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Aus der Psychiatrischen und Psychotherapeutischen Klinik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Direktor: Prof. Dr. med. J. Kornhuber Olfaktorische Sensitivität und Geruchsperzeption bei Patientinnen mit Anorexia nervosa Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg vorgelegt von Eva Kleehaupt aus Nürnberg

Olfaktorische Sensitivität und Geruchsperzeption bei ... · 1 1 Zusammenfassung 1.1 Hintergrund und Ziele Die Pathogenese der Anorexia nervosa ist komplex und beinhaltet sowohl psychologische

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Aus der Psychiatrischen und Psychotherapeutischen Klinik

der

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Direktor: Prof. Dr. med. J. Kornhuber

Olfaktorische Sensitivität und Geruchsperzeption

bei Patientinnen mit Anorexia nervosa

Inaugural-Dissertation

zur Erlangung der Doktorwürde

der Medizinischen Fakultät

der

Friedrich-Alexander-Universität

Erlangen-Nürnberg

vorgelegt von

Eva Kleehaupt

aus

Nürnberg

Gedruckt mit Erlaubnis der

Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität

Erlangen-Nürnberg

Dekan: Prof. Dr. med. J. Schüttler

Referent: Priv.-Doz. Dr. med. N. Thürauf

Korreferent: Priv.-Doz. Dr. med. J.M. Maler

Tag der mündlichen Prüfung: 09. Februar 2011

Meiner Familie,

meinen Eltern,

meiner Schwester,

Sebastian.

Inhaltsverzeichnis

1 Zusammenfassung ........................................................................................ 1

1.1 Hintergrund und Ziele ............................................................................... 1

1.2 Methoden ................................................................................................. 1

1.3 Ergebnisse und Beobachtungen .............................................................. 1

1.4 Praktische Schlussfolgerungen ................................................................ 2

2 Abstract .......................................................................................................... 3

2.1 Background .............................................................................................. 3

2.2 Methods .................................................................................................... 3

2.3 Results ..................................................................................................... 3

2.4 Conclusion ................................................................................................ 4

3 Einleitung ....................................................................................................... 5

4 Material und Methodik .................................................................................. 11

4.1 Ziele........................................................................................................ 11

4.2 Studiendesign ......................................................................................... 11

4.3 Studiengruppe ........................................................................................ 12

4.4 Testung des Geruchssinns ..................................................................... 12

5 Statistische Analyse ..................................................................................... 16

5.1 Schwelle, Diskrimination und Identifikation ........................................... 16

5.2 Intensität und Hedonik ............................................................................ 16

6 Ergebnisse ................................................................................................... 17

6.1 Schwelle, Diskrimination und Identifikation ........................................... 17

6.2 Intensität und Hedonik ............................................................................ 19

7 Diskussion.................................................................................................... 20

8 Literaturverzeichnis ...................................................................................... 28

9 Abkürzungsverzeichnis ................................................................................ 33

10 Anhang ........................................................................................................ 34

11 Danksagung ................................................................................................. 42

12 Lebenslauf ................................................................................................... 43

1

1 Zusammenfassung

1.1 Hintergrund und Ziele

Die Pathogenese der Anorexia nervosa ist komplex und beinhaltet sowohl

psychologische und soziologische, als auch neurobiologische Komponenten

(Bulik et al. 2005; Bulik et al. 2006; Lask & Bryant-Waugh 1992). Dabei ist die

Rolle des Geruchssinns in der Pathobiologie der Anorexia nervosa wenig

erforscht, obwohl - wie im „Diagnostischen und Statistischen Manual

Psychischer Störungen“ und in der „Internationalen Klassifikation psychischer

Störungen“ beschrieben - eine gestörte Ernährungsweise im Sinne eines

restriktiven Essverhaltens eines der diagnostischen Hauptkriterien ist (Saß et al.

2003; Dilling et al. 2005) und der Geruchssinn für die Ernährung eine wichtige

Rolle spielt. Des Weiteren ergeben die wenigen Studien, die sich auf die

olfaktorische Sensitivität bei Essstörungen beziehen, widersprüchliche

Ergebnisse. Deswegen war das Ziel unserer Studie nicht nur die objektive

olfaktorische Perzeption bei Patientinnen mit Anorexia nervosa zu messen,

sondern auch die subjektive Intensität und hedonische Einschätzung der

Erkrankten zu erforschen. Diese Parameter und ihr Einfluss auf bzw. ihre

Entstehung aus dem Störungsbild sind noch weitestgehend ungeklärt.

1.2 Methoden

Wir untersuchten den Einfluss der Anorexia nervosa auf den Geruchssinn.

Dazu führten wir bei 40 Patientinnen und 40 Kontrollpersonen den Sniffin‘

Sticks Test durch, der aus den drei Standardparametern

Wahrnehmungsschwelle, Diskrimination und Identifikation besteht. Im Untertest

Identifikation wurden zusätzlich subjektive olfaktorische hedonische

Bewertungen und Intensitätseinschätzungen anhand einer visuellen

Analogskala erhoben.

1.3 Ergebnisse und Beobachtungen

Die Fähigkeit zur Diskrimination und Identifikation der Patientinnen mit Anorexia

nervosa war signifikant schlechter als die der gesunden Kontrollpersonen.

Bezüglich der Schwelle konnten zwischen den beiden Gruppen keine

signifikanten Unterschiede beobachtet werden. Die durchschnittlichen

2

Intensitätseinschätzungen der Patientinnen waren wiederum signifikant höher

als die der gesunden Kontrollpersonen. Vor allem für viele essensspezifische

Einzelgerüche konnten bei den an Anorexia nervosa Erkrankten im Vergleich zu

dem gesunden Kollektiv signifikant höhere Intensitätseinschätzungen

festgestellt werden, wohingegen sich bei allen nicht essensspezifischen

Gerüchen keine Signifikanz ergab. Bei den hedonischen Einschätzungen

zeigten sich ebenfalls keine signifikanten Unterschiede.

1.4 Praktische Schlussfolgerungen

Unsere Studie weist spezifische und selektive Störungen der olfaktorischen

Perzeption einschließlich Intensität bei Patientinnen mit Anorexia nervosa nach,

so dass sich diese Erkrankung auch sensorisch als Entität abbildet. Parallel

arbeitete unsere Forschungsgruppe auch an sensorischen Charakterisierungen

der Essstörungen Bulimia nervosa und Binge eating disorder. Hierbei

ermittelten wir unterschiedliche Ergebnisse für die verschiedenen Entitäten von

Essstörungen. Im Gegensatz zu Patientinnen mit Anorexie zeigten Patientinnen

mit Bulimie keine verminderte Identifikationsleistung. Bei Patienten/-innen mit

BED war anders als bei Patientinnen mit Anorexie selektiv das

Diskriminationsvermögen vermindert.

Es ist weiterhin zu klären, ob die Störungen der olfaktorischen Perzeption

Folgen oder Ursachen der Erkrankung an Anorexia nervosa darstellen und ob

in Zukunft die Ergebnisse dieser Arbeit zur weiteren Charakterisierung der

Entität Anorexia nervosa Berücksichtigung finden.

3

2 Abstract

2.1 Background

The pathogenesis of anorexia nervosa is complex and involves psychological,

sociological as well as neurobiological components (Bulik et al. 2005; Bulik et

al. 2006; Lask & Bryant-Waugh 1992). Although diagnostic criteria of anorexia

nervosa - as it is written in the “Diagnostic and Statistical Manual of Mental

Disorders” and in the “International Statistical Classification of Diseases and

Related Health Problems” - refer to disturbed nutrition, like restrictive eating

behaviour (Saß et al. 2003; Dilling et al. 2005), and the role of the olfactory

sense in nutrition is well known, research is scarce about the role of the

olfactory sense in the pathobiology of anorexia nervosa. Furthermore the few

studies conducted on olfactory sensitivity in eating disorders revealed

inconsistent results. Thus, the aim of our study has not only been to analyze the

objective olfactory perception in female patients with anorexia nervosa, but also

to study the subjective intensity and hedonic estimates of sufferers. There is still

little knowledge about these parameters and their influence on this disease or

their emergence from it.

2.2 Methods

We analyzed the influence of anorexia nervosa on the olfactory sense. For this,

we conducted the Sniffin‘ Sticks Test, which consists of three standard

parameters: odor threshold, discrimination and identification. Therefore we

tested 40 female patients and 40 healthy controls. The part of testing the

identification was expanded for olfactory hedonic evaluation and intensity

estimates on basis of a visual analogue scale.

2.3 Results

We found a significantly decreased discrimination and identification ability in

female patients with anorexia nervosa. Olfactory thresholds in patients were not

significantly different from the control group. But the average intensity score of

patients was significantly higher than of healthy controls. Mainly intensity scores

for many food related odors were significantly higher in patients than in controls,

whereas no differences could be observed for all non-food related odors.

4

Hedonic estimates in patients were not significantly different from the control

group.

2.4 Conclusion

Our study detects specific and selective disturbances in olfactory perception

including intensity in female patients with anorexia nervosa. So this disease

also represents a sensoric entity. In parallel, our study group explored sensoric

characterizations of the eating disorders bulimia nervosa and binge eating

disorder. We found different results for the diverse types of eating disorders. In

contrast to patients with anorexia nervosa patients with bulimia nervosa showed

no reduced identification ability. In patients with BED the ability to discriminate

was selectively diminished unlike patients with anorexia nervosa. Whether the

disturbances in olfactory perception are results or causes of anorexia nervosa

should be evaluated in future research. The disturbances we found could help

to further characterize the entity anorexia nervosa in the future.

5

3 Einleitung

Unter Anorexia nervosa versteht man eine Essstörung, deren diagnostische

Kriterien sowohl im „Diagnostischen und Statistischen Manual Psychischer

Störungen“ (Saß et al. 2003), als auch in der „Internationalen Klassifikation

psychischer Störungen“ (Dilling et al. 2005) u.a. aus reduziertem

Körpergewicht, gestörter Körperwahrnehmung und hormonellen Störungen

bestehen. In der ICD-10 wird zusätzlich die pubertäre Entwicklung der

Betroffenen berücksichtigt (Bulik et al. 2005; Dilling et al. 2005). Die Patienten

leiden bei dieser Erkrankung unter einer Körperschemastörung und Angst an

Gewicht zuzunehmen. Sie kontrollieren ihre Nahrungsaufnahme und ihr

Körpergewicht u.a. auch durch abführende Maßnahmen, selbstinduziertes

Erbrechen und exzessive körperliche Betätigung (Lask & Bryant-Waugh 1992).

