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Pathophysiologie der Leber / Ausgewählte Kapitel. Inhalte: A: Leber und Fettstoffwechsel einschl. Cholesterin- und Gallensäurestoffwechsel (Wiederholung) (S 1) B: Alkoholische Fettleber (S 9), NASH (S 12), C: Häm-Synthese – Porphyrien (angeboren, erworben) (S 15) D: Bilirubinstoffwechsel – Hyperbilirubinämien: konkugiert/unkonjugiert, angeboren/erworben (S 18) E: Genetische Defekte und Lebererkrankungen: M. Wilson, Hämochromatose, α1-Antitrypsin-Mangel, Störungen des Membrantransports (S 22) Teilweise korrespondierende Kapitel in Böcker-Denk-Heitz: Pathologie: Kap. 32.3, 32.5.3, 32.6 A: Physiologische und biochemische Grundlagen zum Fettstoffwechsel der Leber 1. Rolle der Leber im Lipoproteinstoffwechsel Abb 1 Vereinfachter Überblick über den Lipoproteinstoffwechsel TG: Triglyzeride, C: freies Cholesterin, CE: Cholesterinester, CM: Chylomikronen, CM-Remnants = CM-Restpartikel, LPL: Lipoproteinlipase, VLDL: Very low density liporoteins, LDL: Low density Lipoproteins, HDL: High density lipoproteins, LPL: Lipoproteinlipase, FA: freie Fettsäure, LCAT: Lecithin-Cholesterin-Acyl-Transferase, BA: Gallensäuren (bile acids) 1

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Pathophysiologie der Leber / Ausgewählte Kapitel. Inhalte: A: Leber und Fettstoffwechsel einschl. Cholesterin- und Gallensäurestoffwechsel (Wiederholung) (S 1) B: Alkoholische Fettleber (S 9), NASH (S 12), C: Häm-Synthese – Porphyrien (angeboren, erworben) (S 15) D: Bilirubinstoffwechsel – Hyperbilirubinämien: konkugiert/unkonjugiert, angeboren/erworben (S 18) E: Genetische Defekte und Lebererkrankungen: M. Wilson, Hämochromatose, α1-Antitrypsin-Mangel, Störungen des Membrantransports (S 22) Teilweise korrespondierende Kapitel in Böcker-Denk-Heitz: Pathologie: Kap. 32.3, 32.5.3, 32.6 A: Physiologische und biochemische Grundlagen zum Fettstoffwechsel der Leber 1. Rolle der Leber im Lipoproteinstoffwechsel

Abb 1 Vereinfachter Überblick über den Lipoproteinstoffwechsel TG: Triglyzeride, C: freies Cholesterin, CE: Cholesterinester, CM: Chylomikronen, CM-Remnants = CM-Restpartikel, LPL: Lipoproteinlipase, VLDL: Very low density liporoteins, LDL: Low density Lipoproteins, HDL: High density lipoproteins, LPL: Lipoproteinlipase, FA: freie Fettsäure, LCAT: Lecithin-Cholesterin-Acyl-Transferase, BA: Gallensäuren (bile acids)

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Lipoproteine dienen dem Transport apolarer Lipide (TG, CE) als "Fetttröpfchen", die an ihrer Oberfläche mit einem Film amphiphiler Lipide [C, Phospholipide (PL)] und assoziierten Apoproteinen bedeckt sind und daher nicht aggregieren. Mit abnehmendem relativem TG- & CE-Gehalt und zunehmendem Apoprotein-Gehalt sind die Lipoproteine dichter : CM (0.95) – VLDL (<1.006) - (IDL) – LDL (1.006-1.063) – HDL (1.063-1.2) (HDL3:>1.12) Elektrophoretische Wanderung: α1 (HDL) - Prae-ß (VLDL) - ß (LDL) Wichtige Funktionen der Apoproteine: A1 - Aktivierung der LCAT ( C + PL → CE + Lyso-Lecithin) B100 - Bindung an LDL-Rezeptor ( CE-Aufnahme, HMGCoA-Red 9) C2 - Aktivierung der LPLase E - Bindung an hepatischen Rezeptor Bildung und Schicksal der einzelnen Lipoproteine: Chylomikronen Nach Aufnahme fetthaltiger Nahrung Bildung von CM im Golgi-Apparat der Enterozyten aus TG, CE, C2, E, A1 u.a. Sekretion in Lymphe → D. thoracicus → Ang. ven. sin. - Postprandiale Hyperlipidämie Klärung des Plasmas: LPLase an Oberflächen von Endothelzellen spaltet TG und versorgt Fettzellen (zur TG-Speicherung) und Muskulatur (Energieversorgung) mit den entstehenden freien Fettsäuren (FFS) bzw. Monoglyceriden (MG). Apo-C2 ist dazu nötig. Der Vorgang ist durch Insulin gefördert (stimuliert auch FFS-Aufnahme und TG-Synthese in Fettzellen) und läuft bei körperlich Betätigung effizienter ab. Beziehung zu HDL: CM geben PL und A1 ("Oberflächenmaterial") an nascierende HDL (kommen z.T. aus Leber) ab, HDL nehmen weiters überschüssiges C und PL aus Zellmembranen extrahepatischer Gewebe auf und wandeln es mit LCAT (gefördert durch übertragene A1) in CE um. HDL sind dann groß und "gut" (HDL2) und geben CE an CM ab, die dann als CM-"Remnants" CE der Leber zuführen. Ist die Klärung der CM verzögert, dann geben sie ihre verbleibenden TG an HDL ab. TG wird aus diesen durch die hepatische Lipase entfernt, danach sind sie klein (HDL3)und weisen auf eine "schlechte" LPLase-Aktivität hin. Die CM haben dann TG verloren, PL und A1 an HDL abgegeben, und sind "Remnants" geworden. Von den HDL haben sie zusätzlich zu Nahrungs-CE weitere CE des Körpers erworben. Sie binden über ihr ursprüngliches E an Hepatozyten und führen diesen CE aus Nahrung und extrahepatischen Geweben zu. Verwertung von CE in der Leber s.u.

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VLDLBildung:Im Golgi der Leber verpackt. Enthalten besonders reichlich TG (in der Leber auch aus KH gebildet!), auch PL, CE, B, C2, wobei sie die Apoproteine (B, C2) für ihr weiteres Schicksal benötigen: Schicksal:Durch Wirkung von LPLase (+C2) verlieren sie TG (analog zu den CM, s.o.), weitere CE werden auf sie von HDL übertragen, insgesamt werden sie nach Versorgung der Peripherie mit TG kleiner und damit durch Erhöhung ihrer Dichte über IDL (intermediate density lipoproteins) zu LDL. LDLAus VLDL gebildet (s.o.), sind noch immer reich an CE und enthalten Apo-B an der Oberfläche. Sie versorgen die Peripherie mit CE, indem sie über Apo-B an LDL-Rezeptor binden, durch Endozytose aufgenommen werden, in Lysosomen wird CE durch saure Esterase gespalten und C für die Membransynthese verwendet. Auch Hepatozyten haben LDL-Rezeptoren, sodaß ein großer Teil der aus VLDL gebildeten LDL an sie zurückkehrt. Die Rezeptoren verschwinden mit der Endozytose von LDL von der Oberfläche ("down regulation") wodurch die Aufnahme in Peripherie und Leber begrenzt wird. "Überschüssige" und "alte" (Lipidoxydation) LDL gehen den "Scavenger"-Weg (Mistabfuhr und -verwertung) und werden in Makrophagen, RES etc. aufgenommen - Schaumzellbildung, Atherosklerose (siehe dort) HDLNascierende HDL (nHDL) enthalten C und PL aus Membranen und lagern A1 an. Die Komponenten stammen aus der Peripherie, CM und der Leber, in der auch LCAT gebildet wird. C und PL (insbes. Lecithin) sind amphiphile Moleküle und ordnen sich daher (ähnlich der Anordnung in der Zellmembran) in bimolekularen, scheibchenförmigen Strukturen an, die sich auch geldrollenartig aufstapeln können. Mit Wirkung der LCAT (+A1) werden apolare CE gebildet, die in der hydrophoben Zwischenschicht verbleiben, wodurch die nHDL rund und zu reifen HDL werden. Diese nehmen weiter C aus Peripherie auf, wandeln es in CE um und führen es über CM-Remnants der Leber zu (vermutlich auch direkte HDL-Aufnahme in Leber). D.h.u.a.: CM und VLDL versorgen die Peripherie mit TG aus Nahrung bzw. Neusynthese. LDL führen der Peripherie CE zu (bis der Bedarf gedeckt ist, dann Ablagerung) und HDL bringen (indirekt) C zurück zur Leber. 6 nicht Plasma-Gesamt-Cholesterin (normal <200 mg/dl) spiegelt eine periphere Überladung wider, sonder LDL/HDL Cholesterin im Plasma.

