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OSNABR ¨ UCKER SCHRIFTEN ZUR MATHEMATIK Reihe V Vorlesungsskripten EHeft 8 Sommersemester 2001 Einf ¨ uhrung in die Algebra W. Bruns Fachbereich Mathematik/Informatik Universit¨ at Osnabr ¨ uck

OSNABRUCKER SCHRIFTEN¨ ZUR MATHEMATIK · Ringe 3 auch schon in [LA] diskutiert und oben noch einmal wiederholt. Eine zus¨atzliche Regel fur Vielfache, bei der nun die Ringstruktur

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  • OSNABRÜCKER SCHRIFTENZUR MATHEMATIK

    Reihe V Vorlesungsskripten

    EHeft 8 Sommersemester 2001

    Einführung in die Algebra

    W. Bruns

    Fachbereich Mathematik/Informatik

    Universität Osnabrück

  • OSM Osnabrücker Schriften zur Mathematik

    März 2002

    Herausgeber Selbstverlag der Universität OsnabrückFachbereich Mathematik/Informatik

    49069 Osnabrück

    Geschäftsführer Prof. Dr. W. Bruns

    Berater: Prof. Dr. P. Brucker (Angew. Mathematik)

    Prof. Dr. E. Cohors-Fresenborg(Didaktik der Mathematik)

    Prof. Dr. V. Sperschneider (Informatik)

    Prof. Dr. R. Vogt (Reine Mathematik)

    Druck Hausdruckerei der Universität Osnabrück

    Copyright bei den Autoren

    Weitere Reihen der OSM:

    Reihe D Mathematisch-didaktische Manuskripte

    Reihe I Manuskripte der Informatik

    Reihe M Mathematische Manuskripte

    Reihe P Preprints

    Reihe U Materialien zum Mathematikunterricht

  • Einführung in die Algebra

    Winfried Bruns

    Skript zur Vorlesung SS 2001

  • Inhaltsverzeichnis

    1. Ringe 1

    2. Homomorphismen, Ideale und Restklassenringe 7

    3. Körper und Integritätsbereiche 19

    4. Teilbarkeitstheorie 23

    5. Polynomringe 33

    6. Irreduzibilitätskriterien für Polynome 41

    7. Algebraische Körpererweiterungen 45

    8. Zerfällungskörper von Polynomen 51

    9. Konstruktionen mit Zirkel und Lineal 57

    10. Ordnung und Index 65

    11. Operation von Gruppen 73

    12. Normalteiler und Faktorgruppen 79

    Literaturverzeichnis 87

  • ABSCHNITT 1

    Ringe

    Wir ergänzen in diesem Abschnitt die in der Linearen Algebra (im folgendenals [LA] zitiert) eingeführten Begriffe. Zunächst eine Abschwächungen des Be-griffs

    ”Gruppe“: Eine Menge H mit einer assoziativen Verknüpfung nennt man

    auch eine Halbgruppe, und wenn H ein neutrales Element hat, spricht man voneinem Monoid. Diese Begriffe sind so allgemein, daß es kaum möglich ist, eineTheorie ohne zusätzliche Einschränkungen an die betrachteten Halbgruppen oderMonoide aufzubauen. Immerhin können wir für Monoide M folgendes feststellen:

    (a) Das neutrale Element ist eindeutig bestimmt.(b) Wenn a ∈ M ein inverses Element besitzt, so ist dieses eindeutig bestimmt.(c) Wir können (bei multiplikativer Schreibweise der Verknüpfung) Potenzen

    der Elemente a ∈ M definieren: Wir setzen a0 = 1 und definieren rekursivan+1 = ana für n ∈ N, n ≥ 1. Besitzt a ein Inverses a−1, so kann man an =(a−1)n für n ∈ Z, n < 0, setzen.

    (d) Es gelten die Potenzrechenregeln

    am+n = aman, (am)n = amn,

    und, falls ab = ba, (ab)n = anbn. Dabei sind a,b ∈ M und m,n ∈ N (odergegebenenfalls ∈ Z).

    Bei additiver Schreibweise (dies impliziert in der Regel die Kommutativität) sprichtman wie gewohnt von Vielfachen und schreibt analog na. (Vergleiche auch dazu[LA].)

    Vektorräume sind abelsche Gruppen bezüglich ihrer Addition. Zusätzlich hatman eine – mit dieser Addition verträgliche – Multiplikation mit Skalaren. Et-was anders ist die Situation bei einem Körper K: Hier hat man auf K selbst zweiVerknüpfungen, eine Addition und eine Multiplikation; bezüglich der Addition istK eine abelsche Gruppe, bezüglich der Multiplikation ist K \ {0} eine abelscheGruppe, und es gelten die Distributivgesetze (vgl. [LA]). Ähnlich hat man z.B. aufZ eine Addition und eine Multiplikation derart, daß (Z,+) eine abelsche Gruppeist und (Z, ·) immerhin ein kommutatives Monoid; außerdem gelten die gleichenDistributivgesetze wie bei einem Körper. Allerdings gibt es nicht zu jedem von 0verschiedenen Element aus Z ein Inverses bezüglich der Multiplikation. Wir ver-allgemeinern den Begriff

    ”Körper“ daher wie folgt:

  • 2 Abschnitt 1

    Definition. Es sei R eine Menge, auf der zwei Verknüpfungen erklärt sind, eineAddition + und eine Multiplikation ·. Dann heißt (R,+, ·) ein Ring, wenn gilt:

    (a) (R,+) ist eine abelsche Gruppe.(b) (R, ·) ist ein Halbgruppe mit neutralem Element.(c) Es gelten die Distributivgesetze:

    a(b1 +b2) = ab1 +ab2, (a1 +a2)b = a1b+a2b

    für alle a,b1,b2,a1,a2,b ∈ R.Ist (R, ·) kommutativ, dann heißt (R,+, ·) ein kommutativer Ring.Bemerkung 1.1. Zur Vermeidung von Klammern vereinbart man, daß die Mul-tiplikation in einem Ring stärker bindet als die Addition (ab + cd bedeutet dem-nach (ab) + (cd)). Ferner schreiben wir R statt (R,+, ·), wenn klar ist, um wel-che Ringstruktur auf R es sich handelt. Wie allgemein üblich bei additiv notierterGruppenverknüpfung, bezeichnen wir das neutrale Element von (R,+) mit 0 undsprechen vom Nullelement oder der Null von R; das neutrale Element von (R, ·)heißt Eins oder Einselement und wird in der Regel mit 1 bezeichnet, zur besserenUnterscheidung manchmal auch mit 1R.

    Beispiele. Wie oben schon gesagt, ist Z, versehen mit der üblichen Addition undMultiplikation, ein Ring. Jeder Körper ist ein Ring. Ein anderer aus [LA] bekannterRing ist der Polynomring K[X ] über einem Körper K. (Polynomringe werden wirspäter noch gründlich diskutieren.)

    Jede einelementige Menge {a} läßt sich zu einem Ring machen: Man setzta+a = aa = a; da a notwendig das Nullelement dieses Ringes (natürlich auch seinEinselement) ist, heißt dieser Ring Nullring (und wird einfach mit 0 bezeichnet).Der Nullring ist der einzige Ring, in dem Null und Eins übereinstimmen.

    Interessanter ist der Ring M(n×n;K) aller (n×n)-Matrizen über einem KörperK; Addition und Multiplikation sind hier die Matrizenaddition und Matrizenmulti-plikation. Für n ≥ 2 ist dieser Ring nicht kommutativ – ein Paradebeispiel ebensowie der aus [LA] bekannte Schiefkörper H der Quaternionen.

    Der Beweis der folgenden Regeln verläuft wörtlich so wie der in [LA] geführteBeweis bei einem Körper.

    Satz 1.2 (Vorzeichenregeln). Es seien R ein Ring und a, b Elemente von R. Danngilt:

    (a) a0 = 0a = 0;(b) a(−b) = (−a)b = −ab;(c) (−a)(−b) = ab.Für einen Ring R sind die ganzahligen Vielfachen der Elemente von R wohl-

    definiert, und zwar weil R bezüglich der Addition eine Gruppe ist. Dies haben wir

  • Ringe 3

    auch schon in [LA] diskutiert und oben noch einmal wiederholt. Eine zusätzlicheRegel für Vielfache, bei der nun die Ringstruktur eingeht, ist

    (mn)a = m(na).

    Wir überlassen den Beweis dem Leser.Zwischen den Körpern als den

    ”stärksten“ Ringen und Ringen ganz allgemein

    kann man viele Zwischenstufen betrachten. Eine besonders wichtige führen wirnun ein:

    Definition. Das Element a des Ringes R heißt ein Nullteiler, wenn es ein Elementb ∈ R, b �= 0, gibt mit ab = 0 oder ba = 0. Besitzt R keine von 0 verschiede-nen Nullteiler, so heißt R nullteilerfrei. Ist R �= 0 ein nullteilerfreier, kommutativerRing, dann heißt R ein Integritätsbereich (oder Integritätsring).

    In Integritätsberecihen kann man kürzen:

    Satz 1.3. Ein kommutativer Ring R ist genau dann ein Integritätsbereich, wenn inihm die Kürzungsregel

    ab = ac, a �= 0 =⇒ b = cgilt.

    Beweis. Ist a ein Nullteiler, ab = 0 für b �= 0, so ist die Kürzungsregel wegen ab =a0 sicherlich verletzt. Für die Umkehrung hat man nur zu beachten, daß a(b−c) =0, wenn ab = ac. �

    Der Ring Z ist ein Integritätsbereich. Jeder Körper K ist ein Integritätsbereichund ebenso der Polynomring K[X ]. Hingegen ist der Matrizenring M(n×n;K) fürn ≥ 2 nicht nullteilerfrei. (Jede Matrix vom Rang < n ist ein Nullteiler. Beweis?)

    R �= 0 sei ein Ring. Die invertierbaren Elemente in dem Monoid (R, ·) heißenEinheiten von R. Natürlich sind Einheiten niemals Nullteiler. Die Menge aller Ein-heiten von R ist offensichtlich eine Gruppe bezüglich der Multiplikation von R, dieEinheitengruppe R∗ von R. Beispielsweise ist Z∗ = {−1,1} und M(n× n;K)∗ =GL(n;K). Bei kommutativem R gilt genau dann R∗ = R\{0}, wenn R ein Körperist.

    Eine unscheinbare, aber nicht unwichtige Aussage:

    Satz 1.4. Jeder endliche Integritätsbereich R ist ein Körper.

    Beweis. Für a ∈ R, a �= 0, betrachten wir die Abbildung µa : R → R, µa(b) = ab.Die Kürzungsregel besagt gerade, daß µa injektiv ist. Da R endlich ist, ist µa dannauch surjektiv. Es gibt also ein b mit 1 = µa(b) = ab. �

    Wir verallgemeinern nun den in [LA] eingeführten Begriff der Charakteristik.

  • 4 Abschnitt 1

    Definition. Es sei R ein Ring. ord+ a bezeichne die Ordnung des Elementes a ∈ Rin der Gruppe (R,+). Unter der Charakteristik von R versteht man die natürlicheZahl

    charR =

    {0, falls ord+ a = ∞ für alle a ∈ R,a �= 0,min{ord+ a | a ∈ R,a �= 0} andernfalls .

    Es ist klar, daß die Charakteristik eines Ringes R immer von 1 verschieden ist.Es sei p = charR > 0. Dann gibt es ein b ∈ R, b �= 0, mit pb = 0. Wenn p = mngilt mit positiven ganzen Zahlen m,n, so hat man 0 = pb = (mn)b = m(nb). NachDefinition der Charakteristik folgt hieraus n = p oder n = 1, d.h. p ist Primzahl.

    Satz 1.5. Die Charakteristik eines Ringes R ist entweder 0 oder eine Primzahl. IstR ein Integritätsbereich und charR > 0, so gilt charR = ord1R und (charR)a = 0für alle a ∈ R.Beweis. Es sei R ein Integritätsbereich, p = charR > 0 und b ∈ R, b �= 0, mit pb =0. Es ist pb = p(1Rb) = (p1R)b. Da R ein Integritätsbereich und b �= 0 ist, giltp1R = 0 und damit auch pa = p(1Ra) = (p1R)a = 0 für alle a ∈ R. �

    Die Ringe Z, Q, R, C sind Beispiele für Integritätsbereiche der Charakteristik 0.Ein einfaches Beispiel für einen Körper der Charakteristik 2 ist der wohlbekannteKörper mit 2 Elementen.

    Ähnlich wie der Begriff Untergruppe wird der Begriff des Unterringes ein-geführt.

    Definition. Eine Teilmenge S des Ringes R heißt ein Unterring von R, wenn gilt:(a) 1R ∈ S;(b) Addition und Multiplikation von R lassen sich auf S beschränken, und S ist

    bezüglich dieser induzierten Verknüpfungen ein Ring.

    Offenbar ist S genau dann ein Unterring des Ringes R, wenn gilt: Es ist 1R ∈ S,und für alle a, b ∈ S liegen sowohl a− b als auch ab wieder in S. Der BegriffTeilkörper wird entsprechend eingeführt.

    Der einzige Unterring von Z ist Z selbst. M(n× n;R) ist ein Unterring vonM(n× n;C). Q ist Teilkörper von R. Jeder Körper ist Unterring von K[X ] (wobeiwir Elemente von K mit den konstanten Polynomen identifizieren.)

    In Analogie zur direkten Summe von Vektorräumen definiert man das direkteProdukt R1 ×R2 von Ringen R1,R2, indem man für Elemente (a1,a2),(b1,b2) deskartesischen Produkts R1 ×R2 definiert:

    (a1,a2)+(b1,b2) = (a1 +b1,a2 +b2), (a1,a2)(b1,b2) = (a1b1,a2b2).

    Mit R1 und R2 ist auch R1 ×R2 kommutativ. Es ist aber fast nie ein Integritätsbe-reich (ausgenommen welche Situation?). Man beachte, daß die Einbettung R1 →R1 ×R2, r �→ (r,0), den Ring R1 nicht zu einem

  • Ringe 5

    Unterring von R1×R2 macht, ausgenommen R2 ist der Nullring: 1R1×R2 = (1,1)liegt nicht in der betrachteten Teilmenge.

