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256 256 256 256 256 Heute bildet der Boro den Hauptstrom im Delta. Im vorletzten Jahrhundert war es der Thaoge, der an- schließend vom San- tantadibe abgelöst wurde. Die großen Flussarme können durch die massive Ausbreitung von Wasserpflanzen re- gelrecht verstopfen, manchmal werden sie auch durch ein leichtes Anheben der Oberfläche abge- drängt bzw. blockiert. Eine Folge solcher Er- eignisse sind dann z. B. das Austrocknen und sich wieder Fül- len des Ngamisees oder auch die spora- dischen Fluten des Savuti Rivers. Okavango und Okavangodelta Der Okavango ist mit 1600 km Länge der drittgrößte Fluss im südlichen Afrika und zählt zu den bemerkenswertesten Gewässern der Welt. Seine Besonderheit: Dieser mächtige Fluss findet keinen Weg ins Meer, sondern ergießt sich statt dessen in die sandige Kalahari und erschöpft sich dort. Dabei bildet er das größte Binnendelta der Welt – ein Naturwunder von der Größe Schleswig-Holsteins! Der Okavango entspringt im feuchten, angolanischen Benguela-Plateau. Hier regnet es vier Mal soviel wie im Delta (bis 2000 mm/Jahr). Zunächst heißt er Rio Cubango und sammelt durch viele kleine Zuflüsse beständig Wasser, bis er nach 1300 km bei Mohembo Botswana erreicht. An dieser Stelle ist der Okavango etwa 100 m breit und führt jährlich beachtliche 5 bis 12 Milliarden m³ Wasser nach Süden. Er gerät nun in einen Ausläufer des Ostafrikanischen Grabenbruchsystems und wird für knapp 90 km durch zwei Erdfalten, das Panhandle, nach Südosten gedrängt. Innerhalb dieses 10 bis 15 km breiten, sehr flachen Panhandles schlingert und meandert der Okavango so stark, dass er dabei die dreifache Länge des Panhandles erreicht. Schließlich wird sein Lauf jäh durch die quer zum Fluss verlaufende Gomarefalte gestoppt. Der Okavango teilt sich an dieser Stelle in mehrere Wasserarme und überflutet weite Landstriche. Der Höhenverlust beträgt hier auf 250 km lediglich 65 m, daher wird die Flut träge und es entstehen riesige Sumpfgebiete. 6000 km² Fläche stehen permanent unter Wasser. Wenn aber das jährliche Hochwasser das Delta erreicht, werden sogar 13 000 bis 18 000 km² überflutet. Die Thamalakane-Falte, eine Erdfalte parallel zur Gomarefalte, stoppt diese Schwemmflut nach 250 km. Was bis hierher nicht verdunstet und versickert ist, wird durch diese Falte zum Thamalakane River abgeleitet. Etwa 25 km südlich von Maun teilt sich der Thamalakane. Der kleinere Anteil fließt als Kunyere River weiter zum Ngamisee. Der größere Teil tritt jedoch durch einen Spalt aus der Erdfalte aus und führt – nun unter dem Namen Boteti – die verbleibenden Wasserfluten in die Kalahari ab. Früher bewässerte der Boteti dabei den Lake Xau und sogar die Ntwetwe Pan, doch versickern seine Fluten nun schon seit Jahrzehnten deutlich früher. Relativ häufige Erdbeben bezeugen die weiterhin aktiven tektonischen Verschiebungen im Bereich des Okavangodeltas. Diese führen zu allmählichen Veränderungen des Fließsystems. Maun Shakawe Khwai Village Toteng Etsha Shorobe Linyanti Kwando Boteti Kunyere Thamalakane Nhabe Ngamisee Okavango Thaoge Jao Boro Santandadibe Savuti Gumare 0 10 20 30 40 50 km Oberflächengestalt des Okavangodeltas Selinda Spillway Tsodilo Hills A lt düne n A lt düne n A lt düne n Gomare-Falte Gomare-Falte Thamalakane-Falte Kunyere-Falte Dauerflut- gebiet Saisonales Flutgebiet Panhandle Chief's Island Kalahari- Sandbecken Khwai N

Okavango und Okavangodelta - Hupe Verlag · 2014. 2. 1. · Der Okavango entspringt im feuchten, angolanischen Benguela-Plateau. Hier regnet es vier Mal soviel wie im Delta (bis 2000

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Der Osten

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Okavangodelta Okavangodelta

Heute bildet der Boroden Hauptstrom imDelta. Im vorletztenJahrhundert war esder Thaoge, der an-schließend vom San-tantadibe abgelöstwurde. Die großenFlussarme könnendurch die massiveAusbreitung vonWasserpflanzen re-gelrecht verstopfen,manchmal werdensie auch durch einleichtes Anheben derOberfläche abge-drängt bzw. blockiert.Eine Folge solcher Er-eignisse sind dann z.B. das Austrocknenund sich wieder Fül-len des Ngamiseesoder auch die spora-dischen Fluten desSavuti Rivers.

