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36 TOUR 4-2017 4-2017 TOUR 37 Leidenschaft, Schönheit, Technik – gelingt es italienischen Herstellern, diesen Dreiklang ihrer ruhmreichen Geschichte immer noch zum Klingen zu bringen? Vorhang auf für die brandneuen Stars von Pinarello, Wilier und Basso, im großen TOUR-Test in Windkanal, Labor und auf der Straße KURZ & KNAPP PASSIONE! BELLEZZA! TECNOLOGIA! Die drei Räder in diesem Test stehen für eine kleine Renaissance des italienischen Rennrad- baus. Klein, weil die Zahl italienischer Marken, die Rennräder auf Top- Niveau bauen können, inzwischen überschaubar ist. Gerne hätten wir noch mehr italienische Rennräder gezeigt, doch aus verschiedenen Grün- den konnten oder woll- ten andere Marken nicht teilnehmen. Trotzdem geht von den überzeu- genden Testergebnissen der drei Räder ein star- kes Signal aus. Schön waren Italo-Renner oft. Dass einige von ihnen wieder zur technischen Spitze zählen, macht den Rennradmarkt vielfälti- ger. Wir wünschen uns mehr davon. Viva Italia! TEXT Manuel Jekel FOTOS Matthias Borchers Markus Greber Schuld ist – die Globalisierung. Früher, in den 1970er- und 80er-Jahren, da beherrsch- ten italienische Hersteller den Rennrad- markt, wie man das heute in ähnlicher Form höchstens von amerikanischen Software- und IT-Unternehmen kennt. Ein Rennrad, das nicht aus Italien kam, war damals quasi per Definition zweitklassig. Auslöser des Niedergangs der einst so stol- zen Branche war der Aufschwung des Mountainbikes in den 1980er-Jahren. Der Bike-Boom veränderte den Fahrradmarkt grundlegend und machte Marken wie Trek, Specialized und Giant groß, die heute den globalen Fahrradmarkt dominieren. Gegen deren Innovationskraft und geballte Marke- ting-Power gerieten viele kleine und mittel- ständische Rahmenbaubetriebe in Italien erst ins Hintertreffen und dann leider allzu oft unter die Räder. Nicht mehr als eine gute Handvoll italienischer Firmen spielt auf dem Rennradmarkt heute noch eine nennenswerte Rolle. PINARELLO – ERFOLGREICH MIT LUXUS Dafür stehen diejenigen, die die Krise über- lebten, heute mitunter besser da denn je. Das bekannteste Beispiel dafür, dass aus Italien immer noch bemerkenswerte Rennräder kommen, liefert Pinarello. Das Familien- unternehmen aus Villorba bei Venedig zählt vermutlich sogar zu den profitabelsten Her- stellern überhaupt in der Rennradwelt. Mit rund 40 Mitarbeitern verkauft Pinarello eine mittlere fünfstellige Anzahl an Rennrädern pro Jahr. Das Erstaunliche dabei: Der weit- aus größte Teil sind sündteure High-End- Modelle, für die solvente Fans, ohne mit der Wimper zu zucken, fünfstellige Euro-Preise zahlen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der europäische Markt mit Ausnahme von Italien und Großbritannien für Pinarello heute nur noch eine kleine Rolle spielt. Der wichtigste Markt ist inzwischen Ostasien, wo italienische Luxusmarken generell sehr begehrt sind. Dazu passt, dass der weltgrößte Konzern für Luxusmarken, das US-amerika- nische Investment-Unternehmen L. Catter- ton, dem unter anderem die Marken Louis Vuitton und diverse Champagner-Marken gehören, im Dezember 2016 die Übernahme von Pinarello verkündete. Dass Pinarello einmal für einen Investor wie Catterton attraktiv sein könnte, war vor zehn Jahren kaum absehbar. Wie bei vielen Renn- radherstellern basierte der Erfolg der Marke S TEST Italienische Rennräder Die Widerstandskurven der drei Räder und weitere Detailfotos finden Sie auf WWW.TOUR-MAGAZIN.DE Webcode #44099

PASSIONE! BELLEZZA! TECNOLOGIA! - Wilier Triestina · TECNOLOGIA! Die drei Räder in diesem Test stehen für eine kleine Renaissance des italienischen Rennrad-baus. Klein, weil die

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Page 1: PASSIONE! BELLEZZA! TECNOLOGIA! - Wilier Triestina · TECNOLOGIA! Die drei Räder in diesem Test stehen für eine kleine Renaissance des italienischen Rennrad-baus. Klein, weil die

36 TOUR 4-2017 4-2017 TOUR 37

Leidenschaft, Schönheit, Technik – gelingt es italienischen Herstellern, diesen Dreiklang ihrer ruhmreichen Geschichte immer noch zum Klingen zu bringen? Vorhang auf für die brandneuen Stars von Pinarello, Wilier und Basso, im großen TOUR-Test in Windkanal, Labor und auf der Straße

KURZ & KNAPP

PASSIONE! BELLEZZA!

