspezifische Antikörper produ-zierende Plasmazellen und Memory-B-Zel-len gebildet. Memory-B-Zellen können nach Stimulation (Kontakt mit Krankheits-erregern) rasch Antikörper bilden.

Impfstoffe

Impfstoffe werden in Lebend- und Tot-impfstoffe unterteilt. Die große Gruppe der Totimpfstoffe kann anhand der ver-wendeten Erregeranteile in Ganzkeim-Impfstoffe (Verwendung des ganzen, abge-

töteten Erregers), Spalt-Impfstoffe (Ver-wendung nur eines Spaltprodukts), Sub-unit-Impfstoffe (Verwendung bestimmter Antigene) und Toxoid-Impfstoffe (Verwen-dung von modifizierten Erregertoxinen) eingeteilt werden. Ist das Impfantigen kein Protein, sondern z.B. ein Polysaccharid (unkonjugierter Polysaccharidimpfstoff ), so kann die Immunogenität des Impfstoffs durch Koppelung an ein Protein (Kon- jugatimpfstoff ) gesteigert werden. Kon- jugatimpfstoffe haben den Vorteil, dass sich ein immunologisches Gedächtnis ausbildet, welches durch Auffrischungsimpfungen ge-boostert werden kann.

Jegliche stärkere Immunsuppression kann abhängig vom ihrem Ausmaß die Effektivi-tät und Sicherheit von Impfungen vermin-dern. Im Einzelfall ist die Reduktion der

Impfantwort oft schwer bestimmbar. Le-bendimpfstoffe können bei diesem Patien-tenkollektiv je nach Art der Abwehrschwä-che auch zu schweren bis lebensbedroh-lichen Nebenwirkungen führen und sind daher meistens kontraindiziert. Im Regelfall können Totimpfstoffe auch bei immunsup-primierten Patienten ohne Sicherheitsbe-denken verabreicht werden. Der reduzierten Impfantwort wegen kann es notwendig sein, Impfintervalle zu verkürzen oder in-tensivierte Impfschemata zu verwenden.

Transplantationspatienten

Kortikosteroide sowie Calcineurin-Inhibi-toren (Ciclosporin, Tacrolimus) interagie-ren mit der B- wie auch der T-Zell-Ant-wort, alte Antikörper verschwinden, die Bildung neuer wird gehemmt. Der Verlauf

Impfungen

Empfehlungen bei Immunsup-pression und Transplantation

Eine effektive Immunantwort auf Impfantigene ist Voraussetzung für die Wirksamkeit von Impfstoffen.

Sie kann durch verschiedene ursachen (angeborene oder erworbene Immundefekte, medikamentöse

Immunsuppression, zytostatische Chemotherapie, höheres Lebensalter) vermindert sein.

F. Thalhammer, Wien

Abb. 1: Quelle: ÖGIT 2010, Expertenstatement bei Immunschwäche & Immunsuppression

Impfungen bei Immunsuppression

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NIV

ERSI

MED

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Indikation gSchwangerschaft

Immunschwäche versch. Genese

(nicht HIV-bedingt)

HIV-Infektion CD4-Zellzahl Diabetes, Herzerkrankung, chronische Lungenerkran-

kung, chronischer Alkoholismus

Asplenie (inkl. Splenektomie u. Personen mit persistierenden Störungen des Komplement-

systems)

Chronische Lebererkrankung

Nierenversagen bzw. Nierenerkrankung im letzten

Stadium, Hämodialyse

Im Gesundheitssystem Beschäftigte

Impfung <200/mm3 ≥200/mm3

Tetanus, Diphtherie, Pertussis (Td oder Tdap)

Td einmal mit Tdap statt Td auffrischen; dann Auffrischungen mit Td alle 10aw

HPV 3 Dosen für Mädchen und Frauen bis 26aVaricellae kontraindiziert 2 Dosen

Zoster kontraindiziert 1 DosisMMr kontraindiziert 1 Dosis

Influenza jährlich eine Dosis

Pneumokokken (Polysaccharid) 1 bis 2 Dosen

Hepatitis A 2 Dosen

Hepatitis B 3 Dosen 3 Dosen

Meningokokken 1 oder mehrere Dosen

Legende der Farben:

Für alle Personen der jeweiligen Kategorie, bei denen von Nichtimmunität (keine vorh. Impfungen, keine bekannte Infektion) auszugehen ist

Empfohlen, sofern ein zusätzlicher risikofaktor (z.B.: medizinisch, beruflich, Lebensstil etc.) vorliegt

Keine Empfehlung Kontraindikation

21 Iuniversimed.com

| cover-story

der Antikörpertiter nach der Transplanta-tion ist nicht vorhersehbar und Titerkon-trollen sind daher notwendig. Nach Mög-lichkeit sollen alle Impfungen ausreichend lange vor der Transplantation (z.B. bei Auf-nahme in die Warteliste) erfolgen. Die Vor-teile sind a) eine bessere Immunantwort, b) die Möglichkeit, nach der Transplantation zu boostern, sowie c) die Tatsache, dass Le-bendimpfstoffe nach der Transplantation für längere Zeit kontraindiziert sind. Tot-impfstoffe sollen frühestens nach Ablauf von sechs Monaten (besser nach einem Jahr) verabreicht werden.

Haushaltskontakte

Für immunsupprimierte Patienten sind im gemeinsamen Haushalt lebende Personen und andere häufige Kontaktpersonen Ver-ursacher schwerwiegender – meist durch Tröpfcheninfektion bedingter – Infekti-onen. Gleichzeitig sind bei diesen Patienten bestimmte Impfungen kontraindiziert, so-dass die immunsupprimierten Patienten durch Prophylaxemaßnahmen geschützt werden müssen: Umgebungsprophylaxe, Expositionsprophylaxe (Schutz des Pati-enten vor Ansteckung) und Postexpositi-

onsprophylaxe (Behandlung nach mög-licher Exposition).

Im Rahmen der Umgebungsprophylaxe sollen möglichst alle Kontaktpersonen (Ringimpfungen) gegen jene Erreger geimpft werden, gegen die der Transplanta-tionspatient mit einer Lebendimpfung nicht geschützt werden kann. Die Gefahr einer Ansteckung von immunsuppri-mierten Patienten durch Übertragung eines Impfvirusstamms nach Lebendimpfung von Kontaktpersonen ist gering, Einzelfälle sind jedoch publiziert worden.

l

Autor:

Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer

Univ.-Klinik für Innere Medizin I,

Klinische Abteilung für Infektionen

und Tropenmedizin

Medizinische Universität Wien, AKH Wien

Währinger Gürtel 18–20, 1090 Wien

Tel.: 01/404 00-4440

E-Mail: [email protected]

Mit freundlicher Unterstützung der Firma Novartis

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Abb. 2

Impfungen bei Transplantation

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ERSI

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®

Vakzine Impfung Titer-Bestimmung Handelsname (Auswahl)

vor TX nach TX lebend/tot Schema (Tag) Empfehlung Grenzwerte

Cholera P P tot 0, 7 nein Dukoral®

Diphtherie P P tot 0, 60, 360 ja – nach 5 Jahren ≥0,1 IE/ml Boostrix®, repevax®, revaxis®, Tetravac®

Gelbfieber P nein lebend kI nein Stamaril®

FSME P P tot0, 28, 360

0, 7, 21nein Encepur®, FSME-Immun®

H. influenzae Typ b P P tot 0 ja ≥0,15 µg/ml „Kurzzeitschutz“

≥1 µg/ml „Langzeitschutz“ACT-HiB®

Hepatitis A P P tot 0, 180 ja Avaxim®, Epaxal®, Havris®, Twinrix®, Vaqta®

Hepatitis B P P tot 0, 28, 180 ja – jährlich >100 IE/ml Engeris®, HBVaxPro®, Twinrix®

Herpes Zoster P nein lebend kI nein Zostavax®

Influenza P P tot 0 nein Japan-B-Enzephalitis P P tot 0, 28 nein Ixiaro®

Masern P nein lebend kI ja Nachweis spezifischer IgG-Ak

korreliert mit SchutzM-M-rVAXPrO®, Priorix®

Meningokokken P P tot 0 ja nicht definiert Menveo®, Nimenrix®

Mumps P nein lebend kI ja Nachweis spezifischer IgG-Ak

korreliert mit SchutzM-M-rVAXPrO®, Priorix®

Papillomavirus P P tot 0, 60, 180 nein Gardasil®

Pertussis P P tot 1 nein nicht definiert Boostrix®, repevax®, revaxis®, Tetravac®

Pneumokokken P P tot 1 ja >0,35 µg/ml Prevenar13®

Poliomyelitis P P tot nein >1:4 Polio Salk®

rotaviren P nein lebend kI nein rotarix®, rotaTeq®

röteln P nein lebend kI ja ≥1:32 M-M-rVAXPrO®, Priorix®

Tetanus P P tot 0, 60, 360 ja – nach 5 Jahren ≥0,1 IE/ml Tetanol® pur, Tetanus-Adsorbat®

Tollwut P P tot 0, 7, 28 ja – nach 14 Tagen rabipur®

Tuberkulose (BCG) P nein lebend kI nein Typhus P P tot 0 nein Typhim®

Varicellae P nein lebend KI ja nicht definiert Varilrix®, Varivax®

Neu zum Thema!„Impfungen bei Immunsuppression und Transplantation“

Einsteckkarte für Ärzte: Überblick zu den wichtigsten Daten und Informationen – kurz, prägnant, praxisorientiert

Informationsfolder für Patienten: Warum impfen? Worauf achten? Wie schütze ich mich und meine Angehörigen?

Aufbereitet und redigiert von Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer, Wien

Weitere Informationen und Bestellung bei:Dr. Fabio Laurenti

Novartis Pharma GmbHStella-Klein-Löw-Weg 17

1020 WienTel.: 01/866 57-0

E-Mail: [email protected]

GRIPPE (INFLUENZA)

• Antibiotika helfen nicht gegen Grippe

• Transplantierte PatientInnen sind besonders gefährdet, an einer

Grippe mit schwerem Verlauf zu erkranken

• Prophylaxe ist besser als Therapie, daher jährlich – auch als

transplantierter Patient – zur Grippeimpfung gehen

• Plötzliches Fieber, Husten, Gliederschmerzen und schweres Krank-

heitsgefühl zeigen in der Influenzasaison den Beginn einer Grippe an

• Rechtzeitig zum Arzt gehen, da der Beginn einer Influenza-Therapie

nach den österreichischen Empfehlungen nur innerhalb der ersten

24 bis 48 Stunden empfohlen wird (sehen Sie dazu:

www.oeginfekt.at/download/cs-therapie_der_grippe.pdf)

• Zum Schutz der eigenen Familie während der Grippe auf Körperkon-

takte wie Umarmen, Küssen etc. verzichten

• Geschlossene Räume 3- bis 4-mal täglich lüften, um die Zahl der

Viren in der Luft zu reduzieren

• „Hygienisch husten“ – beim Husten und Nießen den

Ärmel vorhalten

ALLGEMEINE HINWEISE

JEDE IMPFUNG ZÄHLT!