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2. Rolle der Leber im Cholesterinstoffwechsel

Abb. 2 Cholesterin-Stoffwechsel in Bezug zur Leber: Ac-CoA: Acetyl-Coenzym-A, ACAT: Acyl-Cholesterin-Acyl-Transferase (Veresterung von Cholesterin mit Fettsäure), HMG-CoA: Hydroxymethyglutaryl-CoA, 7α-OH: 7α-Hydoxylase (Zwischenschritt der Gallensäuresynthese, zusätzlich zu Verkürzung der Seitenkette des Cholesterins und Reduktion der Doppelbindung), CDCA: Chenodesoxycholsäure (3 und 7 hydroxyliert), CA: Cholsäure (3,7 und 12 hydroxyliert), -7OH: 7-Dehydroxylierung durch Darmbakterien, LCA: Lithocholsäure, UDCA: Ursodesoxycholsäure, Konjugationsschritte der Gallensäuren sind nicht eingezeichnet, - (eingekreist): Rückkoppelungs-(Produkt)-Hemmung des Enzyms Bedarf an Cholesterin besteht für: Aufbau der Zellmembranen, Synthese von NNR- und Sexual-Hormonen, Gallensäuren und Vitamin.D Der Gesamtgehalt des Körpers an Cholesterin wird durch das Gleichgewicht zwischen Aufnahme und Neusynthese und Ausscheidung weitgehend konstant gehalten: Gesamtcholesterin-Pool ca. 100g / 70 kg KGW Umsatz: 1. Zufuhr: Nahrung: 150-400 mg/Tag Neusynthese: 600-800 mg/Tag Ges.: ca. 1g / Tag 2. Abgabe: Haut 80 mg/Tag Stoffwechselprodukte der Steroidhormone 50 mg/Tag Gallensäuren im Stuhl 400 mg/Tag Mit der Galle ausgeschiedenes Cholesterin 600 mg/Tag Ges.: ca. 1g / Tag

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(ca 20g Gallensäuren und 2 g Cholesterin werden von der Leber täglich in die Galle ausgeschieden. Ein Großteil, insbes. Gallensäuren, kehrt aber über den enterohepatischen Kreislauf an die Leber zurück, gestörte Resorption von Gallensäuren im Jejunum und v.a. Ileum und Übertritt in das Colon führt zu "chologener Diarrhoe" ) d.h.: Nur ca 1% des Gesamtcholesterins werden täglich umgesetzt - ein Ungleichgewicht zwischen Zufuhr+Synthese und Abgabe ändert den Gesamtpool nur langsam - Diät, Hemmstoffe der HMGCoA-Reductase, Bindung der Gallensäuren im Darmlumen mit Ionenaustauschern; außerdem fördert Verlust über Wegfall der Rückkoppelungs-Hemmung die Neusynthese. Umsatz von Cholesterin in der Leber: Bildung:Aufnahme von CE, weniger C: CM-Remnants LDL VLDL-Remnants (Ratte) bzw. IDL Bildung von C aus CE über lysosomale saure CE-Hydrolase (Esterase) Neubildung von C aus AcetylCoA über HMGCoA-Reductase Rückkoppelungshemmung durch freies C und CDCA Abgabe: CE in VLDL (synthetisiert über ACAT) C in nHDL Cholesterin in der Galle Gallensäuren in der Galle Rückkoppelung an geschwindigkeitsbestimmenden Schritten - Beziehung zur Gallesekretion: AcCoA 9 HMGCoA-Reductase >< freies C (CDCA) Cholesterin 9 7α-Hydroxylierung >< CDCA und auch andere Gallensäuren Gallensäuren i.e.: Verlust von Gallensäuren (gestörte Resorption im Ileum, Cholestyramin) fördert ihre Neusynthese (in etwas geändertem Muster); "Rückstau" von Gallensäuren bei Cholestase hemmt ihre Synthese, C steigt an.

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3. Stoffwechsel von Fettsäuren im Bezug zum Glukosestoffwechsel der Leber

Abb.3 Schema zum Intermediärstoffwechsel der Leber: Gezeigt sind Aufnahme von Monosachariden (Glucose, Galaktose, Fruktose), Laktat und Aminosäuren (wie Alanin, Asparaginsäure und Glutaminsäure) und deren Verwertungswege, Glykogensynthese und Glykogenolyse (Phosphorylase), Schritte der Glykolyse (anaerob zu Laktat) und Glukoneogenese (aus Laktat und Aminosäuren), Andeutung des Pentose-(Ribose)-Shunts, sowie der Bezug von Acetyl-CoA zu Fettsäuresynthese, Fettsäure-ß-Oxydation, Ketogenese und Cholesterinsynthese. Bemerkungen: Nach Aufnahme kohlehydratreicher Nahrung erfolgt Glykogensynthese und Fettsäuresynthese mit Abgabe von VLDL an das Blut; Im Hunger erfolgt Glykogenolyse und Glukoneogenese mit Abgabe von Glukose an das Blut, sowie Fettsäureoxydation evtl. mit Ketogenese, wobei Ketosäuren ebenfalls als Energielieferanten für periphere Gewebe an das Blut abgegeben werden können. Fettsäuren stehen im Hunger (oder bei Insulinmangel) auch durch periphere Lipolyse (Fettzell-Lipase) und Aufnahme in die Leber zur Verfügung.