TECNOLOGIA!

Die drei Räder in diesem Test stehen für eine

kleine Renaissance des italienischen Rennrad-

baus. Klein, weil die Zahl italienischer Marken, die

Rennräder auf Top- Niveau bauen können,

inzwischen überschaubar ist. Gerne hätten wir

noch mehr italienische Rennräder gezeigt, doch aus verschiedenen Grün-den konnten oder woll-ten andere Marken nicht

teilnehmen. Trotzdem geht von den überzeu-

genden Testergebnissen der drei Räder ein star-kes Signal aus. Schön

waren Italo-Renner oft. Dass einige von ihnen

wieder zur technischen Spitze zählen, macht den Rennradmarkt vielfälti-ger. Wir wünschen uns

mehr davon. Viva Italia!

TEXT

Manuel Jekel

FOTOS

Matthias BorchersMarkus Greber

Schuld ist – die Globalisierung. Früher, in den 1970er- und 80er-Jahren, da beherrsch-ten italienische Hersteller den Rennrad-markt, wie man das heute in ähnlicher Form höchstens von amerikanischen Software- und IT-Unternehmen kennt. Ein Rennrad, das nicht aus Italien kam, war damals quasi per Definition zweitklassig.Auslöser des Niedergangs der einst so stol-zen Branche war der Aufschwung des Mountainbikes in den 1980er-Jahren. Der Bike-Boom veränderte den Fahrradmarkt grundlegend und machte Marken wie Trek, Specialized und Giant groß, die heute den globalen Fahrradmarkt dominieren. Gegen deren Innovationskraft und geballte Marke-ting-Power gerieten viele kleine und mittel-ständische Rahmenbaubetriebe in Italien erst ins Hintertreffen und dann leider allzu oft unter die Räder. Nicht mehr als eine gute Handvoll italienischer Firmen spielt auf dem Rennradmarkt heute noch eine nennenswerte Rolle.

PINARELLO – ERFOLGREICH MIT LUXUSDafür stehen diejenigen, die die Krise über-lebten, heute mitunter besser da denn je. Das bekannteste Beispiel dafür, dass aus Italien immer noch bemerkenswerte Rennräder kommen, liefert Pinarello. Das Familien-unternehmen aus Villorba bei Venedig zählt vermutlich sogar zu den profitabelsten Her-stellern überhaupt in der Rennradwelt. Mit rund 40 Mitarbeitern verkauft Pinarello eine mittlere fünfstellige Anzahl an Rennrädern pro Jahr. Das Erstaunliche dabei: Der weit-aus größte Teil sind sündteure High-End- Modelle, für die solvente Fans, ohne mit der Wimper zu zucken, fünfstellige Euro-Preise zahlen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der europäische Markt mit Ausnahme von Italien und Großbritannien für Pinarello heute nur noch eine kleine Rolle spielt. Der wichtigste Markt ist inzwischen Ostasien, wo italienische Luxusmarken generell sehr begehrt sind. Dazu passt, dass der weltgrößte Konzern für Luxusmarken, das US-amerika-nische Investment-Unternehmen L. Catter-ton, dem unter anderem die Marken Louis Vuitton und diverse Champagner-Marken gehören, im Dezember 2016 die Übernahme von Pinarello verkündete.Dass Pinarello einmal für einen Investor wie Catterton attraktiv sein könnte, war vor zehn Jahren kaum absehbar. Wie bei vielen Renn-radherstellern basierte der Erfolg der Marke