Infektionen: Welche Folgen haben sie?

• Sie sind häufige Ursachen für Krankheit und eventuell auch Todesursache

• Sie können vermehrt bei PatientInnen mit reduzierter

Immunantwort auftreten, so bei:

- angeborenem Immunmangel

- zytostatischer Chemotherapie

- hochdosierter Kortisongabe

- Biologikatherapie

- Organtransplantation

- Knochenmarktransplantation

- Immunsuppressionstherapie

• Sie verlaufen bei PatientInnen, deren körpereigene Abwehrkräfte

durch die Immunsuppression geschwächt sind, möglicherweise schwerer

Impfungen: Warum impfen?

• Impfungen stärken die Infektabwehr

• Impfungen bewirken die Bildung von Antikörpern gegen

Infektionserreger

• Impfungen sind oft die einzige Möglichkeit, sich vor bestimmten

Infektionskrankheiten zu schützen, da es für diese keine spezifische

Therapie gibt, so z.B.:

- Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)

- Masern, Mumps und Röteln (MMR)

- Poliomyelitis

• Impfungen haben die Ausrottung äußerst ansteckender Krankheiten wie

z.B. Pocken ermöglicht

• Impfungen zählen zu den nebenwirkungsärmsten Medikamenten. Lokale

oder allgemeine Reaktionen sind möglich:

- Rötung, Schmerz, Schwellung an der Injektionsstelle

- Fieber, Kopfschmerzen

IMPRESSUM: Herausgeber: Universimed Cross Media Content GmbH, Markgraf-

Rüdiger-Straße 8, 1150 Wien. Telefon: +43/1/876 79 56-0. Fax: +43/1/876 79 56-20.

Geschäftsführung: Dr. Bartosz Chłap, MBA. Produktion & Druck: AV + Astoria Druck-

zentrum GmbH, 1032 Wien. Gerichtsstand: Wien. Fotonachweis: www.fotolia.com.

Mit freundlicher Unterstützung der Firma Novartis Pharma GmbH

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IMPFUNGEN

Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer

Klin. Abt. f. Infektionen und Tropenmedizin

Univ.-Klinik für Innere Medizin I, MedUni Wien

PATIENTEN

INFORMATION

Bei Immunsuppression

und Transplantation

Folder.indd 3

04.09.12 14:19

IMPFUNGEN

Univ.-Prof. Dr. Florian ThalhammerKlin. Abt. f. Infektionen und TropenmedizinUniv.-Klinik für Innere Medizin I, MedUni Wien

PROPHYLAXE

• Prophylaxemaßnahmen bei Patienten, die > nicht geimpft werden können, da Lebendimpfungen kontraindiziert sind > einen schlechten Impferfolg haben

• Prophylaxemaßnahmen sind > Expositionsprophylaxe > Postexpositionsprophylaxe > Umgebungsprophylaxe

• Umgebungsprophylaxe (Ringimpfung) > konsequente Impfung aller Kontaktpersonen in der Umgebung > Standardimpfungen (MMR!) gemäß

Impfempfehlungen > Varizellenimpfung bei seronegativen TX-Patienten > Influenzaimpfung jährlich > Pneumokokkenimpfung > KONTRAINDIZIERT sind - oraler Poliomyelitisimpfstoff - nasaler Influenzaimpfstoff wegen der möglichen Übertragung von Impfstämmen (Lebendimpfungen)

• Antiinfektivaprophylaxe

• Hyperimmunglobulingabe

Literatur:Feuchtenberger, Z Rheumatol 2010Epidemiologisches Bulletin 2005Huppertz, Monatsschr Kinderheilkd 2012Kotton, Am J Transplant 2009Danzinger, Am J Transplant 2009Ljungman, Bone Marrow Transplant 2009ÖGIT 2010, Expertenstatement bei Immunschwäche & Immunsuppression

IMPFUNGEN BEI RHEUMA

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IMPRESSUM: Herausgeber: Universimed Cross Media Content GmbH, Markgraf- Rüdiger-Straße 8, 1150 Wien. Telefon: +43/1/876 79 56-0. Fax: +43/1/876 79 56-20. Geschäftsführung: Dr. Bartosz Chłap, MBA. Produktion & Druck: AV + Astoria Druck-zentrum GmbH, 1032 Wien. Gerichtsstand: Wien. Fotonachweis: www.fotolia.com. Mit freundlicher Unterstützung der Firma Novartis Pharma GmbH

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Bei Immunsuppression und Transplantation

Informationsbroschüre für Ärzte

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04.09.12 14:19

universimed.comI 22

jatros Infektiologie 3I 2012

Das Thema Immunsuppression wird schon aufgrund der steigenden Anzahl von Patienten, die mit den unterschied-lichsten mehr oder weniger immunsup-pressiven Therapeutika behandelt wer-den, in der modernen Medizin immer wichtiger (siehe dazu auch den Beitrag von Univ.-Prof. Dr. Florian Thalham-mer auf Seite 21, der insbesondere auf die im Konsensus behandelten Aspekte Pathophysiologie, Transplantationspati-enten und Haushaltskontakte eingeht). Deshalb erstellte die ÖGIT bereits im Jahr 2010 ein Konsensusstatement* zum Thema „Impfungen bei Immunschwä-che & Immunsuppression“.

Pathophysiologie

Pathophysiologisch kann einer vermin-derten Impfantwort einerseits eine Re-duktion der Antigenpräsentation durch akzessorische Zellen, andererseits eine Hemmung der Proliferation oder Akti-vierung von B-Zellen zugrunde liegen. Da die klinische Relevanz reduzierter Antikörperantworten bei verschiedenen Infektionen zum Teil noch unklar ist, ist auch die Beurteilung der klinischen Re-levanz reduzierter Immunantworten auf manche Impfungen schwierig.

Impfstoffeinteilung und Impf-schutzüberwachung

Die bekannte Einteilung in Lebend- und Totimpfstoffe gilt weiterhin. Bei

der Verabreichung von Lebendimpf-stoffen an immunsupprimierte Pati-enten ist Vorsicht geboten. Sie sind je-doch nicht bei jeder Form der Abwehr-schwäche kontraindiziert, wohl aber bei schwerer Immunsuppression (z.B. bei disseminiertem Malignom, antineoplas-tischer Chemotherapie, Knochenmarks-transplantation, starker immunsup-pressiver Therapie – wie z.B. nach Or-gantransplantationen oder unter hoch dosierten Glukokortikoiden oder HIV-Infektion mit CD4-Zellzahl <200/mm³). Bei leichterer Immunsuppression (z.B. bei rheumatologischer Grunder-krankung, niedrig dosierter Kortikoid-therapie, Nierenerkrankungen, Asplenie ohne antineoplastische Therapie, Diabe-tes mellitus oder HIV-Infektion mit CD4-Zellzahlen >200/mm³) ist häufig auch die Gabe von Lebendimpfungen möglich.

Wenn das Impfantigen kein Protein, sondern z.B. ein Polysaccharid ist, kann die Immunogenität des Impfstoffs durch Koppelung an ein Protein (Kon-jugatimpfstoff ) verbessert werden. Diese Strategie hat gegenüber der Verwen-dung eines unkonjugierten Polysaccha-rid-Impfstoffs den entscheidenden Vor-teil der Auslösung eines immunolo-gischen Gedächtnisses und damit der Boosterbarkeit. Die Autoren fordern da-her, sowohl bei der Impfung gegen Pneumokokken als auch bei jener gegen Meningokokken keine unkonjugierten

Polysaccharid-Impfstoffe mehr einzuset-zen, sondern die vorhandenen bzw. neuen, in Kürze auf den Markt kom-menden konjugierten Impfstoffe zu verwenden.

Heute ist es – mit Ausnahme der Pertus-sis-Impfung – grundsätzlich bei allen Impfungen möglich, den Impferfolg durch Messung des Titers der neutrali-sierenden Antikörper zu überwachen. Es gibt jedoch zumeist keine einfache Kor-relation zwischen der in serologischen Tests gemessenen Konzentration neutra-lisierender Antikörper nach Impfung und dem tatsächlich vorhandenen Impf-schutz. Nicht allein die Höhe des gemes-senen Antikörpertiters ist wichtig, son-dern die Stimulierbarkeit der beteiligten Zellen, wie sie sich z.B. in einem Ti-teranstieg nach einer Auffrischungsimp-fung ausdrückt. Ein weiterer Faktor ist die Avidität der Antikörper, die jedoch nur in wenigen Instituten in Österreich überhaupt bestimmt werden kann.

Schwieriger, aber bei Impfungen, deren Antigene auch T-Zell-Epitope erhalten, nicht unwichtig ist auch die Bestim-mung verschiedener, im Rahmen der T-Zell-Stimulation gebildeter Zytokine, wie z.B. Interferon-γ oder Interleukin-2. Erwähnenswert ist zusätzlich, dass ge-rade bei immunsupprimierten Patienten die Art des in der Impfung verwendeten Adjuvans für die Immunantwort eine wesentliche Rolle spielen kann.

Störungen des Immunsystems

Konsensus: Impfungen bei Immun-schwäche und Immunsuppression

Die Effektivität der Immunantwort auf Impfantigene kann durch eine reihe von ursachen reduziert sein.

Dazu gehören angeborene und erworbene Immundefekte, medikamentöse Immunsuppression, radio- und

Chemotherapie, höheres Lebensalter und individuelle risikofaktoren wie rauchen oder Adipositas sowie

verschiedene Grundkrankheiten. Ein Konsensusstatement der ÖGIT widmet sich diesem Problemkreis.

| konsensusÖsterreichische Gesellschaft fürInfektionskrankheiten und Tropenmedizin

23 Iuniversimed.com

Empfohlene Impfungen

Einen Überblick über die für Erwach-sene mit Immunsuppression empfohle-nen Impfungen gibt die Abb. 1 im be-reits erwähnten Artikel von Prof. Thal-hammer auf Seite 21 dieses Hefts.

Eine aufgrund erfolgreicher Therapie-strategien tendenziell größer und älter werdende Gruppe von Immunsuppri-mierten sind HIV-positive Patienten. Bei niedriger CD4-Zellzahl und einem hohen Maß an HIV-Replikation ist die Immunantwort sowohl quantitativ als auch qualitativ reduziert. Als wichtigste allgemeine Empfehlung bei HIV-Infek-tion gilt, dass der Impfstatus möglichst sofort bei HIV-Diagnose evaluiert wer-den sollte, damit fehlende Impfungen bzw. Auffrischungen möglichst noch bei gutem Immunstatus verabreicht werden können.

