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Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
1
Organisatorisch-institutionelle Aspekte beruflicher Bildung – BWP II
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
2
Programm
1. Einführung in das Berufsbildungssystem
2. Das System beruflicher Bildung in der BRD
2.1 Gesellschaftstheoretische Aspekte des Lehrens und Lernens
2.2 Organisationstheoretische Aspekte des Lehrens und Lernens
2.3 Die Struktur schulischer und betrieblicher Berufsausbildung
2.4 Steuerungsinstrumente schulischer und betrieblicher Berufsausbildung
2.5 Berufliche Weiterbildung
3. Das deutsche Berufsbildungssystem im internationalen Vergleich
4. Aktuelle Entwicklungstendenzen beruflicher Ausbildung (Perspektiven des dualen
Systems)
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1. Einführung in das Berufsbildungssystem
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Ziele der Veranstaltung
1. Überblick zum Aufbau und der neueren Entwicklung des Berufsbildungssystems
- grundlegende Orientierung zum künftigen Tätigkeitsfeld
- Relevanz des organisatorischen Rahmens für die Gestaltung von Lehr-
Lernprozessen
2. Überblick und punktuell vertiefte Einblicke in die Wechselwirkung zwischen
beruflichem Bildungssystem und anderen gesellschaftlichen Subsystemen
- gesellschaftliche Funktion des Bildungssystems
- Lehrende als Betroffene solcher Wechselwirkungen
- Relevanz der Wechselwirkungen für die Weiterentwicklung des
Berufsbildungssystems
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1.1 Begriffserklärung System
System : Bezeichnung für eine aus in gegenseitiger Beziehung stehenden
Elementen aufgebauten Einheit, die mit ihrem Umfeld in Austausch steht.
Fragen:
Was sind die Elemente des Berufsbildungssystems?
In welcher Beziehung stehen die Elemente zueinander?
In welchem Austauschverhältnis steht das Berufsbildungssystem zu seinem Umfeld?
Weshalb ist das Berufsbildungssystem so gestaltet, wie es ist?
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1.2 Elemente des Berufsbildungssystems
Personen
Akteure
Institutionen (i.e.S)
(Schulen, Schulformen, betr. Aus- u. Weiterbildungseinrichtungen; außerbetriebliche Einrichtungen)
Rechtliche
Steuerungsmittel
Handlungsprogramme
(Did.-meth. Ansätze; Auswahl-u. Bewertungsverfahren etc.)
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1.3 Das System beruflicher Bildung(1)
1. Subsysteme
a) Berufliche Ausbildungssysteme
- duales System
- schulische, nichtakademische Berufsausbildung (berufliche Vollzeitschulen)
- außerschulische Berufsausbildung
- berufliche Rehabilitation
- Umschulung
- akademische Berufsausbildung
b) Berufliche Weiterbildung (Strukturierungsmöglichkeiten)
- betriebliche Weiterbildung
- außerbetriebliche berufliche Weiterbildung (freie Träger/ Schulen)
- Aufstiegsfortbildung
- Anpassungsfortbildung
- Umschulung
- Führungskräfteweiterbildung
- Weiterbildung für…
- berufliche Erwachsenenbildung
- thematische Ausdifferenzierungen
---------
Personal- und Organisationsentwicklung
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2. Elemente der Subsysteme
- Lehrkräfte
- Akteure
- Lernende
- Steuerungselemente (z.B. Ziele, Inhalte, Organisation)
- personelle/sachliche Ressourcen
- Institutionen (z.B. spezielle Schulen, Module etc.)
- Handlungsprogramme
Austausch des Bildungssystems mit anderen gesellschaftlichen Subsystemen,
gesellschaftliche und pädagogische Funktionen?
1.3 Das System beruflicher Bildung(2)
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1.4 Beispiel für die Ergiebigkeit der Analysefragen(1)
In welcher Beziehung stehen die Elemente zueinander?
Beispiel duales System
Berufsschule Betrieb (Betriebliche Ausbildung)
Lehrende Lehrende
Lernende Lernende
formelle
informelle
formelle
informelleSteuerungselemente
Lehrende Lehrendeformelle - informelle
überbetriebliche Ausbildung
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Bezüge zwischen den Steuerungsinstrumenten
• Orientierung des LP an AO
• Organisation folgt z.T. betr. Bedürfnissen
• Diskrepanz a) Tüchtigkeit auf Betrieb bezogen
b) Tüchtigkeit und Mündigkeit auf Beruf bezogen
1.4 Beispiel für die Ergiebigkeit der Analysefragen(2)
Bezüge zwischen den Lehrenden (Lernortkooperation)
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1.5 Austauschbeziehungen des Berufsbildungssystems mit
angrenzenden Subsystemen
Input?
Output?
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2. Das System beruflicher Bildung in der BRD
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2.1 Gesellschaftstheoretische Aspekte des Lehrens und Lernens
2.2 Organisationstheoretische Aspekte des Lehrens und Lernens
2.3 Die Struktur schulischer und betrieblicher Ausbildung
2.4 Steuerungsinstrumente schulischer und betrieblicher Berufsausbildung
2.5 Berufliche Weiterbildung
2. Das System beruflicher Bildung in der BRD
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SCHULEXTERNE BEREICHE SOZIALISATIONSEFFEKT SCHULSYSTEM
Berufs- und
Beschäftigungssystem
(Produktionssektor)
Sozialstruktur
(z.B. Klassen-
antagonismus)
Politisches System
Gesellschaftl. Herrschafts-
verhältnisse
Allgemeine
Qualifikationen zur
gesell-
schaft-
lichen
Teilhabe
Berufliche
Qualifika-
tionen,
Arbeitsver-
mögen
Stellung im
Schulsystem
Schulabschluss
Politische
Orientierunge
n
System-
stabilisierende
Normen und
Werte
Interpretationssysteme
Lehre und Unterricht
Prüfungen
Berechtigungen
„Schulleben“
Rollenerwartung
Qualifikations
funktion
Selektions- und
Allokationsfunktion
Integrations-
funktion
Legitimations-
funktion
+
Quelle: Fend, H.(1974): Gesellschaftliche Bedingungen schulischer Sozialisation. Weinheim u. Basel. S.67
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Funktionen des Berufsbildungssystems (2/2)
Zu 1)
• Qualifikationsfunktion:= Vermittlung von Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnissen, die
zur Ausübung konkreter Arbeit und zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erforderlich
sind.
Zu 2)
• Allokationsfunktion:= Zuweisung bzw. Verteilung von Schülern (Arbeitskräften) mit
bestimmten Qualifikationen in (auf) bestimmte soziale (berufliche) Positionen in
Abhängigkeit von (vermeintlichen oder tatsächlichen) Funktionsnotwendigkeiten des
Arbeitsmarktes.
• Selektionsfunktion:= Auswahl der Schüler (Auszubildenden) zur Zuweisung in bestimmte
Positionen nach Merkmalen wie „Tüchtigkeit“, „Leistung“ und „Begabung“.
Zu 3)
• Integrationsfunktion:= Vorbereitung zur Aufnahme als vollwertiges (berechtigtes) Mitglied
in die Gesellschaft.
• Legitimationsfunktion:= Reproduktion von solchen Normen, Werten und
Interpretationsmustern, die zur Sicherung wünschenswerter Herrschaftsverhältnisse dienen.
In pädagogischer Perspektive käme die Bildungs- oder auch pädagogische Funktion hinzu! (in Anlehnung an Fend,H.: Gesellschaftliche Bedingungen schulischer Sozialisation, Weinheim u. Basel, 1974, S.65ff und
Lempert, W.:Franzke,R.: Die Berufserziehung, München 1976, S.141f.)
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Funktionen des Berufsbildungssystems (1/2)
Das Berufsbildungssystem erfüllt für das Beschäftigungssystem dieselben Funktionen
wie das Gesamtbildungssystem für die Gesamtgesellschaft:
1. Qualifikationsfunktion
2. Allokations- und Selektionsfunktion Reproduktionsfunktionen
3. Integrations- und Legitimationsfunktion
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Thesen zur Institutionalisierung der gewerblichen Berufsschule
1. Die gewerbliche Fortbildungs- bzw. Berufsschule wurde vor allem als Mittel der Gewerbeförderung eingerichtet.
2. Die Einrichtung der gewerblichen Fortbildungsschule ist in erster Linie als Antwort auf die Bedrohung des Handwerks durch Gewerbefreiheit und staatliche Industrialisierungspolitik zu interpretieren.
3. Es handelt sich bei der Einrichtung dieser Schulen um eine Reaktion auf veränderte Produktionsbedingungen und Abläufe und die daraus erwachsende Notwendigkeit, systematisches, methodisch-strenges Fachwissen außerhalb des Arbeitsprozesses zu vermitteln.
4. Die Einrichtung der Berufsschule und ihrer Vorläufer war die Konsequenz aus der Einsicht, dass 13 – 14 jährige Lehrlinge noch der pädagogischen Betreuung bedurften, wenn sie als Lehrlinge oder jugendliche Arbeiter tätig wurden und
5. sowohl die allgemeine wie auch die beruflich gegliederte Fortbildungsschule waren daraufhin angelegt, die kleinbürgerlichen und proletarischen Jugendlichen in die bürgerliche Gesellschaft und in ihr Wertesystem zu integrieren, sie wurden beide trotz unterschiedlicher didaktischer Struktur von den gesellschaftlichen Gruppierungen, die ihre Entwicklung beeinflussten und förderten, vor allem als Mittel der ideologischen Manipulation und sozialen Kontrolle verstanden. (Greinert 1975, S.101)
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Zur Legitimationsfunktion
„Die in den letzten Jahren hervortretenden Differenzen zwischen Arbeitgebern und
Arbeitnehmern haben der königlichen Kommission für die gewerblichen
Fortbildungsschulen den Gedanken nahe gelegt, schon beim Unterricht der gewerblichen
Jugend in den Fortbildungsschulen darauf hinzuwirken, dass sie einen „richtigen Einblick“
in das wirtschaftliche Leben bekommen und die Überzeugung gewinnen, dass die Arbeit
eines jeden, sei er reich oder arm, die Grundlage des allgemeinen Wohles bildet, dass
der Besitz der Reichen auch den Armen zugute kommt, dass endlich die richtige Leitung
und Entwicklung der Tätigkeit des Einzelnen die Ungleichheiten im Besitz der Menschen
ihren Leistungen für das Gemeinwohl entsprechend unaufhörlich ausgleicht.“
(Gewerbeblatt 1873, S. 74)
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Erlass Wilhelms II. zur Bekämpfung sozialistischer und
kommunistischer Ideen durch die Schule und
Ausführungsbestimmungen (1889)
Schon längere Zeit hat mich der Gedanke beschäftigt, die Schule in ihren einzelnen Abstufungen nutzbar
zu machen, um der Ausbreitung sozialistischer und kommunistischer Ideen entgegenzuwirken. In erster
Linie wird die Schule durch Pflege der Gottesfurcht und der Liebe zum Vaterlande die Grundlage für eine
gesunde Auffassung auch der staatlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse zu legen haben. Aber ich
kann mich der Erkenntnis nicht verschließen, dass in einer Zeit, in welcher die sozialdemokratischen
Irrtümer und Entstellungen mit vermehrtem Eifer verbreitet werden, die Schule zur Förderung der
Erkenntnis dessen, was wahr, was wirklich und was in der Welt möglich ist, erhöhte Anstrengungen zu
machen hat. Sie muss bestrebt sein, schon der Jugend die Überzeugung zu verschaffen, dass die Lehren
der Sozialdemokratie nicht nur den göttlichen Geboten und der christlichen Sittenlehre widersprechen,
sondern in Wirklichkeit unausführbar und in ihren Konsequenzen dem Einzelnen und dem Ganzen gleich
verderblich sind. Sie muss die neue und die neuste Zeitgeschichte mehr als bisher in den Kreis der
Unterrichtsgegenstände ziehen und nachweisen, dass die Staatsgewalt allein dem Einzelnen seine Familie,
seine Freiheit, seine Rechte schützen kann und der Jugend zum Bewusstsein bringen, wie Preußens
Könige bemüht gewesen sind, in fortschreitender Entwicklung die Lebensbedingungen der Arbeiter zu
heben, von den gesetzlichen Reformen Friedrichs des Großen und von Aufhebung der Leibeigenschaft an
bis heute. Sie muss ferner durch statistische Tatsachen nachweisen, wie wesentlich und wie konstant in
diesem Jahrhundert die Lohn- und Lebensverhältnisse der arbeitenden Klassen unter diesem
monarchischen Schutze sich verbessert haben.
Quelle: Schepp, H.H.; Michael, Berthold (Hrsg.): Politik und Schule von der Französischen Revolution bis zur Gegenwart, Bd.
1. Frankfurt 1973, S. 409
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Ungleich ist der Mensch Los,
Der ist niedrig, der ist groß.
Murre deines Standes nicht,
Leist willig deine Pflicht.
Schullied Ende 19. Jh. Zit. nach Geissler 1996, ZBW 1/96, S.25
Die Verfassung des Deutschen Reichs vom 11. Aug. 1919
(mit Änderungen bis zum 1. Aug. 1931)
Artikel 148
In allen Schulen ist sittliche Bildung, staatsbürgerliche Gesinnung, persönliche und berufliche Tüchtigkeit im Geiste des deutschen Volkstums und der Völkerversöhnung zu erstreben.
Beim Unterricht in öffentlichen Schulen ist Bedacht zu nehmen, dass die Empfindungen Andersdenkender nicht verletzt werden.
Staatsbürgerkunde und Arbeitsunterricht sind Lehrfächer der Schulen. Jeder Schüler erhält bei Beendigung der Schulpflicht einen Abdruck der Verfassung.
Das Volksbildungswesen, einschließlich der Volkshochschulen, soll vom Reich, Ländern und Gemeinden gefördert werden.
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Der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule ist in Art. 12 LV niedergelegt. Er lautet:
„Die Jugend ist in der Ehrfurcht vor Gott, im Geiste der christlichen Nächstenliebe, zur
Brüderlichkeit aller Menschen und zur Friedensliebe, in der Liebe zu Volk und Heimat, zu
sittlicher und politischer Verantwortlichkeit, zu beruflicher und sozialer Bewährung und zu
freiheitlicher demokratischer Gesinnung zu erziehen.“ In den Bildungsplänen für die
verschiedenen Schularten wird dieser allgemeine Auftrag vertieft und der individuellen
Aufgabe der einzelnen Schulart entsprechend entwickelt und ausgestaltet (vgl. u. a.
Bildungsplan für die Volksschulen vom 10.1.1958 – A. Bl. 58, S.140- , SchRBW III B I S.
101; Bildungspläne für Gymnasien vom 4.2.1957 – A. Bl. 57, S.163-, SchRBW
Quelle: Hochstetter, Herbert: Gesetz zur Vereinheitlichung und Ordnung des Schulwesens in Baden-Württemberg.
Stuttgart 1964, S.13
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Vorbemerkungen Die Bildungs- und Erziehungsziele des Faches Gemeinschaftskunde orientieren sich unabdingbar an den im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und in der Verfassung des Landes Baden-Württemberg niedergelegten Normen und Werten. Im Raum der Schule ergaben sich daraus für das Fach Gemeinschaftskunde folgende Postulate, wie sie in § 1, Abs.2 des Schulgesetzes für Baden-Württemberg festgelegt sind:
„… die Schüler in Verantwortung vor Gott, im Geiste christlicher Nächstenliebe, zur Menschlichkeit und Friedensliebe, in der Liebe zu Volk und Heimat, zur Achtung der Würde und der Überzeugung anderer, zu Leistungswillen und Eigenverantwortung sowie zu sozialer Bewährung zu erziehen und in der Entfaltung ihrer Persönlichkeit und Begabung zu fördern, zur Anerkennung der Wert- und Ordnungsvorstellungen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu erziehen, die im einzelnen eine Auseinandersetzung mit ihnen nicht ausschließt, wobei jedoch die freiheitlich-demokratische Grundordnung, wie im Grundgesetz und Landesverfassung verankert, nicht in Frage gestellt werden darf…“.
Ziel der politischen Bildung ist die freie Entscheidung des Schülers für die plurale, repräsentative, rechts- und sozialstaatliche Demokratie im Rahmen des grundgesetzlichen Wertesystems zu ermöglichen. Über die Vermittlung von Wissen und Kenntnissen hinaus soll die politische Bildung den Schüler befähigen, selbständig und kritisch zu urteilen, rational zu entscheiden und in sozialer Verantwortung zu handeln.
Quelle: Kultus und Unterricht. Lehrplanheft 22 / 1979, S. 123
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Erziehungs- und Bildungsziele im Schulgesetz Baden-Württemberg
• Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten
• Die Schule ist gehalten
in Verantwortung vor Gott, im Geiste christlicher Nächstenliebe und in Liebe zu Volk und
Heimat zu erziehen zu(r)
- Menschlichkeit, Friedensliebe
- Zur Achtung der Würde und Überzeugung anderer
- Zu Leistungswillen, Eigenverantwortung und sozialer Bewährung
- Förderung der Persönlichkeit und Begabung
- Anerkennung der Wert- und Ordnungsvorstellungen der freiheitlich-demokratischen
Grundordnung
- Vorbereitung auf die Wahrnehmung verfassungsmäßiger Rechte und Pflichten (inkl.
dazu notwendiger Urteils- und Entscheidungsfreiheit)
- Vorbereitung auf die Lebensaufgaben und die Anforderungen der Berufs- und
Arbeitswelt
§1 Schulgesetz für Baden-Württemberg (Holfelder/Bosse 1993, S.15)
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Im betrieblichen Feld häufig eingeforderte normative
Orientierungen
Zuverlässigkeit
Pünktlichkeit
Ehrlichkeit
Flexibilität
Teamfähigkeit
Identifikation mit dem Betrieb
Mechanismen zur Sicherung dieser Orientierungen
• Auswahl der Auszubildenden und des Personals
• Spezielle Veranstaltungen zur Bindung an das Unternehmen
• Ausbildungs- und Weiterbildungsveranstaltungen
• Einforderung im Arbeitsprozess
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Ausbildung: Was Lehrlinge können sollten
Personalverantwortliche erwarten von ihren Azubis
Grundlegende Beherrschung der deutschen
Sprache in Wort und Schrift
Lern- und Leistungsbereitschaft
Grundlegende Beherrschung einfacher
Rechentechniken
Grundlegende Beherrschung einfacher
Rechentechniken
Lern- und Leistungsbereitschaft Grundlegende Beherrschung der deutschen
Sprache in Wort und Schrift
Zuverlässigkeit, Qualitätsbewusstsein und
Verantwortungsbereitschaft
Zuverlässigkeit, Qualitätsbewusstsein und
Verantwortungsbereitschaft
Kooperationsbereitschaft und Teamfähigkeit Kooperationsbereitschaft und Teamfähigkeit
Selbständigkeit, Initiative und Kreativität Ausdauer, Durchhaltevermögen und
Belastbarkeit
Kunden- und Service- Orientierung Selbständigkeit, Initiative und Kreativität
Ausdauer, Durchhaltevermögen und
Belastbarkeit
Konflikt-, Kritikfähigkeit und
Selbstbewusstsein
Kaufmännische Berufe Industriell-technische Berufe
2
1
3
4
5
6
7
8
Rang
Quelle: IHK zu Köln 1999 Institut der deutschen Wirtschaft Köln
Aus: IWD.Jahrgang 26 vom 15.7.2000. S.8
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Schaubilder zur Selektions- und Allokationsfunktion des Bildungssystems
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Thesen zur Selektions- und Allokationsfunktion des Schulsystems
1. Die Schule dient als Vehikel zur Reproduktion der Sozialstruktur, wobei die
Dreigliedrigkeit des Schulwesens den ständischen Aufbau der Sozialstruktur
widerspiegelt.
2. Die Schule dient als Instanz der permanenten Umverteilung von Sozialchancen,
nicht Kriterien wie soziale Herkunft, Geschlecht, Religionszugehörigkeit u.a.
entscheiden über den zu erlangenden Status, sondern schulische Leistung.
Frage: Welche der Thesen ist zutreffend und wie könnten die Thesen überprüft
werden?
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Mobilität
t1, G1, S1
Stellung der Eltern in
der Sozialstruktur
t2, G2, S2
Stellung der Kinder in
der Sozialstruktur
Erreichte
Abschlüsse der
Kinder im
Schulsystem
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Abb. 11: Schichtungsmodelle der deutschen Gesellschaft nach 1945Janowitz (105) Selbsteinschätzung nach
Janowitz
Moore/ Kleining („SSE“,
155)
Scheuch („Kölner Index“,
195)
OM 4,6% Oberschicht 1,9% O 1% O 2,6%
OM 5%Mittelschicht 43,2% OM 9,9%
UM 38,6%MM 15%
MM 18,9%
UM 30%
UM 23,3%
Arbeiterschicht 48,5%
OU 13,3%
OU 28% OU 33,6%
UU 38,6%
MU 10,2%UU 17%
Unterschicht 5,3% UU 0,6%
Unbekannt 4,9% SV 4% Unbekannt 0,9%Keine Angaben 1,1%
O = Oberschicht, OM= Obere Mittelschicht, MM = Mittlere Mittelschicht, UM= Untere Mittelschicht, OU=
Obere Unterschicht usw. SV= Sozial Verachtete.
Quelle: Fend, Helmut: Gesellschaftliche Bedingungen schulischer Sozialisation, BeltzVerlag: Weinheim 1974
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Tabelle 6: Anteil der Berufskreise an der Sozialstruktur ( INFRA-Test 1968)
Bei Infratest untergliedert in die Kategorien größere und mittlere Selbständige bzw. größere, mittlere und kleinere
Landwirte
Quelle: Müller 1973, 68.
Anteil am
Gesamtsample
(1) Größere und Mittlere Selbständige (z.B. Fabrikbesitzer, Einzelhändler mit großem Geschäft,
Hauptvertreter)
2,4%
(2) Freie Berufe, Selbständige Akademiker 1,4%
(3) Höhere Beamte 1,7%
(4) Leitende Angestellte (z.B. Direktoren, Prokuristen, Abteilungsleiter, Ingenieure) 6,8%
(5) Gehobene Beamte 5,2%
(6) Qualifizierte Angestellte (z.B. Buchhalter, Kassierer) 11,1%
(7) Ausführende Angestellte (z.B. Kontorist, Verkäufer) 14,1%
(8) Untere Beamte 2,0%
(9) Hochqualifizierte Facharbeiter 6,8%
(10) Facharbeiter und unselbst. Handwerker 18,9%
(11) Angelernte Arbeiter 12,0%
(12) Ungelernte Arbeiter 6,7%
(13) Kleinere Selbständige (z.B. Einzelhändler mit kleinem Geschäft, Handwerker) 7,8%
(14) Landwirte 5,3%
Quelle: Fend, Helmut: Gesellschaftliche Bedingungen schulischer Sozialisation. Beltz Verlag: Weinheim u. Basel 1974
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Freie Berufe, leitende
Angestellte und höhere
Beamte
Größere und mittlere
Selbständige
Qualifizierte
Angestellte u.
gehobene
Beamte
Ausführende
Angestellte und
untere Beamte
Landwirte
Facharbeiter und
hochqualifizierte
Facharbeiter
Un- und angelernte
Arbeiter
Kleine Selbständige
Größe der Berufsgruppe in
der Vätergeneration
Größe der Berufsgruppe in der
Sohn-Generation (20%)
10% Zustrom oder Abstrom
10 % Berufsvererbung
Quelle: Müller 1973, 77
Fend, Helmut: Gesellschaftliche Bedingungen schulischer Sozialisation. Beltz
Verlag: Weinheim u. Basel, 1974
Berufsvererbung und Abstromsquoten bei 8
Berufskreisen
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Tabelle1
Verteilung der 13- bis 14jährigen Schüler in den einzelnen Schularten nach der beruflichen Stellung des Familienvorstandes 1972, 1976, 1979 1) (in v.H.)
1 Quelle Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes Wiesbaden Daten des jeweiligen Mikrozensus
2 Abweichungen von Hundert durch Auf- und Abrunden
Daten aus den Mikrozensen von 1972, 1976 und
1979(1)
Schulart Berufliche Stellung des Familienvorstandes Schüler insgesamt (ohne Differenzierung nach sozialer Herkunft)
Selbständige und mithelfende Angehörige
Beamte Angestellte Arbeiter Nicht Erwerbstätige
a) Im Jahr 1972
Integrierte Gesamtschule - - - - - -
Hauptschule 49,2 28,7 36,0 73,0 66,0 57,5
Realschule 22,3 22,5 24,5 16,3 12,0 19,0
Gymnasium 24,6 45,7 36,1 6,3 16,0 19,2
Berufsfachschule / - - / - /
Übrige einschl. o. Angabe 3,8 3,1 3,3 4,5 6,5 4,2
Summe 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0
Schüler insgesamt (ohne Diff. nach Schulform)
15,5 8,1 20,5 47,0 8,5 100,0
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Tabelle1
Verteilung der 13- bis 14jährigen Schüler in den einzelnen Schularten nach der beruflichen Stellung des Familienvorstandes 1972, 1976, 1979 1) (in v.H.)
Daten aus dem Mikrozensus von 1976 (2)
Schulart Berufliche Stellung des Familienvorstandes Schüler insgesamt (ohne Differenzierung nach sozialer Herkunft)
Selbständige und mithelfende Angehörige
Beamte Angestellte Arbeiter Nicht Erwerbstätige
b) Im Jahr 1976
Integrierte Gesamtschule 2,0 2,9 3,0 3,8 4,3 3,4
Hauptschule 41,7 25,9 31,9 64,4 62,9 50,2
Realschule 25,1 22,4 25,0 19,6 13,2 21,2
Gymnasium 28,9 47,4 37,7 9,2 14,6 22,4
Berufsfachschule - - - - - -
Übrige einschl. o. Angabe 2,3 1,4 2,4 3,0 5,0 2,8
Summe 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0
Schüler insgesamt (ohne Diff. nach Schulform)
14,2 8,3 23,6 44,0 9,9 100,0
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Tabelle1
Verteilung der 13- bis 14jährigen Schüler in den einzelnen Schularten nach der beruflichen Stellung des Familienvorstandes 1972, 1976, 1979 1) (in v.H.)
Daten aus dem Mikrozensus von 1979
und (1987) (3)
Schulart Berufliche Stellung des Familienvorstandes Schüler insgesamt (ohne Differenzierung nach sozialer Herkunft)
Selbständige und mithelfende Angehörige
Beamte Angestellte Arbeiter Nicht Erwerbstätige
c) Im Jahr 1979
Integrierte Gesamtschule 2,8 (4,0) 3,7 (4,0) 4,0 (5,0) 4,3 (4,0) 3,4 3,9
Hauptschule 39,2 (36,0) 20,7 (17,0) 26,3 (23,0) 62,7 (57,0) 59,8 46,3
Realschule 26,7 (29,0) 24,2 (25,0) 29,0 (30,0) 20,5 (28,0) 17,3 23,5
Gymnasium 28,7 (35,0) 49,6 (54,0) 38,2 (42,0) 9,5 (11,0) 14,3 23,4
Berufsfachschule - - - - - -
Übrige einschl. o. Angabe 2,6 1,8 2,5 3,0 5,2 2,9
Summe 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0 100,0
Schüler insgesamt (ohne Diff. nach Schulform)
14,2 8,4 25,6 42,4 9,4 100,0
Lesehilfen: Von allen 13-bis 14jährigen Schülern besuchten 1972 (1976, 1979) etwa 58% (50%, 46%) die Hauptschule etwa 19% (21%,
24%) eine Realschule etwa 6% (9%, 10%) das Gymnasium, jeweils letzte Spalte der Tab. 1a)-c)
Von allen 13- bis 14jährigen Arbeiterkindern besuchten 1972 (1976, 1979) etwa 73% (64%, 65%) die Hauptschule,
etwa16% (22%,24%) die Realschule, etwa 6% (9%, 10%) das Gymnasium (Spalte Arbeiter der Tab. 1a)-c))
Von allen 13- bis 14jährigen Beamtenkindern besuchten 1972 (1976, 1979) etwa 29% (26%, 21%) die Hauptschule,
etwa23% (20%,21%) die Realschule, etwa 46% (47%, 50%) das Gymnasium (Spalte Beamte der Tab. 1a)-c)).