STEST

Italienische

Rennräder

Die Widerstandskurven der drei Räder

und weitere Detailfotos finden Sie auf

WWW.TOUR-MAGAZIN.DE

Webcode #44099

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4-2017 TOUR 39

Auch Wilier hielt lange an der Idee fest, selbst Rahmen zu fertigen. Das war noch so, als Anfang der 2000er-Jahre die Nachfrage nach Carbonrahmen durch die Decke ging. „Die damaligen Rahmen genügten aber nicht den Anforderungen des Marktes und versagten in Tests“, gibt Andrea Gastaldello heute zu. Der eigentliche Anstoß für Wilier, die Rah-menproduktion schließlich nach China zu verlagern, kam jedoch aus Deutschland. 2003 und 2004 rüstete Wilier das Team Gerolsteiner aus. Dessen Teamchef Hans- Michael Holczer forderte für seine Fahrer damals ein Rennrad, das qualitativ mit der Referenz jener Jahre, dem CR1 von Scott, mithalten konnte. Der CR1 war 2003 der erste Carbonrahmen, der bei guten Steifig-keitswerten weniger als 1.000 Gramm wog. Weil in Europa kein Hersteller Rahmen auf diesem Niveau bauen konnte, wandte sich Wilier an einen chinesischen Produzenten. Nur sechs Monate später kam das Modell Le Roi auf den Markt, das technisch nah an den CR1 heranreichte.Wie für fast alle bekannten italienischen Rennradmarken ist für Wilier das Engage-ment im Profiradsport unverzichtbar. Bis 2013 rüstete man das Lampre-Team aus. Dann zogen die Gastaldellos allerdings die Notbremse, weil das Sponsoring für ein mit-telständisches Unternehmen mit 45 Mitar-beitern zu teuer wurde. „Im Jahr nach dem Ausstieg bei Lampre ging unser Umsatz et-was zurück. Dafür stieg der Gewinn“, sagt Gastaldello heute. Das eingesparte Geld in-vestierte Wilier teils in die Produktentwick-lung, teils ins Unternehmen. Ende 2016

und Chris Froome brauchen, um Rennen wie die Tour de France zu gewinnen. Dass Pinarello technisch weitaus größeren Konkurrenten wie Giant, Trek oder Specialized Paroli bieten kann, ist nur möglich, weil Fausto Pinarello ein begnadeter Netzwerker ist. So fädelte er eine Koope-ration mit dem britischen Autohersteller Jaguar ein. Weil Jaguar-Ingenieure die aerodynamischen Berechnungen der jüngsten Top-Modelle durchführten, zog Pinarello in Sachen Aerodynamik in kürzester Zeit mit Radher-stellern gleich, die sich schon deutlich länger mit dem komplexen Thema befassen. Als TOUR im Juli 2016 den ersten Windkanaltest des Dogma F8 durchführte, war das Ergebnis eine kleine Sensation. Obwohl kein explizites Aero-Modell, erwies es sich als eines der schnellsten Räder, die TOUR bisher gemessen hat. Entsprechend hoch waren die Erwartun-gen an das im Januar vorgestellte neue Dogma F10, das TOUR als erstes Magazin im Windkanal testen durfte.

WILIER – NEUE ENTWICKLUNGSIMPULSE Von Villorba sind es rund 40 Kilometer nach Rossano Veneto, dem Sitz von Wilier. Wie Pinarello zählt das Familienunternehmen, das in dritter Generation von den Brüdern Andrea, Enrico und Michele Gastaldello geleitet wird, zu den Firmen, die gestärkt aus der Krise der italienischen Fahrradindustrie hervorgegangen sind.

weihte die Firma einen modernen Anbau für die Logistik ein. Modelle wie der Aero-Renner Cento 10Air, dessen Modellname das 110-jährige Bestehen der Marke feiert, sind deutlich eigenständiger als früher und technisch auf einer Höhe mit Modellen der großen Wettbewerber. So ergibt sich die paradoxe Situation, dass Wilier heute bessere Räder baut als je zuvor, mit dem Team Wilier- Selle-Italia aber nur einen kleinen Rennstall ausrüstet. Gastaldello deutet allerdings an, dass spätestens in drei Jahren wieder ein World-Tour-Team auf seinen Renn-rädern fahren soll.