Eine hoch aktive antiretrovirale Kombi-nationstherapie (cART) steigert sowohl die Qualität als auch die Quantität der Impfantwort. Es ist daher vorteilhaft

(im Fall von Lebendimpfstoffen zwin-gend), bei Patienten mit schwerer Im-munsuppression die mit der cART ein-hergehende Immunrekonstitution und die HI-Virussuppression abzuwarten, bevor Impfungen/Auffrischungen gege-ben werden. Wenn Patienten im Zu-stand einer schweren Immunsuppres-sion (CD4-Zellzahl <200/mm³) geimpft wurden, kann eine Revakzinierung nach erreichter Virussuppression bzw. nach Anstieg der CD4-Zellzahl sinnvoll sein.

Ein vorübergehender Anstieg der HI-Viruslast aufgrund der Aktivierung des zellulären Immunsystems durch eine Impfung ist möglich, aber klinisch nicht relevant.

Die Tabelle gibt einen Überblick über die Impfempfehlungen für erwachsene HIV-positive Patienten.

Hämatoonkologische Patienten sind oft wegen ihrer Erkrankung und der verab-reichten Therapien schwer immunsup-primiert. Das Vorgehen bei dieser Pati-entengruppe wird, ebenso wie eine

Reihe weiterer Aspekte wie Transplanta-tionspatienten, pharmakologische Im-munsuppression, Asplenie und Splenek-tomie, Immunsuppression bei Kindern (inkl. angeborener Immunschwächesyn-drome), Reiseimpfungen bei Asplenie und Immunsuppression sowie Haus-haltskontakte von transplantierten und anderweitig immunsupprimierten Pati-enten im Konsensusstatement ausführ-lich behandelt.

*Download als pdf unter www.oegit.eu, Menüpunkt „Publikationen“

n

Bericht:

Dr. Norbert Hasenöhrl

Quelle:

Konsensusstatement „Impfungen

bei Immunschwäche & Immunsuppression“

Suppl. zur Österr. Ärztezeitung

Medical Dialogue

April 2010

inf120323

| konsensus

Impfungen für HIV-positive Patienten ab 18 Jahren

Impfung Impfantwort Vorgehen und Schema

Hepatitis Bbei CD4-Zahl <500/mm³ stark reduziert; Viruslast <50c/ml

Prädiktor für gutes Ansprechen

Alle Pat. ohne serol. Nachweis von HBV-Inf. (+ evtl. solche mit isoliert pos. HBc-Ak) impfen;

Schema: 0, 1, (2), 6 Mo.; (evtl. doppelte Dosis = 40µg)

Hepatitis AEbenfalls stark abhängig von CD4-Zahl

sowie von der HI-Viruslast

Insbes. MSMa, IVDub; Schema: bei CD4-Zahl >300/mm³ 2 Impfungen im Abstand von 6–12 Mo.;

bei CD4-Zahl <300/mm³ Schema 0, 1, 6 Mo.

Pneumokokkenreduziert, v.a. bei CD4-Zahl <500/mm³; Immunogenität des

Polysaccharid-Impfstoffs (PPV) schlechter als jene des Konjugat-Impfstoffs

Dzt. Empfehlung: alle Pat. im Alter >2a mit CD4-Zahl >200/mm³ einmalig i.m. mit PPV23 impfen; Auffrischung alle 5–10a; bei Impfung mit CD4 <200/mm³

Wiederholung nach CD4-Anstieg >200/mm³

InfluenzaImpfantwort abhängig von CD4-Zahl schlechter als bei

Gesunden, dennoch häufig gutes AnsprechenAlle, ohne rücksicht auf Immunstatus

FSME Immunogenität herabgesetzt bei CD4-Zahl <500/mm³Alle Pat. mit CD4-Zahl >400/mm³ und risikoverhalten impfen; Schema: 0, 1, 9–12 Mo.; bei CD4 <400/mm³ evtl. mit Schema

0, 1, 2, 9–12 Mo.; Auffrischung alle 3a

Tetanus, Diphtherie reduziert bei CD4-Zahl <200/mm³ insbes. bei IVDub, Auffrischung alle 10a

Tetanus, Diphtherie, Pertussis Alter <65a, einmalige Gabe statt DT-Impfstoff

a) MSM = Männer, die Sex mit Männern haben b) IVDu = Personen, die intravenöse Drogen verwenden

Tab.: Quelle: Konsensusstatement „Impfungen bei Immunschwäche & Immunsuppression“, Suppl. zur Österr. Ärztezeitung, Medical Dialogue, April 2010

jatros Infektiologie 3I 2012

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Im Rahmen eines „Giftigen Dienstags“ stellte Prim. Univ.-Doz. Dr. Christoph Wenisch, 4. Med. Abtei-lung, KFJ-Spital, Wien, die von Pfizer unterstützte APANET-Studie zur ambu-lant erworbenen Pneumo-nie („Community-Acquired Pneumonia“ – CAP) vor. „Wir haben nun erstmals aktuelle Daten zur Pneumonie aus einer österreichischen Studie zur Verfügung“, berichtete Wenisch. Das „Austrian Pneu-monia Network“, kurz APANET, umfasst zehn Abteilungen – neben der 4. Medizi-nischen Abteilung im KFJ-Spital, Wien, die drei infektiologischen Abteilungen der Medizinischen Universitäten in Inns-bruck, Graz und Wien, das Universitätsin-stitut für Medizinische Mikrobiologie, Hygiene und Infektiologie des LKH Salz-burg, die Abteilung für Innere Medizin des LKH Mödling, die Abteilung für In-nere Medizin des KH Oberwart, die 2. Medizinische Abteilung des Landesklini-kums St. Pölten und die Abteilungen für Innere Medizin des KH der Barmherzigen Brüder, Salzburg, und des KH der Barm-herzigen Schwestern, Ried im Innkreis.

Die APANET-Studie

„Die APANET-Studie war eine prospek-tive, multizentrische Untersuchung, die

zwischen 1. Jänner und 31. Dezember 2011 an den am APANET teilnehmenden klinischen Zentren durch-geführt wurde, um die Epi-demiologie der CAP in Ös-terreich zu evaluieren“, er-läuterte Wenisch. Beson-deres Gewicht wurde auf potenzielle Mortalitäts-Risi-kofaktoren wie Alter,

Wohnsituation, Fähigkeit zur Selbstver-sorgung, Komorbiditäten und Pneumo-nieerreger gelegt. In die Studie wurden alle auf einer der neun Abteilungen auf-genommenen Patienten eingeschlossen, die ein pneumonisches Infiltrat im Rönt-gen zeigten und zumindest ein klinisches Symptom einer unteren Atemwegsinfek-tion aufwiesen (z.B. Fieber, Husten, pu-rulentes Sputum, Dyspnoe oder pleuri-tischen Schmerz). Patienten, bei denen eine infektiöse Genese ausgeschlossen werden konnte, wurden nicht in die Stu-die aufgenommen. „Das war z.B. dann der Fall, wenn eine eosinophile, aus-schließlich auf Kortikosteroide anspre-chende Pneumonie vorlag und kein Erre-ger nachgewiesen werden konnte“, kom-mentierte Wenisch.

„Die Entscheidung darüber, wie und wann Patienten behandelt wurden, lag ausschließlich bei den jeweils behandeln-den Kollegen“, betonte Wenisch. „Es

wurde nicht versucht, standardisierte Kri-terien oder Regeln bezüglich der Ent-scheidung über die Hospitalisierung und über das verwendete Antibiotikaregime zu implementieren.“ Die Beobachtungs-zeit erstreckte sich über den gesamten Spitalsaufenthalt der Patienten.

Studiendesign – erhobene Parameter und Endpunkte

An demografischen Daten wurden Alter, Geschlecht, BMI, Wohnsituation (Pfle-geheim vs. selbstständig), Grad des Selbstversorgungsdefizits bei Aufnahme und Entlassung sowie Entlassung mit oder ohne häusliche Pflege erhoben. An Komorbiditäten wurden aktives Rauchen in den letzten sechs Monaten, COPD (nach Schweregrad), Herzinsuffizienz (nach Schweregrad), KHK (nach Schwe-regrad), aktive maligne Erkrankungen, Leberzirrhose, chronische Niereninsuffi-zienz, psychiatrische und neurologische Erkrankungen, chronischer Alkoholmiss-brauch und Diabetes mellitus erfasst.

Pneumoniesymptome und -zeichen, die evaluiert wurden, waren Dyspnoe, puru-lentes Sputum, Husten, pleuritischer Schmerz, Anzahl von Lungeninfiltraten bzw. von betroffenen Lungenlappen, Pleuraerguss und Pneumonie-assoziierte Verwirrungszustände (zeitliche, örtliche und personenbezogene Desorientierung,

Giftiger Dienstag

Ambulant erworbene Pneumonie in Österreich – aktuelle Daten

Im rahmen einer Kooperation von zehn österreichischen Spitalsabteilungen wurden 2011 erstmals Daten

zu Epidemiologie, Komorbiditäten, risikofaktoren, Komplikationen, Mortalität und Erregerspektrum der

ambulant erworbenen Pneumonie erhoben. Im rahmen eines „Giftigen Dienstags“ wurden diese Daten

vom präsentierenden Autor, Doz. Christoph Wenisch, Wien, einer kritischen und in einzelnen Punkten über-

raschenden Analyse unterzogen.

C. Wenisch, Wien

Österreichische Gesellschaft fürInfektionskrankheiten und Tropenmedizin | veranstaltung

25 Iuniversimed.com

jatros Infektiologie 3I 2012

die vorher nicht bekannt war bzw. nicht bestand). Als Vitalzeichen wurden Kör-pertemperatur bei Aufnahme (vor antipy-retischer Therapie), Atemfrequenz, Sau-erstoffsättigung, Herzfrequenz und Blut-druck erhoben.

An Laborparametern gingen BUN, Krea-tinin, Blutgase, Leukozyten, CRP und Blutzucker in die Studie ein. Evaluierte Komplikationen waren Sepsis, schwere Sepsis, septischer Schock, Empyem, Di-arrhö allgemein sowie durch Clostridium difficile ausgelöste Diarrhö, Tod im Krankenhaus insgesamt sowie durch Pneumonie verursachter Tod.

Primäre Endpunkte waren die CAP-Belas-tung in Österreich (Fälle pro Jahr, Mortali-tät, Hospitalisierungsdauer) und die Risi-kofaktoren für Komplikationen und Tod (z.B. Alter, Geschlecht, Rauchen, Komor-biditäten und Erreger). Sekundäre End-punkte waren das Erregerspektrum unter realitätsnahen Bedingungen und die Aus-wirkungen von Selbstversorgungsdefiziten.

Die Ergebnisse

Insgesamt wurden Daten von 1.957 Pati-enten ausgewertet, davon 30% aus der Medizinischen Universität Graz, 22% aus dem KH Mödling, 11% aus dem KFJ und 10% aus Innsbruck, der Rest ver-teilte sich auf die anderen Abteilungen (zwischen 3 und 9%).