Der Anteil der 13- bis 14jährigen Kinder aus Arbeiterfamilien an allen Schulen dieser Altersgruppe betrug 1972 (1976, 1979)
etwa 47% (44%, 42%) (jeweils letzte Spalte der Zeile Spalte Arbeiter der Tab. 1a)-c))
Quelle: Arbeiterkinder im Bildungssystem. Der Minister für Bildung u. Wissenschaft, Bad Honnef, 1981. S.11
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Schulbesuch von 15-jährigen in den Jahren 2000 und 2009 (in
Prozent)
() kleine Fallzahlen
Obere Dienstklasse: führende Angestellte, höhere Beamte, freie akademische Berufe, Selbstständig ab 10 Mitarbeiter
Untere Dienstklasse: mittlere und gehobene Angestellte und Beamte
Quelle: Hans-Peter Blossfeld, Wilfried Bos, Hans-Dieter Daniel, Bettina Hannover, Dieter Lenzen, Manfred Prenzel,
Ludger Wößmann: Bildungsreform 2000-2010-2020, 5. Jahresgutachten 2011, VS Verlag, S.102
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und Psychologie
36Quelle: Hans-Peter Blossfeld, Wilfried Bos, Hans-Dieter Daniel, Bettina Hannover, Dieter Lenzen, Manfred Prenzel,
Ludger Wößmann: Bildungsreform 2000-2010-2020, 5. Jahresgutachten 2011, VS Verlag, S.102
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37
Entwicklung der Schichtspezifischen Schulbesuchsquoten 1950-1989Relativer Schulbesuch von 14 bis 18 jährigen deutschen Jugendlichen in Realschulen und Gymnasien nach dem Beruf des
Familienvorstands (in Prozent)
65
42
38
23
15
25
11
60
37
35
21
12
23
13
10
53
30
25
14
8
13
8
5
40
18
14
8
3
5
2
1
38
12
13
5
1
5
2
13
1
0 20 40 60
Leitende
Angestellte,
Beamte
Selbstständige
(ohne Landwirte)
Qualifizierte
Angestellte,
Beamte
Einfache
Angestellte,
Beamte
Landwirte
Meister,
Vorarbeiter
Facharbeiter
Un-/angelernte
Arbeiter
34
38
37
35
36
30
20
24
30
35
29
32
34
30
23
13
18
23
14
20
27
24
23
6
10
17
7
18
26
20
24
3
5
9
3
10
19
15
22
29
02040
1950
1960
1970
1982
1989
Realschule Gymnasium
Quelle: Schimpel-Niemanns,
B.:Soziale Herkunft und
Bildungsbeteiligung.In: Kölner
Zeitschrift für Soziologie und
Sozialpsychologie, 52.Jg.(2000),
S.654
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38
Tabelle 1:Bildungsbeteiligung und Religionszugehörigkeit
Von der Bevölkerung Badens waren 1895: 37% Protestanten, 61,3% Katholiken, 1,5% Juden. Die
Konfessionalität der Schüler aber stellte sich 1885/91 auf den über die Volksschulen hinausgehenden
und nicht obligatorisch zu besuchenden Schulen wie folgt dar (nach Offenbacher a.a.O.S.16):
Potestanten Katholiken Juden
Gymnasien
Realgymnasien
Oberrealschulen
Realschulen
Höhere Bürgerschulen
43%
69%
52%
49%
51%
46%
31%
41%
40%
37%
9,5%
9%
7%
11%
12%
Durchschnitt 48% 42% 10%
Genau die gleichen Erscheinungen in Preußen, Bayern, Württemberg, den Reichslanden, Ungarn (s.
die Zahlen bei Offenbacher a.a.O. S.18f)
Quelle: M.Weber (1920), S.21
Quelle: Fend, Helmut: Bilanz der empirischen Bildungsforschung. In: Zeitschrift für Pädagogik; 36.Jg. (1990),
H.5, S.696
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39
Der Einfluss der Schulbildung auf ausgewählte Variablen
Schulbildung des Vaters
Schulbildung des Vaters
Schulbildung des Vaters
Schulbildung des Vaters
Schulbildung des Vaters
Berufliche Position des Vaters
Restriktivität der Tätigkeit (Vater)
x berufliche Position
x Restriktivität der Arbeitsbedingungen
x Restriktivität des elterlichen
Erziehungsverhaltens
x besuchter Schultyp des Kindes
x Schulbildung der Mutter
x berufliche Position der Mutter
x Restriktivität der Tätigkeit (Mutter)
r = 0,62
r = -0,69
r = 0,49
r = 0,46
r = 0,63
r = 0,70
r = 0,78
(J.Mansel: Zur Reproduktion sozialer Ungleichheit. In: ZSE 1/93, S.36ff)
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40
Schaubild 2 (1)
Bildungsbeteiligung von Kindern aus verschiedenen Sozialgruppen (Schüler der 9.
Klasse allgemeinbildender Schulen im Schuljahr 1976/77)1)
Merkmale der
sozialen
Gruppen
Arbeiter
Berufl. Stellung
des Vaters
Un-oder
angelernter
Arbeiter
Facharbeiter Facharb. oder
un-/angelernte
Arbeiter
Un- oder
angelernter
Arbeiter
Facharbeiter
Schulabschluss
des Vaters
2) 2) 2) 2) 2)
Schulabschluss
der Mutter
2) 2) 2) 2) 2)
Zahl der Kinder Mehr als 4 Mehr als 4 4 1-3 1-3
3 3 3 3 43 6 6 9
1213
1621
23
32
62
6463
59
50
1911
7 62
un-/angelernte Arbeiter Facharbeiter Facharb. Oder un-/angel. Arbeiter un-/angelernte Arbeiter Facharbeiter
Sonderschüler
Hauptschüler
Realschüler
Gymnasiasten
Gesamtschüler
*
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41
*
1) Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der BfA „Bericht über die Ergebnisse der
Basiserhebung einer Längsschnittuntersuchung Jugendlicher beim Übergang vom Bildungs- in
das Beschäftigungssystem“ (IAB Projekt Nr. 3-213 E) von H. Saterdag u. a. Nürnberg 1979
(Übertragung von Zahlenangaben aus dem Schaubild auf Seite 53 des Berichtes)
2) Nicht angegeben, da durch dieses Merkmal keine statistisch bedeutsamen Unterschiede für
die Bildungsbeteiligung der Kinder aus dieser Gruppe bewirkt werden (Erläuterungen im Text)
Quelle: Arbeiterkinder im Bildungssystem. Der Minister für Bildung u. Wissenschaft, Bad Honnef, 1981. S.22
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Merkmale
der sozialen
Struktur
Nicht - Arbeiter
Angest.
Beamter o.
Selbständ.
Angest.
Beamter o.
Selbständ.
Angest.
Beamter o.
Selbständ.
Angest.
Beamter o.
Selbständ.
Angest.
Beamter o.
Selbständ.
Angest.
Beamter o.
Selbständ.
Angest.
Beamter o.
Selbständ.
Vater Höchstens
Hauptschula
bschluss
Höchstens
Hauptschula
bschluss
Mittlere Reife Höchstens
Hauptschula
bschluss
Abitur Mittlere Reife Abitur
Mutter …²) Höchstens
Hauptschula
bschluss
Höchstens
Hauptschula
bschluss
Mittlere Reife
oder Abitur
Höchstens
Hauptschula
bschluss
Mittlere Reife
oder Abitur
Mittlere Reife
oder Abitur
Zahl der
Kinder
4 oder mehr 1 - 3 …²) 1-3 …²) …²) …²)
3 5 6 6 7 7 6
1621
3342
51 55
75
26
34
34
3225
27
14
53
3926
20 1611 52 1 1 1
Sonderschüler
Hauptschüler
Realschüler
Gymnasiasten
Gesamtschüler
Schaubild 2 (3)
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43
Tabelle 22 : Bedingte Chancengleichheit im Dreigliedrigen Schulsystem: Verteilung der Schüler aus
verschiedenen sozialen Schichten im oberen und im unteren Drittel der Intelligenzverteilung auf
Schulformen (NW und NI Erhebung 1978/79)
Prozentsätze
N HS RS GY
IQ unteres Drittel 1)
OS / MS
GRS
149
230
34,9
63,9
39,6
28,3
25,5
7,8
IQ oberes Drittel
OS / MS
GRS
202
141
14,4
35,5
38,1
46,1
47,5
18,4
1)Einteilung nach den Normen des CFT 2
Quelle: Fend, Helmut: Gesamtschule im Vergleich. Weinheim, Basel; Beltz Verlag (1982) S.152
GRS = Grundschicht
MS = Mittelschicht
OS = Oberschicht
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44
Tabelle 23: Bedingte Chancengleichheit im Gesamtschulsystem NW und NI (Erhebung 1978/79)
Prozentsätze
N Leistungsstatus (Kursindex)
niedrig mittel hoch
IQ unteres Drittel 1)
OS / MS
GRS
51
101
35,7
76,4
32,1
12,7
32,1
10,9
IQ oberes Drittel
OS / MS
GRS
76
116
14,0
24,7
18,0
26,0
68,0
49,3
1)Einteilung nach den Normen des CFT 2
Quelle: Fend, Helmut: Gesamtschule im Vergleich. Weinheim, Basel; Beltz Verlag (1982) S.153
GRS = Grundschicht
MS = Mittelschicht
OS = Oberschicht
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45
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Beamte
Angestellte
Selbständige
Arbeiter
Landwirte
Offen
Sonstige
Gesamtschule
Gymnasium
Realschule
Hauptschule
Abbildung 4: Schulwünsche für Kinder nach Berufsstatus der Väter
Quelle: Fend, Helmut: Bilanz der empirischen Bildungsforschung. In: Zeitschrift für Pädagogik; 36.Jg. (1990), H.5, S. 700
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46
Soziale Herkunft der StudentenStudierende an wissenschaftlichen
Hochschulen nach der beruflichen
Stellung des Vaters in %
27 2622 20
612
1614
32
34 3742
3527 25 25
1963 1973 1982 1991
Beamter
Angestellter
Arbeiter
Selbständiger,Freiberufler 12
6
44 59
34
33
102
9
23
64
4
1991
West Ost
Zum Vergleich:
Schichtung der
Erwerbstätigen
Quelle: Informationsdienst Schule – Wirtschaft Nr. 1/93 Juni 1993
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47
Soziale Herkunft der Studenten 2005 (1)
Quellen: StBA: Bevölkerungszahlen; StBA: Hochschulstatistik; StBA: Sonderauswertung des Mikrozensus 2000; HIS:
Studienanfängerbefragung WS 2005/06, S.10 ff
http://www.bmbf.de/pub/wsldsl_2006_kurzfassung.pdf (letzter Zugriff: 24.03.12, 19.10 Uhr)
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Die soziale Zusammensetzung aller Studienanfänger/innen ist im Wesentlichen das Ergebnis der sozialgruppenspezi-fischen
Bildungsbeteiligung und der sozialen Zusammensetzung der Bevölkerung. Wie groß die Anzahl der Kinder aus einer
bestimmten Sozialgruppe ist, die ein Studium aufnehmen, hängt nicht nur von ihrer Bildungsbeteiligungsquote ab, sondern
auch vom Umfang der jeweiligen sozialen Gruppe. Im Jahr 2005 gab es 349.000 Arbeiterkinder im Alter zwischen 19 und unter
25 Jahren. Von diesen Arbeiterkindern nahmen 17% (59.000 Studienanfänger/innen) ein Hochschulstudium auf. Die
geringfügig kleinere Gruppe der Kinder von Angestellten (314.000 insgesamt, darunter 85.000 mit Hochschul-abschluss) stellt
aufgrund ihrer insgesamt mehr als doppelt so hohen Bildungsbeteiligungsquote (40% insgesamt, 76% mit
Hochschulabschluss) mit einer Zahl von 125.000 mehr als doppelt so viele Studienanfänger/innen. Die relativ kleinen Gruppen
der Beamten- und Selbständigenkinder weisen noch deutlich höhere Bildungsbeteiligungsquoten (insgesamt: 65% bzw. 52%;
mit Hochschulabschluss: 95% bzw. 88%) auf und entsenden daher in etwa so viele Studierende ins Studium (insgesamt:
48.000 bzw. 59.000) wie die um ein Mehrfaches größere Gruppe der Arbeiter. Die insgesamt 290.000 deutschen
Studienanfänger/innen im Studienjahr 2005/2006 setzen sich demnach zu 17% aus Beamten-, zu 20% aus Selbständigen-, zu
43% aus Angestellten- und zu 20% aus Arbeiterkindern zusammen. Gemessen an ihrem Anteil in der altersspezifischen
Bevölkerung sind Beamtenkinder jedoch mit einem Faktor von 1,8 an den Hochschulen überrepräsentiert (9% in der
Bevölkerung vs. 17% unter den Studienanfängern/innen). Die Kinder von Selbständigen erzielen mit 20% einen Anteil unter
den Erstsemestern, der anderthalb mal so groß ist wie ihr Anteil in ihrer Alterskohorte (13%).
Angestelltenkinder sind mit einem Faktor von 1,2 ebenfalls noch leicht überrepräsentiert (43% zu 37%). Die einzige der hier
betrachteten Sozialgruppen, die im Studienanfängerjahrgang 2005 deutlich zu wenig vertreten ist, sind die Arbeiterkinder. Ihr
Anteil ist nur halb so groß wie in der altersgleichen Bevölkerung (20% zu 41%). .
48
Soziale Herkunft der Studenten 2005 (2)
Bildungsbeteiligung und soziale Zusammensetzung
Quellen: StBA: Bevölkerungszahlen; StBA: Hochschulstatistik; StBA: Sonderauswertung des Mikrozensus 2000; HIS:
Studienanfängerbefragung WS 2005/06, S.10 ff
http://www.bmbf.de/pub/wsldsl_2006_kurzfassung.pdf (letzter Zugriff: 24.03.12, 19.10 Uhr)
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49
Soziale Herkunft der Studenten 2005 (3)
Bildungsbeteiligung und soziale Zusammensetzung
Trotz Veränderungen beispielsweise in der Sozialstruktur Gleichaltriger, in der absoluten Größe der Sozialgruppen und in der
sozialgruppenspezifischen Bildungsbeteiligung, die sich in den letzten zwei Jahrzehnten vollzogen haben (siehe Langfassung
des Berichtes zur 18. Sozialerhebung), blieb die Sozialstruktur der Studienanfänger/innen davon nahezu unberührt:
Die Anteile beider Gruppen haben sich lediglich jeweils um einen Prozentpunkt erhöht. Der soziale Wandel, der außerhalb der
Hochschulen stattfindet, wirkt offenbar kaum in sie hinein. Primäre und sekundäre Effekte sozialer Ungleichheit, die der
Hochschule zeitlich vorgelagert sind, erweisen sich offenbar als sehr nachhaltig. Die soziale Binnenstruktur der Studierenden
war seit den 1980er Jahren vor weiteren größeren Veränderungen abgeschottet und blieb weitgehend unverändert.
Quellen: StBA: Bevölkerungszahlen; StBA: Hochschulstatistik; StBA: Sonderauswertung des Mikrozensus 2000; HIS:
Studienanfängerbefragung WS 2005/06, S.10 ff
http://www.bmbf.de/pub/wsldsl_2006_kurzfassung.pdf (letzter Zugriff: 24.03.12, 19.10 Uhr)
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51
Tabelle 2: Veränderung des Zusammenhangs von Bildungsniveau und sozialer Herkunft
Land Veränderungen der herkunftsbezogenen Variablen
Bildung des Vaters Beruf des Vaters Zusätzliche Variablen
Westlich kapitalistisch:
USA
DeutschlandNiederlandeSchwedenGroßbritannienItalienSchweizIsrael
0
0--0-00
-
0--0+00
Bildung der Mutter (-)Landw. (-)-keine--keine-Gemeindegröße (-)-keine--keine--keine-Landw. (-)
Nicht – westlich kapitalistisch:
Taiwan
Japan
-
-
0
0
Bildung d. Mutter (0)Landw. (0)Enthnizität (-)Stadteinfluss (-)-keine-
Westlich sozialistisch:
TschechoslowakeiUngarnPolen
-/+00
000
-keine--keine--keine-
+ /- zunehmende/abnehmende Abhängigkeit von der sozialen Herkunft; Blossfeld 1993
0 keine Veränderung des Zusammenhangs mit der sozialen Herkunft;
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52
Qualifikationsfunktion
1 Abgrenzung Qualifikation / Bildung
2 Befunde / Tendenzen zur Entwicklung der Qualifikationsanforderungen
3 Ausgewählte Befunde zum Zusammenhang von Arbeitstätigkeiten und
Persönlichkeitsentwicklung
4 Berufliche Organisation gesellschaftlicher Arbeit
5 Modelle der Abstimmung von Bildungs- und Beschäftigungssystem
6 Reaktionen im Bildungssystem auf die Veränderungsprozesse
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53
1. Abgrenzung Qualifikation / Bildung
Hinweise: siehe Unterlagen der BP1
Aufgabe: Arbeiten sie die zentralen Unterschiede der Begrifflichkeiten heraus
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54
2. Befunde / Tendenzen zur Entwicklung der
Qualifikationsanforderungen
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55
Sigfrid Damm-Rüger (1985)
Betriebliche Qualifikationsanforderungen- determiniert durch die technische Entwicklung oder Produkt
vieler interdependenter Entwicklungen?
Deterministische Vorstellungen von „Qualifikationsentwicklung“ infolge neuer Technologien waren
- die Höherqualifizierungsthese
- die Polarisierungs- bzw. Dequalifizierungsthese
50er Jahre: Höherqualifizierung der Arbeitskräfte und Arbeitsplätze durch
wirtschaftliche, technische und arbeitsorganisatorische Veränderungen.Ende 50er/
Anfang 60er J.: Zunehmende Arbeitsteilung, Automatisierungen können nachteilige
Folgen für Qualifikation, Einkommen, Arbeitsplatzsicherung der
betroffenen Arbeitskräfte haben. -> Polarisierungs-/
Dequalifizierungsthese
Anfang 70er J.: Antideterministische Thesen- Burkart Lutz
Qualifikationsanforderungen werden durch eine Vielzahl wichtiger und sich
verändernder betrieblicher und gesellschaftlicher Faktoren beeinflusst.
Anfang 80er J.: Empirische Untersuchungen über die Anforderungsentwicklung in Branchen und
Betrieben.
Allgemein: - steigende Anforderungen an den Arbeitsplätzen(?)
- Eingeschränktes Untersuchungsfeld
- Bedingungen können sich ändern und zu neuen Entwicklungen führen.
(Untersuchung von U.Grünewald (1981)
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56
Erwerbstätige nach unterschiedlichen Anforderungsprofilen der Tätigkeiten 1985 und 2010
(ohne Auszubildende, Anteil in %)
2718
45
43
2839
0%
50%
100%
1985 2010
höherqualifizierteTätigkeiten
mittelqualifizierteTätigkeiten
einfacheTätigkeiten
Einfache Tätigkeiten = Hilfstätigkeiten in Produktion,
Reinigung, Bewirtung,
Lagerhaltung, Transport,
einfache Bürotätigkeiten,
Verkaufshilfen u. ä.
Mittelqualifizierte T. = Fachtätigkeiten in der Produktion,
Maschinen einrichten u. ä.,
Reparieren, Fachver(-ein)käufer,
Sachbearbeiter,
Assistententätigkeiten in
Forschung und Entwicklung,
nichtakademische Betreuung
Höherqualifizierte T. = Führungsaufgaben, Organisation
und Management, qualifizierte
Forschung und Entwicklung,
Betreuung, Beratung, Lehren u.
ä.
Quelle: Stooß, Friedmann/Weidig, Inge: Der Wandel der Tätigkeitsfelder und –profile bis zum Jahr 2010. In: Bolte u.a. (hrsg.):
Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. 23.Jg./1990, S.45
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57
Erwerbstätige nach Tätigkeitsgruppen 1985 und 2010
(ohne Auszubildende, Anteil in %; in () reale Ausprägungen 1995, Gesamtdeutschland, IAB Kurzbericht 10/99)
20,5
12,6
8,2
10,8
6,2
5
10,5
10,5
15,4
14,3
5,1
7,2
5,8
9,4
11,918
12,4
16,5
0%
50%
100%
1985 2010
Betreuen, Beraten,
Lehren, Publizieren
u.ä.(14,6)
Organisation, Management
(6,7)
Forschen, Entwickeln (5,1)
Allgemeine Dienste (Reinigen,
Bewirten, Lagern, Transportieren,
Sichern) (14,2)
Bürotätigkeiten (17,4)
Handelstätigkeiten (11,4)
Reparieren (6,6)
Maschinen einrichten / warten
(7,2)
Gewinnen / Herstellen (16,9)
III
Sekundäre
Dienstleistungen
II
Primäre
Dienstleistungen
I
Produktionsorientierte
Tätigkeiten
Quelle: Stooß, Friedmann/ Weidig, Inge: Der Wandel der Tätigkeitsfelder und –profile bis zum Jahr 2010. In: Bolte
u.a.(Hrsg.): Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. 23.Jg./1990, S.42
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58
Erwerbstätige nach Anforderungen und Tätigkeitsbereichen 1985 und Veränderungen 1985-
2010
(mittlere Projektionsvariante; ohne Auszubildende/ Personen in Ausbildung; in 1000)
Anforderungsprofil/Gruppe Bestand 1985
Veränderung(+/-)
1985-2010
1. Führungsfunktionen bei(m)…
- Gewinnen/ Herstellen
- „primären“ Dienstleistungen
- „sekundären“ Dienstleistungen
(Managementaufgaben…)
2. Qualifizierte Fachaufgaben bei sekundären
Dienstleistungen
3. Fachaufgaben der Tätigkeitsbereiche I und II bei(m)…
- Gewinnen/ Herstellen
- Maschinen einrichten/ einstellen/ warten/ reparieren
- „primären“ Dienstleistungen
4. Hilfsfunktionen bei(m)…
- Gewinnen/ Herstellen
- „primären“ Dienstleistungen
4238
1048
1748
1442
6218
9727
1693
3614
4420
6836
2394
4442
+ 1482 (+35%)
- 171 (-16%)
+ 578 (+33%)
+ 1075 (+75%)
+ 2466 (+40%)
- 274 (- 3%)
- 531 (-31%)
+ 593 (+16%)
- 336 (- 8%)
- 1999 (- 29%)
- 1070 (- 45%)
- 929 (- 21%)
Summe ohne Auszubildende/ Personen in Ausbildung 25 047 + 1675 (+ 7%)
Quelle: Stooß, Friedmann/ Weidig, Inge: Der Wandel der Tätigkeitsfelder und –profile bis zum Jahr 2010. In:Bolte u.a.(Hrsg.): Mitteilungen aus der
Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. 23.Jg./1990, S.45
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59
Arbeitskräftebedarf nach Berufshauptfeldern –- Anteile in Prozent -
Quelle: Helmrich, R./ Zika, G. (Hrsg.)(2010): Beruf und Qualifikation in der Zukunft. Bonn, BIBB, S. 93.
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60
Wirtschaftszweigstruktur- und Berufsfeldeffekt von 2010 bis 2025 in Prozent
Quelle: Helmrich, R./ Zika, G. (Hrsg.)(2010): Beruf und Qualifikation in der Zukunft. Bonn, BIBB, S. 94.
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Ergebnisse aus qualitativen Studien
Wandel der Erwerbsarbeit (Kern/Schuhmann 1985; Baethge/Overbeck 1986)
Halfpap 2000: Von der Fließbandfertigung zur integrierten Werkstattfertigung,
Im kaufmännischen und Verwaltungsbereich ebenfalls Komplexitätszuwächse:
Konsequenzen: Abbau von Arbeitsteiligkeit, mehr Flexibilität, Verlagerung der
Qualitätssicherung nach unten, z.T. mehr Handlungsspielräume.
Frackmann (2000): Entwicklungstendenzen:
• Automatisierung von Routinetätigkeit
• Zunehmende eigenständige Informationsbeschaffung und Verarbeitung
• Mitdenken in Zusammenhängen
• Analysefähigkeit
• Qualitätsbewusstsein
• Teamarbeit (bereichsspezifisch)
• Abnahme körperlicher und Zunahme psychischer Belastungen
• Zunahme der Autonomie (bei ca. 50%) (Dostal 2000)
• Zunahme von Lernchancen in der Arbeit
• Moderne Allgemeinbildung wird wichtiger (Sprachen, IT, Kommunikation)61
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Qualitative Veränderungen
• Starke Abhängigkeit der Q-Anforderungen von Entscheidungen zur
Gestaltung der Arbeitsorganisation (siehe folgendes Beispiel)
• Starke Unterschiede in den einzelnen Betrieben
• Gegenwärtig Industrie 4.0; Dazu noch kaum belastbare Aussagen zu den
Qualifikationsanforderungen
• Gängige Vermutungen: IT wird noch wichtiger; Einfache Tätigkeiten, aber
auch Tätigkeiten im mittleren Qualifikationssegment werden automatisiert,
Komplexität der Produktions- und Managementprozesse nimmt weiter zu
62
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Fallstudie zu Unterschieden der Anforderungen in
Abhängigkeit von betrieblichen Entscheidungen
zur Gestaltung der Arbeitsorganisation
63
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64
Traditionelles und neues Anforderungsprofil für den Produktionsfacharbeiter nach
Qualifikationsdimensionen (Vorgesetztenauskunft); 1=schwach ausgeprägt, 5=stark ausgeprägt
0
1
2
3
4
5Technisch-handwerkliche Fachkenntnisse
Informationstechnologische Kenntnisse
Betriebswirtschaftlich-kaufmännische
Kenntnisse
Kenntnisse betrieblicher Abläufe
Selbstorganisationskompetenz (Arbeiten und
Lernen)
Sozialkommunikative Kompetenz
Analyse- und Problemlösekompetenz
Handwerkliches Geschick
traditionellesAnforderungsprofil inBetrieben A+B
neues AnforderungsprofilBetrieb A
neues AnforderungsprofilBetrieb B
Baethge- Kinsky, V.; Tullius, K.: Produktionsarbeit und Kompetenzentwicklung in der Automobilindustrie- was geben flexibel standardisierte
Produktionssysteme für den Einsatz qualifizierter Fachkräfte her? In: SOFI- Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen: Mittelungen. Nr. 33/Dez
2005. S.44
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65
Intensität der Kompetenzanforderungen heutiger Produktions(fach-)arbeit in den Betrieben
A und B; Selbstauskunft Beschäftigte (N=118); 1=niedrige Intensität, 5=hohe Intensität
0
1
2
3
4
5
Technisch-handwerkliche Fachkenntnisse
Informationstechnologische Kenntnisse
Betriebswirtschaftlich-kaufmännische
Kenntnisse
Kenntnisse betrieblicher Abläufe
Selbstorganisationskompetenz (Arbeiten und
Lernen)
Sozialkommunikative Kompetenz
Analyse- und Problemlösekompetenz
Handwerkliches Geschick
Anforderungsprofil A
Anforderungsprofil B
Baethge- Kinsky, V.; Tullius, K.: Produktionsarbeit und Kompetenzentwicklung in der Automobilindustrie- was geben flexibel standardisierte
Produktionssysteme für den Einsatz qualifizierter Fachkräfte her? In: SOFI- Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen: Mittelungen. Nr. 33/Dez
2005. S.45
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Repräsentative Studie zu
Partizipationsmöglichkeiten
66
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67
Überblick über die Dimensionen von kooperativen Arbeitsstrukturen
Dimension Item
Partizipation
1 Kollegenkreis hat Mitsprache bei der Einführung neuer technischer Arbeitsmittel
2 Kollegenkreis hat Mitsprache bei Veränderung der Arbeitsabläufe
3 Kollegenkreis hat Mitsprache bei der Veränderung von Verantwortung und Zuständigkeiten
4 Im Kollegenkreis besteht die Möglichkeit, neue Ideen zu Umgestaltung der Arbeit auszuprobieren
Kooperation
5 Besprechungen im Kollegenkreis über Arbeitsaufgaben
6 Besprechungen im Kollegenkreis über Arbeitsverbesserungen
7 Problemlösung im Kollegenkreis
8 Wechselnde Tätigkeitsverteilung im Kollegenkreis (job rotation)
9 Angewiesenheit auf enge Zusammenarbeit mit Kollegen
Autonomie
10 Arbeitsverteilung erfolgt im Kollegenkreis, nicht durch einen Vorgesetzten
11 Abstimmung über Abfolge der Arbeitsaufträge erfolgt im Kollegenkreis
12 Überprüfung der Arbeit (Qualitätskontrolle) durch einzelne Kollegen oder Vorgesetzte
Quelle: Kleinschmidt, Pekruhl: Kooperative Arbeitsstrukturen und Gruppenarbeit in Deutschland. Ergebnisse einer repräsentativen
Beschäftigungsbefragung – IAT Strukturberichterstattung 01 (Manuskript) Gelsenkirchen 1994
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68
CLU 8CLU 7CLU 6CLU 4CLU 1 CLU 5CLU 3CLU 2-1,5
-1
-0,5
0
0,5
1
1,5
Partizipation
Kooperation
Autonomie
Partizipation – Kooperation – AutonomieCharakterisierung der Cluster
15% 3,8% 9,2% 10,8% 13,6% 13,6% 8,6% 13%
Quelle: Kleinschmidt, Pekruhl: Kooperative Arbeitsstrukturen und Gruppenarbeit in Deutschland. Ergebnisse einer repräsentativen
Beschäftigungsbefragung – IAT Strukturberichterstattung 01 (Manuskript) Gelsenkirchen 1994
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69
Diffusion der IuK-Technologien nach Branchen
0
20
40
60
80
100
120
Verarbeitendes Gewerbe (ohne IKT)
Großhandel (ohne IKT)
Einzelhandel (ohne IKT)
Verkehr
Banken und Versicherungen IKT-Sektor
Technische Dienstleistungen
Unternehmensbezogene Dienstleistungen
Anteil der Beschäftigten mitComputernutzung, in Prozent
Computer pro 100 Beschäftigte
Anteil der Beschäftigten mitInternetzugang, in Prozent
Anteil der IKT-Fachkräfte, inProzent
Quelle: Falk, Martin: Diffusion der Informations- und Kommunikationstechnologien und die Qualifikationsstruktur der Arbeitskräfte.
In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt und Berufsforschung, 35.Jg.(2002), H3, S.403.
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70
Prognose zur zukünftigen Statuspyramide (Dostal 1997)
Erstqualifikation Fortbildung
Arbeitslose
Befristet Beschäftigte
(Randbelegschaften)
Kernbelegschaft
(Breitenqualifikation)
Frei-
berufler
Betriebliche
Ausbildung
Berufs-
schule
Hoch-
schule
Individuell/ Standesorg.
Betrieb/ Arbeitgeber
Arbeitsämter/ Kommunen
THESEN:
1. Es macht nur in einem mittleren Qualifikationsbereich Sinn Arbeitsinhalte persönlichkeitsförderlich
zu strukturieren (im niedrigen Bereich ist es nur Kosmetik; Positionsinhaber höherer Positionen
lehnen Gestaltung von außen ab).
2. Es kann kein geschlossenes Qualifikationsmodell für die Zukunft entwickelt werden.
3. Unternehmen sind nicht bereit in die Ausbildung von Randbelegschaften zu investieren. =>
Randbelegschaften benötigen institutionelle Hilfe (öffentliche Aufgabe)
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71
3. Ausgewählte Befunde zum Zusammenhang von
Arbeitstätigkeiten und Persönlichkeitsentwicklung
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72
Beruf:= Bezeichnung für die spezifische Bündelung von Tätigkeits- bzw.
Qualifikationsmustern zu einer Einheit
Funktionen/ Bedeutung
Identifikations-
möglichkeiten
(„Lebenssinn“)
Individuelle
Entwicklungspfade
Basis für die
Lebens-
sicherung
Gesellschaftliche
Verortung
Tauschmuster für
Arbeitskräfte
Muster
gesellschaftlicher
Arbeitsteilung
Vgl.: Nickolaus, R.: Beruf und Bildung (1997),S.185-190
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73
Nach Lempert kann als gesicherter Stand der Erkenntnis gelten, dass
• Komplexe und abwechslungsreiche Tätigkeiten,
• Experimentierchancen,
• Kollegiale Kommunikations- und Interaktionschancen,
• Demokratische Entscheidungsverfahren sowie
• Erfahrungen und realistische Erwartungen individuellen Weiterkommens und gesellschaftlichen Fortschritts
ein persönlichkeitsförderliches Arbeitsmilieu kennzeichnen, während
• Einfache und eintönige Tätigkeiten,
• Standardisierte Operationen,
• Autoritäre Sozialbeziehungen,
• Perspektivlosigkeit des individuellen Werdeganges und der gesellschaftlichen Entwicklung
die Persönlichkeitsentfaltung eher behindern.
