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Leseprobe Manfred Becker-Huberti Palmzweig, Kreuz und Himmelfahrt Christliches Brauchtum in der Fasten- und Osterzeit 32 Seiten, 10 x 15 cm, Klappenbroschur, durchgehend zwei- farbig gestaltet, mit Duplex-Fotos ISBN 9783746248974 Mehr Informationen finden Sie unter st-benno.de Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung von Text und Bildern, auch auszugsweise, ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elekt- ronischen Systemen. © St. Benno Verlag GmbH, Leipzig 2017

Palmzweig, Kreuz & Himmelfahrt - st-benno.de · hart gekochten Ei auf das Grab Christi und mit der roten ... überraschende Witze ein, um die Gläubigen die österliche Freude am

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Leseprobe

Manfred Becker-Huberti

Palmzweig, Kreuz und Himmelfahrt

Christliches Brauchtum in der Fasten- und Osterzeit

32 Seiten, 10 x 15 cm, Klappenbroschur, durchgehend zwei-farbig gestaltet, mit Duplex-FotosISBN 9783746248974

Mehr Informationen finden Sie unter st-benno.de

Alle Rechte vorbehalten. Die Verwendung von Text und Bildern, auch auszugsweise, ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlags urheberrechtswidrig und strafbar. Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigung, Übersetzung oder die Verwendung in elekt-ronischen Systemen.

© St. Benno Verlag GmbH, Leipzig 2017

Christliches Brauchtumin der Fasten- und Osterzeit

Manfred Becker-Huberti

Palmzweig, Kreuz & Himmelfahrt

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Da wurde der Apostel Paulus aber messerscharf und knüp pelhart, als einige der neuen Christen die Auferste-hung anzweifelten. Er konterte: Wenn aber verkündigt wird, dass Christus von den Toten auferweckt worden ist, wie können dann einige von euch sagen: Eine Auferste-hung der Toten gibt es nicht? Wenn es keine Auferste-hung der Toten gibt, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos. (1 Kor 15,12 ff.) Die Auferstehung Jesu, die Vorausset-zung unserer eigenen Auferstehung, ist der Kernpunkt des christlichen Glaubens. Und deshalb ist auch das Ge-dächtnis daran die Mitte des christlichen Festjahres.Ostern feiern die Katholiken und die Protestanten am Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond. Von dem genauen Termin abhängig sind u. a. der Aschermittwoch, die Fastenzeit, der Weiße Sonntag, Christi Himmelfahrt und Pfingsten. Nach vierzig Tagen der Vorbereitung, in der auch das Leiden, Sterben und der Tod Christi be-dacht werden, folgt der Triumph des Lebens über den Tod, die Versöhnung mit Gott. Diese Phase des Festjahres ist reich an Brauchtum, das von der Asche über die Osterkerze, dem Plapperwasser und die Ostereier bis zum Pfingstochsen und Winterver-

unseres GlaubensDie Mitte brennen reicht. Brauchtum lebt und gebiert ständig

Neues: Das Osterlamm ist vielen nicht mehr im Gedächt-nis, der Osterhase scheint zu dominieren. Ein wenig Information tut deshalb gut. Wir sollten uns daran erinnern, was wir feiern und wie wir es tun. Wer seine eigene Geschichte nicht immer wieder in die Ge-genwart holt, hat keine Zukunft. Dazu will Ihnen dieses kleine Buch helfen.