  • ABSCHNITT 2

    Homomorphismen, Ideale und Restklassenringe

    Definition. Eine Abbildung ϕ: R → R′ von Ringen heißt ein (Ring-) Homomor-phismus, wenn für alle a,b ∈ R gilt:

    ϕ(a+b) = ϕ(a)+ϕ(b), ϕ(ab) = ϕ(a)ϕ(b) und ϕ(1R) = 1R′.

    Ein bijektiver Homomorphismus ϕ ist ein (Ring-)Isomorphismus. Der Ring R heißtisomorph zum Ring R′, wenn es einen Isomorphismus von R auf R′ gibt.

    Bemerkung 2.1. Sei ϕ: R→R′ ein Homomorphismus von Ringen. Dann ist ϕ ins-besondere ein Homomorphismus der Gruppe (R,+) in die Gruppe (R′,+). Hierausfolgt z.B. ϕ(0) = 0, und ϕ ist genau dann injektiv, wenn Kernϕ = {0} gilt.

    In Analogie zu Gruppenhomomorphismen (vgl. dazu [LA]) gilt: die Komposi-tion von Homomorphismen ergibt wieder einen Homomorphismus. Die Umkehr-abbildung eines Isomorphismus ist ein Homomorphismus und daher ein Isomor-phismus. Die Isomorphie von Ringen ist folglich eine Äquivalenzrelation.

    Die Begriffe (Ring-)Endomorphismus und (Ring-)Automorphismus werden ana-log den entsprechenden Begriffen in der Linearen Algebra eingeführt.

    Beispiele. (a) Es seien R und R′ Ringe. Das Bild eines Homomorphismus von Rin R′ ist ein Unterring von R′. Eine Teilmenge R ⊂ R′ ist genau dann ein Unterringvon R′, wenn die natürliche Injektion R → R′ ein Homomorphismus ist.

    (b) Sei K ein Körper und V ein K-Vektorraum. Wir haben in [LA] gesehen, daßdie Summe und die Komposition zweier Endomorphismen von V (also linearenAbbildungen V → V ) wieder Endomorphismen sind. Ferner ist End(V ) sogar einK-Vektorraum, also (End(V ),+) bestimmt eine abelsche Gruppe. Da idV neutralist bezüglich der Komposition und die Distributivgesetze gelten, ist (End(V ),+,◦)ein Ring.

    Wir nehmen nun an, daß dimV = n < ∞ und v1, . . . ,vn eine Basis von V ist.Jedem Endomorphismus sei seine Matrix bezüglich v1, . . . ,vn zugeordnet. DieseZuordnung ist mit Addition und Multiplikation verträglich, und stellt sich als einIsomorphismus End(V ) → M(n×n,K) heraus.

    (c) Die Zuordnung n �→ n1R ist für jeden Ring R ein Homomorphismus Z → R.Dies folgt aus den Rechenregeln für Vielfache.

  • 8 Abschnitt 2

    (d) Wir können das Beispiel (c) noch etwas ausbauen, indem wir die Regeln fürdas Rechnen mit Vielfachen in einer abelschen Gruppe (G,+) als Homomorphie-Eigenschaft einer Abbildung interpretieren. Sei R = End(G). Wie bei Vektorräu-men folgt, daß (End(G),+,◦) ein Ring ist. (Die Vektorraum-Struktur fehlt natür-lich.)

    Wir definierenΦ : Z → R durch Φ(n)(a) = na

    für alle n ∈ Z und alle a ∈ G. In der Tat ist Φ(n) für jedes n ∈ Z ein Element vonR, weil n(a + b) = na + nb für n ∈ Z und a,b ∈ G gilt. Die Regel (mn)a = m(na)bedeutet einfach, daß Φ die Bedingung Φ(mn) = Φ(m)Φ(n) erfüllt, und schließlichbesagt (m+n)a = ma+na, daß auch Φ(m+n) = Φ(m)+Φ(n) ist. Also ist Φ einHomomorphismus von Ringen. Genau dann ist Φ injektiv, wenn jedes Element vonG endliche Ordnung hat.

    Es sei ϕ : R → R′ ein Homomorphismus von Ringen. Dann ist natürlich Kernϕeine Untergruppe von (R,+). Es gilt aber noch mehr: Für beliebige Elemente r ∈ Rund a ∈ Kernϕ ist sowohl ra als auch ar wieder ein Element von Kernϕ , dennϕ(a) = 0 impliziert ϕ(ra) = ϕ(r)ϕ(a) = ϕ(r)0 = 0, und ebenso ist ϕ(ar) = 0.

    Definition. Es sei R ein Ring. Eine nichtleere Teilmenge I von R heißt ein (zwei-seitiges) Ideal, wenn gilt:

    (a) Mit a,b ∈ I ist auch a−b ∈ I;(b) Mit a ∈ I und r ∈ R hat man auch ra ∈ I und ar ∈ I.Ein Ideal im Ring R ist also eine Untergruppe von (R,+), für die zusätzlich die

    Bedingung (b) der Definition erfüllt ist. Als erstes Beispiel haben wir: Kerne vonRinghomomorphismen sind Ideale. Weitere einfache Beispiele sind das Nullideal0 von R, das nur aus der Null besteht, und R selbst, das sogenannte Einsideal. EineTeilmenge des Ringes Z ist genau dann ein Ideal, wenn sie eine Untergruppe von(Z,+) ist, d.h. von der Form Zm mit einem m∈Z. (Im allgemeinen ist das natürlichnicht richtig; Beispiel?)

    Bedingung (a) kann man durch die folgende Bedingung ersetzen (weshalb?):

    (a′) Mit a, b ∈ I gilt auch a+b ∈ I.Ist R kommutativ, dann genügt es statt (b) zu fordern:

    (b′) Mit a ∈ I und r ∈ R gilt auch ra ∈ I.Im allgemeinen ist (b′) jedoch schwächer als (b): Die Teilmenge J = {(ai j) ∈M(2× 2;R) | a12 = a22 = 0} von M(2× 2;R) genügt den Bedingungen (a) und(b′), ist aber kein Ideal in diesem Ring.

    Es sei R ein Ring und (I j) j∈J eine Familie von Idealen in R. Dann ist sofort zusehen, daß auch

    ⋂j∈J Ij wieder ein Ideal in R ist. Ist insbesondere M eine beliebige

    Teilmenge von R, dann ist der Durchschnitt I(M) aller M umfassenden Ideale von

  • Homomorphismen, Ideale und Restklassenringe 9

    R ebenfalls ein Ideal in R, das von M erzeugte Ideal von R. Es ist dies das kleinsteM umfassende Ideal von R. Offenbar gilt I( /0) = 0. Gilt M �= /0, dann besteht I(M)aus allen Summen

    a1 f1b1 + · · ·+an fnbnmit aj, bj ∈ R, f j ∈ M. Die Teilmenge M von R heißt ein Erzeugendensystem desIdeals I, wenn I(M) = I gilt.

    Für Ideale I1, I2 können wir wie für Untervektorräume die Summe

    I1 + I2 = {r1 + r2 : r1 ∈ I1,r2 ∈ I2}betrachten. Sie ist wieder ein Ideal, und zwar gilt I1 + I2 = I(I1 ∪ I2). Wie Durch-schnitte kann man auch Summen ∑ j∈J Ij einer Familie von Idealen bilden.

    Eine weitere nützliche Operation für Ideale ist das Produkt

    I1I2 = I({r1r2 : r1 ∈ I1,r2 ∈ I2}).Die Produktbildung können wir auf endlich viele Ideale erweitern.

    Ein Beispiel: Sei R = Z, I1 = I(4), I2 = I(6). Dann ist

    I1 + I2 = I(2), I1 ∩ I2 = I(12), I1I2 = I(24).Wir werden die idealtheoretischen Operationen später mit den zahlentheoretischenBegriffen

    ”größter gemeinsamer Teiler“ und

    ”kleinstes gemeinsames Vielfaches“

    in Beziehung setzen (jedenfalls in Z und geeigneten anderen Ringen).Im kommutativen Fall, an dem wir hauptsächlich interessiert sind, verwenden

    wir stets die Schreibweise

    I( f1, . . . , fn) = R f1 + · · ·+R fn.Dies macht offensichtlich Sinn.

    Zur Motivation der nun folgenden Konstruktion wollen wir den Anfang eineszahlentheoretischen Problems betrachten, nämlich der Frage nachgehen, welchen ∈ N sich in der Form x2 + y2 mit x,y ∈ Z darstellen lassen. Wir behaupten: Diesist sicher nicht möglich, wenn n bei Division durch 4 den Rest 3 läßt. Wir schreibendazu x = 4m+ r, y = 4n+ s, 0 ≤ r,s < 4. Dann ist

    x2 + y2 = 16m2 +8mr + r2 +16n2 +8ns+ s2.

    Wenn wir den Divionsrest von x2 +y2 ermitteln wollen, können wir alle Vielfachenvon 4 in der Summe vergessen. Wir brauchen also nur die 16 Summen r2 + s2 aufihre Divisonsreste hin durchprüfen. Und selbst das läßt sich noch vereinfachen.Wir schreiben

    r = 2a+b, s = 2c+d, a,b,c,d ∈ {0,1},und haben nun nur noch vier Summen b2 + d2 zu prüfen. Diese haben aber nurdie Werte 0,1,2. Das angewandte Prinzip: Vielfache von 4 werden systematischvernachlässigt.

  • 10 Abschnitt 2

    Eleganter könnte man so vorgehen. Angenommen, es gibt einen Ringhomo-morphismus π : Z → S mit folgender Eigenschaft: π(u) = π(v) genau dann, wennu− v ein Vielfaches von 4 ist, mit anderen Worten: wenn u− v im Ideal Z4 liegt.Dann können wir unser Problem in S lösen, denn

    π(x2 + y2) = π(x)2 +π(y)2,

    und wenn wir zeigen können, daß die rechte Seite stets ungleich π(3) ist, habenwir das gewünschte Ergebnis. Der gesuchte Homomorphismus muß einfach dieBedingung Kernπ = Z4 erfüllen.

    Wie wir jetzt sehen werden, ist es für jeden Ring R und jedes Ideal I möglich,einen Ring S und einen Homomorphismus π : R → S mit Kernπ = I zu konstru-ieren. Wir wissen aus [LA], daß im Fall I = Kernπ das Urbild von π(x) unter πdurch

    π−1(π(x)) = x+Kernπ = x+ Igegeben ist, wenn I = Kernπ ist. Mit anderen Worten, es gilt:

    π(x) = π(y) ⇐⇒ y ∈ x+ I. (∗)Um dies zu erreichen, definieren wir eine neue Menge:

    R/I = {x+ I : x ∈ R}.Die Elemente von R/I sind also Teilmengen von R. Diese zunächst

    ”schwierig“

    anmutende Tatsache kann man nach Abschluß der Konstruktion wieder vergessen– es kommt nur auf die Eigenschaften des neu konstruierten Obkjekts an.

    Wir betrachten nun die Abbildung π : R → R/I, π(x) = x + I, und weisenzunächst nach, daß sie die gewünschte Eigenschaft hat. Sei π(x) = π(y). Dies be-deutet nach Definition von π , daß x + I = y + I ist. Wegen 0 ∈ I gilt dann spezielly ∈ x+ I, womit eine Richtung von (∗) nachgewiesen ist.

    Sei umgekehrt y ∈ x + I, y = x + a mit a ∈ I. Für jedes b ∈ I ist dann y + b =x + a + b ∈ x + I, denn a + b ∈ I. Folglich gilt y + I ⊂ x + I. Für die umgekehrteInklusion beachten wir, daß x = y− a ∈ y + I, denn −a ∈ I. Dies impliziert, wieschon gesehen, daß x+ I ⊂ y+ I, und insgesamt gilt x+ I = y+ I, also π(x) = π(y),so daß die Eigenschaft (∗) für unsere Abbildung π tatsächlich erfüllt ist.

    Um π zu einem Ringhomomorphismus zu machen, brauchen wir noch eineRingstruktur auf R/I. Wir setzen dazu

    (x+ I)+(y+ I) = (x+ y)+ I, (x+ I) · (y+ I) = xy+ I.So glatt sich diese Definition liest: Sie hat einen Haken, denn wir definieren dieseVerknüpfungen mittels ausgewählter Elemente in x+ I und y+ I.

    Eine ähnliche Situation ist uns schon aus der Schule bekannt: Um Summe undProdukt zweier Brüche zu definieren, müssen wir eine Darstellung des Bruchesmit Zähler und Nenner heranziehen. Summe und Produkt machen nur dann Sinn,

  • Homomorphismen, Ideale und Restklassenringe 11

    wenn das Ergebnis nur von den beteiligten Brüchen, nicht aber von der Auswahlder Zähler und Nenner abhängt.

    Ähnliches gilt aber auch hier. Wenn x + I = x′ + I, y + I = y′ + I, x′ = x + a,y′ = y+b, mit a,b ∈ I, so folgt

    x′ + y′ = (x+a)+(y+b) = x+ y+(a+b) ∈ (x+ y)+ I,und wie bereits gezeigt, ergibt sich daraus (x′ + y′)+ I = (x+ y)+ I. Ferner ist

    x′y′ = (x+a)(y+b) = xy+(xb+ay+ab),

    und weil I nicht nur eine Untergrupppe von (R,+), sondern sogar ein Ideal ist, giltxb+ay+ab ∈ I, also x′y′ ∈ xy+ I, was wiederum x′y′+ I = xy+ I nach sich zieht.

    Die Ringstruktur auf R/I ist definiert und π ist sogar ein surjektiver Homomor-phismus! Die Surjektivität ist klar, denn x + I = π(x) und die Homomorphie folgtaus

    π(x+ y) = (x+ y)+ I = (x+ I)+(y+ I) = π(x)+π(y),π(xy) = xy+ I = (x+ I)(y+ I) = π(x)π(y).

    Dabei ergeben sich das erste und das dritte Gleichheitszeichen aus der Definitionvon π , das mittlere aus der Definition von Addition und Multiplikation in R/I.Offensichtlich ist 1+I das Einselement von R/I, also π(1) = 1. Ferner ist Kernπ =I, wie wir schon gesehen haben. Aber noch einmal: π(x) = 0 = π(0) genau dann,wenn x ∈ 0+ I, also x ∈ I.