„Persönlichkeitsförderlich“ bezieht sich dabei je nach Untersuchung auf einen etwas
anderen Komplex von Eigenschaften, Kompetenzen etc. wie z.B. Entwicklung
selbstbestimmter Verhaltensweisen, Förderung von Selbstvertrauen intellektuelle
Flexibilität, kognitive Kompetenz, Motivation usw.(Hoff, Lappe, Lempert, 1982 bzw. Nickolaus 1997)
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4. Berufliche Organisation gesellschaftlicher Arbeit
Relevante Fragestellungen
• Zuschreibung von Vor- und Nachteilen?
• Alternativen?
• Gestaltungsprinzipien von Berufen?
• Gegenwärtige Präferenzen in Deutschland
74
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75
5. Modelle der Abstimmung von Bildungs- und
Beschäftigungssystem
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Zentrale Fragestellungen
• Wie werden die Systeme abgestimmt?
• Wie kann gewährleistet werden, dass die benötigten Qualifikationen
verfügbar sind?
• Wie kann den Individuen dazu verholfen werden, dass sie einen adäquaten
Arbeitsplatz finden?
• Was geschieht, wenn gesellschaftliche Bedarfe und individuelle Interessen
kollidieren? Wird dann das Bildungssystem primär an gesellschaftlichen
Bedürfnissen oder an den individuellen Präferenzen ausgerichtet?
76
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Manpower Requirement Approach MRA
Proargumente (Klose 1987)
• Vermeidung von Ungleichgewichten am Arbeitsmarkt
• Optimaler Mitteleinsatz
• Rationale Verteilung der Arbeitskräfte nach Bedarf, sichert Wohlstand
• Vermeidung von „Schweinezyklen“
• Ausbildung ohne Bedarfsbezug führt zu akademischen Proletariat und
Unzufriedenheit
• Dem Einzelnen und den Akteuren können objektive Informationen für seine
Entscheidungsprozesse bereit gestellt werden
77
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78
Manpower Requirement Approach
Nachfrageorientiertes Konzept
Beschäftigungs-
systemBildungssystem
Bedarf an bestimmten
Qualifikationen
Bereitstellung der geforderten
Qualifikationen
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Verfahren
Bruttoinlandsprodukt (Zielprojektion)
Aufteilung des Globalprodukts in Wirtschaftszweige
Aufteilung in Sektoren
Vorausschätzung der Arbeitsproduktivität
Abschätzung des Arbeitskräftebedarfs in den Sektoren
Abschätzung der Berufsklassenstruktur (Facharbeiter, Ingenieure, etc.)
Bedarf an Arbeitskräften nach Berufen für die Sektoren
Erforderlicher Bestand an Arbeitskräften mit bestimmtem Bildungsniveau
und Abgleich mit Istbestand
Bildungsbedarf
(Klose, 1987)
Übertragung auf betriebliche Bildungsplanung?!
79
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und Psychologie
Kritik am MRA
• BSP: Schätzung ungenau, Folgefehler
• Keine eindeutige Zuordnung zwischen Ausbildungsberuf und Tätigkeit
• Keine hinreichende Berücksichtigung der Substituierbarkeit
• Schätzfehler bei Tätigkeiten
• Emp. Nachweis des Zusammenhangs Bildung und Wirtschaftswachstum
fällt schwer – Modell steht auf unsicherem Grund
• Fortschreibung defizitärere Strukturen (soziale Ungleichheit)
• Bedürfnisse des Einzelnen bleiben unberücksichtigt
• Keine Unterscheidung zwischen gesellschaftlichem Bedarf und
Beschäftigungssystem
• Vorspiegelung von Determinismus
• Absorptionsansatz (Angebot induziert Nachfrage)
• Qualifikationsanforderungen nur schwer prognostizierbar
80
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und Psychologie Alternative: Social Demand ApproachSDA
Grundannahmen (Klose 1987)
• Begabung ist erlernte Eigenschaft; Bildung soll möglichst gute
Entwicklungsbedingungen für alle bieten.
• Bildungssystem soll sich aus der unmittelbaren Abhängigkeit des
Beschäftigungssystems befreien
• Bildungsprozesse sollten nicht nur auf konkrete Beschäftigung hin orientiert
sein
Begründungen
• Bürgerrecht auf Bildung
• Abbau schichtspezifischer Unterschiede
• Verschiebung der Q-Anforderungen zugunsten höherer Anforderungen
• Elastizität des Beschäftigungssystems
81
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82
Social Demand Approach
Angebotsorientiertes Konzept
Bildungssystem Beschäftigungs-
system
Angebot an Qualifikationen
Abnahme der angebotenen
Qualifikationen
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Kritik am SDA
• Unterstellte Flexibilität des Beschäftigungssystems nicht haltbar
• Unterstellte Unabhängigkeit des Bildungssystems von
Beschäftigungssystem nicht haltbar
• Höherqualifizierung führt zu Verdrängungswettbewerb
• Bildungsexpansion muss volkswirtschaftlich nicht vorteilhaft sein
• Finanzierung problematisch
• Frustration von Erwartungen an der zweiten Schwelle
(Klose 1987)
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84
Interdependenzkonzept mit Zeitfaktor
Beschäftigungs-
systemBildungssystem
Bedarf an Qualifikationen t1
Bedarf an Qualifikationen t2
Bereitstellung der geforderten
Qualifikationen
Angebot weiterer Qualifikationen
wird aufgenommen
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85
6. Reaktionen im Bildungssystem auf die
Veränderungsprozesse
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86
1. Neuakzentuierung der Ausbildung (z.B. Schlüsselqualifikationen; breitere
Grundbildung; methodische Neuerungen)
2. Betriebliche Optionen im Bereich der Arbeitsorganisation (Managementmodelle)
3. Flexibilisierung und zügigere Überarbeitung von Ordnungsmitteln (mehr
Entscheidungsspielräume für die unteren Entscheidungsebenen)
4. Modularisierung
5. Ausbau der Weiterbildung
6. Aus- und Umbau des Hochschulsystems/Verschiebung der Qualifikationsanteile
7. Reaktionen der Individuen: Verstärkte Investitionen in Bildung
Reaktionen im Bildungssystem auf veränderte
Qualifikationsanforderungen (Auswahl)
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87
Schulung für eine Existenz in der modernen Gesellschaft hat drei Dimensionen: Schulung zur Bewältigung und Entfaltung der Persönlichkeit, Schulung zur Fundierung der beruflichen Existenz, Schulung zu gesellschaftlichem Verhalten.
Es ist verfehlt, Bildungsplanung nach diesen Dimensionen getrennt zu betreiben; denn Bildung ist in jeder Form und unter jedem Vorzeichen mehrwertig.
Die Fähigkeit der Wissenschaft, ihre eigene Entwicklung zu prognostizieren und damit hinsichtlich künftiger Schulungserfordernisse Hinweise zu geben, reicht als Orientierungshilfe für Bildungsplanung nicht aus.
Unter diesen Umständen bedarf Bildungsplanung weitestgehender Offenheit.
Das Tempo des Veraltens von Bildungsinhalten ist vermutlich um so größer, je enger sie an die Praxis von Arbeitsverrichtungen gebunden werden. Bildungsinhalte höheren Abstraktionsgrades veralten langsamer und sichern besser vor Fehlleitungen durch Fehlprognosen. Ihnen kommt deshalb in modernen Gesellschaften besondere Bedeutung zu.
Eine übliche Tendenz im Bildungswesen angesichts der Unsicherheit über die Entwicklung der speziellen Arbeitsanforderungen besteht in der Verbreiterung des Faktenwissens (Breitenbildung). Diese Tendenz bringt wegen der zunehmenden Unüberschaubarkeit von Fakten keinen Gewinn für eine Existenz in der Zukunft. Die Lösung liegt vielmehr eher bei der Suche nach „gemeinsamen Dritten" von Arbeits- und sonstigen Umweltanforderungen.
SchlüsselqualifikationenThesen zur Schulung für eine moderne GesellschaftDieter Mertens
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88
Solche gemeinsamen Dritten", also übergeordnete Bildungsziele und Bildungselemente,
nennen wir Schlüsselqualifikationen, weil sie den Schlüssel zur raschen und
reibungslosen Erschließung von wechselndem Spezialwissen bilden. Sie sind demnach
solche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, welche nicht unmittelbaren und
begrenzten Bezug zu bestimmten, disparaten praktischen Tätigkeiten erbringen, sondern
vielmehr
a) die Eignung für eine große Zahl von Positionen und Funktionen als
alternative Optionen zum gleichen Zeitpunkt, und
b) die Eignung für die Bewältigung einer Sequenz von (meist
unvorhersehbaren) Änderungen von Anforderungen im Laufe des
Lebens.
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89
Es werden vier Arten von Schlüsselqualifikationen unterschieden:
- Basisqualifikationen = Qualifikationen höherer Ordnung mit einem breiten Spektrum
vertikalen Transfers,
- Horizontalqualifikationen = Informationen über Informationen (horizonterweiternde
Qualifikationen),
- Breitenelemente = ubiquitäre Ausbildungselemente,
- Vintage-Faktoren = generationsbedingte Lehrstoffe und Begriffssysteme.
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90
Beispiele nach Mertens
Basisqualifikation
Logisches Denken
Analytisches Vorgehen
Horizontalqualifika-
tionen
Informiertheit über
Informationen
Konkret
Logisches Schließen
Analyt. Verfahrenstechn.
Konkret
Wesen von Informationen
Gewinnung von
Informationen
Lehrgegenstand
Formale Logik
Schaltalgebra
Linguistik
Analyt. Geometrie
Lehrgegenstand
Allg. Informationskunde allg.
Lehre der Zeichen
Bibliothekskunde
Medienkunde
Statistik
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91
Breitenelemente…
… sind solche speziellen Kenntnisse und Fähigkeiten, die über breite Felder der
Tätigkeitslandschaft nachweislich als praktische Anforderungen am Arbeitsplatz
auftreten.
(z.B. Kenntnisse in Messtechnik, in Arbeitsschutz, in Maschinenwartung)
Vintage- Faktoren…
… dienen der Aufhebung intergenerativer Bildungsdifferenzen, d.h. der Aufhebung
solcher Differenzen, welche im Bildungsstand zwischen Jüngeren und Älteren aus der
Weiterentwicklung der Lehrpläne entstehen.
(Mertens, Dieter: Schlüsselqualifikationen. Thesen zur Schulung für eine moderne Gesellschaft. In:
Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- u. Berufsforschung, Heft 1, 1974, S.36 ff.)
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5.3 Modelle und Konzepte der Didaktik beruflicher Bildung
Zur Systematisierung von Schlüsselqualifikationen (1)
Materielle KENNTNISSE und FERTIGKEITEN
1. Berufsübergreifende, d.h. allgemeinbildende Kenntnisse
und Fertigkeiten: z.B. Kulturtechniken, Fremdsprachen,
technische und wirtschaftliche und soziale
Allgemeinbildung
2. Neuaufkommende Kenntnisse und Fertigkeiten: z.B. EDV,
Mikroelektronik, Pneumatik, neue Technologien
3. Vertiefte Kenntnisse und Fertigkeiten, d.h. Ausbau von
Grundlagen, die wenig veränderbar sind: z.B.
Fachfremdsprache
4. Berufsausweitende, d.h. über den Einzelberuf
hinausgehende Kenntnisse und Fertigkeiten: auf
Berufsfeldbreite, auf weitere inhaltlich und funktional
verwandte Gebiete
BREITENELEMENTE
(n. Mertens)
VINTAGE-FAKTOREN
(n. Mertens)
TIEFEN-ELEMENTE
(n. Bunk)
KONZENTRISCHE
ELEMENTE (n. Bunk)
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93
Formale
FÄHIGKEITEN
1. Selbständiges; logisches, kritisches,
kreatives Denken
2. Gewinnen und Verarbeiten von
Informationen, Informiertheit über
Informationen
3. Selbständiges Lernen, das Lernen
lernen, sich etwas erarbeiten können
4. Anwendungsbezogenes Denken und
Handeln, Einsatz der eigenen
Sensibilität und Intelligenz, z.B. bei
Umstellungen und Neuerungen, im
Vorschlags- und Erfindungswesen
5. Entscheidungsfähigkeit,
Führungsfähigkeit, Gestaltungsfähigkeit,
z.B. Selbständigkeit bei Planung,
Durchführung und Kontrolle
Basis- Qualifikationen
(n. Mertens)
Horizontalqualifika-tionen (n. Mertens)
Lernqualifikationen (n.
Bunk)
Transferqualifikationen
(n. Bunk)
Handlungsqualifika-
tionen (n.
Bunk)
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94
Personale
VERHALTENS
-WEISEN
1. Verhaltensqualifikationen mit
einzelpersönlicher Betonung: u.a.
Selbstvertrauen, Optimismus, Wendigkeit,
Anpassungsfähigkeit, Eigenständigkeit
2. Verhaltensqualifikationen mit
zwischenmenschlicher Betonung: u.a.
Kooperationsbereitschaft, Fairness,
Verbindlichkeit, Gerechtigkeit,
Aufrichtigkeit, Dienstbereitschaft,
Teamgeist, Solidarität
3. Verhaltensqualifikationen mit
gesellschaftlicher Betonung: u.a. Fähigkeit
und Bereitschaft zu wirtschaftlicher
Vernunft, technologischer Akzeptanz und
zum sozialen Konsens
4. Arbeitstugenden, u.a. Genauigkeit,
Sauberkeit, Zuverlässigkeit, Exaktheit,
Pünktlichkeit, Ehrlichkeit, Ordnungssinn,
Konzentration, Ausdauer,
Pflichtbewusstsein, Fleiß, Disziplin,
Hilfsbereitschaft, Rücksichtnahme
Werthaltungs-
qualifikationen (n.
Bunk)
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und Psychologie
Gestaltbarkeit von Arbeitsmodellen
• Unterschiedliche Managmentmodelle
• Traditionelles Modell (Arbeitsteilung)
• Human Relation Modell
• Human Ressources Modell
95
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und Psychologie
96
Das Bild vom Menschen in drei Managementmodellen (1)
Traditionelles Modell Human Relations Modell Human Ressources Modell
Annahmen
Die meisten Menschen
empfinden Abscheu vor der
Arbeit.
Lohn ist wichtiger als die Arbeit
selbst.
Menschen wollen sich als
bedeutend und nützlich
empfinden.
Menschen brauchen Zuneigung
und Anerkennung, das ist für die
Arbeitsmotivation wichtiger als
Geld.
Menschen wollen zu sinnvollen
Zielen beitragen, bei deren
Formulierung sie mitgewirkt
haben.
Die meisten Menschen können
viel kreativere und
verantwortungsvollere Aufgaben
übernehmen, als es die
gegenwärtige Arbeit verlangt.
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97
Das Bild vom Menschen in drei Managementmodellen (2)
Traditionelles Modell Human Relations Modell Human Ressources Modell
Empfehlungen
Manager hat seine
Untergebenen eng zu
überwachen und zu
kontrollieren.
Er soll Aufgaben in einfache,
repetitive Schritte aufteilen.
Er soll detaillierte
Arbeitsanweisungen entwickeln
und durchsetzen.
Manager gibt jedem Arbeiter ein
Gefühl der Nützlichkeit und
Wichtigkeit.
Er soll seine Mitarbeiter gut
informieren und auf ihre
Einwände hören.
Er soll den Mitarbeitern
Gelegenheit zur Selbstkontrolle
bieten.
Manager sollte verborgene
Anlagen und Qualitäten der
Mitarbeiter nutzen.
Er soll eine Atmosphäre
schaffen, in der die Mitarbeiter
sich voll entfalten können.
Er soll Mitbestimmung
praktizieren und dabei die
Fähigkeit zur Selbstkontrolle
entwickeln.
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98
Das Bild vom Menschen in drei Managementmodellen (3)
Traditionelles Modell Human Relations Modell Human Ressources Modell
Erwartungen
Menschen ertragen die Arbeit,
wenn der Lohn stimmt und der
Vorgesetzte fair ist.
Wenn die Aufgaben einfach
genug sind, und die Arbeiter eng
kontrolliert werden, erreichen
sie das Soll.
Informationen und Mitsprache
befriedigen die Bedürfnisse
nach Anerkennung und
Wertschätzung.
Die Bedürfnisbefriedigung führt
zur Zufriedenheit und baut
Widerstände gegen die formale
Autorität ab.
Mitbestimmung,
Selbstbestimmung und
Selbstkontrolle führen zu
Produktivitätssteigerungen.
Als Nebenprodukt kann auch
die Zufriedenheit steigen, da die
Mitarbeiter all ihre Fähigkeiten
nutzen können.
Aus: Reetz, Lothar: Überlegungen zu einer zukunftsgerichteten Rolle der Ausbilder in den Betrieben.
ZBW, 98.Bd.,Heft 1 (2002) Stuttgart: Franz Steiner Verlag, Seite 14.
Welches Modell würden Sie präferieren? Weshalb?
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99
Fragen zu Abschnitt 1 und 2.1 (1)
1. Welche Relevanz hat die Auseinandersetzung mit organisatorisch institutionellen
Aspekten beruflicher Bildung für Lehrende in der beruflichen Bildung bzw. Tätige im
Bildungsmanagement?
2. In welcher Beziehung steht das Berufsbildungssystem zu anderen Subsystemen?
Welche Funktionen werden ihm zugeschrieben?
Inwieweit bilden die Beziehungszuschreibungen auch die Realität ab?
3. Was ist ein System, welches sind die „Elemente" des Berufsbildungssystems, in
welcher Beziehung stehen diese und wie gestaltet sich die Austauschbeziehung des
Berufsbildungssystems mit anderen Subsystemen?
4. Zeigen Sie beispielhaft, wie die Funktionszuschreibungen zur Analyse des
Berufsbildungssystems genutzt werden können.
5. Veranschaulichen Sie an historischen Beispielen den Wandel von
Funktionszuweisungen an das berufliche Bildungssystem.
6. Erörtern Sie, inwieweit das Bildungssystem als Vehikel zur Reproduktion der
Sozialstruktur bzw. als Instanz der permanenten Umverteilung von Sozialchancen
fungiert. Begründen Sie dabei Ihre Aussagen soweit möglich mit empirischen
Befunden.
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100
7. Welche Befunde liegen zur Veränderung der Qualifikationsanforderungen vor und
wie wird im Berufsbildungssystem darauf reagiert?
8. Welche Befunde liegen zum Zusammenhang von beruflicher Tätigkeit und
Persönlichkeitsentwicklung vor?
9. Erörtern Sie zentrale Managementmodelle in pädagogischer Perspektive.
10. Setzen Sie sich mit dem angebots- und nachfrageorientierten Modell der Beziehung
von Bildungs- und Beschäftigungssystem in pädagogischer Perspektive
auseinander.
Fragen zu Abschnitt 1 und 2.1 (2)
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101
2.2 Organisationstheoretische Aspekte
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102
Zentrale Fragen
Zu was werden Organisationen/Institutionen benötigt?
Was sind besonders vorteilhafte Organisationsformen?
Welche Grundtypen von Organisationsformen lassen sich (im
Bildungswesen) unterscheiden und worauf sind Veränderungen in
den Organisationsformen zurückzuführen?
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Aufbau des Kapitels
• Begriffliche Orientierung
• Organisationsvarianten
• Forschungsergebnisse zur Funktionalität verschiedener Varianten in
ökonomischen Handlungskontexten
• Übertragung der Erkenntnisse auf den (Berufs)Bildungsbereich und
Entwicklungstendenzen in den Zuständigkeiten
• Einflussfaktoren für die Gestaltung von Organisationen im
Berufsbildungsbereich (Strukturdeterminanten der Schule)
• Steuerung von organisationalen Veränderungen
103
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104
2.21 Organisation
Definition:
Organisieren heißt, wenn man wirtschaftswissenschaftlichen Definitionen folgt, die
Herstellung einer optimalen Funktionsordnung oder anders, die planvolle Aufteilung der
anfallenden Aufgaben auf die einzelnen Funktionsträger personeller und sachlicher Art
mit dem Ziel der bestmöglichen Leistungserfüllung.
(Vgl. Erich Potthoff: Betriebsorganisation: In: Handbuch der Wirtschaftswissenschaften. Köln-Opladen
1958, S.51 ff.)
In der Organistationssoziologie bezeichnet der Begriff Organisation ein soziales Gebilde
nicht nur im Hinblick auf dessen organisierten Aspekt, sondern als Gesamtheit aller
geplanten, ungeplanten und unvorhergesehenen sozialen Prozesse, die darinnen oder in
Beziehung zu anderen, umgebenden Systemen ablaufen.
(Vgl. Günter Hartfiel: Wörterbuch der Soziologie. Stuttgart 1972, S. 488)
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105
Organisation im Bereich des
Lehrens und Lernens
Mikro-
Organisation
Meso-
Organisation
Makro-
Organisation
„Schul“organisation
Lehrplan, Ausbildungs-
ordnungen
Administration,
Verwaltung
Didaktisch-
methodische
Organisation
Curriculare
Organisation
Organisation der
Lehrbedingungen
Lernorganisation
Lehrorganisation
Binnen-
Struktur
Außen-
Struktur
„Innere“ Organisation „Äußere“ Organisation
Orgaisationsbereiche
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106
Kultusministerium, zugleich:
Politisch-parlamentarisch
verantwortlich und
Verwaltungsspitze
Mittlere Schulverwaltung
(strukturiert nach
Ländergesetzen,
Schulverwaltungsgesetzen
usw.)
Untere Schulverwaltung
Schulleiter (Direktor,
Rektor) Stellvertreter
Lehrer, Lehrerkonferenz
(Gesamt- und
Fachkonferenz)
Schüler, in
Jahrgangsklassen
organisiert
GESETZE
ANORDNUNGEN
DIENSTANWEISUNGEN
AUSFÜHRUNGS-
BESTIMMUNGEN
KONTROLLE DER
AUSFÜHRUNG
RÜCKMELDUNG ÜBER
ORDNUNGSGEMÄßE
AUSFÜHRUNG
Unterrichten nach Gesichtspunkten der
Verwaltungsgemäßheit
Typ1: Bürokratiemodell der SchuleQuelle: Jochen Gerstenmaier; Franz Hamburger: Erziehungssoziologie. Opladen 1978, S.29
Organisationsformen
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107
Typ 2: Dienstleistungsmodell der Schule
SCHULVERWALTUNG
DIREKTOR
LEHRER
SCHÜLER
Unterricht nach pädagogischen
Gesichtspunkten
Rückmeldung mit
Einflusschancen
Mitbestimmung
Wahlen
Setzen von
Rahmenbedingungen
Beratung
Beratung
Quelle: Gerstenmaier, Jochen: Erziehungssoziologie. Opladen 1978, S.31
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108
Merkmale der Bürokratien
• Regeln werden gesetzt und deren Einhaltung gesichert
• Auch Vorgesetzte unterliegen diesen Regeln
• Es gilt das Prinzip der Amtshierarchie
• die Amtsinhaber/Innen verfügen über Kompetenzen bezogen auf einen abgegrenzten
Bereich (= Leistungspflichten) mit zugeordneten Befehlsgewalten und Zwangsmitteln
Merkmale organischer Organisationsformen (Typ 3)
• Anpassung und fortgesetzte Neudefinition von Aufgaben in Kooperation mit anderen
(horizontale Bezüge)
• Die Kommunikation ist eher durch Information und Ratschläge als durch Anweisungen
bestimmt
• Führungskräften wird nicht Allwissenheit und höchste Kompetenz zugeschrieben (kann
an verschiedenen Stellen lokalisiert sein)
• Verantwortungsübernahme durch alle
• Identifikation mit der Aufgabe, weniger mit der Organisation
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109
Die formale Orgnianisation des Erziehungssystems als bürokratische Organisation und als Dienstleistungsorganisation
PARLAMENT
REGIERUNG
M
SD
SR
LLL
S S S S S S S S
PO
LIT
ISC
HE
S
SY
ST
EM
ER
ZIE
HU
NG
SS
YS
TE
M
Dienstleistungs-
organisation
bürokratische
Organisation
Ministerium „obere Schulaufsicht“
Bezirksregierung „mittlere Schulaufsicht“
Kommunalverwaltung „untere Schulaufsicht“
Kollegium
Unterricht
Schule
Erla
sse
, V
erf
ügunge
n
Be
rich
te, M
eld
un
gen
nach: Lange, E.: Soziologie des Erziehungswesens. Teubner Studienskripten, Stuttgart 1986, S.110
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110
Struktur und Umwelt von Organisationen: Ergebnisse emp. Forsch.
Definition der Situation
(unabhängige Variablen)
Organisationsstruktur
(abhängige Variablen)
Umwelt
dynamisch? komplex?
Technologie
bekannt? Routine?
jaja
ja
jaja ja
ja
ja
ja
ja
ja
nein
nein
nein
nein
nein
nein
nein
nein
nein
1. Idealtypische Bürokratie (Bundeswehr)
2. Handwerksorganisation (Meisterbetrieb)
3. Differenzierte Bürokratie
(Elektronikindustrie)
4. Matrix-/Projektorganisation
(Krankenhaus)
5. Differenzierung: innen bürokratische,
außen organische Organisation
(Krankenhaus)
6. Differenzierung: innen Projektorganisation, außen organisch
(Werbeagentur)
7. Organische Organisation
(Forschungsbetrieb)
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Zentrale Ergebnisse
• Die Effektivität von Organisationsformen ist abhängig von externen
Bedingungen der Organisationen und den eingesetzten Verfahren zur
Leistungserstellung
• Bei stabilen und wenig komplexen Umwelten sowie bekanntem und
routinisierbarem Technologieeinsatz erweisen sich bürokratische
Organisationsformen als vorteilhaft.
• Bei dynamischen und komplexen Umwelten sowie immer wieder neu zu
entwickelnden Verfahren der Leistungserstellung erweisen sich hingegen
organische Organisationsformen als vorteilhaft
• Ergebnisse beruhen auf Studien aus der Ökonomie
111
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Übertragung auf den Bildungsbereich
• Relevante Umwelten und deren Merkmale?
(Perspektivenabhängigkeit; Bereichsspezifik)
• Eingesetzte Technologien (Effektproblematik)
• Zielperspektive übertragbar?
• Einfluss unterschiedlicher Zielperspektiven auf die
Organisationsgestaltung; Was kennzeichnet eine optimale
Funktionsordnung schulischer und betrieblicher Ausbildung aus den
unterschiedlichen Perspektiven (Azubi, Ausbilder/Lehrer,
KM/Betriebsleitung)?
Entwicklungstendenzen
• Mikroebene: stärkerer Einfluss höherer Ebenen (z.B. Fachgruppen)
• Mesoebene: stärkerer Einfluss der unteren Ebenen (z.B. offene
Curricula)
• Makroebene: weitgehend stabil, partiell Verlagerungen auf
Schulebene in WB ohnehin Regelung durch Betriebe etc.
112
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113
Strukturdeterminanten der Schule
PRIMÄRE ORGANISATIONSNOTWENDIGKEITEN
Unterrichtsmittel
(Lehr- und
Lernmaterialien)
Rekrutierung von
Schülern, Lehrern und
Verwaltungspersonal
Realisierung
von Lehr-/
Lernprozessen
Zertifikate,
Schulabschlüsse
Umweltabsicherung,
Stabilisierung der
Innen-/ Außendifferenz
Allokation
Bürokratiekonstituier
ende Variablen
von außen auferlegte
Herrschaft
Größe
Komplexität
Zwang zur
Zielverwirklichung
affektiv-neutrale
Interaktionen
Umweltvariablen
individuelle Erbanlagen,
kognitive und affektive
Merkmale
erziehungswissenschaftliches
Wissen, Lehrerbildung
Lehrereinstellungen,
Lehrerkompetenz
Familiensysteme
Peer-Gruppen
Wirtschaftssystem
gesellschaftlich-
politisches System
Instand-
haltung
interne
Schulplanung
Koordination Leistungs-
kontrolle
Integration Legitimation
SEKUNDÄRE ORGANISATIONSNOTWENDIGKEITEN
STRUKTUR DER SCHULE
Quelle: Henecka, H.-P.;Wöhler, K.: Schulsoziologie. Stuttgart 1978, S.146
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114
Entscheidungsmodell für Veränderungen in Organisationen (1)
AusgangsproblemWahrgenommener Problemdruck
Hinreichend zur Erzeugung eines Veränderungsmotivs?
Kenntnis relevanter alternativer Handlungsmodelle
(erfolgreiche) Intervention von außen zur Verstärkung des Veränderungsmotivs
Positive Einschätzung einer Handlungsalternative für die eigenen Organisationsziele
Positive Einschätzung der Praktikabilität
Positive Einschätzung der Handlungsalternative für individuelle Bedürfnisse
Potentieller Rezipient von
relev. Informationen
Suche nach weiteren Handlungsalternativen
klein
großnein
ja
vorläufige Beibehaltung bestehender Praktiken
nein
ja
nein
?
Anreize ?
pos.
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115
Entscheidungsmodell (2)
Weitgehende Übernahme (von Teilen) möglich
Organisationsspezifische Adaption der Handlungsalternative erforderlich
Institutionelle Änderung erforderlich personell | organisatorisch | materiell
Positive Erfolgsaussichten
Angemessenes Aufwands- und Ertragsverhältnis
Akzeptables Maß an negativen Nebenwirkungen
nein
nein
nein
ja
ja
pos.
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116
Entscheidungsmodell(3)
Umsetzung
individuell möglich
Umsetzung setzt institutionelle Unterstützung und Einbindung voraus
Entwicklung einer Imlementationsstrategie, eines Implementationsverfahrens
• Einbezug von Machtpromotoren
• Vorbeugen von Innerorganisatorischen Interessekonflikten durch Informationsaustausch und Kommunikation
• Offene Informationspolitik
• Frühzeitiger Einbezug der Beteiligten
• Unterstützung von Selbstreflexion und kooperativen Qualitätsprozessen
• Angemessene Berücksichtigung von Anreizsystemen
• Bereitstellung erforderlicher Ressourcen
• Verständnis von Veränderung als offener Prozess
• Begrenzung der Umsetzung in einem Pilotbereich
Entscheidung für die
Umsetzung
Sicherung der
Voraussetzungen
personell organisatorisch materiell
Umsetzungsversuch
Beibehaltung/ Verbreitung
Revision der Entscheidung
ja
nein
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117
Fragen/Aufgaben zu Abschnitt 2.2
1. Erläutern Sie die Begrifflichkeiten Organisation, Mikroorganisation, Mesoorganisation,
Organische Organisation
2. Skizzieren Sie zentrale Ergebnisse der Organisationsforschung zur Angemessenheit
verschiedener Organisationstypen zur Erstellung von Leistung und beziehen Sie
diese Ergebnisse auf das berufliche Bildungssystem.