BASSO – AUSSENSEITER AUS PRINZIPDas teure Engagement als Ausrüster eines großen Profi- Teams stand für Alcide Basso nur einmal kurz zur De-batte. 1993 überlegte er, beim damals neu gegründeten Team Telekom einzusteigen. Der Plan zerschlug sich je-doch, was seiner Marke aber nicht schadete. Unter den italienischen Rennradbauern ist Basso in mehrfacher Hinsicht ein Außenseiter. Im eigenen Land ist die Marke vergleichsweise unbedeutend. Gerade zwei Prozent des Umsatzes macht die Firma aus Maser bei Bassano del Grappa in Italien. Wichtigster Markt für Basso ist seit 1977, dem Gründungsjahr der Marke, Deutschland. Im Gegensatz zu allen anderen italienischen Marken lief das Geschäft hierzulande für Basso immer stabil. Erfolgs-garanten waren dabei auch eine treue Händlerschaft und ein zuverlässiger Importeur.Dass Basso, anders als Pinarello und Wilier, nie ein gro-ßes Profi-Team sponserte, lässt sich als Ausdruck von Understatement werten. Wie sehr diese Zurückhaltung das Unternehmen prägt, macht eine andere Tatsache aber noch besser deutlich. Nach unserer Kenntnis ist Basso der größte Hersteller von in Monocoque-Bauweise gefertigten Carbonrahmen in Europa. Schon Ende der 1980er-Jahre ging Alcide Basso ein Joint Venture mit ei-nem Spezialisten für Verbundwerkstoffe in Vicenza ein. Den Namen des Herstellers, an dem Basso eine Minder-heitsbeteiligung hält, möchte Alcide Basso allerdings mit Rücksicht auf die Kunden, für die das Unternehmen

BASSO DIAMANTE SV

Carbonstütze mit U-Pro-fil; das ausgeklügelte Klemmsystem mit Elastomer-Einsatz ist materialschonend, dämpft Vibrationen und vermeidet Kratzer

BASSO DIAMANTE SV

Der Diamante SV ist für Direct-Mount-Felgen-bremsen ausgelegt (oben links). Ein Aufbau mit Shimanos neuer Dura-Ace-Gruppe ist da fast zwingend

PINARELLO DOGMA F10

Tretlager mit einge-schraubten Lagern erleben derzeit ein Comeback. Kein Lager typ ist leichter zu warten, Pinarello wich nie davon ab. Die Verlängerungen an den Ausfallenden der Gabel (links) sind aero-dynamische Hilfsmittel

PINARELLO DOGMA F10

Nur für Rennfahrer: Der integrierte Vorbau misst

stolze 130 Millimeter, der Lenker greift sich

ansonsten hervorragend

BASSO DIAMANTE SV

Komfort-Kit nennt sich der Aufsatz auf dem Steuerrohr, der zugleich als Sitz des oberen Lenklagers dient. Lässt man ihn weg, wandern Vorbau und Lager 20 Millimeter tiefer

lange Zeit vor allem auf Erfolgen im Profiradsport. Zwi-schen 1988 und 1997 gewannen Stars wie Pedro Delgado, Miguel Induraín, Bjarne Riis und Jan Ullrich achtmal auf Pinarello die Tour de France und zementierten so das Image einer Siegermarke. Technisch verpasste die Firma aber spätestens um die Jahrtausendwende den Anschluss. Als damals die Carbon-Welle im Rennradbau ins Rollen kam, suchte Pinarello gegen den Trend den Erfolg zunächst mit Rahmen aus Magnesium. Als sich der Sonderweg als Irrweg herausstellte, vollzog Firmen-chef Fausto Pinarello eine radikale Wende. Ab 2006 verlagerte er die Rahmenproduktion nach China und Taiwan. Von dort werden heute alle Pinarello-Rahmen importiert. Die eigentliche Wertschöpfung findet im Werk in Villorba statt, das eine der modernsten Lackier-anlagen der Fahrradindustrie beherbergt.Während Pinarello die Marke damals quasi neu erfand, blieb beim Engagement im Profi-Radsport in gewissem Sinn alles beim Alten. 2012 wurde die Firma Ausrüster des britischen Team Sky, das seitdem die Tour de France dominiert. Der hohe siebenstellige Betrag, den Pinarello dafür jedes Jahr aufbringt, scheint gerade mit Blick auf die asiatischen Märkte gut investiert, denn dort verkau-fen sich Rennräder nach wie vor stark über das Marken- Image. Zudem kann Pinarello inzwischen auch wieder die Rennräder liefern, die Fahrer wie Bradley Wiggins