    An dieser Stelle kann man die konkrete Konstruktion von R/I (fast) vergessen.Man muß nur wissen: R/I ist ein Ring und es gibt einen surjektiven Homomor-phismus π : R → R/I mit Kernπ = I.Satz 2.2. Es sei R ein Ring, I ein Ideal in R. Dann ist R/I mit den oben definiertenVerknüpfungen ein Ring, und die Abbildung π : R → R/I, π(x) = x + I, ist einsurjektiver Ringhomomorphismus mit Kernπ = I. Ist R kommutativ, dann ist auchR/I kommutativ.

    Die Aussage über die Kommutativität ist trivial.

    Definition. R sei ein Ring und I ein Ideal in R. Der Ring R/I heißt Faktor- oderRestklassenring von R nach oder modulo I. Das Element x+ I heißt Restklasse vonx nach oder modulo I.

    Wir haben oben gezeigt, ohne dies hervorzuheben, daß R disjunkte Vereinigungder Restklassen ist. Bei jeder Abbildung ϕ : R → S zerfällt der Definitionsbereichja in die Urbildmengen ϕ−1(ϕ(x)), x ∈ R. Man nennt ϕ−1(ϕ(x)) anschaulich dieFaser von x bezüglich ϕ . Man kann dies auch noch so beschreiben: Die Relationx ∼ y ⇐⇒ x− y ∈ I ist eine Äquivalenzrelation auf R, und die Restklassen sindgerade die Klassen von ∼.

  • 12 Abschnitt 2

    Um die Definition von R/I in den Hintergrund treten zu lassen, sollte mandie Schreibweise x + I vermeiden, sondern einfach x̄ verwenden. Der Nachteil istallerdings, daß man das Ideal I dann nicht mit aufführen kann, so daß klar seinmuß, wie I gewählt ist.

    Wir kommen zurück zu unserem Beispiel R = Z, I = Z4. Es gibt dann offen-sichtlich 4 Restklassen, nämlich die von 0,1,2,3:

    0̄ = 0+Z4 = {. . . ,−8,−4,0,4,8, . . .}1̄ = 1+Z4 = {. . . ,−7,−3,1,5,9, . . .}2̄ = 2+Z4 = {. . . ,−6,−2,2,6,10, . . .}3̄ = 3+Z4 = {. . . ,−5,−1,3,7,11, . . .}.

    Ist allgemeiner m ∈ Z, m > 0, so besitzt Zm = Z/Zm genau m Elemente, nämlichdie Restklassen von 0, . . . ,m− 1. Es ist aber häufig sinnvoll, nicht nur mit diesenRepräsentanten zu arbeiten, sondern z.B. die Restklasse von −1 nicht durch m−1zu repräsentieren, sondern durch −1. An diesem Beispiel sehen wir, woher die Be-zeichnung

    ”Restklasse“ kommt: x und y haben genau dann die gleiche Restklasse,

    wenn sie bei Division durch m den gleichen Rest lassen. In der Zahlentheorie (undnicht nur dort) schreibt man nach Gauß

    x ≡ y mod m oder x ≡ y (m),wenn x und y die gleiche Restklasse modulo m besitzen.

    Mittels der Ringe Z/Zm können wir interessante neue Beispiele konstruieren,für die es keine

    ”natürlichere“ Beschreibung gibt.

    Satz 2.3. Es sei m ≥ 2. Dann sind die folgenden Eigenschaften äquivalent:(a) Zm ist ein Integritätsbereich.(b) Zm ist ein Körper.(c) m ist Primzahl.

    Beweis. Da Zm endlich ist, sind (a) und (b) wegen Satz 1.4 äquivalent.Ist m keine Primzahl, dann gibt es a,b ∈ Z mit 1 < a, b < m und m = ab.

    Bezeichnet π : Z → Zm die natürliche Projektion, so hat man π(a) �= 0 �= π(b),aber π(a)π(b) = π(m) = 0; Zm ist also kein Integritätsbereich. Umgekehrt sei mPrimzahl. Es gelte π(a)π(b) = 0 für a,b ∈ Z, also π(ab) = 0. Dann heißt dasab ∈ Zm. Da m Primzahl ist, folgt: m teilt a oder m teilt b. Das bedeutet aberπ(a) = 0 oder π(b) = 0. Zm ist also Integritätsbereich.

    Die soeben benutzte Eigenschaft von Primzahlen werden wir in Abschnitt 4noch aus der Division mit Rest herleiten. �

    Es sei ϕ : R → R′ ein Homomorphismus von Ringen und I ein Ideal von R.Dann ist ϕ(I) natürlich eine Untergruppe von (R′,+) (sogar ein Unterring von R′),i.a. aber kein Ideal in R′ (Beispiel?). Immerhin ist ϕ(I) ein Ideal in R′, wenn ϕ

  • Homomorphismen, Ideale und Restklassenringe 13

    surjektiv ist. Hingegen gilt: Ist I′ ein Ideal in R′, dann ist ϕ−1(I′) ein Ideal in R;insbesondere ist Kernϕ = ϕ−1(0) ein Ideal in R.

    Die folgenden Sätze vergleichen die Restklassenringe mit den homomorphenBildern von R. Zunächst der Satz vom induzierten Homomorphismus:

    Satz 2.4. Es seien ϕ : R → R′, ψ : R → R̃ Homomorphismen von Ringen. ϕ seisurjektiv, und es gelte Kernψ ⊃ Kernϕ . Dann gibt es genau eine Abbildung ψ ′:R′ → R̃ mit ψ ′ ◦ϕ = ψ . Es ist Bildψ = Bildψ ′. ψ ′ ist ein Homomorphismus, undes gilt ϕ(Kernψ) = Kernψ ′.

    Ist ψ surjektiv, dann ist auch ψ ′ surjektiv. Bei Kernψ = Kernϕ ist ψ ′ injektiv.

    Die Beziehung der Homomorphismen in Satz 2.4 bringt man auch so zum Aus-druck: Das Diagramm

    � R̃

    ��

    ��

    ��

    ϕ� �

    ��

    ��

    ψ ′

    R′

    ist kommutativ. Damit meint man: Die Verkettung von Abbildungen längs Wegenmit gleichem Start und Ziel ergibt das gleiche, nur von Start und Ziel abhängendeResultat.

    Beweis von Satz 2.4. Da das obige Diagramm kommutativ werden soll, gibt es nureine Möglichkeit, ψ ′ zu definieren. Sei dazu y ∈ R′. Da ϕ surjektiv ist, gibt es einx ∈ R mit y = ϕ(x). Wir möchten erreichen, daß ψ ′(y) = ψ ′(ϕ(x)) = ψ(x) gilt.Also müssen wir

    ψ ′(y) = ψ(x)

    setzen. Da die Auswahl eines Urbilds x von y im allgemeinen keineswegs eindeutigist, müssen wir uns überzeugen, daß jede Wahl von x ∈ ϕ−1(y) das gleiche Resultatliefert. Das folgt aus der Voraussetzung über die Kerne:

    ϕ(x) = ϕ(x′) ⇐⇒ x− x′ ∈ Kernϕ =⇒ x− x′ ∈ Kernψ ⇐⇒ ψ(x) = ψ(x′).Damit ist die Abbildung ψ ′ wohldefiniert (und eindeutig).

    Zum Testen der Homomorphie wählen wir zu y,z ∈ R′ Urbilder w,x ∈ R. Dannist w+ x ein Urbild von y+ z und es folgt

    ψ ′(y+ z) = ψ(w+ x) = ψ(w)+ψ(x) = ψ ′(y)+ψ ′(z).

    Analog zeigt man ψ ′(yz) = ψ ′(y)ψ ′(z). Offensichtlich ist auch ψ ′(1) = ψ(1) = 1.Wenn ψ surjektiv ist, ist ψ ′ ◦ϕ surjektiv und damit auch ψ ′.

  • 14 Abschnitt 2

    Wenn Kernϕ = Kernψ gilt, haben wir in der obigen Implikationskette überallÄquivalenz. Mit den bekannten Bedeutungen von w,x,y,z ergibt sich:

    ψ ′(y) = ψ ′(z) ⇐⇒ ψ(w) = ψ(x) ⇐⇒ ϕ(w) = ϕ(x) ⇐⇒ y = z.Dies aber ist gerade die Injektivität von ψ ′. �

    Man nennt ψ ′ den induzierten Homomorphismus. Restklassenringe haben imvorangegangenen Satz gar keine Rolle gespielt, aber er fordert seine Anwendungauf die Situation I = Kernψ , R′ = R/I geradezu heraus. Wir erhalten den Homo-morphiesatz oder ersten Isomorphiesatz für Ringe.

    Satz 2.5. Sei ψ : R → R̃ ein surjektiver Homomorphismus von Ringen mit I =Kernψ . Dann ist der induzierte Homomorphsimus ψ ′ : R/I → R̃ (für die Restklas-senabbildung π : R → R/I = R′) ein Isomorphismus.

    Dieser Satz ist ein Paradigma der modernen Algebra. Er betont das Isomorphie-prinzip: Es kommt nicht darauf an, welcher Natur die Elemente eines algebraischenObjektes sind. Entscheidend ist die Struktur, und isomorphe Objekte haben diegleiche Struktur.

    Der Homomorphiesatz, der für andere Klassen von Objekten analog gilt, sagt,daß wir mit den Restklassenringen alle Bilder von R bis auf Isomorphie kennen.

    Eine Anwendung des Satzes vom induzierten Homomorphismus ist der chine-sische Restsatz. In seiner elementaren Fassung beschreibt er die Lösung etwa derfolgenden Frage: Welche Zahlen n ∈ Z lassen bei Division durch 7 den Rest 3 undbei Divison durch 8 den Rest 5? Besitzt ein solches System simultaner Kongruen-zen, nämlich

    x ≡ 3 (7)x ≡ 5 (8)

    überhaupt stets eine Lösung, wie findet man sie und wie kann man gegebenenfallsdie Lösungsmenge beschreiben? Es ist sofort klar, daß die Lösung bestenfalls mo-dulo 56 eindeutig bestimmt sein kann, denn wenn x ≡ y (56), dann x ≡ y (7) undx ≡ y (8).

    Allgemeiner können wir fragen: Kann man zu Idealen I1, . . . , In eines Ringes Rstets ein Element x ∈ R finden, das modulo I1, . . . , In vorgegebene Restklassen hat?Der folgende Satz gibt eine Antwort. Wir nennen Ideale I1, I2 komaximal, wennI1 + I2 = R ist.

    Satz 2.6. Sei R ein kommutativer Ring und seien I1, . . . , In Ideale von R, für die Iiund Ij komaximal sind, wenn i �= j ist. Dann gilt:

    (a) I1 ∩·· ·∩ In = I1 · · · In.(b) Der Homomorphismus

    R → (R/I1)×·· ·× (R/In), x �→ (x+ I1, . . . ,x+ In),

  • Homomorphismen, Ideale und Restklassenringe 15

    ist surjektiv. Sein Kern ist I1∩·· ·∩In, und er induziert einen IsomorphismusR/(I1 ∩·· ·∩ In) ∼= (R/I1)×·· ·× (R/In).

    Beweis. (a) Wir beweisen dies durch Induktion über n. Sei zunächst n = 2. Fürbeliebige Ideale I1, I2 ist natürlich I1I2 ⊂ I1 ∩ I2. Ferner gilt

    (I1 + I2)(I1 ∩ I2) ⊂ I1I2.Für a ∈ I1, b ∈ I2, c ∈ I1∩ I2 ist nämlich (a+b)c ∈ I1I2, weil ac ∈ I1I2 und bc ∈ I1I2.Da nun I1 + I2 = R in unserem Fall, erhalten wir unmittelbar I1 ∩ I2 ⊂ I1I2, womitTeil (a) für n = 2 bewiesen ist.

    Es ist klar, daß daraus der allgemeine Fall folgt, wenn wir zeigen können, daßI1 und I2 · · · In komaximal sind. Da I1 + Ij = R für j > 1, existieren u j ∈ I1, v j ∈ Ijmit 1 = uj + v j. Dann ist aber

    1 = (u2 + v2) · · ·(un + vn) ∈ I1 + I2 · · · Indenn alle beim Ausmultiplizieren entstehenden Terme gehören zu I1, mit Ausnah-me von v2 . . .vn, das aber in I2 · · · In liegt.

    (b) Die Aussage über den Kern des betrachteten Homomorphismus ist für belie-bige Ideale richtig, denn die Bilder x+I j sind genau alle das jeweilige Nullelement,wenn x∈ Ij für alle j. Damit hat man unabhängig von der Voraussetzung stets eineninduzierten injektiven Homomorphismus

    � (R/I1)×·· ·× (R/In)�

    ��

    ��

    �� ��

    ��

    ���

    R/(I1 ∩·· ·∩ In)Der entscheidende Punkt ist die Surjektivität von π . Dann ist auch der induzierteHomomorphismus surjektiv.

    Wir haben bereits in Teil (a) gesehen, daß für jedes k die Ideale Ik und Jk =I1 · · · Ik−1Ik+1 · · · In komaximal sind. Wir wählen nun uk ∈ Ik, vk ∈ Jk mit uk +vk = 1,k = 1, . . . ,n.

    Sei ein Element (y1 +I1, . . . ,yn +In)∈ (R/I1)×·· ·×(R/In) gegeben. Wir setzennun

    x = y1v1 + · · ·+ ynvn.Für k = 1, . . . ,n ist v j ∈ Ik sobald j �= k. Also

    x+ Ik = ykvk + Ik = yk(1−uk)+ Ik = yk + Ik,denn uk ∈ Ik. �

  • 16 Abschnitt 2

    Im Fall R = Z sind Zm1 und Zm2 gerade dann komaxinal, wenn m1 und m2 tei-lerfremd sind. (Wir werden dies noch näher betrachten.) Zur Lösung eines Systemssimultaner Kongruenzen x ≡ y1 (m1), x ≡ y2 (m2), also der Bestimmung des Ele-mentes x im obigen Beweis, muß man die Gleichung a1m1 +a2m2 = 1 lösen. Dannist v1 = a2m2, v2 = a1m1. Die Lösung x = y1v1 + y2v2 ist nach dem Satz modulom1m2 eindeutig bestimmt.