3. Setzen Sie sich mit bürokratischen Organisationsformen in pädagogischer
Perspektive bezogen auf die verschieden Organisationsebenen auseinander.
4. Geben Sie einen Überblick zu Einflussgrößen, die für die Gestaltung/ Herausbildung
von Organisationsstrukturen im Bildungsbereich bedeutsam sein könnten. Versuchen
Sie dies ausdifferenziert für berufliche Schulen und betriebliche Ausbildung.
5. Veränderungen innerhalb und von Organisationen stellen an die Akteure hohe
Anforderungen. Skizzieren Sie ein Modell, das für die Gestaltung von
Veränderungsprozessen hilfreich sein könnte.
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118
2.3 Die Struktur schulischer und betrieblicher Berufsausbildung in der BRD
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119
Struktur(1)
Struktur: Bezeichnung für die Anordnung der Teile eines Ganzen zueinander.
Gefüge von Teilen, die zueinander in Beziehung stehen.
Übergeordnetes Strukturierungsprinzip der Berufsbildung in der BRD ist das
Berufsprinzip. D.h., dass Berufe (Qualifikationsbündel, die zu einer Einheit
zusammengefasst sind) als Leitprinzip für die Strukturierung des
Berufsbildungssystems dienen.
Die Struktur des beruflichen (Aus)Bildungssystems ist in Deutschland in hohem
Maße durch rechtliche Vorgaben bestimmt.
Das gilt für die inhaltliche Fixierung der Berufe selbst wie auch für die funktionale
Bestimmung der Lehr-Lernorte und eingeschränkt für die dafür geltenden
Vorgaben zu pädagogischen Handlungsprogrammen.
Prinzipiell kann auf der Makroebene zwischen betrieblicher, über- bzw.
außerbetrieblicher und schulischer Ausbildung unterschieden werden, die im
„dualen System“ mehr oder weniger kooperativ zusammenwirken.
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120
Grundstruktur des Bildungswesens in der Bundesrepublik Deutschland(1)
Kindergarten (freiwillig)SONDER-
KINDER-
GARTEN
SONDER-
SCHULE
SONDER-
SCHULE
10. Schuljahr
HAUPTSCHULE REALSCHULE GYMNASIUM Gesamt-
schule
ORIENTIERUNGS-STUFE (schulformabhängig oder schulformunabhängig)
Abschlüsse an Hauptschulen nach 9 oder 10 Jahren/Realschulabschluss
GRUNDSCHULE
Berufsgrundbildungsjahr schulisch oder kooperativ
Berufs-
aufbau-
schule
Berufsausbildung in BERUFSSCHULE und BETRIEB (Duales System)
BERUFS-
FACH-
SCHULE
FACH-
OBER-
SCHULE
GYMNASIALE OBERSTUFE
(Gymnasium, Berufliches
Gymnasium/Fachgymnasium,
Gesamtschule)
Allgemeine Hochschulreife
Fachhochschulreife
Berufsqualifizierender Abschluss
Mittlerer Bildungsabschluss
UNIVERSITÄT/TECHNISCHE
UNIVERSITÄT
PÄDAGOGISCHE HOCHSCHULE
FACHHOCHSCHULE
VERWALTUNGSFACHHOCHSCHULE
KUNSTHOCHSCHULE
GESAMTHOCHSCHULE
ABEND-GYMNASIUM/
KOLLEG
FACHSCHULE
Berufsqualifizierender Studienabschluss
Allgemeine Hochschulreife
Berufsqualifizierender Abschluss
Weiterbildung (allgemeine und
berufsbezogene Weiterbildung in
vielfältigen Formen)
Sch
ul-
jah
r
13
12
11
10
10
9
8
7
6
5 43 2 1
19
18
17
16
15
16
15
14
13
12
11
10
9
8
7
6
5
4
3
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121
Grundstruktur des Bildungswesens in der Bundesrepublik
Deutschland(2)
zur Abbildung: Schematische Darstellung. In einzelnen Ländern bestehen
Abweichungen. Durchlässigkeit zwischen den Schulformen ist bei der Erfüllung
bestimmter Voraussetzungen grundsätzlich gewährleistet. Vollzeitschulpflicht 9 Jahre (in
BE und NW 10 Jahre), Berufsschulpflicht besteht während der Lehrdauer
Quelle: Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft.
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Zusammensetzung der Neuzugänge in berufliche Bildung 2010
Bildungsberichterstattung 2012, S. 103; Verteilung auf die Sektoren und
Zusammensetzung innerhalb der Sektoren
Verteilung (2011): Dual: 51%; Schulisch: 20,4%; Ü-System: 28,6%
Zusammensetzung in den Sektoren:
123
A-Form oHSch Hsch Mittl. A HZB
Dual 4.6 28.8 44.9 20.2
Schulisch 0.2 17,8 59.7 20.7
Ü-System 20.6 52.0 24.0 1.5
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124
Zahl der Einmünder, Ausbildungsanfänger und Ausbildungsanfängerinnen von 1992 bis 2008 in
Bildungsgängen, die zu einem Berufsabschluss führen, bzw. eine berufliche Grundbildung vermitteln(1)
Quelle: Stat. Bundesamt, Bundesagentur für Arbeit, Bundesinstitut für Berufsbildung: Datenreport zum
Berufsbildungsbericht 2010, S. 98
Neu abgeschlossene Ausbildungs-verträge zum 30.09. (BBiG/HwO) insgesamt
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125
Zahl der Einmünder, Ausbildungsanfänger und Ausbildungsanfängerinnen von 1992 bis 2008 in
Bildungsgängen, die zu einem Berufsabschluss führen, bzw. eine berufliche Grundbildung
vermitteln(2)
Quelle: Stat. Bundesamt, Bundesagentur für Arbeit, Bundesinstitut für Berufsbildung: Datenreport zum
Berufsbildungsbericht 2010, S. 98
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Anteile der Jugendlichen in den Sektorendes Ausbildungsgeschehens (2013)
• Berufsausbildung (35,5%) N=716.042 (Dual + Schulisch)
• Übergangsbereich (12,5%) N=252.623
• Erwerb der HZB (Sek II) (26,6%) N=537.740
• Studium (25,4%) N=511.843
• Bundesweites Ausbildungsplatzangebot zwischen 1992 und 2014 (ca.
725.000 – 560.000)
(Integrierte Ausbildungsberichterstattung 2014; Datenreport 2015)
126
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127
Institutioneller Rahmen der beruflichen Bildung(1)
Bund
Berufsbildungsgesetz (BBiG,
http://hjav.bmwi.bund.de/Rechte_Pflichten/gesetzestexte/bbig.pdf
Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie oder sonstiges
zuständiges Fachministerium im Einvernehmen mit dem
Bundesministerium für Bildung und Forschung (§4 BBiG)
Bundesinstitut für
Berufsbildung (§90 BBiG)
Arbeitnehmer- und
Arbeitgebervertreter
Berufsbildungsausschuss
(§§77 ff. BBiG)
Lernort
Ausbildungsbetriebe 2006:
485.045*
Bundesagentur für Arbeit – Berufsberatung – Vermittlung von
Bewerbern und Ausbildungsstellen – Förderung der
Berufsausbildung
Lernort Berufsschulen des
dualen Systems 2006:
1662
Berufliche Schulen:
Berufsvorbereitung und –
grundbildung;
Berufsfachschulen
Sozialgesetzbuch III (SGB III)
Schulgesetze der Länder
Allgemeinbildende Schulen
Hauptausschuss
(§92 BBiG)
Zuständige Stellen
(Kammern)
Kultusministerkonferenz (KMK),
Unterausschuss berufliche Bildung
(Gemeinsames Ergebnisprotokoll vom
30.5.1972)
http://www.kmk.org/doc/beschl/GEP72-05-
30.pdf
Landesregierungen
Landesausschuss für
Berufsbildung
Zulassung zur Kammerprüfung
(§ 43 BBiG)
Rahmenlehrpläne
Erlass von
Ausbildungsordnungen 2006:
342 staatlich anerkannte
Ausbildungsberufe
Ggf. Prüfung
Prüfungen Eignung der
Ausbildungsstätte
*Berechnet auf Basis der Beschäftigtenstatistik der BA (Stichtag 31.12.2006)
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128
Institutioneller Rahmen der beruflichen Bildung(2)
Die berufliche Ausbildung im dualen System findet in Ausbildungsbetrieben und Berufsschulen statt. Die
betriebliche Berufsausbildung ist bundesweit durch das Berufsbildungsgesetz geregelt, die schulische
Berufsausbildung im wesentlichen durch die Schulgesetze der Länder. Als Grundlage für eine geordnete
Berufsausbildung kann das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie oder das sonst zuständige
Fachministerium im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung durch
Rechtsverordnung Ausbildungsberufe staatlich anerkennen und für die Ausbildungsberufe
Ausbildungsordnungen erlassen. Diese werden am Bundesinstitut für Berufsbildung vorbereitet. Das
Bundesinstitut führt zudem Forschungsprojekte durch und wirkt durch Entwicklung, Förderung und
Beratung an der Weiterentwicklung der außerschulischen beruflichen Bildung mit. Wichtige Aufgaben bei
der Durchführung
und Überwachung der Berufsausbildung nehmen die zuständigen Stellen (meist Kammern) wahr. Die KMK
erlässt Rahmenlehrpläne für den berufsbezogenen Unterricht an Berufsschulen, die mit den
Ausbildungsordnungen abgestimmt werden. Die Länder können den Rahmenlehrplan der KMK direkt
übernehmen oder in einen eigenen Lehrplan umsetzen. Lehrpläne für den allgemeinen Unterricht der
Berufsschule werden grundsätzlich von den einzelnen Ländern entwickelt. Die Landesregierungen
bestimmen durch Erlass im Benehmen mit dem Landesausschuss für Berufsbildung auch über die
Gleichwertigkeit einer vollzeitschulischen Berufsausbildung mit der Ausbildung in einem anerkannten
Ausbildungsberuf (Zulassung zur Abschlussprüfung bei den zuständigen Stellen). Der Bundesagentur für
Arbeit obliegt auf Basis des SGB III die Beratung, Vermittlung und Förderung der Berufsbildung für
Jugendliche und Betriebe.
Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung
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129
Institutioneller Rahmen der Berufsausbildung im dualen System
Länderebene:
Landesregierung
Kultusminister
Bundesebene: BM für Bildung und
Wissenschaft in Zusammen-arbeit
mit anderen betroffenen
Bundes- ministerienBundes-
institut für
Berufs-
bildung
Arbeitgeber-
verbände
Gewerk-
schaften
Kultusminister-
konferenz
Industrie- und
Handelskammern
Prüfungs-
aus-
schüsse
berufliche
Teilzeitschulen
betriebliche
Berufsausbildung
(Lehre)Betriebsrat
Jugend-
vertretung
Ausbild
ungsord
nungen, G
esetz
e
Lehrp
läne
Rahm
enle
hrp
läne
Quelle: Arbeitsgruppe am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung: Das Bildungswesen in der Bundesrepublik Deutschland. Ein Überblick für Eltern, Lehrer, Schüler. Reinbeck bei Hamburg: 1994.
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130
Duales System der Berufsausbildung
POLITISCHE
EBENE
ADMINISTRATIVE EBENE
DIDAKTISCHE EBENE
Länder
KMK-Konferenz
Kultusministerien
Bund
Bildungs-/Fachministerien
BIBB
Schulverwaltung Zuständige Stellen
Sozialpartner Sozialpartner
Landes-institute Verbände
Schulleitung
Ausbildungsberufe
Klassen/Fächer*
Überbetriebliche
AusbildungBetriebsleitung
Ausbildungsabteilung
Abteilung/Arbeitsplatz*
Lernortbereich Betrieb
Lernortbereich Berufsschule
Quelle: Geschäftsstelle des Regierungspräsidenten Münster (Hrsg.): Kooperation der Lernorte im Bereich neuer Informationstechnologien (KOLORIT) –
Modellversuch der Bund-Länder-Kommission; 1. Bericht über den Versuchszeitraum 01.01.1992 – 31.12.1992. Gelsenkirchen: 1992, S. 28.
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131
Das „DUALE“ System der BRD; Rechtsstruktur
Berufsausbil-
dungsvertragAuszubildender Schüler Schulpflicht
Jugendlicher
Ausbilder
Betrieb
Quelle: Eigene Darstellung
privater Unternehmer öffentliche Einrichtungen
Berufschule
Lehrer
privatrechtliche Regelung
Berufsbildungsgesetz (Ausbildungsordnung)
Bundesministerium für Wirtschaft oder zuständiger Fachminister im Einvernehmen mit BM für Bildung, Wissenschaft, Forschung & Technologie
Bundeskompetenz
öffentlich-rechtliche Regelung
Schulgesetze (Schulpflicht u. Lehrpläne)
Kultusminister
Landskompetenz
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132
Ebenen der Manifestation curricularer Strukturen beruflicher
Bildung
Duales System
Gesetzliche Grundlagen BbiG § 25
HwO § 25
Schulgesetz der Länder
Entwicklungsebene BiBB; Verbände; zust. Minist.
Ausbildungsordnung
Ausbildungsrahmenplan
KMK/KM
Rahmenlehrplan; Verordnungen
Normative Ebene Fachlich zuständige
Bundesminister und BMBF
KMK, KM
Aufsichtsebene Zuständige
Stelle/Wirtschaftskammer (mit
Prüfungen)
Schul-/Kultusbehörde mit
Fachlehrplänen
Institutionelle Ebene Ausbildungsbetrieb mit
Ausbildungsplan,
Handreichungen
Berufsschule ggf. mit
Lehrplankonkretisierung
Lernortebene Arbeitsplatz; Ausbildungsplatz:
Unterweisungsentwurf
Unterricht: Stundenentwurf
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133
Grundtypen von Ausbildungsberufen
ohne
Spezialisierungen
mit
Schwerpunkten
mit
Fachrichtungen
in Stufenausbildungen
1. A
usbild
ungsja
hr
3. A
usbild
ungsja
hr
2. A
usbild
ungsja
hr
Grundbildung Grundbildung Grundbildung Grundbildung
1. Berufsqualifizierende Abschlüsse
2. Berufsqualifizierende Abschlüsse
Quelle: Benner, Hermann. Ordnung der staatlich anerkannten Ausbildungsberufe, Bielefeld 1996²
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134
Klassifikation von Berufskonstruktionen
1. Monoberufe (ohne Spezialisierung)
2. Differenzierungsmodelle
(mit fachl. Spez.; mit oder ohne
gestufte Abschlüsse)
3. Teilnormierte Modelle
(Satelitenmodell)
1 2 3 Aj.
KernqualifikationWahlpflicht
Wahl
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135
Sattelitenmodell (DIHT, Stiehl)(1)
Modell:
Wahlpflichtbausteine (spez.
Auswahl, zeitl. flex.)
Berufsprofilprägende
Grundqualifikation
Wahlbausteine (betriebs-
und personenspez.)
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136
Sattelitenmodell (DIHT, Stiehl)
Mit dem Modell verfolgte Ziele:
• mehr Betriebsnähe
• mehr Flexibilität (inhaltliche und nach individuellem Leistungsvermögen)
• mehr Qualifikationsprofile
• hervorragende Qualität bei vertretbarem Kostenaufwand (DIHT: Leitlinien
Ausbildungsreform. Wege zu einer modernen Beruflichkeit, Bonn o.J. (Mitte
90er))
Rolle der Berufsschulen
• Konzentration auf berufsprofilgebende Qualifikation
• im Wahlbereich und gegebenenfalls im Wahlpflichtbereich Angebote in
Konkurrenz mit privaten Einrichtungen
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137
Entwicklung der Anzahl der Ausbildungsberufe
Quelle: Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2011; Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn
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138
Berufsgrundbildung und Berufsfachbildung
Abschluss Sekundarstufe I
z.B. Hauptschulabschluss
Berufsfeldwahl
(Wahl aus 13 Berufsfeldern)
I
Wirtschaft und Verwaltung
II
Metall-technik
III
Elektro-technik
IV
Bau-technik
V
Holz-technik
VI
Textil-technik & Bekleidung
VII
Chemie, Physik, Biologie
VIII
Druck-technik
IX
Farbtechnik & Raum-gestaltung
XI
Körper-pflege
X
Gesund-heit
XII
Ernährung & Haus-wirtschaft
XIII
Agrar-wirtschaft
IBerufsfelder (gemäß der
Berufsgrundbildungsjahr-
Anrechnungsverordnung von
1978; revid. BBiG 2005)
I
Berufsgrundbildung in einem
Berufsfeld (z.T. unterteilt in
Schwerpunkte)
Berufswahl (Wahl eines dem gewählten
Berufsfeld zugehörigen Ausbildungsberufes)
II
Dachdecker Estrichleger
z.B. aus Berufsfeld IV
Entscheidung für einen
Ausbildungsberuf (mit
BGJ-Anrechnung)
II
Berufsausbildung (Wahl eines dem Berufsfeld
zugehörigen Ausbildungs- berufes)
II
I
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139
Struktur und Funktion der beruflichen Lernortkomplexe
BetriebÜberbetriebliche
Ausbildungsstätten (ÜA)Berufsschule
Lehrecke /
Lehrwerkstatt =
produktionsgelöste,
praktische (Grund-)
Ausbildung
Arbeitsplatz =
produktions-
verbundene
praktische
(Fach-) Ausbildung
Innerbetrieblicher
Unterricht =
betriebsspezifische
Kenntnisse und
Prüfungsvorbereitung
Unterstützung kleinerer und mittlerer
Betriebe, insbesondere bei der
Grund- und Fachausbildung durch
Unterweisung und Unterricht
Unterricht in
Fachtheorie und
allgemeinbilden-
den Fächern
Schulwerkstatt =
Demonstration
und Veran-
schaulichung
Partiell: Verbundausbildungen, z.B. zwischen Betrieben oder Betrieben und ÜA;
ca. 3-5%
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140
Probleme der Berufseinmündung an der ersten Schwelle
• Zugang in einzelne Berufe ist stark durch die Vorbildung bestimmt (Einschränkungen
bei Hauptschülern und Schülern ohne Hauptschulabschluss)
• geschlechtsspezifisches Wahlverhalten
• geschlechtsspezifische Ausbildungsbeteiligung
• Konzentration auf relativ kleine Berufsgruppen
• Mädchen in Männerberufe
• Ausbildungsbeteiligung ausländischer Jugendlicher
• Schulische Vorbildung
• Vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge
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141
Probleme des Berufszugangs und der Berufswahl
Übersichtsdarstellung)
Angebot und Nachfrage
Angebots-Nachfragerelation
Schwerpunkte des Ausbildungsplatzrückgangs in den 90ern
Ausbildungsanteile Ost und West
Verteilung auf die Bereiche (Industrie, Handel,… etc.)
Verteilung auf Groß- und Kleinbetriebe
Qualitative Aspekte der Verteilung
a) Fehlausbildung
b) Ausbildungsqualitäten
- unsystematische Ausbildung
- systematische Ausbildung
c) Diskrepanzen Angebot/Nachfrage berufsspezifisch
Stark besetzte Ausbildungsberufe
nach Vorbildung
nach Geschlecht höhere Konzentration
„Benachteiligte“
Frauen
Ausländer
Determinanten der Berufswahl/Einmündung
schulische Vorbildung
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142
587.879
587.052
597.736
612.785
634.938
648.204
660.380
645.335
634.698
595.706
592.649
617.064
590.684
625.640
658.545
630.857
575.607
655.857
622.234
616.988
609.274
613.381
635.933
654.454647.383
638.771
590.328
572.474
586.358
562.816
591.554
644.244
635.849
583.259
500.000
520.000
540.000
560.000
580.000
600.000
620.000
640.000
660.000
680.000
Angebot und Nachfrage nach Ausbildungsplätzen, Deutschland 1993 - 2009
Angebot
Nachfrage
Quelle: Berufsbildungsbericht 2010; Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn, S. 11 (eigene Darstellung)
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143
Angebot und Nachfrage nach Ausbildungsplätzen
Deutschland 1993 – 2009, Stichtag 30.09.(2)
Die Grafik stellt Angebot und Nachfrage am Ausbildungsstellenmarkt zum 30.09. des jeweiligen Jahres dar,
wobei als Angebot die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge sowie die bei der Bundesagentur für
Arbeit gemeldeten, noch nicht vermittelten Ausbildungsstellen erfasst sind und als Nachfrage neben den
abgeschlossenen Verträgen, die bei der BA gemeldeten, noch nicht vermittelten Bewerber und
Bewerberinnen. Im Jahre 2007 ist die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge (625.914) um
8,6% höher als im Vorjahr. Dies ist zwar der zweithöchste Wert seit der Wiedervereinigung, dennoch konnte
das Ungleichgewicht zwischen angebotenen und nachgefragten Ausbildungsstellen nicht grundlegend
beseitigt werden (siehe Ulrich, J.G. et al.: Deutliche Fortschritte in 2007 beim Abbau des
Ausbildungsplatzmangels. Bonn 2007; http://www.bibb.de/de/31319.htm). Zusammen mit den noch offenen
Ausbildungsstellen betrug am 30.09.2007 das Angebot am Ausbildungsstellenmarkt 644.057. Die Nachfrage
nach Ausbildungsplätzen beträgt 654.967. Da die Nachfrage - nach der eng begrenzten Definition - stärker
gestiegen ist als das Angebot, hat sich die Relation zwischen Angebot und Nachfrage im Vergleich zum
Vorjahr um 3,8% verbessert und liegt nun bei 98,3%. Allerdings werden solche Jugendliche, die wegen
fehlendem Bewerbungserfolgs in Alternativen ausgewichen sind, auch dann nicht zur Nachfrage gezählt,
wenn sie weiterhin in eine Lehrstelle vermittelt werden wollen. Der Zuwachs an Ausbildungsplätzen in 2007
wurde nahezu ausschließlich in den alten Ländern erzielt; im Vergleich zum Vorjahr beträgt der Zuwachs dort
10,7%. In den neuen Ländern ist die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge lediglich um 0,9%
gestiegen; dort war auch eine deutlichere regionale Varianz in den Entwicklungen zu beobachten, mit
deutlichen Rückgängen in einigen Arbeitsagenturen (siehe Ulrich et al. 2007).
Nach 2007 fällt die Nachfrage aus demographischen Gründen stark ab, ebenso das Angebot.
Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung
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144
Einflussgrößen auf die Chance, den Wunsch nach einer dualen Ausbildung realisieren zu können. Logistische Regressionen
Modell 1a Jahr 2004
Modell 1b Jahr 2005
Modell 2a Jugendliche ohne Migrations-hintergrund
Modell 2b Jugendliche mit Migrations-hintergrund
WohnregionWest Ost
10.57**
10,67*
10,61**
1(0,73)
GeschlechtMänner Frauen
10,66**
10,78
10,61**
11,32
Alter 0,91 0,88* 0,86** 1,00
Absolventen/-innenallg. bild./berufl. Schule Berufl.Vollzeitschule
11,16
11,07
11,13
11,23
AbschlussHauptschulabschlussMittlerer AbschlussHoch-/Fachhochschulreife
11,94**3,65**
11,48*2,62**
11,73**3,84**
11,52(1,10)
Schulnotebefriedigend/ausreichendsehr gut/gut
12,56**
11,45*
11,88**
11,94**
MigrationshintergrundNeinJa
10,55**
10,31**
11
Abgangsjahr20042005
10,83
10,41**
Erste Sprache im KindesalterDeutsch
- 1,94**
Konstanteberücksichtigte FällePseudo R²
5,427626,9%
9,337465,8%
14,6112134,5%
0,262957,0%
Quelle: Bundesinstitut für Berufsausbildung
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
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Variable Kategorie
Kompetenz Mathe** ** **
Kompetenz Lesen*
Grundintelligenz
Orientierungsfunktion des Praktikums
unterdurchschnittlich
überdurchschnittlich* *
Note Verhalten
schlechter als 2
2 oder besser* *
** *
Anzahl Übergangsmaßnahmen
2 oder mehr
eine*** ***
** **
Raumkategorie
Ländlicher Raum
Verdichtungsraum
Maßnahmeform
VAB/BVJ
BEJ
Geschlecht
weiblich
männlich
Migrationshintergrund
nein
ja*
** *** *** 145
Erklärungsmodelle zum Übergang in vollqualifizierende Ausbildung bzw. weiterführende Schule (IBIS Studie) unter Einbezug von Testdaten
• Die Güte des Praktikums, die
Verhaltensnoten, die Anzahl der
besuchten
Übergangsmaßnahme sowie
der Migrationshintergrund
beeinflussen die
Wahrscheinlichkeit in eine
vollqualifizierende Ausbildung
einzumünden signifikant, die
Fachleistungen (Testdaten)
erbringen keinen Beitrag zur
Varianzaufklärung
• Für den Übergang in
weiterführende Schulen ergibt
sich ein völlig anderes Bild!
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146
Direkteinstieg in Ausbildung B Exp (B)
Umwegeinstieg in Ausbildung über Schule B Exp (B)
Umwegeinstieg in Ausbildung über BV/Sonstiges B Exp (B)
Schulische Höherqualifizierung B Exp (B)
Mädchen (Ref. Jungen)
-,217 ,805 ,029 1,030 ,053 1,054 ,467 1,596*
Migrationshintergrund (Ref. Kein MH)
-1,003 ,367*** -,472 ,624** -,160 ,852 -,199 ,820
Höchster ISEI Vater/Mutter
-,004 ,996 ,002 1,002 -,006 ,994 ,023 1,024**
Arbeitslosigkeit der Eltern (Ref. Keine AL)
-,963 ,382** -,859 ,423* -,508 ,602 -,109 ,897
Mehr als 3 Probleme (Ref. max. 3 Probleme)
-,835 ,434** -,863 ,422** -,337 ,714 -,886 ,413**
gute Noten (Ref. schlechte Noten)
,289 1,335
,528 1,696** -,117 ,890 ,851 2,343**
Klassenwiederholung (Ref. keine KW)
-,213 ,808 -,732 ,481** -,186 ,830 -1,041 ,353**
Schulschwänzen (Ref. kein Schwänzen)
-1,195 ,303*** -,843 ,431** -,552 ,576** -,868 ,420**
kein Berufswunsch (Ref. BW vorhanden)
-1,543 ,214*** -,002 ,998 -,574 ,563* ,412 1,510
unklare berufl. Pläne (Ref. andere Pläne)
-,989 ,372** -,810 ,445** ,129 1,137 -,369 ,691
Konstante (b₀) 2,065 ,971 1,058 -1,329
n=n(Ausb.losigkeit)=164 Gesamt N=959
283 195 223 94
Nagelkerns Pseudo-R² = .213 *p≤ .10; ** p≤ .05; ***p≤ .01
Tab. 3: Multinominale logistische Regression zu den Verlaufstypen (Referenzkategorie: Wege in Ausbildungslosigkeit)
Quelle: Gaupp/Geier/Lex/Reißig (2011): Wege in Ausbildungslosigkeit. Determinanten misslingender Übergänge in Ausbildung von Jugendlichen mit
Hauptschulbildung. In: Zeitschrift für Pädagogik, Jahrgang 57,(2011), Heft 2, S.173-186.
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147
Ausbildungsbereitschaft von Betrieben(1)
Quelle: http://www.bibb.de/dokumente/pdf/ausbildungsquote_d_1999_2008.pdf (Letzter Zugriff: 24.03.2012, 20.22 Uhr)
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148
Ausbildungsbereitschaft von Betrieben
Übersicht: Beschäftigte und Auszubildende nach
Betriebsgrößenklassen in den alten Ländern 1999, 2007 und 2008
Quelle: eigene Darstellung nach Zahlen aus den Internettabellen zum Berufsbildungsbericht 2010
http://www.bibb.de/dokumente/pdf/ausbildungsquote_d_1999_2008.pdf (Letzter Zugriff: 24.03.2012, 20.22 Uhr)
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149
Verteilung der Auszubildenden auf die Betriebsgrößenklassen 2004 in
Prozent
Quelle: eigene Darstellung nach Zahlen aus den Internettabellen zum Berufsbildungsbericht 2010
http://www.bibb.de/dokumente/pdf/ausbildungsquote_d_1999_2008.pdf (Letzter Zugriff: 24.03.2012, 20.22 Uhr)
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Ausbildungsberechtigung, Ausbildungsbeteiligung und Übernahmeqouten der Betriebe
• 2010 waren ca. 56% aller Betriebe ausbildungsberechtigt, wobei die Anteile
in Abhängigkeit von der Betriebsgröße schwanken (Kleinstbetriebe 49%,
Großbetriebe 91%)
• Die Ausbildungsbeteiligung der ausbildungsberechtigten Betriebe variiert
ebenfalls nach Betriebsgröße (global 53%, Kleinstbetriebe 41%,
Großbetriebe 97%)
• Auch bei den Übernahmequoten ergibt sich dieses Bild: Sie ist in den
Großbetrieben am höchsten (75%) und in den Kleinstbetrieben am
geringsten (48%)
(Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2012)
150
Insgesamt bilden gegenwärtig ca. 20% aller Betriebe aus, Tendenz
fallend (Datenreport 2015)
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151
Gründe für Ausbildungsverzicht
• ca. 2/3 der lehrberechtigten Betriebe, die nicht ausbilden, sind der Meinung, die
Auszubildenden sind zu selten im Betrieb
• Über die Hälfte nennt als Hindernisse, dass keine qualifizierten Bewerber zu finden
seien, die Kosten zu hoch sind, zu viele Vorschriften zu beachten sind
• fehlende Zeit, sich um die Auszubildenden zu kümmern
• Betrieb zu spezialisiert
(Informationen zur beruflichen Bildung 31.7.02)
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152
AuszubildendeBeschäftigte Ausbildungsquote Auszubildende: Veränderung
2008 gegenüber 1999
Quelle: http://datenreport.bibb.de/media2010/tab_a5_10_1-19.pdf (Letzter Zugriff: 24.03.2012, 20.22 Uhr)
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Quelle der Zahlen von 1993-2006:
Internetversion des BIBB-Datenreports zum Berufsbildungsbericht 2010 - Informationen und Analysen zur Entwicklung der
beruflichen Bildung. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung, Bonn (2010).