Die Persönlichkeit der Anorexie-Patienten lässt sich hauptsächlich durch

Perfektionismus, zwanghaftes Verhalten, Angst und ein oft unergründlich

niedriges Selbstwertgefühl charakterisieren (Bulik et al. 2005).

Die Pathogenese der Anorexia nervosa ist komplex und beinhaltet

psychologische, soziologische und neurobiologische Komponenten (Bulik et al.

2005; Bulik et al. 2006; Lask & Bryant-Waugh 1992). Beispiele für

psychologische Faktoren sind u.a. gestörte familiäre Interaktionsmuster und ein

niedriges Selbstwertgefühl. Als soziologischer Faktor ist z.B. die Diskrepanz

zwischen dem biologisch vorgegebenen Normalgewicht und dem durch die

Modeindustrie oder durch bestimmte Sportarten vermittelten Schlankheitsideal

zu nennen (Jacobi et al. 2004). Auf neurobiologischer Ebene zeigten z.B.

Laugerette et al. 2005 tierexperimentell, dass der Fettsäuretransporter CD36 an

der oralen Wahrnehmung von langkettigen Fettsäuren beteiligt ist. CD36-

positive Mäuse hatten im Gegensatz zu CD36-Knockout-Mäusen eine deutliche

Präferenz für lipidreiche Nahrung (Laugerette et al. 2005).

Die Prävalenz der Anorexia nervosa beträgt ungefähr 0.3%, die Inzidenz

8/100000 Fälle pro Jahr. Hierbei muss man allerdings von einer höheren

Dunkelziffer ausgehen, da nur eine Minderheit der Betroffenen professionelle

Hilfe in Anspruch nimmt. Die Krankheit tritt hauptsächlich bei heranwachsenden

Frauen auf, wobei die Inzidenzrate zwischen 15 und 19 Jahren am höchsten ist

(Hoek & van Hoeken 2003). Zwischen 8% und 62% der Betroffenen mit der

initialen Diagnose Anorexia nervosa entwickeln im Verlauf der Erkrankung

6

bulimische Symptome, am häufigsten innerhalb der ersten fünf Jahre (Bulik et

al. 2005).

Obwohl die diagnostischen Kriterien eine gestörte Ernährungsweise und

veränderte Essschemata beinhalten und der Geruchssinn u.a. an der

Regulation der Nahrungsaufnahme beteiligt ist, ist die Rolle des Geruchssinns

in der Pathobiologie der Anorexia nervosa wenig erforscht.

Zudem wird eine Vielzahl vermeintlicher Geschmacksstoffe über das

olfaktorische System wahrgenommen. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass

der Geschmackssinn nur eine sehr eingeschränkte Zahl von

Geschmacksstoffen, nämlich süß, sauer, bitter, salzig und Umami, erkennt

(Schiffman 1983). Die Motivation zur Nahrungsaufnahme durch die hedonische

Einschätzung von Gerüchen als angenehm bzw. unangenehm wird viel

diskutiert (Markovic et al. 2007) und spielt möglicherweise auch für die

langfristige Gewichtsregulation eine Rolle. Gustatorische Funktionsstörungen

reduzieren die Lebensqualität beträchtlich und können sogar zu Problemen am

Arbeitsplatz führen. Im schlimmsten Fall kann das Defizit eine

lebensbedrohliche Gefährdung darstellen (Heckmann et al. 2003). Das Thema

ist von klinischer Relevanz, da z.B. verschiedene Studien gezeigt haben, dass

Geschmacksverstärker bei älteren Menschen Nahrungsakzeptanz und -

aufnahme steigern konnten (Schiffman 2000; Schiffman & Warwick 1993).

Möglicherweise könnten Geschmacksverstärker auch einen Einfluss auf das

Essverhalten von Patienten mit Anorexie haben.

Die wenigen Studien, die sich auf die olfaktorische Sensitivität bei Patienten mit

Essstörungen beziehen, zeigen widersprüchliche Ergebnisse. Kopala et al.

1995 testeten die Identifikation von Gerüchen bei 27 Patientinnen mit Anorexia

nervosa und 50 weiblichen gesunden Kontrollpersonen unter Verwendung des

„University of Pennsylvania Smell Identification Tests“ (Kopala et al. 1995), ein

standardisierter aus 40 Punkten bestehender Multiple-Choice Test (Fedoroff et

al. 1995). Diese Studie zeigte sogar bei Patientinnen mit schwerer Essstörung

eine ungestörte Geruchsfunktion (Kopala et al. 1995). Im Gegensatz dazu

fanden Fedoroff et al. 1995 eine erhöhte Wahrnehmungsschwelle und eine

verringerte Fähigkeit zur Identifikation von Gerüchen bei elf Anorexie-

Patientinnen mit sehr niedrigem Gewicht, wobei sie ebenfalls den UPSIT bzw.

Phenylethylalkohol als Testinstrument bzw. Stimulus verwendeten. Die

7

genannten olfaktorischen Funktionen dieser Patientengruppe verbesserten sich

trotz signifikanter Gewichtszunahme während des Klinikaufenthaltes nicht.

Darüber hinaus korrelierte die Dauer der Erkrankung mit den sensorischen

Defiziten (Fedoroff et al. 1995). Roessner et al. 2005 untersuchten die

Geruchsfunktion von 17 Patientinnen, die unter Anorexia nervosa litten, im

Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen mit Hilfe der Sniffin‘ Sticks Test

Batterie (Roessner et al. 2005). Dieses Testinstrument besteht aus Untertests

für die Bestimmung der Wahrnehmungsschwelle, der Diskriminations- und

Identifikationsleistung mit Hilfe unterschiedlicher Gerüche (Hummel et al. 1997;

Kobal et al. 2000). In dieser Studie zeigten Anorexie-Patientinnen eine

signifikant höhere Wahrnehmungsschwelle und eine signifikant erniedrigte

Diskriminationsfähigkeit, während sich die Fähigkeit Gerüche zu identifizieren

nicht signifikant von den gesunden Kontrollpersonen unterschied (Roessner et

al. 2005). Schreder et al. 2008 führten auch eine Studie mit Sniffin‘ Sticks

durch. Sie verfolgten das Ziel, die Geruchskapazität von zwölf Patientinnen mit

Anorexia nervosa und gesunden Kontrollen in Abhängigkeit vom

Sättigungsgrad zu untersuchen. Die olfaktorische Sensitivität beim nicht

essensbezogenen n-Butanol war bei den Patientinnen und den gesunden

Kontrollen gleich. Die an Anorexie Erkrankten zeigten eine signifikant niedrigere

Wahrnehmungsschwelle bei dem essensbezogenen Geruch Isoamylacetat,

allerdings nur in hungrigem Zustand. Zudem wiesen sie signifikante Defizite in

der Geruchsdiskrimination und -identifikation auf und schätzten die Hedonik von

Isoamylacetat geringer ein (Schreder et al. 2008). Bei Aschenbrenner et al.

2008 zeigten sich - ebenfalls unter Verwendung des Sniffin‘ Sticks Tests -

Gruppenunterschiede (16 Patientinnen mit Anorexie, 24 Patientinnen mit

Bulimie und 23 gesunde Kontrollpersonen) für die Geruchsdiskrimination und

das gesamte Riechvermögen, wobei die Patientinnen mit Anorexie die

niedrigsten Werte hatten. Bezüglich der Geschmacksfunktion (getestet mit

„Taste Strips“ (Mueller et al. 2003)) erreichten die Kontrollen höhere Ergebnisse

als die Patientinnen mit Anorexie. Bei Krankenhauseinweisung wurden niedrige,

aber signifikante Korrelationen zwischen gesamtem Riechvermögen,

Körpergewicht, BMI und dem Ergebnis des „Eating attitudes tests" (Garner et al.

1982) gefunden. Ebenso korrelierten die Ergebnisse im Geschmackstest

signifikant mit dem Körpergewicht und dem BMI. Schließlich waren bei den

8

Patientinnen mit Anorexie bei Entlassung das gesamte Riechvermögen und die

Geschmacksleistung signifikant höher als bei Aufnahme. Zusammenfassend

stellten Aschenbrenner et al. 2008 im Vergleich zu gesunden Kontrollen und

Patientinnen mit Bulimie eine niedrigere olfaktorische und gustatorische

Sensitivität bei Patientinnen mit Anorexia nervosa fest, die sich mit

ansteigendem BMI verbesserte. Zudem wurde eine Abnahme des

pathologischen Essverhaltens im Verlauf der Behandlung beobachtet

(Aschenbrenner et al. 2008).

LeGoff et al. testeten 1988 die Reaktion des Speichelflusses auf

essensspezifische Gerüche bei je sechs Patienten, die an Anorexia bzw.

Bulimia nervosa litten, und verglichen sie mit sechs gesunden Kontrollpersonen.

Vor Behandlungsbeginn war der Speichelfluss bei den an Anorexie Erkrankten

signifikant niedriger als beim gesunden Kollektiv, während er bei Patienten mit

Bulimie höher als bei den Kontrollen ausfiel. Das Ausmaß der Salivation

korrelierte mit der Variabilität des Kalorienkonsums. Die nachfolgende

Behandlung über zwei Monate schwächte die Unterschiede zwischen den drei

Gruppen ab (LeGoff et al. 1988). Erstmals beschrieben Blinder & Hagman 1986

eine erhöhte Speichel-Amylase-Sekretion bei Patienten mit Bulimia nervosa

und eine reduzierte Sekretion bei Patienten mit Anorexia nervosa (Blinder &

Hagman 1986). Die Speichel-Amylase im Serum ist dabei ein etablierter

Parameter für das Ausmaß des Erbrechens (Rapps et al. 2007).