    Im konkreten Beispiel ist (−1) ·7+1 ·8 = 1. Wir erhalten x = 3 ·8+5 · (−7) =−11 ≡ 45 (56).

    Für R = Z ziehen wir noch eine Folgerung von prinzipieller Bedeutung.

    Satz 2.7. (a) Wenn u und v teilerfremd sind, so sind Zuv und Zu ×Zv als Ringeisomorph. Wenn u und v nicht teillerfremd sind, sind Zuv und Zu ×Zv nicht(einmal als additive Gruppen) isomorph.

    (b) Sei m = pe11· · · perr die Zerlegung von m in paarweise teilerfremde Prim-

    zahlpotenzen. Dann ist

    Zm ∼= Zp1e1 ×·· ·×Zprer .Beweis. Einzig zu zeigen ist nur noch, daß Zuv und Zu × Zv als additive Grup-pen nicht isomorph sind, wenn u und v nicht teilerfremd sind. Aber dann ist s :=kgV(u,v) < uv. In Zuv hat 1̄ die Ordnung uv bezüglich +, aber sowohl in Zu alsauch in Zv, und damit in Zu×Zv, wird jedes Element von s annuliert, so daß es dortkein Element der Ordnung uv gibt. �

    Teil (b) zeigt, daß es für das Verständnis aller Restklassenringe von Z genügt,die Restklassenringe nach Primzahlpotenzen zu untersuchen. Dies kann man oftzur Vereinfachung von zahlentheoretischen Problemen heranziehen.

    Anhang: Restklassenbildung bei Vektorräumen.

    Sei K ein Körper, V ein K-Vektorraum und U ein Untervektoraum. Dann könnenwir in völliger Analogie den Restklassenvektorraum V/U erklären. Wir setzen

    V/U = {v+U ;v ∈V}und definieren die Restklassenabbildung π : V →V/U wieder durch π(v) = v+U .Die Vektorraumstruktur auf V/U wird erkärt durch

    (v+U)+(w+U) = (v+w)+U, r(v+U) = rv+U, v,w ∈V, r ∈ K.Wieder hat man zu zeigen, daß diese Verknüpfungen wohldefiniert sind, was ge-nauso geht wie bei Restklassenringen. Die Sätze 2.2, 2.4 und 2.5 gelten analog,und wir verzichten darauf, diese für Vektorräume zu formulieren.

    Die Dimensionsformel liest sich nun so:

    dimV = dimU +dimV/U.

  • Homomorphismen, Ideale und Restklassenringe 17

    Es lohnt sich, die Restklassen eines Untervektorraums U zu veranschaulichen. Siesind genau die

    ”Parallelen“ zu U , vgl. Abbildung 1.

    U

    ABBILDUNG 1

    Die Restklassenbildung kann man in der Linearen Algebra umgehen, weil jederendlichdimensionale K-Vektorraum isomorph zu Kn, n = dimV , ist. Insofern führtdie Restklassenbildung dort nicht zu strukturell neuen Objekten.

  • ABSCHNITT 3

    Körper und Integritätsbereiche

    Wie man sich leicht überlegt, ist der Durchschnitt von Teilkörpern eines Inte-gritätsringes R wieder ein Teilkörper von R.

    Definition. Es sei R ein Integritätsbereich, der wenigstens einen Teilkörper ent-hält. Dann heißt der Durchschnitt aller Teilkörper von R der Primkörper von R.

    Unter der Voraussetzung in der Definition ist der Primkörper von R der kleinsteTeilkörper von R, d.h. er ist in jedem Teilkörper von R enthalten. Jeder Körper hateinen Primkörper; z.B. ist Q Primkörper von R und von C (warum?). Der Ring Zenthält keinen Teilkörper, hat also auch keinen Primkörper.

    Satz 3.1. Es sei R ein Integritätsbereich der Charakteristik p > 0. Dann hat Reinen Primkörper. Dieser ist isomorph zu Zp.

    Beweis. Es sei ψ : Z → R der Ring-Homomorphismus n �→ n ·1R. Wegen Satz 1.5gilt Zp ⊂ Kernψ . Also induziert ψ einen Ring-Homomorphismus ψ ′ : Zp → R(Satz 2.4). Da Zp ein Körper ist, muß ψ ′ injektiv sein (vgl. Übungsaufgabe 8). �

    Als Folgerung aus 3.1 erhalten wir:

    Satz 3.2. Es sei K ein endlicher Körper der Charakteristik p > 0. Dann ist dieAnzahl der Elemente von K eine Potenz von p.

    Beweis. Der Primkörper k von K hat nach Satz 3.1 genau p Elemente. Offenbar istK auf natürliche Weise ein (endlich-dimensionaler) k-Vektorraum. Folglich ist K(als k-Vektorraum) isomorph zu einem k-Vektorraum kn. Das beweist die Behaup-tung. �

    Hat der Integritätsbereich R die Charakteristik 0, dann hat R im allgemeinenkeinen Primkörper, wie wir am Beispiel Z gesehen haben. Enthält R hingegenmindestens einen Teilkörper, dann ist der Primkörper von R im betrachteten Fallisomorph zu Q, wie wir unten sehen werden.

    Der Integritätsbereich R sei Unterring des Körpers K. Der Durchschnitt al-ler Teilkörper von K, die R umfassen, ist natürlich wieder ein R umfassenderTeilkörper von K.

    Definition. Ist der Integritätsbereich R Unterring des Körpers K, dann heißt derDurchschnitt aller R umfassenden Teilkörper von K der Körper der Brüche oderQuotientenkörper von R in K.

  • 20 Abschnitt 3

    Bemerkung 3.3. (a) Es seien R, K wie in der Definition und Q der Quotientenkör-per von R in K. Dann ist

    Q = {ab−1 | a,b ∈ R, b �= 0}.Zum Beweis zeigt man, daß die rechts stehende Teilmenge von K ein R umfas-sender Teilkörper von K ist. Außerdem ist sie offenbar in jedem Teilkörper von Kenthalten, der R umfaßt.

    (b) Die Integritätsbereiche R,R′ seien Unterringe von Körpern K bzw. K ′, undQ,Q′ seien die Quotientenkörper von R,R′ in K bzw. K ′. Dann läßt sich jeder in-jektive Ring-Homomorphismus ϕ : R → R′ auf genau eine Weise zu einem Ring-Homomorphismus Φ : Q → Q′ fortsetzen (der natürlich auch injektiv ist). Ist ϕ einIsomorphismus, dann ist auch Φ ein Isomorphismus.

    Zum Beweis zeigt man zunächst, daß aus a,b, ã, b̃ ∈ R, b �= 0, b̃ �= 0 mit ab−1 =ãb̃−1 folgt: ϕ(a)ϕ(b)−1 = ϕ(ã)ϕ(b̃)−1, d.h. das Produkt ϕ(a)ϕ(b)−1 ist unab-hängig von der Darstellung des Elementes ab−1. Durch die Zuordnung ab−1 �→ϕ(a)ϕ(b)−1 wird also eine Abbildung Φ: Q → Q′ definiert, die auf R offenbar mitϕ übereinstimmt. Φ ist surjektiv, wenn dies für ϕ gilt. Es ist unmittelbar zu sehen,daß Φ ein Homomorphismus ist. Im übrigen folgt aus Φ(ab−1) = ϕ(a)ϕ(b)−1, daßΦ eindeutig bestimmt ist.

    Aus Bemerkung 3.3(a) ergibt sich beispielsweise, daß Q der Quotientenkörpervon Z in Q (oder R oder C) ist. Ist der Integritätsbereich R Unterring eines Körpers,so können wir wegen Anmerkung 3.3(b) von dem Quotientenkörper von R spre-chen. Es folgt

    Satz 3.4. Es sei R ein Integritätsbereich der Charakteristik 0, der wenigstens einenTeilkörper enthält. Dann ist der Primkörper von R isomorph zum Körper Q derrationalen Zahlen.

    Beweis. Wir betrachten den Homomorphismus ψ : Z→ R aus dem Beweis zu Satz3.1. ψ ist hier wegen charR = 0 injektiv. Bildψ ist in jedem Teilkörper von Renthalten. Das gilt dann auch für den Quotientenkörper Q von Bildψ . Also ist Qder Primkörper von R. Nach Anmerkung 3.3(b) läßt sich ψ auf genau eine Weisezu einem Isomorphismus Ψ : Q → Q fortsetzen. �

    Nun beweisen wir, daß jeder Integritätsbereich als Unterring eines Körpers auf-gefaßt werden kann, also einen Quotientenkörper besitzt.

    Satz 3.5. Es sei R ein Integritätsbereich. Dann gibt es einen injektiven Homomor-phismus von R in einen Körper K.

    Beweis. Die Konstruktion von K geschieht wie die Konstruktion der rationalenZahlen Q aus den ganzen Zahlen Z. Es sei

    X = {(a,b) ∈ R×R | b �= 0}.

  • Körper und Integritätsbereiche 21

    Auf X definieren wir eine Äquivalenzrelation ∼ durch

    (a,b) ∼ (c,d) ⇐⇒ ad = cb.

    Es läßt sich ohne Mühe nachrechnen, daß ∼ tatsächlich eine Äquivalenzrelationist. Mit K bezeichnen wir die Menge der Äquivalenzklassen von X bezüglich ∼,und mit a/b die Äquivalenzklasse von (a,b). Die Abbildung a �→ a/1 nennen wirϕ; sie ist offenbar injektiv.

    Addition + und Multiplikation · auf K erklären wir durchab

    +cd

    =ad + cb

    bd,

    ab· c

    d=

    acbd

    ;

    dabei sind a, b, c, d ∈ R und b �= 0, d �= 0, also auch bd �= 0. (Hier wird benutzt,daß R nullteilerfrei ist.) Natürlich hat man nachzuweisen, daß diese Definitionenrepräsentantenunabhängig sind. Das ist aber problemlos möglich.

    (K,+) ist eine abelsche Gruppe: Aus der Definition der Addition ersieht man,daß sie assoziativ und kommutativ ist. Neutrales Element bezüglich + ist 0/1, unddas Inverse von a/b bezüglich der Addition ist (−a)/b.

    (K, ·) ist ein abelsches Monoid: Man sieht wieder sofort, daß die Multiplikationassoziativ und kommutativ ist und daß 1/1 bezüglich · neutral ist.

    Der Nachweis der Distributivgesetze ist eine einfache Rechnung. (K,+, ·) istalso ein kommutativer Ring mit Einselement. Zum Beweis dafür, daß K sogar einKörper ist, sei a/b ∈ K, a/b �= 0/1. Das bedeutet a �= 0, und das Element b/a ∈ Kist offenbar invers zu a/b bezüglich der Multiplikation.

    Daß ϕ ein Ring-Homomorphismus ist, rechnet man leicht nach. �Es ist in der Situation des letzten Satzes üblich (wie im Falle Z und Q), die

    Elemente a ∈ R mit ihren ϕ-Bildern a/1 ∈ K zu identifizieren, R also als Unterringvon K zu betrachten. Nach Bemerkung 3.3 ist dann K der Quotientenkörper von R.

    In einer Übungsaufgabe wird die Konstruktion aus dem letzten Satz verallge-meinert.

    Nachdem wir nun Teilkörper von Integritätsbereichen und umgekehrt Integri-tätsbereiche als Unterringe von Körpern diskutiert haben, wollen wir untersuchen,welche Ideale als Kerne von (surjektiven) Homomorphismen ϕ : R → S auftreten,wenn R kommutativ und S ein Integritätsbereich oder gar ein Körper ist.

    Sei S ein Integritätsbereich. Für Elemente a,b ∈ R mit ϕ(ab) = ϕ(a)ϕ(b) = 0folgt dann ϕ(a) = 0 oder ϕ(b) = 0. Mit anderen Worten gilt für I = Kernϕ: ab ∈ I=⇒ a ∈ I oder b ∈ I.

    Definition. Ein Ideal p �= R eines kommutativen Ringes R heißt Primideal, wennfür alle a,b ∈ R aus ab ∈ p folgt: a ∈ p oder b ∈ p.

  • 22 Abschnitt 3

    Ist p ein Primideal, so sieht man sofort, daß R/p ein Integritätsbereich ist. Da-her sind die Primideale genau die Kerne von Ringhomomorphismen von R in Inte-gritätsbreiche S.

    Sei nun K ein Körper und ϕ : R → K ein surjektiver Ringhomomorphismusmit Kern I. Da K nicht der Nullring ist, muß I �= R gelten. Andererseits

    ”paßt“

    aber auch kein Ideal zwischen I und R. Es genügt dazu, daß I + Ra = R für jedesElement a ∈ R\ I. Für solches a gilt ϕ(a) �= 0. Da ϕ surjektiv ist, existiert ein b ∈ Rmit ϕ(b) = ϕ(a)−1. Es folgt ϕ(ab) = 1, also 1−ab ∈ I und 1 ∈ I +Ra.Definition. Ein Ideal M �= R eines kommutativen Ringes R heißt maximal, wennkein Ideal I mit M � I � R existiert.

    Die der Definition vorangegangene Überlegung läßt sich auch umkehren, wieleicht zu überprüfen ist. Also gilt: R/M ist genau dann ein Körper, wenn M einmaximales Ideal ist.

  • ABSCHNITT 4

    Teilbarkeitstheorie

    Jede von 0 verschiedene ganze Zahl läßt sich als Produkt von Primzahlen (undeventuell der Einheit −1) schreiben, und diese Darstellung ist im wesentlicheneindeutig. Wir wollen dies im Rahmen einer allgemeinen Teilbarkeitstheorie inRingen beweisen und analoge Aussagen für eine größere Klasse von Ringen be-reitstellen.

    In diesem Abschnitt sei R stets ein Integritätsbereich. Wie in Z sagt man, a ∈ Rsei ein Teiler von b ∈ R, in Zeichen a | b, wenn es ein c ∈ R mit b = ac gibt. Wirsagen dann auch, b sei Vielfaches von a.