Quelle der Zahlen von 2007-2009:
Statistisches Bundesamt (2011): Fachserie 11, Reihe 3. Wiesbaden, http://www.destatis.de
(letzter Zugriff: 6.3.2012, 14.00 Uhr)
Anzahl der Auszubildenden nach Ausbildungsbereichen 1993 bis 2009
153
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154
Auszubildende nach Bereichen, Deutschland 1993 – 2009
In Ausbildungsberufen des Zuständigkeitsbereichs Industrie und Handel ging die Zahl der Auszubildenden seit 1991 zunächst stark zurück, bedingt durch die Entwicklung in den alten Ländern. Dies ist vor allem durch ein geringeres Ausbildungsplatzangebot bedingt, zum Beispiel in industriellen Metall- und Elektroberufen. Nach 1996 hat ein Anstieg bis zum Jahre 2001 stattgefunden, in den alten wie in den neuen Ländern. Seit 2002 ist die Zahl der Auszubildenden aber auch in diesem Bereich gesunken. Seit 2005 steigt sie wieder an. Im Handwerk beruht die Zunahme seit 1991 größtenteils auf den Entwicklungen in den neuen Ländern. Durch den Aufbau handwerklicher Wirtschaftsstrukturen hat sich die Auszubildendenzahl dort mehr als verdoppelt. In den letzten Jahren ist jedoch ein erheblicher Einbruch festzustellen, bedingt durch die niedrigeren Zahlen vor allem im Baubereich. Mit den Privatisierungen im Post–und Bahnbereich wurden Ausbildungsberufe des öffentlichen Dienstes aufgehoben. Dies beeinflusste den Rückgang der Auszubildendenzahlen in diesem Bereich Mitte der 90er-Jahre. In den übrigen Bereichen ist die Entwicklung der Zahl der Auszubildenden unterschiedlich. In der Landwirtschaft steigt mit Ausnahme der Jahre 2000 bis 2003 die Zahl der Auszubildenden. In den Freien Berufen geht die Zahl der Auszubildenden seit 1997 (mit Ausnahme der Jahre 2001 und 2002) zurück. In den sonstigen Bereichen (Hauswirtschaft und Seeschifffahrt) sind insgesamt vergleichsweise wenige Jugendliche in Ausbildung, die Auszubildendenzahl schwankt zwischen 12 und 14 Tausend.
Quelle: Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Schaubilder zur Berufsbildung, Seite 27
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155
Sektorale Umverteilung von Facharbeitern (1992)¹
Kleinindustrie²
Ausbildung: 4,7 %
Verbleib: 1,5 %
Zugänge: 3,6 %
Abgänge: 3,2 %
Dienstleistungen/
übrige Bereiche
Ausbildung:18,4 %
Verbleib: 13,7 %
Zugänge: 20,8 %
Abgänge: 4,7 %
Handwerk
Ausbildung: 57,8 %
Verbleib: 27,4 %
Zugänge: 3,4 %
Abgänge: 30,4 %
Großindustrie³
Ausbildung: 19,1 %
Verbleib: 12,9 %
Zugänge: 16,7 %
Abgänge: 6,2 %
0,8 %
0,5 %
0,5 %
1,9 %
1,2 %1,9 %
16,5 %
1,4 %12,0 %
1,5 %
2,8 %
3,5 %
¹ Angaben in Prozent aller ausgebildeten und 1992 erwerbstätigen Facharbeiter
² Industriebetriebe mit 1-49 Beschäftigten
³ Industriebetriebe mit 50 und mehr Beschäftigten
Quelle: von Henninges, Hasso: Die berufliche, sektorale und statusmäßige Umverteilung von Facharbeitern. Institut für
Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit (Hrsg.), BeitrAB 182, Nürnberg 1994, S. 41
Quelle: BiBB/IAB-Befragung
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156
(1)
Quelle: www.bibb.de/dokumente/pdf/AB0408.pdf (letztes Zugriffsdatum: 02.08.12, 9.02 Uhr)
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157
Vorzeitig gelöste Ausbildungsverträge 1979-2008(2)
Der Anteil der vorzeitig gelösten Ausbildungsverhältnisse schwankt im Zeitverlauf,
wobei sich ein längerfristiger Anstieg zeigt. Seit den 70er-Jahren war bis
Anfang/Mitte der 90er-Jahre ein Anstieg zu beobachten; es folgten mehrere Jahre des
Rückgangs und seit Ende der 90er-Jahre ein erneuter Anstieg. Seit 2003 sinken die
Lösungsquoten wieder. Besonders hoch sind die Lösungsquoten in Berufen des
Handwerks und (etwas geringer) auch im Zuständigkeitsbereich der Freien Berufe;
in den letzten Jahren auch in der Landwirtschaft. In vielen Berufen lösen bis zu
einem Drittel der Auszubildenden den Vertrag wieder. In kaufmännischen Berufen
sind die Lösungsquoten generell geringer. Im öffentlichen Dienst werden die
geringsten Quoten ermittelt. Die Vertragslösungen können vielfältige Ursachen haben
- wie z.B. Konkurs und Schließung des Betriebs oder Berufswechsel der
Auszubildenden; sie sind auch keinesfalls alle mit einem Ausbildungsabbruch
gleichzusetzen. Eine Studie des BIBB (siehe Schöngen, K.: Ausbildungsvertrag gelöst
= Ausbildung abgebrochen? Ergebnisse einer Befragung. In BWP, 5/2003, S. 35ff.)
hat ergeben, dass für viele die berufliche Umorientierung (anderer Beruf, anderer
Betrieb) der Hauptgrund für die Lösung eines Vertrages ist; auch die Wahl eines
ganz anderen Ausbildungswegs (z.B. Schule, Hochschule)
spielt eine Rolle. Mehr als ein Viertel der Vertragslösungen fällt bereits in die
Probezeit. Insgesamt dürften die Hälfte derer, die Verträge lösen, Umsteiger sein,
die ihre betriebliche Ausbildung in einem neuen Beruf und/oder Betrieb fortführen.
Quelle: Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Schaubilder zur Berufsbildung, Seite 38
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Einflüsse auf das Risiko, eine (erste) duale Ausbildung ohne
Abschluss zu beenden – Ergebnisse von binären logistischen
Regressionen (1)
Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (BMBF) (Hrsg.)(2013): Report. Forschungs- und Arbeitsergebnisse aus
dem Bundesinstitut für Berufsbildung. 13. Jg., H. 21. S. 6
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Einflüsse auf das Risiko, eine (erste) duale Ausbildung ohne
Abschluss zu beenden – Ergebnisse von binären logistischen
Regressionen (2)
Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (BMBF) (Hrsg.)(2013): Report. Forschungs- und Arbeitsergebnisse aus
dem Bundesinstitut für Berufsbildung. 13. Jg., H. 21. S. 6
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Bewertung des Berufs der (ersten) dualen Ausbildung (Anteile in Prozent)
Basis: Personen der Geburts-
jahrgänge 1987 bis 1993, die eine
(erste) duale Berufsausbildung mit
oder ohne Abschluss beendet haben
(gewichtete Ergebnisse;
ungewichtete Fallzahl: insgesamt: n
= 1.608,
mit Abschluss: n = 1.368, ohne
Abschluss: n = 240).
Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (BMBF) (Hrsg.)(2013): Report. Forschungs- und Arbeitsergebnisse aus
dem Bundesinstitut für Berufsbildung. 13. Jg., H. 21. S. 7
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Von den Jugendlichen genannte Gründe für die Beendigung der
(ersten) dualen Berufsausbildung ohne Abschluss (Anteile in Prozent)*(1)
Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (BMBF) (Hrsg.)(2013): Report. Forschungs- und Arbeitsergebnisse aus
dem Bundesinstitut für Berufsbildung. 13. Jg., H. 21. S. 9
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Von den Jugendlichen genannte Gründe für die Beendigung der
(ersten) dualen Berufsausbildung ohne Abschluss (Anteile in Prozent)*(2)
Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (BMBF) (Hrsg.)(2013): Report. Forschungs- und Arbeitsergebnisse aus
dem Bundesinstitut für Berufsbildung. 13. Jg., H. 21. S. 9
Persönliche, finanzielle, gesundheitliche Gründe im Detail
* Es waren Mehrfachnennungen möglich
Basis: Personen der Geburtsjahrgänge 1987 bis 1993, die eine (erste) duale Berufsausbildung ohne Abschluss beendet
haben (gewichtete Ergebnisse; ungewichtete Fallzahl: n = 240).
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163Quelle: Statistisches Bundesamt. Fachserie 11, Reihe 3 (2010), http://www.destatis.de (letzter Zugriff: 6.3.2012, 14.00 Uhr)
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164
Die 20 am häufigsten gewählten Ausbildungsberufe(2)
Zur Spitzengruppe der am stärksten besetzten Ausbildungsberufe gehören, wie in den
Vorjahren, kaufmännische Berufe wie Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel oder
Bürokaufmann/Bürokauffrau; weitere kaufmännische Berufe gehören zu den Top 20. Auch
die Handwerksberufe Kraftfahrzeugmechatroniker/in sowie Friseur/in finden sich im
oberen Teil der Rangliste. Die Bau- und Ausbauberufe des Handwerks (Maler/in und
Lackierer/in, Tischler/in u.a.) sind jedoch nicht mehr auf den vorderen Plätzen zu finden.
Aus dem Bereich der Freien Berufe sind sowohl die Medizinischen als auch die
Zahnmedizinischen Fachangestellten zu nennen.
Insgesamt umfassen die 20 am häufigsten gewählten Berufe 55,7% aller
Neuabschlüsse.
Quelle: Vgl. Statistisches Bundesamt. Fachserie 11, Reihe 3 (2010), http://www.destatis.de (letzter Zugriff: 6.3.2012, 14.00 Uhr)
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165
Neuabschlüsse nach Rangfolge der 10 am stärksten besetzten Ausbildungsberufe, Deutschland 2006(2)
Quelle: Statistisches Bundesamt. Fachserie 11, Reihe 3 (2010), http://www.destatis.de (letzter Zugriff: 6.3.2012, 14.00 Uhr)
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166
Neuabschlüsse nach Rangfolge der 10 am stärksten besetzten Ausbildungsberufe, Deutschland 2010(1)
Quelle: Statistisches Bundesamt. Fachserie 11, Reihe 3 (2010), http://www.destatis.de (letzter Zugriff: 6.3.2012, 14.00 Uhr)
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167
Neuabschlüsse nach Rangfolge der 10 am stärksten besetzten Ausbildungsberufe, Deutschland 2010(3)
Auszubildende mit und ohne Hauptschulabschluss
Von Auszubildenden mit Hauptschulabschluss ist der/die Verkäufer/in am stärksten
besetzt. Ähnlich hoch ist auch die Zahl der Ausbildungsverträge als
Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel. Die nachfolgenden Berufe gehören meist dem
Handwerk an. Unter deren Top Ten Berufe findet man aus dem Bereich Industrie und
Handel neben den Verkäufer/innen noch den Beruf Koch/Köchin. Insgesamt
umfassen die zehn am häufigsten durch Auszubildende mit Hauptschulabschluss
besetzten Berufe 44% aller Auszubildenden mit diesem Abschluss. Ebenso findet man die
Auszubildenden ohne allgemeinbildenden Schulabschluss häufig in Berufen des
Handwerks, wie z.B. Maler/in und Lackierer/in oder Friseur/in. Durch die
konjunkturellen Schwierigkeiten im Baugewerbe sind ihre Anteile dort in den letzten
Jahren geringer geworden. Viele werden in Berufen nach § 66 BBiG bzw. § 42m HwO
(Regelungen für die Ausbildung von Menschen mit Behinderungen) ausgebildet.
Insgesamt machen die Auszubildenden in den 10 am häufigsten mit ihnen besetzten
Berufen 37,3% aller Auszubildenden ohne Abschluss aus.
Quelle: Vgl.:Statistisches Bundesamt. Fachserie 11, Reihe 3 (2010), http://www.destatis.de (letzter Zugriff: 6.3.2012, 14.00 Uhr)
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168
Anteile von jungen Frauen in sogenannten „Männerberufen
Alte Länder (inkl. Berlin) 1977 und 2008 (1)
Quelle: www.bibb.de/dokumente/pdf/Ab0408.pdf (letztes Zugriffsdatum: 18.06.12, 11.37 Uhr)
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169
Anteile von jungen Frauen in sogenannten „MännerberufenAlte Länder (inkl. Berlin) 1977 und 2008 (2)
In einigen „Männerberufen“ hat der Frauenanteil seit den 70er-Jahren erheblich
zugenommen. So gab es zum Beispiel 1977 bei den Maler/innen und
Lackierer/innen 343 weibliche Auszubildende, im Jahre 2008 waren es 2.538 . Ähnlich
liegen die Verhältnisse bei den Tischler/innen. Besonders ausgeprägt sind die
Entwicklungen im Druckbereich. Bei Schriftsetzer/in, Druckform-/Reprohersteller/innen
u.a. wurden früher nur wenige Frauen ausgebildet (Anfang der 70er unter 8%). In
den 80er-Jahren ist der Frauenanteil in diesen Berufen bereits auf über 50% gestiegen;
diesen Wert erreicht auch der neue Beruf Mediengestalter/in für Digital- und
Printmedien. Bei den Konditoren/innen waren auch früher um die 20% junge Frauen,
inzwischen liegt der Anteil aber bei 63,6%. Bei Bäcker/innen erreicht der Frauenanteil
einen Wert von 18,6%, ausgehend von 2,3% im Jahr 1977. Bei diesem stark
besetzten Beruf ist diese Steigerung auch quantitativ sehr bedeutsam; im Jahre
2006 erlernten 2.247 junge Frauen diesen Beruf (1977: 484). Auch in manchen
technischen Berufen wie Chemie- und Biologielaborant/in, Augenoptiker/in und
Zahntechniker/in bilden junge Frauen die Mehrheit; in diesen Berufen war ihr Anteil
aber bereits in den 70er-Jahren hoch. Insgesamt sind die Frauenanteile in
technischen Berufen gering und sie sinken zum Teil wieder. Insgesamt lässt sich
seit Anfang der 90er-Jahre eine weitgehende Konstanz der geschlechtsspezifischen
Segregation in der dualen Berufsausbildung feststellen.
Quelle: Vgl. http://www.bibb.de/dokumente/pdf/Ab0408.pdf (letzter Zugriff: 7.3.2012, 11.55 Uhr)
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170
Quelle: Datenquellen: Seit 1977: Datenbank Aus- und Weiterbildungsstatistik des Bundesinstituts für Berufsbildung
auf Basis der Daten der Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder
(Erhebung zum 31.12.)
http://www.bibb.de/dokumente/pdf/Ab0405.pdf (Letzter Zugriff: 18.06.12 11.40 Uhr)
(1)
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171
Auszubildende nach Geschlecht, Anteile in % alte Länder, (ab 1991 einschließlich Berlin-Ost) 1950 – 2008 (2)
Der Anteil der weiblichen Auszubildenden im dualen System der Berufsausbildung hat seit
den Fünfzigerjahren deutlich zugenommen. Damals waren ein Viertel der Auszubildenden
weiblichen Geschlechts, heute sind es rd. 40%. Bis 1990 ist der Frauenanteil an den
Auszubildenden nahezu kontinuierlich gestiegen. Zwischen den Jahren 1990 und 1996 ist
in den alten Ländern ein leichter Rückgang festzustellen. Dies dürfte mit der schwierigen
Ausbildungsplatzsituation für junge Frauen
zusammenhängen. Von 1997 bis 2002 hat der Frauenanteil bis auf 41,8% wieder leicht
zugenommen; im Jahr 2008 betrug er ca 40%. Die höchsten Anteile an weiblichen
Auszubildenden findet man in Ausbildungsberufen der Freien Berufe (z.B. Medizinische
Fachangestellte, Rechtsanwaltsfachangestellte) und in der Hauswirtschaft (ca. 95%
bzw. 94%). In Industrie und Handel (40%) und im öffentlichen Dienst (64%) liegen die
Werte im mittleren Bereich. Im Handwerk
hat der Frauenanteil in den letzten Jahren erheblich abgenommen und liegt jetzt bei rd.
23% (Ende der 80er-Jahre 28%). In den neuen Ländern schwankte der Frau-
enanteil bisher geringfügig zwischen 37% und 38%, seit 2005 sinkt er bis auf 36,4% in
2006.
Quelle: Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Schaubilder zur Berufsbildung, Seite 32
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172
Quelle: Datenbank Aus- und Weiterbildungsstatistik des Bundesinstituts für Berufsbildung auf Basis der Daten der
Berufsbildungsstatistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (Erhebung zum 31.12.); Berechnungen des
BIBB
http://www.bibb.de/dokumente/pdf/Ab0405.pdf (letzter Zugriff: 18.06.12 11.42 Uhr)
(1)
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173
Weibliche Auszubildende (2)in männlich und weiblich dominierten Berufen
Alte Länder (einschließlich Berlin) 1977 - 2008
Im Jahre 2006 wurden in den alten Ländern (inkl. Berlin-Ost) rd. 52.171 junge Frauen in männlich dominierten Berufen ausgebildet, das sind ca. 10% aller in einer betrieblichen Ausbildung stehenden Frauen. Mitte der 70er-Jahre wurden in diesen Berufen unter 3% der Frauen ausgebildet. In Handwerks-berufen sind Frauen insgesamt unterrepräsentiert; einige stärker besetzte Handwerksberufe mit einem zunächst sehr geringen, jedoch im langfristigen Zeitverlauf steigenden Frauenanteil sind Bäcker/in, Maler/in und Lackierer/in sowie Tischler/in. Im industriellen Bereich waren in den Druck- und Medien-berufen steigende Frauenanteile zu beobachten (vgl. Schaubild 4.11). Auch in geringer besetzten Berufen ist diese Entwicklung festzustellen. So gab es 184 Fluggerätemechanikerinnen im Jahre 2006 (8% aller Auszubildenden in die-sem Beruf). In diesen Berufen wurden früher kaum Frauen ausgebildet. Nach wie vor werden die meisten jungen Frauen in weiblich dominierten und überwiegend weiblich besetzten Berufen (Frauenanteil von knapp 60%) ausgebildet. Vor allem die Gruppe der typischen Frauenberufe (über 80% Anteil) ist noch sehr groß; im Jahre 2006 wurden 43% aller Frauen in solchen Berufen ausgebildet. Zur geringen Repräsentanz von Frauen in technischen Ausbildungsberufen und der geschlechtsspezifischen Segregation im dualen System siehe Uhly, A.: Strukturen und Entwicklungen im Bereich technischer Ausbildungsberufe des dualen Systems der Berufsausbildung. Empirische Analysen auf der Basis der Berufsbildungsstatistik (ISSN 1613-4338), Nr. 2-2007, Bonn 2007, http://technologische-leistungsfaehigkeit.de/pub/sdi-02-07.pdf.
Quelle: Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Schaubilder zur Berufsbildung, Seite 32
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174
Anmerkung zu AQ1 und AQ 2
Präzisere Berechnung der Ausbildungsbeteiligungsquote für Personengruppen seit 2007
Seit der Revision der Berufsbildungsstatistik und der Umstellung auf eine Individualdatenerfassung in 2007 liegen Altersangaben für
Neuabschlüsse je Personengruppe vor und so ist auch für einzelne Personengruppen die Berechnungsweise auf Basis von Neuabschlusszahlen
möglich. In den ersten Jahren der Umstellung werden beide Quotenberechnungen ausgewiesen.
Quelle: Gericke N./Uhly A. (2010): Neuberechnung der Ausbildungsbeteiligungsquoten. BIBB (Hrsg.) Bonn, S.5
69,6%
67,1%
66,0%
64,9%
65,1%
64,7%
64,7%
63,4%
63,0%
61,0%
60,0%
58,8%
57,5%
56,9%
57,6%
32,8%
33,9%
33,2%
32,7%
32,3%
31%
30,4%
30,0%
29,3%
28,0%
27,1%
25,2%
23,7%
23,0%
23,9%
0,0%
10,0%
20,0%
30,0%
40,0%
50,0%
60,0%
70,0%
80,0%
Ausbildungsbeteiligungsquote von Jugendlichen mit deutscher und ausländischer
Staatsangehörigkeit, Deutschland 1993-2008 (1)
Ausbildungsbeteiligungs-quote 1 in % Bundesgebiet, Jugendliche insgesamt
Ausbildungsbeteiligungs-quote 2 (1993-2007)und 1 (2007-2008), Bundesgebiet in % Deutsche insgesamt
Ausbildungsbeteiligungs-quote 2 (1993-2007)und 1 (2007-2008), Bundesgebiet in % Ausländer insgesamt
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und Psychologie
175
Quelle: Quelle: Gericke N./Uhly A. (2010): Neuberechnung der Ausbildungsbeteiligungsquoten. BIBB (Hrsg.) Bonn, S.5
Ausbildungsbeteiligungsquote von Jugendlichen mit deutscher
und ausländischer Staatsangehörigkeit, Deutschland 1993 –
2007 (2)
0,0%
10,0%
20,0%
30,0%
40,0%
50,0%
60,0%
70,0%
1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007
Deutsche Frauen insgesamt Ausländische Frauen insgesamt
Ausbildungsbeteiligungsquote von Jugendlichen mit
deutscher und ausländischer Staatsangehörigkeit,
Deutschland 1993 – 2007 (2)
0,0%
10,0%
20,0%
30,0%
40,0%
50,0%
60,0%
70,0%
80,0%
90,0%
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
Deutsche Männer insgesamt Ausländische Männer insgesamt
Auszubildende mit ausländischer Staatszugehörigkeit
Deutschland (bis 1992 nur alte Länder) 1980 – 2007 (2)
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und Psychologie
176
Ausbildungsbeteiligungsquote von Jugendlichen mit deutscher und ausländischer
Staatsangehörigkeit, Deutschland 1993 – 2007 (3)
Die hier berechnete Ausbildungsbeteiligungsquote gibt den Anteil der
Wohnbevölkerung im Alter von 18 bis unter 21, die einen Ausbildungs-vertrag
abgeschlossen haben, wieder. Sie ist bei Jugendlichen mit ausl-ändischer
Staatszugehörigkeit deutlich geringer als bei den deutschen Jugendlichen;
im Jahr 2007 ist sie weiterhin gesunken und liegt bei 23,9%. Der Rückgang
der Ausbildungsbeteiligungsquote fällt bei den ausländischen Männern
besonders stark aus; von 1994 bis zum Jahr 2008 ist deren Quote um gut 14%
zurückgegangen.
Bei den ausländischen Frauen schwankt die Quote zwischen 1993 und 2003
im gesamten Zeitraum leicht um 25%, seit 2004 ist sie auf ca. 21%
zurückgegangen.
In den neuen Ländern leben nur sehr wenige ausländische Jugendliche und
von diesen sind nur rd. 6% im dualen System der Berufsausbildung zu
finden.
Quelle: Datenbank Aus- und Weiterbildungsstatistik des Bundesinstituts für Berufsbildung auf Basis der Daten der Berufsbildungs-
statistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (Erhebung zum 31.12.) sowie Bevölkerungsfortschreibung
des Statistischen Bundesamtes; Berechnungen des BIBB
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177
Quelle: Datenbank Aus- und Weiterbildungsstatistik des Bundesinstituts für Berufsbildung auf Basis der Daten der Berufsbildungsstatistik der
statistischen Ämter des Bundes und der Länder (Erhebung zum 31.12.); Absolutwerte aus Datenschutzgründen auf ein Vielfaches
von 3 gerundet
http://www.bibb.de/dokumente/pdf/Ab0404.pdf (Letzter Zugriff: 18.06.12 12.08 Uhr)
Auszubildende mit ausländischer Staatszugehörigkeit
Deutschland (bis 1992 nur alte Länder) 1980 – 2008 (4)
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178
Auszubildende mit ausländischer Staatszugehörigkeit
Deutschland (bis 1992 nur alte Länder) 1980 – 2008 (5)
Quelle: Datenbank Aus- und Weiterbildungsstatistik des Bundesinstituts für Berufsbildung auf Basis der Daten der Berufsbildungs-
statistik der statistischen Ämter des Bundes und der Länder (Erhebung zum 31.12.); Absolutwerte aus Datenschutzgründen
auf ein Vielfaches von 3 gerundet
http://www.bibb.de/dokumente/pdf/Ab0404.pdf (Letzter Zugriff: 18.06.12 12.08 Uhr)
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179
Auszubildende mit ausländischer Staatszugehörigkeit
Deutschland (bis 1992 nur alte Länder) 1980 – 2008 (6)
In den neuen Ländern leben nur wenige ausländische Jugendliche, die Entwicklung der Zahl ausländischer Auszubildenden ist deshalb nur für die alten Länder dargestellt. Im Jahre 1993 erhielten in den alten Ländern 126.072 ausländische Auszubildende eine Berufsausbildung im dualen System (Deutschland insgesamt 126.283). Seither ging die Zahl, bedingt durch die Engpässe auf dem Lehrstellenmarkt, stark zurück und beträgt im Jahre 2008 64.958 (D 65.701). Im gleichen Zeitraum ist die Zahl der deutschen Auszubildenden erst seit 2000 zurückgegangen und ist in 2006 wieder gestiegen (insgesamt liegt die Zahl in 2008 leicht über der in 1993). Eine gewisse Rolle kann allerdings auch die zunehmende Zahl von Einbürgerungen spielen. Allerdings geht auch die Ausbildungsbeteiligungsquote der ausländischen Jugendlichen (der Anteil der ausländischen Jugendlichen, die einen Ausbildungsvertrag abschließen) zurück. Diese Quote berücksichtigt Größeneffekte der jeweiligen Wohnbevölkerung; zur Ausbildungsbeteiligungsquote siehe Schaubild 3.2. Die ausländischen Auszubildenden sind auf wenige Berufe konzentriert. Insbesondere in Berufen des Zuständigkeitsbereichs der Freien Berufe finden überproportional viele einen Ausbildungsplatz. Im Handwerk ist deren Anteil stark zurückgegangen (1993: 9,8%; 2006: 4,8%). In manchen Berufen erreichen sie Anteile von 10% und mehr (z.B. bei den Friseur/innen). Aber auch als Kaufleute im Einzelhandel und Bürokaufleute werden viele Jugendliche mit ausländischer Staatszugehörigkeit ausgebildet.
Quelle: Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Schaubilder zur Berufsbildung, Seite 36
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180
Die ausländischen Auszubildenden sind ungleich über die Berufe verteilt. In den meisten
Zuständigkeitsbereichen machen ausländische Auszubildende lediglich 4% bis 5% aus,
in den Berufen des öffentlichen Dienstes nur 1,5%. Insbesondere in Berufen des
Zuständigkeitsbereichs der freien Berufe finden überproportional viele einen
Ausbildungsplatz, insgesamt gut 8%, im Beruf Zahnmedizinische/r Fachangestellte/r
ca. 11%. Auch im Ausbildungsberuf Friseur/in findet man überproportional viele
ausländische Auszubildende (ca. 13%). In einigen kaufmännischen Berufen, wie
Kaufleute im Einzelhandel und Bürokaufleute, werden viele Jugendliche mit
ausländischer Staatsangehörigkeit ausgebildet; ihr Anteil liegt dort bei 7% bzw. 4%.
Generell scheint zu gelten, dass Auszubildende mit Migrationshintergrund größere
Probleme haben in die duale Ausbildung einzumünden und überproportional in weniger
attraktiven Berufen ausgebildet werden.
Auszubildende mit ausländischer Staatszugehörigkeit
Deutschland (bis 1992 nur alte Länder) 1980 – 2008 (7)
Quelle: Granato, M.; Uhly, A.: Werden ausländische Jugendliche aus dem dualen System der Berufsausbildung
verdrängt? In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis 35(2006) 3, S. 51-55.
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181
Ungelerntenquote nach Staatsangehörigkeit in Prozent
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182
Arbeitslose Jugendliche 1973 – 2007(2)
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183
Arbeitslose Jugendliche 1993 – 2007(1)
Ostdeutschland
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184
Arbeitslose Jugendliche 1973 – 2007(3)
Die Zahl der arbeitslosen Jugendlichen unter 25 Jahren liegt seit einigen Jahren sehr
hoch und betrug im Jahre 2007 423.941, darunter 269.608 in Westdeutschland und
154.333 in Ostdeutschland. Das entspricht einer Quote
von 7,1 (West) beziehungsweise 15,6% (Ost). Nach der Lehre wird eine größere Anzahl
von Jugendlichen arbeitslos, wobei hier zu berücksichtigen ist, dass dazu auch
Abbrecher gehören und solche, die eine andere Ausbildung suchen und nur eine
gewisse Phase überbrücken wollen. Im Jahre 2005 haben sich 295.353 Personen nach
einer betrieblichen Ausbildung arbeitslos gemeldet. *Davon hatten 253.028 die
Ausbildung erfolgreich abgeschlossen. Diese Anzahl schließt auch Lehramtsanwärter,
Referendare, Volontäre und Praktikanten im Anerkennungsjahr ein. Die Anzahl der
erfolgreichen Absolventen und Absolventinnen einer dualen Ausbildung, die danach
arbeitslos sind, kann statistisch nicht eindeutig ermittelt werden, ca. 161.953 sind es im
Jahr 2005; dies entspricht rund 35,6% der erfolgreichen Prüfungsabsolventen einer
dualen Ausbildung im Jahr 2005. (Siehe auch: Berufsbildungsbericht 2007,
http://www.bmbf.de/de/berufs-bildungsbericht2007.php, „Übergänge von Ausbildung in
Beschäftigung“)
* Der vollständige Nachweis von Zu- und Abgängen in und aus Arbeitslosigkeit ist z. Z. nicht möglich, da hierzu nur wenige verwertbare Meldungen von zugelassenen kommunalen Trägern vorliegen. Deshalb beruhen die Daten auf Auswertungen der BA, die allein auf dem IT-Vermittlungssystem basieren und sich auf Kreise mit vollständigen Daten beschränken. Diese wurden auf Deutschland hochgerechnet. Für 2007 und 2006 ist eine entsprechende Schätzung derzeit nicht möglich.