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40 TOUR 4-2017 4-2017 TOUR 41

noch arbeitet, geheim halten. Es handelt sich vor allem um bekannte Firmen aus der italie-nischen Motorsport- und Autobranche, die dort hochkomplexe Spezialteile fertigen lassen, darunter Motorblöcke aus Carbon für Rallye-Autos sowie Fahrwerksteile für Formel- Eins-Rennwagen und Moto-GP- Motorräder. In dem Werk, das TOUR als erstes Magazin besuchen durfte, fertigt Basso derzeit die Rahmen der drei Modelle Diamante SV, Diamante und Astra.Nun wäre die Produktion in Italien alleine wenig wert, wären die Modelle nicht sowohl technisch wie preislich konkurrenzfähig. Auch hier gelingt Basso Erstaunliches. Nicht nur, dass sich das Top-Modell Diamante SV als technisch sehr guter und nebenbei bild-schöner Carbonrenner erweist. Auch beim Preis liegt das Rad, wenn man vergleichbar ausgestattete Modelle anderer Marken her-anzieht, eher unter den Erwartungen. Wobei sich Basso auch nicht unter Wert verkauft. Einsteiger- oder Mittelklasseräder mit dem Siegel „Made in Italy“ bietet die Marke nicht an. Passione, Bellezza und Tecnologia gibt’s dann eben doch nicht zum Sparpreis.

1,9Info www.bassobikes.comFachhandel

Gewicht Rahmen/Gabel/Steuersatz 1.095/400/68 GrammRahmengrößen* 45, 48, 51, 53, 56, 58, 61 cmSitz-/Ober-/Steuerrohr 560/555/167 mm Stack/Reach/STR 560/393 mm/1,42; mit Komfort-Kit 580/387 mm/1,50

AUSSTATTUNGAntrieb Shimano Dura-Ace (53/39 Z., Pressfit) Bremsen Shimano Dura-Ace (Direct-Mount)Schaltung Shimano Dura-AceLaufräder/Gewichte Microtech M150 (v./h.: 1.090/1.486 Gramm) Reifen Michelin Pro 4, vorne 23, hinten 25 mm

+

fahrstabil, guter Federkomfort am Sattel, weites Spektrum an Sitz-positionen, großartig verarbeitet

aerodynamisch mäßige Laufräder

träge neutral wendig

Lenkverhalten ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● aufrecht gestreckt

Sitzposition ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●

SCHALTEN

KOMFORT

AERODYNAMIK

BREMSEN

12345

ANTRITT

BERGAB

STÄRKEN UND SCHWÄCHEN

WILIER CENTO10AIR

Alabarda – „Hellebarde“ – nennt Wilier die Lenker-Vorbau-Einheit. Die Kabel der Di2-Schaltung bleiben komplett unsichtbar

WILIER CENTO10AIR

Die Lenker-Vorbau-Ein-heit macht die Positions-findung komplizierter. Dank geschlitzter Distanzstücke muss das Rad dafür aber nicht zerlegt werden

WILIER CENTO10AIR

Das Modul im Unterrohr ersetzt die Verteilerbox der alten

Dura-Ace Di2. Hier sitzen der Anschluss fürs Ladegerät und die

Feinjustierung der Schaltung

Der 2016 präsentierte Diamante SV rangiert als Bassos Top-Modell neben dem klassi-schen Diamante mit runden Rohren. „SV“ steht für Super Veloce (italienisch für super-schnell). Hinweis darauf, dass das Design aerodynamischen Erkenntnissen folgt. Basso setzt dabei auf Kammtail-Profile, deren Querschnitt an einen Tropfen mit abge-schnittener Spitze erinnert. Diese Form bringt nach heutigem Stand Aerodynamik, Leichtbau und Steifigkeit am besten unter einen Hut. Im Windkanal gelingt dem Rad mit Eigenmarken-Laufrädern und 50 Milli-meter hohen Carbonfelgen ein solides Ergeb-nis (220,2 Watt bei 45 km/h). Schnelle Lauf-räder à la Zipp 404 bringen noch mal einen Schub um gut 6 Watt; damit schließt der Diamante SV zu Aero-Spezialisten auf. Die übrigen Messwerte liegen durchweg auf ho-hem Niveau. Ein herausragendes Rad ist der Diamante SV aber vor allem wegen seiner gleichermaßen individuellen wie konstruktiv anspruchsvollen Details, die bei einem klei-nen Hersteller wie Basso umso mehr impo-nieren. Die Lenkerhöhe lässt sich nicht nur mit den Distanzringen sondern auch über das so genannte Komfort-Kit um 20 Milli-meter in der Höhe variieren. Der smarte Aufsatz auf dem Steuerrohr dient zugleich

