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Ontologie und Interpretation – Ontologien Christian Wurm University of D¨ usseldorf, Germany usseldorf, 23.4.2018

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Ontologie und Interpretation – Ontologien

Christian Wurm

University of Dusseldorf, Germany

Dusseldorf, 23.4.2018

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Ontologien

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Ontologien

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Was ist eine Ontologie?

Es gibt keine allgemeine Definition von Ontologien (iminformatischen Sinne), aber eine Reihe von Beschreibungen.

I Eine explizite Spezifikation von einer Konzeptualisierung derWelt.

I Eine explizite Reprasentation einer Konzeptualisierung derWelt.

I Eine logische Theorie fur die intendierte Bedeutung einesVokabulars. Man nennt das das ontologische committmentfur eine spezielle Konzeptualisierung der Welt.

I Eine explizite formale Beschreibung einer Diskursdomane.

I Eine explizite formale Beschreibung einer gemeinsamen Konzep-tualisierung

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Was ist eine Ontologie?

Was den meisten Definitionen gemeinsam ist der BegriffKonzeptualisierung;

I damit meint man eine Sicht auf die Welt, also eine Art ubereine bestimmte Domane zu denken...

I Anders: eine Domane ist eine Menge von (informellen) Regelndie die Struktur eines Teils der Realitat bestimmen.

Außerdem: die Ontologie sollte explizit und formal sein.

Das bedeutet soviel wie: sie sollte interpretierbar sein und v.a.maschinen-lesbar.

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Was ist eine Ontologie?

Es gibt nur eine formale Definition von Ontologie. Die besagtsoviel wie:

Formale Ontologie

eine Ontologie ist eine logische Theorie die ein Vokabular einfuhrt,das heißt jede nicht intendierte Definition dieses Vokabularsausschließt. Damit ist sichergestellt, dass jedes Modell der Theoriezu unserer Welt (bzw. deren Konzeptualisierung) korrespondiert.

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Z.B.

In unserer intendierten Welt schliet es sich aus, dass jemandgleichzeitig ein Mann und eine Frau ist. Unsere Theorie sollte alsoeinen Satz beinhalten:

∀x .[(mann(x)→ ¬frau(x)) ∧ (frau(x)→ ¬mann(x))] (1)

Das sagt also: was ein Mann ist, ist keine Frau und umgekehrt;dementsprechend erfullen unsere Pradikate bereits Eigenschaften,die intuitiv korrekt sind (auch wenn sie nicht notwendig Mannerbzw. Frauen denotieren).

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Domain space

WeltEine Welt ist ein maximaler beobachtbarer Zustand, d.h. einModell in dem jede Aussage entweder wahr oder falsch ist.

Domain space

Ein domain space ist ein Paar 〈D,W 〉, wobei W eine Menge vonWelten ist, und D eine Menge von ausgezeichneten Elementen(uber die wir sprechen wollen).

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Konzeptuelle Relationen

Nimm ein domain space 〈D,W 〉 als gegeben. Eine Funktion

ρn : W → ℘(Dn)

ist eine konzeptuelle Relation der Stelligkeit n.(Dn ist das kartesische Produkt, ℘ die Potenzmenge.)

I Eine konzeptuelle Relation bezeichnet also die Extensioneiner gewissen Relation uber Objekte in D in einer Welt w .

I In unserem Beispiel hatten wir die Funktion spieler mitStelligkeit 1, also spieler(w) ⊆ D, die wurde uns alleSpieler in D in einer Welt w liefern.

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Konzeptualisierung

Eine Konzeptualisierung ist ein Tripel 〈D,W ,R〉 wobei gilt:

I D ist das Universum des Diskurses, also die Dinge uber diewir sprechen

I W ist eine Menge sog. moglicher Welten

I R ist eine Menge konzeptueller Relationen uber 〈D,W 〉.

Die Konzeptualisierung sagt uns also, welche Individuen desDiskurses in welcher Welt in welcher Relation stehen. Diemoglichen Welten W spiegeln die verschiedenen Moglichkeitenwieder.

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Konzeptualisierung

Normalerweise nimmt man an, dass jeder Agent in der Welt einegewisse Konzeptualisierung hat. Fur den Rechner allerdingsmussen wir diese Konzeptualisierung explizit machen!

Dazu gibt es zwei Moglichkeiten, eine praktische und eineunpraktische:

1. Wir schreiben die Konzeptualisierung einfach auf. Das ist sehrunpraktisch, denn D ist normalerweise sehr groß, und W istnormalerweise unendlich.

2. Wir schreiben eine logische Theorie, die die moglichen Exten-sionen unserer konzeptuellen Relationen intensional beschrankt.

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Konzeptualisierung

2. Wir schreiben eine logische Theorie, die die moglichenExtensionen unserer konzeptuellen Relationen intensionalbeschrankt.

Genau hierin sind wir interessiert! Unsere Logik soll also eineKonzeptualisierung bestimmen, d.h. mogliche Welten undkonzeptuelle Relationen endlich beschreiben.

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Ontologisches committment

Ontologisches committment

Sei T eine logische Theorie mit Vokabular V (normalerweisePradikatenlogik). Ein ontologisches committment dieser Theorie Tist ein Paar (C, I), wobei

I C eine Konzeptualisierung ist,

I und I eine Interpretationsfunktion I : V → D ∪R

I interpretiert also unser Vokabular entweder in D (Konstanten)oder in konzeptuellen Relationen; verknupft also die Sprache mitder Konzeptualisierung.