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4. Synthese von Fettsäuren, Cholesterin und Gallensäuren in der Leber Das glatte endoplasmatische Retikulum (sER) der Leberzellen übernimmt eine Vielzahl von Funktionen, u.a. im Kohlenhydratstoffwechsel (Glukose-6Phosphtatase und damit Abgabe von Glukose an das Blut) oder bei der Biotransformation mit "Entgiftung" oder Bioaktivierung von Xenobiotika, (substrat-induzierbare) Cytochrom P450 Isoenzyme (CYPs) und chemische Modifikation (= Phase I) sowie Konjugation endogener (Bilirubin, Gallensäuren, Steroidhormone) und exogener Substrate (Phase II). Im Zytoplasma erfolgt die Fettsäuresynthese: aus Acetyl-CoA wird durch Carboxylase (benötigt Biotin, CO2 und ATP) Malonyl-CoA gebildet (COOH-CH2-CO-CoA). Mit einem weiteren Ac-CoA entsteht unter Abgabe con CO2 AcAc-CoA. Malonyl-CoA hat dabei eine zentrale Bedeutung: 1. seine Synthese wird durch Glukagon gehemmt (z.B. im Hunger), 2. Malonyl-CoA hemmt die Aufnahme von Fettsäuren in die Mitochondrien (Carnitin-Acyl-Transferase) und damit deren ß-Oxydation → Fettsäuresynthese hemmt die Fettsäureoxydation: Zytoplasma: Ac-CoA → Malonyl-CoA → FS-Synthese ┴ (Hemmung) Mitochondrien: Ac-CoA ← ß-Oxydation ← FS-Aufnahme in Mitochondrien Im sER erfolgt die Elongation und Desaturierung von Fettsäuren (Cytochrom-b5, NADH-Bildung), die Sythese von Triglyceriden, Phosphatidyläthanolamin, P-cholin (Lecithin), P-serin, P-inositol, Sphingolipiden, Glykolipiden (Cerebroside und Ganglioside) Synthese von Cholesterin: AcAc-CoA → Hydroxymethylglutaryl-CoA → Mevalonsäure → Isoprenoide → schrittweise Verknüpfung zum Cholesterin HMG-CoA-Reductase ist dabei das geschwindigkeitsbestimmende Enzym: COOH-CH2-(CH3)C(OH)-CH2-COOH → COOH-CH2-(CH3)C(OH)-CH2-CH2OH Synthese von Gallensäuren: An der Synthese von Gallensäuren sind die Mitochondrien beteiligt (Verkürzung der Seitenkette von Cholesterin, Δ5 Reduktion) und das sER (Ringhydroxylierung der Gallensäuren an Position 7 und 12, Konjugation der Carboxylgruppe an C24 mit z.B. Taurin oder Glycin) 1. Verkürzung und Oxydation an der Seitenkette von Cholesterol (C24) und Hydrierung der Doppelbindung (C5) 2. 7α-Hydroxylierung als gesteuerter (Produkthemmung) und geschwindigkeitsbestimmender Schritt 3. weitere Ringhydroxylierung → Chenodesoxycholsäure und Cholsäure (3α,7α-Dihydroxycholansäure) (3α,7α,12α-Trihydroxycholansäure) 4. Konjugation der Seitenkette mit Glycin (NH2-CH2-COOH) und Taurin (NH2-(CH2)2-SO3H) Bildung von z.B. TCA (taurocholic acid), GCA, GCDCA, ...... Sekretion von Gallensäuren in die Gallekanalikuli 5. Bildung sekundärer Gallensäuren: 7α-Dehydroxylierung im Darm bzw. 7-Epimerisierung ↓ ↓ Lithocholsäure (LCA) Desoxycholsäure (DCA) (3α-Hydroxycholansäure) (3α,12α-Di...) Ursodesoxycholsäure (UDCA) (3α,7ß-Dihydroxycholansäure)

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Gallenmicellen und -Vesikel: Gallensäuremoleküle sind nicht planar sondern "napfförmig" – hydrophile OH- und COO—Gruppen auf einer Seite, hydrophobes Steroidskelett auf der anderen. Lecithin, Cholesterin und Gallensäure sind alle amphiphil und lagern sich (wie in der Zellmembran) zu Doppelschichten an, die Vesikel oder Stapel (Micellen) bilden. In dieser Form wird Cholesterin in Lösung gehalten, wozu ein Mischungsverhältnis von ca. 70 % Gallensäure 20 % Lecithin 10 % Cholesterin günstig ist. Insbes. bei Mangel an Gallensäuren kann Cholesterin ausfallen → Bildung von speckig glänzenden Cholesterinsteinen. Andererseits kann die medikamentöse Zufuhr von Gallensäuren (z.B. Gabe von UDCA) zur Lösung von bereits bestehenden Cholesterin-Gallensteinen beitragen. Gallensäureumsatz - enterohepatischer Kreislauf: Der "Gallesäurepool" beträgt ca 2-4 g. Am Morgen befindet er sich großteils in der Gallenblase, die sich nach einem Frühstück unter CCK-Wirkung entleert. Z.T. nach Dekonjugation werden Gallensäuren entlang des gesamten Dünndarms rückresorbier aber besonders effizient ist ein Na-abhängiger Transporter im terminalen Ileum (ISBT: intestinal sodium dependent bile acid transporter) Nur ein geringer Prozentsatz entgeht der intestinalen Resorption und wird im Stuhl ausgeschieden. Die rückresorbierten Gallesäuren werden aus der Pfortader über NTCP (Na+-abhängiger Taurocholat Transporter) und OATP (organic anion transport protein) in die Leber aufgenommen und gemeinsam mit neu synthetisierten Gallensäuren durch die ATPase BSEP (Bile salt export pump = "Sister" Protein of P-Glykoprotein - SPGP) und MRP2 (multidrug resistance related protein 2 – Sekretion von TLCA) wieder in die Galle ausgeschieden. Sie machen im Lauf des Tages einige Kreisläufe durch. Dabei werden von der Leber ca 20g sezerniert (der "pool" rezirkuliert also ca 7-10x), insgesamt entgehen ca. 0.4 g der Rückresorption, werden im Stuhl ausgeschieden und müssen aus Cholesterin neu gebildet werden. Im Darm dienen Gallensäuren der Emulgierung von Nahrungslipiden und deren Spaltung durch Pankreasenzyme (Pankreaslipase, Phospholipase, Cholesterinesterase) und Resorption. Mangel an Gallensäuren im Dünndarm verursacht Steatorrhoe und Störung der Aufnahme fettlöslicher Vitamine (ADEK). Gestörte Rückresorption von Gallensäuren im Dünndarm (z.B. bei Ileitis terminalis) führt zu vermehrtem Übertritt in das Colon und kann eine chologene Diarrhoe auslösen. Zusammensetzung der Galle und Gallebildung (siehe Blok 5): Gallensalze, Cholesterin, Phospholipde, Bilirubin-Diglucuronid Spurenelemente (Cu, Mn, Mo, Hg, Cd) Hormonmetabolite (T3, Steroide, Leukotriene) Xenobiotica (nach Biotransformation) Gallebildung in der Leber: ca. 6 μl / kgKGW / min (ca 700 ml/Tag) Sekretion gelöster Substanzen führt zu osmotischem Gallefluß. Dabei sind nur geringe Konzentrationen freier Gallensäuren (ca. 2-4 mM) in der Galle nötig. In höherer Konzentration bilden sie osmotisch unwirksame Mizellen canaliculär GS-abhängig (Synthese + enterohep. Zirkulation) GS-unabhängig (endogenes Glutathion und andere organische Anionen) ductulär HCO3 Sekretion (stimuliert durch Sekretin, Acetylcholin) Eindickung in Gallenblase

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Es mag an dieser Stelle brauchbar sein, sich die Zählung der C-Atome im Steroidgerüst zu vergegenwärtigen, u.a. auch für das leichtere Verständnis der Synthese der NNR- und Sexualhormone sowie der Bildung und Hydroxylierung von Vitamin D3.

Abb.4: Struktur von Cholesterin B: Alkoholische Fettleber und "Non alcoholic steatosis hepatis" (NASH) 1. Alkoholische Fettleber Psychische und soziale Faktoren, die zu Alkoholismus führen werden hier nicht besprochen. Die durchschnittliche Ernährung in der "Wohlstandsgesellschaft" ist unausgewogen: 3000 kcal Protein 13-15% (ca. 100g) Kohlehydrate 40% (ca. 300g) Fett 40% (ca. 130g) Äthanol 7% (ca. 30g) Alkoholkonzentrationen in Getränken (variabel, ungefähre Richtwerte): Bier 4%, Wein 11%, Likör 30%, Schnäpse 40% und mehr Eine Beeinflussung der Leber durch Alkohol ist schon nach einem Rausch durch erhöhte γ-GT feststellbar. Chronisch hoher Alkoholkonsum kann u.a. durch erhöhte Plasmawerte von Asialotransferrin (CDT: carbohydrate deficient transferrin) erfaßt werden, womit auch die Einhaltung von Entzugsprogrammen beurteilbar ist. Eine völlig verfettete Leber kann in ca. 1 Monat vollständig regenerieren, sofern nicht bereits bleibende Schäden vorhanden sind (Fettleberhepatitis - Cirrhose) Chronischer Alkoholkonsum erhöht das Risiko an Lebercirrhose zu erkranken: Bei Frauen bedeutet ein regelmäßiger Alkoholkonsum von ca. 30 g / Tag durch 5 Jahre bereits ein erhöhtes Cirrhoserisiko, bei Männern ca. 60 g / Tag Insbesondere wird der Verlauf der Hepatitis C und B durch Alkohol negativ beeinflußt. Alkohol verursacht auch extrahepatische Schäden z.B.: Hirnatrophie (Störungen von Gedächtnis und kognitive Leistungen, psych. Veränderungen) Periphere Neuropathie (sensibel: Hyp-, Parästhesie, motorisch, vegetativ/Kreislaufregulation)