Bei Sunday & Halmi 1990 zeigten sich bei Untersuchungen zur

Geschmacksperzeption zwischen Patienten mit Anorexie vom restriktiven Typ,

vom bulimischen Typ, normalgewichtigen Patienten mit Bulimie und

Kontrollpersonen keine Differenzen in der Fähigkeit die Intensität von Süße zu

bestimmen. Alle waren in der Lage den Anstieg der Zuckerkonzentration korrekt

anzugeben. Vor Beginn der Behandlung zeigten die beiden Gruppen mit den

bulimischen Symptomen im Gegensatz zu den Patienten mit Anorexie vom

restriktiven Typ und dem gesunden Kollektiv erhöhte Intensitätseinschätzungen

der weniger fetthaltigen und der zuckerfreien Lösungen. Diese Differenzen

waren nach der Behandlung nicht mehr zu beobachten. Jedoch zeigten sich die

Behandlung überdauernde Unterschiede in den hedonischen Bewertungen

zwischen den beiden Untergruppen mit Anorexie und den Kontrollen. Beide

Patientengruppen reagierten mit einer Aversion gegen fettreiche Lösungen. Die

9

Anorexie-Patienten vom restriktiven Typ zeigten zudem eine Abneigung

gegenüber allen Lösungen, die keinen Zucker enthielten. Die Stabilität dieser

hedonischen Profile lässt Sunday & Halmi 1990 zu der Vermutung kommen,

dass diese Antworten überdauernde Merkmale der Anorexie sein könnten

(Sunday & Halmi 1990).

Die in den Studien beobachteten Unterschiede könnten u.a. durch den

Gebrauch verschiedener Testinstrumente, verschiedene Einschlusskriterien

und die relativ niedrige Zahl an teilnehmenden Patienten bedingt sein. Um die

Geruchsperzeption bei Patienten mit Anorexia nervosa näher zu

charakterisieren, konzentrierten sich die Forschungsgruppen auf die Testung

von Wahrnehmungsschwelle, Diskrimination und Identifikation von Gerüchen,

aber kaum eine der durchgeführten Studien erfasste die Qualitäten

Geruchsintensität und Geruchswertigkeit (hedonische Bewertung). Dies

überrascht sehr, da eine solche Kategorisierung von Gerüchen wahrscheinlich

das wichtigste Kriterium ist um Gerüche einzuteilen (Schiffman 1974) und

olfaktorische Reize hauptsächlich hinsichtlich ihres hedonischen Aspektes

wahrgenommen werden (Engen et al. 1988). Diese Sicht passt mit Zajoncs

Emotionstheorie von 1980 zusammen, die besagt, dass affektive Bewertungen

von Umweltreizen schnell stattfinden und primitiver, also evolutionsgeschichtlich

älter, sind als kognitive Bewertungen (Zajonc 1980). In Übereinstimmung mit

Zajoncs Sicht der Dinge schlossen Dijksterhuis et al. 2002 daraus, dass die

hedonische Verarbeitung von olfaktorischen Reizen eher ein emotionaler als

analytischer Prozess ist. Da die olfaktorischen Leitungsbahnen direkt in das

limbische System projizieren, dürfte die hedonische Reaktion auf Gerüche nicht

auf Sprache oder jede andere „analytische“ Wahrnehmungsart bezogen sein.

Geruchsperzeption ist in erster Linie „emotionaler“ Art (Dijksterhuis et al. 2002).

Folglich ermöglicht eine zusätzlich zum Sniffin‘ Sticks Test durchgeführte

Erhebung einer analogen Beurteilungsskala für die Dimension Hedonik eine

gewisse Prüfung emotionaler Prozesse bei der Geruchsperzeption.

Weiterhin wurden Unterschiede der olfaktorischen Sensitivität zwischen den

Geschlechtern festgestellt. Dalton et al. 2002 fanden z.B. eine erhöhte

Sensitivität bei Frauen im fortpflanzungsfähigen Alter (Dalton et al. 2002).

Zudem nimmt die olfaktorische Sensitivität mit zunehmendem Alter ab (Cain &

Gent 1991; Doty et al. 1984; Hummel et al. 1998; Schiffman 1997). So

10

überrascht es nicht, dass viele ältere Menschen ein mangelndes Aroma im

Essen beklagen (Doty et al. 1984). Eine von unserem Labor durchgeführte

Studie zeigte eine altersabhängige Zunahme der olfaktorischen hedonischen

Einschätzung sowie eine über die Lebensspanne gleichbleibende

Intensitätseinschätzung (Markovic et al. 2007). Aufgrund dieser Ergebnisse ist

für olfaktorische psychophysische Messungen ein Studiendesign wichtig, das

die Faktoren Alter und Geschlecht für Patienten und Kontrollpersonen

berücksichtigt. Um die olfaktorische Sensitivität und Geruchsperzeption bei

Patienten mit Anorexia nervosa zu erforschen, analysierten wir nicht nur die

olfaktorische Sensitivität, sondern auch die Intensität und die hedonische

Perzeption von Gerüchen in einer großen Studienpopulation, indem wir eine um

die Einschätzungen von Intensität und Hedonik erweiterte Sniffin‘ Sticks Test

Batterie einsetzten. Ein balanciertes Studiendesign wurde erreicht, indem die

Hedonic Database of Smell – Franconia zur Anwendung kam, die 201 einzelne

Datensätze mit den Parametern Alter, Geschlecht, Wahrnehmungsschwelle,

Geruchsdiskrimination, Geruchsidentifikation, Intensitätseinschätzungen,

hedonische Bewertungen und Seite der Geruchsdarbietung enthält. Hierbei

wurden den Patienten Kontrollpersonen, bezüglich Alter und Geschlecht

gematcht, zugeordnet (Markovic et al. 2007).

11

4 Material und Methodik

4.1 Ziele

In der vorliegenden Studie untersuchten wir den Einfluss der Anorexia nervosa

auf die Standardparameter des Sniffin‘ Sticks Tests sowie auf hedonische

Bewertungen und Intensitätseinschätzungen von Gerüchen.

Hypothesen:

I. Es existieren Unterschiede für die Parameter Schwelle,

Diskrimination und Identifikation zwischen Patientinnen mit Anorexia

nervosa und gesunden Kontrollen.

II. Es existieren Unterschiede in der Intensitätseinschätzung von

Standardgerüchen zwischen Patientinnen mit Anorexia nervosa und

gesunden Kontrollen.

III. Es existieren Unterschiede in der hedonischen Einschätzung von

Standardgerüchen zwischen Patientinnen mit Anorexia nervosa und

gesunden Kontrollen.

4.2 Studiendesign

Wir führten eine multizentrische Studie durch. Die Patientinnen wurden aus

einer Universitätsklinik, zwei Bezirkskrankenhäusern, einer interdisziplinären

Fachklinik und einer Spezialklinik für Essstörungen rekrutiert. Eingeschlossen

wurden alle Patientinnen, die die DSM IV - Kriterien für Anorexia nervosa

erfüllten, Ausschlusskriterien waren Geruchsstörungen organischer Genese wie

oropharyngeale Erkrankungen, die Einnahme von Medikamenten (außer orale

Kontrazeptiva) und psychiatrische Komorbiditäten.

Zusätzlich beurteilten wir die Schwere der Anorexie durch das „Eating Disorder

Inventory-II". Dies ist ein Standardverfahren um relevante intrapsychische und

interpersonelle Faktoren wie beispielsweise Perfektionismus, Misstrauen,

interozeptive Wahrnehmung, Angst vor dem Erwachsenwerden oder soziale

Unsicherheit festzustellen. Man geht davon aus, dass diese Faktoren für die

Entstehung und Aufrechterhaltung psychogener Essstörungen von großer

Bedeutung sind (Paul & Thiel 2005).

Um mögliche Störfaktoren wie „Sattheit“ auszuschalten, testeten wir alle

Patientinnen zwei Stunden nach Nahrungsaufnahme.

12

Alle experimentellen Testverfahren wurden ausführlich erklärt. Die

Teilnehmerinnen mussten vor Testbeginn eine schriftliche

Einverständniserklärung abgeben. Die Studie wurde in Übereinstimmung mit

der Deklaration von Helsinki von 1975 durchgeführt und der Ethikkommission

der Universität Erlangen-Nürnberg vorgelegt. Die Teilnehmerinnen hatten

jederzeit die Möglichkeit die Untersuchungen abzubrechen.

4.3 Studiengruppe

An unserer multizentrischen Studie nahmen 40 weibliche Patienten

(durchschnittliches Alter: 27.0 Jahre (SD: 11.0), mittleres Alter: 22.0 Jahre,

Altersspanne: 14 – 51 Jahre) mit der Diagnose Anorexia nervosa teil. Wir

bestimmten Körpergewicht und -größe um den individuellen Body Mass Index

der Patientinnen zu berechnen. Der durchschnittliche BMI betrug 15.7 kg/m2

(SD: 2.3, mittlerer BMI: 15.6 kg/m2, Spanne des BMI: 10.5 - 22.0 kg/m2).

Wir verglichen die Patientinnen mit einer für Alter und Geschlecht

parallelisierten gesunden Kontrollgruppe (durchschnittliches Alter: 27.3 Jahre

(SD: 11.1), mittleres Alter: 23.0 Jahre, Altersspanne: 14 – 51 Jahre) aus der

HeDoS-F Release 1.0 (für weitere Informationen zu dieser Datenbank siehe

Markovic et al. 2007). Auch die BMI-Werte der Kontrollgruppe wurden in dieser

Datenbank erfasst. Wie erwartet, war bei dieser der durchschnittliche BMI mit

21.6 kg/m2 (SD: 2.3) signifikant höher als der Vergleichswert bei den

Patientinnen mit Anorexie.

4.4 Testung des Geruchssinns

Wir untersuchten den Geruchssinn der Patientinnen und Kontrollpersonen mit

Hilfe des Sniffin‘ Sticks Tests (siehe Abbildung 1 und 2). Das Testpaket bestand

aus 112 Filzstiften, wobei jeweils dreimal 16 Stifte für Schwellenbestimmung

und Diskriminationstest und weitere 16 Stifte für die Identifikation benötigt

wurden. Jeder Stift enthielt vier Milliliter flüssigen, in Propylenglykol gelösten

Riechstoff. Durch die Verschlusskappe wurden ein Eintrocknen der Stifte, ein

Verflüchtigen des Geruchs sowie eine Kontamination verhindert. Der Test

wurde für jedes Nasenloch einzeln durchgeführt. Während des Tests wurde die

Verschlusskappe für ca. drei Sekunden entfernt und der Stift mit einem Abstand

13

von ca. zwei Zentimetern unter die Nasenöffnung gehalten. Jeder Stift wurde

dabei nur einmal angeboten.