Quelle: Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Schaubilder zur Berufsbildung, Seite 59
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185
Determinanten der Berufswahl Jugendlicher
intrapersoneller Einfluss:
•Selbstbild
•Geschlecht
•Zukunftserwartungen
•Einstellungen zur Arbeitswelt
(z.B. Anspruch an Arbeit)
•Selbstbewusstsein
•Interessen
•Vorbildung
gesellschaftlicher Einfluss:
• Fernsehen und andere
Medien
• Rollenbild in der Gesellschaft
• ökonomisch-technisches
Niveau (Status)
• Ausbildungsplatzangebot
interpersoneller
Einfluss:
• Eltern
• Lehrer
• Freunde
• Arbeitsamt
Berufswahl /
Berufseinmündung
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186Quelle: Magazin Wirtschaft 1/94, S.9
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187
Schulische Vorbildung der Auszubildenden
Alte Länder (2006 inklusive Berlin-Ost), 1970 und 2010 (1)
Quelle: eigene Darstellung nach Angaben des Statistischen Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 2, 2010/2011
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188
Schulische Vorbildung der Auszubildenden
Alte Länder (20010 inklusive Berlin-Ost), 1970 und 2010 (2)
In früheren Jahren war das duale System im Wesentlichen ein Ausbildungssystem für
Hauptschüler. 1970 hatten 79% der Auszubildenden einen Hauptschulabschluss, die
übrigen einen Realschulabschluss. Studienberechtigte waren kaum vertreten. Im Jahr
2010 verfügen in den alten Ländern insgesamt ca. 38% der Jugendlichen mit neu
abgeschlossenem Ausbildungsvertrag über einen Hauptschulabschluss oder keinen
allgemeinbildenden Schulabschluss. Die Anteile von Auszubildenden mit
Realschulabschluss und vor allem auch Studienberechtigten haben sich beträchtlich
erhöht. Etwa die Hälfte der Studienberechtigten des dualen Systems besucht nach der
Ausbildung noch eine Hochschule. Der extreme Rückgang des Hauptschüleranteils
entspricht in großen Teilen der Entwicklung der Struktur der Schulabgänger, da auch hier
mit der Bildungsexpansion die Anteile derjenigen mit Hauptschulabschluss stark
zurückgingen. Allerdings sind auch deutliche Tendenzen der Verdrängung von
Hauptschülern zum einen in einer Situation des Lehrstellenmangels aber auch bedingt
durch steigende Anforderungen im Rahmen der Tertiarisierung und Modernisierung der
Berufsausbildung zu erkennen (siehe: Uhly, A.; Erbe, J. (2007): Auszubildende mit
Hauptschulabschluss: vom Normalfall zur Randgruppe? In: Berufsbildung in
Wissenschaft und Praxis 36(2007)4, S. 15-20).
Quelle: Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Schaubilder zur Berufsbildung, Seite 51
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189
Betriebliche Bildungsarbeit
1. Funktionen betrieblicher Bildungsarbeit
• Sicherung der Erträge/Konkurrenzfähigkeit
• Sicherung der notwendigen Qualifikationen
• Mittel der Personal- und Organisationsentwicklung (z.B. preisgünstige und zielsichere Personalrekrutierung, funktionsbezogene Qualifizierung, Flankierung von Veränderungsprozessen)
2. Inhaltliche Bestimmung
• Ausbildung im Rahmen des BBiG: Ausbildungsordnungen
• Weiterbildung: betrieblicher Bedarf
3. Prinzipielle Organisationsformen (auf der Mikroebene) betrieblicher Ausbildung
• Produktionsintegriert
• Produktionsisoliert
• Produktionsverbunden
4. Grundformen betrieblicher Ausbildung (Meso-/ Makroebene)
• betriebliche Vollausbildung (z.B. Abiturientenausbildung in Großbetrieben
• duale Formen (innerhalb des BBiG, außerhalb der BBiG (z.B. BA, FH))
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190
Ausbildung: Warum Betriebe sich engagieren (1)
* Mehrfachnennungen; Befragung von 1373 Unternehmen im Frühjahr 2001
Quelle: http://www.bibb.de/dokumente/pdf/BWP-2002-H6-32ff.pdf (Zugriffsdatum: 5.3.2012, 19.53 Uhr)
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191
Ausbildung: Warum Betriebe sich engagieren (2)
Quelle: http://www.bibb.de/dokumente/pdf/BWP-2002-H6-32ff.pdf (Zugriffsdatum: 5.3.2012, 19.53 Uhr)
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Warum sich Betriebe aus der Ausbildung zurückziehen
• Zwischen 2007 und 2013 ging der Anteil der ausbildenden Betriebe um ca.
12% zurück, im gleichen Zeitraum reduzierten sich die Neuverträge um ca.
15%
• Unterschieden werden drei Betriebstypen unter jenen, die sich (partiell)
zurückzogen: Beständige, Aussteiger, Kosten-Nutzen Kalkulierer
• Beständige: Rückgang ist primär auf wenige Bewerber und nicht
angetretene Ausbildung zurückzuführen
• Aussteiger: Fehlende Übernahmemöglichkeiten, Umstrukturierungen, kein
Bedarf sind zentrale Rückzugsgründe
• Kosten-Nutzen-Kalkulierer: vielfältige Gründe, keine dominierenden
Beweggründe (BIBB Report 4/2015)
192
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193
Qualitative Merkmale betrieblicher Ausbildung (1)
Betriebliche Aus-
bildungstypen
Empirische Befunde (E. Mayer u.a. 1981: Betriebliche Ausbildung
und gesellschaftliches Bewusstsein. Frankfurt a.M. 1981)
Handwerkliche
Ausbildung
• handwerkliche Ausbildung und Arbeit sind eng gekoppelt.
Auftragslage, Baustellenwechsel, Einsatz auf der Baustelle
bestimmen Lernmöglichkeiten
• z. T. umfassende Ausbildung gefährdet überbetriebliche
Einrichtungen
• Qualität stark von der Person des Ausbilders abhängig; zeitliche
Belastung der nebenamtlichen Ausbilder
industrielle
unsystematische
Maschinenschlosse
rausbildung
• im Vergleich zum Handwerk höheres Maß funktionaler
Differenzierung von Arbeit und Ausbildung
• Lehrecken (Erwerb manueller Grundfertigkeiten)
• Maschinenausbildung in der Produktion
• z. T. Einschränkung der Ausbildungsqualität in den Lehrecken
durch Produktionsaufträge
• Auftragslage, Kapazitätsauslastung bestimmt z. T. die
Qualifizierungsmöglichkeiten
• meist Verzicht auf theoretische Schulung im Betrieb
• wenn, dann nur wenige hauptamtliche Ausbilder
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194
Qualitative Merkmale betrieblicher Ausbildung (2)
industrielle
systematische
Maschinen-
schlosser-
ausbildung
• hohes Maß an funktionaler Differenzierung von Arbeit und
Ausbildung
• Ausgliederung aus der Produktion
• systematische praktisch-theoretische Unterweisung in relativ
hohem Umfang
• Ausbildung erfolgt nach detaillierten Plänen
• hauptamtliche Ausbilder
• Einbindung in den Arbeitsprozess primär zur Ermöglichung von
Erfahrung und Sicherung der gewünschten Schnelligkeit
In kaufmännischer
Ausbildung
weit höherer Anteil der Qualifikation im Leistungserstellungsprozess
z. T. Qualitäts-Probleme Juniorenfirmen
spezielle Kurse
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und Psychologie
Neuere Studien zur betrieblichen Ausbildungsqualität
• Strukturell scheint sich wenig verändert zu haben
• Große Unterschiede in den Qualitätszuschreibungen in den verschiedenen
Berufen
• Positive Bewertungen erhalten vor allem die sogenannten strukturellen
Merkmale, wie Ausstattung (ca. 73% positive Bewertung)
• Besonders kritisch werden die Dispositionschancen bei der
Aufgabenbearbeitung eingeschätzt(ca. 41% positive Bewertung)
• Das Interaktionsklima und die Unterweisungsqualität liegen dazwischen (ca.
68 bzw. 63% positive Zuschreibungen)
• Günstigere Zuschreibungen werden in Großbetrieben vorgenommen
• Qualitätszuschreibungen werden vor allem für die Motivation, weniger für
die Kompetenzentwicklung bedeutsam (Baethge-Kinsky/Baethge,
Lischewski 2015; Beck, Landenberger, Oser 2015; Ebbinghaus u.a. 2010)
195
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197
Betriebliche Motivation Schulische Motivation Fachwissen
ZT AT ZT AT ZT AT
Betr
ieb
lich
e A
usb
ild
un
g
Arbeitsaufgaben .459** .423** .188** .148** .132** -.069
Bedeutsamkeit .330** .364** .144** .161** .050 .086*
Handlungsspielraum .285** .264** .140** .101* .071 -.058
Feedback .325** .269** .242** .168** .103* -.011
Fachkompetenz Ausbilder .460** .340** .212** .155** .105* .045
Fürsorglichkeit Ausbilder .464** .376** .244** .155** .054 .012
Kollegen .497** .441** .290** .204** .068 -.048
Zeitliche Überforderung -.338** -.242** -.163** -.085* -.181** -.127**
Sch
ulisch
e A
usb
ild
un
g
Instruktionsklarheit .200** .212** .393** .393** .078 .129**
Schulische Überforderung -.163** -.095* -.182** -.128** -.307** -.255**
Kompetenzunterstützung .182** .088* .338** .316** .007 .066
Autonomieunterstützung .166** .134** .383** .360** .042 .007
Relevanz der Inhalte .262** .282** .596** .650** .026 .061
Lehrerinteresse .148* .206** .331** .450** -.044 .027
Soziale Einbindung .280** .260** .454** .421** .151** .080
Korrelationen
zwischen Q-
Merkmalen,
Motivation und
FW (Maier u.a.
2014)
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198
Beispiel für die sukzessive Ausdifferenzierung der beruflichen Bildung im Rahmen von Großunternehmen (1)
Die Differenzierung der Lernorte zu Beginn des Entwicklungsprozesses
I.
II.
60er
70er
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199
Beispiel für die sukzessive Ausdifferenzierung der beruflichen Bildung im Rahmen von Großunternehmen (2)
Die Anwendungswerkstatt als Scharnier zwischen zentralen und dezentralen Lernorten
Quelle: Bittmann, A.; Erhard, H.; Novak, H.: Dezentrales Lernen in der Teamarbeit, Abschlussbericht der
Mercedes Benz AG, Gaggenau/Heidenheim 1996, S.133 ff.)
III.
IV.
80er
90er
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200
Lernortkooperation im dualen System (1)
In der Literatur finden sich unterschiedliche Strukturierungen der
Lernortkooperation
Buchfeld/Euler (1994, S.10) unterscheiden z.B.
• gegenseitiges Informieren
• gegenseitige Abstimmung und
• systematisches Zusammenwirken
Pätzold unterscheidet folgende Kooperationsvarianten
• formal veranlasst (z.B. Prüfung)
• pragmatisch-utilitaristisch (aktuelle Probleme gaben den Anlass)
• didaktisch-methodisch (gemeinsame Konzeptentwicklung etc.)
• bildungstheoretisch (Basis ist eine gemeinsame Bildungsarbeit)
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201
Lernortkooperation im dualen System (2)
Berger/Walden (Zur Praxis der Kooperation zwischen Schule und Betrieb. In: Zeitschrift für
BWP, 90. Bd., Heft 4/1994, S. 389 – 408) unterscheiden die Kooperationsvarianten
(nach Intensität)
• keine Kooperation (5-60%)
• sporadische Kooperation (8-55%)
• kontinuierliche-probleminduzierte Kooperation (0-26%)
• kontinuierlich-fortgeschrittene Kooperation (auf individueller Basis; vorrangig
organisatorisch) (5-35%)
• kontinuierlich-konstruktive Kooperation (regelmäßig didaktisch-methodische
gemeinsame Projekte) (0-38%)
Zusammenhänge zwischen Kooperationsqualität und Leistungsentwicklung r~0.2
(Knöll 2007)
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202
(Primäre) didaktische Funktionen der Lehr-Lernorte im dualen
System
• traditionell
Betrieb: primär praktische Qualifizierung
Berufsschule: primär theoretische und allgemein bildende Förderung
Diese traditionelle Funktionszuweisung wird zunehmend in Frage gestellt, wobei
das Verhältnis von betrieblicher und schulischer Ausbildung z.T. höchst
unterschiedlich bestimmt wird. Auf curricularer Ebene lassen sich vier
Grundvarianten des Verhältnisses ausmachen
• Gleichlaufcurriculum
• abgestimmte Curricula
• Differenzcurriculum
• Autonome Curricula
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203
Grundmodelle zur Curricularen Abstimmung von schulischer und
betrieblicher Ausbildung im dualen System (1)
Verhältnis betrieblicher und schulischer Ausbildung. Auf curricularer Ebene lassen sich dazu 4
Grundvarianten ausmachen.
a) Das sogenannte Gleichlaufcurriculum
Unterstellt wird in diesem Modell, dass die theoretischen Kenntnisse der Berufsschule und die
praktischen Fertigkeiten die im Betrieb erworben werden sollen, eindeutig zuordbar seien und
gleichlaufend in Einzelelemente aufgeteilt in Schule und Betrieb vermittelt werden können.
Dass das Modell der systematischen „didaktischen Parallelität“ zumindest mit Ausschnitten
der Realität wenig gemein hat, ist uns allen bekannt. Unreflektiert bleibt bei dieser Variante
häufig die Prämisse harmonischer Zielorientierung beider Lehrorte.
b) Das sogenannte abgestimmte Curriculum
Hier wird davon ausgegangen, dass die Inhalte nicht fein säuberlich zu trennen seien und
eine Mischzone existiert, die sowohl von Schule und Betrieb abgedeckt wird oder werden
kann. Entscheidend für die Zuordnung curricularer Inhalte zu den Lehrorten könnte das
Kriterium „optimale Vermittlungsmöglichkeit“ sein. Eine generelle Passung der Lehrinhalte
wird hier im Gegensatz zum Modell a) nicht mehr unterstellt. Der Umfang der curricularen
Mischzone ist zunächst unbestimmt. Eine Ausweitung dürfte er vor allem dann erfahren,
wenn handlungsorientierte Vermittlungsformen eingesetzt werden.
Prof. Dr. R. Nickolaus
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und Psychologie
204
Grundmodelle zur Curricularen Abstimmung von schulischer und
betrieblicher Ausbildung im dualen System (2)
c) Das sogenannte Differenzcurriculum
Diese Variante hat nach Einschätzung Lipsmeiers vor allem im Anschluss an die
Neuordnungsdiskussion faktisch an Bedeutung gewonnen. Ausgangsprämisse ist hier die
Annahme, die betriebliche Berufsausbildung sei dominant und für das Gesamtcurriculum
verantwortlich, wogegen der Berufsschule nur eine curriculare Restfunktion zukomme,
angereichert mit einigen allgemeinen Fächern.
d) Das sogenannte „autonome Curriculum“
Zentrales Merkmal ist hier eine gewisse Autonomie des betrieblichen und schulischen
Auftrags, was nicht ausschließt, dass von dieser Autonomie auch in der Art Gebrauch
gemacht wird, dass bewusste Bezüge zum jeweils anderen Lernbereich hergestellt werden.
Diskrepanzen im Ziel- und Inhaltsbereich sind jedoch nicht ausgeschlossen. Das denkbare
Spektrum zu realisierender Varianten ist hier m.E. groß und schließt Varianten innerhalb
dessen was wir duales System nennen, aber auch schulische Varianten mit betrieblichen
Praktika ein.
Die Entscheidung, welches der Modelle wir präferieren wollen setzt voraus, dass wir über ein
Referenzkriterium verfügen, das geeignet ist, eine Wertung der einzelnen Varianten
vorzunehmen.
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und Psychologie
Welchem Modell würden Sie den Vorzug geben?
205
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207
Schule im juristischen Sinne
(Heckel/Seip (1976) Schulrechtskunde Neuwied)
„Schule ist eine organisierte, auf eine Minimaldauer angelegte Einrichtung,
in der unabhängig vom Wechsel der Lehrer und der Schüler durch
planmäßige, gemeinschaftliche Unterweisung in einer Mehrzahl von
Gegenständen bestimmte Lehr- und Erziehungsziele verfolgt werden.“
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208
Makro-Struktur des Bildungswesens in der BRD (Abweichung in einzelnen Bundesländern möglich)
Kindergarten (ggf. Vorstufe)
Grundschulen
Orientierungsstufe(schulformabhängig oder schulformunabhängig)
Hauptschulen
(integriert oder kooperativ)
Sonder-
schule
RealschuleGymnasium
10. Kl.
BFS
BGJ
BFS
BGJ
Duale Ausbildung
(Berufsschule/ Betrieb/ überbetriebliche
Ausbildungsstätte)
BGJ BVJ
Duale
Ausbildung
BGJ
Fachschule
BAS
FOS
Fach-
hoch-
schulen
neu-
gestaltete
gymnasiale
Oberstufe
Fach-
gymna
siumDuale
Ausbild-
ung
BGJ
FOS Klasse
11
FOS Klasse
12
FOS Klasse 12
BOS Klasse 13
HochschulenFachhoch-
schulen
Elementar-
bereich
Primar-
bereich
Sekundar-
bereich I
Sekundar-
bereich II
tertiärer
Bereich
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209
Rahmenvereinbarung über die Berufsschule (1)(Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 15.3.1991)
1. Aufgaben der Berufsschule
1.1 Die Berufsschule und die Ausbildungsbetriebe erfüllen in der dualen
Berufsausbildung einen gemeinsamen Bildungsauftrag.
Die Berufsschule ist dabei ein eigenständiger Lernort. Sie arbeitet als gleichberechtigter
Partner mit den anderen an der Berufsausbildung Beteiligten zusammen. Sie hat gemäß
der Vereinbarung der Kultusministerkonferenz über die "Bezeichnungen zur Gliederung
des beruflichen Schulwesens" (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 08.12.1975)
die Aufgabe, den Schülerinnen und Schülern allgemeine und berufliche Lerninhalte unter
besonderer Berücksichtigung der Anforderungen der Berufsausbildung zu vermitteln.
1.2 Die Berufsschule hat darüber hinaus die Aufgabe, ein die Berufsausbildung
vorbereitendes oder die Berufstätigkeit begleitendes Bildungsangebot zu machen. Nach
Maßgabe landesrechtlicher Regelungen kann sie zusätzlich bei Aufgaben der beruflichen
Fort- und Weiterbildung mitwirken.
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210
Rahmenvereinbarung über die Berufsschule (2)(Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 15.3.1991)
2. Ziele der Berufsschule
2.1 Die Berufsschule vermittelt eine berufliche Grund- und Fachbildung und erweitert die
vorher erworbene allgemeine Bildung. Damit will sie zur Erfüllung der Aufgaben im Beruf
sowie zur Mitgestaltung der Arbeitswelt und Gesellschaft in sozialer und ökologischer
Verantwortung befähigen.
2.2 Die Berufsschule hat zum Ziel,
- eine Berufsfähigkeit zu vermitteln, die Fachkompetenz mit allgemeinen Fähigkeiten
humaner und sozialer Art verbindet;
- berufliche Flexibilität zur Bewältigung der sich wandelnden Anforderungen in
Arbeitswelt und Gesellschaft auch im Hinblick auf das Zusammenwachsen Europas zu
entwickeln;
- die Bereitschaft zur beruflichen Fort- und Weiterbildung zu wecken;
- die Fähigkeit und Bereitschaft zu fördern, bei der individuellen Lebensgestaltung und
im öffentlichen Leben verantwortungsbewusst zu handeln.
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und Psychologie
211
2.3 Zur Erreichung dieser Ziele muss die Berufsschule
- den Unterricht an einer für ihre Aufgaben spezifischen Pädagogik ausrichten, die
Handlungsorientierung betont;
- unter Berücksichtigung notwendiger beruflicher Spezialisierung berufs- und
berufsfeldübergreifende Qualifikationen vermitteln;
- ein differenziertes und flexibles Bildungsangebot gewährleisten, um
unterschiedlichen Fähigkeiten und Begabungen sowie den jeweiligen Erfordernissen
der Arbeitswelt und Gesellschaft gerecht zu werden;
- im Rahmen ihrer Möglichkeiten Behinderte und Benachteiligte umfassend stützen
und fördern. Hierzu wird u. a. verwiesen auf die "Empfehlung zu Maßnahmen
beruflicher Schulen für Jugendliche, die aufgrund ihrer Lernbeeinträchtigung zum
Erwerb einer Berufsausbildung besonderer Hilfe bedürfen" (Beschluss der
Kultusministerkonferenz vom 29.10.1982).
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212
Rahmenvereinbarung über die Berufsschule (3)(Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 15.3.1991)
3. Gliederung und Organisation der Berufsschule
3.1 Die Berufsschule gliedert sich in der Regel in die Grundstufe und die darauf
aufbauende(n) Fachstufe(n).
3.2 Die Grundstufe ist das erste Jahr der Berufsschule. Sie kann in Ausbildungsberufen, die
einem Berufsfeld zugeordnet sind, als Berufsgrundbildungsjahr in vollzeitschulischer
Form oder als Berufsgrundbildungsjahr in kooperativer Form geführt werden. Die
berufliche Grundbildung kann aber auch in einer ein- oder mehrjährigen
Berufsfachschule vermittelt werden. Der Unterricht in vollzeitschulischer Form in der
Grundstufe umfasst auch die fachpraktische Ausbildung.
Das Berufsgrundbildungsjahr und die einjährige Berufsfachschule sind auf der
Grundlage der "Rahmenvereinbarung über das Berufsgrundbildungsjahr" (Beschluss der
Kultusministerkonferenz vom 19.05.1978) im Schulrecht der Länder geregelt. Zur
Grundstufe in mehrjährigen Berufsfachschulen wird auf die "Empfehlung zur
Ausgestaltung der beruflichen Grundbildung in Berufsfachschulen" (Beschluss der
Kultusministerkonferenz vom 14.10.1977) verwiesen.
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213
3.3 Der Unterricht an der Berufsschule erfolgt in der Regel als Teilzeitunterricht, der auch
in Teilabschnitten zusammengefasst als Blockunterricht erteilt werden kann. Die
Festlegung der Unterrichtsorganisation für die einzelnen Fachklassen erfolgt nach
landesrechtlichen Regelungen.
3.4 Die Organisation von Bildungsgängen der Berufsschule außerhalb der dualen
Berufsausbildung regeln die Länder.
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214
Rahmenvereinbarung über die Berufsschule (4)(Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 15.3.1991)
4. Dauer der Berufsschule und der Schulpflicht
4.1 Die Dauer des Bildungsgangs der Berufsschule entspricht in der dualen
Berufsausbildung der Dauer des Berufsausbildungsverhältnisses.
Das Berufsgrundbildungsjahr dauert ein Schuljahr.
4.2 Die Dauer von Bildungsgängen der Berufsschule außerhalb der dualen
Berufsausbildung regeln die Länder.
4.3 Dauer und Umfang der (Berufs-)Schulpflicht werden auf der Grundlage der
"Empfehlung zu Einzelregelungen für die (Berufs-)Schulpflicht" (Beschluss der
Kultusministerkonferenz vom 30.01.1981) durch die Länder geregelt.
4.4 Bei der Beurlaubung vom Unterricht der Berufsschule ist ein strenger Maßstab
anzulegen. Einzelheiten regeln die Länder auf der Grundlage der "Empfehlung
zur Beurlaubung von Berufsschülern" (Beschluss der Kultusministerkonferenz
vom 30.05.1980).
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215
Deutsche und ausländische Schüler/innen nach Schularten und Ländern
(2010/2011)
Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 2, 2010/2011 (eigene Darstellung)
Berufliche Schulen
davon
Berufs-schule im
dualen System
Berufsgrund-bildungsjahr(inkl. Berufs-
vorbereitungs-jahr)
Berufs-aufbau-schulen
Berufs-fach-
schulen
Fach-ober-
schulenFach-
gym-nasien
Berufs-obers./
Technische Oberschule
Fach-
schulen
Fach-
Berufs-
akademien
Land
BW 415.166 206.095 3.936 533 127.308 54.156 2.231 20.907
BY 389.577 275.146 9.960 24.341 41.597 14.794 15.929 7.810
BE 92.885 53.532 3.985 17.365 6.143 2.603 1.400 7.857
BB 55.831 39.983 4.778 2.708 2.438 5.924
HB 27.133 18.513 1.077 3.863 1.516 1.253 81 830
HH 60.302 39.013 3.684 8.893 1.406 2.928 4.378
HE 192.804 114.517 5.471 23.053 21.853 13.943 13.967
MV 44.454 29.006 2.608 7.417 609 2.295 2.519
NI 282.742 160.453 9.083 55.681 19.327 23.725 434 14.039
NW 613.260 371.161 27.927 109.080 25.018 30.733 49.339
RP 129.098 78.811 2.334 22.928 8.447 5.058 11.520
SL 37.441 21.128 1.935 3.785 6.964 1.384 2.245
SN 123.727 66.327 5.374 27.385 6.793 6.441 11.407
ST 60.355 38.939 2.150 11.936 2.344 1.519 3.467
SH 97.868 64.502 2.146 15.360 1.294 8.856 668 5.042
TH 65 331 36.453 2.617 15.253 2.236 2.573 6.199
Deutschland 2.622.643 1.613.579 84.287 533 478.426 139.808 163.294 24.666 175.569 7.810
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216
Berufsvorbereitung und berufliche Grundbildung an beruflichen
SchulenDie Zahl der Schüler an beruflichen Schulen ist in den letzten Jahren erheblich angestiegen.
Bedingt durch den Ausbildungsplatzmangel wählen viele Schulabgänger schulische
Qualifizierungsmaßnahmen zur Überbrückung von Wartezeiten (vgl. Ulrich,J.G. (2003):
Ergänzende Hinweise aus der Lehrstellenbewerberbefragung 2002 zur Interpretation der
Berufsbildungsstatistik, In: ibv, Nr. 13/03, S.1775ff.). So hat insbesondere der Besuch des
Berufsvorbereitungsjahres zugenommen; die Zahl der Absolventen des BVJ hat sich zwischen
1993 und 2006 mehr als verdoppelt. Seit 2006 ist diese von 72.260 auf nur noch 48.877 im Jahr
2010 gesunken. Im Berufsvorbereitungsjahr werden Jugendliche ohne Ausbildungsvertrag durch
Vollzeitunterricht auf eine berufliche Ausbildung oder Tätigkeit vorbereitet. Im Vergleich der
Jahre 1993 und 2006 ist auch für die Zahl der Absolventen des Berufsgrundbildungsjahres
(+79,2%) sowie der Berufsfachschulen (+111%) ein Anstieg zu beobachten. Die Zahl der
Ausbildungsanfänger im dualen System mit entsprechender schulischer Vorbildung (die
Berufsbildungsstatistik erfasst als die zuletzt besuchte Schule auch die beruflichen Schulen)
spiegelt die Entwicklungen bzw. die absolute Größe der Daten an Schulabsolventen der
beruflichen Schulen nicht wider. Die Zahl der Ausbildungsanfänger mit der Vorbildung BGJ oder
BVJ fällt deutlich geringer aus, die mit BGJ nimmt zudem im Zeitverlauf ab. Die mag teilweise
durch Vergleichbarkeitsprobleme der verschiedenen Statistiken bedingt sein; die Unterschiede
sind aber derart hoch, dass man annehmen kann, dass ein Großteil der Absolventen der
beruflichen Schultypen BGJ und BVJ nicht bzw. nicht unmittelbar nach Abschluss in eine
betriebliche Berufsausbildung einmündet.
Quelle: Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Schaubilder zur Berufsbildung, Seite 21
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217Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 2, 2010/2011 (eigene Darstellung)
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218
Berufsausbildung an beruflichen Schulen,
Deutschland 2006
Teilweise stellen diese Schulen aber auch alternative Ausbildungsgänge zur
betrieblichen Berufsausbildung zur Verfügung. An Berufsfachschulen erwerben rd.
28% der Abgänger (2006: 80.883) einen beruflichen Abschluss in Berufen, die
keine Ausbildungsberufe (nach BBiG bzw. HwO) sind, viele davon als
Kinderpfleger/in, in einem Gesundheitsdienst- oder Sozialdienstberuf, aber auch
in den so genannten Assistentenberufen (Informatik, Wirtschaft, Medien).
Vergleichsweise wenige Schüler der Berufsfachschulen (rd. 12.826 bzw.4,4%
aller Absolventen) haben im Jahr 2006 einen beruflichen Abschluss in einem
anerkannten Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz bzw. der
Handwerksordnung erworben. Schulen des Gesundheitswesens vermitteln einen
Ausbildungsabschluss außerhalb des Berufsbildungsgesetzes. Insbesondere die
Krankenschwesternausbildung, aber auch Physiotherapeuten/innen,
Altenpfleger/innen, Rettungsassistenten/innen u.a. fallen darunter. Rund 40.526
Schülerinnen und Schüler bestanden im Jahre 2006 die Abschlussprüfung an
einer solchen Schule (davon 14.568 Gesundheits- und Krankenpfleger/innen).
Quelle: Vgl. Bundesinstitut für Berufsbildung, Schaubilder zur Berufsbildung, Seite 22
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219
Berufsausbildung an beruflichen Schulen, Deutschland 2010
Quelle: Statistisches Bundesamt, Fachserie 11, Reihe 2, 2010/2011 (eigene Darstellung)
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220
Die Besonderheiten des beruflichen Schulwesens
• Heterogenität der Schülerschaft – auch innerhalb einzelner Schulklassen – in Bezug
auf Alter, Vorbildung und außerschulische Lebens- und Arbeitssituationen
• Vielfalt der Zielsetzungen, der Lerninhalte und der Abschlüsse
• Breite der institutionellen Differenzierung, die vom Berufsvorbereitungsjahr bis hin zum
beruflichen Gymnasium und der Fachschule reicht
• Starker Praxisbezug in berufsqualifizierenden Varianten und damit verbunden ständige
Veränderungen der Anforderungen entsprechend dem technisch-ökonomischen Wandel
• Notwendigkeit der Kooperation mit außerschulischen Institutionen
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221
Fragen / Aufgaben zu Abschnitt 2.3 (1)
1. Strukturieren Sie die beruflichen Schulen nach folgenden Kriterien:
Eingangsvoraussetzungen, Teilzeit/Vollzeit, primäre Funktion (allgemeinbildend,
berufsorientierend, berufsqualifizierend, Fortbildung), Berechtigungsarten.
2. Welche Merkmale haben Schulen im juristischen Sinne?
3. Welche Funktionen (ausdifferenziert) erfüllen die einzelnen beruflichen Schultypen?
4. Welche quantitative Bedeutung haben die einzelnen Schultypen?
5. Wo liegen die Ursachen für die starke Ausdifferenzierung der beruflichen Schulen?
6. Zeigen Sie an Beispielen, dass der Beruf ein zentrales Strukturierungsprinzip
beruflicher Ausbildung in der BRD ist.
7. Ist der Beruf auch ein ebenso bedeutsames Strukturierungskriterium „beruflicher“
Weiterbildung?