Okavango und OkavangodeltaDer Okavango ist mit 1600 km Länge der drittgrößte Fluss im südlichen Afrika und zählt zu den bemerkenswertestenGewässern der Welt. Seine Besonderheit: Dieser mächtige Fluss findet keinen Weg ins Meer, sondern ergießt sichstatt dessen in die sandige Kalahari und erschöpft sich dort. Dabei bildet er das größte Binnendelta der Welt – einNaturwunder von der Größe Schleswig-Holsteins!

Der Okavango entspringt im feuchten, angolanischen Benguela-Plateau. Hier regnet es vier Mal soviel wie imDelta (bis 2000 mm/Jahr). Zunächst heißt er Rio Cubango und sammelt durch viele kleine Zuflüsse beständigWasser, bis er nach 1300 km bei Mohembo Botswana erreicht. An dieser Stelle ist der Okavango etwa 100 m breitund führt jährlich beachtliche 5 bis 12 Milliarden m³ Wasser nach Süden. Er gerät nun in einen Ausläufer desOstafrikanischen Grabenbruchsystems und wird für knapp 90 km durch zwei Erdfalten, das Panhandle, nachSüdosten gedrängt. Innerhalb dieses 10 bis 15 km breiten, sehr flachen Panhandles schlingert und meandert derOkavango so stark, dass er dabei die dreifache Länge des Panhandles erreicht. Schließlich wird sein Lauf jäh durchdie quer zum Fluss verlaufende Gomarefalte gestoppt. Der Okavango teilt sich an dieser Stelle in mehrereWasserarme und überflutet weite Landstriche. Der Höhenverlust beträgt hier auf 250 km lediglich 65 m, daherwird die Flut träge und es entstehen riesige Sumpfgebiete. 6000 km² Fläche stehen permanent unter Wasser.Wenn aber das jährliche Hochwasser das Delta erreicht, werden sogar 13 000 bis 18 000 km² überflutet.

Die Thamalakane-Falte, eine Erdfalte parallel zur Gomarefalte, stoppt diese Schwemmflut nach 250 km. Wasbis hierher nicht verdunstet und versickert ist, wird durch diese Falte zum Thamalakane River abgeleitet. Etwa 25km südlich von Maun teilt sich der Thamalakane. Der kleinere Anteil fließt als Kunyere River weiter zum Ngamisee.Der größere Teil tritt jedoch durch einen Spalt aus der Erdfalte aus und führt – nun unter dem Namen Boteti – dieverbleibenden Wasserfluten in die Kalahari ab. Früher bewässerte der Boteti dabei den Lake Xau und sogar dieNtwetwe Pan, doch versickern seine Fluten nun schon seit Jahrzehnten deutlich früher.

Relativ häufige Erdbeben bezeugen die weiterhin aktiven tektonischen Verschiebungen im Bereich desOkavangodeltas. Diese führen zu allmählichen Veränderungen des Fließsystems.

Maun

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Oberflächengestalt des Okavangodeltas

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Der Osten

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Okavangodelta Okavangodelta

Ein faszinierendes ÖkosystemEs erscheint rätselhaft, warum im Delta dasOberflächenwasser nicht salzig ist, müssten sich docheigentlich durch die immense WasserverdunstungTausende Tonnen Salz anhäufen. Dass der Okavangoim Delta dennoch ungewöhnlich klar und rein ist,verdankt er seiner besonderen, regulierend wirkendenFlora. Wissenschaftler haben im Delta vier dominanteVegetationsgruppen entdeckt: Das sind zunächst dieDauersümpfe und Wasserkanäle, in denen vor allemPapyrus und das störrische Hippo-Gras wachsen. InAltkanälen und Brackwasserbereichen finden sichdagegen „transpirierende“ Grasfamilien, die vielWasser an die Luft abgeben und dabei Humus bilden,der die überschüssigen Salze absorbiert. Die dritteVegetationsgruppe bedeckt die saisonalen Sümpfe, indenen das Wasser auch tatsächlich salziger ist als inden beiden erstgenannten Gruppen. Als vierteVegetationsart gelten die mit großem Artenreichtumgesegneten Inseln. Die hohen Bäume transpirierenenorme Mengen Wasser, weshalb ständig frischeWassermengen in das Grundwasser gespült werden.Die überschüssigen Salze reichern sich derweil an denRändern an, die die Inseln wie Atolle umgeben. VonZeit zu Zeit steigt der Salzgehalt in solchen Bereichenso stark an, dass die Pflanzen vergiftet werden undabsterben. Auf solchen Inseln bleiben abgestorbeneWälder mit einem salzverkrusteten Boden zurück,regelrechte Salzfriedhöfe. In den folgenden Jahrzehntengreifen die toxischen Salze dann auf die restliche Inselüber, deren Vegetation allmählich völlig abstirbt.In der Zwischenzeit verändern sich aber auch andereBereiche im Delta: Aggressive Papyruspflanzenwuchern und verstopfen Wasserkanäle, bis dieseaustrocknen. In solchen trockengelegten Kanälenbrechen früher oder später Buschfeuer aus, die allesvertilgen – die Gräser und den Humus. Zurück bleibtdann neben der Asche auch fruchtbare Erde, die denneuen Bewuchs fördert. Die Lebensdauer einesDeltakanals scheint interessanterweise identischzu sein mit der Zeit, welche die toxischen Salze zumvölligen Einnehmen und Zerstören einer Inselbenötigen (etwa 150 Jahre). Die Natur reguliert sichhier auf faszinierende Weise immer wieder selbst.258258258258258 259259259259259