Wir bestimmten die drei Standardparameter Wahrnehmungsschwelle,

Diskrimination und Identifikation des Sniffin‘ Sticks Tests. Im Untertest

Identifikation, bestehend aus den essensspezifischen Duftstoffen Orange, Zimt,

Pfefferminze, Banane, Zitrone, Lakritze, Knoblauch, Kaffee, Apfel,

Gewürznelke, Ananas, Anis und Fisch und den nicht essensspezifischen

Duftstoffen Schuhleder, Terpentin und Rose, erfassten wir zusätzlich

olfaktorische hedonische Bewertungen und Intensitätseinschätzungen für jeden

einzelnen der 16 Duftstoffe anhand einer visuellen Analogskala.

Die Bestimmung der Riechschwelle erfolgte mit n-Butanol. Dabei wurden 16

unterschiedliche Verdünnungen, beginnend mit einer vierprozentigen, endend

mit einer 0.00012%igen n-Butanol-Lösung, verwendet (Verdünnungsverhältnis

1:2, Lösungsmittel deionisiertes aqua conservata). Präsentiert wurden auf jeder

Stufe drei Stifte (Triplet) in einer zufälligen Reihenfolge, von denen zwei der

Stifte die Placebo-Lösung enthielten und somit geruchlos waren, und der dritte

Stift den Geruchsstoff n-Butanol in einer bestimmten Konzentration enthielt. Die

Aufgabe der Teilnehmerinnen war es den Stift mit dem Geruchsstoff unter den

drei angebotenen Stiften zu identifizieren („triple forced – choice“). Die drei

Stifte wurden mit einem Interstimulusintervall von ca. drei Sekunden und die

Triplets in zeitlichen Abständen von ca. 20 Sekunden präsentiert. Um die

Schwelle zu bestimmen wurden die Triplets in zunehmender Konzentration

präsentiert, bis der duftende Stift zweimal hintereinander richtig erkannt wurde.

Darauf folgte die Prüfung in abnehmender Konzentration, bis ein Triplet nicht

richtig erkannt wurde. Dann wurde solange in aufsteigender bzw. absteigender

Konzentration getestet, bis insgesamt sieben Wendepunkte erreicht waren. Die

Schwelle wurde als arithmetisches Mittel der letzten vier der sieben

Wendepunkte ermittelt. Das Ergebnis der Teilnehmerinnen lag entsprechend

der 16 Verdünnungsstufen zwischen null und 16, wobei null bedeutete, dass

auch die stärkste Konzentration nicht wahrgenommen wurde und 16, dass die

maximale Verdünnung erkannt wurde.

Im überschwellig durchgeführten Diskriminationstest wurden wieder Triplets

analog dem Schwellentest in zufälliger Reihenfolge präsentiert, wobei hier

jedoch zwei Stifte den gleichen und einer einen anderen Geruchsstoff

14

enthielten. Die Teilnehmerinnen mussten herausfinden, welcher der drei Stifte

anders roch als die beiden Übrigen. Wieder reichte das Ergebnis der

Teilnehmerinnen von null (kein Triplet korrekt diskriminiert) bis 16 (alle Triplets

korrekt diskriminiert).

Die Messung von Schwelle und Diskrimination von Gerüchen wurde mit

verschlossenen Augen durchgeführt um ein visuelles Erkennen einzelner Stifte

auszuschließen.

Die Identifikation von Gerüchen wurde mit Hilfe der oben genannten 16

alltäglichen Duftstoffe in wieder überschwelliger Reizkonzentration getestet. Die

Teilnehmerinnen identifizierten in einem Multiple-Choice-Verfahren den

jeweiligen Geruch aus einer Liste mit vier Auswahlmöglichkeiten. Das Ergebnis

der Teilnehmerinnen reichte wieder von null (kein Geruch korrekt identifiziert)

bis 16 (alle Gerüche korrekt identifiziert). Wir erfassten die hedonischen

Bewertungen und Intensitätseinschätzungen eines jeden Einzelstiftes mit Hilfe

einer visuellen Analogskala. Die Spanne der Skalierung für

„unangenehm/angenehm“ reichte von -100 bis +100 und für „sehr geringe

Intensität/sehr hohe Intensität“ von null bis +200 (Visual Analogue Rating Units)

(Markovic et al. 2007; Kobal et al. 2000).

15

Abbildung 1

Abbildung 2

16

5 Statistische Analyse

Mit der Kolmogorov-Smirnov-Methode wurden die Daten auf Normalverteilung

untersucht. Basierend auf diesen Ergebnissen wurden für normalverteilte Daten

parametrische Analysen (t-Test, Levene‘s Test) und für nicht-normalverteilte

Daten nicht-parametrische Analysen (Mann-Whitney U-Test) angewendet. Alle

statistischen Tests erfolgten zweiseitig. Das Signifikanzniveau wurde auf α =

0.05 festgelegt. Für alle Analysen wurde das statistische Computerprogramm

SPSS für Windows 17 (SPSS Inc., Chicago, IL) verwendet.

5.1 Schwelle, Diskrimination und Identifikation

Da die Testung auf Normalverteilung bei der Bestimmung von Schwelle,

Diskrimination und Identifikation unterschiedliche Ergebnisse für die

Nasenlöcher getrennt versus zusammen ergab, verwendeten wir hierbei sowohl

den Mann-Whitney U-Test, als auch den t-Test.

5.2 Intensität und Hedonik

Die Intensitätseinschätzungen wurden als positive Werte einer monopolaren

Analogskala (0 bis +200 VARU), die hedonischen Einschätzungen als negative

und positive Werte einer bipolaren Analogskala ausgewertet (-100 bis +100

VARU; die negative Skala zeigt, dass die Teilnehmerinnen den Geruch als

unangenehm empfinden, die positive Skala, dass sie ihn angenehm

wahrnehmen). Wir untersuchten einerseits jeden Geruchsstoff einzeln,

andererseits die aufsummierten Gerüche. Dabei betrachteten wir jeweils das

rechte und linke Nasenloch getrennt sowie beide Nasenlöcher zusammen.

Nach der positiven Testung auf Normalverteilung führten wir zunächst

Varianzanalysen mittels des Levene‘s Tests durch, dann folgten t-Tests.

17

6 Ergebnisse

6.1 Schwelle, Diskrimination und Identifikation

Die Fähigkeit zur Diskrimination war bei den Patientinnen mit Anorexia nervosa

(Mittelwert: 11.2, SD: 2.0) signifikant schlechter als bei den gesunden

Kontrollpersonen (Mittelwert: 12.5, SD: 1.6) (Mann-Whitney U-Test: rechts: Z =

-2.1, p = 0.04; links: Z = -3.7, p < 0.001; t-Test: t = -3.2, df = 78, p = 0.002)

(siehe Abbildung 3). Die Fähigkeit zur Identifikation war ebenfalls bei den

Patientinnen mit Anorexia nervosa (Mittelwert: 12.9, SD: 1.4) signifikant

schlechter als bei den gesunden Kontrollpersonen (Mittelwert: 13.6, SD: 1.0) (t-

Test: t = -2.4, df = 78, p = 0.021) (siehe Abbildung 4).

Bezüglich der Schwelle konnten zwischen den beiden Gruppen keine

signifikanten Unterschiede beobachtet werden (siehe Anhang).

Diskrimination

0

2

4

6

8

10

12

14

16

*

Kontrollgruppe Patientinnen mit AN

Pu

nkt

we

rt

Abbildung 3: Mittelwerte und SEMs

18

Identifikation

0

2

4

6

8

10

12

14

16 *

Kontrollgruppe Patientinnen mit AN

Pu

nkt

we

rt

Abbildung 4: Mittelwerte und SEMs

19

6.2 Intensität und Hedonik

Die durchschnittlichen Intensitätseinschätzungen der Patientinnen mit Anorexia

nervosa (Mittelwert: 14.4, SD: 2.2) waren bei Betrachtung der aufsummierten

Gerüche signifikant höher als bei den gesunden Kontrollpersonen (Mittelwert:

13.2, SD: 2.2) (t-Test: beide Nasenlöcher zusammen: t = 2.4, df = 78, p =

0.018; rechts: t = 2.3, df = 78, p = 0.024; links: t = 2.0, df = 78, p = 0.044) (siehe

Abbildung 5). Vor allem für viele essensspezifische Einzelgerüche, nämlich für

Orange (p = 0,022), Pfefferminze (p = 0,003), Banane (p < 0,001), Lakritze (p =

0,018) und Ananas (p = 0,036), konnten signifikant höhere

Intensitätseinschätzungen festgestellt werden, wohingegen sich bei allen nicht

essenspezifischen Gerüchen keine Signifikanz ergab (siehe Anhang).

Bei den hedonischen Einschätzungen konnten zwischen den beiden Gruppen

keine signifikanten Unterschiede gezeigt werden (siehe Anhang).

Intensität

VA

RU

0

5

10

15

20

*

Kontrollgruppe Patientinnen mit AN

Abbildung 5: Mittelwerte und SEMs

20

7 Diskussion

Unsere balancierte Studie über olfaktorische Sensitivität und

Geruchsperzeption bei Patientinnen mit Anorexia nervosa konnte eine

veränderte olfaktorische Sensitivität und Geruchsperzeption bei den an dieser

Störung Erkrankten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen zeigen. Die

Fähigkeit zur Diskrimination und Identifikation der Patientinnen mit Anorexia

nervosa war signifikant niedriger als die der gesunden Kontrollpersonen.

Bezüglich der Wahrnehmungsschwelle konnten zwischen den beiden Gruppen

keine signifikanten Unterschiede beobachtet werden. Die durchschnittlichen

Intensitätseinschätzungen der Patientinnen waren signifikant höher als im

Kontrollkollektiv. Insbesondere für viele essensspezifische Gerüche (Orange,

Pfefferminze, Banane, Lakritze und Ananas) konnten dabei signifikant höhere

Intensitätseinschätzungen festgestellt werden. Bei den hedonischen

Einschätzungen zeigten sich zwischen den beiden Gruppen keine signifikanten

Unterschiede.