Bezüglich der demografischen Daten fan-den sich folgende Mittelwerte: Alter: 70, BMI: 25,3, Körpertemperatur bei Auf-nahme: 37,6°C, Atemfrequenz: 20, Blut-druck: 130/73, Kreatinin: 1,42, Sauer-stoffsättigung: 91,8%, CRP: 119,3, Glu-kose: 143, Herzfrequenz: 96 und Tage von Symptombeginn bis zur Aufnahme: 0,7. 41% der Patienten waren Frauen, 22% Raucher, 62% litten an Dyspnoe, 20% hatten eitriges Sputum, 57% Hus-ten, 25% Thoraxschmerzen und 31% ei-nen Pleuraerguss.

Signifikante Unterschiede zwischen Pati-enten über und unter 65 Jahren fanden sich bei den Parametern Alter, Körper-temperatur, Blutdruck, BUN, Kreatinin, Sauerstoffpartialdruck und -sättigung, CRP, Glukose, Herzfrequenz und Zahl der Infiltrate.

Die Rangliste der Komorbiditäten führten mit 32,5% neurologische Erkrankungen an, gefolgt von KHK (30,1%), Herzinsuf-fizienz (26,9%), chronischer Niereninsuf-fizienz (23,9%), Diabetes mellitus (23,1%), COPD (23%), psychiatrischen Erkrankungen (16%), aktiven Tumorer-krankungen (12,6%), Alkoholabusus (5,3%) und Leberzirrhose (2,8%).

„Die Mortalität pro Zentrum schwankte zwischen 5% und 15%, wobei ein Zusam-menhang mit der Stichprobengröße auf-grund der statistischen Auswertung mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist“, erklärte Wenisch.

Auch das Alter spielte bei der Mortalität eine Rolle: Patienten ≥65 Jahre starben si-gnifikant häufiger im Krankenhaus als Pa-tienten unter 65 (12,7% vs. 5,0%; p<0,001). Auch mit größerem Pflegebe-darf stieg die Mortalität signifikant an. Pa-tienten im Pflegeheim hatten eine signifi-kant höhere Mortalität als Patienten, die selbstständig lebten. Ebenfalls ein klarer Mortalitätsanstieg fand sich mit steigenden Punktezahlen im CRB65-Score. Auch ICU-Patienten hatten eine signifikant hö-here Mortalität als Patienten auf der Nor-malstation. Hingegen fand sich kein signi-fikanter Unterschied in der Mortalität zwi-schen den Geschlechtern (10,7% bei Frauen vs. 10,1% bei Männern).

Als signifikante Mortalitätsprädiktoren erwiesen sich Alter, Dyspnoe, Husten und Bewusstseinsstörung. Das häufigste

Komplikationsereignis war Sepsis (14,5%), gefolgt von Diarrhö (10,2%), schwerer Sepsis (6,7%) und septischem Schock (2%). „Für Diarrhö allgemein so-wie Diarrhö durch Clostridium difficile fanden sich keine signifikanten prädik-tiven Faktoren“, so Wenisch.

„Interessant ist übrigens die Tatsache, dass jene Patienten, die nach den 2008 publizierten ÖGIT-Guidelines für CAP behandelt wurden, in dieser Studie eine signifikant höhere Mortalität aufwiesen als jene, bei denen das nicht der Fall war“, ergänzte der Infektiologe kritisch.

Was den Erregernachweis betrifft, so ge-lang ein solcher nur bei 25%, bei 45% hingegen nicht, und bei 30% wurde er gar nicht versucht. Die häufigsten Erreger sind weiterhin Pneumokokken, gefolgt von Enterobakterien (Abb.). „Dabei ist anzumerken, dass bei jüngeren Patienten signifikant öfter nach Erregern gesucht wurde als bei älteren“, ergänzte Wenisch. Alter und Komorbiditäten führten zu Verschiebungen des Erregerspektrums.

n

Bericht:

Dr. Norbert Hasenöhrl

Quelle: Giftiger Dienstag

„Update ambulant erworbene Pneumonie“

Prim. Univ.-Doz. Dr. Christoph Wenisch

22. Mai 2012

inf120325

Abb.: Quelle: Wenisch/APANET-Studie

Nachgewiesene Erreger

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25% des Gesamtkollektivs (n=487)

< 65 Jahre≥ 65 Jahre

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19,6

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Bei der Veranstaltung unter dem Titel „Giftige Fälle“ wurde über interessante und ungewöhnliche Kasuistiken aus dem Bereich der Infektiologie referiert. Schau-platz der Veranstaltung war das altehr-würdige Billrothhaus, der Sitz der Wiener „Gesellschaft der Ärzte“.

Fieber und Schüttelfrost seit sechs Monaten

„Die 70-jährige Patientin wird im Okto-ber 2011 wegen seit sechs Monaten be-stehender Symptome aufgenommen. Diese bestehen in rezidivierenden Fieber-schüben bis 39°C, Schüttelfrost und Nachtschweiß, außerdem liegt eine un-klare CRP-Erhöhung vor“, begann Dr.

Renate Haberl, 4. Med. Abteilung, KFJ-Spital, Wien, ihren Fallbericht.

An Vorerkrankungen sind eine Struma multinodosa mit Verdacht auf Immunthy-reoiditis, ein St. p. Schrittmacherimplan-tation, eine PAVK im Stadium IIa, arteri-elle Hypertonie und Sigmadivertikulose bekannt. Die Patientin ist gegen Cephalo-sporine und Metronidazol allergisch.

Im April 2011 war ein Herpes Zoster am Rücken aufgetreten, der mit Valaciclovir behandelt wurde, im Mai eine Peribron-chitis links infrahilär, gegen welche die Pa-tientin Josamycin erhielt. Eine sich im Juli manifestierende Divertikulitis wurde mit Rifaximin und Ciprofloxacin therapiert.

Die klinische Untersuchung bei Auf-nahme im Oktober 2011 ergibt ein Sys-tolikum mit p.m. über dem Erbschen Punkt und eine blande Narbe rechts pek-toral nach Schrittmacherimplantation. Im Labor finden sich ein CRP von 57mg/l, Leukozyten 7G/l, Hb 10,1g/dl, Blutsenkung 11mm/h, TSH 1,14μU/ml. Antikörper gegen HIV, CMV und EBV sind negativ, die CT von Thorax und Ab-domen ist unauffällig.

„In der transösophagealen Echokardio-grafie finden sich Auflagerungen auf den Schrittmachersonden im rechten Vorhof; die Trikuspidalklappe ist nicht sicher be-urteilbar“, referierte Haberl. „Es handelte sich in Anbetracht der klinischen Ge-samtsituation und unter Berücksichti-gung der modifizierten Duke-Kriterien um eine Infektion der Schrittmacherson-den, also eine Fremdkörperinfektion“, er-gänzte die Infektiologin.

Die Therapie bestand in der Verabrei-chung von Vancomycin, Ciprofloxacin und Gentamicin i.v. für sechs Wochen. Anschließend wurde durch offene Thora-kotomie das Schrittmachersystem voll-ständig explantiert, um Rezidive zu ver-hindern. Drei Tage später wurde unter laufender antibiotischer Therapie ein neuer Schrittmacher eingesetzt.

Als Erreger wurde ein Staphylococcus epidermidis identifiziert. „Koagulase-ne-gative Staphylokokken sind mit 42% die häufigsten Erreger von Infektionen bei

„Giftige Fälle“

Interessante Kasuistiken aus allen Bereichen der Infektiologie

Eine spezielle Veranstaltung der ÖGIT war auch heuer wieder infektiologischen Fallpräsentationen – griffig

als „Giftige Fälle“ bezeichnet – gewidmet. Wir bringen im Folgenden eine Auswahl von drei der vorgestell-

ten Fälle, von der Schrittmacherinfektion bis zur seltenen Mykose.

Abb.: Koagulase-negative Staphylokokken als häufigste Erreger von Schrittmacherinfektionen

Erregerspektrum bei Schrittmacherinfektionen

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n=189

1 Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus

2 Methicillin-empfindlicher Staphylococcus aureus

Kultur-negativ 7%

Koagulase-negative Staphylokokken 42%

Pilze 2%

Polymikrobiell 7%

Gramnegative Bacilli 9%

Andere grampositive Kokken 4%

MrSA1 4%

MSSA2 25%

Quelle: Sohail MR et al, J Am Coll Cardiol 2007; 49(18): 1851–9

Österreichische Gesellschaft fürInfektionskrankheiten und Tropenmedizin | veranstaltung

jatros Infektiologie 3I 2012

Schrittmachern bzw. implantierbaren Kardiovertern“, so Haberl (s. Abb.).

„Wichtig ist, bei fiebernden Patienten mit Implantaten, Prothesen, Schrittma-chern usw. immer an eine Fremdkörper-infektion zu denken. Eine transthorakale Echokardiografie schließt eine Endokar-ditis nicht aus, deshalb sollte die Unter-suchung transösophageal durchgeführt werden“, schloss Haberl.

Harnverhaltung durch Lebensmit-telvergiftung

„Die Patienten waren ein serbisches, in Wien lebendes Ehepaar, die Frau 43, der Mann 51 Jahre alt. Sie hatten zwei Kinder und waren beide starke Raucher“, berich-tete Dr. Matthias Vossen, Klinische Abtei-lung für Infektionen und Tropenmedizin, UK für Innere Medizin I, MUW.

Seit drei Tagen bestanden Übelkeit, Durchfall, Erbrechen, Dysphagie, Mund-trockenheit, die Frau klagte weiters über verringerte Sehkraft, der Mann über Doppelbilder sowie erschwerte Miktion.

„Eine ophthalmologische sowie HNO-ärztliche Konsultation brachte keine Hilfe, sodass die Patienten am Tag 7 ihrer Er-krankung die Notfallambulanz im Wiener AKH aufsuchten“, so Vossen weiter. Die geschilderten Beschwerden bestanden zu diesem Zeitpunkt weiterhin, zusätzlich war Dyspnoe aufgetreten und die Pati-enten waren ängstlich und verunsichert.

„Cor/Pulmo waren allerdings bland und das Labor unauffällig“, referierte der In-fektiologe. Die Patientin wurde gastro-skopiert, wobei sich lediglich eine leichte Typ-C-Gastritis ergab. Die Dyspnoe hatte sich bei beiden spontan gebessert, sodass die Patienten zunächst wieder ent-lassen wurden.

Am nächsten Tag kamen sie jedoch neuer-lich in die Notfallambulanz, da sich die Beschwerden wieder verschlechtert hatten, insbesondere lag eine weitere Sehver-schlechterung vor. Eine neuroophthalmo-logische Konsultation ergab bei beiden Pa-tienten deutlich dilatierte Pupillen, beim Mann eine Abduzensparese als Ursache für die Diplopie und bei der Frau Akkommo-dationsstörungen.