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Hypertrophe Gastritis (verplumptes Faltenrelief, vermehrte HCl-Produktion, duodenaler Rückfluß, (morgentliches) Erbrechen) Hodenatrophie Pankeatitis: a.) akute Pankreasnekrose, Selbstverdauung, Aktivierung von Plasmaproteasen: Kinine, Komplementsystem → Schock, Gerinnung und Fibrinolyse → DIC → tot b.) chronische Pankreatitis → Enzymmangel im Darm → Maldigestion → Malassimilation, Fettstühle, Blähung etc. / Diabetes (Amylase ↑, kommt nach Rausch auch aus Parotis, mit anderen (sub)akuten Änderungen: hoher HK, gammaGT) Alkoholstoffwechsel in der LeberAlkohol-Abbau (entstehung evtl. toxischer Produkte) 1. Alkoholdehydrogenase (ADH) , Bildung von Acetaldehyd, Acetat, NADH↑ Lactat-Produktion evtl. gesteigert 2. Peroxysomen HOOH (Katalase) induzierbar ! 3. MEOS (mikrosomal ethanol oxidizing system): Cytochrome (CYP2E1), .O2

--Bildung Bezug zu Fettstoffwechsel: Fettsäuresynthese ↑ : AcCoA↑ → MalonyCoA → Elongation Ketogenese ↑ ß-Oxydation ↓, Carnitin-Acyl-Transferase ↓ NADH ↑, daher Umwandlung von Dihydroxyacetonphosphat zu Glycerin-3-Phosphat (das für Triglyceridsynthese verwendet wird) Cholesterin theoret ↑ (HMGCoA) - aber kaum Leber-schädigende Komponente bei Alkoholkonsum ist z.T. fraglich, folgende Faktoren können eine Rolle spielen: Acetaldehyd: bindet an SH- und NH2-Gruppen → Proteine verändert, Glutathion vermindert, Mikrotubuli gestört, Mitochondrien morphologisch verändert und Zitratzyklus ↓, Zellvergrößerung ("Ballonierung") mit Sinusoidkompression O2-Metabolite (.O2

-, H2O2) Änderung der Membranfluidität: Alkohol selbst (sowie andere Lipidlösungsmittel) vermindert die Viskosität, nicht aber an der Leber von Alkoholikern, bei denen die Lipidzusammensetzung geändert ist: Einbau von FS-ethanolester, Phosphatidylethanol, Cardiolipinanteil ↑, Phosphatidylserin ↑, Phosphatidylinositol ↑ PLC und PKC aktiviert - Eingriff in Signaltransduktionsmechanismen? Rezeptorphosphorylierung, Ansprechbarkeit auf Vasopressin, EGF, IGF herabgesetzt ???

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Faktoren die generell (nicht nur bei Alkoholkonsum) zur Entstehung der Fettleber und zu Störung des Lipoproteinstoffwechsels führen: 1. Lipolyse im Fettgewebe (gefördert durch Catecholamine und andere Streß-Hormone), Leber nimmt freie Fettsäuren über eigenen Membran-Transporter auf 2. Erhöhte Zufuhr von Nahrungsfetten 3. Gesteigerte Fettsäuresynthese in der Leber und verminderter Abbau → gesteigerte Triglyceridsynthese, aber 4. Abgabe von Triglyceriden, Phopholipiden und Cholesterinestern als VLDL eingeschränkt, da a. die Apoproteinsynthese gestört ist (Apo B und C) b. Mikrotubuli und damit Sekretion von VLDL gestört sind - VLDL bleiben im Post-Golgi "stecken" 5. Periphere Lipoproteinverwertung gestört LPLase ↓ (ApoC-Mangel, Insulinresistenz?) → Hyperlipoproteinämie Typ V = VLDL und CM ↑ 6. kleine HDL3 erhöht: HDL nehmen bei mangelnder LPLase-Aktivität (= verzögerte postprandiale "Klärung" des Plasmas) TG aus CM auf. TG werden dann durch hepatische Lipase extrahiert und es entstehen kleine HDL3) Weitere durch Alkohol bedingte Stoffwechselstörungen: metabolische Acidose (Lactat-, Keto-) Hyperuricämie (Purinabbau bei Alkoholexzeß erhöht; renale Harnsäure-Ausscheidung durch Acidose vermindert. - säure-hemmbare tubuläre Sekretion) evtl. Hypoglykämie: gesteigerte hepatische Glykolyse bei Alkoholoxydation bei gleichzeitig glykogen-verarmter Leber (bei Hunger) evtl. Hyperglykämie (bei "Satten"; sympathische Aktivierung der Glykogenolyse, Insulinresistenz). Induktion von MEOS bzw. CYP2E1 Oxydation via MEOS verbraucht NADPH ohne ATP zu produzieren (C2H5OH + NADPH + H+ + O2 → Acetaldehyd + NADPP

+ + H O); 2NADPH-oxidase bildet ohne anderem Substrat reaktive O-Metabolite (ROS) Akute Alkoholgabe hemmt Barbiturat- und Phenothiazin-Abbau Nach Induktion aber beschleunigter Medikamentenabbau Lipidperoxydation Folgen der Fettleber: Fettleberhepatitis die langsamer oder rascher in Cirrhose übergeht (gehen kann). Nekrose und Entzündungszeichen, Leukozyteninfiltration (Granulo, Lympho), manchmal um Zellen, die typ. Mallory-Bodies (Zytokeratin) oder alk. Hyalin enthalten. Fibrose, beginnt um Venolen und perisinusoidal; Bildung von Myofibroblasten ("stellate cells") aus Ito-Zellen durch IL-1 und TGFß , Collagensynthese Typ I u. III, Stimulation über PDGF-Rezeptoren klinisch dabei evtl. Fieber, und auch schon (cholestatischer) Ikterus, Splenomegalie, arterielle Spinnen-Angiome, Ascites, Oedeme, Blutungen, Encephalopathie - Fettleber ist nach 1 Monat Alkoholkarenz reversibel, Alkoholhepatitis ist prognostisch ungünstiger, kaum vollständige Abheilung, sondern, insbesondere bei weiterem Alkoholkonsum: Cirrhotischer Umbau mit Ausbildung von Pseudolobuli die von breiten Bindegewebssepten getrennt sind, Bindegewebsstränge/ Septen von Periportalfeld zu Zentralvene, dazwischen Ausbildung von Pseudolobuli (kleinknotige Laennec'sche Cirrhose).

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Die klinischen Symptome können dabei immer noch mild sein oder fehlen: Müdigkeit, Schwäche, Verletzlichkeit der Haut, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust, Muskelschwund, Palmarerythem, Vergrößerung der Parotis und Tränendrüsen, bei Männern: verminderte Rumpfbehaarung, Gynäkomastie, Hodenatrophie Progredienter Verlauf mit diversen Komplikationsmöglichkeiten, die schließlich zum Tod führen können: postsinusoidale portale Hypertension, Ascites mit allen seinen Ursachen, portocavale Anastomosen, Blutungen, Kreislauf- und Nierenbelastung, hepatorenales Syndrom (HRS), hepatische Encephalopathie, Leber-coma. Laborbefunde : Fettleber: oft leichte AST(SGOT)↑ ALT(SGPT)↑ (Bei alk. Zirrhose AST/ALT >2) evtl aP↑ BR↑ Bei fortgeschrittenem Umbau: Anämie (GI-Blutungen, Folsäure- und B12 Mangel, Splenomegalie, Acanthozytose durch Hypercholesterinämie, Thrombopenie, evtl. Leukozytose (Hepatitis) oder Leukopenie (Hypersplenismus), PTZ verlängert, Albumin ↓, γ-Globulin ↑, Hyponatriämie, Hypokaliämie (Aldo↑) NH3↑, evtl. prärenale Azotämie Mg und Pi evtl ↓ 2. NASH Neben Alkoholismus können andere Faktoren zur Entstehung der Fettleber führen. Fettleber kann bei toxischen Schäden, vor allem ernährungsbedingt, und bei einigen Stoffwechselerkrankungen beobachtet werden.