Unsere Ergebnisse bestätigen teilweise die Resultate von Roessner et al. 2005,

die mit Hilfe des Sniffin‘ Sticks Tests ebenfalls eine signifikant verminderte

Geruchsdiskrimination bei Patientinnen mit Anorexia nervosa feststellten

(Roessner et al. 2005). Die Unterschiede bei der Wahrnehmungsschwelle von

n-Butanol dagegen überschritten in unserer Studie im Gegensatz zu Roessner

et al. 2005 wie auch zu Fedoroff et al. 1995 kein statistisches Signifikanzniveau

(Roessner et al. 2005; Fedoroff et al. 1995). Hinsichtlich der Identifikation von

Gerüchen konnten wir im Gegensatz zu Roessner et al. 2005 eine signifikante

Verminderung der Identifikationsleistung bei den betroffenen Patientinnen

feststellen (Roessner et al. 2005). Die Ergebnisse von Kopala et al. 1995, die

sogar bei Patientinnen mit einer schweren Form der Anorexie eine ungestörte

Identifikationsfähigkeit mit dem UPSIT als Testinstrument feststellten (Kopala et

al. 1995), konnten wir nicht bestätigen. Lediglich Fedoroff et al. 1995 fanden

auch eine Verschlechterung der Identifikationsfähigkeit von Anorexie-

Patientinnen mit sehr niedrigem Gewicht, wobei sie ebenfalls den UPSIT

verwendeten (Fedoroff et al. 1995). Diese Ergebnisse verweisen nach

Einschätzung von oben genannten Autoren vor allem auf zentrale (limbische)

21

Defizite der Verarbeitung olfaktorischer Reize, nicht aber auf periphere

Mechanismen der Signalaufnahme (Rapps et al. 2007).

Bei Schreder et al. 2008 war die olfaktorische Sensitivität beim nicht

essensbezogenen n-Butanol bei Patientinnen und gesunden Kontrollen gleich.

Die an Anorexie Erkrankten hatten, im Gegensatz zu unserer Studie, eine

signifikant niedrigere Wahrnehmungsschwelle bei den essensbezogenen

Gerüchen, allerdings nur in hungrigem Zustand. Zudem wiesen diese, unsere

Ergebnisse bestätigend, signifikante Defizite in der Geruchsdiskrimination und -

identifikation auf. Des Weiteren schätzten sie die Hedonik für das

essensbezogene Isoamylacetat niedriger ein. Laut Schreder et al. 2008 legen

diese Ergebnisse die Vermutung einer beeinträchtigten Überleitung von der

zweiten zur dritten Schaltstelle der Geruchsperzeption bei Patientinnen mit

Anorexie nahe, basierend auf der Dichotomie der Kapazität von

Wahrnehmungsschwelle und Geruchsdiskrimination bzw. -identifikation. Die

reduzierte hedonische Einschätzung von Isoamylacetat könnte für eine

herabgesetzte Ansprechrate gegenüber nahrungsbezogenen Stimuli bei

Patientinnen mit Anorexie stehen (Schreder et al. 2008). Bei Aschenbrenner et

al. 2008 hatten Anorexie-Patientinnen vom restriktiven Typ, ähnlich unseren

Ergebnissen, die niedrigsten Werte für Geruchsdiskrimination und die gesamte

Riechleistung. Bezüglich der Geschmacksfunktion erreichten die

Kontrollpersonen höhere Ergebnisse als die Anorexie-Patientinnen. Bei

Krankenhauseinweisung wurden niedrige, aber signifikante positive

Korrelationen zwischen dem gesamtem Riechvermögen und dem

Körpergewicht bzw. dem BMI gefunden, sowie eine signifikante negative

Korrelation zwischen dem gesamten Riechvermögen und dem Ergebnis des

EAT. Ebenso korrelierten die Ergebnisse im Geschmackstest signifikant positiv

mit dem Körpergewicht und dem BMI. Schließlich war bei den Anorexie-

Patientinnen bei Entlassung die generelle Geruchs- und Geschmacksfunktion

signifikant höher als bei Aufnahme (Aschenbrenner et al. 2008).

Eine mögliche Erklärung für die in unserer Studie festgestellte signifikant

schlechtere Identifikations- bzw. Diskriminationsfähigkeit von Patientinnen mit

Anorexia nervosa im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen könnte

Folgendes sein: Die Identifikation von Gerüchen ist mit dem semantischen

Gedächtnis verknüpft und eine Verminderung der Identifikationsfähigkeit könnte

22

somit auf eine allgemeine semantische Leistungsschwäche bei an Anorexia

nervosa Erkrankten hindeuten. Die Diskrimination von Gerüchen hingegen

hängt eher von der Aufmerksamkeitsleistung ab und eine Verminderung der

Diskriminationsfähigkeit könnte somit eine allgemein eingeschränkte

Aufmerksamkeitsleistung bei den an Anorexia nervosa Erkrankten zum

Ausdruck bringen (Markovic et al. 2007). Schwierigkeiten alter Menschen bei

der Identifikation von Gerüchen wurden ebenfalls mit einer altersabhängigen

Beeinträchtigung des semantischen Gedächtnisses in Verbindung gebracht

(Lehrner et al. 1999). Eine weitere mögliche Erklärung für die verringerte

Fähigkeit zur Diskrimination und Identifikation könnte ein reduziertes Signal-

Rausch-Verhältnis sein, das durch die subjektive Hypersensitivität, welche wir

bei unserem Patientenkollektiv ja anhand der erhöhten

Intensitätseinschätzungen nachgewiesen haben, verursacht wird.

Ein zusätzliches Ergebnis unserer Studie ist, dass sich die olfaktorischen

hedonischen Einschätzungen von Patientinnen mit Anorexie und gesunden

Kontrollpersonen nicht signifikant unterscheiden. Beurteilungen von Gerüchen

als angenehm oder unangenehm repräsentieren frühe und bedeutende

Reaktionen des olfaktorischen Systems, die bekanntermaßen von höheren

kognitiven Faktoren beeinflusst werden. Die Wertigkeit eines Geruchs wird z.B.

von charakteristischen Stimuli (Henion 1971), von subjektiven vorherigen

Erfahrungen (Cain & Johnson 1978; Hummel et al. 1992; Thuerauf et al. 2000),

von dem jeweiligen derzeitigen physiologischen Zustand (Dorries et al. 1989;

Rolls & Rolls 1997) sowie dem semantischen Wissen und der Sprache (de

Araujo et al. 2005; Distel & Hudson 2001; Herz 2003) beeinflusst.

Interessanterweise zeigte unsere Forschungsgruppe in einer anderen Studie

mit gesunden Probanden einen Anstieg der Fähigkeit olfaktorischen Genuss zu

empfinden mit dem Alter. Der Anstieg des olfaktorischen Genusses in höherem

Alter wurde als eine natürliche Entwicklung in der Evolution des Menschen

interpretiert, da steigender Genuss, z.B. während einer Phase mit verringerter

Verfügbarkeit von Essen, in höherem Alter vor Malnutrition schützen könnte

(Markovic et al. 2007).

Insgesamt ist die Pathobiologie der Regulation der Nahrungsaufnahme wenig

erforscht. Laut Lutter & Nestler 2009 wird das Essverhalten über zwei sich

ergänzende Wege reguliert, den homöostatischen und den hedonischen Weg.

23

Der homöostatische Weg kontrolliert die Energiebilanz, indem er nach

Entleerung der Energiespeicher die Motivation zur Nahrungsaufnahme steigert.

Im Gegensatz dazu kann der hedonische oder auf Belohnung basierende

Regulationsmechanismus den homöostatischen Weg während Perioden von

relativem Energieüberfluss durch Steigerung des Verlangens nach

wohlschmeckender Nahrung überwinden (Lutter & Nestler 2009).

Nach Rapps et al. 2007 gibt es eine Reihe von Belegen, dass auch prädigestive

Funktionen der Verdauung wie Geruch und Geschmack bei Patientinnen mit

Essstörungen verändert sind. Dies verweist auf die Möglichkeit, dass bei einer

Teilpopulation der Patientinnen mit Anorexia und Bulimia nervosa gestörte

prädigestive Funktionen mitverantwortlich für das Entstehen oder die

Aufrechterhaltung der Essstörung sein könnten. Geruch und Geschmack

gehören zu den Umweltsignalen, die unmittelbar mit der Nahrungsaufnahme

assoziiert sind und dieser vorangehen. Olfaktorische und gustatorische

Dysfunktionen haben Konsequenzen für Appetenz, Nahrungsaufnahme und

Gewichtskontrolle (Rapps et al. 2007), z.B. bei der Chemotherapie von

Krebspatienten (Berteretche et al. 2004), aber auch bei Geschmacksaversionen

gesunder Probanden (Logue et al. 1981). Änderungen der Geruchs- und

Geschmackssensitivität könnten daher laut Rapps et al. 2007 mitverantwortlich

sein für die Manifestation und Chronifizierung einer Essstörung. Von vermutlich

begrenztem Erklärungswert ist der Umstand, dass eine spezielle Form der

Anorexie, die sog. „space anorexia“ von Astronauten (Gewichtsverlust aufgrund

einer Mangelernährung) mit verändertem Geruchs- und Geschmacksempfinden

assoziiert ist. Sowohl unter Raumfahrt-, als auch unter

Simulationsbedingungen, wurde uneinheitlich über ein Absinken der

Empfindlichkeit bzw. einen Anstieg der Wahrnehmungsschwellen für Geruch

und/oder Geschmack berichtet. Der Grund hierfür könnte in der

unterschiedlichen Sensitivität der verwendeten Messmethoden liegen. Für eine

veränderte Chemosensitivität bei Patienten mit Essstörungen kommen laut

Rapps et al. 2007 potentiell drei Erklärungsmodelle in Frage: Zum einen

könnten die Veränderungen von Geruch und/oder Geschmack Folge der

Mangelernährung sein und damit reversibel bei Verbesserung der

Ernährungssituation. Dann wären allerdings entsprechende Veränderungen bei

Patienten mit Bulimia nervosa weniger wahrscheinlich. Zum anderen könnte

24

eine veränderte Chemosensitivität Ausdruck einer zentralen Störung sein, die

auch die Essstörung verursacht. Nach dieser Hypothese müsste die Schwere

beider Störungsbilder korrelieren. In diesem Fall würde man ähnliche

Veränderungen der Chemosensitivität bei Patienten mit Bulimia nervosa

erwarten. Schließlich wäre es möglich, dass die Störung der Geruchs- und/oder

Geschmackswahrnehmung – zumindest bei einigen Anorexie- und Bulimie-

Patienten – die Essstörung mit verursacht hat. Dann würde man auch bei

frühen Formen der Anorexia und Bulimia nervosa bereits Änderungen der

chemosensitiven Funktionen erwarten, die möglicherweise mit anderen

peripheren physiologischen Veränderungen, z.B. Magen-Darm-Funktionen,

assoziiert sind (Rapps et al. 2007). Um potentielle Unterschiede der

Geruchsfunktion zwischen Anorexie- und Bulimie-Patientinnen aufzudecken,

erforschte unsere Studiengruppe parallel zu der hier vorliegenden Arbeit auch

die Geruchsfunktion bei an Bulimie Erkrankten.