„Die Kombination einer peripheren anti-cholinergen Symptomatik – Xerostomie, Dysphagie, Obstipation nach anfäng-licher Diarrhö und Harnverhaltung – mit einer Hirnnervenbeteiligung und der Tat-sache, dass zwei Personen zugleich betrof-fen waren, ließ mit hoher Wahrschein-lichkeit auf eine Intoxikation mit Botuli-numtoxin schließen“, erläuterte Vossen.

Es konnte in weiterer Folge Botulinum-neurotoxin Typ B aus Stuhl- und Serum-proben nachgewiesen werden – die Quelle blieb allerdings unklar. Eine kau-sale Therapie war aufgrund der fortge-schrittenen Erkrankung nicht möglich, da Botulinumtoxin-Antikörper nur in den ersten 48 Stunden nach Symptombe-ginn eingesetzt werden können. Die Pati-enten erlebten zunächst eine Verschlech-terung der anticholinergen Symptomatik inklusive Verringerung der Schweißsekre-tion und Dysfunktion des autonomen Systems, waren jedoch nie intubations-pflichtig und Zeichen eines zentralen an-ticholinergen Syndroms oder einer Beein-trächtigung des sensiblen Systems traten nicht auf. Die Patienten konnten nach 24 Tagen entlassen werden. Eine Restitutio ad integrum trat nach 16 Wochen ein.

Tödliche Mykose bei Diabetes

„Die 68-jährige Pensionistin litt seit drei Monaten an Visusverschlechterung, Kopf-schmerzen, Schwindel und Synkopen so-wie Gleichgewichtsstörungen“, berichtete Dr. Selma Tobudic, Klinische Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin, UK für Innere Medizin I, MUW. Bei der Auf-nahme war die Patientin somnolent und zeigte eine Blutzuckerentgleisung: 395mg/dl. Der Blutzucker wurde mit Insulinper-fusor eingestellt; eine Sauerstoffinsuffla-tion von 2l/min brachte eine O2-Sätti-gung zwischen 95 und 100%.

An früheren Krankheiten war ein St. p. Hysterektomie und ein St. p. Entfernung eines nicht genau bekannten Hauttumors vor wenigen Monaten bekannt, weiters bestand eine Hyperthyreose und ein ex-trem schlecht eingestellter Typ-2-Diabe-tes mit einem HbA1c von 12%.

Abgesehen vom reduzierten Allgemeinzu-stand fanden sich in der klinischen Un-tersuchung wenig Auffälligkeiten. Aller-

dings waren im Labor ein deutlicher Eisenmangel, ein Mangel an Albumin und Gesamteiweiß, eine Erhöhung von alkalischer Phosphatase, Gamma-GT, LDH, CRP und HbA1c festzustellen. Das Blutbild zeigte eine mäßige Anämie mit einem Hb von 10,1g/dl, die Leukozyten waren mit 14,2G/l erhöht, ebenso das Fibrinogen.

„Wir haben als Nächstes eine MRT des Schädels gemacht und eine hochfrontale Raumforderung gefunden“, fuhr Tobudic fort. Blutkulturen und Lumbalpunktion sind negativ, jedoch finden sich in Nativ-röntgen und CT des Thorax multiple Herde in beiden Lungen.

„Dieser Befund war zunächst ätiologisch völlig unklar. Deshalb war der nächste Schritt eine CT-gezielte Punktion einer der pulmonalen Raumforderungen“, er-läuterte die Infektiologin. Die Histologie des gewonnenen Materials ergab ein tu-morfreies, granulozytenreiches Präparat.Im Anschluss wurde eine Bronchoskopie mit Bronchiallavage (BAL) durchgeführt, die makroskopisch nekrotisches, schwar-zes Gewebe ergab, das durchaus Mela-nommetastasen (anamnestisch unklare Entfernung eines Hauttumors vor weni-gen Monaten!) entsprechen könnte. Mi-kroskopisch war jedoch auch dieses Prä-parat tumorfrei. „Zu unserer Überra-schung erhielten wir jedoch dann einen Kulturbefund mit dem Ergebnis eines Zygomyzeten, genauer gesagt: eines Rhi-zopus microsporus!“, berichtete Tobudic.

Die Patientin erhielt liposomales Ampho-tericin B sowie Posaconazol, entwickelte nach zwei Wochen ein Ulcus ventriculi und nach vier Wochen unter Therapie mit Levofloxacin eine fulminante bakteri-elle Superinfektion, die schließlich zu Multiorganversagen und zum Tod der Pa-tientin führte.

n

Bericht: Dr. Norbert Hasenöhrl

Quelle: „Giftige Fälle“, 19. März 2012

Fallpräsentationen von Dr.es Haberl,

Vossen und Tobudic

Wir bedauern, dass aus Platzgründen die von

Dr.es Valentin und Tancevski vorgestellten Fälle

nicht berücksichtigt werden konnten.

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| veranstaltung

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| innovationenÖsterreichische Gesellschaft fürInfektionskrankheiten und Tropenmedizin

Clostridium difficile ist der häu-figste Erreger nosokomial er-worbener infektiöser Diarrhöen in den Industrieländern. Clostri-dium-difficile-Infektionen (CDI) können klinisch sehr unter-schiedlich verlaufen – von leich-tem Durchfall bis hin zur pseu-domembranösen Kolitis und to-xischem Megakolon sind alle Verlaufsformen möglich.

Die Symptome der Clostridium-difficile-assoziierten Diarrhö (CDAD) werden durch Toxine verursacht.1 Hauptfaktoren für die Übertragung von CDI sind einerseits die Fähigkeit des Erre-gers, Sporen zu bilden, und andererseits die Überlebensfähigkeit dieser Sporen in Patienten und Umgebung.1, 2

C. difficile bildet zwei Toxine, A und B, die beide eine schädigende Wirkung auf die Darmschleimhaut ausüben. Unter an-derem erhöhen diese Toxine die Durch-lässigkeit des Darmepithels durch direkte Wirkung auf die „tight junctions“ der Epithelzellen.

Eine Schädigung der Mikroflora des Dickdarms ist mit einem erhöhten CDI-Risiko verbunden. Klinische Risikofak-toren für CDI bzw. CDAD sind die Ver-wendung von Breitbandantibiotika, ein Alter über 65 Jahre und schwerwiegende Grunderkrankungen.

Reduktion von Toxinen und Sporenbildung

Fidaxomicin ist eine makrozyklische Sub-stanz mit bakterizider Wirkung gegen C. difficile. Im Vergleich zu Vancomycin re-duziert Fidaxomicin die Produktion bei-der Toxine von C. difficile in vitro deut-lich.3 Weiters reduziert Fidaxomicin auch die Bildung von Sporen gegenüber keiner Therapie ebenso wie gegenüber Vanco-mycin oder Metronidazol um mehr als 99%.4

Höhere Heilungsraten, weniger Rezidive

In Phase-III-Studien zeigte sich Fidaxo-micin hinsichtlich der klinischen Hei-

lungsraten unter der Vergleichs-substanz – oralen Vancomycins – gleichwertig (nicht unterle-gen).4–6 Im Gegenteil: Die Rate anhaltender klinischer Hei-lungen lag mit 78,6% unter Fi-daxomicin signifikant höher als unter oralem Vancomycin mit 66,4%.4 Auch die Zahl der Re-zidive – ein großes Problem bei CDAD – war unter Fidaxomi-cin signifikant geringer als un-ter Vancomycin (Abb.).4

Fidaxomicin wird im Allgemei-nen gut vertragen. Die häu-figsten behandlungsbedingten Nebenwirkungen sind Übelkeit

(2,7%), Erbrechen (1,2%) und Verstop-fung (1,2%).7

Literatur:1 Poutanen SM, Simor AE, CMAJ 2004; 171(1): 51-

582 Viswanathan VK et al, Gut Microbes 2010; 1(4):

234-2423 Sims C et al, ICAAC 2011; Abstract C1-6344 Dificlir® EMA Public Assessment Report, Septem-

ber 20115 Louie TJ et al, N Engl J Med 2011; 364(5): 422-4316 Cornely OA et al, Lancet Infect Dis 2012; 12(4):

281-2897 Austria Codex Fachinformation: Dificlir® 200mg

Filmtabletten

n

Bericht:

Dr. Norbert Hasenöhrl

inf120329

Fidaxomicin

Neue Substanz gegen Clostridium-difficile-assoziierte Diarrhö

Ein neues Antibiotikum gegen Clostridium-difficile-Infektionen – Fidaxomicin – ist nun auf dem Markt.

Im Vergleich zu oralem Vancomycin schneidet die Substanz hinsichtlich anhaltender klinischer Heilungen

und hinsichtlich der rezidivraten besser ab, auch die Verträglichkeit ist gut. Allerdings sind die Therapie-

kosten auch entsprechend höher als die einer Therapie mit Vancomycin.

Abb.: Relative Reduktion der Rezidivrate um 46,9% gegenüber Van-comycin in zwei prospektiven, doppelblinden, randomisierten Phase-III-Studien

Reduktion der Rezidivrate

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Vancomycin Fidaxomicin

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Quelle: Astellas Pharma, Produktbroschüre Dificlir®

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Das „Nationale Referenzzentrum für nosokomiale Infektionen und Antibioti-karesistenz“ wird seit 2003 im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit als Kooperation zweier bettenführender Krankenhäuser, nämlich des Allgemei-nen Krankenhauses der Stadt Wien und des Krankenhauses der Elisabethinen in Linz, geführt. Auf diese Weise sollen re-präsentative Zahlen, Fakten und Er-kenntnisse zum Thema „nosokomiale Infektionen und Antibiotikaresistenz“ gesammelt und darauf bezogene Emp-fehlungen erstellt werden.

Das nationale Referenzzentrum am kli-nischen Institut für Krankenhaushygi-ene der Medizinischen Universität am AKH Wien beschäftigt sich mit ver-schiedenen Aspekten nosokomialer In-fektionen, deren Erfassung, der Analyse der Daten (z.B. im „Austrian Nosoco-mial Infections Surveillance System“, kurz ANISS) sowie der Entwicklung von Strategien zur Vermeidung solcher Infektionen. Im Folgenden soll auf die Tätigkeiten der Linzer Einrichtung ein-gegangen werden.

Europäische Vernetzung

Seit 2003 in Form eines nationalen Refe-renzzentrums (NRZ) tätig, füllt das IHMT des Krankenhauses der Elisabe-thinen in Linz seit 2007 seine Rolle zu-sammen mit seinem zertifizierten Labor-partner analyse BioLab aus.