Tab.1. Bedingungen bei denen Fettleber auftreten kann

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Auf Basis der Fettleber kann es zu Nekrose und Apoptose, Entzündung, Fibrosierung und cirrhotischem Umbau kommen. Ähnlich zur Entstehung der alkoholischen Fettleberhepatitis und Cirrhose werden für die Zellschädigung, Entzündung und Fibrosierung die Bildung reaktiver Sauerstoffmetabolite (ROS), Lipidoxydation und die Freisetzung von Zytokinen verantwortlich gemacht:

Abb. 5: Faktoren, die für den Übergang einer Steatose der Leber in Fettleberhepatitis, Leberfibrose und Cirrhose verantwortlich gemacht werden

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Abb. 6: Alkoholismus / Pathologie:

Alkoholische Fettleber makroskopisch und mikroskopisch

Mallory-Körper Alkoholische Zirrhose

Degeneration des cerebralen und des oberen cerebellären Cortex

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C: HÄM-Synthese / Porphyrien 1. HÄM-Synthese Häm-synthese wird für die Bildung von Hämoglobin, mitochondriale und mikrosomale Cytochrome und anderer Enzyme benötigt. Die Synthese im Knochenmark beträgt ca. 300 mg/Tag, in der Leber ca. 60 mg/ Tag (Erythrozyten haben eine Lebenserwartung von 4 Monaten, Cytochrom P450 der Leber eine HWZ von ca 24 Stunden). Die Synthese ist effizient und es finden sich normal fast keine Zwischenprodukte in Blut, Harn oder Sekreten. Schritte der Synthese: 1. Mitochondriale δ-Aminoläevulinsäure (δALA)-Synthetase: Glycin + Succinyl-CoA → δALA + CO2 δALA: COOH-CH2-CH2-CO-CH2-NH2 Decarboxylierung benötigt dabei B6 Steuerung: die δALA-Synthese in der Leber wird durch Häm gehemmt - "Produkt-Hemmung" d.h. Hämabbau zu Biliverdin stimuliert die Synthese, Bildung falscher Produkte in späteren Schritten der Häm-Synthese fördert ALA-Bildung (fehlende Produkt-Hemmung) 2. Zytoplasmatische δALA-Dehydrase führt zu Ringschluß und Bildung von Porphobilinogen (PBG). Sie ist ein SH-Enzym und Pb-empfindlich. Am Ring befinden sich eine Acetyl- und Propionyl-Seitenkette Acetyl (Ac) COOH -CH2-C = C - CH2 - NH2 │ \ │ NH │ / Propionyl (P) COOH-CH2-CH2-C = CH 3. PBG-Desaminase und Uroporphyrinogen (III) - Synthase Desaminierung von 4 PBG und Zusammenschluß der 4 Ringe mit entsprechenden Seitenketten Ac P Ac P P Ac Ac P 4 mögliche Isomere , praktisch nur Nr. III " " " " " " " " 4. Koproporphyrinogen III via UG-Decarboxylase (4Ac→Methyl (M)) M P M P P M M P 5. Protoporphyrinogen IX via KG-Oxydase (2P→Vinyl (V)) M V M P P M M V 15 mögliche Isomere 6. Protoporphyrin IX via PG-Oxydase geeignetes Arrangement der Doppelbindungen 7. Häm via Fe-Chelatase

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2. Formen der Porphyrien und zugeordnete Enzymstörungen Alternativprodukte der Hämsynthese entstehen bei Störung des Folgeschrittes: δALA Porhyrien: 4a ↓ 1. erythropoetische P PBG →UGI, UPI 2. erythrohepatische ProtoP 1,3a ↓ 3. hepatische UGIII → UPIII, UGI, UPI 3a. akut intermittierende P 3b ↓ 3b. P. cutanea tarda KGIII → KPIII 3c. hered. Kopro-P. 3c ↓ 3d. P. variegata PGIX 4. erworbene P 3d ↓ 4a. Pb PPIX 4b. chlor. Phenole 2,4a ↓ 4c. symptomatische P Häm Definition der Porphyrien: Krankheiten mit vermehrter Ausscheidung von Porphyrinen in Harn und Stuhl Symptome (allgemein): 1. Photosensibilität (nicht, wenn nur δALA und PBG erhöht sind) Excitation ca 400 nm, Emission ca 600 nm → Urticaria, Oedeme, Ulcera, Hämolyse 2. neurolog. Störungen (insbes. neurotoxisch durch δALA und PBG, auch durch Häm-Mangel) zentral - peripher - vegetativ psych. Veränderungen, Lähmungen Koliken oder Obstipation Tachycardie und Hypertonie Polyurie (ADH-Störung) Formen: 1. Erythropoetische P Störung der Erythroblasten → Anämie selten (nur hunderte Fälle bekannt), autosomal rezessiv gestörte Synthese von UGIII, im Harn daher UGI Blasen an Haut, Verstümmelungen Fluoreszierende Erythrodontie 2. Erythrohepatische Protoporphyrie Gestörte Ferrochelatase, PPIX ↑ in Haut und Leber → Leberinsuffizienz und Ikterus, Cholestyramin hilft

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3. Hepatische Porphyrien ..-gene wasserlöslich, vor allem im Harn ..-ine schlecht wasserlöslich, vor allem im Stuhl 3 a,c,d sind klinisch ähnlich: Anfälle von kolikartigen Schmerzen, Erbrechen, Obstipation, Parästhesien, Polyurie, Hypertonie ausgelöst durch Medikamente (und Alkohol) die P450 induzieren (Häm-Verbrauch/Mangel) Barbiturate, Meprobamat, Hydantoine, Halothan, Chloramphenicol, Sulfonamide keine Leberstörungen Therapie: Hämatin, Noxe vermeiden 3 b: P. cutanea tarda vor allem Haut-Symptome kaum neurologisch, da kein Häm-Defizit α) genetisch bedingter UGIII-Decarboxylase-Mangel ß) Enzymstörung bei alkoholischer Leberschädigung und bei erhöhtem Serum- und Leber-Eisen (gefördert durch Blei und Benzol) Therapie: Aderlässe um Eisen zu reduzieren Chloroquin kann UIII komplexieren → Harn 4. Erworbene 4 a: Blei hemmt die δALA-Dehydrase (→ δALA↑ ; neurolog. Schäden) und die Ferrochelatase (alle P's ↑) Symptome aber besonders abdominell und neurologisch 4 b: chlorierte Phenole bei Insektizidvergiftungen (dazu andere Symptome), ähnlich der P. cutanea tarda 4 c: symptomatisch: Uro- und Koproporphyrin bei vielen Krankheiten erhöht: Hepatitis, Cirrhose, Fettleber, Cholestase, Anämien, Infektionskrankheiten, Diabetes, Hämochromatose, hereditäre Hyperbilirubinämien (Dubin Johnson, Rotor), Tumore

