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Palliative Care im Akutspital - kompetitiv oder komplementär? Steffen Eychmüller [email protected]

Palliative Care im Akutspital - kompetitiv oder komplementär? · Stent bei Rektum/ Sigma-Kompression N: ... •Pathways (bspw. Liverpool Care Pathway for the ... • 627 Patienten

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Palliative Care im Akutspital

- kompetitiv oder komplementär?

Steffen Eychmüller

[email protected]

S.Eychmüller

Die Themen

• Über die Liebe – und Definitionen

• Über das Leiden

• Über die Evidenz

• Über das Teamwork

• Über die Finanzen

• Über das Ende und den Anfang

S.Eychmüller

Palliative Care im Akutspital

Keine Liebe auf den ersten Blick

S.Eychmüller

Das Akutspital:

Ort der Hoffnung bei weit fortgeschrittenen Leiden

Zwischen Machsal und Schicksal

S.Eychmüller

Warum? Palliative Care ist…..

Händchen halten und Kerzen

anzünden („touchy – feely“)

…..und keine richtige Medizin…

Komforttherapie…..

Sterbebegleitung

S.Eychmüller

Die offizielle Definition

“Palliative care is an approach that improves the quality of life of patients and their families facing the problem associated with life­threatening illness, through the prevention and relief of suffering by means of early identification and impeccable assessment and treatment of pain and other problems, physical, psychosocial and spiritual.”

WHO 2002

S.Eychmüller

WHO Europe 2011

…. Regardless of resource level, all countries can

implement the four basic components of cancer

control – prevention, early detection, diagnosis

and treatment, and palliative care – and thus avoid

and cure many cancers, as well as palliating

suffering.

S.Eychmüller

Mehr als am Lebensende

Das Terminologieproblem 1 …..Wann…

Palliative Care beginnt/ hat seinen Schwerpunkt bei……

Präterminal Terminal prä- final post……..

t

S.Eychmüller

Das Terminologieproblem Teil 2……

Die Behandlungsintention:

kurativ oder palliativ

K P

Ein Konstrukt ohne Evidenz ?!

Point of no return? Disease trajectories?

S.Eychmüller

Das Terminologieproblem Teil 2……

kurativ

A cure is the end of a medical condition; the

substance or procedure that ends the medical

condition, such as a medication, a surgical

operation, a change in lifestyle, or even a

philosophical mindset that helps end a person's

suffering. It may also refer to the state of being

healed, or cured.

Disease free survival? Remission? R 0?

S.Eychmüller

…und das Ende von „kurativ“ und „palliativ“?

I have a dream

Diagnosis specific

+

Problem based

= Spitzen- Care

S.Eychmüller

Die Themen

• Über die Liebe – und Definitionen

• Über das Leiden

• Über die Evidenz

• Über das Teamwork

• Über die Finanzen

• Über das Ende und den Anfang

S.Eychmüller

Frau G. Tumorprogression eines metastasierenden Gallenblasenkarzinoms ED 04/2012 - Stadium IVB

(Peritonealkarzinose, Omentum majus) - Infiltration des Duodenums mit sekundärer Duodenalstenose

- 18.04.12 CT Abdomen: Cholezystolithiasis mit chronischer Cholezystitis, extrahepatische

Cholestase - 19.04.12 ERCP: Plastikstenteinlage zur biliären Drainage bei Stenose im mittleren DHC

- 25.04.12 ÖGD und obere EUS: Stenose im Bereich Bulbus duodeni, Cholezystolithiasis,

Soorösophagitis, axiale Hiatushernie - 29.04.12 Gastroskopie: Antrumgastritus und Ulkus präpylorisch

- 04.05.12 Revisionslaparotomie, retrokolische Gastroenterostomie, Jejuno-Jejunostomie, Biopsien -

Patho. Uni Bern: Siegelringzelliges Adenokarzinom im Fettgewebe sowie im Peritoneum - 05/12

Einleitung einer Chemotherapie mit Cisplatin und Gemzar - letzte Chemotherapie 07.08.12 - CT