Die fachlichen Schwerpunkte des IHMT sowie der analyse BioLab liegen im Be-reich der Antibiotikaresistenzen (Surveil-lance, Austestung) und des Antibiotika-verbrauchs. Darüber hinaus ist diesem Teil des NRZ der gesamte Themenbe-reich rund um das Antibiogramm ein zentrales Anliegen.

Weiters übernahm das NRZ in Linz im Auftrag des Gesundheitsministeriums unter anderem das Management der ös-terreichischen Resistenzdaten durch die Projekte „European Antimicrobial Re- sistance Surveillance Network“ (EARS-Net) und „European Surveillance of An-timicrobial Consumption“ (ESAC) sowie die jährliche Koordination der erhobenen Daten zur Publikation im österreichi-schen Resistenzbericht (AURES).

Darüber hinaus organisiert das IHMT im Rahmen des Referenzzentrums das „National Antimicrobial Committee on Susceptibility Testing Austria“ (NAC-AT). Österreich ist von 2010 bis 2013 Mitglied des „European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing (EU-CAST) Steering Committee“ und wird in dieser Funktion durch die Institutsleite-rin des IHMT und medizinische Leiterin der analyse BioLab, Prim. Univ.-Doz. Dr. Petra Apfalter, vertreten.

„Wir sehen uns als Vermittler, wir versu-chen, wichtige Informationen unsere Themen betreffend an die richtigen

Institutsvorstellung

Nationales referenzzentrum: KH der Elisabethinen in Linz

Das Institut für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin (IHMT) des Krankenhauses der Elisabethinen in

Linz beschäftigt sich mit allen Aspekten rund um das Thema Infektion. Gemeinsam mit seinem zertifizierten

Laborpartner, analyse BioLab, stellt das IHMT österreichweit eine einzigartige Konstellation dar: Mikrobio-

logische Diagnostik, Beratung, spezifische Prophylaxe, Therapie und Nachsorge von Infektionen erfolgen

komplett aus einer Hand. Darüber hinaus nimmt das IHMT die Funktion des „Nationalen referenzzentrums

für nosokomiale Infektionen und Antibiotikaresistenz“ wahr und ist damit in eine reihe europäischer Initia-

tiven zum Thema Antibiotikaresistenzen (AMr) eingebunden. Es koordiniert unter anderem die ECDC-Netz-

werkprogramme EArS-Net, ESAC und EuCAST für Österreich. Im Folgenden eine kurze Vorstellung der viel-

fältigen Tätigkeiten des referenzzentrums in Linz.

P. Apfalter, Linz

jatros Infektiologie 3 I 2012

Eingangsbereich

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Adressaten weiterzugeben und anderer-seits mit konsolidierter ,österreichischer Stimme‘ unser Land fachlich im EU-Umfeld zu repräsentieren, also unsere Anliegen dort zu thematisieren und durchzubringen“, sagte Apfalter im Ge-spräch mit JATROS Infektiologie. „Das mit der konsolidierten österreichischen Stimme ist oft gar nicht einfach“, er-gänzte sie lächelnd.

umstellung auf EuCAST

Ein anderer zentraler Bereich, für den das Linzer NRZ zuständig ist, ist die Umstel-lung der bakteriellen Resistenztestung. Bis September 2010 wurden dafür die Stan-dards des „Clinical and Laboratory Stan-dards Institute“ (CLSI) aus den USA ver-wendet. Ab 1. Oktober 2010 erfolgte in Abstimmung mit den Fachgesellschaften ÖGACH („Österreichische Gesellschaft für Antimikrobielle Chemotherapie“) und ÖGIT („Österreichische Gesellschaft für Infektionskrankheiten und Tropenmedi-zin“) kontinuierlich die Umstellung auf die europäischen Standards der EUCAST.

„Die österreichischen mikrobiologischen Labors haben diesen Schritt großartig mitgetragen und unterstützt, wofür ich mich an dieser Stelle sehr herzlich bei al-len bedanken möchte. Ich habe ja nur den Anstoß gegeben und den Motor ge-macht. International gelten wir nun als Vorzeigeland. Es ist zukünftig sehr wich-tig, hier einen europäischen Schulter-schluss zu zeigen. In Zeiten vermehrter Resistenzentwicklungen sind vergleich-bare Daten und Fakten als Basis für ge-sundheitspolitische Entscheidungen über die Grenzen hinweg enorm wichtig“, kommentierte Apfalter.

In Österreich beteiligen sich 41 mikro- biologische Laboratorien (Stand 31. 12. 2011) freiwillig an der EARS-Net-Daten-meldung. Insgesamt wurden damit im Jahr 2011 Daten von 138 Krankenan-stalten (Akutversorgung) gesammelt. Eu-ropaweit sind mittlerweile 28 Länder mit mehr als 900 Laboratorien und damit über 1.400 Spitäler in das Netzwerk ein-gebunden. „Das ist durchaus bemerkens-wert und großartig, zumal die Kolle-ginnen und Kollegen, die diese Daten zur Verfügung stellen, dafür keinerlei Hono-rierung erhalten“, so Apfalter.

Resistenzen ohne Grenzen

Wie global gerade die Information über multiresistente Erreger heute ist und sein muss, zeigt auch die Website des NRZ (www.referenzzentrum.at). Hier finden sich aktuellste Informationen, wie z.B. jene über die Verbreitung eines Stammes von Enterococcus faecium auf einer Nie-renabteilung in Schottland, der sowohl gegen Linezolid als auch gegen Vancomy-cin resistent ist. Aber ist dies für Öster-reich tatsächlich relevant?

„Jede derartige Information ist wichtig, gerade wenn es sich um unübliche Resis-tenzmechanismen mit möglicherweise fa-talen Konsequenzen handelt. Das ist so-wohl für klinisch tätige Kollegen als auch für die in der Krankenhaushygiene täti-gen Personen relevant. Auch hier sehen wir uns als Verbindungsstelle, als Ver-mittler, unsere Aufgabe ist die Informati-onsweitergabe.

Das ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control) kann sich ja nicht an jeden einzel-nen möglicherweise mit der The-matik Befassten wenden und hat daher ein Netz, die sogenannten ,AMR Focal Points‘, aufgebaut, um relevante Informationen ver-breiten zu können. In Österreich nimmt diese Funktion das Ge-sundheitsministerium selbst wahr. Was meine Person betrifft, wurde auch ich hierfür ad personam er-nannt. Eine Infrastruktur wie ,IHMTanalyse‘ ist natürlich über-aus hilfreich, der Funktion des AMR Focal Point auch tatsächlich gerecht zu werden und wirksam zu sein“, erklärte Apfalter dazu.

Ein anderer Trend im Bereich der Resistenzentwicklung ist die zu-nehmende Entstehung von Carba-penemasen bei Enterobakterien. Bis vor Kurzem galten Carba-peneme als sichere Reserveantibio-tika gegen sogenannte ESBL-Bild-ner. ESBL – ein aufgrund der aktuellen Entwicklung eigentlich überholter Begriff – stand für Extended-Spectrum Beta-Lac-tamase; ESBL-Bildner waren bis-her zwar gegen ein erweitertes

Spektrum von Betalaktam-Antibiotika resistent, nicht aber gegen Carbapeneme. Dies hat sich nun geändert.

„Zwar liegt die Rate von Carbapenem-re-sistenten Enterobakterien – CPE – in Ös-terreich noch in einem Bereich von unter 1%, aber das Problem existiert, wir haben alle Arten von CPEs, wie KPC, NDM1, VIM etc., im Land, und die Tendenz geht eindeutig nach oben“, so die Mikro-biologin.

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Bericht:

Dr. Norbert Hasenöhrl

Quelle:

IHMT des KH der

Elisabethinen/analyse BioLab GmbH

Prim. Univ.-Doz. Dr. Petra Apfalter, Linz

inf120330

| internaÖsterreichische Gesellschaft fürInfektionskrankheiten und Tropenmedizin

Über „IHMTanalyse“

Das multidisziplinäre Team der Institution setzt sich aktuell aus Fachärzten für Hygie-ne und Mikrobiologie, innere Medizin, Viro-logie sowie Infektiologie und Tropenmedizin zusammen und beschäftigt sich mit allen Aspekten rund um das Thema Infektion. Von der kompletten mikrobiologischen Dia-gnostik auf über 2.000m² Laborfläche bis zur Therapie versteht sich „IHMTanalyse“ auf den Punkt gebracht als die infektions-medizinische „Diagnose+“. Zu den Einsen-dern und Partnern der Institution zählen neben dem KH der Elisabethinen Linz wei-tere renommierte Krankenanstalten, wie z.B. das KH der Barmherzigen Schwestern Linz, das KH der Barmherzigen Brüder Linz, das Linzer AKH, das uKH Linz, das Diako-nissen-KH Linz sowie das KH St. Elisabeth, Wien. Zahlreiche niedergelassene Labors und Ärzte sowie namhafte Industriebetriebe vertrauen auf die Kompetenz der Mitarbei-ter mit ihrer langjährigen Erfahrung.

Weitere Informationen

finden Sie bei Interesse unter:

http://www.elisabethinen.or.at

www.referenzzentrum.at

www.analyse.eu

universimed.comI 32

jatros Infektiologie 3 I 2012

Bei den klassischen Eckpfeilern der antimikrobiellen Therapie, den Peni-cillinen und Cephalosporinen, sind neuropsychiatrische Nebenwirkungen selten bzw. kommen nur bei sehr ho-hen Dosierungen vor (z.B. Herxhei-mer-Reaktion bei Penicillin G). Hin-gegen ist Schwindel bzw. Benommen-heit („dizziness“) ein bekannter Klas-seneffekt von Chinolonen, der bei äl-teren Patienten vermehrt beschrieben wird. Die bekannten Krankheitsbilder sind äußerst vielfältig und spannen den Bogen vom Bild der Neuropathie bis zu ausgefallenen Erscheinungen wie Hemiballismus, der als Kasuistik einer Antibiotikanebenwirkung eine Rarität ist.

Neurologische Nebenwirkungen

Medikamentös toxisch sind etwa 2–4% der peripheren Neuropathien induziert, das Spektrum der verursachenden Me-dikamente ist breit (Tab. 1). Das Neu-ropathierisiko kann, wie z.B. bei Line-zolid, zu einer Einschränkung der ge-mäß Fachinformation zugelassenen Therapiedauer (max. 28 Tage) führen. Ebenso ist nach Langzeittherapie mit Linezolid eine reversible Optikusneuro-pathie beschrieben, die eine symme-trische, schmerzlose Visusverschlechte-rung verursacht.