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D: Bilirubinstoffwechsel – Hyperbilirubinämien 1. Abbau von Häm : tägl. Umsatz an Häm: siehe Häm-Synthese Quellen des Häm für den Abbau 1. Hämoglobin aus dem Abbau gealteter Erythrozyten (80-85%) 2. Hämoglobin aus dem vorzeitigen Abbau von unreifen Zellen der Erythropoese ("ineffektive Erythropoese"; physiologisch ca 3%) und von anderen Häm-Proteinen, z.B. Cytochrome der Leber; (15-20%) = "früh markierter Anteil" (z.B.: 14C-Glycin für Häm-Synthese angeboten. Radioaktiv markiertes BR findet sich bereits in den ersten Tagen nach der Synthese (früh markierter Anteil; 2) und dann wieder nach ca. 4 Monaten (1). Häm-Stoffwechsel Häm ↓ 1. Hämoxygenase (Verbrauch von O2 und NADPH, Bildung von Fe3+ und CO!) Biliverdin ↓ 2. Biliverdinreduktase (NADPH→NADP) Bilirubin IXα (BR) Albumin-Bindung Aufnahme in Leber (OATP) Ligandin-Bindung ↓ 3. UDP-glucuronyltransferase / Konjugation Bilirubin-glucuronid (BR-G) Ausscheidung in Galle (MRP2) ↓ 4. teilweise bakterielle Dekonjugation und Reduktion Bilirubin → Urobilinogen → Stercobilinogen ↓ ↓ 5. Oxydation Urobilin Stercobilin Einteilung der Hyperbilirubinämien Hyperbilirubinämien sind bedingt durch a) überschießende Produktion von BR bei normaler Konjugations- und Ausscheidungsfunktion b) verminderte Konjugations- und Ausscheidungsfunktion Demnach unterscheidet man als Ursache: a.) präe-, intra- und posthepatisch (entsprechend vermehrter Bildung, gestörter Konjugation und gestörter Ausscheidung über die Galle) b.)vorwiegend nicht konjugiert / vorwiegend konjugiert (d.h.: Ursache vor oder nach Reaktion Nr. 3) Normalwerte des Gesamtbilirubins (BR + BR-G) bei 0.3 bis 1 mg/dl. Ikterus wird klinisch sichtbar, wenn der Wert 2 - 2.5 mg/dl übersteigt. Gelbfärbung der Skleren ist früh nachweisbar und auch spezifischer, da sie z.B. bei Gelbfärbung der Haut durch Carotinoide nicht betroffen ist.

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Unterschiede zwischen nicht-konjugiertem und konjugiertem Bilirubin Nicht konjugiert*) Konjugiert BR BR-G Diazoreaktion1) indirekt direkt Löslichkeit2) fettlöslich wasserlöslich Bindung an Albumin3) +++ + Renale Ausscheidung4) 0 + ZNS-Toxizität (Neugeb.) ++ *) gilt für IXα-ZZ-Isomer, andere Isomere (z.B. EE-Isomer nach Photoisomerisierung) verhalten sich z.T wie konjugiertes Bilirubin ad 1) direkt: Azofarbstoffbildung mit Sulfanilsäure im wässrigen Milieu indirekt: Farbstoffbildung in Methanol (u.ä.) - dadurch werden H-Brücken im nichtkonjugierten BR gelöst- gibt Gesamt-Bilirubin: Ges-BR - dir.BR = indir.BR (genauere Messung mittels HPLC, wobei im Plasma bei Gesunden kaum konjugiertes BR nachgewiesen wird. Die labor-übliche Azoreaktion gibt Normalwerte für dir.BR-G bei 0.1-0.3 mg/dl). ad 4) Aufgrund der Wasserlöslichkeit (2) und der geringeren Albuminbindung (3) findet sich im Harn nur BR-G. Dunkelfärbung des Harns weist daher auf eine vorwiegend konjugierte Hyperbilirubinämie hin, wenn sie nicht durch völlig andere Ursachen bedingt ist (z.B.: sehr konzentrierter Urin, u.a.).- Nachweis mittels Teststreifen oder durch Färbung des Schüttelschaums (der bei anderen Ursachen hell bleibt). ad 2) Hyperbilirubinämie kann bei extremen Fasten auftreten und auf Freisetzung von BR aus dem Fettgewebe zurückgeführt werden. Auch cerebrale Schäden, die fast ausschließlich bei Hyperbilirubinämie von Neugeborenen und Kleinkindern auftreten (Kernikterus), könnten mit der Fettlöslichkeit von BR in Zusammenhang stehen, wobei aber auch unreife Funktionen oder Störungen der Blut-Hirn-Schranke eine Rolle spielen. Urobilinogen und Stercobilinogen sind farblos, erst Urobilin, Stercobilin und weitere Abbauprodukte (Dipyrrole, z.B. Mesobilifuscin) geben dem Stuhl die dunkle Farbe. Urobilinogen macht den enterohepatischen Kreislauf durch → .fehlt bei Gallegangsverschluß = wird nicht gebildet .passiert die Leber bei Leber-Schädigung und tritt in den Harn über .vermehrt im Stuhl bei Hämolyse

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2. Systematik der Hyperbilirubinämien I. Vorwiegend unkonjugierte Hyperbilirubinämien vermehrte Produktion und/oder verminderte Konjugation 1. intravaskuläre und extravaskuläre Hämolyse (vestärkt bei gleichzeitig beeinträchtigter Leberfunktion: Fieber, Sepsis, Schock, Hypoxie, Cirrhose, Lebertumoren....) erworben: Splenomegalie, Immunhämolyse Wärme-AK (IgG; dir.Coombstest); z.T.Sphärozytenbildung : idiopath, Lymphome, SLE, Tumore, α-Methydopa, Penicillin, Chinidine; Kälteagglutinine (IgM><I-Ag): idiopathisch, Lymphom, Mycoplasmen paroxysmale Kältehämoglobinurie (IgG-Donath-Landsteiner, früher mit Lues häufig) mechanisch (Mikroangiopathie), barfüssiges Joggen, Karate, künstl. (Aorten)klappen, maligne Hypertonie, Eklampsie, DIC, thrombotisch-thrombozytopenische Purpura, u.a. Infektion (Malaria, Clostridien) Membranschäden Stachelzellen bei Cirrhose: spur: C↑; target: C+PL↑ paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (fehlender Decay Accelerating Factor: fehlende C3b Inaktivierung zu C3d) hereditär: Membranschäden Sphärozytose (Spectrin-Mangel) Elliptozytose (band 4.1: bindet Actin an Glycophorin) Pyropoikilozytose (Spektrin-Störung, Verformung und lyse >44oC) Stomatocytose ("ausgetrocknet" oder über-hydriert - gestörter Na-Transport) Enzymdefekte Glykolyse (Hexose6P-Isomerase, Pyr-Kinase u.a.) Pentose-Shunt (G6P-Dehydrogenase, Phosphogluconat-Reductase → GSH-Reductase) empfindlich gegenüber Medikamenten: Antimalaria (Chloroquin, Primaquin, Sulfonamide, etc) Hämoglobinopathien Chromosom 16: zeta, alpha; Chromosom 11: epsilon, gamma, delta, beta Alpha- und Beta-Thalassämien Sichelzellanämie Methämoglobinämie (stabiles M-Hb oder Cytb5reductase-Mangel) 2. "Ineffektive Erythropoiese" Thalassämieen, B12-Mangel, erythropoietische Porphyrie 3. Infarzierungen und massive Blutungen Lungenembolie, Ruptur von Aneurysmen, postoperativer Ikterus 4. Gestörte Aufnahme von Bilirubin in die Leber Arzneimittel (Flavaspidic acid - Kompetion mit Ligandin / Kontrastmittel, Novobiocin) Unterform von Gilbert-Syndrom ? (s.u.)