Nach Kaye 2008 neigen Anorexie-Patienten, ähnlich schon in der Einleitung

beschrieben, zu stark zwanghaftem Verhalten, eingeschränktem Affekt und

reduzierter emotionaler Ausdrucksmöglichkeit, Anhedonie und Askese.

Dagegen sind Bulimie-Patienten impulsiver und mehr auf der „Suche nach

Abenteuer“. Diese Symptome beginnen oft in der Kindheit, vor dem Beginn

einer Essstörung, und bestehen auch nach Heilung fort, was die Vermutung

naheliegen lässt, dass solche Wesenszüge eine Vulnerabilität für die

Entwicklung einer Essstörung schaffen. Dysphorische Merkmale,

charakteristisch sowohl für Patienten mit Anorexie als auch mit Bulimie, mögen

eine bleibende Dysregulation von emotionalen und Belohnungsmechanismen

bedingen, welche u.a. auch die hedonischen Aspekte des Essverhaltens

vermitteln, wodurch die Betroffenen vulnerabel für eine Störung des Appetits

werden. Restriktives Essverhalten könnte eine enorme Verstärkung bedeuten,

weil es eine vorübergehende Pause von einer dysphorischen Stimmungslage

bieten könnte (Kaye 2008).

Funktionelle magnetresonanztomographische Studien ermöglichen es, mithilfe

definierter olfaktorischer Regionen, das Ausmaß und die Qualität einer

olfaktorischen Stimulation zu untersuchen. Es wurde beschrieben, dass sich die

affektiven Repräsentationen von Intensität und Wertigkeit (hedonische

Einschätzungen) auf dissoziierbare neurale Substrate stützen (Anderson et al.

25

2003; Rolls et al. 2003). So wurde die Intensität von Gerüchen im piriformen

und entorhinalen Cortex (Rolls et al. 2003) oder in der Amygdala (Anderson et

al. 2003) repräsentiert, während die hedonische Einschätzung im

orbitofrontalen Cortex lokalisiert zu sein scheint. Hierbei korreliert der mediale

orbitofrontale Cortex mit angenehmen Einschätzungen und der laterale

orbitofrontale Cortex mit unangenehmen Bewertungen olfaktorischer Stimuli

(Anderson et al. 2003; Rolls et al. 2003). Winston et al. 2005 hingegen fanden

experimentell eine integrative Rolle der Amygdala im Sinne einer Kodierung für

Intensität und Hedonik (Winston et al. 2005).

In einer späteren Studie mit bildgebenden Verfahren beschreiben Kaye et al.

2005 bei Patienten mit Anorexia und Bulimia nervosa eine veränderte Aktivität

im frontalen, cingulären, temporalen und parietalen Cortex. Bedeutsam ist, dass

diese Veränderungen sowohl während der Erkrankung, als auch nach

Genesung bestehen und somit vermutlich unabhängig vom Status der

Erkrankung sind. Neuere Daten weisen auf eine Dysregulation des

Serotoninhaushalts in kortikalen und limbischen Strukturen hin, die mit Angst,

Verhaltensinhibition und Körperschemastörung zusammenhängen könnten.

Veränderungen in diesen Bezirken könnten die Stimmung und

Verhaltenskontrolle, genau wie die Motivation zur Nahrungsaufnahme und die

hedonischen Aspekte des Essverhaltens, beeinflussen (Kaye et al. 2005).

Sowohl Lambe et al. 1997 als auch Katzman et al. 1996 führten eine Studie mit

MRT-Untersuchungen durch. Sie fanden eine Vermehrung des Liquors und

eine Verringerung der grauen und weißen Hirnsubstanz bei Patienten mit

Anorexia nervosa. Dabei korrelierte der niedrigste BMI positiv mit der grauen

Hirnsubstanzmasse (Katzman et al. 1996). Nach Gewichtszunahme blieben die

Defizite der grauen Substanz bestehen, während sich die weiße Substanz

wieder regenerierte. Danach scheint es also eine irreversible Veränderung im

Gehirn von Anorexie-Patienten zu geben (Lambe et al. 1997; Katzman et al.

1997). Dagegen fanden Wagner et al. 2006, dass nach erfolgter Genesung

sowohl bei ehemaligen Anorexie- als auch Bulimie-Patientinnen, das Volumen

des cerebrospinalen Liquors und das totale bzw. regionale Volumen der grauen

und weißen Hirnsubstanz dem gesunder Frauen gleicht. Diese Ergebnisse

legen im Gegensatz zu Lambe et al. 1997 und Katzman et al. 1997 nahe, dass

26

Anomalitäten in Gehirnstrukturen bei Patientinnen mit Essstörungen nach lange

anhaltender Rekonvaleszenz reversibel sind (Wagner et al. 2006).

Herholz 1996 berichtete von einer positronenemissionstomographischen

Studie, die eine Hyperaktivität des Nucleus caudatus während des

anorektischen Zustands zeigte. Einzelne milde rechts-links Asymmetrien, die

wahrscheinlich mit Veränderungen des mentalen Zustands, wie z.B.

Aufmerksamkeit und Depression, in Verbindung stehen, sind auch bei Bulimie-

Patienten berichtet worden (Herholz 1996).

Insgesamt wurden bisher nur wenige Studien durchgeführt, die sich mit den

olfaktorischen Prozessen bei Patienten mit Essstörungen beschäftigen.

Deswegen war das Ziel unserer Studie mit Hilfe des Sniffin‘ Sticks Tests die

olfaktorische Perzeption bei Patientinnen mit Anorexia nervosa zu messen. In

einem der drei Subtests, nämlich dem für Identifikation, erhoben wir zusätzlich

olfaktorische Intensitätseinschätzungen und subjektive hedonische

Beurteilungen von Gerüchen. Diese beiden Parameter wurden bisher bei kaum

einer anderen Studie, die sich mit der Geruchsperzeption bei Anorexia nervosa

beschäftigte, erfasst. Es gelang uns mit 40 Anorexie-Patientinnen das größte

Untersuchungskollektiv aufzubauen, das unseres Wissens nach bisher mit den

Sniffin‘ Sticks getestet wurde. Nur eine weitere Forschungsgruppe untersuchte

auch 40 Anorexie-Patientinnen, allerdings verwendeten sie als Testinstrument

den UPSIT und zur Schwellenbestimmung Phenylethylalkohol (Fedoroff et al.

1995). Ein weiterer Vorteil unserer Studie ist, dass wir Essstörungen nicht wie

viele Forschungsgruppen als eine gemeinsame große Gruppe betrachteten,

sondern uns speziell der Anorexia nervosa als eigene Entität zuwendeten.

Als einen Nachteil unserer Studie könnte man den Umstand betrachten, dass

bei einigen äußerst kachektischen und von daher für das Testergebnis sehr

interessanten Patientinnen der durchaus anstrengende, ca. einstündige Test

aufgrund von Erschöpfung nicht zu Ende durchgeführt werden konnte. Zudem

führten wir den Sniffin‘ Sticks Test nicht zu einem definierten Zeitpunkt im

Therapieverlauf durch, so dass wir z.B. einen Einfluss des ansteigenden

Körpergewichts nicht ausschließen können. Genauso wenig unterschieden wir

zwischen den verschiedenen Subtypen von Anorexie, also dem restriktiven Typ

versus dem binge-purging Typ. Des Weiteren musste der Test teilweise wegen

27

Verständnisschwierigkeiten (mangelnde Deutschkenntnisse, klinisch

unterdurchschnittliche Intelligenz, potentielle Hirnatrophie usw.) abgebrochen

werden.

Zusammenfassend fanden wir bei Patientinnen mit Anorexia nervosa eine

signifikante Abnahme der Fähigkeit zur Diskrimination und Identifikation.

Darüber hinaus gaben die Patientinnen signifikant höhere

Intensitätseinschätzungen ab als die gesunden Kontrollpersonen, wobei dies

besonders bei vielen essensbezogenen Gerüchen auffällig war. Die

olfaktorischen Schwellenwerte und die hedonischen Bewertungen

unterschieden sich nicht signifikant zwischen Anorexie-Patientinnen und

Kontrollgruppe.

Unsere Studie weist spezifische und selektive Störungen der

Geruchsperzeption bei Anorexia nervosa nach, so dass sich diese Erkrankung

auch sensorisch als Entität abbildet. Parallel arbeitete unsere

Forschungsgruppe auch, wie zuvor bereits angemerkt, an sensorischen

Charakterisierungen der Essstörungen Bulimia nervosa und BED. Hierbei

ermittelten wir unterschiedliche Ergebnisse für die verschiedenen Entitäten von

Essstörungen. Ebenso wie die Patientinnen mit Anorexie wiesen die

Patientinnen mit Bulimie eine signifikant herabgesetzte Diskriminationsfähigkeit

auf. Allerdings zeigten Patientinnen mit Bulimie im Gegensatz zu Patientinnen

mit Anorexie keine verminderte Identifikationsleistung. Beide Patientengruppen

unterschieden sich bei der Bestimmung der Wahrnehmungsschwelle

gleichermaßen nicht von der Kontrollgruppe. Weiterhin bestand, wie bei den

Anorexie-Patientinnen, auch bei den Bulimie-Patientinnen eine signifikant

gesteigerte Wahrnehmung der Geruchsintensität. Für die olfaktorische

hedonische Bewertung von Gerüchen fanden sich zwischen sämtlichen

Untersuchungsgruppen keine Unterschiede. Bei Patienten mit BED war selektiv

das Diskriminationsvermögen vermindert. Die Hypothese einer sensorischen

Genese von unselektiven Essattacken sollte somit weiter verfolgt werden.