11.08.12: Vd.a. Stentdysfunktion, Zunahme der Cholestase, Vd.a. Tumorprogression im kleinen

Becken

3.St.n. segmentalen Lungenembolien in sämtlichen Lappen (CT 12.06.2012) - unter Fraxiforte

4.Status nach Hepatitis B (anamnestisch 1964)

5.Nebendiagnosen: - C-Gastritis (ED 25.4.2012) - St.n. Soor-Ösophagitis (ED 25.4.2012),aktuell

erneuter enoraler Soor - Axiale Hiatushernie - Arterielle Hypertonie - Dyslipidämie - St. nach

traumatischer Pankreasruptur 1959

Frage: woran leidet diese Patientin?

S.Eychmüller

Frau G – CT- Abdomen/ Becken

S.Eychmüller

Palliative Care bietet Strukturhilfe im Dschungel

S ymptome

E ntscheidungsfindung

N etzwerk- Organisation

S upport Familie etc.

Leitfrage: „What causes most your suffering“ ?

Twycross PallMed 2006

Ziele: „4 S“

• Selbsthilfe

• Selbstbestimmung

• Sicherheit

• Support

S.Eychmüller

Das SENS – Arbeitsblatt als Prompt Sheet

Frau G.

S ymptommanagement

• Welche Probleme/Themen/ Symptome bereiten Ihnen

derzeit oder für die Zukunft am meisten Sorgen?

• Aber auch: welche eigenen guten Erfahrungen haben Sie

bei der Bewältigung dieser Themen/ Probleme/

Herausforderungen/ Symptome bereits gemacht (=

sogenannte Ressourcen)?

S.Eychmüller

Das SENS – Arbeitsblatt als Prompt Sheet

E ntscheidungsfindung/ End of life Vorbereitung

- Was ist Ihnen ganz besonders wichtig? Was möchten Sie

in der kommenden Zeit dringend erleben/ erledigen?

- Welche Ziele möchten Sie mit den (medizinischen)

Massnahmen erreichen?

- Was möchten Sie im Voraus bereits festlegen (bspw. im

Rahmen einer Patientenverfügung)?

- Haben Sie bestimmte Wünsche/ Vorstellungen was mit

Ihnen geschehen/ nicht geschehen soll, wenn Sie darüber

nicht mehr selber entscheiden können (incl. Pflege,

Rituale, Bestattung)?

S.Eychmüller

Das SENS – Arbeitsblatt als Prompt Sheet

N etzwerk

• Wo möchte ich am liebsten sein/ bleiben? Wie sind die

örtlichen Verhältnisse (bspw. Treppen, Zugang zu Bad/

WC etc.)?

• Wenn es zu einer Komplikation/ zu einem Notfall kommen

sollte: was mache ich/ machen wir („Rettungskette“)?

• Welche Alternativen für eine weitere Betreuung (bspw.

Pflegeinstitution) muss ich in Betracht ziehen

S.Eychmüller

Das SENS – Arbeitsblatt als Prompt Sheet

S upport

- Machen Sie sich Sorgen um Ihre Familie/ Angehörigen?

Hat Ihre Familie/ Angeh. ausreichend Unterstützung

(privat, Fachpersonen) ?

S.Eychmüller

Frau G - Versuch Summary

S: Inappetenz, zunehmende Schwäche; Angst vor Sterben

E:solange wie möglich zuhause; keine second line Chemo;

ggf. Stent bei Rektum/ Sigma-Kompression

N:die Tochter in der Nähe; das Haus

S: Support für die Tochter

S.Eychmüller

Das Prompt Sheet ( siehe auch Clayton, Butow 2003, 2010

S.Eychmüller

Spezialisierte Palliative Care ist….

……bio- psycho- social intensive care

S ymptome

E ntscheidungsfindung

N etzwerk- Organisation

S upport Familie etc.

S Medizin, Pflege

E Medizin, Psychologie

N Sozialberatung

S Pflege, Seelsorge, Psych.