Manfred Becker-Huberti

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Seit dem 6. Jahrhundert bildet der Mittwoch vor dem 6. Sonntag vor Ostern („Invocabit“) den Auftakt zur österlichen Fastenzeit. Asche als reales Symbol für die Vergänglichkeit und Bußgesinnung war im gesamten Orient zu Hause, natür-

lich auch in Israel. Am Aschermittwoch be-gann in der frühen Kirche die öffentliche (Kirchen-)Buße, an dem die Büßer ein Buß- gewand anlegten und mit Asche bestreut wurden. Als die öffentliche Buße außer Ge-

brauch kam (10. Jh.), übertrug sich die Aschesymbolik auf alle Gläubigen (Synode von Benevent 1091). Asche-segnungen im Christentum lassen sich deshalb bis min-destens zum 10. Jahrhundert zurückverfolgen. Das Aschenkreuz auf der Stirn der Gläubigen versinn-bildlicht den Anbruch der Bußzeit und des Fastens. Bei der Austeilung spricht der Priester traditionell die Worte: „Bedenke, Mensch, dass Du Staub bist und wie-der zum Staub zurückkehren wirst“ (vgl. Gen 3,19) und erinnert damit an Jesus Sirach 17,32, wo die Menschen als „nur Staub und Asche“ definiert werden. Die Asche des Aschermittwochs wird seit dem 12. Jahrhundert aus den am Palmsonntag übrig gebliebenen Palmzweigen des Vorjahres gewonnen.

in sack unD asche –

ascherMittwoch

Mancherorts hieß der Aschermittwoch auch Pfeffertag, weil Langschläfer mit grünen Ruten aus den Federn „gepfeffert“ wurden. Andernorts gab es den Aschermitt-wochstreich: Kinder besuchten ihre Paten, gaben ihnen ein paar Streiche mit einer grünen Rute und erhielten dafür Brezeln. Statt eines grünen Reis konnten auch bändergeschmückte Tannenzweige (Sachsen), Birken-reise (Harz, Mecklenburg) benutzt werden. Im Raum von Hannover pfefferten die jungen Burschen und war-fen Asche. Wacholder- und Fichtenzweige wurden in Norddeutschland benutzt, wo dieser Brauch Fuen hieß. Hier wurden die Langschläfer gepfeffert, bis sie sich mit Lebensmittelspenden freikauften.

ein ganz

besonderer

segen

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das Fastengebot sind alle, die das 18. Lebensjahr voll-endet haben, bis zum Beginn des 60. Lebensjahres ge-bunden. Die Deutsche Bischofskonferenz hat diese Regelung 1978 bestätigt. Ungleich stren-ger als heute waren die Fastenregeln im Mittelalter: Nicht nur Fleisch und Fett wa-ren verboten, auch alle Milchprodukte wie Milch, Butter, Käse und auch Eier, die als „flüssiges Fleisch“ galten. Die defizitäre kulinarische Lage in der Fastenzeit hat immer die Fan-tasie der Menschen angeregt, darüber nachzudenken, wie man diese Phase ohne Höhepunkte an Küchenereig-nissen dennoch erträglich werden lassen konnte. Dass in mittelalterlichen Klöstern Gans und Biber zu „Was-sertieren“ gleich Fischen und damit zur erlaubten Fas-tenspeise gemacht wurden, scheint eine unausrottbare Fama zu sein. Starkbier als Fastengetränk war aber in Klöstern normal, weil Bier das einzige Getränk des Mit-telalters für einfache Leute war. Bekannt sind zahlrei-che scheinbare Fleischgerichte, die aus Fisch herge-stellt wurden, z. B. Würstchen aus Fisch, so raffiniert gewürzt, dass sie wie Schweinswürstchen schmeckten. Immer wieder mussten die Gläubigen daran erinnert werden, dass es nicht auf die Buchstaben (der Fasten-gebote) ankam, sondern auf den Geist, dass Fasten kein Selbstzweck ist, sondern eine disziplinarische Übung, ein Verzicht, der die Sinne frei macht für neue religiöse Erfahrungen.

Vasten ist ein mittelalterliches Wort, das (fest-)halten, beobachten, bewachen bedeutet. Seine asketische Aus-deutung im Sinne von Enthaltsamkeit scheint erst mit der Bedeutung von „an den Fastengeboten festhalten“ verbunden gewesen zu sein, um sich dann ab dem 5. Jahrhundert auszubreiten. Es entstanden das Fasten als spirituelle Haltung und die Fasten als Fastenzeit. Weil Jesus vor Beginn seines öffentlichen Wirkens 40 Tage gefastet hatte (Mt 4,2), wurde sein Fasten zum Maß des vorösterlichen Fastens. Die österliche Fasten-zeit dauert von Aschermittwoch bis zur Ostermette. In ihr gelten die Regeln des Fastens: lediglich eine volle Mahlzeit pro Tag und zwei Mal ein kleiner Imbiss. An

Die Fastenzeit

liturGische Diät? –

Der Mensch

lebt nicht

vom brot allein.