als Sitz für das obere Lenklager, was in Ver-bindung mit einer höheren Lenkerposition theoretisch die Fahrstabilität fördert (in der Praxis hat das Rad damit aber so oder so kein Problem). Ohne Komfort-Kit wandert das Lager 20 Millimeter nach unten ins Steu-errohr. Zum System gehört neben formal passenden Distanzringen ein formschlüssig anschließender Vorbau. Die aufwendige Lösung ist keine zweckfreie Schau für die Galerie, sondern immens praktisch, da der Rahmen ein relativ breites Spektrum von Sitzpositionen abdeckt, das von einer aus-geprägten Wettkampfposition bis zu einer gemäßigten Komfortgeometrie reicht. Ähn-lich raffiniert ist die Klemmung der Sattel-stütze. Die Carbonstütze mit U-förmigem Querschnitt sitzt in einem Elastomer-Ein-satz, der sie nicht nur vor Kratzern bewahrt, sondern zur guten Vibrationsdämpfung des Rades beiträgt. In puncto Fahrkomfort ist das Rad den Konkurrenten von Wilier und Pinarello klar voraus. Angesichts des hohen Aufwandes, bei dem die perfekt ausgeführte Lackierung nicht zu vergessen ist, erscheint der Preis von 8.240 Euro inklusive der me-chanischen Dura-Ace-Gruppe angemessen. Das Rahmen-Set schlägt mit 4.143 Euro in-klusive Vorbau und Sattelstütze zu Buche.

VIELSEITIG & DETAILSTARK

DIE ERGEBNISSE IM ÜBERBLICK

Gewicht K

omplettrad, G

ramm

Luftwiderst

and, Watt

Lenkkopfsteifig

keit, Nm/°

Seitenste

ifigkeit G

abel, N/m

m

Federhärte Satte

lstütze

, N/m

m

Tretla

gersteifig

keit, N/m

m

Schalten

Bremsen

Reifen

Garantie/Service

*

TOUR-Note

Prozentanteil an der Gesamtnote

* Garantie in Jahren, LL=lebenslang, CR=Crash Replacement, RA=Rennausschluss

SO LESEN SIE DIE TEST-GRAFIK

ANTRITT

BERGABSCHALTEN

KOMFORT

AERODYNAMIK

BREMSEN

12345

STÄRKEN UND SCHWÄCHEN

Gewicht, Steifigkeit ge-samt, Trägheit Laufräder

Messwerte plus Gesamteindruck

Bremseindruck des Komplettrades

Fahrstabilität Rahmen/Gabel plus Komponenten bei hohem Tempo, Seitenwind empfindlichkeit Messwert Komplettrad

Schalteindruck des Komplettrades

Um die Charakteristik der Testräder mit ihren verschiedenen funktionalen und fahrdynamischen Ausprägungen sichtbar

zu machen, werden die Einzel beschreibungen auf den folgenden Seiten um ein sechsachsiges Diagramm ergänzt. Damit

lassen sich auf einen Blick alle Stärken und Schwächen der Modelle erfassen. Die Ausprägung auf den einzelnen Achsen

setzt sich zusammen aus Messwerten und subjektiven Eindrücken der Testfahrer. Je größer die blaue Fläche, desto besser das

betreffende Rad.

BASSO Diamante SV• Preis 8.240 Euro• Gewicht 7,2 Kilo

20 20 10 5 10 10 10 10 5 7.150 220 108 49 144 59 2,0 3,0 1,0 1,7 1,7 1,3 1,5 2,0 1,0 1,9 6.990 202 82 39 280 51 2,0 1,0 2,7 3,3 3,3 2,7 1,0 2,0 1,5 2,0 7.010 213 108 49 228 67 2,0 2,0 1,0 1,7 2,7 1,0 1,0 1,5 1,0 1,7

BASSO Diamante SV

PINARELLO Dogma F10

WILIER Cento10Air Dura-Ace Di2

3 Jahre

3 Jahre, CR

5 Jahre, CR

*Herstellerangabe, Testgröße fett

Marke Modell

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42 TOUR 4-2017 4-2017 TOUR 43

CANYONNIGHT RIDE

DEINE NACHT. DEIN BIKE. DEINE CHALLENGE.300 KILOMETER ENTLANG DER MOSEL. NONSTOP.AM 20. MAI 2017 FINDET EINE DEINER LÄNGSTEN FAHRTEN STATT – WENN DU DAZU BEREIT BIST.