    Jedes Element a ∈ R besitzt triviale Teiler, z.B. 1 ∈ R und a selbst, und wenn a |b sogilt auch ea | b für alle Einheiten e. Wir berücksichtigen dies in der folgendenTerminologie: a ist assoziiert zu b, wenn es eine Einheit e ∈ R mit b = ea gibt, unda ist ein echter Teiler von b, wenn a | b, aber a weder eine Einheit, noch assoziiertzu b ist.

    Es lohnt sich, die genannten Beziehungen zwischen a und b idealtheoretisch zubeschreiben:

    a ist Teiler von b ⇐⇒ Rb ⊂ Ra,a assoziiert zu b ⇐⇒ Rb = Ra,

    a echter Teiler von b ⇐⇒ Rb � Ra � RIn Körpern gibt es keine unzerlegbaren Elemente, und die von 0 verschiede-

    nen Elemente sind sämtlich assoziiert. Im Ring Z sind genau diejenigen Elementeunzerlegbar, deren Betrag eine Primzahl ist. Die ganzen Zahlen m und n sind ge-nau dann assoziiert, wenn m = ±n ist. Vom Nullpolynom verschiedene Polynomef ,g ∈ K[X ] sind assoziiert genau dann, wenn es eine Konstante c ∈ K∗ mit g = c fgibt.

    Die Primzahlen p und die Zahlen −p in Z sind diejenigen Elemente �= 0, dieselbst keine Einheiten sind, aber keine echten Teiler besitzen. Wir verallgemeinerndies wie folgt:

    Definition. Eine Nichteinheit u �= 0 in R heißt irreduzibel oder unzerlegbar, wennu keine echten Teiler besitzt.

    Neben den Primzahlen in Z sind irreduzible Polynome wie X 2 +1 ∈ R[X ] wei-tere Beispiele unzerlegbarer Elemente.

  • 24 Abschnitt 4

    Es ist uns geläufig, daß jedes n ∈ Z, n �= 0,±1 sich als Produkt irreduziblerElemente darstellen läßt, und dies ist ja auch sehr einfach einzusehen: Wenn nkeine echtenTeiler besitzt, ist es per Definition irreduzibel, also von der Form ±p,p Primzahl, und andernfalls gibt es eine Zerlegung n = rs mit echten Teilern r unds. Da dann |r|, |s| < |n|, können wir per Induktion weiterschließen.

    Völlig analog sieht man, daß sich jedes Element f im Polynomring K[X ] übereinem Körper K als Produkt irreduzible Polynme schreiben läßT: in diesem Fallbenutzt man den Grad für die Induktion.

    Es ist uns aber auch geläufig, daß diese Darstellungen im wesentlichen eindeu-tig sind, und dies ist eine nichttriviale Feststellung, die

    ”aus dem Stand“ nicht so

    einfach zu beweisen ist. Wir werden sie im folgenden für eine größere Klasse vonRingen beweisen. Daß man sich bei der Forderung nach Eindeutigkeit natürlichenEinschränkungen unterwerfen muß, ist klar: Aus algebraischer Sicht kann man kei-ner der Darstellungen

    6 = 2 ·3 = (−3) · (−2)einen Vorzug geben. Der folgende Satz beschreibt dies präzise und gibt ein Krite-rium für die Eindeutigkeit der Darstellung:

    Satz 4.1. Im Integritätsbereich R sei jede von 0 verschiedene Nichteinheit Produktvon unzerlegbaren Elementen. Dann sind folgende Eigenschaften äquivalent:

    (a) Gilt u1 . . .ur = v1 . . .vs mit unzerlegbaren Elementen ui, v j ∈ R, dann giltr = s, und es gibt eine Permutation π ∈ Sr, so daß vi und uπ(i) assoziiertsind für i = 1, . . . ,r.

    (b) Für jedes unzerlegbare Element u in R gilt:

    u | ab =⇒ u | a oder u | b.Beweis. (a) =⇒ (b): Wenn u | ab, so existiert ein c ∈ R mit uc = ab. Wir zerlegena,b,c in Produkte unzerlegbarer Elemente und erhalten eine Gleichung

    ut1 · · ·tk = v1 · · ·vmw1 · · ·wnNach (a) muß u zu einem der Elemente vi oder wj assoziiert sein, also a oder bteilen.

    (b) =⇒ (a): Wir stellen sofort per Induktion fest, daß sich die in (b) genannteEigenschaft auf Produkte aus mehr als zwei Elementen ausdehnt: Wenn u | a1 · · ·an,so u | ai für ein i.

    Es sei u1 . . .ur = v1 . . .vs mit unzerlegbaren Elementen ui, v j ∈ R. Wir beweisen(b) durch Induktion über r. Da vs das Produkt u1 . . .ur teilt, gibt es ein ui, das vonvs geteilt wird. Weil ui unzerlegbar ist, sind ui und vs assoziiert. Insbesondere ists = 1 bei r = 1. Bei r > 1 gestattet die Behauptung immerhin, die Reihenfolge derFaktoren zu verändern, d.h. wir dürfen i = r annehmen. Es gilt dann u1 . . .ur−1 =v1 . . .(vs−1e) mit einer Einheit e∈R. Mit der Induktionsvoraussetzung folgt r−1 =

  • Teilbarkeitstheorie 25

    s−1, also r = s, und nach eventueller Vertauschung der Faktoren ist u j assoziiertzu v j für j = 1, . . . ,r−1. �

    Ringe, in denen der Satz von der Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung analoggilt, erhalten einen speziellen Namen:

    Definition. Ein Integritätsbereich, in dem sich jede von 0 verschiedene Nichtein-heit im wesentlichen eindeutig als Produkt von unzerlegbaren Elementen darstellenläßt, heißt faktoriell.

    Satz 4.1 macht klar, was wir für die Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung in Zoder der Zerlegung in irreduzible Polynome zu zeigen haben, nämlich die Eigen-schaft (a) unzerlegbarer Elemente. Auch ihr geben wir einen Namen:

    Definition. Eine von 0 verschiedene Nichteinheit u ∈ R heißt Primelement, wennfolgende Bedingung erfüllt ist: Sind a,b ∈ R und teilt u das Produkt ab, dann teiltu mindestens einen der Faktoren a oder b.

    Wir können nun die Definition von”faktoriell“ kompakter auch so formulieren:

    R ist faktoriell, wenn sich jede von 0 verschiedene Nichteinheit als Produkt vonPrimelementen schreiben läßt. Offensichtlich ist jedes Primelement unzerlegbar.

    Daß die Unterscheidung von unzerlegbaren Elementen und Primelementen not-wendig ist, zeigt folgendes

    Beispiel. Die Teilmenge

    D ={

    a+bi√

    5∣∣ a,b ∈ Z}

    ist ein Unterring von C (insbesondere ein Integritätsbereich), wie man leicht nach-prüft. Wir setzen

    N(a+bi

    √5)

    :=∣∣a+bi√5∣∣2 = a2 +5b2

    (a,b ∈ Z). Es gilt offenbarN(xy) = N(x)N(y)

    für alle x, y∈D, und ein Element x∈D ist genau dann eine Einheit, wenn N(x) = 1gilt, d.h. wenn x = ±1. Daraus folgt, daß N(a) < N(b), falls a ein echter Teilervon b ist, und man sieht sofort, daß jedes Element von D Produkt unzerlegbarerElemente ist.

    Aber nicht jedes unzerlegbare Element ist ein Primelement, wie sich aus fol-gender Gleichung ergibt: (

    1+ i√

    5)(

    1− i√5)= 2 ·3.Das Element 2 ist unzerlegbar: Aus 2 = xy mit Elementen x, y ∈ D folgt 4 =N(x)N(y). Da N(x) = 2 offenbar nicht möglich ist, muß N(x) = 1 oder N(x) = 4gelten. Entsprechend ist x oder y eine Einheit. 2 teilt jedoch keines der Elemente

  • 26 Abschnitt 4

    1± i√5: Aus 1± i√5 = 2 · x mit x ∈ D folgt 6 = 4N(x), was nicht sein kann. 2 istalso kein Primelement. Speziell ist D nicht faktoriell.

    Der Leser stellt leicht fest, daß wir auch das”kleinere Beispiel“ E = Z+Zi

    √3

    hätten betrachten können. Dies hat einen guten Grund, der an dieser Stelle aberschwer zu erklären ist.

    Wie wir gleich sehen werden, lohnt es sich, Unzerlegbarkeit und Primeigen-schaft idealtheoretisch zu beschreiben, wobei sich auch eine Rechtfertigung dieserTerminologie ergibt:

    Satz 4.2. Sei R ein Integritätsbereich und u �= 0 eine Nichteinheit.(a) u ist irreduzibel genau dann, wenn es kein Ideal Rv mit Ru � Rv � R gibt.(b) u ist Primelement ganau dann, wenn Ru ein Primideal ist.

    Beweis. (a) Die echten Teiler von u sind genau diejenigen Elemente v, die Haupt-ideale Rv mit Ru � Rv � R erzeugen. Das Fehlen solcher Hauptideale ist alsoäquivalent zum Fehlen echter Teiler.

    (b) Ist u ein Primelement, dann gilt nach Definition Ru �= 0 und Ru �= R. Esseien a, b ∈ R mit ab ∈ Ru. Dann ist u Teiler von ab. Also teilt u einen der Faktorena oder b, und dementsprechend gilt a ∈ Ru oder b ∈ Ru.

    Ist umgekehrt Ru ein von 0 verschiedenes Primideal, dann ist u natürlich einevon 0 verschiedene Nichteinheit. Sind a, b ∈ R und teilt u das Produkt ab, alsoab ∈ Ru, dann gilt nach Voraussetzung a ∈ Ru oder b ∈ Ru, und das wiederumheißt: u teilt a oder b. �

    Als nun leichte Folgerung erhalten wir:

    Satz 4.3. Der Ring Z der ganzen Zahlen ist faktoriell.

    Beweis. Einzig zu zeigen ist noch, daß Primzahlen p in Z wirklich Primelementesind. Da p keine echten Teiler besitzt, gibt es kein Ideal Zn mit Zp � Zn � Z. Danun aber in Z jedes Ideal von der Form Zn ist, folgt: Zp ist ein maximales Ideal,und damit ein Primideal. Also ist p ein Primelement. �

    In beliebigen kommutativen Ringen S nennt man die von einem Element er-zeugten Ideale S f Hauptideale. Der Beweis von Satz 4.3 zeigt an, daß die Teilbar-keitstheorie dann besonders einfach ist, wenn jedes Ideal in R ein Hauptideal ist,und dies trifft in der Tat zu.

    Definition. Ein Integritätsbereich, dessen Ideale alle Hauptideale sind, heißt einHauptidealbereich (auch Hauptidealring).

    Beispiele für Hauptidealbereiche sind alle Euklidischen Ringe:

    Definition. Der Integritätsbereich R heißt Euklidisch, wenn es eine Abbildung

    grad : R\{0} −→ N

  • Teilbarkeitstheorie 27

    gibt (die sogenannte Gradfunktion) mit folgender Eigenschaft: Sind a, b∈R, b �= 0,dann gibt es Elemente q, r ∈ R, so daß gilt:

    a = qb+ r, wobei entweder r = 0 oder gradr < gradb.

    Beispiele. (a) Bekanntestes Beispiel für einen Euklidischen Ring ist Z versehenmit der Betragsfunktion als Gradfunktion.

    (b) Ein weiteres uns bekanntes Beispiel ist der Polynomring R = K[X ] übereinem Körper. Wir werden dieses Beispiel in den nächsten Abschnitten noch aus-führlich diskutieren.

    (c) Auch der Unterring

    G = Z+Zi = {a+bi | a,b ∈ Z}der komplexen Zahlen ist ein Euklidischer Ring, wie wir gleich sehen werden. Mannennt ihn den Ring der ganzen Gaußschen Zahlen. Er wird von den ganzzahligenPunkten der komplexen Ebene gebildet, siehe Abbildung 1.

    1

    q̃q

    ABBILDUNG 1. Die ganzen Gaußschen Zahlen

    Seien a,b ∈ G, b �= 0. Um q und r zu bestimmen, setzen wir q̃ := a/b ∈ C undwählen q ∈ G, so daß

    |q− q̃| = min{|q̃− c| : c ∈ G}.Dann ist |q̃−q| ≤ (1/2)√2 (siehe Abbildung 1). Für r := a−bq gilt

    |r| = |a−bq| = |b| |q̃−q| ≤ |b| · 12

    √2 < |b|.

    Satz 4.4. Jeder Euklidische Ring ist ein Hauptidealbereich.

    Beweis. Es sei R ein Euklidischer Ring, grad seine Gradfunktion und I ein von 0verschiedenes Ideal in R. Es sei a ∈ I, a �= 0, derart, daß grad(a) in grad(I \{0})minimal ist. Wir behaupten, daß I = Ra gilt.

    Zum Beweis sei b ∈ I. Nach Voraussetzung gibt es dann q, r ∈ R mitb = qa+ r, wobei entweder r = 0 oder gradr < grada.

  • 28 Abschnitt 4

    Mit b gehört auch r = b− qa zu I. Nach Wahl von a muß dann r = 0 gelten. Esfolgt b ∈ Ra. �

    Es gibt aber Hauptidealbereiche, die nicht Euklidisch sind. Dies nachzuweisen,ist nichttrivial, und wir verzichten auf die Diskussion eines Beispiels.

    Satz 4.5. In einem Hauptidealbereich R gilt:

    (a) Jede von 0 verschiedene Nichteinheit ist Produkt unzerlegbarer Elemente.(b) Für eine von 0 verschiedene Nichteinheit u sind äquivalent:

    (i) u ist irreduzibel.(ii) Ru ist ein maximales Ideal.

    (iii) Ru ist ein Primideal.(iv) u ist ein Primelement.

    (c) Insbesondere ist R faktoriell.

    Beweis. Wir haben zu zeigen, daß die Menge

    S = {a ∈ R | a �∈ R∗, a �= 0 , a ist nicht Produkt unzerlegbarer Elemente}leer ist. Angenommen S �= /0, a ∈ S. Wir behaupten: Dann gibt es Elemente a0,a1, · · · ∈ S mit

    Ra0 � Ra1 � Ra2 � . . . (∗)Zum Beweis dieser Behauptung setzen wir a0 = a. Sind a0,a1, . . . ,ai bereits ge-funden, dann hat ai eine Zerlegung ai = ai+1bi+1 mit echten Teilern ai+1,bi+1, vondenen zumindest einer in S sein muß, etwa ai+1 ∈ S. Insbesondere gilt Rai � Rai+1,und die Behauptung ist bewiesen.