SENS strukturiert Teamwork

S.Eychmüller

Dazu braucht es

• Assessment -Tools

• Symptom- Guidelines

• Pathways (bspw. Liverpool Care Pathway for the

dying patient)

• Strukturierte Gesprächsleitfäden („Runder Tisch“)

• Patienten- und Angehörigenschulung/- information

S.Eychmüller

SOLL

Leiden

IST

Calman K C. Journal of medical ethics 1984; 10: 124-127.

Ein wesentliches Assessment – Instrument in der

Palliative Care: der CALMAN - Gap

S.Eychmüller

Symptome in den letzten 4 Lebenswochen

Semionov et al 2012

S.Eychmüller

Palliativspezifische Assessment - Tools

• ECOG/ Karnovski/ Palliative Performance Scale PPS

• ESAS Edmonton Symptom Assessment System

• BPI Brief Pain Inventory

• Distress Thermometer

• DOS Delirium Observation Scale

• SeiQL-DW Individual Quality of life

• Assessment der Prognose

• Assessment der Sterbephase („Diagnosing dying“)

S.Eychmüller

ESAS

Edmonton

Symptom

Assessment

System

S.Eychmüller

Distress

Thermometer

Problembereiche

- praktische

- familiäre

- emotionale

- spirituell/ religiöse

- körperliche

Extrem

belastet

Gar nicht

belastet

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Die Themen

• Über die Liebe – und Definitionen

• Über das Leiden

• Über die Evidenz

• Über das Teamwork

• Über die Finanzen

• Über das Ende und den Anfang

S.Eychmüller

und evidenzbasiert

S.Eychmüller

Temel, Greer et al.,

NEJM. 2010

S.Eychmüller

summary

S.Eychmüller

Kosten: Reden ist gold-wert

S.Eychmüller

• 627 Patienten mit fortgeschrittenem Ca

• Longitudinale Studie „baseline“ bis Tod

• In 31% Diskussionen zum Thema Lebensende

Kosten 35% niedriger als bei Patienten OHNE Diskussion

„The multimillion dollar- conversation“

Arch Intern Med. 2009;169(5):480-488

S.Eychmüller

Je höher die Kosten desto schlechter die quality of death

Zhang et al Arch Intern Med. 2009

S.Eychmüller

Die Themen

• Über die Liebe – und Definitionen

• Über das Leiden

• Über die Evidenz

• Über das Teamwork

• Über die Finanzen

• Über das Ende und den Anfang

S.Eychmüller

Palliative Care -

Eine riesige Chance für Teamwork

„Learning together to work together for health“

WHO 1986

- kompetenzbasiert

- neue Rollendefinition

- gemeindenah

- partnerschaftlich

- Hilfe zur Selbsthilfe

attraktiv

S.Eychmüller

Palliative Care – für wen?

Palliative Care in der Grundversorgung (Patientengruppe A)

Allgemeine Unterstützung:

Freiwillige

Koordination und Vernetzung

Spezialisierte Palliative Care (Patientengruppe B)

Spital

Palliative Care im stationären Akutbereich

Spitäler Inkl. Rehabilitation und Psychiatrie

Palliativ-Konsiliardienst (spitalintern)

Palliativstation/-klinik (mit Spitalstatus)

Langzeit- bereich

Palliative Care im Langzeitbereich

Alters- und Pflegeheime, andere Einrichtungen

Mobiler Pallia-

Stationäres Hospiz (mit Pflegeheimstatus)

Ambulanter Bereich

Palliative Care im ambulanten Bereich (zu Hause)

Niedergelassene (Fach-)Ärztinnen und -Ärzte, spitalexterne Pflege, Ambulatorien

tivdienst (spitalextern, 2. Linie)

Tages-/ Nachtstrukturen

Palliativ-Ambulatorium

Versorgungsstrukturen palliative ch, GDK, BAG 2012

Palliative Care in der

Grundversorgung

(Patientengruppe A)

Spezialisierte

Palliative Care

(Patientengruppe B)

S.Eychmüller

Wann braucht es spezialisierte Palliative Care?