MEHR INFOS UND ANMELDUNG UNTER:CANYON.COM/300

canyon_night_ride_300_tour_DE_210x280.indd 1 06.02.17 07:08

Info www.pinarello.comFachhandel

Gewicht Rahmen/Gabel/Steuersatz 1.019/392/69 GrammRahmengrößen* 42, 44, 46,5 , 50, 51,5, 53, 54, 55, 56, 57,5, 59,5, 62 cmSitz-/Ober-/Steuerrohr 530/557/158 mm Stack/Reach/STR 564/390 mm/1,45

AUSSTATTUNGAntrieb Shimano Dura-Ace (50/34 Z., ital. Gewinde) Bremsen Shimano Dura-AceSchaltung Shimano Dura-Ace Di2Laufräder/Gewichte Mavic CXR Ultimate 60 C (v./h.: 1.034/1.413 Gramm)Reifen Mavic CXR Ultimate 23 mm

PINARELLO Dogma F10• Preis 12.399 Euro • Gewicht 7,0 Kilo

+

super Aerodynamik, perfekte Di2-Integration, kaum komplizierte Sonderlösungen, viele Größen

relativ harter Fahreindruck, leicht unterdurchschnittliche Steifigkeit, Lenker-Vorbau-Einheit erschwert Positionsanpassung

träge neutral wendig

Lenkverhalten ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● aufrecht gestreckt

Sitzposition ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●

SCHALTEN

KOMFORT

AERODYNAMIK

BREMSEN

12345

ANTRITT

BERGAB

STÄRKEN UND SCHWÄCHEN

Allzu groß war der Handlungsbedarf für die Designer beim neuen Dogma F10 nicht. Erst vor einem Jahr hatte der Vorgänger Dogma F8 im TOUR-Test mit einem super Aero-Er-gebnis Aufsehen erregt. Entsprechend mode-rat fallen die Änderungen am Rahmen aus. Auffälligster Unterschied zum alten Modell ist das neu geformte Unterrohr, bei dem die Trinkflaschenaufnahme strömungsgünstig in einer konkaven Vertiefung liegt. Der Ver-besserung der Aero-Performance dienen auch die auffälligen Verlängerungen im Windschatten der vorderen Ausfallenenden. Zudem wirkt das Rad aufgeräumter als das Dogma F8, weil die Kabel der Di2-Schaltung auf ihrem Weg durch die Lenker-Vorbau- Einheit in den Rahmen unsichtbar bleiben. Detailarbeit, die im Windkanal Wirkung zeigt. Gegenüber dem Dogma F8 verbessert sich das Dogma F10 um fast 4 Watt auf 202,4 Watt bei 45 km/h. Damit liegt das Rad gleichauf mit dem Trek Madone und ist bis auf Weiteres das schnellste bisher von TOUR gemessene Rennrad. Die Freude darüber wird allerdings etwas getrübt, weil das F10 im TOUR-Labor uner-wartet Punkte liegen lässt. Waren alle zuletzt getesteten Pinarello-Räder über die Maßen fahrstabil, kommt das Dogma F10 nur auf

durchschnittliche Messwerte. Ein möglicher Grund: Das Testrad stammt aus der ersten, noch vor der Präsentation des Modells im Januar produzierten Charge. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Carbonrahmen zu Serienbeginn mit schwankender Qualität zu kämpfen hätte. Wobei die Werte nicht so schlecht sind, dass Probleme zu befürchten wären; leichte Fahrer vom Schlage eines Chris Froome gewinnen die Tour de France unzweifelhaft auch mit diesem Testrad. Während Pinarello in puncto Aerodynamik der Konkurrenz das Hinterrad zeigt, liegt das Gewicht im Bereich des üblichen UCI- Limits. 7,0 Kilo wiegt das Rad inklusive der für Faltreifen ausgelegten Mavic-Lauf räder, im Renntrimm mit Schlauchreifen-Laufrä-dern dürfte es punktgenau das UCI-Limit von 6,8 Kilo treffen. Wenngleich die Rah-mengeometrie eher gemäßigt ausfällt, zwingt der 130 Millimeter lange Vorbau den Fahrer in eine sehr gestreckte Haltung. Die Ae-ro-Stütze federt wenig, was Rennfahrer je-doch selten stört. Unterm Strich erweist sich das Dogma F10 als präzise auf den Ein-satzzweck hin optimiertes Wettkampfrad, das nur einen Nachteil hat: Kaum ein Renn-fahrer kann sich dieses verteufelt schnelle Geschoss leisten.