    Die Teilmenge ∪∞i=0Rai ist ein Ideal in R, wie man sofort sieht, also ∪∞i=0Rai =Rb mit einem b ∈ R. Es gibt dann ein n mit b ∈ Ran. Folglich ist Rb = Ran undweiter Rai = Ran für i ≥ n, was (∗) widerspricht.

    Es sei noch einmal betont, daß man in Ringen wie Z, K[X ], D und G die Eigen-schaft (a) einfacher nachweisen kann, wie wir schon gesehen haben.

    (b) Die Implikationen (ii) =⇒ (iii) =⇒ (iv) =⇒ (i) gelten in allen Inte-gritätsbereichen. Für die Implikation (i) =⇒ (ii) argumentiert man genau so, wiewir es oben für Z getan haben. �

    Im nächsten Abschnitt werden wir faktorielle Ringe kennenlernen, die keineHauptidealbereiche sind.

    Im zweiten Teil dieses Abschnitts verallgemeinern wir nun die aus der Schu-le bekannten Begriffe

    ”größter gemeinsamer Teiler“ und

    ”kleinstes gemeinsames

    Vielfaches“ auf beliebige Integritätsbereiche und untersuchen sie insbesondere infaktoriellen Ringen und Hauptidealbereichen.

  • Teilbarkeitstheorie 29

    Definition. (a) Das Element d ∈ R heißt ein gemeinsamer Teiler (gT) derElemente a1, . . . ,an ∈ R, wenn d jedes ai teilt, d.h. wenn es zu jedemi = 1, . . . ,n ein bi ∈ R gibt mit ai = bid.

    (b) Das Element v ∈ R heißt ein gemeinsames Vielfaches (gV) der Elementea1, . . . ,an ∈ R, wenn v Vielfaches eines jeden ai ist, d.h. wenn es zu jedemi = 1, . . . ,n ein ci ∈ R gibt mit v = ciai.

    Bemerkung 4.6. Mit den Bezeichnungen der Definition hat man offenbar:(a) d ist genau dann gT von a1, . . . ,an ∈ R, wenn Rd ⊃ Ra1 + · · ·+Ran gilt.(b) v ist genau dann gV von a1, . . . ,an ∈ R, wenn Rv ⊂ Ra1 ∩·· ·∩Ran gilt.

    Definition. (a) Die Elemente a1, . . . ,an ∈R heißen teilerfremd, wenn jeder ge-meinsame Teiler von a1, . . . ,an eine Einheit ist.

    (b) d ∈ R heißt ein größter gemeinsamer Teiler (ggT) von a1, . . . ,an ∈ R, wennd ein gT von a1, . . . ,an ist und von jedem gT dieser Elemente geteilt wird.

    (c) v ∈ R heißt ein kleinstes gemeinsames Vielfaches (kgV) von a1, . . . ,an ∈ R,wenn v ein gV von a1, . . . ,an ist und jedes gV von a1, . . . ,an teilt.

    Die Beweise der folgenden Bemerkungen ergeben sich alle unmittelbar aus denDefinitionen.

    Bemerkung 4.7. Es seien a1, . . . ,an ∈ R. Dann gilt für d, d′, v, v′ ∈ R:(a) Ist d ein ggT von a1, . . . ,an und sind d,d

    ′ assoziiert, dann ist auch d ′ einggT von a1, . . . ,an. Umgekehrt: Sind d,d

    ′ ggT von a1, . . . ,an, dann sindd,d′ assoziiert.

    (b) Ist v ein kgV von a1, . . . ,an und sind v,v′ assoziiert, dann ist auch v′ ein

    kgV von a1, . . . ,an. Umgekehrt: Sind v,v′ kgV von a1, . . . ,an, dann sind

    v,v′ assoziiert.(c) Sind a1, . . . ,an nicht alle 0, ist d ein ggT von a1, . . . ,an und gilt ai = da

    ′i für

    i = 1, . . . ,n mit Elementen a′i ∈ R, dann sind a′1, . . . ,a′n teilerfremd.Satz 4.8. R sei ein faktorieller Ring, a1, . . . ,an seien Elemente von R. Dann besit-zen a1, . . . ,an einen ggT und ein kgV.

    Beweis. Wir dürfen annehmen, daß a1, . . . ,an von 0 verschiedene Nichteinheitensind. Nach Satz 4.1 gibt es unzerlegbare, paarweise nicht zueinander assoziierteElemente u1, . . . ,ur ∈ R und zu jedem i = 1, . . . ,n natürliche Zahlen k1(ai), . . . ,kr(ai) und Einheiten ei ∈ R, derart daß

    ai = eiuk1(ai)1

    · · ·ukr(ai)r .Setzt man für ρ = 1, . . . ,r

    sρ = min{kρ(ai) | i = 1, . . . ,n}, tρ = max{kρ(ai) | i = 1, . . . ,n},dann ist us1

    1· · ·usrr ein ggT und ut11 · · ·utrr ein kgV von a1, . . . ,an. �

  • 30 Abschnitt 4

    Bemerkung 4.9. Ist Q Quotientenkörper des faktoriellen Ringes R, dann hat we-gen Satz 4.8 jedes von 0 verschiedene Element aus Q eine Darstellung ab−1 mitteilerfremden Elementen a,b ∈ R. Man nennt dies dann eine gekürzte Darstellung.

    Satz 4.10. Es sei R ein Hauptidealbereich, a1, . . . ,an seien Elemente von R. Ist dein ggT von a1, . . . ,an, so gilt Rd = Ra1 + · · ·+ Ran. Insbesondere sind a1, . . . ,angenau dann teilerfremd, wenn R = Ra1 + · · ·+Ran ist.

    Beweis. Es ist wegen 4.6 lediglich Rd ⊂ Ra1 + · · ·+ Ran zu zeigen. Nach Voraus-setzung ist Ra1 + · · ·+ Ran ein Hauptideal, also Ra1 + · · ·+ Ran = Rc mit einemc ∈ R. Dann ist insbesondere c ein gT von a1, . . . ,an, also auch ein Teiler von d.Das bedeutet aber Rd ⊂ Rc. �

    Aus Satz 4.10 ergibt sich beispielsweise, daß es zu zwei teilerfremden ganzenZahlen m, n stets ganze Zahlen x, y gibt mit xm+ yn = 1.

    In Euklidischen Ringen berechnet man d = ggT(a,b) mit dem EuklidischenAlgorithmus, der überdies auch Koeffizienten x und y für die Darstellung d = xa+yb mitliefert.

    Sei r0 := a, r1 := b �= 0. Nach Voraussetzung gibt es q1,r2 ∈ R mit

    r0 = q1r1 + r2, und r2 = 0 oder ϕ(r2) < ϕ(r1).

    Falls r2 = 0, ist offensichtlich r1 = ggT(r0,r1). Andernfalls ist immerhin nochggT(r0,r1) = ggT(r1,r2), denn jeder Teiler von r0 und r1 ist ein Teiler von r1 undr2, und umgekehrt. Also fährt man fort:

    r1 = q2r2 + r3, . . . , rn−1 = qnrn + rn+1, rn = qn+1rn+1.

    Dabei seien r1, . . . ,rn+1 �= 0, und es gelte ϕ(rk) < ϕ(rk−1) für k ≥ 2. Daher brichtdieses Verfahren stets nach endlich vielen Schritten ab, und liefert, wie oben bereitsbegründet, in rn+1 den ggT von a und b. Um eine Darstellung rn+1 = xa + yb zuerhalten, beachtet man:

    r0 = a = x0a+ y0b mit x0 := 1 und y0 := 0,r1 = b = x1a+ y1b mit x1 := 0 und y1 := 1,r2 = r0 −q1r1 = x2a+ y2b mit x2 := x0 −q1x1 und y2 := y0 −q1y1,

    ......

    ...

  • Teilbarkeitstheorie 31

    Beispiel. Zu bestimmen ist ggT(705,423) in Z.

    x0 = 1 y0 = 0x1 = 0 y1 = 1

    r0 = 705 = 1 ·423+282 x2 = 1 y2 = −1r1 = 423 = 1 ·282+141 x3 = −1 y3 = 2r2 = 282 = 2 ·141

    Also ist ggT(705,423) = 141 = −705+2 ·423.Das soeben beschriebene Verfahren zur Bestimmung von d = ggT(a,b) und

    einer Darstellung d = xa + yb ist für das Rechnen in Restklassenringen wichtig,weil es uns erlaubt, multiplikativ inverse Elemente zu bestimmen. Zunächst einmalkönnen wir leicht beschreiben, welche Elemente Inverse besitzen:

    Satz 4.11. Sei R ein Hauptidealbereich und a,u∈ R. Genau dann ist ā eine Einheitin R/Ra, wenn a und u teilerfremd sind.

    Beweis. Seien zunächst a und u teilerfremd. Dann existieren b,v∈ R mit ba+vu =1. Mithin ist b̄ā = 1̄.

    Umgekehrt: Es gelte b̄ā = 1̄. Das heißt: 1− ba ∈ Ru. Also existiert ein v ∈ Rmit 1−ba = vu, äquivalent ba+ vu = 1. �

    Der Beweis zeigt uns, wie wir in Euklidischen Ringen mittels des EuklidischenAlgorithmus die Invertierbarkeit von a testen und zugleich das Inverse bestimmenkönnen: diese Daten sind in der Gleichung ggT(a,u) = by+ vu enthalten.

    Damit haben wir auch den Schlußstein zur Lösung simultaner Kongruenzengemäß dem chinesichen Restsatz gefunden, denn dabei benötigt man ja eine Dar-stellung 1 = xm+ yn für teilerfremde m,n ∈ Z.

  • ABSCHNITT 5

    Polynomringe

    Der Polynomring K[X ] über einem Körper K wurde schon in [LA] eingeführt.Seine Elemente haben die Form

    a0 +a1X + · · ·+anXn

    und wir rechnen mit Ihnen nach den üblichen Regeln. Insbesondere sollen zweiPolynome genau dann gleich sein, wenn sie die gleichen Koeffizienten besitzen.Ein Problem, vor dem wir uns in [LA] gedrückt haben, ist eine formal korrekteKonstruktion von K[X ]. Es ist ja nicht offensichtlich, ob es überhaupt einen RingS ⊃ K und ein Element X ∈ S gibt, so daß zwei

    ”Ausdrücke“ a0 +a1X + · · ·+anXn

    und b0 +b1X + · · ·+bnXn nur dann übereinstimmen, wenn ai = bi für i = 0, . . . ,n.Wir wollen die Konstruktion des Polynomrings nun durchführen und ersetzen denKoeffizientenkörper K dabei gleich durch einen kommutativen Ring R. Die Kon-struktion ist sehr einfach: Wir betrachten das Polynom einfach als die Folge seinerKoeffizienten!

    Es lohnt sich, gleich einen Ring zu konstruieren, der noch größer als der Poly-nomring ist. Sei dazu

    R� die Menge aller Folgen (an) = (a0,a1, . . .) mit an ∈ R.Wir versehen R� mit einer Addition:

    (an)+(bn) = (an +bn), (∗)d.h. zwei Folgen werden addiert, indem man entsprechende Folgenglieder addiert.Es ist sofort klar, daß (R� ,+) eine abelsche Gruppe ist. Wir definieren ferner eineMultiplikation auf R� :

    (an)(bn) =

    (n

    ∑i=0

    aibn−i

    ), (∗∗)

    d.h. das n-te Glied des Produktes ist ∑ni=0 aibn−i. Die Multiplikation ist kommutativ,da

    n

    ∑i=0

    aibn−i =n

    ∑i=0

    bn−iai =n

    ∑i=0

    bian−i.

  • 34 Abschnitt 5

    Sie ist assoziativ; denn

    ((an)(bn)

    )(cn) =

    (n

    ∑j=0

    ajbn− j

    )(cn) =

    (n

    ∑i=0

    (i

    ∑j=0

    ajbi− j

    )cn−i

    ),

    n

    ∑i=0

    (i

    ∑j=0

    ajbi− j

    )cn−i

    = (a0b0)cn +(a0b1 +a1b0)cn−1 + · · ·+(a0bn + · · ·+anb0)c0= a0(b0cn + · · ·+bnc0)+a1(b0cn−1 + · · ·+bn−1c0)+ · · ·+an(b0c0)

    =n

    ∑i=0

    ai

    (n−i∑j=0

    bjc(n−i)− j

    )

    und (n

    ∑i=0

    ai

    (n−i∑j=0

    bjc(n−i)− j

    ))= (an)

    ((bn)(cn)

    ).

    Offenbar ist (1,0,0, . . .) neutrales Element bezüglich der Multiplikation. Es ist fer-ner unschwer einzusehen, daß die Distributivgesetze gelten. Man hat also:

    Satz 5.1. R� ist, versehen mit der durch (∗) definierten Addition und der durch (∗∗)definierten Multiplikation, ein kommutativer Ring. Die Abbildung a �→ (a,0,0, . . .)von R in R� ist ein injektiver Ringhomomorphismus.

    Beweis. Der erste Teil der Aussage ist bereits klar, der zweite sehr leicht zu zeigen.�

    Auf Grund der letzten Aussage können wir R als Unterring von R� auffassen.Dementsprechend schreiben wir für die Elemente (a,0,0, . . .) von R� einfach a.

    Der Ring R� enthält zum Beispiel das Element

    (1,1,1, . . .),

    in dem alle Folgenglieder 1 sind. Diese Folge ist offenbar nicht die Koeffizienten-folge (an) eines Polynoms p, denn es sollte ja ak = 0 für k > grad p gelten.

    Wir sondern jetzt die”Polynome“ in R� aus: Sei

    R(�) ={(an) ∈ R� | an = 0 für fast alle n

    }.

    Dabei heißt”fast alle“: mit nur endlich vielen Ausnahmen. Man sieht sofort:

    Satz 5.2. R(�) ist ein Unterring von R� und R ein Unterring von R(�) .