Bekannt ist auch die dosisabhängige Krampfneigung aufgrund einer di-

rekten Hemmung der GABAA-Rezep-torbildung bei den Carbapenemen, die bei Imipenem (verstärkt bei gleich- zeitiger Gabe von Ganciclovir), abge-schwächt auch bei Ertapenem, klinisch relevant ist. Dies spiegelt sich auch in der Zulassung wider, da Meropenem im Gegensatz zu Imipenem für die Menin-gitistherapie zugelassen ist. Das gerings-te Krampfpotenzial weist Doripenem auf. Vor allem bei Vorliegen von Risi-kofaktoren wie ZNS-Erkrankungen oder Leber- bzw. Niereninsuffizienz können bis zu 15% der Patienten mit Antibiotika-induzierten Krampfanfäl-len einen Status epilepticus erleiden.

Bei älteren Patienten kann es zum plötzlichen Auftreten eines Medika-menten-induzierten, reversiblen Parkin-sonismus kommen. Antiinfektiva spie-len als Risikomedikamente hier eine untergeordnete Rolle, beschrieben wurde dieses Phänomen für Cotrimoxa-zol, Aciclovir sowie Amphotericin B.

Die Trias Kopfschmerzen – Papillen-ödem – Hirndruck kann als Ausdruck eines Pseudotumor cerebri die seltene Folge einer längeren Therapie mit Am-photericin B, Chinolonen, Nitrofuran-toin, Sulfamethoxazol oder Tetrazykli-nen sein. Klinisch berichtet der Patient über Verschwommenes Sehen oder Doppelbilder sowie über Erbrechen, Übel-keit, Schwindel und Tinnitus. Mit Ab-

Nebenwirkungen von Antiinfektiva

Teil 4: Neuropsychiatrische Toxizität

Neurologische oder psychiatrische Nebenwirkungen sind nicht die häufigsten unerwünschten Wirkun-

gen von Antiinfektiva. Dennoch kann z.B. – was wenig bekannt sein dürfte – jedes Antibiotikum Deli-

rien oder Wahnvorstellungen auslösen. Darüber hinaus gibt es eine reihe von Antiinfektiva mit spezifi-

schem neuropsychiatrischem Nebenwirkungsspektrum, z.B. das Antimalariamittel Mefloquin.

Antiinfektiva als Neuropathie-Verursacher

Antibiotika Antimykotika Tuberkulostatika Virustatika Antiparasitäre Substanzen

Chinolone Amphotericin B Cycloserin Didanosin Chloroquin

Chloramphenicol Fluconazol Ethambutol Foscarnet Dapson

Colistin Flucytosin Ethionamid Lamivudin Mefloquin

Linezolid Griseofulvin Isoniazid Stavudin Suramin

Metronidazol Itraconazol rifampicin Zalcitabin

Nitrofurantoin Terbinafin Streptomycin

Polymyxin B

Sulfonamide

Quellen: Cunha BA, Med Clin North Am 2001; 85(1): 149–85. Bressler AM et al, Lancet Infect Dis 2004; 4(8): 528–31. Pratt RW et al, Semin Neurol 2005; 25(2): 204–16

Tab. 1: Verschiedenste Antiinfektiva können Neuropathien auslösen

setzen der Antibiotika verschwinden die Symptome.

Psychiatrische Nebenwirkungen

Die wahrscheinlich bekannteste psychi-atrische Nebenwirkung eines Antiinfek-tivums ist das vielfältige psychiatrische Krankheitsbild, das durch Mefloquin ausgelöst werden kann. Es kann von Schlafstörungen und Angstzuständen über Depressionen, Halluzinationen und Panikattacken bis zu Psychosen und Selbstgefährdung reichen. Die Symptome treten ein bis vier Wochen nach Einnahmebeginn auf, betreffen häufiger Frauen und haben eine Inzi-denz von 0,4–0,7% im Rahmen der Malariatherapie sowie 1/10.000–20.000 bei der Malariaprophylaxe.

Nahezu bei allen Antiinfektiva können harmlose (Schlafstörungen) bis – sel-ten – schwere psychiatrische Neben-wirkungen (Depressionen) auftreten (Tab. 2). Sehr selten kann es im Rah-men der Einnahme von Neuraminida-sehemmern zu Ich-Erlebnis-Störungen kommen.

Das Serotonin-Syndrom ist eine ge-fürchtete Nebenwirkung psychiat-rischer Medikamente und kann – wenngleich sehr selten – auch unter Antiinfektiva (Linezolid, Ritonavir) auftreten. Bei den Patienten finden sich autonom vegetative Symptome, Sym-ptome zentralnervöser Erregung sowie neuromuskuläre Symptome; der Krank-heitsverlauf kann von milden Sym-ptomen bis zu einem lebensbedroh-lichen Zustandsbild reichen (Abb.).

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Univ.-Prof. Dr. Florian Thalhammer

Klin. Abt. f. Infektionen und Tropenmedizin

Univ.-Klinik f. Innere Medizin I

Medizinische Universität Wien

Redaktion:

Dr. Norbert Hasenöhrl

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Psychiatrische Nebenwirkungen von Antiinfektiva

Antibiotika

Alle Antibiotika können Delirium bzw. Wahnvorstellungen verursachen!

Cephalosporine Schlafstörungen, Halluzinationen

Chinolone Schlaf- und affektive Störungen, Psychosen

Chloramphenicol Depression

Cycloserin NW dosisabhängig: Depression, Irritabilität (häufig); Psychosen

Nitrofurantoin Euphorie, Psychosen, Schlafstörungen

Penicilline Enzephalopathie, Irritabilität, Sedierung, Angstzustände, Halluzinationen

Tetrazykline Konzentrations-, Schlaf- und affektive Störungen

Trimethoprim und Sulfonamide Depression, Psychosen

Antimykobakterielle Substanzen

Clofazimin Schwere Depression, Suizidalität

Ethionamid Sedierung, Irritabilität, Agitation, Depression, Psychosen

Isoniazid Kognitive und affektive Störungen, Psychosen

rifampicin Sedierung

Virustatika

Aciclovir Lethargie, Psychosen

Foscarnet Müdigkeit, Stimmungsveränderungen, Psychosen, Demenz

Ganciclovir Schlafstörungen, Angstzustände, affektive Störungen, Psychosen

Antimykotika

Amphotericin B Delirium

Ketoconazol Libidoverminderung, affektive Störungen, Psychosen

Flucytosin Sedierung, Halluzinationen

Griseofulvin Depression, Psychosen, Schlafstörungen

Antimalariamittel

Chloroquin, Mefloquin Angstzustände, Depression, Suizidalität

Chinin „Cinchonismus“: Schwindel, veränderte Farbwahrnehmung, Angstzustände, Verwirrung, Delirium

Quelle: Turjanski N et al, Advances in Psychiatric Treatment 2005; 11(1): 58–70

Tab. 2: Antiifektiva können eine Fülle von neuropsychiatrischen Symptomen auslösen

Abb.: Das Serotonin-Syndrom

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Symptome eines Serotonin-Syndroms

Autonom vegetative Symptome

Pulsanstieg Blutdruckanstieg/- abfall (35%)

Schwitzen (45%) „Grippegefühl“

Übelkeit (akutes) Erbrechen

Fieber (45%) Bauchschmerzen (4%)

Durchfall (8%) Kopfschmerzen

schnelle Atmung Pupillenerweiterung

Symptome einer zentralnervösen Erregung

unruhe (34%) Akathisie

Halluzinationen Hypomanie

Störungen des Bewusstseins Koordinationsstörungen (40%)

Neuromuskuläre Symptome

Tremor gesteigerte reflexe (52%)

Myoklonie pathologische reflexe

Krämpfe Anfälle

MINDESTENS 3 SyMPTOME

| serieÖsterreichische Gesellschaft fürInfektionskrankheiten und Tropenmedizin

Risiko (glz. Verwendung)

- Tyramin-reiche Nahrungsmittel

• Käse, Pfefferoni, Sojasauce

• Sauerkraut

• rotwein, Bier

- serotonerge Medikamente

• SSrI

• MAO-Hemmer

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Lawrence KR et al., Clin Infect Dis 2006;42(11):1578–83

kreon® (Pankreatin) von Anfang an! Abbott erweitert seine Kreon-Familie um Kreon-Micro-Granulat.

Ab sofort ist Kreon-Micro-Granulat speziell für die Therapie der exokrinen Pankreasinsuffizienz bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern, die keine Kapseln schlucken können, verfügbar.

Kreon-Micro-Granulat ist in einer Glas-flasche zu 20g verfügbar und für die einfache und angepasste Dosierung mit einem Messlöffel ausgestattet. Dieser Messlöffel entspricht 5.000 Li-pase-Einheiten (100mg Granulat). Da-mit kann eine individuelle Therapie je nach Schweregrad der Erkrankung und Fettgehalt der Nahrung erzielt werden.

Kreon ist ein apotheken- und rezept-pflichtiges Arzneimittel und wird von der Fa. Abbott als Pankreaspräparat

in verschiedenen Stärken – Kreon 10.000, 25.000, 40.000 und Granulat – angeboten.

Kreon-Micro-Granulat bietet sich sehr gut für den Einsatz über die Magensonde an.

Rückfragen:

Abbott GesmbH

Established Pharmaceuticals

Dr. Sanja Travica

(Senior Medical Manager

Established Pharmaceuticals)

Claudia Tuhy

(Product Manager

Established Pharmaceuticals)

Tel.: 01/891 22-0

1206

091-

(00)

-110

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jatros Infektiologie 3 I 2012 | pharma-news

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Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 2:

KALETrA 200 mg / 50 mg Filmtabletten ZuSAMMENSETZuNG: Jede Filmtablette enthält 200 mg Lopinavir in Kombination mit 50 mg ritonavir zur Verbesserung der Pharmakokinetik.

ANWENDuNGSGEBIETE: Kaletra ist in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln zur Behandlung von mit dem humanen Immundefiziens-Virus (HIV-1)- infizierten Erwachsenen,

Jugendlichen und Kindern über 2 Jahre angezeigt. Bei bereits mit Proteasehemmern vorbehandelten HIV-1-infizierten Erwachsenen sollte die Anwendung von Kaletra auf einer individuellen

virologischen resistenzuntersuchung und der Behandlungsvorgeschichte des Patienten beruhen. GEGENANZEIGEN: Überempfindlichkeit gegenüber den Wirkstoffen oder einen der sonstigen

Bestandteile. Patienten mit schwerer Leberinsuffizienz. Kaletra enthält Lopinavir und ritonavir, beide sind Hemmer des P450 Isoenzym CYP3A. Kaletra sollte nicht gleichzeitig mit Arzneimit-

teln verabreicht werden, deren Clearance stark von CYP3A abhängt und bei denen durch erhöhte Plasmakonzentrationen mit schweren und/oder lebensbedrohlichen Situationen zu rechnen

ist. Diese Arzneimittel sind z. B. Astemizol, Terfenadin, oral verabreichtes Midazolam (besondere Vorsicht bei parenteral verabreichtem Midazolam), Triazolam, Cisaprid, Pimozid, Amiodaron,

Mutterkornalkaloide (z. B. Ergotamin, Dihydroergotamin, Ergometrin und Methylergometrin), Lovastatin, Simvastatin, Sildenafil zur Behandlung der pulmonal-arteriellen Hypertonie (zur

Anwendung von Sildenafil bei Patienten mit erektiler Dysfunktion siehe Fachinformation) und Vardenafil. Pflanzliche Zubereitungen, die Johanniskraut (Hypericum perforatum) enthalten, dür-

fen wegen des risikos reduzierter Plasmakonzentrationen und verminderter klinischer Effekte von Lopinavir und ritonavir nicht gleichzeitig mit Lopinavir und ritonavir angewendet werden.