EDEL & RASEND SCHNELL

*Herstellerangabe, Testgröße fett

2,O

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44 TOUR 4-2017 4-2017 TOUR 45

• Preis 8.850 Euro• Gewicht 7,0 Kilo

WILIER Cento10Air

Info www.wilier.itFachhandel

Gewicht Rahmen/Gabel/Steuersatz 1.125/324/75 GrammRahmengrößen* XS, S, M, L, XL, XXLSitz-/Ober-/Steuerrohr 500/541/138 mm Stack/Reach/STR 539/382 mm/1,41

AUSSTATTUNGAntrieb Shimano Dura-Ace (50/34 Z., Pressfit) Bremsen Shimano Dura-Ace (Direct-Mount)Schaltung Shimano Dura-Ace Laufräder/Reifen Shimano Dura-Ace C40/Continental Grand Prix 4000S2 23CGewichte (v./h.: 1.071/1.438 Gramm)

+

aerodynamisch sehr guter Rahmen, fahrstabil, super Ausstattung

relativ harter Fahreindruck, Lenker-Vorbau-Einheit erschwert Positionsanpassung

träge neutral wendig

Lenkverhalten ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● aufrecht gestreckt

Sitzposition ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ●

SCHALTEN

KOMFORT

AERODYNAMIK

BREMSEN

12345

ANTRITT

BERGAB

STÄRKEN UND SCHWÄCHEN

Der Modellname Cento10Air huldigt dem 110-jährigen Bestehen der Marke Wilier, die seit 1969 im Besitz der Familie Gastaldello ist. Formal hebt sich der Rahmen deutlich von vielen Wettbewerbern ab. Wie Pinarello und Basso setzt Wilier für die aerodynami-sche Optimierung auf Kammtail-Profile. Die Abrisskanten an den Rohren sind deutlich ausgeprägt, was den markant-kantigen Auf-tritt unterstreicht. Ein weiteres Detail, das zum guten Aero-Ergebnis beiträgt, sind die weit ausladenden, schmalen Gabelscheiden. Zudem verfügt das Rad über eine Lenker- Vorbau-Einheit mit voll integrierten Di2-Ka-beln – ein Detail, das bei Aero-Rennrädern zunehmend zum Gattungsmerkmal wird. Das gute Aero-Ergebnis (213,3 Watt bei 45 km/h) kommt dennoch etwas unerwartet; die neuen Dura-Ace-C40-Laufräder von Shimano mit alltagstauglichen Alu-Brems-flanken folgen zwar dem Trend zu strö-mungs günstig breiten Felgenprofilen, sind mit nur 40 Millimetern Profilhöhe aber eher Allrounder als Aero-Spezialisten. Wie gut das Cento10Air aerodynamisch sein kann, zeigt die Vergleichsmessung mit den schnel-len 404-Laufrädern von Zipp. Mit 207,3 Watt katapultiert es sich in die Spitzengruppe der schnellsten bisher von TOUR gemessenen

Räder. Nicht nur im Windkanal, auch im Testlabor von TOUR überzeugt das Rad – mit der kleinen Einschränkung, dass die von Ritchey zugelieferte Aero-Sattelstütze nur mäßig federt. Bei einem so eindeutig als Wettkampfmaschine konzipierten Rad fällt dieser Nachteil aber weniger ins Gewicht. So gelungen das Cento10Air insgesamt ist, so deutlich muss herausgestellt werden, dass es kein Rad für jeden Fahrertyp ist. Das kurze Steuerrohr bringt den Fahrer in eine renn-mäßige Sitzposition; die elegante Lenker- Vorbau-Einheit erschwert zudem die Anpassung an die individuelle Sitzposition. Immerhin wurden die im Design auf Rah-men und Vorbau abgestimmten Distanz-stücke hinten geschlitzt, so dass sich der Lenker zumindest in gewissen Grenzen in der Höhe justieren lässt, ohne dass das halbe Rad demontiert werden muss. Dennoch ist wie auch beim Dogma F10 von Pinarello ein professionelles Fitting beim Radhändler ratsam. Größter Wermutstropfen ist der stramme Preis, der aber im Rahmen dessen liegt, was andere Marken für vergleichbar aus gestattete Luxusrenner aufrufen. Die günstigste Modellvariante mit SRAMs Force-Gruppe und Cosmic-Elite-Laufrädern von Mavic ist ab 4.800 Euro zu haben.

INDIVIDUELL & TECHNISCH TOP

*Herstellerangabe, Testgröße fett

1,7

CCT EVO

SECRET OF SPEED