8. Geben Sie einen Überblick zum institutionellen Rahmen beruflicher Ausbildung in der
BRD.
9. Was versteht man unter dem Sattelitenmodell?
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222
10. Skizzieren Sie das „duale System“ in rechtlicher und didaktisch-methodischer
Perspektive.
11. Welche Funktionen haben die Lehrorte in der beruflichen Bildung?
12. Geben Sie einen Überblick zu Problemen beruflicher Ausbildung in der BRD
(Makroebene).
Fragen / Aufgaben zu Abschnitt 2.3 (2)
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223
2.4 Steuerungsinstrumente schulischer und
betrieblicher Berufsausbildung
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224
Steuerungsinstrumente: Alle Instrumente über die schulische und betriebliche
Ausbildung gelenkt und beeinflusst werden (z.B. Gesetze,
Verordnungen, Handreichungen, etc.)
Zweck der Steuerung
• Sicherung gesellschaftlicher Funktionen
• Ermöglichung pädagogischer Funktionen/Qualitätssicherung
(z.B. durch Begrenzung von Gruppengrößen; Gestaltung pädagogischer
Interaktion)
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225
Normhierarchie
Berufsbildungsgesetz
Berufsbildungsförderungsgesetz, Jugendarbeitsschutzgesetz
AEVO
Ausbildungsordnung
Bedarf der Unternehmen
Ausbildungsplan (Kammer)
Betrieblicher Ausbildungsplan
Vermittlungsprogramme (Großbetriebe; methodische Vorgaben)
Bewertungssysteme
(Prüfung als normierendes Element)
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226
Rechtsquellen des Berufsbildungsrechts
Vorgaben und Schranken für die Rechtssetzung ( Grundrechte sind unmittelbar
geltendes Recht)
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227
Beispiel:
Grundsatzurteil des
Bundesarbeits-
gerichts
Beispiel:
Berufsbildungs-
gesetz
Beispiel:
Ausbildungs-ordnung
Beispiel:
Prüfungsordnung
Beispiel:
Berufsausbildungs-
vertrag
B e r u f s b i l d u n g
Vom Bundestag
und e.F. Bundesrat
oder einem
Landtag
beschlossen
Von der
Bundesregierung,
Bundesministern
oder
Landesregierungen
erlassen
Von Körperschaften,
Anstalten,
Stiftungen des
öffentlichen Rechts
erlassen
Insbesondere
höchstrichterliche
Entscheidungen
Grundsatz:
Vertragsfreiheit
Vereinbarungen
zwischen
gleichgestellten
Partnern (Ausbilder/
Auszubildender
Rechtsver-ordnungen Satzungen
GesetzeRechtsprechung
Vereinbartes
Recht
(Verträge)
Nach Ermächtigung durch Gesetze
innerhalb eines festgelegten Rahmens
Grundrechte
Grundgesetze
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228
Rechtliche Grundlage für die betriebliche Ausbildung(1)
Berufsbildungsrecht Arbeitsrecht Tarifrecht
Gesetze
• Berufsbildungsgesetz
(BBIG):
regelt Ausbildung außerhalb
eines öffentlich-rechtlichen
Dienstverhältnisses
• Gesetz zur Ordnung des
Handwerks (HWO):
enthält u.a. Vorschriften über
Ausbildung im Handwerk
• Berufsbildungsförderungs-
gesetz (BerBIFG):
regelt jährliche Erstellung
des Berufsbildungsberichts
und Aufgaben des
Bundesinstitutes für
Berufsbildung
• Arbeitszeitordnung (AZO): regelt
Arbeitszeit für Auszubildende über 18
Jahre
• Betriebsverfassungsgesetz (BetrVerfG):
regelt Mitbestimmung in allen Betrieben
mit mehr als 5 Beschäftigten,
insbesondere Aufgaben und Rechte von
Betriebsräten und Jugend- sowie
Auszubildendenvertretung
• Mitbestimmungsgesetz (MitbestG):
regelt Mitbestimmung in Betrieben mit
mehr als 2000 Beschäftigten,
insbesondere Arbeitnehmerbeteiligung
im Aufsichtsrat
• Sozialgesetzbuch (SGB III) bzw.
Arbeitsförderungsgesetz(AFG): enthält
Bestimmungen über individuelle
Förderung der Berufsbildung,
insbesondere über die Berufsberatung
der Bundesanstalt für Arbeit,
Umschulung und Förderung
• Tarifgesetz (TVG):
regelt Rechte und
Pflichten der
Tarifvertragsparteien
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229
Rechtliche Grundlage für die betriebliche Ausbildung(2)
Berufsbildungsrecht Arbeitsrecht Tarifrecht
Gesetze
•Bundesurlaubsgesetz (BUrlG): enthält
zusätzliche Regelungen zum Urlaub
(z.B. Abgeltung nicht genommenen
Urlaubs)
•Jugendarbeitsschutzgesetz
(JArbSchG): enthält Schutzvorschriften
für Jugendliche unter 18 Jahren (z.B.
Pausenregelung, Arbeitszeit, Urlaub,
Mindestalter für Beschäftigung, etc.)
•Mutterschutzgesetz (MuSchG): regelt
Lohnfortzahlung etc. bei
Schwangerschaft, gilt auch für
Auszubildende
•Kündigungsschutzgesetz (KSchG):
regelt Zulässigkeit und Ablauf von
Kündigungen, besonderer Schutz von
Mitgliedern des Betriebsrates und der
JugendvertretungQuelle: Eigene Darstellung nach BMBW (BMB+ F)
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230
Sachlicher Geltungsbereich des Berufsbildungsgesetzes
Berufsbildung ist der Oberbegriff für die drei Formen beruflicher Bildung:
• Berufsausbildung
• berufliche Fortbildung
• berufliche Umschulung
Näheres vermittelt die folgende Übersicht.
Die Berufsbildung im öffentlichen Dienst ist Berufsbildung im Sinne des BBiG und zwar betriebliche
Berufsbildung, Ausbildung und Fortbildung sind hier aber auf die Wahrnehmung hoheitsrechtlicher
Angaben ausgerichtet und im Dienstrecht umfassend geregelt. Die besonderen Rechtsbeziehungen
zum öffentlichen Rechtsträger gewährleisten einen weitgehenden Schutz. (Herkert, Kommentar zum
BBiG).
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231
für
-die betriebliche Berufsbildung,
-die Personen, die im öffentlichen Dienst in einem
privatrechtlichen Dienstverhältnis ausgebildet werden, um
als Arbeiter oder Angestellte bei Bund, Ländern,
Gemeinden sowie Körperschaften, Anstalten und
Stiftungen öffentlichen Rechts beschäftigt zu werden.
nicht für
- Die Berufsbildung als Beamter, Beamtenanwärter,
Richter und Soldat in einem öffentlich-rechtlichen
Dienstverhältnis.
- die Berufsbildung auf Handelschiffen.
- die Berufsbildung in berufsbildenden Schulen.
Der Geltungsbereich des Berufsbildungsgesetzes ist enger. Es gilt
In Betrieben der
Wirtschaft,
Handwerk,
Handel,
Industrie usw.
In freien
Berufen,
Architekten,
Steuerberater,
Notare usw.
In Haushalten,
private HH,
landwirtschaft-
lichen HH usw.
Im öffentlichen
Dienst,
Behörden,
Körperschaften,
Stiftungen usw.
In beruflichen
Schulen,
Berufsschule,
Berufsgrundbild
ungsjahr usw
In sonstigen
Bildungseinrichtung-en,
Übungskantore,
überbetriebliche
Bildungszentren usw.
Bereiche, in denen Berufsbildung durchgeführt wird:
Berufsausbildung; Erstausbildung,
die in einem geordneten Ausbildungsgang
eine breit angelegte berufliche Grundbildung
und die fachlichen Fertigkeiten, Kenntnisse,
Verhaltensmuster, Fähigkeiten und
Haltungen für eine qualifizierte berufliche
Tätigkeit vermittelt.
Berufliche Fortbildung: Maßnahmen,
die das Ziel verfolgen, vorhandene
berufliche Qualifikationen zu erhalten,
zu erweitern und an die technische und
wirtschaftliche Entwicklung
anzupassen.
Berufliche Umschulung;
Maßnahmen, die
Fertigkeiten und
Kenntnisse vermitteln, die
zu anderen beruflichen
Tätigkeiten als den
bisherigen befähigen.
Berufsbildung
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232
Berufsbildungsgesetz – Regelungsbereiche (1)
Erster Teil
• Allgemeine Vorschriften
(Geltungsbereich; inhaltliche Fixierung des Regelungsbereichs „Berufsbildung“) (§1)
Zweiter Teil
• Berufsbildungsverhältnis (Rechte und Pflichten)
(Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, Vergütung, Beginn und Beendigung)
Dritter Teil
• Berechtigung zum Einstellen und Ausbilden
(persönliche und fachliche Eignung, Eignung der Ausbildungsstätte,
Eignungsfeststellung)
• Anerkennung von Ausbildungsberufen, Änderung der Ausbildungszeit
(Ausbildungsordnung, Stufenausbildung ...)
• Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse
• Prüfungswesen
(Zulassung, Prüfungsgegenstand, Ausschüsse, Anerkennungen)
• Regelung und Überwachung der Berufsausbildung
• Berufliche Fortbildung, berufliche Umschulung
• Berufliche Bildung Behinderter
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233
Vierter Teil
• Ausschüsse für Berufsbildung
(Bundes- und Landesebene, zuständige Stellen)
Fünfter Teil
• Vorschriften für einzelne Wirtschafts- und Berufszweige
(insbesondere Handwerk)
Berufsbildungsgesetz – Regelungsbereiche (2)
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234
Prüfen der Eignung
von
Ausbildungsstätten
und Ausbilder
Erlass von Rechtsvorschriften für die
Durchführung der Ausbildung, z.B.:
Prüfungsvorschriften, Ausbildungsvertrag
und Berichtsheft. Anrechnung von
Vorkenntnissen auf die Ausbildungszeit
Beraten von Betrieben und
Auszubildenden/ Lehrlingen, z.B.:
Einrichtung von Ausbildungsplätzen,
Streitigkeiten zwischen Betrieb und
Auszubildenden Berufswechsel von
Auszubildenden
Eintragen, ändern und
löschen von
Ausbildungsverträgen
Durchführen von
Zwischen- und
Abschlussprüfungen
Handwerkskammer
Industrie- und
Handelskammer
Landwirtschaftskammer
Anwaltskammer
Ärztekammer
Aufgaben der
zuständigen
Stellen
Wichtige Aufgaben bei der
Durchführung und
Überwachung der
Berufsausbildung nehmen
die „zuständigen Stellen“,
meist die Kammern, wahr:
1983 Bundesinstitut für Berufsbildung
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235
Privatrechtlicher Vertrag, der folgende
Elemente enthalten muss:
• Ausbildungsberuf
• Sachliche und zeitliche Gliederung der
Ausbildung
• Beginn und Dauer der Ausbildung
• Ergänzende Ausbildungsmaßnahmen
• Ausbildungszeit
• Dauer der Probezeit
• Höhe der Ausbildungsvergütung
• Dauer des Urlaubs
• Kündigung
(Unterschrift)
Ausbildender Auszubildender
Vertreter)
Der Ausbildungsvertrag
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236
A) Persönliche Eignung:
Persönlich geeignet ist grundsätzlich jeder, es sei denn, dass er...
- Kinder und Jugendliche nicht beschäftigen darf,
- oder wiederholt oder schwer gegen das Berufsbildungsgesetz oder
damit zusammenhängende Vorschriften und Bestimmungen verstoßen
hat.
B) Fachliche Eignung:
Nachweis durch ...
a) Die erforderlichen beruflichen Fertigkeiten und Kenntnisse:
- im Handwerk: Meisterprüfung
- in Industrie und Handel: Facharbeiter-/ Gesellen-/Gehilfenprüfung
b) Die erforderlichen berufs- und arbeitspädagogischen Kenntnisse:
- im Handwerk: Meisterprüfung
- in Industrie und Handel: Ausbilder-Eignungsverordnung
Für alle nicht- handwerklichen Bereiche gilt zusätzlich: Mindestalter 24 Jahre (§76 BBIG)
Wer darf ausbilden?
Voraussetzungen für Ausbildertätigkeit (§ 20 BBiG)
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237
Bezeichnung §§ BBiG Zuordnung Aufgaben Zusammensetzung (Vertr.)
Berufsbildungsaussc
huss der
zuständigen Stelle
(i.d.R. Kammern)
§77ff Bei der
zuständigen
Stelle
(i.d.R.Kammer)
• 6 Arbeitgeber
• 6 Arbeitnehmer
• 6 Berufsschullehrer
(beratend)
Landesausschuss
für Berufsbildung
§82ff Bei der
Landesregierung
• berät die Landesregierung in
Fragen der Berufsbildung,
• fördert die Zusammenarbeit
zwischen schulischer und be-
trieblicher Ausbildung
• gleiche Anzahl von
Arbeitgebern, Arbeitnehmern
und Vertretern der obersten
Landesbehörde
Hauptausschuss
des Bundesinstituts
für Berufsbildung
§ 92ff Bundesinstitut für
Berufsbildung
(BiBB)
• berät die Bundesregierung in
grundsätzlichen Fragen der
Berufsbildung
• beschließt über Angelegenheiten
des Bundesinstitutes für
Berufsbildung
• 16 Arbeitgeber
• 16 Arbeitnehmer
• 16 Ländervertr.
• 5 Vertreter des Bundes
mit 16 Stimmen
Ständiger
Ausschuss
§92 Bundesinstitut für
Berufsbildung
(BiBB)
• nimmt zwischen den Sitzungen
des Hauptausschusses dessen
Aufgaben war.
• 8 Mitgliedern des
Haupfausschusses:
• 2 Arbeitgeber
• 2 Arbeitnehmer
• 2 Ländervertr.
• 2 Bundesvertr.
• Beschließt die von der
zuständigen Stelle zu
erlassenden
Rechtsverordnungen,
• Muss in allen wichtigen
Angelegenheiten der
beruflichen Bildung unterrichtet
und angehört werden.
Berufsbildungsausschüsse nach dem BBiG
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238
Steuerungsinstrumente schulischer Berufsausbildung
Makroebene: Verfassung/Landesverfassung
Schulgesetzte der Länder
Ausgewählte Regelbereiche des SG von BW
§ 1 Bildungsauftrag
§ 3 Gliederung des Schulwesens
§5-15 Aufgaben der Schulformen
§ 54 Recht auf Bildung
§ 61 Ordnungsmaßnahmen
§ 64 Schulpflicht
§71 Pflichten des Ausbildenden (Freistellung)
§ 112 ff. Kosten (u.a. Lernmittelfreiheit)
§139 ff. Ersatzschulen / freie Schulen
Mesoebene: Rahmenlehrpläne (KMK)
Lehrpläne (Land; verschiedene Typen)
Prüfungen
Stundentafeln
Meso-/Mikroebene: Schulbücher, Klassenbuch, Handreichungen
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239
Allg. Bereich:
Politik, Wirtschaft,
Deutsch, Sport,
Religion/ Ethik
4 h
Berufsbezogener
Bereich
7 h
Wahlpflichtbereich
2 h
Fremdsprachen
1 h
Verfassung § 1+2 SchulG
+ Wirtschaft bedeutet
Volkswirtschaftslehre und nicht
Betriebswirtschaftslehre.
+ Die Überschneidungen der Kreise
bedeuten, dass es inhaltliche
Gemeinsamkeiten
gibt, jedoch nicht, dass Stunden von
einem in den anderen Bereich
verschoben werden können.
Beschluss der GEW-Fachgruppe Berufliche Schulen
vom 19.10.2002 für eine neue Stundentafel in der
Berufsschul-Verordnung Quelle: GEW 1/2003, S.7
Stundentafel für die
Berufsschule - Entwurf
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240
Fragen/ Aufgaben zu Abschnitt 2.4
1. Welche Funktion haben Steuerungsinstrumente in der beruflichen Bildung?
2. Welche Steuerungsinstrumente lassen sich für die betriebliche und schulische
Berufsausbildung unterscheiden? Ordnen Sie die Instrumente hierarchisch.
3. Was sind und welche Aufgaben haben die „zuständigen Stellen“ nach BBiG?
4. Analysieren Sie einen selbst gewählten aktuellen Lehrplan und eine
Ausbildungsordnung im Hinblick auf die den Lehrenden verbleibenden Freiräume.
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241
2.5 Berufliche Weiterbildung
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242
Begriffliche Orientierung
Weiterbildung
keine einheitliche Verwendung
Deutscher Bildungsrat
Weiterbildung: = „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten
Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten
Ausbildungsphase..... Das Ende der ersten Bildungsphase und damit der
Beginn möglicher Weiterbildung ist in der Regel durch den Eintritt in das
volle Erwerbsleben gekennzeichnet (Deutscher Bildungsrat 1970, S. 197)
keine inhaltliche Bestimmung, es können gleiche Inhalte Gegenstand
von Aus- und Weiterbildung sein
Umschulung und Nachholen schulischer Abschlüsse sind Teil von
Weiterbildung
Problem: Ausgrenzung nicht-intentionalen Lernens und nicht-
organisierten Lernens (Behringer, 1999, S.23)
Behringer, F.: Beteiligung von beruflicher Weiterbildung. Opladen 1999
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243
Zum Stellenwert beruflicher Weiterbildung
• hohe Bedeutung ist unumstritten
• Arbeitsplatzanforderungen ändern sich infolge von technologischer und
arbeitsorganisatorischer Entwicklung
• EU-Kommission ging davon aus, dass 2005 ca. 80 % der im Arbeitsleben
eingesetzten Technologien jünger als 10 Jahre seien, während 80 % der Bevölkerung
über eine Bildung verfügten, die vor mehr als 10 Jahren erworben wurde (Behringer
1999, S. 15) (geprüft wurde das m.W. nicht)
• Weiterbildung wird im internationalen Wettbewerb als wichtig erachtet
• Erwerbstätige selbst artikulieren Bedarf
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244
Anlässe für Weiterbildung bzw. Investitionen in Weiterbildung (Datenreport zum
Berufsbildungsbericht 2015; Behringer 1999)
• betriebliche Perspektive
Weiterbildung als Investition in das Humankapital
Anpassung, Wettbewerbssicherung, strategischer Einsatz in
Innovationsprozessen, Ertragszuwachs
Probleme der Ertragserfassung; kurzfristige reaktive Ausrichtung
• individuelle Perspektive
Nachholen von Abschlüssen, Umschulung, Auffrischen von Kenntnissen, Anpassung an
Anforderungen, Aufstieg, Neues kennen lernen, monetäre Gründe; arbeitsinhaltliche
Motive
• staatliche Perspektiven
Wettbewerbsfähigkeit
Arbeitsmarktprobleme
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245
Teilnahme an beruflicher Weiterbildung
Die Teilnahmequote lag 90 - 92 bei ca. 30 % , 1997 bei 48%, 2006 bei 23% und 2014 bei 51%. Abhängig ist die Teilnahmequote z.B. von
• der beruflichen Position ungelernte Arbeiter 0,6 % Beamte im höheren Dienst ca.58% Einkommen/Bildungsabschluss
• der wöchentlichen Arbeitszeit
• der Betriebsgröße
• den Wirtschaftsbereichen (Baugewerbe 13,2 %, Banken 51,3%)
• den Berufen (Planungs- und Laborberufe 45 %; Gewinnung von Naturprodukten 6.4%)
• dem Alter
(Arnold, Nolda, Nuissl 2001,Datenreport 2015; S. 328; Behringer 1999)
Arten beruflicher Weiterbildung
1.Anpassungsfortbildung (Erwerb von Kenntnissen zur Bewältigung neuer Anforderungen)
2.Erhaltungsfortbildung (Aktualisierung von in Vergessenheit geratenem Wissen)
3.Aufstiegsfortbildung (Übergang in höhere Qualifikationsstufe)
(Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2015; Schanz, 2001, S. 179)
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• Pfeifer, Ch. et al. (2012): Training participation of a firm´s aging workforce. IN: Empirical
Research in Vocational Education and Training, Vol. 4(2), 2012. Sense Publishers: Rotterdam,
S.141 246
Teilnahme an beruflicher Weiterbildung
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• Pfeifer, Ch. et al. (2012): Training participation of a firm´s aging workforce. IN: Empirical
Research in Vocational Education and Training, Vol. 4(2), 2012. Sense Publishers: Rotterdam,
S.143 247
Teilnahme an beruflicher Weiterbildung
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248
Anbieter beruflicher Weiterbildung
Betriebe (insbesondere Großbetriebe)
Überbetriebliche Einrichtungen von Kammern und Verbänden
(insbesondere Angebote für klein- und mittelständische Unternehmen)
Berufliche Schulen (primär Fachschulen)
Private Anbieter (breites Spektrum)
Volkshochschulen (insbesondere Sprachen, EDV)
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249
Merkmale beruflicher Weiterbildung
Hervorstehendes Merkmal der beruflichen Weiterbildung in Deutschland ist die Vielfalt der Anbieter,
Angebote, Ziele und Methoden.
Weiterbildung ist ein wichtiges Instrument in zentralen Politikfeldern, z.B. in der Arbeitsmarktpolitik und
der betrieblichen Personalentwicklung.
Es lassen sich drei wesentliche Segmente der beruflichen Weiterbildung unterscheiden
a) Weiterbildung nach Arbeitsförderungsgesetz (AFG) (in älteren Fassungen des AFG auch
präventiver Ansatz, beschränkt auf das arbeitsmarktpolitisch Notwendige)
(Behringer, 1999, S. 26) (Jahresdurchschnitt 2013: 155.000 Teilnehmer Datenreport 2015)
Gesteuert wird die Weiterbildung in diesem Segment von den Arbeitsämtern und der
Bundesanstalt für Arbeit;
Sanktionsmöglichkeit: Entzug von Arbeitslosengeld bei Nichtteilnahme
unterschiedliche Träger (private Anbieter, Kammern etc.)
b) betriebliche Weiterbildung
(Angebot auf Beschäftigte beschränkt; Entscheidung über Zugang beim Betrieb; Betrieb
Nachfrager und Anbieter) z.T. in der Arbeitszeit, z.T. außerhalb
c) individuelle Weiterbildung
(Geringere institutionelle Abhängigkeiten; Nachfrage geht von Individuen aus, schwer
überschaubarer Markt von Angeboten; z.T. Fördermöglichkeiten, z.B. Meisterbafög) (Behringer
1999, S. 25 ff. Datenreport 2015)
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Aufwendungen für berufliche Weiterbildung (2014)
Öffentliche Aufwendungen (Ausschnitte)
• BMBF Fördergelder, z.B. für lebenslanges Lernen, Begabtenförderung etc:
insgesamt ca. 0.5 Mrd.
• Länder für Fachschulen, Bafög, Volkshochschulen etc. ca. 1.3 Mrd.
• BA für Zuschüsse zur WB, für Arbeitslose usw. ca. 2 Mrd.
• Tendenz seit Mitte der 90er eher fallend
Individuelle Aufwendungen und betriebliche Aufwendungen: keine genauen
Angaben verfügbar; Betriebliche Aufwendungen liegen deutlich über den
öffentlichen Aufwendungen
250
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251
Strukturierung der betrieblichen Weiterbildung am Beispiel eines
Großunternehmens (Daimler Benz Stuttgart 98)
Abteilung für Organisationsmanagement und Personalentwicklung
Leistungsbereiche:
- Betriebswirtschaftliche und technische Qualifizierung (Grundlagen- und Spezialangebote für
unterschiedliche Zielgruppen z.B. Controlling, Konstruktion, Messtechnik etc.)
- CA - Technologie Training (z.B. Auto CAD, Grundlagen, Netzwerke, Betriebssysteme)
- DV-Training (z.B. Windows, Office, Großrechnerkurse für Anwender, Netze, SAP)
- Führungskräfte Entwicklung (Management für Anfänger und Fortgeschrittene,
Führungsinstrumente, Vergütungssysteme, Leistungsbeurteilung, Verhaltensauffälligkeiten,
Arbeitsrecht) Mitarbeiterentwicklung
- Implementierung strategischer Projekte (z.B. Einführung von SAP)
- Kaufmännische Berufsausbildung (Weiterbildung des Bildungspersonals)
- Managementkonzepte (z.B. Veränderungsmanagement, Führung, Kulturveränderung durch
Fusionen)
- Organisationsentwicklung
Diagnose, Restrukturierung, Implementierung, Prozessberatung, Szenarien,
Strategieentwicklung
- Qualifizierungs- und Entwicklungsprogramme
(z.B. Projektmanagement, Arbeitstechnik (Moderation etc.)
Quelle: Daimler Benz: Fort- und Weiterbildung 98
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Rekrutierungskriterien von Betrieben für Weiterbildungspersonal (Datenreport Berufsbildungsbericht 2015)
• Sozialkompetenz
• Loyalität
• Identifikation mit betrieblichen Grundwerten
• Flexibilität
• Teampassung
• Formale fachliche Qualifikation
• Berufserfahrung
• Methodenkompetenz
• Formale pädagogische Qualifikation
• Erfahrungen mit der Zielgruppe
• Rhetorik
• Belastbarkeit
• Bestimmte päd. Grundüberzeugungen
• Pädagogische Weiterbildung; zertifizierte päd. Kompetenzen
• Lohnvorstellungen 252
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253
Rechtlicher Rahmen der Weiterbildung
Zuständigkeiten
Bund berufliche Weiterbildung (nach § 74 GG); macht von diesem Recht allerdings
kaum Gebrauch, kein berufliches Weiterbildungsgesetz existent
„Freiraum" (absichtliche Zurückhaltung!)
Bundesländer allgemeine und politische Weiterbildung
z.T. rechtliche Fixierungen in den Ländern z.B. zu Bildungsurlaub, u.a. in BW
Wittwer, Wolfgang: Berufliche Weiterbildung. In: Heinrich Schanz (Hrsg.): Berufs- und
wirtschaftspädagogische Grundprobleme. Berufsbildung konkret, Bd. 1. Schneider-Verlag
Hohengehren: Baltmannsweiler 2001, S. 229 -247
Regelungsbedarf
In der ordnungspolitischen Debatte herrscht Einigkeit, dass der äußerst heterogene Bereich neugeordnet werden muss.
Zwei Fraktionen
a) interventionistische Position (Staat übernimmt Regulierung, Gewerkschaften etc. erhalten
Mitsprachemöglichkeit)
b) wirtschaftsliberale Position (marktwirtschaftliche Orientierung; Staat auf übergreifende
Ordnung beschränkt bzw. auf Angebote für Schwache)
(implizit auch Kontroversen über Kostenübernahme, Zugänglichkeit, inhaltliche Ausrichtung)
(ebd., S. 248 ff.)
Gottesleben, V.: Weiterbildung als Gegenstand der Bildungspolitik (in: Mitteilung aus der
Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2/91, S. 243 ff.)
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Regelungen über Tarifverträge
• Meist zur Weiterbildungsfinanzierung
• Meist in kleinere Branchen (z.B. Sozialkasse des Gerüstbaugewerbes;
Bekleidungsindustrie)
• Typisch: Vereinbarungen zu betrieblichen Beiträgen in Weiterbildungsfonds
• Größenordnungen: ca. 2.5-3.4% der jährlichen Bruttolohnsumme
• Insgesamt nur wenig Beschäftigte betroffen
• Vorteile: Unabhängigkeit von konjunkturellen Schwankungen, kleine
Einheiten werden „Handlungsfähig“ bzw. können ebenfalls Weiterangebote
bereitstellen
254
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255
Problembereiche beruflicher Weiterbildung
• Unüberschaubarkeit
• Teilnahme/Zugänglichkeit
• Qualitätssicherung
• Effekte/Controlling
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Internationale Vergleiche (Grünewaldt, U./Moraal, D.: Betriebliche Weiterbildung in Deutschland - fit für
Europa? In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, 3/2002, S. 18 - 23
1999 - 75 % der Unternehmen bieten in Deutschland Weiterbildung an.
Vergleich: Dk 96, S 91, NL 88, Fin 82, Irl 79, Sp 36 (8. Rang von 22 Ländern; gilt auch
noch 2012)
1999 - Gesamtkursstunden je Teilnehmer;
D 27, 19. Rang von 21; E - 42, LT - 41 ...
• Kosten je Teilnehmer Nl - 1270 Euro, D 869 Euro (5. Rang)
• Professionalisierungsgrad
- Vorhandensein eines betrieblichen Weiterbildungsplanes
Irl 42, F 41, D 22% (rückläufig gegenüber 1993 33 %) 13. Rang
- Unternehmen mit einem internen Bildungszentrum S. 15 %, Irl 13 %, D 4 % (15. Rang)
- Unternehmen mit einem Aus- und Weiterbildungsbudget F 55 % (Rang 1), D 17 %
(Rang12)
- Unternehmen mit systematischer Bedarfsermittlung Fin 100%, N 67%, D 42% (12.