28

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33

9 Abkürzungsverzeichnis

BED: Binge Eating Disorder

BMI: Body Mass Index

CD: Cluster of Differentiation

df: Degree of Freedom

DSM: Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders

EAT: Eating Attitude Test

EDI-II: Eating Disorder Inventory-II

ERP: Event Related Potentials

HeDoS-F: Hedonic Database of Smell – Franconia

ICD: International Statistical Classification of Diseases and Related

Health Problems

(f)MRT: (funktionelle) Magnetresonanztomographie

PET: Positronenemissionstomographie

SEM: Standard Error of Mean

SD: Standard Deviation

SPSS: Statistical Package of the Social Sciences

UPSIT: University of Pennsylvania Smell Identification Test

VARU: Visual Analogue Rating Units

34

10 Anhang

Mittelwerte der drei Standardparameter, seitengetrennt

Schwelle rechts

Schwelle links

Diskrimination rechts

Diskrimination links

AN Mean 6,28205128 6,75 11,2307692 11,2 N 39 38 39 40 Std. Deviation 2,39048242 2,51549254 2,59007761 2,18620383 Median 6,5 6,75 11 12

Std. Error of Mean 0,38278354 0,40806677 0,41474435 0,34566918

Control Mean 6,43243243 5,91447368 12,375 12,65 N 37 38 40 40 Std. Deviation 2,75104062 2,33819369 1,9701295 2,06993125 Median 6,5 5,75 13 13

Std. Error of Mean 0,45226829 0,3793051 0,31150483 0,32728487

Total Mean 6,35526316 6,33223684 11,8101266 11,925 N 76 76 79 80 Std. Deviation 2,5561244 2,44860101 2,35380733 2,23762419 Median 6,5 6,5 12 12

Std. Error of Mean 0,29320758 0,2808738 0,26482402 0,25017399

Identifikation rechts

Identifikation links

AN Mean 13,225 12,65 N 40 40 Std. Deviation 1,52731539 1,62591197 Median 13 13

Std. Error of Mean 0,24148977 0,25707926

Control Mean 13,625 13,55 N 40 40 Std. Deviation 1,33373391 1,197219 Median 14 13

Std. Error of Mean 0,21088185 0,18929694

Total Mean 13,425 13,1 N 80 80 Std. Deviation 1,43883744 1,48920164 Median 13 13

Std. Error of Mean 0,16086692 0,1664978

35

Mann-Whitney U-Test für die drei Standardparameter

N Mean Rank Sum of ranks

Schwelle rechts AN 39 38,2307692 1491 Control 37 38,7837838 1435 Total 76

Schwelle links AN 38 42,1315789 1601 Control 38 34,8684211 1325 Total 76

Diskrimination rechts AN 39 34,6923077 1353 Control 40 45,175 1807 Total 79

Diskrimination links AN 40 31,1 1244 Control 40 49,9 1996 Total 80

Identifikation rechts AN 40 37,6625 1506,5 Control 40 43,3375 1733,5 Total 80

Identifikation links AN 40 34,1125 1364,5 Control 40 46,8875 1875,5 Total 80

Schwelle

rechts Schwelle

links Diskrimination

rechts Diskrimination

links

Mann-Whitney U 711 584 573 424 Wilcoxon W 1491 1325 1353 1244 Z -0,109 -1,435 -2,054 -3,687 Asymp. Sig. (2-tailed) 0,913 0,151 0,040 0,000

Identifikation rechts

Identifikation links

Mann-Whitney U 686,5 544,5 Wilcoxon W 1506,5 1364,5 Z -1,118 -2,515 Asymp. Sig. (2-tailed) 0,264 0,012

36

Übersicht Mittelwerte

N Mean Std. Deviation

Std. Error Mean

Schwelle AN 39 6,55128205 1,92791943 0,30871418 Control 38 6,14473684 2,24746973 0,36458773

Diskrimination AN 40 11,225 2,01262044 0,31822323 Control 40 12,5125 1,55451163 0,24578987

Identifikation AN 40 12,9375 1,39222889 0,22013072 Control 40 13,5875 1,04934351 0,16591578

Hedonik Orange AN 40 4,5575 3,41644871 0,54018797 Control 40 4,5875 3,50168 0,55366422

Hedonik Schuhleder AN 40 -2,1025 3,75878373 0,59431589 Control 40 -1,84875 3,10967241 0,49168238

Hedonik Zimt AN 40 3,04625 4,23226901 0,66918049 Control 40 2,9325 3,52199226 0,55687587

Hedonik Pfefferminze AN 40 4,1325 4,02249365 0,63601209 Control 40 3,03375 4,17723359 0,66047862

Hedonik Banane AN 40 3,83625 4,85638606 0,76786206 Control 40 3,23125 4,94096803 0,78123564

Hedonik Zitrone AN 40 3,635 3,46730517 0,54822908 Control 40 3,8675 3,30784906 0,52301686

Hedonik Lakritze AN 40 0,025 3,89318932 0,61556728 Control 40 -1,6675 4,21652047 0,66669042

Hedonik Terpentin AN 40 -3,665 3,80313973 0,60132919 Control 40 -4,19625 3,8415306 0,60739932

Hedonik Knoblauch AN 40 -3,3425 5,35899137 0,84733093 Control 40 -4,12625 5,02244944 0,79411898

Hedonik Kaffee AN 40 0,42 5,46515536 0,86411693 Control 40 0,32875 4,90291498 0,77521893

Hedonik Apfel AN 40 3,41 4,21361043 0,66623031 Control 40 3,4425 4,33951064 0,68613688

Hedonik Gewürznelke AN 40 0,58625 4,69279299 0,74199572 Control 40 0,0125 4,21205154 0,66598382

Hedonik Ananas AN 40 4,2025 4,25570432 0,67288593 Control 40 4,015 3,21046366 0,50761888

Hedonik Rose AN 40 4,39375 4,04719256 0,63991733 Control 40 4,4125 4,14100431 0,65475027

Hedonik Anis AN 40 1,36625 4,58102815 0,72432415 Control 40 0,33 4,1085558 0,64961971

Hedonik Fisch AN 40 -5,9975 4,0808488 0,64523885 Control 40 -5,81125 3,74065481 0,59144946

Intensität Orange AN 40 13,83375 3,32117116 0,52512327 Control 40 12,07625 3,39443337 0,53670704

Intensität Schuhleder AN 40 12,7 4,1463917 0,65560209 Control 40 11,57375 3,34752085 0,52928952

Intensität Zimt AN 40 12,45625 3,90097272 0,61679794 Control 40 10,85625 4,29554312 0,679185

Intensität Pfefferminze AN 40 17,185 2,27489645 0,35969271 Control 40 15,57 2,51143028 0,39709199

Intensität Banane AN 40 16,105 2,65932804 0,42047668 Control 40 13,55875 2,81968555 0,44583143

37

N

Mean

Std. Deviation

Std. Error Mean

Intensität Zitrone AN 40 13,58875 3,37988938 0,53440743 Control 40 13,315 3,04671324 0,48172766

Intensität Lakritze AN 40 12,37375 3,83181666 0,60586341 Control 40 10,02125 4,824482 0,76281758

Intensität Terpentin AN 40 12,86125 3,92184035 0,62009741 Control 40 12,83875 3,95321173 0,62505766

Intensität Knoblauch AN 40 16,94875 3,08768205 0,4882054 Control 40 16,40875 2,89811803 0,4582327

Intensität Kaffee AN 40 14,725 3,60528458 0,57004554 Control 40 13,61875 2,8940409 0,45758804

Intensität Apfel AN 40 14,51 4,03351663 0,63775498 Control 40 13,6625 3,2235263 0,50968426

Intensität AN 40 15,21125 3,38623699 0,53541108 Gewürznelke Control 40 13,73625 3,81535339 0,60326034

Intensität Ananas AN 40 15,0775 3,21123728 0,5077412 Control 40 13,65 2,75380855 0,43541536

Intensität Rose AN 40 15,63 3,24060377 0,51238445 Control 40 14,6575 3,24676466 0,51335857

Intensität Anis AN 40 10,97125 5,14524784 0,81353511 Control 40 10,56375 4,87256826 0,77042069

Intensität Fisch AN 40 16,6325 3,63229019 0,57431551 Control 40 15,46125 4,66100143 0,73696903

Hedonik gesamt re. AN 40 1,07546875 1,79860968 0,28438516 Control 40 0,72046875 2,28157597 0,36074884

Hedonik gesamt li. AN 40 1,2375 1,77079732 0,27998764 Control 40 0,8475 1,76890589 0,27968858

Intensität gesamt re. AN 40 14,9860938 2,2905177 0,36216265 Control 40 13,6625 2,82709922 0,44700363

Intensität gesamt li. AN 40 13,8651563 2,51326843 0,39738263 Control 40 12,7835938 2,20183885 0,34814129

Hedonik gesamt AN 40 1,15648438 1,69993908 0,26878397 Control 40 0,78398438 1,95505772 0,30912177

Intensität gesamt AN 40 14,425625 2,19812554 0,34755417 Control 40 13,2230469 2,2380731 0,35387043

38

Levene’s Test für die drei Standardparameter, Intensität und Hedonik F Sig.