Komplexität

BAG: Indikationskriterien spezialisierte Palliative Care 2011

„Palliative Care Spezialisten sind

Ansprechpersonen in stürmischen Zeiten……“

Instabilität

S.Eychmüller

Was andere Zentren machen

Palliative Care: fester Teil

Nicht nur bei Cancer

Die Insel holt auf: das Palliativzentrum

Angebote Die Station im SWAN Haus

10 Betten

Der Konsiliardienst

Tel: 25040

[email protected]

S.Eychmüller

Palliative Care –

nur sinnvoll in einem lokalen Netz

S.Eychmüller

Die Themen

• Über die Liebe – und Definitionen

• Über das Leiden

• Über die Evidenz

• Über das Teamwork

• Über die Finanzen

• Über das Ende und den Anfang

S.Eychmüller

Betreuung am Lebensende – die Schweiz im

Hintertreffen?

• UK

• Australien

• Neuseeland

• Irland

• …

• Schweiz: Rang 19

Economist Report 2010

Volkswirtschaft-

liche Anreize?

Weniger

betriebswirtschaft-

lich?

S.Eychmüller

Schwerkrank sein:

zwischen Kosten und Sterbehilfe

Anzahl Todesfälle CH (BfS)

S.Eychmüller

WHO demonstration project Catalonia

Palliativnetz

• Zufriedenheit: alle (incl. Familien);

Präventivplanung ausschlaggebend

• Kosten: bis zu 75% niedriger in letzten 6

Lebenswochen (kaum Notfall –

Hospitalisationen)

Was bringt Palliative Care ?

– volkswirtschaftlich sinnvoll

S.Eychmüller

die volkswirtschaftliche Perspektive II

• Leere Spitalbetten: Erfolg?

• Wenig Diagnostik: Erfolg?

• Wenig Notfälle: Erfolg?

• Wenig Spezialisten: Erfolg?

• Viel zuhause

• Viel Eigenverantwortung

• Viel präventive Vorausplanung

• Viel Familie, Freunde, Nachbarschaft

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S.Eychmüller

Was wird bezahlt am Lebensende?

«Spitzen – Care» am Lebensende?

Indikationsqualität medizinischer

Interventionen am Lebensende - mit

gleich langen Spiessen messen:

• ein Stent, eine Chemotherapie oder eine

Radiotherapie wird bezahlt

• Home Care und Palliative Care ?

S.Eychmüller

Nov 2008

Palliative Care = innovativ

Auch für Chronic care?

S.Eychmüller

Palliative Care hat Zukunft

• Vom Hospiz zur akademischen Disziplin

• uralt und modern

• Weit entwickelt in „national health services“ (Anreize für

Netzwerk)

• Wichtigste „Träger“: primary care

• Lehrstühle, internationale Forschungsprojekte; führend:

USA, UK, Canada, Australien

• Fach-Curricula in vielen Ländern

• Zukunft: Interprofessionalität, Verankerung primary care

…und die Schweiz holt auf: die „Nationale Strategie“

S.Eychmüller

Die Themen

• Über die Liebe – und Definitionen

• Über das Leiden

• Über die Evidenz

• Über das Teamwork

• Über die Finanzen

• Über das Ende und den Anfang

S.Eychmüller

Palliative Care:

Vorbereitung nicht erst in letzter Minute

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http://www.pilotlight.org.au/Dying-to-Know

People study for

weeks for a birth

Why not study for a

death?

S.Eychmüller

Dealing with uncertainty in the time of plenty

• Our own feelings: „I‘m not sure, I don‘t know“ – „but I‘ll

work on it“……

• Harness the available evidence: seldom critallize what‘s

best…but will educate us what will harm the patient“

• Teach ourselves how to communicate with patients about

uncertainty…. „….managing one‘s own angst“

Srivastava R. NEJM 2011

Let’s cooperate!

Danke für die

Aufmerksamkeit !