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Intendierte Modelle

Sei

I C = (D,W ,R) eine Konzeptualisierung,

I T eine logische Theorie uber Vokabular T

I K = (C , I) ein ontologisches committment.

Ein Modell M = (D,R, I ) von T ist ein intendiertes Modell nachK genau dann wenn

1. fur alle Konstanten c in V gilt: I (c) = I(c) und

2. es gibt eine Welt w ∈ W so dass fur alle Pradikate P in Vgilt: I (P) = I(P)(w)

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Intendierte Modelle

Ein Modell M = (D,R, I ) von T ist ein intendiertes Modell nachK genau dann wenn

1. fur alle Konstanten c in V gilt: I (c) = I(c) und

2. es gibt eine Welt w ∈ W so dass fur alle Pradikate P in Vgilt: I (P) = I(P)(w)

Im intendierten Modell entspricht also die Interpretation derKonstanten/Pradikate dem ontologischen committment.

Wir nennen die Menge der intendierten Modelle von T IK(T ).

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Ontologie

Gegeben eine Konzeptualisierung C, ist eine Ontologie eine logischeTheorie mit einem committment K so dass die Modelle von T dieMenge IK(T ) so gut als moglich approximieren.

Eine Ontologie wurde perfekt approximieren, falls jedes Modell einintendiertes Modell ist. Das ist aber normalerweise unrealistisch.

Es gibt zwei Moglichkeiten:

1. mod(T ) ⊇ IK(K ); die Ontologie ubergeneriert.

2. mod(T ) ⊆ IK(K ); die Ontologie untergeneriert.

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Ontologie

1. mod(T ) ⊇ IK(K ); die Ontologie ubergeneriert.

2. mod(T ) ⊆ IK(K ); die Ontologie untergeneriert.

1. In diesem Fall ist jedes intendierte Modell ein Modell derOntologie. Das bedeutet: vielleicht verpassen wir wichtigeGeneralisierungen, aber: jede Inferenz die wir ziehen ist korrekt,denn sie gilt in allen Modellen, also auch in allen intendiertenModellen.

2. In diesem Fall haben wir alle Generalisierungen getroffen, abernoch mehr als das. Wir konnen uns also bei keiner Inferenz sichersein, ob sie wirklich korrekt ist, denn wir wissen nicht einmal ob siein allen intendierten Modellen gilt.

Man versucht also normalerweise, eine Situation wie in 1. zubekommen.

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Ontologie

Wir wollen jetzt kurz illustrieren, wie man ontologisches Wissen inPL formalisiert (immer im Bezug auf Fussball). Wir haben

I Unare Pradikate: Spiel, Tor, FussballAktion, TorGerichteteAk-tion, SpielerGerichteteAktion, Freistoss, Eckball, Foul Allediese Pradikate bezeichnen also Individuen!

I Binare Pradikate: sieger, verlierer, passiertIn, inSpiel, fuerTeamDas ist nicht immer intuitiv, aber: ein Sieger ist ein Sieger ineinem Spiel; insSpiel beichnet ein Ereignis in einem Spiel, istalso binar.

I Ternare Pradikate: spieltFuer Hier brauchen wir einen tempo-ralen Parameter!

Wir folgen hier einer Konvention der Semantic Web community,nach der nur unare Pradikate groß geschrieben werden.

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Ontologie

Typisches Wissen sieht so aus:Freistoße sind torgerichtet:

∀x .(FreiStoss(x)→ TorGerichteteAktion(x))

Fouls sind Spielergerichtet:

∀x .(Foul(x)→ SpielerGerichteteAktion(x))

Ein Tor geschieht immer in einem bestimmten Spiel, durch einenSpieler, fur ein Team, und zu einem Zeitintervall i .

∀x(Goal(x)→ ∃tmpi(inSpiel(g ,m) ∧ fuerTeam(g , t) ∧vonSpieler(g , p) ∧ passiertIn(g , i)

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Ontologie

In jedem Spiel gibt es zwei Teams:

∀m(Spiel(m)→ ∃t1t2(team(m, t1) ∧ team(m, t2) ∧ ¬(t1 =t2) ∧ ∀t(team(m, t)→ (t = t1 ∨ t = t2)))

Wenn ein Team gewinnt, verliert das andere:

∀wml((Spiel(m) ∧ team(m,w) ∧ team(m, l) ∧ ¬(w =l) ∧ sieger(m,w))→ verlierer(m, l)

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Ontologie

Ein ganz interessantes Beispiel ist das folgende: zu einem gewissenZeitpunkt kann ein Spieler nur ein einem Spiel spielen

∀m1m2pt1t2(Spiel(m1) ∧ Spiel(m2) ∧ spieltIn(p,m1) ∧spielDauer(m1, t1) ∧ spielDauer(m2, t2) ∧ schneidet(t1, t2))→

m1 = m2

Das setzt aber noch einiges mehr voraus, z.B. das schneidet einsymmetrisches Pradikat ist:

schneidet(t1, t2)↔ schneidet(t2, t1)

und viele andere mehr!