Rang)
- Unternehmen, die Analysen über den künftigen Personalbedarf erstellen Dk 73%, D
24% (Rang 21)
• deutliche Tendenz: Reduktion des Professionalisierungsgrades
256
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257
Berufliche Weiterbildung: Skandinavier auf Draht
Anteil der Unternehmen
mit Lehrveranstaltungen
in Prozent
Teilnehmer an
Lehrveranstaltungen je
100 Beschäftigte
Kursstunden je
Teilnehmer
Kosten je
Beschäftigten in
Euro
Dänemark
Schweden
Niederlande
Norwegen
Finnland
Österreich
Deutschland
Tschechien
Irland
Luxemburg
Belgien
Estland
Slowenien
Spanien
Polen
Litauen
Ungarn
Lettland
Bulgarien
Portugal
Rumänien
88
83
82
81
75
71
67
61
56
50
48
47
33
28
26
26
24
21
17
11
7
55
63
44
53
54
35
36
49
52
48
54
28
46
44
33
25
26
20
28
45
20
41
31
37
33
36
29
27
25
40
39
31
31
24
42
28
34
38
41
35
38
42
1,438
1,071
907
1.283
825
428
620
114
760
874
863
124
136
559
90
58
193
82
84
430
28
Stand:1999;Frankreich, Vereinigtes Königreich, Griechenland: nur Angaben von Kosten(F:881€; UK 690€; GR: 558€);
Ursprungsdaten: Eurostat; Institut der deutschen Wirtschaft Köln
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Abbildung 4: Soziokulturelle
Einflussgrößen auf die berufliche
Weiterbildungsbeteiligung von
Erwachsenen mit Migrationshintergrund
(logistische Regressionen,
Effektkoeffizienten)*
*Anmerkungen: R² (NK) = R² nach Nagelkerke; -
2LL=-2 log Likehood Koeffizient;
RK=Referenzkategorie; Sig.: p<0,10*;p<0,05**;
p<0,01***;p<0,001; einbezogene Fälle: 882
(96,3%); fehlend: 34 (3,7%) = Gesamt: 916
(Quelle: SOEP 2003-2004; eigene Berechnungen)
Öztürk, Halit (2012): Soziokulturelle Determinanten der beruflichen Weiterbildungsbeteiligung von Erwachsenen mit Migrationshintergrund in Deutschland – Eine empirische Analyse mit den Daten des SOEP. In: Deutsches Institut für Erwachsenenbildung (Hrsg.): REPORT. Zeitschrift für Weiterbildungsforschung 35. Jg., 4/2012, Bonn, S. 21-32.u
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Operationalisierung gesellschaftliches Engagement;
Mitgliedschaft
gesellschaftliches Engagement:
- Beteiligung in Parteien, Kommunalpolitik, Bürgerinitiativen
- Ehrenamtliche Tätigkeit in Vereinen, Verbänden
Mitgliedschaft:
- Mitglied in Gewerkschaft, Berufsverband und Betriebs-/ Personalrat
5-stufig skalierte Items: 1=gar nicht bis 5=voll und ganz/sehr stark
dichotomisiert zu: 1=kaum bis gar nicht; 2=in mancher Beziehung
bis voll und ganz/ sehr stark
Öztürk, Halit (2012): Soziokulturelle Determinanten der beruflichen Weiterbildungsbeteiligung von Erwachsenen mit Migrationshintergrund in
Deutschland – Eine empirische Analyse mit den Daten des SOEP. In: Deutsches Institut für Erwachsenenbildung (Hrsg.): REPORT. Zeitschrift
für Weiterbildungsforschung 35. Jg., 4/2012, Bonn, S. 21-32.u
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262
3. Das deutsche Berufsbildungssystem im
internationalen Vergleich
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263
Klassifikation nationaler Bildungssysteme
1. Liberalistisch-dezentrale Organisationsstrukturen; Marktorganisation (USA, Großbritannien)
2. Universalistisch-zentrale Organisationsstrukturen; Staatsmodelle
2.1 Differenzierungskonzepte (Frankreich)
2.2 Konvergenzkonzepte (Schweden)
2.3 Kontinuitätskonzepte (ehem. DDR, UdSSR)
3. Mischmodelle (BRD; Österreich)
gegenwärtige Tendenzen:
- zunehmende Formalisierung bei Typ 1
- abnehmende Formalisierung bei Typ 2
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264
Institutionelle
Grundformen der
Organisation
gesellschaftl. Arbeit
Aspekte der Erwerbsstrukturierung
Ausbildung/
Qualifizierung
Rekrutierung/
Jobsuche
Entlohnung/ vertikale
Mobilität
Arbeitszuweisung/
horizontale Mobilität
Marktorganisation Als Humankapital-
investition nach
individuellen Kosten
Nutzen Kalkülen
über anonyme
Medien, alle Akteure
haben umfassende
Information
nach Leistung und
permanenter
Konkurrenz
jeweils individuell
nach Fähigkeits- und
Ökonomieprinzip
Betriebliche
Organisation
als Anlernung nach
betrieblichen
Erfordernissen und
Interessen, nicht
transferierbar
Eintrittspforten nur
am unteren Ende der
Aufstiegsleiter nach
betrieblichen Kriterien
nach Betriebsnormen
wie Seniorität und
festen
Aufstiegsleitern
nach festgelegten
internen Ansprüchen
Berufliche
Organisation
gremial regulierte
Vermittlung spezif.
Tätigkeitsbündel und
sozialer Qualifikation
an Berufsoptionen
bzw.
Berufszertifikaten
orientiert,
Berufseingangs-
entlohnung,
Statuspassagen
Lehrling, Geselle, etc.
nach
Berufszertifikaten
Clanförmige
Organisation
netzwerkartige .
Erwerbs-
sozialisierung und
Aufbau von
Loyalitäten
Arbeitskräfte- bzw.
Informations-
beschaffung über
soziale Netze
nicht nur monetäre
Entlohnung, auch
soziale Belohnung
nach wechselseitig
ausgehandeltem
Bedarf
(in Anlehnung an Pries, L.: „Arbeitsmarkt" oder „erwerbsstrukturierende Institutionen"? In: Kölner Zeitschrift f. Soziologie u.
Sozialpsychologie, 50. Jg. (1998) 1, S. 165)
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Der Europäische und Deutsche Qualifikationsrahmen
265
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Gliederung
1. Einleitung
2. Was ist ein Qualifikationsrahmen?
3. Funktionen eines Qualifikationsrahmens
4. Europäische Entwicklung
Der EQF-LLL
Der EQF-EHEA
5. Nationale Qualifikationsrahmen
Der Irische Qualifikationsrahmen
Der Deutsche Qualifikationsrahmen – DQR
6. Quellen
266
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1. Einleitung
Ausgangspunkte für die Generierung eines Qualifikationsrahmens?
• Erhebliche Heterogenität der Abschlüsse
• Freizügigkeit der Arbeitsplatzwahl in der EU und die damit verbundene
Notwendigkeit Abschlüsse einzustufen
• Völlig unterschiedliche Bildungssysteme
• Outputorientierung
267
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„Ein Qualifikationsrahmen ist ein Instrument zur Entwicklung
und Klassifizierung von Qualifikationen entsprechend einem
Satz von Kriterien zur Bestimmung des jeweiligen Lernniveaus.“
(Hanf, G. 2008,S.2)
2. Was ist ein Qualifikationsrahmen?
268
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3. Funktionen eines Qualifikationsrahmens (Erwartungen)
• Förderung der Mobilität von Lernenden und Arbeitnehmern in
Europa und Deutschland
• Förderung der Vergleichbarkeit von Qualifikationen
• Einordnung und Übertragung von Qualifikationen
• Förderung des lebenslangen Lernens
269
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4. Europäische Entwicklung
• Berlin-Konferenz 2003 (Bologna-Prozess, 1999)
Arbeitsauftrag zur Schaffung eines einheitlichen europäischen
Hochschulraums
• am Ende stand 2005 der EQF-EHEA Framework for Qualifications of the
European Higher Education Area Kopenhagenerklärung der europäischen
Bildungsminister 2002
Verbesserung der Mobilität der Arbeitnehmer in Europa
aber keine Veränderung der nat. Bildungssysteme
Schaffung einer Vergleichsmöglichkeit von Bildungs- und
Ausbildungsabschlüssen
Zielsetzung: Europäischer Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen
EQF-LLL
270
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4. Europäische Entwicklung
• ab 2006 Arbeitsgruppe des Hauptausschusses des BIBB
Erarbeitung eines Deutschen Qualifikationsrahmens
geplanter Abschluss 2012, dann sollen alle neu ausgestellten
Zeugnisse einen Hinweis auf den EQF enthalten: inzwischen in Kraft
(März 2011)
271
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4.1 Der EQF-LLL
• Der EQF wurde als Metarahmen entwickelt, der durch eine Bündelung von
überprüfbaren Lernergebnissen eine Abbildung der nationalen
Qualifikationen ermöglicht.
• enthält selbst aber keine Qualifikationsangaben
• der EQF stellt eine standardisierte Beschreibung von Lernergebnissen auf
hohem Abstraktionsniveau dar
• beschreibt drei Kompetenzdimensionen
Knowledge
Skills
Competence
• der EQF hat acht Kompetenzniveaus
unabhängig vom Lernort
unabhängig von der Lernform
unabhängig von der Lernart
unabhängig von der Lerndauer und Intensität
272
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Land A
Land B
Q
Q
Q
Q
Q
Q
QNQF
NQF
NQF
NQF
NQF
NQF
NQF
EQF Niveau 8
EQF Niveau 1
EQF Niveau 2
EQF Niveau 4
EQF Niveau 5
EQF Niveau 6
EQF Niveau 3
EQF Niveau 7
Abb.1: Quelle: BMBF 2010, S.14
4.1 Der EQF-LLL
273
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• Die Qualifikationen werden über Lernergebnisse miteinander verglichen
outcome Orientierung.
• Die Einordnung in eine Stufe erfolgte auf der Basis eines
Aushandlungsprozesses und hat keine empirische Basis
• Einführung von Credits zur Darstellung des zeitlichen Aufwandes.
• Der EQF ist auf den Stufen 6 - 8 kompatibel mit dem EQF-EHEA.
Abb.1: Quelle: BMBF 2010, S.14
4.1 Der EQF-LLL
274
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4.2 Der EQF-EHEA
• beschreibt drei Kompetenzdimensionen
Knowledge
Skills
Competence
• Der EQF-EHEA hat drei Niveaustufen
Bachelor degree
Master degree
Doctoral degree
• Abschlüsse sind formal gleichwertig, unabhängig vom Lernort
• Ergänzung durch ECTS zur Darstellung des zeitlichen Aufwandes
Abb.1: Quelle: BMBF 2010, S.14275
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5. Nationale Qualifikationsrahmen
• NQR ermöglichen einen Vergleich von Qualifikationen auf nationaler
Ebene sowie die Zuordnung in den EQF.
• NQR kommen in einigen Ländern wie z.B. Irland, England,
Schottland, Wales, Australien und Nordirland erfolgreich seit
längerem zum Einsatz.
276
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5.1 Der Irische Qualifikationsrahmen
• umfasst den gesamten Bildungsbereich
• ist in 10 Niveaustufen (Level) eingeteilt
• beinhaltet 15 Qualifikationstypen
• jede Niveaustufe kann auf verschiedenen Lernwegen erreicht werden
277
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5.1 Deutscher Qualifikationsrahmen -Merkmale
• parallel zum Hochschulqualifikationsrahmen
• beschreibt auf 8 Niveaustufen personelle und fachliche Kompetenzen
• unterscheidet zwei Kompetenzkategorien
• Beschreibung der Niveaus nach einheitlicher Struktur
• Stufen 6 – 8 sind mit dem EQF-EHEA kompatibel
• DQR ersetzt keine bestehenden Systeme
• die Zuordnung in eine Stufe hat keine rechtliche Relevanz
278
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5.2 Deutscher Qualifikationsrahmen – Ausdifferenzierung
der beschriebenen Kompetenzen
Kompetenzdimensionen
Fachkompetenz Personale Kompetenz
Wissen Fertigkeiten Sozialkompetenz Selbständigkeit
z.B. breites
Theorie und
Faktenwissen
z.B. Probleme
erkennen und
bearbeiten
z.B.
Kommunikation
aktiv gestalten
z.B.
Selbstständige
Ausführung und
Kontrolle
Quelle: AK DQR 2011 S.5
279
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5.3 Niveaus des DQR
• Niveau 1: Kompetenzen zur Erfüllung einfacher Anforderungen in einem
überschaubar und stabil strukturierten Lern- oder Arbeitsbereich
verfügen. Die Erfüllung der Aufgaben erfolgt unter Anleitung. (z.B. BVJ)
• Niveau 2: Kompetenzen zur fachgerechten Erfüllung grundlegender
Anforderungen in einem überschaubar und stabil strukturierten Lern-
oder Arbeitsbereich verfügen. Die Erfüllung der Aufgaben erfolgt weitgehend
unter Anleitung. (z.B. Berufsgrundbildung)
• Niveau 3: Kompetenzen zur selbständigen Erfüllung fachlicher
Anforderungen in einem noch überschaubaren und zum Teil offen
strukturierten Lernbereich oder beruflichen Tätigkeitsfeld. (z.B. 2j Ausb.)
• Niveau 4: Kompetenzen zur selbständigen Planung und Bearbeitung
fachlicher Aufgabenstellungen in einem umfassenden, sich
verändernden Lernbereich oder beruflichen Tätigkeitsfeld. (z.B. 3/3.5j Ausb)
280
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• Niveau 5: Kompetenzen zur selbständigen Planung und Bearbeitung umfassender
fachlicher Aufgabenstellungen in einem komplexen, spezialisierten, sich verändernden
Lernbereich oder beruflichen Tätigkeitsfeld. (z.B. Servicetechniker)
• Niveau 6: Kompetenzen zur Planung, Bearbeitung und Auswertung von umfassenden
fachlichen Aufgaben- und Problemstellungen sowie zur eigenverantwortlichen Steuerung
von Prozessen in Teilbereichen eines wissenschaftlichen Faches oder in einem
beruflichen Tätigkeitsfeld. Die Anforderungsstruktur ist durch Komplexität und häufige
Veränderungen gekennzeichnet. (z.B Meister, BA)
• Niveau 7: Kompetenzen zur Bearbeitung von neuen komplexen Aufgaben- und
Problemstellungen sowie zur eigenverantwortlichen Steuerung von Prozessen in einem
wissenschaftlichen Fach oder in einem strategieorientierten beruflichen Tätigkeitsfeld . Die
Anforderungsstruktur ist durch häufige und unvorhersehbare Veränderungen gekennzeichnet.
(Master)
• Niveau 8: Kompetenzen zur Gewinnung von Forschungserkenntnissen in einem
wissenschaftlichen Fach oder zur Entwicklung innovativer Lösungen und Verfahren in einem
beruflichen Tätigkeitsfeld. Die Anforderungsstruktur ist durch neuartige und unklare
Problemlagen gekennzeichnet. (Promotion)
5.3 Niveaus des DQR
281
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7. Quellen
• Arbeitskreis Deutscher Qualifikationsrahmen (AKDQR) (Hrsg.)(2011): Deutscher Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen. www.deutscherqualifikationsrahmen.de
• Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) (Hrsg.)(2010):Die Einführung eines Nationalen Qualifikationsrahmens in Deutschland (DQR)-Untersuchung der Möglichkeiten für den Bereich des formalen Lernens. Band 2 der Reihe Berufsbildungsforschung. Bonn, Berlin
• Hanf, Georg (2008):Nationale Qualifikationsrahmen in England, Schottland und Irland – Impulse für die deutsche Diskussion. In: Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis, 37.Jg. (2008). H.5/2008, S.20-24.
• Bayer, Gunnar, S.(2010): Auf dem Weg vom Europäischen zum Deutschen Qualifikationsrahmen. In: Wirtschaft und Berufserziehung, (2010). H. 11/2010, S.10-12
• http://www.fetac.ie/fetac/employers/nfq/nfq.htm (Zugriff am 24.06.2011)
• http://www.fetac.ie (Zugriff am 24.06.2011)
• Ireland Country Education Profile (October2009) http://www.qualificationsrecognition.ie/documents/IrishCEPOctober2009Final.pdf (Zugriff am 24.06.2011)
282
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283
4. Entwicklungstendenzen beruflicher
(Aus)Bildung in der BRD im Spiegel der
Reformdebatten
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284
Ursachen für die Debatten um die Perspektiven des dualen Systems in
den 90er Jahren
- zu Beginn der 90er erstmals weniger Auszubildende als Studenten
- ab Mitte der 90er massiver Abbau von Ausbildungsstellen in Industrie und Handwerk/ Aufbau
überbetrieblicher Ausbildung primär in den neuen Bundesländern
- Entwicklungen im Beschäftigungssystem führen dazu, dass die berufliche Organisation
gesellschaftlicher Arbeit in Frage gestellt wird (Modularisierung/Trägheit)
- Probleme der Implementation des dualen Systems in den neuen Bundesländern
- europäische Dimension
- Handlungsorientierung -> Kollision mit klassischer Arbeitsteilung von schulischer und betrieblicher
Ausbildung
- Strukturwandel des Arbeitsmarktes
-> Dienstleistung als Gewinner; zugleich unterrepräsent bei Ausbildung nach BBiG
-> Produktionssektor als Verlierer; traditionelle Ausbildung nach BBiG
- Verhältnis Aus- und Weiterbildung verschiebt sich; Weiterbildung gewinnt an Bedeutung
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285
Thesen aus der Debatte um die Entwicklung des beruflichen Bildungssystems (Ende der 90er)
1. Gravierende Umbrüche im Beschäftigungssystem machen das dem Dualen System
zugrundliegende Berufsprinzip fragwürdig oder gar überflüssig.
2. Das qualitative und quantitative Angebot dualer Ausbildungsberufe deckt sich nicht hinreichend mit dem Bedarf des Beschäftigungssystems.
3. Das Angebot an Ausbildungsstellen ist abhängig von konjunkturellen, regionalen und
strukturellen Entwicklungen und genügt aufgrund anhaltender Personalkostensenkungsstrategien
nicht der Nachfrage.
4. Bei den Schulabsolventen verliert das Duale System an Attraktivität, weil es nur begrenzte Karrierechancen bietet.
5. Das Duale System wird nur begrenzt den unterschiedlichen Voraussetzungen und Bedürfnissen
von Auszubildenden und Betrieben gerecht.
6. Die mit dem Begriff „Duales System" suggerierte Integration und Gleichartigkeit der Lernorte ist nicht gegeben. Dies erschwert das kooperative Zusammenwirken der Lernorte und bindet die Herstellung eines zusammenhängenden Ausbildungsganzen an das persönliche Engagement der Lehrenden.
7. Die Berufsschule nimmt eine weitgehende subsidiäre Rolle zur betrieblichen Ausbildung ein, bleibt in der Verfolgung eines eigenständigen Bildungsauftrages programmatisch und steht in ihrem organisatorischen und didaktischen Profil unter Legitimationsdruck.
(vergl. Euler 1998)
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286
Verschiebung der Debattenthemen zu Beginn des neuen Jahrtausends
und gegenwärtig (2013)
- zu Beginn des neuen Jahrtausends: Dominanz der Übergangsproblematik
- Ausbau des Übergangssystems und vielfältige Aktivitäten zur Ausweitung des
Ausbildungsplatzangebots
- Duale Ausbildung wird nicht mehr in Frage gestellt sondern als Königsweg auch für andere Länder
erachtet
- Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind sich weitgehend einig, dass eine Modularisierung der
Ausbildung nach englischem Vorbild nicht in Frage kommt
- europäische Dimension gewinnt an Bedeutung (EQR, DQR)
- Gegenwärtig: Ausgelöst durch demographische Entwicklung partiell Probleme Auszubildende zu
rekrutieren
- Debatte um Akademikeranteil: kontroverse Positionen: HWK/IHK warnen vor Überakademisierung,
Elektro- und Metallindustrie verweisen auf hohen Akademikerbedarf und dual Qualifizierte
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287
Modularisierung als Reformansatz?
Modularisierungstypen
• A) Das Differenzierungsprinzip
Merkmale: Beibehaltung der Ausbildungsberufe; modularisierte curriculare Einheiten;
Teilzertifizierungen
• B) Das Erweiterungskonzept
Merkmale: Module als Erweiterung bestehender Ausbildungsgänge, z.T. neue
Ausbalancierung von Aus- und Weiterbildung
• C) Das Singularisierungskonzept
Merkmale: Berufsbild wird aufgegeben;
eigenständige singuläre Module,
atomisiert zertifiziert; mehr oder weniger beliebig kombinierbar (GB)
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Bewertung der Modularisierungsvarianten (1)(in der Diskussion) (1)
C- negativ
a) und b) zunehmend positiv
I. zugeschriebene Vorteile (a + b)
1. Höhere Systemflexibilität und -ökonomie
- es müssen nicht immer ganze Berufsbilder geändert werden => weniger
schwierige Konsensfindungsprozesse
- Häufigkeit der Nachfrage nach Zusatzmodulen als Indikator für Reform des
Berufsbildes
- Mehrfachverwendbarkeit (in verschiedenen Berufen)
2. Bessere Verwertbarkeit von Teilkompetenzen, mehr Durchlässigkeit durch
Qualifizierungsspaß
- stärkere Normierung von Teilkompetenzen bietet Vorteil für Abbrecher/ Wechsler in
der weiteren Qualifizierung
- Nachqualifizierung kann besser erfolgen
- Verwertbarkeit am Arbeitsmarkt steigt
3. Beendigung der Diskussion um Schmalspurberufe
- es ist nicht mehr nötig um ein neues Ganzes unterhalb bisheriger Berufszuschnitte
zu debattieren
4. Mit Zusatzqualifizierungen kann Weiterbildung vorweggenommen werden
- auch mehr Transparenz von Zusatzqualifizierung
- bessere Verb. von Aus- und Weiterbildung
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289
Bewertung der Modularisierungsvarianten (2)
5. Gewinnung von brachliegenden Teilausbildungskapazitäten
- Erleichterung von Verbünden etc.
- neue Formen der Finanzierung
6. Effektivere Zielorientierung niederschwelliger Qualifizierungsangebote
- Berufsvorbereitung könnte auf Module abgestellt werden;
z.T. Zertifizierung erster Teile
=> Anrechnung (bessere Integration von Benachteiligten)
7. (primär) bessere Verteilung der Bildungskontingente auf die Biogr. und bessere
Berücksichtigung von Lerninteressen und Vorerfahrungen
Quellen zur Modularisierung:
Berufsausbildung in der Entwicklung - Positionen und Leitlinien : Duales System - Schulische Ausbildung – Übergangssystem
Modularisierung – Europäisierung.
Zimmer, Gerhard. - Bielefeld : Bertelsmann, 2009
Berufskonzept und Modularisierung : Leitideen beruflicher Bildung in Deutschland, den USA und Großbritannien.
Ziehm, Stefan. - Alsbach/Bergstraße : Leuchtturm-Verl., 1998
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290
Bewertung der Modularisierungsvarianten (in der Diskussion) (3)
II. zugeschriebene Nachteile / Gefahren (c, a + b)
• ausschließlich Qualifizierung nach aktuellem Bedarf c)
• Verlust des Verständnisses des Arbeitszusammenhangs (und einseitige
und unvollständige Qualifizierung) c)
• Zusammenhangswissen geht verloren
• höherer Abstimmungsbedarf
• fehlende Transparenz und Marktgängigkeit/ und Unübersichtlichkeit c)
• Aushöhlung des Berufskonzepts und der damit verbundenen Identität c)
• Deregulierung, durch die die Starken gestärkt und die Schwachen weiter
ausgegrenzt werden c)
• Aushöhlung von sozialer und tariflicher Absicherung c)
Fazit: Innerhalb des Berufskonzepts überwiegen vermutlich die Vorteile, wenngleich nicht
ausgeschlossen ist, dass eine Teilmodularisierung den Einstieg in die Totalmodularisierung
nach englischem Vorbild darstellt.
=>vorsichtige Annäherung
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291
Bildungssystem: Jede Menge Hausaufgaben*
Auf einer Skala von + 100 (Sehr notw endig) bis -100 (gar nicht notwendig) stuften die
befragten Unternehmen den Handlungsbedarf im Bildungsw esen so ein
Allgemein bildende Schulen -100 -50 + 50 + 100
intensivere Vermitt lung von Kulturtechniken 75
zentrale Leistungskontrollen 58
mehr mathematisch-naturw issenschaftlicher
Unterricht
54
Ausbau der Begabtenförderung 53
Wirtschaft als Schulfach 52
intensivere Förderung Benachteiligter 39
größeres Angebot von Ganztagsschulen 36
Hochschulen
Reform der Lehrerausbildung 68
mehr Fachhochschulkapazitäten 29
mehr Bachelor- und Master-Abschlüsse 24
Einführung von Studiengebühren -3
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292
-100 -50 + 50 + 100
Ausbildungsberufe für praktisch Begabte 30
neue Dienstleistungsberufe in dualer Ausbildung
2 7
Hochschulzugang für Lehrabsolventen 11
neue Dienstleistungsberufe an Vollzeitschulen
-1
Höherer Theorieanteil in der Berufsausbildung
-23
Weiterbildung
nachträgliche Berufsqualif izierung Erw achsener
35
modulares Gesamtsystem Aus- und Weiterbildung
33
Lebensbegleitendes Lernen mit Bildungskonten
31
Bildungssystem allgemein
mehr Wettbew erb im Bildungssystem 47
mehr öffentliche Bildungsinvestit ionen 42
Berufsausbildung
*Umfrage im Mai/Juni 2002 bei 633 Unternehmen
Quelle: In: iwd (Informationsdienst des Instituts der deutschen Wirtschaft), (2002), H.39, S.5
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Annahmen zu künftigen Entwicklungsprozessen und Herausforderungen (Nickolaus)
• Hohe Entwicklungsdynamik bleibt
• Dienstleistungsbereich wird weiter wachsen
• Demographisch bedingte Entspannung am Ausbildungsstellenmarkt
• Anteil akademischer Abschlüsse steigt weiter
• Schwächere erhalten mehr Aufmerksamkeit
• Strukturprobleme in der dualen Ausbildung bleiben erhalten
• Weiterbildungsbedarf bleibt auf hohem Niveau; Beteiligungsproblematik
bleibt erhalten
• Einsatz neuer Technologien in der Aus- und Weiterbildung erhält durch
neue Technologien weiteren Schub; zentrales Entscheidungskriterium:
ökonomische Bewertung
• Internationale Angleichungsprozesse?
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Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Prof. Dr. R. Nickolaus
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295
B. Synopse Bildungs- und Erziehungsziele der Länderverfassungen
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Ehrfurcht vor Gott * * * * *
Christl. Nächstenliebe, Sittengesetz * * * *
Brüderlichkeit, Hilfsbereitschaft, Menschlichkeit * * *
Religiöse Achtung *
Christliche/
weltanschauliche/
ethische Ziele
Menschenwürde * * *
Sittlichkeit, Charakterbildung * * * *
Duldsamkeit, Achtung * * * * *
Selbstbeherrschung *
Sachlichkeit *
Wahrheit, Wahrhaftigkeit * * *
Rechtlichkeit * *
Aufgeschlossenheit für Wahre, Gute und Schöne *
Eigenes Denken *
Individuelle
Tugenden + Werte
Wissen und Können *
Politische Verantwortung * * * *
Gemeinschaftsgesinnung *
Soziale(s) Handeln, Bewährung, Ethik * * *
Soziale Gerechtigkeit *
Berufliche Bewährung, Tüchtigkeit, Arbeitswille,
Vorbereitung auf Beruf
* * * *
Teilnahme am kulturellen Leben *
Freiheitliche, demokratische Gesinnung * * * * * *
Friedensliebe * * *
Liebe zu Volk und Heimat, Familie * * * * *
Allgemein-
polit./soziale
gemeinschaftliche
Ziele
Völkerversöhnung * * * *
Gemeinschaftskunde, Staatsbürgerkunde * *
Geschichtsunterricht *
Mädchenerziehung *
Fächer/ Fachgebiete/
Schulformen
Klassisch-humanistisches Gymnasium *
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und Psychologie
296
C. Synopse Bildungs- und Erziehungsziele der Schulgesetze (Teil 1)
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Verantwortung, Ehrfurcht, ‚Stelbstbest. v. Gott * * * *
Christliche Nächstenliebe * *
Relig. Werte, seel. Fähigkeiten, Christentum * * * * *
Christl./
weltanschaul.
/ element.
Ziele Menschlichkeit, Menschenwürde * *
Entfaltung d. Persönlichkeit (Fähigkeiten, Neig., Beg.) * * * * * * *
Eigenverantwortlichkeit, Selbständigkeit * * * * * * *
Sittlichkeit, Charakterbildung * * * *
Duldsamkeit, Achtung, Toleranz * * * * * * * * * *
Urteilsfähigkeit, eig. Denken, Überzeugung, Entscheidungsfähigkeit * * * * * *
Lern-, Leistungswillen, Weiterbildung * * * *
Vorbereitung auf Lebensaufg., Orientierung, kompl. Gesell. Zusammenhänge
beurteilen
* * *
Informationen beschaffen, ihr kritisch bedienen *
Wahrnehmungs-, Empfindungs-, Ausdrucksmöglichkeit *
Konflikte erkennen, ertragen, sich auseinandersetzen * *
Wissen, Können Fähigkeiten, Kenntnisse, Geistbildung * * * * * * *
Individuelle
Tugenden/
Werte/
Fähigkeiten
Körperbildung * * *
Soz., gesellschaftl. Verantwortung, Handeln, Gemeinschaftsdienst, Teiln. a. öffentl.
Leben
* * * * * * * * *
Pol., staatsbürgerl., demokr. Verantwortung, Handeln, Gestaltung, Rechte u. Pflichten * * * * * * *
Fortschrittliche Gestaltung *
Geschichtliches Bewusstsein *
Vorbereitung, Handeln, Behaupten i. d. Berufs- und Arbeitswelt * * * * * * * * * *
Soziale/
gemeinschaft
l./ Ziele u.
Aufgaben
Familie, Ehe, Freizeit * * * * *
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und Psychologie
297
C. Synopse Bildungs- und Erziehungsziele der Schulgesetze (Teil 2)
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Friedensliebe, -gesinnung * * * *
Liebe zu Volk, Heimat, dtsch. Volk, Vaterland * * * * *
Völkerversöhnung, -verständigung, -gemeinschaft * * * * * * *
Gerechtigkeit * * *
Solidarität * * *
Gleichberechtigung *
Allgemein
politische
Werte und
Ziele
Gegen nationale- sozialistische und andere Gewalt *
Freiheitliche, demokratische Gesinnung * * * *
Wertordnung v. Grundgesetz und Landesverfassung * * * *
Sozialer Rechtsstaat *
Demokratie * * *
Freiheit * * *
Demo-
kratische
Ziele
Grundrechte wirksam werden lassen * *
Ethische Werte * * * * Eth./ kult.
Werte Kulturelle Werte, Bildungsgüter * * * * * * *
Sexualerziehung * * * * *
Gesellschaftslehre, staatsbürgerliche Erziehung * *
Gymnasiale Oberstufe * * *
Fächer/
Fachgebiete/
Schulform
Ethikunterricht *
Quelle: REEB, Hans-Joachim: Bildungsauftrag der Schule: eine Analyse d. Erziehungsziele in d. Verfassungen und Schulgesetzen d.
Bundesrepublik Deutschland unter Einbeziehung d. Richtlinien im Lande Niedersachsen. Frankfurt/Main: R.G.Fischer, 1981,
S.212f.
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Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
Anteil der Neuzugänge in vollqualifizierende Ausbildung (Bertelsmann-Stiftung 2015, Ländermonitor Berufliche Bildung 2015)
298
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2013 2005
Prof. Dr. R. Nickolaus
Institut für Erziehungswissenschaft
und Psychologie
Anteil an Neuzugängen in vollqualifizierende Ausbildung mit maximal Hauptschulabschluss (Bertelsmann-Stiftung (2015). Ländermonitor Berufliche Bildung 2015)
299
30
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2013 2005