1918

sich auch auf den Gräbern ein Weihwasserbehältnis. Be-sucher segnen mithilfe eines kleinen Palmbuschs das Grab. Nicht nur das gesegnete Taufwasser spielt zu Os-tern eine Rolle. Ganz allgemein hat Wasser in der Oster-nacht eine besondere Bedeutung: Ihm wird Heil- und Segenskraft zugesprochen, es fördert Gesundheit und Schönheit. In der Nacht vom Samstag zum Ostersonn-tag gingen junge Mädchen schweigend und in aller Heimlichkeit an den Fluss, um Wasser zu holen. Das Wasser brachten sie in Tonkrügen nach Hause. Auch da-bei durften sie kein Wort sprechen – sonst hätte das Wasser all seine heilenden Eigenschaften verloren und wäre nur noch „Plapperwasser“ gewesen. Natürlich ver-suchten junge Burschen die Mädchen zum Reden oder Lachen zu bringen.

eine besonDere nacht –

karsaMstaG

Mit dem Osterfeuer vor der Kirche beginnt die Feier der Osternacht, der „nox sacratissima“. Am geweihten Oster-feuer entzündet, wird die Osterkerze in die Kirche getra-gen. Sie symbolisiert den auferstandenen Christus, der das „Licht der Welt“ ist. Auf der Osterkerze werden durch fünf rote Wachsstücke die Wunden Jesu in Kreuzform angebracht sowie die Jahreszahl. In vielen Gemeinden ist es üblich, dass auch die Gläubigen Kerzen in die Kir-che tragen, die von den Ministranten entzündet werden. Mancherorts entzünden die Gottesdienstbesucher ihre Lichter auch selbst an der großen Osterkerze und geben die Flamme untereinander weiter. Nach der Messe neh-men sie diese Kerzen mit nach Hause, wo sie einen Ehren platz erhalten. An manchen Orten veranstalten die Menschen Osterfeuer auch außerhalb des Gottesdiens-tes, meist auf Bergen. Die Feuerräder, die man die Berge hinablaufen lässt, bringen das Licht, das man auf dem Berg zuerst sieht, in das Tal, zu den Menschen. Als Osterwasser wird das in der Kirche gesegnete Tauf-wasser bezeichnet, das die Gläubigen in kleine Gefäße abfüllen und mit nach Hause nehmen. Das Osterwasser dient dazu, das ganze Jahr über die Weihwasserbecken im Haus zu füllen. Vor allem in Süddeutschland findet

christus ist

das licht

der welt

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osternläMMer, hasen unD eier –

Im Mittelalter wurden die in der Karwoche eingesam-melten Eier durch Kochen haltbar gemacht. Dann be-malte oder beklebte man sie und machte sie so zu sym-bolischen Geschenken, eben zu Schenk- oder Oster eiern. Das Verschenken von Eiern von Christen zu Ostern lässt sich für die ersten christlichen Jahrhunderte bereits in Armenien nachweisen. Der Urtyp des christlichen Oster-eies, schon vor dem Schisma von 1054 in der Ost- und der Westkirche präsent, verweist mit dem kalten und hart gekochten Ei auf das Grab Christi und mit der roten Farbe auf das vergossene Blut des auf-erstandenen Christus. Die Christen sa-hen im Ei die Auferstehung Christi und die Auferstehungshoffnung der Menschen symbolisiert. Es steht für das neue Leben, das den Tod – die wie tot ausse-hende harte Eierschale – im-mer wieder durchbricht, so wie Jesus Christus Tod und Grab besiegte. Im süddeutschen Raum werden zu Ostern die Brunnen gereinigt