    Für X := (0,1,0,0, . . .) ∈ R(�) giltX2 = (0,0,1,0, . . .), X3 = (0,0,0,1,0, . . .)

  • Polynomringe 35

    usw. Also hat jedes (an) ∈ R(�) eine (eindeutige) Darstellung als Linearkombinati-on von Potenzen von X mit Koeffizienten aus R,

    (an) = ∑n

    anXn, (∗∗∗)

    wobei die”unendliche“ Summe Sinn macht, denn nur endlich viele Summanden

    sind �= 0.Definition. Der Ring R(�) heißt der Ring der Polynome über R in der Unbestimm-ten X und seine Elemente entsprechend Polynome über R in X . Übliche Bezeich-nung für R(�) ist R[X ]. In der Darstellung (∗∗∗) heißen die an die Koeffizientendieses Polynoms. Die Elemente aus R nennt man konstante Polynome.

    Die Addition zweier Polynome geschieht nach (∗) koeffizientenweise. Für dasProdukt von f = ∑anXn und g = ∑bnXn gilt gemäß (∗∗):

    f g = ∑n

    (n

    ∑i=0

    aibn−i

    )Xn.

    Es ist übrigens üblich, die Schreibweise (∗∗∗) für alle Elemente von R� zu über-nehmen: Für f = (an) ∈ R� ist am der Koeffizient bei Xm. Die Elemente von R�nennt man deshalb auch formale Potenzreihen über R in der Unbestimmten X undschreibt statt R� meist R[[X ]].

    Definition. Es sei R ein Ring und f ∈ R[X ], f = ∑anXn. Ist f �= 0, dann heißt diegrößte Zahl n mit an �= 0 der Grad von f , Bezeichnung: grad( f ). Der Koeffizientagrad( f ) heißt Leitkoeffizient von f . Ist der Leitkoeffizient von f gleich 1, dann heißtf normiert. Für das Nullpolynom 0 setzt man grad(0) = −∞.Bemerkung 5.3. Seien R ein kommutativer Ring und f ,g ∈ R[X ]. Dann gilt:

    (a) grad( f +g) ≤ max{grad( f ),grad(g)}.(b) grad( f g) ≤ grad( f )+grad(g).(c) Sind f ,g �= 0, sind a,b die Leitkoeffizienten von f bzw. g und gilt ab �= 0,

    dann ist grad( f g) = grad( f )+grad(g) (Gradformel).(d) Ist R ein Integritätsbereich, dann ist auch R[X ] ein Integritätsbereich, und

    es gilt (R[X ])∗ = R∗.

    Beweis. Die ersten drei Aussagen sind sehr einfach zu beweisen. Den ersten Teilvon (d) bekommt man mit (c). (Im übrigen gilt sogar: Ist R ein Integritätsbereich,dann ist auch R[[X ]] ein Integritätsbereich.) Natürlich ist jede Einheit in R auchEinheit in R[X ], d.h. es gilt (immer) R∗ ⊂ (R[X ])∗. Ist umgekehrt (R ein Inte-gritätsbereich und) f ∈ (R[X ])∗, dann gibt es ein g ∈ R[X ] mit f g = 1. Mit derGradformel erhält man grad( f ) + grad(g) = 0, also grad( f ) = grad(g) = 0. Dasbedeutet f ,g ∈ R. �

  • 36 Abschnitt 5

    Der zweite Teil von Aussage (d) gilt nicht für beliebige Ringe. Für das Polynomf = 1+2X ∈ Z4[X ] gilt z.B. f 2 = 1.

    Die folgende Aussage ist die uns geläufige Division mit Rest:

    Satz 5.4. R sei ein kommutativer Ring, g ∈ R[X ], g �= 0, und der Leitkoeffizient bvon g sei eine Einheit in R. Dann gibt es zu jedem f ∈ R[X ] eindeutig bestimmtePolynome q, r ∈ R[X ] mit

    f = qg+ r und grad(r) < grad(g).

    Beweis. Der Fall f = 0 ist trivial. Es sei also f �= 0. Den Existenzbeweis für q,r führen wir durch Induktion über n = grad( f ). Es sei n = 0, also f ∈ R. Beigrad(g) > 0 setzen wir q = 0 und r = f . Bei grad(g) = 0, also g = b, sei q = f b−1

    und r = 0. Es sei jetzt n > 0. Bei n < grad(g) setzen wir wieder q = 0 und r = f .Bei n ≥ grad(g) = m, f = anXn + · · ·+a1X +a0, ist

    grad( f −anb−1Xn−mg) < n.Nach Induktionsvoraussetzung existieren also Polynome q1, r ∈ R[X ] mit

    f −anb−1Xn−mg = q1g+ r und grad(r) < grad(g).Wir setzen dann q = anb−1Xn−m +q1.

    Für den Eindeutigkeitsbeweis nehmen wir an, daß es qi, ri ∈ R[X ] gibt mitf = q1g+ r1 und grad(r1) < grad(g),f = q2g+ r2 und grad(r2) < grad(g).

    Dann ist (q1 −q2)g = r2 − r1. Insbesondere istgrad(q1 −q2)+grad(g) = grad(r2 − r1) < grad(g).

    Das kann nur bei q1 = q2 und r1 = r2 gelten. �Die algorithmische Bestimmung von Quotient q und Rest r läßt sich wie bei

    den ganzen Zahlen durchführen. Z.B. ist

    (X4 +3X3 +2X2 −X +4) : (X2 −1) = X2 +3X +3 (= q)−(X4 − X2)

    3X3 +3X2 −X +4−(3X3 −3X)

    3X2 +2X +4−(3X2 −3)

    2X +7 (= r).

    Satz 5.5. Ist K ein Körper, dann ist K[X ] ein Euklidischer Ring, insbesondere alsoein Hauptidealbereich.

  • Polynomringe 37

    Wir definieren im folgenden einen (aus der Analysis oder der Linearen Alge-bra) in Spezialfällen wohlbekannten Begriff, den Wert eines Polynoms an einerStelle des Koeffizientenringes. Die Möglichkeit, für X

    ”einzusetzen“, ist die struk-

    turell entscheidende Eigenschaft des Polynomrings. Die Bedeutung des nächstenSatzes ist mit der des Homomorphiesatzes vergleichbar. Die Konstruktion des Po-lynomrings wird dann zur Nebensache.

    Satz 5.6. Es sei τ : R → S ein Homomorphismus von Ringen und b ∈ S. Dann gibtes genau einen Ringhomomorphismus τ∗ : R[X ] → S mit τ∗(X) = b und τ∗|R = τ .Beweis. Es sei f = ∑anXn ∈ R[X ]. Wir setzen

    τ∗( f ) = ∑τ(an)bn.Es bereitet keine Mühe zu zeigen, daß τ∗ die im Satz genannten Eigenschaften hat.Überdies folgt aus der Homomorphie-Eigenschaft, daß unsere Definition von τ∗die einzig mögliche ist. �

    Wir halten einige Anwendungen von 5.6 fest.

    Bemerkung 5.7. (a) Es sei R ein Unterring des Ringes S, ι : R → S die natürlicheInjektion, b ∈ S. Das Bild von R[X ] unter ι∗ bezeichnet man mit R[b]. Für f ∈ R[X ]heißt f (b) = ι∗( f ) der Wert von f an der Stelle b. Man sagt auch: R[b] entsteht ausR durch Adjunktion von b und f (b) aus f durch Substitution von b.

    Insbesondere ist damit erklärt, was der Wert f (b) eines Polynoms f ∈ R[X ] ander Stelle b ∈ R ist. Gilt f (b) = 0, dann heißt b eine Nullstelle von f (in R). Wirbetrachten die Abbildung

    α : R[X ] −→ Abb(R,R),die jedem f ∈ R[X ] die Abbildung x �→ f (x) von R in R zuordnet. α ist offenbar einHomomorphismus von Ringen, der – wie das Beispiel zu Beginn des Abschnittszeigt – i.a. nicht injektiv ist.

    (b) Es sei τ : R → S ein Homomorphismus von Ringen. Nach 5.6 gibt es genaueinen Ringhomomorphismus ϕ: R[X ] → S[X ] mit ϕ(X) = X und ϕ(a) = τ(a) füralle a ∈ R. Es ist

    ϕ(∑anXn) = ∑τ(an)Xn,die Koeffizienten der Polynome über R werden also durch ihre τ-Bilder ersetzt.

    Ist insbesondere R Unterring von S, dann können wir nach der vorangegange-nen Überlegung R[X ] als Unterring von S[X ] auffassen. In der Tat ist ϕ injektiv,wenn dies für τ gilt.

    Eine weitere Anwendung erfährt Satz 5.6 im Beweis der folgenden Aussage,die wir sehr häufig benutzen werden.

  • 38 Abschnitt 5

    Satz 5.8. R sei ein Ring, I ein Ideal in R und Ĩ das von I in R[X ] erzeugte Ideal.Dann gilt:

    (a) Ĩ∩R = I;(b) R[X ]/Ĩ ∼= (R/I)[X ];(c) Ĩ ist genau dann ein Primideal in R[X ], wenn I ein Primideal in R ist.

    Beweis. Man überlegt sich leicht, daß Ĩ gerade die Menge derjenigen Elemente vonR[X ] ist, deren Koeffizienten zu I gehören. Damit ist (a) klar. Es sei π: R → R/I dienatürliche Projektion. Nach 5.6 gibt es einen (surjektiven) Homomorphismus π∗:R[X ] → (R/I)[X ] mit π∗(X) = X und π∗|R = π . Genau dann ist π∗( f ) = 0, wenndie Koeffizienten von f zu I gehören. D.h. Kern(π∗) = Ĩ. Es folgen (b) und (c). �

    Mittels der Division mit Rest (Satz 5.4) können wir zeigen, daß Linearfaktorenzu Nullstellen abspalten:

    Satz 5.9. R sei ein Ring, f ∈ R[X ], a ∈ R. Genau dann ist a Nullstelle von f (d.h.f (a) = 0), wenn f = g · (X −a) für ein g ∈ R[X ] gilt.

    Beweis. Es sei a Nullstelle von f . Nach 5.4 ist f = g · (X − a) + r mit r ∈ R[X ],grad(r) ≤ 0. Wegen f (a) = 0 ist r(a) = 0, also r = 0. �Satz 5.10. R sei ein Ring und f ∈ R[X ] nicht konstant. Hat f wenigstens eineNullstelle in R, so gibt es eine Darstellung

    f = (X − x1)m1 · · ·(X − xr)mrg (∗)mit paarweise verschiedenen xi ∈ R und positiven ganzen Zahlen mi und einemg ∈ R[X ], das keine Nullstelle in R hat. Insbesondere gilt ∑ri=1 mi ≤ grad( f ).

    Ist R ein Integritätsbereich, dann hat f folglich höchstens grad( f ) verschiedeneNullstellen. In diesem Fall ist {x1, . . . ,xr} die Gesamtheit der Nullstellen von f inR, und die Faktoren in der Darstellung (∗) sind eindeutig bestimmt.

    Beweis. Die Darstellung (∗) erhält man sofort mittels Satz 5.9 durch Induktionüber den Grad von f unter Verwendung der Gradformel, aus der dann auch ∑ri=1 mi≤ grad( f ) folgt.

    R sei jetzt ein Integritätsbereich. Ist a ∈ R eine Nullstelle von f , dann mußwegen g(a) �= 0 einer der übrigen Faktoren auf der rechten Seite von (∗) in a ver-schwinden. Das bedeutet aber a ∈ {x1, . . . ,xr}. Ebenso erhält man, daß der FaktorX − xi in jeder Darstellung von f der Form (∗) vorkommen muß. Die behaupteteEindeutigkeit ergibt sich hieraus mittels der Kürzungsregel. �

    Satz 5.11. R sei ein Integritätsbereich. Dann ist ein von 0 verschiedenes Poly-nom über R eines Grades ≤ m schon durch seine Werte auf m + 1 verschiedenen

  • Polynomringe 39

    Elementen von R eindeutig bestimmt. Insbesondere ist der in 5.7 (a) definierte Ho-momorphismus α : R[X ] → Abb(R,R) injektiv, wenn R unendlich viele Elementeenthält.

    Beweis. Die zweite Aussage ergibt sich sofort aus der ersten. Zum Beweis derersten betrachte man von 0 verschiedene Polynome f und g über R eines Grades≤m, deren Werte auf m+1 verschiedenen Elementen von R übereinstimmen. Dannhat auch f −g einen Grad ≤m und überdies m+1 verschiedene Nullstellen. WegenSatz 5.10 folgt f −g = 0. �

    Nachdem wir Polynomringe über einem Ring konstruiert haben, kann man dieKonstruktion iterieren, speziell also den Polynomring

    (R[X ])[Y ]

    betrachten usw. Wir kommen so zu den Polynomringen in mehreren Unbestimm-ten, die in dieser Vorlesung aber keine Rolle spielen. Eine andere (und bessere)Möglichkeit, Polynomringe in mehreren Unbestimmten zu definieren, bekommtman, wenn man in der Konstruktion N durch Nn in geeigneter Weise ersetzt.

  • ABSCHNITT 6

    Irreduzibilitätskriterien für Polynome

    Wie wir in den folgenden Abschnitten noch sehen werden, ist es oft wichtig zuentscheiden, ob ein Polynom irreduzibel ist. Diese Aufgabe ist wesentlich schwie-riger zu lösen als die, eine gegebene natürliche Zahl als Primzahl nachzuweisen,wo wenigstens ein elementarer Algorithmus auf der Hand liegt.

    Von besonderem Interesse ist die Irreduzibilität von Polynomen mit ganzzahli-gen Koeffizienten im Ring Q[X ]. Wie wir sehen werden, kann man dies im wesent-lichen schon in Z[X ] entscheiden, was eine wesentliche Vereinfachung bedeutet.Hier kann man Z durch einen beliebigen faktoriellen Ring ersetzen und Q durchden Körper Q(R) der Brüche von R.

    Sehr einfach zu sehen ist, was mit den Primelementen und irreduziblen Ele-menten von R in R[X ] geschieht:

    Satz 6.1. R sei Integritätsbereich, u ∈ R.(a) Genau dann ist u Primelement in R, wenn u Primelement in R[X ] ist.(b) Genau dann ist u irreduzibel in R, wenn u irreduzibel in R[X ] ist.(c) Ist der Ring R[X ] faktoriell, dann ist auch R faktoriell.