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5. Gestörte Konjugation in der Leber Neugeborene, insbes. unreife (in utero: Plazenta als Ausscheidungsorgan, Ikterus, < 5mg/dl, entwickelt sich nach der Geburt) Erythroblastose (Kombination mit Nr.1) > 20 mg/dl Gefahr des Kernikterus Erbliche nicht-konjugierte Hyperbilirubinämien Gilbert (TATA-Störung der UDP-Glukuronyltransferase, BR < 6, BR-MG in Galle, Phenobarb wirksam, kein Kernikterus) (z.T. mit geringer Hämolyse oder BR-Anstieg bei Fasten) Crigler-Najjar II (dominant, BR < 20, BR-MG in Galle, Phenobarbital zur Induktion der UDP- Glukuronyltransferase wirksam, ± Kernikterus) Crigler-Najjar I (rezessiv, BR 20-45, Phenobarbital unwirksam, Kernikterus) Erworbene Konjugationsstörungen Arzneimittel (insbes. bei Neugeborenen: Chloramphenicol, Vit. K) Brustmilchikterus (Pregnan-3ß,20α-diol) Hypothyreose (Kretinismus) z.T. bei parenchymatösen Lebererkrankungen (Hepatitis, Cirrhose...) II. Vorwiegend konjugierte Hyperbilirubinämie Gestörte Ausscheidung von BR-DG (Harn BR+) a. Familiäre Störungen: Erblicher Dubin-Johnson-Ikterus (BR-DG↑, BR↑, MRP-2-Defekt, Melanin-artiges Pigment in Leberzellen, BSP-Rezirkulation, Koproporphyrin -I (statt III) im Urin) Rotor-Syndrom (wie DJ, aber kein Pigmentbildung und keine BSP-Rezirkulation) Benigne familiäre intrahepatische recurrente Cholestase (Episoden mit Pruritus und Ikterus) Progressive familiäre intrahepatische recurrente Cholestase (Störungen von Transportern der Zellmembran. s.o.) Recurrenter Schwangerschaftsikterus (-Cholestase) (Östrogen-empfindl.) b. Erworbene Störungen: Orale Kontrazeptiva 17αOH-Androgene (Methyltestosteron) Arzneimittel-Cholestase (Erythromycin, Chloramphenicol + Entzündung /tox-allerg.) Hepatitis (virale u.a. Infektionen, toxisch - arzneimittelinduziert, AIH) intrahepatisches Abflußhindernis (z.B. granulomatöse Erkrankungen) Primär Biliäre Cirrhose Autoimmuncholangitis / Transplantat Primär sklerosierende Cholangitis mechanische Abflußbehinderung in den extrahepatischen Gallenwegen ("chirurgische Cholestasen") Steine, Kompression durch Tumore, Narbenstrikturen ......

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E: Genetische Defekte und Lebererkrankungen: M. Wilson, Hämochromatose, α1-Antitrypsin-Mangel, Störungen des Membrantransports Viele genetische Störungen des Intermediärstoffwechsels betreffen primär die Leber. Dazu zählen u.a. Störungen des Monosacharidstoffwechsels (Formen der Galaktosämie, Fruktoseintoleranz), Glykogenosen, lysosomale Speichererkrankumgen, peroxysomale Störungen (Zellweger´s cerebrohepatorenales Syndrom), Störungen des Lipoproteinstoffwechsels (A-ß-Lipoproteinämie Bassen-Kornzweig mit fehlender Bildung von Apo-B; Familiäre LCAT-Defizienz; Apo-C2-Defizienz), Störungen der Proteinsekretion (z.B. Afibrinogenämie) oder angeborene Störungen der Harnstoffsynthese mit Hyperammonämie, Proteinunverträglichkeit und neuropsychologischen Störungen (genetische Defekte der Carbamylphosphat(CAP)-Synthase, Ornithin-Carbamyl-Transferase, Argininosuccinat-Synthase, Argininosuccinase oder der Argininase) Abb 7: Schema des Harnstoffzyklus :

1. M. Wilson – hepatolentikuläre Degeneration Physiologische Vorbemerkung Die Kupferausscheidung erfolgt durch eine Transport-ATPase in die Gallenkanalikuli der Leber. Das Transportenzym ATP7B wird am Chromosom 13 kodiert, im endoplasmatischen Retikulum synthetisiert, im Golgi modifiziert und findet sich vor allem im Membranen des Transgolgi-Netzwerks und in perikanalikulären Vesikeln, die in die apikale Membran eingebaut werden können und ihren Inhalt durch Exozytose in das Lumen der Kanalikuli abgeben. Pathologie und Klinik Der M. Wilson wird autosomal recessiv vererbt. Verschiedene Mutationen von ATP7B führen zu veränderter Expression, wobei z.B. H1069Q-ATP7B im endoplasmatischen Retikulum "stecken bleibt" oder unvollstädiges (verkürztes) Protein diffus granulär im Zytoplasma zu finden ist. Die Kupferausscheidung über die Galle ist damit herabgesetzt und nur unvollständig durch renale Ausscheidung kompensiert, sodaß Kupfer in verschiedenen Geweben abgelagert wird und zu Störungen führt. In ca. 95% der Fälle ist der Coeruloplasminspiegel des Plasmas vermindert. Die Leberzellschädigung kann zu Nekrosen und Übergang in Zirrhose führen. Geschädigte Zellen sind balloniert, enthalten Lipofuscin, oft Lochkerne (intranukleäres Glykogen) und auch Mallory Körper. Periportalfelder zeigen oft eine lymphozytäre Infiltration. Die Leberschädigung steht vor allem bei jugendlichen Patienten im Vordergrund. Charakteristisch ist eine grün-braune Verfärbung an der Corneoskleralgrenze (Kayser-Fleischer´scher Kornealring). Evtl. Katarakt. Degeneration der Stammganglien (Linsenkern) führt zu extrapyramidal-motorischen Störungen ( Rigor, Bewegungsarmut, Intentionstremor) Schädigung des proximalen Nierentubulus führen zu vielfachen Transportstörungen

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Abb 8: zu M. Wilson

Fleckförmige Verfärbung der Leber (endoskopisch) und Zirrhose

Kayser-Fleischer-Kornealring und Degeneration der Linsenkerne 2. Hereditäre (idiopathische) Hämochromatose (HHC) - Bronzediabetes Physiologie und Störung der Eisenresorption und -verteilung Bei hereditärer Hämochromatose verhalten sich die Enterozyten des Duodenums so, als ob Eisenmangel bestünde, d.h.: trotz Eisenüberladung des Organismus ist die Eisenresorption gesteigert. Physiologisch wird Fe2+ an der luminalen Membran der Enterozyten über drei Mechanismen aufgenommen: Endozytose von luminalem Transferrin (Tf)-Eisen nach Bindung an den Transferrin-Rezeptor (TfR), Cotransport von Fe2+ mit H+ mittels DCT1 (=DMT1; divalent cation (metal) transporter) und Transport vom Häm-Eisen (Mechanismus ?). Intrazellulär bindet Fe2+ an Mobilferrin und wird durch die basolaterale Membran durch Ferroportin (= IREG1, iron regulated gene 1) an das Blut abgegeben. Die Expression von DCT1 und IREG1 wird bei Eisenmangel erhöht. Dabei beträgt das Serum-Eisen <0.4 mg/l, ungesättigtes Serum-Transferrin (= ungesättigte Eisenbindungskapazität, UEBK) ist erhöht, und Serum-Ferritin erniedrigt. Es besteht also eine inverse Korrelation zwischen der Expression der Transportproteine und dem Serum-Eisen bzw. Serum-Ferritin. 85% der Patienten mit HHC sind homozygot für die Cys282Tyr Mutation (Cys durch Tyr ersetzt) an HFE. HFE, früher HLA-H benannt, ist verwandt mit MHC Klasse I Molekülen, das Gen ist auch an Chromosom 6 lokalisiert; die Mutation liegt in der ß2-Mikroglobulin-Bindungsdomäne an der extrazellulären loop α3. Manche Patienten sind heterozygot mit C282Y und H63D Mutationen. Die Beziehung der seit 1975 bekannten Mutation von HFE zur gesteigerten Eisenresorption ist unklar: Eine Hypothese besagt, daß nicht mutiertes HFE an der apikalen Zellmembran exprimiert wird, es assoziiert mit dem Transferrin-Rezeptor (TfR) und vermindert dessen Verfügbarkeit um den luminalen Fe-Tf Komplex zu binden, sodaß Fe weniger effizient in die Zellen aufgenommen wird.