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Im Mittelalter gehörte zur Osterfreude ganz selbst-verständlich das „Oster-gelächter“ (risus pascha-lis) dazu. Der Prediger flocht in seine Festan-sprache Scherze und überraschende Witze ein, um die Gläubigen die österliche Freude am eigenen Leib aktiv erleben zu lassen. Nicht nur die Reforma-toren, sondern auch die innerkirchlichen Kritiker hatten an den „liturgi-schen Einlagen“ dieser volkhaften Art und den dann damit verbundenen klamaukhaften Auswüchsen wenig Freude. Im 16. und 17. Jahrhundert wurde das Ostermärlein verboten. Das Ostergelächter wurde immer seltener. Spätestens im 18. Jahrhundert war es untergegangen.

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auf den österlichen Frühstückstisch. Evangelische Chris-ten wollten aber nicht auf die schönen bunten Schenk-eier verzichten. Sie versteckten darum Eier im Garten und ließen die Kinder danach suchen. Ver-steckt hatte sie bei ihnen ein Hase – der Osterhase. Bis in das 19. Jahrhundert waren der Osterhase und das Eierverste-cken durch ihn typisch „evangelisch“. Drei Phänomene haben die Ausbreitung des Osterhasen beflügelt: die Süßwaren industrie, Kin-derbücher und Postkarten. 1932 hatte der Hase die Konfessionsgrenzen überschritten. In Tirol spricht man daneben von der Ostereier legenden „Osterhenne“. In Oberbayern, Österreich, Thüringen und Schleswig-Hol-stein war es der Hahn, in Hannover der Fuchs, an der holländischen Grenze der Ostervogel oder Kranich. In Thüringen heißt es, der Storch sei es ge wesen. In man-chen Gegenden der Schweiz bringt der Kuckuck die Os-tereier. Bemerkenswert ist beim Oster hasen und seinem Ostereierverstecken, ein „Brauch ohne Glauben“, dass die Geschenk figur „Osterhase“ genauso auftritt, wie es durch die Nikolauslegende der Geschenkfigur des heili-gen Nikolaus vorgegeben war und von dort schon auf das „Christkind“ und den säkularen „Weih nachtsmann“ übertragen worden war: Heimlich und unerkannt wurde geschenkt. Auch bei den Ostereiern traf man nie den Osterhasen an, eventuell hatte man gerade noch etwas davonhuschen gesehen.

und festlich geschmückt mit Girlanden, oft mit ausge-blasenen bunten Eiern als Fruchtbarkeitssymbol verse-hen, und Birkengrün. In einigen Gegenden umkränzte man den Brunnenrand früher mit Moos und versteckte in Moosnestern Eier, aus denen ein großer Kuchen ge-backen wurde. Heutzutage ist der „Osterhase“ geradezu das „Symbol-tier für Ostern“ geworden. Der Osterhase, der Geschenke bringt, ist von evangelischen Christen erfunden worden. Bei den Katholiken kamen die Eier im Eierkörbchen ge-segnet aus der Kirche. Weil Eier als „flüssiges Fleisch“ galten, waren sie in der Fastenzeit, in der es kein Fleisch zu essen gab, bei Katholiken nicht auf dem Tisch. Protes-tanten hielten aber keine Fastenzeit. Bei ihnen stauten sich also auch keine Eier auf, weil sie in der Fastenzeit Eier essen durften. Weil die Katholiken nach dem Ende der Fastenzeit zu Ostern wieder Eier essen durften, lie-ßen sie die Eier in der Kirche segnen und stellten sie so

ein evangelischer

brauch setzt

sich durch

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textnachweis: Die Texte dieses Heftes wurden teilweise entnommen aus:Manfred Becker-Huberti, Das Brauchtum im Kirchenjahr – Entstehung, Bedeutung, Tradition © St. Benno Verlag, Leipzig 2009

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