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Der Osten

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Okavangodelta Okavangodelta

Dauerflutgebiete im nördlichen Delta

Ein sich über 6000 km² ausbreitender Bereich im nördlichen Delta stehtpermanent unter Wasser. Diese träge Wasserlandschaft wird von endlosenSchilf- und Papyrussümpfen, schwimmenden Inseln aus Riedgras, unzähligenLagunen (Lediba genannt), einzelnen Makalani-Palminseln, Wasserfeigen,treibenden Wasserlilien und verschlungenen Wasserläufen geprägt. Das Gebietist äußerst spärlich besiedelt, und die hier eingerichteten Touristencampsversprechen einen geruhsamen Aufenthalt in faszinierender Abgeschiedenheit.Das klassische Verkehrsmittel sind hier die flachen Einbäume, Mekoro, indenen man nahezu lautlos durch das Labyrinth gleitet.

Die Dauersümpfe bieten ideale Lebensbedingungen für scheue Sitatunga,Lechwe-Antilopen, Otter und Reptilien, wie Nilwarane und Krokodile.Gelegentlich sieht man Büffel. Hippos sind hier dagegen weit seltener,als man erwarten würde, da sie im letzten Jahrhundert zu stark bejagt wurden.Auch die Vogelwelt ist weniger artenreich als am Panhandle oder im südlichenBereich des Deltas, weil das tiefere Wasser der Dauersümpfe nur bestimmtenVögeln Lebensraum bietet. Zu ihnen zählen Marabus, Kormorane, Reiher,Schlangenhalsvögel, Fischeulen und Schreiseeadler.

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Der Osten

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Saisonale Flutzone im südlichen Delta

Der südliche Deltabereich wird alljährlich vorübergehend überflutet undtrocknet anschließend wieder ab; daher weist er gegenüber der Dauerflutzoneeine deutlich vielfältigere Flora und Fauna auf. In diesem 10 000-12 000 km²großen saisonalen Schwemmgebiet liegen drei weitläufige Landmassen, dieniemals überflutet werden und als trockene Inseln ein dauerhaftesRückzugsgebiet für das Wild darstellen: Chief’s Island, die Matsebi-Ridgeund die Moremi-Landzunge. Wenn etwa im April die Flut aus dem Quellgebietdes Okavango im angolanischen Hochland in das Delta spült, ergrünen dortdie Graspfannen und Hunderte Blumen, vornehmlich Wasserlilien, setzenbunte Farbtupfer. Entlang der Wasserläufe und Lagunen erreicht das Riedgrasbis zu vier Meter Höhe. Weil die Region nur saisonal überflutet wird, ist sie voneiner üppigen Vegetationsschicht bedeckt. Hier wachsen Fächerpalmen, allerleiWasserfarne, Leberwurstbäume, Regenbäume, Gelbholzbäume, ein paarknorrige Baobabs und zahlreiche Akazien und Albizien.

Auch die Tierwelt ist deutlich artenreicher als im Dauerflutgebiet. Böckeund Antilopen finden hier ganzjährig Nahrung und Wasser. Das frische Grünzieht Zebras, Wasserböcke, Gnus, Kudus und Giraffen an. Auch die legendärenBüffelherden bevorzugen den unteren Deltabereich, weil hier das Grasnahrhafter als in der Dauerflutzone ist. Ihnen folgen Löwen, Hyänen undandere Jäger. Wegen massiver Bejagung hatten die Elefanten das Delta in den1970er Jahren verlassen. Seit 1983 werden sie strikt geschützt und heutestreifen auch wieder Tausende Elefanten durch das südliche Delta.

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