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Diese Blockade fällt bei der C292Y Mutation durch verminderte Membran-Expression von HFE weg,, sodaß TfR unbehindert Tf binden kann. Alternativ wurde beobachtet, daß Zellen in den Krypten des Duodenums bei mutierten HFE vermindert Fe aus dem Blut aufnehmen und weniger Fe enthalten auch wenn das Serum-Ferritin hoch ist. Das führt dazu, daß reife Zellen an der apikalen Membran der Zottenspitze vermehrt DCT1 und IREG1 exprimieren. Weiters dürften bei HHC regulatorische Einflüsse der Leber auf die intestinale Eisenresorption gestört sein und auch die Eisenaufnahme in die Leber überschießend sein Neben dieser HFE1-HHC (a) können weitere seltenere genetischer Defekte zu Eisenüberladung führen: (b) Juvenile Hämochromatose – HFE2-Hämochromatose, Gen an Chromosom 1, Funktion unbekannt. (c) HFE3-Hämochromatose mit Mutation an Transferrinrezeptor 2 (d) HFE4-Hämochromatose: Mutation an Ferroportin, das auch an Makrophagen exprimiert wird. (Lit.: Brissot, J Hepatol 38: 704-709; 2003) Andere seltene genetische Störungen des Eisenstoffwechsels betreffen die Wiederverwertung von Fe bei Defekt der Hämoxygenase, defektem Coeruleoplasmin (Ferroxidase), Defekt des mitochondrialen Fe-Regulators Frataxin (Friedreich´sche Ataxie) oder der Panthothenat-Kinase mit Eisenablagerungen im Globus pallidus und extrapyramidaler Symptomatik bei Hallervorden-Spatz-Syndrom An überladenen Zellen wird Eisen als Ferritin und Hämosiderin gespeichert. Die schädigende Wirkung von Fe beruht vor allem auf gesteigerter Lipidperoxydation. Symptomatik und Therapie HHC äußert sich vor allem bei Männern (♂ : ♀ = 10 : 1) meist erst nach dem 40 Lj. klinisch durch Lebervergrößerung mit Übergang zu Zirrhose (potenzierender Effekt bei gleichzeitiger HCV-Infektion !), erhöhtes Risiko für Leberkarzinome, braun-graue Hautpigmentierung ("Bronzefärbung"), endokrine Störungen (Diabetes mellitus, Hypopituitarismus mit Hodenatrophie, evtl. Thyreoidea und NNR), Schädigung quergestreifter Muskulatur (Herzinsuffizienz), Splenomegalie, Leukopenie, Thrombopenie, Knochenmarksveränderungen (Sideroblasten), Arthritis. Für die Therapie durch regelmäßige Aderlässe ist eine frühzeitige Diagnose von Bedeutung. Da die Penetranz der Erkrankung gering ist (> 1/10 der Bevölkerung ist heterozygot für die C282Y Mutation !) ist der Wert genetischer Analysen fraglich. Es sollte bei Verdacht bzw. familiärer Häufung daher auch auf unspezifische Früsymptome geachtet werden wie Müdigkiet ohne erklärbare Ursache, Gelenksschmerzen, Herklopfen, Bauchschmerzen, erhöhte Leberwerte, Lebervergrößerung und erhöhtes Serum-Ferritin, um eine rechtzeitige Therapie einzuleiten.

Abb. 8: Hämochromatose: zelluläre Eisenablagerungen und Leber makroskopisch

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3. α1-Antitrypsin-Mangel α1-Antitrypsin (AAT) zählt zur Familie der Serpine (Serinprotease-Inhibitoren). AAT ist ein 52-kDa Glykoprotein. Es wird vor allem von der Leber sezerniert. Die Sekretion wird bei der Akute-Phase-Reaktion gesteigert. AAT steuert bei der Gewebs-Modellierung das Gleichgewicht zwischen Aufbau und Abbau von Matrixproteinen, u.a. fördert AAT die Proliferation von Fibroblasten und die Synthese von Procollagen. In der Lunge wirkt AAT als Inhibitor der Neutrophilen-Elastase und von Matrix-abbauenden Proteasen der Makrophagen. Es schützt daher vor dem Abbau von Elastin und verhindert damit die Entstehung eines Lungenemphysems und auch einer chronisch obstruktiven Lungenfunktionsstörung (COPD, chronic obstructive pulmonary disease), insbesondere bei Rauchern, bei denen Neutrophile und Makrophagen aktiviert sind. Die Vererbung des α1-Antitrypsin-Mangels (AATD; AAT-Deficiency) ist autosomal rezessiv. Mehr als 75 Mutationen der normalen AAT-Allele (MM) sind bekannt, wobei die homozygote ZZ Mutation (342 Glu → Lys) weitaus die häufigste Ursache für die Hemmung der Sekretion und folgende Leberschäden und für die Ausbildung eines panlobulären Emphysems ist (early onset emphysema). Diese Störung ist häufig (ca. 1 / 2500 Neugeborene in England und Nordeuropa, 1 / 6000 weltweit), wobei sowohl der Zeitpunkt und Grad der Leberschädigung als auch die Ausbildung eines Lungenemphysems sehr variabel sind – nur ca. 10-15% der Homozygoten (ZZ) zeigen klinische Symptome einer Leberinsuffizienz, Lungenemphysem als Folge der Störung ist häufiger. Vorhersagen über den Krankheitsverlauf sind kaum möglich. Bei ZZ-Kindern mit einem ZZ-Geschwister mit schwerer Lebererkrankung ist die Gefahr, ebenfalls an schwerer Leberschädigung zu erkranken erhöht (ca 70 %). Betroffene (ZZ) müssen aber jedenfalls auf die erhöhte Gefahr des Rauchens aufmerksam gemacht werden. Heterozygote (einer von 25 in der Bevölkerung ist MZ !) weisen keine Krankheitssymptome auf. Die Z-Form des AAT polymerisiert und präzipitiert noch intrazellulär vor der Sekretion, wobei es zur Anlagerung der aktiven "loop" eines Moleküls an eine ß-Faltblatt Struktur eines benachbarten Moleküls kommt [deratige loop-sheet Polymerisation ist auch für die Serpjne Antithrombin (Thromboseneigung), C1 Esterase Inhibitor (Angioödem), α1-Antichymotrypsin (Emphysem) und ein Neuroserpin (Form der Einschlußkörperdemenz bekannt)]. Die Präzipitate akkumulieren in der Leber, wobei die Serumkonzentration gleichzeitig sehr niedrig wird. Aggregate können aber auch in der Lunge entstehen, wobei eine chemotaktische Wirkung auf Neutrophile zusätzlich zur Gewebsdestruktion beitragen dürfte. Eine Ersatztherapie mit AAT ist nicht zielführend. Die Leberschädiging bei AATD tritt manchmal schon im frühen Kindesalter auf (evtl als Neugeborenenikterus), Emphysem eher in fortgeschrittenem Alter. In schweren Fällen kann eine Lebertransplantation nötig werden.

Abb.9 : Einschlußkörper in Leberzellen bei AATD

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4. Transport-Proteine an Membranen der Leberzellen und Gallengangs-Epithelzellen und ihr genetischen Störungen Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über Transportproteine im hepatobiliären System. Neben bereits erwähnten Funktionsstörungen (Dubin-Johnson-Ikterus, M. Wilson) sind vor allem seltene cholestatische Erkrankungen angeführt, die auf gestörter Sekretion von Gallensäuren und Phospholipiden beruhen. M. Byler wurde ursprünglich als ein einheitliches cholestatisches Bild aufgefaßt. PFIC: progressive familiäre intrahepatische Cholestase BRIC: benigne rekurrierende intrahepatische Cholestase Bei zystischer Fibrose (Mukoviszidose) und jetzt besserer Lebenserwartung wird intrahepatische Cholestase ebenfalls beobachtet. Abb. Abkürzung Funktion Erkrankung HEPATOZYT Canalikuläre Membran MDR1 amphiphile, organische ? (PGP) Cationen MDR3 Phospholipid Transport PFIC-3 (gGT8) "Flippase" MRP2 multispezifischer Dubin-Johnson Syndrom org. Anionen-Transport SPGP Gallensäuren PFIC-2 (Byler-Subtyp) FIC1 (Lokalisation ?) ? PFIC-1, BRIC (Byler-Subtyp) ATP7B (vesiculär) Cu-Transport M Wilson Basolaterale (sinusoidale) Membran NTCP Na-abhängiger ? Taurocholat Transport OATP org. Anionen ? OCT1 org. Cationen ? CHOLANGIOZYT Apikale Membran AE2 Cl/HCO3-Austausch (Störung bei PBC?) CFTR cAMP-abh. Cl-Kanal Zystische Fibrose ASBT (ISBT) (intestinaler) Sodium- PBMA Bile Acid Transport (Prim.BA-Malabsorption)

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