SONSTIGE BESTANDTEILE: Der Tablettenkern enthält: Copovidon, Sorbitanlaurat, Hochdisperses Siliciumdioxid, Natriumstearylfumarat. Filmüberzug: Hypromellose, Titandioxid, Macrogol 400,

Hyprolose, Talkum, Hochdisperses Siliciumdioxid, Macrogol 3350, Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O, Polysorbat 80. NAME uND ANSCHrIFT DES PHArMAZEuTISCHEN uNTErNEHMErS: Abbott

Laboratories Limited, Abbott House, Vanwall Business Park, Vanwall road, Maidenhead, Berkshire, SL6 4XE, Vereinigtes Königreich VErTrETuNG DES ZuLASSuNGSINHABErS IN ÖSTErrEICH:

Abbott Ges.m.b.H., 1230 Wien VErSCHrEIBuNGSPFLICHT / APOTHEKENPFLICHT: Nr, rezept- und apothekenpflichtig PHArMAKOTHErAPEuTISCHE GruPPE: Virostatika für die systemische

Anwendung, Proteaseinhibitoren, ATC-Code: J05AE06 Informationen zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, zu Wechselwirkungen mit anderen Mitteln und zu

Nebenwirkungen sind der veröffentlichten Fachinformation zu entnehmen. STAND DEr INFOrMATION: 04/2011

Fachkurzinformation zu Artikel auf Seite 34:

Kreon 10.000 Einheiten – Kapseln: 1 Kapsel enthält: 150 mg Pankreatin entsprechend 10.000 Lipase-, 8.000 Amylase- und 600 Protease-Einheiten nach Ph.Eur.; Sonstige Bestandteile:

Mikropellets: Macrogol 4000, Hypromellosephthalat, Cetylalkohol, Triethylcitrat, Dimeticon 1000; Kapselhülle: Oberteil: Gelatine, Natriumdodecylsulfat, Farbstoffe Titandioxid (E 171), Eisen-

oxid rot, gelb und schwarz (E 172); unterteil: Gelatine, Natriumdodecylsulfat. Kreon 25.000 Einheiten – Kapseln: 1 Kapsel enthält: 300 mg Pankreatin entsprechend 25.000 Lipase-, 18.000

Amylase- und 1.000 Protease-Einheiten nach Ph.Eur.; Sonstige Bestandteile: Mikropellets: Macrogol 4000, Hypromellosephthalat, Cetylalkohol, Triethylcitrat, Dimeticon 1000; Kapselhülle:

Oberteil: Gelatine, Natriumdodecylsulfat, Farbstoffe Titandioxid (E 171), Eisenoxid rot und gelb (E 172); unterteil: Gelatine, Natriumdodecylsulfat. Kreon 40.000 Einheiten – Kapseln: 1 Kapsel

enthält: 400 mg Pankreatin entsprechend 40.000 Lipase-, 25.000 Amylase- und 1.600 Protease-Einheiten nach Ph.Eur.; Sonstige Bestandteile: Mikropellets: Macrogol 4000, Hypromellose-

phthalat, Cetylalkohol, Triethylcitrat, Dimeticon 1000; Kapselhülle: Oberteil: Gelatine, Natriumdodecylsulfat, Farbstoffe Titandioxid (E 171), Eisenoxid rot, gelb und schwarz (E 172); unterteil:

Gelatine, Natriumdodecylsulfat. Kreon – Granulat: 1 Beutel (= 499 mg Granulat) enthält: 300 mg Pankreatin, entsprechend 20.800 Lipase-, 20.800 Amylase- und 1.250 Protease-Einheiten

nach Ph.Eur.; Sonstige Bestandteile: Macrogol 4000, Hypromellosephthalat, Cetylalkohol, Triethylcitrat, Dimeticon 1000. Kreon Micro Granulat: 100 mg Granulat (entsprechend 1 Messlöffel)

enthält 60,12 mg Pankreatin, entsprechend 5000 Lipase-, 3600 Amylase- und 200 Protease-Einheiten nach Ph.Eur. Hergestellt aus porcinem Bauchspeicheldrüsengewebe. Sonstige Bestand-

teile: Mikropelletkern: Macrogol 4000, Überzug: Hypromellosephthalat, Cetylalkohol, Triethylcitrat, Dimeticon 1000.Anwendungsgebiete Kreon - Kapseln und Kreon - Granulat:Therapie der

exokrinen Pankreasinsuffizienz bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Eine exokrine Pankreasinsuffizienz steht häufig mit folgenden Krankheitsbildern in Zusammenhang, aber ist nicht

darauf beschränkt: -Mukoviszidose (cystischer Fibrose), -Chronische Pankreatitis, -Pankreasoperationen, -Magenresektion, -Bauchspeicheldrüsenkrebs, -Gastrointestinalen Bypassoperationen

(z.B. Billroth II resektion), -Verschluss des Bauchspeicheldrüsen- oder Gallenganges (z.B. durch einen Tumor), -Shwachman-Diamond Syndrom, -Akute Pankreatitis. Anwendungsgebiete Kreon

Micro Granulat:Therapie der exokrinen Pankreasinsuffizienz bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern. Eine exokrine Pankreasinsuffizienz steht häufig mit Mukoviszidose (cystischer Fibrose)

in Zusammenhang, ist aber nicht darauf beschränkt. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen Pankreatin gewonnen aus Schweinepankreas bzw. nachgewiesener Schweinefleischallergie

oder einen der sonstigen Bestandteile. Wirkstoffgruppe: ATC-Code: A09AA02; Pharmakotherapeutische Klasse: Enzymhaltige Zubereitungen; Multienzyme (Lipase, Protease etc.). Verschrei-

bungspflicht/Apothekenpflicht: rp, apothekenpflichtig. Inhaber der Zulassung: Abbott Ges.m.b.H., 1230 Wien. Weitere Angaben zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwen-

dung, zu Wechselwirkungen mit anderen Mitteln und zu Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation. (Stand Kreon - Kapseln und Kreon - Granulat 11/2011.

Stand Kreon Micro Granulat 12/2011).

Fachkurzinformation zu Inserat auf Seite 36:

EDurANT 25 mg Filmtabletten. Qualitative und quantitative Zusammensetzung: Jede Filmtablette enthält rilpivirinhydrochlorid entsprechend 25 mg rilpivirin und 56 mg Lactose-Monohydrat.

Sonstige Bestandteile: (Tablettenkern) Lactose-Monohydrat, Croscarmellose-Natrium, Povidon K30, Polysorbat 20, Mikrokristalline Cellulose, Siliciumdioxid-beschichtet, Magnesiumstearat,

(Filmüberzug) Lactose-Monohydrat, Hypromellose 2910 6 mPa s, Titandioxid E171, Macrogol 3000, Triacetin. Anwendungsgebiete: EDurANT in Kombination mit anderen antiretroviralen Arz-

neimitteln ist indiziert für die Behandlung von Infektionen mit dem humanen Immundefizienz-Virus Typ 1 (HIV1) bei antiretroviral nicht vorbehandelten erwachsenen Patienten mit einer Virus-

last von ≤ 100.000 HIV1-rNA-Kopien/ml. Diese Indikation basiert auf Sicherheits- und Wirksamkeitsanalysen der 48. Woche von zwei randomisierten, doppelblinden PhaseIII-Studien bei nicht

vorbehandelten Patienten und Sicherheits- und Wirksamkeitsanalysen der 96. Woche einer PhaseIIb-Studie bei nicht vorbehandelten Patienten. Wie auch bei anderen antiretroviralen Arznei-

mitteln, soll die Anwendung von EDurANT anhand der Ergebnisse des genotypischen resistenztests ausgerichtet werden. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder

einen der sonstigen Bestandteile. Da es (aufgrund der CYP3A-Enzyminduktion oder einem erhöhten pHWert im Magen) zu einer signifikanten Abnahme der rilpivirin-Konzentration im Plasma

mit einem daraus resultierenden Verlust der therapeutischen Wirkung von EDurANT kommen kann, darf EDurANT nicht gleichzeitig mit den folgenden Arzneimitteln angewendet werden:

den Antikonvulsiva Carbamazepin, Oxcarbazepin, Phenobarbital, Phenytoin; den Tuberkulostatika rifabutin, rifampicin, rifapentin; Protonenpumpenhemmern wie Omeprazol, Esomeprazol,

Lansoprazol, Pantoprazol, rabeprazol; dem systemischen Glukokortikoid Dexamethason (außer einer Behandlung mit einer Einzeldosis); Johanniskraut (Hypericum perforatum). Inhaber der

Zulassung: Janssen-Cilag International NV, Turnhoutseweg 30, B2340 Beerse, Belgien. Vertrieb für Österreich: JANSSEN-CILAG Pharma GmbH, Vorgartenstraße 206B, A-1020 Wien. Verschrei-

bungspflicht/Apothekenpflicht: rezept- und apothekenpflichtig. ATC-Code: J05AG05. Weitere Angaben zu Warnhinweisen und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung, Wechselwirkungen

mit anderen Arzneimitteln und sonstigen Wechselwirkungen, Schwangerschaft und Stillzeit sowie Nebenwirkungen entnehmen Sie bitte der veröffentlichten Fachinformation.

| fachkurzinformation

* EDURANT® in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln ist indiziert für die Behandlung von Infektionen mit dem humanen Immundefi zienz-Virus Typ 1 (HIV-1) bei antiretroviral nicht vorbehandelten erwachsenen Patienten mit einer Viruslast von ≤ 100.000 HIV-1-RNA-Kopien/ml. Wie auch bei anderen antiretroviralen Arzneimitteln soll die Anwendung von EDURANT® anhand der Ergebnisse des genotypischen Resistenztests ausgerichtet werden. Bitte entnehmen Sie weitere Informationen der aktuellen Fachinformation.

1. Cohen C, et al. Journal of Acquired Immune Defi ciency Syndromes. 60(1):33-42, May 1, 2012

2. Cohen C, et al. Lancet 2011; 378: 229–37

3. Molina JM, et al.Lancet 2011; 378: 238–46

4. EDURANT Fachinformation 2012Reg

. Nr:

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Wirksam: Vergleichbare Wirksamkeit vs. Efavirenz1-3

Verträglich: Signifikant besser verträglich als Efavirenz1-3

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