    Beweis. Aussage (a) ist äquivalent zu: Genau dann ist Ru ein Primideal in R, wennR[X ]u ein Primideal in R[X ] ist. Sie ergibt sich also direkt aus Satz 5.8 (c).

    (b) folgt sofort aus der Gradformel: Jeder Teiler von u in R[X ] muß Grad 0haben.

    (c) folgt aus (a) und der Gradformel. �Auch die Umkehrung von (c) ist richtig und ein wichtiger Satz. Wir werden ihn

    unten beweisen. Eine erste Aussage in dieser Richtung ist

    Satz 6.2. Sei f = Xn +an−1Xn−1 + · · ·+a1X +a0 ∈ R[X ] ein normiertes Polynom

    über dem faktoriellen Ring R mit Quotientenkörper Q. Dann liegt jede Nullstellex0 ∈ Q von f schon in R und teilt dort a0.Beweis. Wir wählen eine Darstellung x0 = r/s mit teilerfremden r,s ∈ R. NachMultiplikation der Gleichung f (x0) = 0 mit s

    n ergibt sich

    rn +an−1rn−1s+ · · ·+a1rsn−1 +a0sn = 0.

    Also ist rn durch s teilbar, was der Teilerfremdheit widerspricht, es sei denn, s isteine Einheit. Mithin gilt x0 ∈ R und x0 | a0. �

  • 42 Abschnitt 6

    Als kleine Anwendung beweisen wir, daß das Polynom f = X 3 + X2 + 2X + 1irreduzibel über Q ist. Andernfalls hat es eine Nullstelle x0 ∈ Q. Diese muß nachdem Satz in Z liegen und ein Teiler von 1 sein; also x0 = ±1. Keine der Zahlen ±1ist aber Nullstelle von f .

    Auch wenn man häufig an normierten Polynomen interessiert ist, lohnt es sich,diesen Begriff etwas zu verallgemeinern.

    Definition. R sei ein Integritätsbereich. Dann heißt f ∈ R[X ] primitiv, wenn dieKoeffizienten von f teilerfremd sind. Mit anderen Worten: f hat keinen echtenTeiler aus R.

    Insbesondere sind normierte Polynome primitiv. Wir beweisen nun das Lemmavon Gauß.

    Satz 6.3. R sei ein faktorieller Ring, Q der Quotientenkörper von R und f ∈ R[X ]ein irreduzibles Polynom. Dann gilt:

    (a) f ist auch in Q[X ] irreduzibel (und damit ein Primelement).(b) Wenn f primitiv ist, ist es ein Primelement in R[X ].

    Beweis. (a) Angenommen, es gilt f = gh mit g, h∈Q[X ], grad(g)≥ 1, grad(h)≥ 1.Es gibt dann a, b ∈ R \ {0} mit ag, bh ∈ R[X ]. Betrachte ab f = (ag)(bh). ab istkeine Einheit in R, da andernfalls f in R[X ] zerlegbar wäre, ab kann aber auchkeine Nichteinheit in R sein: Andernfalls wäre ab Produkt von Primelementen ausR. Jeder Primfaktor u von ab in R (ist auch Primelement in R[X ] und) teilt agoder bh. Durch sukzessives Kürzen erhält man also eine Gleichung f = g0h0 mitg0, h0 ∈ R[X ], wobei g und g0 bzw. h und h0 sich nur um Faktoren ( �= 0) aus Runterscheiden. Insbesondere ist grad(g0) ≥ 1, grad(h0) ≥ 1. Widerspruch!

    (b) Zunächst ist klar, daß f ein Primelement in Q[X ] ist, denn irreduzible Ele-mente eines Hauptidealbereiches sind prim.

    Seien g,h ∈ R[X ], und f teile gh in R[X ]. In Q[X ] gilt: f teilt g oder f teilt h,etwa f teilt g, also g = f g1 mit g1 ∈ Q[X ]. Es sei a ∈ R mit a �= 0 und ag1 ∈ R[X ].Wir setzen g2 = ag1. Dann ist f g2 = ag. Bei a ∈ R∗ sind wir fertig. Ist a keineEinheit in R und u Primfaktor von a in R, dann gilt: u teilt g2 in R[X ], da f primitivist. Folglich läßt sich a gegen einen Faktor von g2 kürzen, also: f teilt g in R[X ]. �

    Bevor wir Satz 6.3 zur Untersuchung der Irreduzibilität konkreter Polynomeanwenden, ziehen wir eine Konsequenz von prinzipieller Bedeutung.

    Satz 6.4. Ist der Ring R faktoriell, so ist auch R[X ] faktoriell.

    Beweis. Es sei f ∈ R[X ], f �= 0, f keine Einheit. d sei ein ggT der Koeffizientenvon f in R. Dann ist f = dg mit einem primitiven Polynom g ∈ R[X ]. Da d inR (und damit in R[X ]) Produkt von Primelementen ist, müssen wir wegen 6.3 le-diglich noch zeigen, daß jedes primitive Polynom aus R[X ] Produkt unzerlegbarer

  • Irreduzibilitätskriterien für Polynome 43

    Elemente von R[X ] ist. Es sei f ∈ R[X ] ein primitives Polynom und f = gh mitNichteinheiten g, h ∈ R[X ]. Dann sind offenbar auch g und h wieder primitiv, undes gilt grad(g), grad(h) < grad( f ). Die behauptete Faktorisierung läßt sich somitdurch Induktion über den Grad von f beweisen. �

    Mit Hilfe des letzten Satzes können wir jetzt leicht einen faktoriellen Ring an-geben, der kein Hauptidealbereich ist: Z ist faktoriell, nach 6.4 ist dann auch Z[X ]faktoriell. Z[X ] ist aber kein Hauptidealbereich.

    Mit Satz 6.3 kann man zum Beispiel die Irreduzibilität von Polynomen in Q[X ]über Z testen. Ein klassisches Kriterium, das dann manchmal anwendbar ist, ist dasKriterium von Eisenstein:

    Satz 6.5. R sei ein Integritätsbereich und f ∈ R[X ] ein primitives Polynom, f =∑ni=0 aiXi, n = grad( f ) ≥ 1. Es gebe ein Primelement u in R mit den folgendenEigenschaften:

    (a) u teilt ai für i = 0, . . . ,n−1;(b) u2 ist kein Teiler von a0.

    Dann ist f irreduzibel.

    Beweis. Angenommen f = gh mit g, h ∈ R[X ], r = grad(g) ≥ 1, s = grad(h) ≥ 1,g = b0 + · · ·+ brXr, h = c0 + · · ·+ csXs. Wegen a0 = b0c0 ist u Teiler von b0 odervon c0. Im ersten Fall sei bk der erste Koeffizient von g, der nicht von u geteiltwird. Da g wie f primitiv ist, ist bk wohlbestimmt. Es ist ak = b0ck + · · ·+bkc0. Dab0, . . . ,bk−1 und auch ak (wegen k ≤ r < n) von u geteilt werden, ist u Teiler vonbkc0, also von c0. Folglich ist u

    2 Teiler von a0 im Widerspruch zu (b). �Ist der Ring R im Eisenstein-Kriterium faktoriell, dann ist – unter den dort

    angegebenen Voraussetzungen – das Polynom f nach Satz 6.3 sogar irreduzibelüber dem Quotientenkörper von R. Man erhält so zum Beispiel sofort, daß dasPolynom X4 +6X3 +2X2 +2 irreduzibel über Q ist.

    Ein Kunstgriff ist das Anwenden einer geeigneten Substitution X �→ X + a miteinem geeigneten a ∈ R. Sei g = f (X +a). Dann gilt f = g(X −a), und f ist genaudann irreduzibel, wenn g es ist. Wir zeigen damit:

    Satz 6.6. Es sei p eine Primzahl und f = 1+X + · · ·+X p−1. Dann ist f irreduzibelin Q[X ].

    Beweis. Es ist (X −1) f = X p −1. Mittels der Substitution X �→ X + 1 erhält manaus dieser Gleichung Xg = (X +1)p −1, g = 1+(X +1)+ · · ·+(X +1)p−1, also

    Xg = X p +(

    p1

    )X p−1 + · · ·+

    (p

    p−1)

    X = X(

    X p−1 + pX p−2 + · · ·+(

    pp−1

    )).

    Auf g läßt sich das Eisenstein-Kriterium mit u = p anwenden: g ist irreduzibel überZ und damit auch über Q. �

  • 44 Abschnitt 6

    Häufig kann man das folgende Reduktionsverfahren benutzen, insbesonderedann, wenn der Ring R/P endlich ist, wie etwa im Fall R = Z, P = Zp.

    Satz 6.7. Es sei R ein Integritätsbereich, f ∈ R[X ] ein primitives Polynom und Pein Primideal in R derart, daß der Leitkoeffizient von f nicht in P liegt. π : R→R/Psei die kanonische Projektion und π∗ : R[X ] → (R/P)[X ] die Fortsetzung von πgemäß 5.7 (b). Dann gilt: Ist π∗( f ) irreduzibel, so ist auch f irreduzibel.

    Dies ist offensichtlich: Wenn f = gh mit Polynomen g,h, deren Grad kleiner istals der von f , so ist π∗( f ) = π∗(g)π∗(h), und π∗( f ) hat nach Voraussetzung dengleichen Grad wie f . Dies ergibt einen Widerspruch zur Irreduzibilität von π∗( f ).

    Als Beispiel betrachten wir f = X5 + X2 + 1 ∈ Q[X ]. Zunächst ist klar, daßwir die Irreduzibilität nur über Z testen müssen. Wir betrachten nun π : Z → Z2.Dann ist π∗( f ) = X5 + X2 + 1. Dieses Polynom hat keine Nullstelle in Z2. Wennes überhaupt zerfällt, dann in der Form gh, wobei gradg = 2, gradh = 3 und g undh irreduzibel. Nun gibt es aber nur ein einziges irreduzibles Polynom des Grades 2über Z2, nämlich X

    2 + X + 1. Man stellt sofort fest, daß es X5 + X2 + 1 nicht teilt,und hat insgesamt die Irreduzibilität von f (über Q) bewiesen.

    Das Kriterium von Eisenstein kann man als Verfeinerung von Satz 6.7 ansehen.Die Voraussetzung dort, angewandt auf das Ideal P = Rp, ergibt, daß π∗( f ) = aXnist mit a ∈ R/P, a �= 0. Das Polynom aXn hat aber nur Zerlegungen in der Form(bXr)(cXs), und bei einer eventuellen Zerlegung f = gh in R[X ] muß π∗(g) = bXr,π∗(h) = cXs sein. Dann aber sind sämtliche Koeffizienten von g und h außer denLeitkoeffizienten durch p teilbar, und der konstante Term von f durch p2, waseinen Widerspruch ergibt.

    Schließlich sollte man noch die Methode der unbestimmten Koeffizienten er-wähnen. Bei ihr macht man einen Ansatz f = gh, wobei die Koeffizienten von gund h als Unbestimmte gewählt werden. Man zeigt dann, daß das durch Koeffizi-entenvergleich entstehende Gleichungssystem nicht lösbar ist.

    Hierzu ein einfaches Beispiel (bei dem man allerdings besser mit der Methodeder Nullstellen argumentieren sollte): f = 1 + 5X + 4X 2 + X3 ∈ Z[X ]. Angenom-men, f ist reduzibel, also f = gh mit g,h ∈ Z[X ], grad(g) = 2, grad(h) = 1. Mandarf g und h als normiert annehmen. Mit g = X 2 + aX + b, h = X + c, erhält mandas Gleichungssystem

    bc = 1ac+b = 5

    a+ c = 4.

    Ganze Zahlen a,b,c, die diesen Gleichungen genügen, gibt es aber nicht. Also istf irreduzibel.

  • ABSCHNITT 7

    Algebraische Körpererweiterungen

    Nach dem Fundamentalsatz der Algebra besitzt jedes nichtkonstante Polynomf ∈ C[X ] eine Nullstelle in C. Speziell gilt dies für Polynome f ∈ Q[X ] und all-gemeiner für Polynome f ∈ K[X ], wenn K ein Teilkörper von C ist. Wann immerpolynomiale Gleichungen zu lösen sind, muß man wissen, daß man zu einem gege-benen Polynom f ∈ K[X ] eine Nullstelle wenigstens in einem ErweiterungskörperL von K finden kann, wenn schon in K selbst keine exisiert. Wie wir gerade gese-hen haben, ist die Existenz einer solchen Nullstelle für K ⊂ C gesichert.

    Ganz anders ist die Situation etwa, wenn K ein endlicher Körper ist. Uns istkeine solche K umfassende

    ”Universalerweiterung“ wie C für Q bekannt. Eine

    geeignete Erweiterung muß vielmehr erst konstruiert werden. Dies ist – mit denMitteln der modernen Algebra – sehr einfach.

    Satz 7.1. K sei ein Körper und f ein nicht konstantes Polynom über K. Dann gibtes einen K enthaltenden Körper, in dem f eine Nullstelle hat.

    Beweis. Wir zerlegen f in irreduzible Faktoren. Da jede Nullstelle eines irredu-ziblen Faktors von f auch Nullstelle von f ist, dürfen wir annehmen, daß f selbstirreduzibel ist.

    Dann ist K[X ] f ein maximales Ideal in K[X ], L = K[X ]/K[X ] f also ein Körper.Es bezeichne π : K[X ] → L die kanonische Projektion. Da (K[X ] f )∩K das Null-ideal ist, ist π|K injektiv. Wir können also K vermöge π als Unterkörper von L undf als Polynom über L auffassen (vgl. 5.7 (a)). Dann ist 0 = π( f ) = f (π(X)). DasElement π(X) ist also Nullstelle von f in L. �

    Die Struktur des Körpers L wird von dem irreduziblen Polynom f bestimmt.Daher ist es wichtig, Polynome auf Irreduzibilität untersuchen zu können. Dafürhaben wir im vorangegangenen Abschnitt einige Hilfsmittel bereitgestellt.

    Man kann die Struktur des im