Schwelle Equal variances assumed 2,17813387 0,14417032

Equal variances not assumed

Diskrimination Equal variances assumed 2,97378361 0,08858469

Equal variances not assumed

Identifikation Equal variances assumed 3,30795196 0,07278359

Equal variances not assumed

Hedonik Orange Equal variances assumed 0,38117886 0,53877126

Equal variances not assumed

Hedonik Schuhleder Equal variances assumed 1,61612778 0,20741053

Equal variances not assumed

Hedonik Zimt Equal variances assumed 1,73640669 0,19145205

Equal variances not assumed

Hedonik Pfefferminze Equal variances assumed 0,03860454 0,84474522

Equal variances not assumed

Hedonik Banane Equal variances assumed 0,03745218 0,8470504

Equal variances not assumed

Hedonik Zitrone Equal variances assumed 0,55020646 0,46046102

Equal variances not assumed

Hedonik Lakritze Equal variances assumed 1,3162329 0,25477615

Equal variances not assumed

Hedonik Terpentin Equal variances assumed 0,01204262 0,91289831

Equal variances not assumed

Hedonik Knoblauch Equal variances assumed 0,2820734 0,59685459

Equal variances not assumed

Hedonik Kaffee Equal variances assumed 0,43430993 0,51182256

Equal variances not assumed

Hedonik Apfel Equal variances assumed 0,10638118 0,74517582

Equal variances not assumed

Hedonik Gewürznelke Equal variances assumed 0,55671106 0,45783132

Equal variances not assumed

Hedonik Ananas Equal variances assumed 1,30438516 0,25690766

Equal variances not assumed

Hedonik Rose Equal variances assumed 0,28108726 0,59749557

Equal variances not assumed

Hedonik Anis Equal variances assumed 1,05577755 0,30735611

Equal variances not assumed

39

F Sig.

Hedonik Fisch Equal variances assumed 0,0017957 0,96630747

Equal variances not assumed

Intensität Orange Equal variances assumed 0,13584652 0,71344404

Equal variances not assumed

Intensität Schuhleder Equal variances assumed 1,29554241 0,2585131

Equal variances not assumed

Intensität Zimt Equal variances assumed 0,37914582 0,53985338

Equal variances not assumed

Intensität Pfefferminze Equal variances assumed 0,01633028 0,89864406

Equal variances not assumed

Intensität Banane Equal variances assumed 0,1344109 0,71489446

Equal variances not assumed

Intensität Zitrone Equal variances assumed 0,04501822 0,83252401

Equal variances not assumed

Intensität Lakritze Equal variances assumed 2,30195864 0,13325368

Equal variances not assumed

Intensität Terpentin Equal variances assumed 0,08637384 0,76961933

Equal variances not assumed

Intensität Knoblauch Equal variances assumed 0,0489706 0,82544259

Equal variances not assumed

Intensität Kaffee Equal variances assumed 1,59428257 0,21047719

Equal variances not assumed

Intensität Apfel Equal variances assumed 0,6483039 0,42316739

Equal variances not assumed Intensität Gewürznelke

Equal variances assumed 1,70151934 0,19592529

Equal variances not assumed

Intensität Ananas Equal variances assumed 2,69179515 0,10489287

Equal variances not assumed

Intensität Rose Equal variances assumed 0,08862065 0,76672955

Equal variances not assumed

Intensität Anis Equal variances assumed 0,40162519 0,52810519

Equal variances not assumed

Intensität Fisch Equal variances assumed 1,16096375 0,28458687

Equal variances not assumed

Hedonik gesamt re. Equal variances assumed 1,39926994 0,24043892

Equal variances not assumed

40

F Sig. Hedonik gesamt li.

Equal variances assumed 0,07078132

0,79090454

Equal variances not assumed

Intensität gesamt re. Equal variances assumed 2,48478354 0,11899961

Equal variances not assumed

Intensität gesamt li. Equal variances assumed 0,31661462 0,57526301

Equal variances not assumed

Hedonik gesamt Equal variances assumed 0,49953355 0,48181125

Equal variances not assumed

Intensität gesamt Equal variances assumed 0,02666631 0,870706

Equal variances not assumed

t-Test für die drei Standardparameter, Intensität und Hedonik

t df Sig. (2-tailed)

Schwelle 0,85269459 75 0,39654358 0,85098863 72,6920893 0,39757025

Diskrimination -3,2019965 78 0,00197588 -3,2019965 73,318716 0,00201927

Identifikation -2,3580216 78 0,02087853 -2,3580216 72,499645 0,02107274

Hedonik Orange -0,0387833 78 0,96916226 -0,0387833 77,952687 0,96916232

Hedonik Schuhleder -0,3289737 78 0,74305728 -0,3289737 75,3553341 0,74308817

Hedonik Zimt 0,1306597 78 0,89638091 0,1306597 75,5078779 0,896392

Hedonik Pfefferminze 1,19830441 78 0,23442686 1,19830441 77,889125 0,234432

Hedonik Banane 0,55230043 78 0,58232171 0,55230043 77,9767567 0,58232218

Hedonik Zitrone -0,3068517 78 0,75977395 -0,3068517 77,8277507 0,75977576

Hedonik Lakritze 1,86519163 78 0,0659152 1,86519163 77,5087354 0,06593909

Hedonik Terpentin 0,62155519 78 0,53604682 0,62155519 77,9921327 0,536047

Hedonik Knoblauch 0,67489597 78 0,50173752 0,67489597 77,6741728 0,50174587

Hedonik Kaffee 0,07860358 78 0,93754925 0,07860358 77,0984223 0,9375516

Hedonik Apfel -0,0339826 78 0,97297783 -0,0339826 77,932486 0,97297791

Hedonik Gewürznelke 0,57545237 78 0,56664184 0,57545237 77,1062986 0,566661

Hedonik Ananas 0,2224507 78 0,8245445 0,2224507 72,530369 0,82458827

41

t df Sig. (2-tailed)

Hedonik Rose -0,0204800 78 0,98371278 -0,0204800 77,9590786 0,98371281

Hedonik Anis 1,06504888 78 0,29013968 1,06504888 77,0937048 0,29017817

Hedonik Fisch -0,2127848 78 0,83204995 -0,2127848 77,4163882 0,83205412

Intensität Orange 2,3406117 78 0,02180862 2,3406117 77,9628948 0,02180986

Intensität Schuhleder 1,33664908 78 0,18522305 1,33664908 74,6811194 0,18539514

Intensität Zimt 1,74394615 78 0,08510816 1,74394615 77,2869075 0,08514451

Intensität Pfefferminze 3,0142933 78 0,00347394 3,0142933 77,2490409 0,00348336

Intensität Banane 4,15487278 78 0,000 4,15487278 77,7341102 0,000

Intensität Zitrone 0,38048262 78 0,7046214 0,38048262 77,174744 0,70463244

Intensität Lakritze 2,41493485 78 0,01807916 2,41493485 74,1977216 0,01820207

Intensität Terpentin 0,02555469 78 0,97967779 0,02555469 77,9950492 0,9796778

Intensität Knoblauch 0,80648979 78 0,42241269 0,80648979 77,6889602 0,42242248

Intensität Kaffee 1,51336941 78 0,13422745 1,51336941 74,5145321 0,13441599

Intensität Apfel 1,03809369 78 0,30243386 1,03809369 74,3840195 0,30258924

Intensität 1,82868531 78 0,07126933 Gewürznelke 1,82868531 76,9153542 0,07132332

Intensität Ananas 2,13419509 78 0,03596823 2,13419509 76,2278514 0,036042

Intensität Rose 1,34080569 78 0,18387536 1,34080569 77,9997186 0,18387538

Intensität Anis 0,36369617 78 0,71706884 0,36369617 77,7698626 0,71707175

Intensität Fisch 1,2535799 78 0,21373917 1,2535799 73,6061558 0,21396187

Hedonik gesamt re. 0,7728088 78 0,44197111 0,7728088 73,9682493 0,44209806

Hedonik gesamt li. 0,98546837 78 0,32744113 0,98546837 77,9999109 0,32744113

Intensität gesamt re. 2,3006881 78 0,02408147 2,3006881 74,782638 0,02419848

Intensität gesamt li. 2,04719772 78 0,04400599 2,04719772 76,6736393 0,04406465

Hedonik gesamt 0,90934543 78 0,36596916 0,90934543 76,5231322 0,36602305

Intensität gesamt 2,42454194 78 0,01764117 2,42454194 77,9747127 0,01764194

42

11 Danksagung

Mein besonderer Dank gilt Herrn Privatdozenten Dr. med. habil. Norbert

Thürauf für die Überlassung des Promotionsthemas und für seine engagierte

wissenschaftliche Betreuung. Er hat durch zahlreiche wertvolle Anregungen

maßgeblich zum Gelingen der Arbeit beigetragen.

Des Weiteren möchte ich Herrn Prof. Dr. med. Kornhuber für die Möglichkeit

der Promotion an seiner Psychiatrischen und Psychotherapeutischen Klinik der

Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg danken.

Ich danke Frau Dr. med. Katrin Markovic und Herrn Dr. med. Udo Reulbach, die

mir mit „Rat und Tat“ zur Seite standen.

Gedankt sei außerdem Herrn Dr. med. Georg Ernst Jacoby, ehemaliger

Chefarzt der Klinik am Korso in Bad Oeynhausen, Fachzentrum für gestörtes

Essverhalten, Herrn PD Dr. med. Thomas Kraus, Chefarzt der Frankenalb-

Klinik Engelthal, Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik und

Suchtrehabilitation, Herrn Dr. med. Andreas Ahnert, Chefarzt der Klinik für

Psychiatrie, Sucht, Psychotherapie und Psychosomatik des Klinikums am

Europakanal in Erlangen und Frau Dr. med. Elisabeth Rauh, Chefärztin und

Leiterin des Zentrums für verhaltenstherapeutische Medizin (Psychosomatische

Klinik) der Schön Klinik Bad Staffelstein, an deren Häusern ich meine

Untersuchung durchführen durfte.

Mein besonderer Dank gilt allen Patientinnen und Probanden, die mit ihrer

Teilnahme an der Untersuchung diese Arbeit erst ermöglichten.

43

12 Lebenslauf

Persönliche Daten

Eva Kleehaupt

Geboren am 21.12.1982 in Nürnberg

Familienstand: Ledig

Eltern: Franz Josef Kleehaupt

Maria Hermine Kleehaupt, geborene Ehrl

Geschwister: Tina Maria Kleehaupt

Schule

1989 – 1993 Grundschule Thoner Espan, Nürnberg

1993 – 2002 Willstätter Gymnasium, Nürnberg

Juni 2002 Allgemeine Hochschulreife

Studium

WS 2002 – WS 2008 Studium der Humanmedizin an der Friedrich-

Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

September 2004 Ärztliche Vorprüfung

Dezember 2008 Zweiter Abschnitt der Ärztlichen Prüfung

Beruf

Seit 01.01.2009 Assistenzärztin in der Kinder- und Jugendabteilung

für Psychische Gesundheit des Universitätsklinikums

Erlangen